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Detective Mike Heyer ist am Arbeitsplatz Alpha-Mann durch und durch. Doch im Schlafzimmer hat er andere Wünsche und Fantasien: Fantasien, die seine Frau Samira ihm nur zu gern erfüllt. Ihre Leidenschaft ist intensiv, grenzenlos - und bereit für den nächsten Schritt. Als Samira Bernard Davies begegnet, weiß sie augenblicklich, dass sie den Mann für ihre Mission gefunden hat. Er wird Samira verführen, vor Mikes Augen. Samira ahnt, dass ihr Angebot nicht ohne Risiko ist - aber nicht, dass sie ihr Herz an den Fremden in ihrem Bett verlieren könnte ...
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Seitenzahl: 516
Veröffentlichungsjahr: 2017
CARA MCKENNA
Sins in the City
Crosstown Crush
Roman
Ins Deutsche übertragen von Michael Krug
Detective Mike Heyer ist im Alltag und am Arbeitsplatz Alpha-Mann durch und durch. Doch im Schlafzimmer hat er andere Wünsche und Fantasien: Fantasien, die seine Frau Samira ihm nur zu gern erfüllt. Ihre Leidenschaft ist intensiv, grenzenlos – und bereit für den nächsten Schritt. Als Samira Bernard Davies begegnet, weiß sie augenblicklich, dass sie den Mann für ihre Mission gefunden hat. Er wird Samira verführen, vor Mikes Augen. Samira ahnt, dass ihr Angebot nicht ohne Risiko ist – aber nicht, dass sie ihr Herz an den Fremden in ihrem Bett verlieren könnte …
Mit herzlichem Dank an Laura, die mir geholfen hat, mich bei der Party reinzuschmuggeln.
Und an Christina und Claire, die mir immer wieder das Glas auffüllen.
Nachdem die Rechnung beglichen war, umarmte Samira ihre beste Freundin vor der Bar zum abendlichen Abschied. Sie versprachen einander, sich bald wieder zu treffen.
Anschließend blickte Samira auf die Uhr ihres Handys. Gerade noch genug Zeit. Mit unter dem Einfluss des Cocktails leicht verträumtem Gang überquerte sie die Walnut Street, hielt auf Sephora zu und steuerte schnurstracks die Parfumwand an. Sie hielt sich die Probefläschchen der verschiedenen Herrendüfte an die Nase, bis sie einen fand, der ihr gefiel – ein frisches Zitrusaroma. Samira sprühte das Cologne in die Luft und ging hindurch. Anschließend stellte sie das Probefläschchen zurück, erfreut darüber, sich diesmal keine schiefen Blicke eingehandelt zu haben wie an der Make-up-Theke bei Macy’s.
Wieder draußen an der frischen Luft erwartete sie ein Spaziergang von gerade mal einem knappen halben Kilometer nach Hause. Am Nachmittag hatte es geregnet, und die kühle Luft Anfang April fühlte sich elektrisch an, knisternd vor Leben und Möglichkeiten. Sie atmete den Frühling zusammen mit dem Cologne ein und malte sich aus, was für ein Mann diesen Duft wohl in ihren Haaren und an ihrer Kleidung hinterlassen haben könnte.
An diesem Abend hatte sie einen anderen Drink als sonst gekostet, einen Greyhound – Wodka und Grapefruitsaft. Wer mochte dieser geheimnisvolle Mann sein, der den Cocktail für sie bestellt hatte?
Ihr Ehemann würde es wissen wollen.
Er ist groß, entschied sie, als sie die Straße überquerte. Groß und gut gebaut, mit klaren, blauen Augen, drahtigen Muskeln, einer weichen, tiefen Stimme und gefühlvollen Händen.
Und er ist gut bestückt.
So viel stand fest. Das würde Mike vor allem anderen hören wollen. Sam taufte ihren imaginären Liebhaber Nick und entschied, dass er Ruderer war. Wochentags ruderte er jeden Morgen auf dem Allegheny, deshalb besaß er kräftige, definierte Arme, und er arbeitete als … Rettungssanitäter. Schick.
Was für ein Traumtyp ihr imaginärer Seitensprung doch war!
Ihre Wohnung bestand aus einer Hälfte eines alten Ziegelsteinhauses im viktorianischen Stil, und als sie sich dem Gebäude näherte, ging sie in Gedanken die Gesichter ihrer Lieblingsschauspieler durch, bis sie eines fand, das zu ihrem imaginären Nick passte. Sam fühlte sich geradezu schwummerig, als sie die Steinstufen erklomm und die Schlüssel hervorkramte, beinah so, als hätte sie diesen attraktiven, athletischen, selbstlosen Nick wirklich für einen Drink und eine heiße Nummer im Bett getroffen. Dabei hatte sie in Wirklichkeit im Elbow Room mit keinem Mann gesprochen, abgesehen von dem, der ihre Cocktails gemixt hatte. Oooh, ein Barkeeper. Als sie die Tür aufschob, entschied sie spontan, dass sie ihre nächste getürkte Affäre mit einem Barkeeper erleben würde. Nicht, dass es Mike interessiert hätte, welchen Berufen die Männer nachgingen.
Sam lächelte, als sie sah, dass auf dem Boden vor dem Briefschlitz keine Post wartete. Das bedeutete, er war rechtzeitig von der Arbeit weggekommen und hoffentlich schon eine Weile zu Hause, sodass er sich mit seinen eigenen Fantasien darüber, wo sie steckte, was sie trieb und mit wem, in Stimmung gebracht hatte. Der Gedanke ließ ein Lächeln um ihre Lippen spielen.
Mike Heyer verkörperte einen wandelnden Widerspruch. Außerhalb dieser Mauern war er ein harter Kerl – leitender Drogenfahnder der Polizei von Pittsburgh, der spontan Entscheidungen traf. Und sein Körper passte zu seinem Auftreten: hart, rau, allzeit bereit. Außerhalb dieser Mauern hatte er immer alles im Griff, war sich stets voll bewusst, welchen Rang er bekleidete und wie ihn andere wahrnahmen. Selbstsicher und kompetent. Im Bett konnte er genauso sein und war es oft auch. Aber ein-, zweimal im Monat ließ er innerhalb der Grenzen dieser Spiele die Last der Autorität von seinen Schultern fallen und erlaubte sich, dem Raum zu geben, was nach Sams Vermutung seine tiefsten, prägendsten Ängste waren.
Du bist schwach, sagten ihm diese Spiele. Du bist unterlegen, du kannst nicht mithalten. Du versagst. Sam grinste, als sie hinter sich abschloss. Ihr gefiel es, zu wissen, dass sie die einzige Hüterin seiner geheimen Begierden war, die Einzige, die ihn zu sehen bekam, wenn er sich in ein rundum glückliches Wrack verwandelte. Die Einzige, die ihn dazu verwandeln durfte.
Es hatte eine Zeit gegeben, da wollte sie mit jenen geheimen Begierden nichts zu tun haben.
Als Mike sie ihr ursprünglich gestanden hatte, war es ein schwerer Schlag sowohl für ihr Selbstvertrauen als auch für ihren Glauben an die Beziehung gewesen, derer sie bis dahin so sicher gewesen war. Sam hatte nicht gewusst, was mit ihrem – zu jenem Zeitpunkt – Verlobten los war, sie hatte nur gemerkt, dass sie angefangen hatte, sich wie eine Verbrecherin in seinen Augen zu fühlen, und dass die härteren Bereiche ihres Liebeslebens, die sie davor so genossen hatte, zu hart geworden waren, zu rau. War er früher besitzergreifend gewesen, so war er stattdessen mitunter gemein und anklagend geworden.
Vor Mike hatte sie Lover schon für weniger abserviert, aber dieser Mann war von Anfang an anders gewesen. Von dem Abend an, als sie sich begegnet waren. Vor ihm hatte sie sich mit einem anderen nie so frei gefühlt – so frei, dass sie es beinah so empfunden hatte, als lerne sie sich selbst zum ersten Mal richtig kennen. Sie hatte festgestellt, wie albern sie sein konnte, wenn sie in der Gegenwart eines Mannes entspannt war – und wie viel besser der Sex war, wenn er sich nach Abenteuer statt einem Pflichtakt anfühlte. Doch es war schmerzlich deutlich geworden, dass da noch etwas war, das er ihr nicht erzählte. Also hatte sie gedroht, ihn zu verlassen – und sie hatte es ernst gemeint; die qualvollste Entscheidung ihres Lebens –, wenn er ihr nicht verriet, was mit ihm los war. Und schließlich hatte er es ihr verraten. Seither lautete ihr Motto: Nichts als die Wahrheit. Immer.
Anfangs hatte sich Sam eingeschüchtert, ja sogar abgestoßen gefühlt. Aber die Wahrheit hatte ihr gesagt: Es liegt nicht an etwas, das du falsch gemacht hast. Es liegt an Dingen, von denen er sich insgeheim wünscht, du hättest sie falsch gemacht.
Mit der Zeit hatten Sams Gefühle einen Wandel von Bestürzung über Skepsis und Akzeptanz und letztlich hin zu Neugier durchlaufen. Sie hatte fast ein Jahr gebraucht, um an den Punkt zu gelangen, an dem sie sich mit seinen Bedürfnissen angefreundet hatte, und im Verlauf dieser Monate hatte sich auch Mike verändert. Ihr war klar geworden, dass jenes Geständnis wie eine tonnenschwere Last auf seinen Schultern gewesen war, und nachdem der zermalmende Druck von ihm genommen war, hatten all die alten Warnzeichen aufgehört zu blinken. Keine Anschuldigungen mehr, keine verwirrenden Signale mehr, keine Nervosität im Bett mehr. Der Mike, in den sie sich verliebt hatte, war zurückgekehrt, nur mit einem kleinen Fetisch unverhohlen im Schlepptau. Und nachdem Sam sicher geworden war, dass es sich dabei nicht um ihren Feind handelte, hatte sie beschlossen, ihn zu ihrem Freund zu machen. Sie hatte ihn zu ihrem Partner bei der Aufgabe erhoben, ihren Ehemann auf jene Weise um den Verstand zu bringen, nach der er sich am meisten sehnte.
Als sie das erste Mal angefangen hatten, Mikes ungewöhnliche Vorliebe zu erkunden, hatte Sam dasselbe getan wie an diesem Abend – sie war bis nach dem Abendessen fortgeblieben und mit einem fremden Männerduft an ihr nach Hause gekommen. Damals hatte sie einfach länger gearbeitet, hatte anschließend einen Abstecher in den Drogeriemarkt gemacht und sich Duftproben aus Lifestyle-Zeitschriften für Männer auf die Handgelenke gerieben. Aber nachdem sie in den letzten Jahren gesehen hatte, was ihre Spiele bei ihrem Mann bewirkten, hatte sie gelernt, selbst darin aufzugehen. Derselbe Fetisch, durch den sie sich früher herabgesetzt gefühlt hatte, verwandelte sie nun in eine mächtige, verruchte Mischung aus Teufelin und Göttin. Eine sexuelle Superschurkin.
Und verdammt, es machte Spaß, diese Macht zu besitzen.
Einmal oder zweimal im Monat traf sich Sam mit Freundinnen auf einen Drink und hielt dabei in der Bar insgeheim Ausschau nach Männern, die sie in ihrer Fantasie dort kennenlernte. Sie probierte neue Cocktails, tat so, als wären sie ihr geschickt worden, und durchstöberte genüsslich jene Parfumproben – das gehörte alles zur Vorbereitung. Mittlerweile, knapp drei Jahre nach dem Ultimatum, konnte sie sich kaum noch an die Zeit erinnern, als sie Mikes Fetisch abgestoßen hatte – inzwischen konnte sie sich ihre Ehe ohne die verruchten Spiele gar nicht mehr vorstellen. Das wäre, als nähme man ihr eines ihrer Lieblingsgewürze. Die Mahlzeiten wären zwar nach wie vor nahrhaft, aber der exotische Kick würde fehlen.
»Hallo?«
»Hi, Schatz«, rief Mike von oben zurück.
Oben befand sich sein Arbeitszimmer. Er musste wohl den Papierkram des Tages mit nach Hause genommen haben. Normalerweise zog er es vor, diese Dinge im Revier zu erledigen und den Job dort zu lassen, wo er hingehörte, doch Sam wusste, dass auch dies einen Bestandteil ihres Spiels darstellte. Zur Überbrückung des Wartens, während er sich ausmalte, wie sie irgendwo unterwegs war und im Bett eines Fremden bestiegen wurde.
Sams Herzschlag beschleunigte sich, als sie ihre Jacke auf den Kleiderständer hängte, und wurde noch schneller, als sie sich den Ehering vom Finger zog und ihn in einer Tasche verschwinden ließ. Sie roch jenen Herrenduft an sich, atmete das Zitrusaroma ein, ließ den anhaltenden Nachgeschmack von Grapefruit auf der Zunge zergehen und malte sich den erfundenen Mann aus, mit dem sie es gerade hinter Mikes Rücken getrieben hatte. Das war toll, Nick, aber ich muss nach Hause, sonst schöpft mein Ehemann Verdacht …
Sam ging nach oben ins Badezimmer und schmierte sich mit ein wenig Gleitcreme aus der Flasche im Schrank ein. Ein, zwei Knöpfe an der Bluse geöffnet, weit genug, sodass jemand, der in ihrer Nähe stand, sehen konnte, dass sie einen mintgrünen Spitzen-BH trug. Anschließend zerzauste sie sich ein wenig die Haare und befand, dass sie überzeugend so aussah, als wäre sie unlängst gründlich genommen worden.
Den Flur hinunter stand die Tür zu Mikes Arbeitszimmer offen. Er drehte sich auf seinem Stuhl herum, als sie an den Rahmen klopfte, und musterte sie mit einem verkniffenen Lächeln von oben bis unten. Los geht’s.
»Wie war dein Tag?«, erkundigte sich Sam mit reiner Unschuldsmiene.
»Arbeitsreich, und er ist immer noch nicht vorbei. Aber ich schätze, damit bin ich nicht der Einzige, was? Du bist schrecklich spät dran. Ich musste mir Reste aufwärmen.«
»Tut mir leid. Ich hatte diese Telefonkonferenz, die einfach nicht enden wollte.«
»Du hast dich ja ziemlich fein gemacht.« Er betrachtete ihren Rock, ihre Stöckelschuhe, den Ausschnitt.
»Ein paar der Geldgeber waren zu Besuch«, log sie und wandte den Blick ab.
Mike stand auf. Er hatte sich umgezogen, trug nicht mehr seine Arbeitskluft, sondern Jeans und T-Shirt. Letzteres lag eng an, um bösen Jungs zu zeigen, dass seine morgendliche Routine aus Gewichten bestand, nicht aus Donuts, und dass weder Mike Heyers Körper noch sein Gerechtigkeitssinn Schwächen kannten. Doch so aufregend Sam seine körperliche Verfassung auch fand, in dieser Nacht würde sie sich das nicht anmerken lassen – nicht, während sie spielten. Wenn sie spielten, war er ein schwacher Mann, unfähig, seine fremdgehende Frau von den Armen stärkerer, attraktiverer, maskulinerer Männer fernzuhalten. Seit ihrem ersten Date mit ihrem nunmehrigen Ehemann vor fünf Jahren hatte Sam keinen anderen Mann auch nur auf den Mund geküsst, doch nach dem Drehbuch ihrer Scharade hatte sie es schon mit halb Pittsburgh getrieben.
»Du riechst … anders«, stellte er fest, als er näher kam. »Was ist das?«
»Herrje, ich bin nicht sicher. Ich rieche nichts.«
»Riecht wie …« Er näherte sein Gesicht ihrer Schläfe und atmete ein. »Wie ein Herrenparfum.«
Seine tiefe, weiche Stimme – ein Kontrast zu seinem rauen Herkunftsakzent – brachte Sam zum Schaudern. Sie unterdrückte die Empfindung und schlüpfte mit einem Schulterzucken in ihre Rolle. »Merkwürdig. Vielleicht das neue Reinigungsmittel.«
»Und dein Atem riecht nach Alkohol.«
»Ich hab mit Mundwasser gespült, bevor ich aus dem Büro weg bin.«
Abwägend verengte Mike die blauen Augen zu Schlitzen. Er packte ihr Handgelenk und hob ihre schmucklose Hand an. »Wo ist dein Ring?«
»Oh. Den muss ich wohl abgenommen haben, bevor ich bei der Arbeit meinen Kaffeebecher ausgewaschen habe.« Sie tastete in der kleinen Tasche ihres Rocks herum und holte den Ring daraus hervor. »Siehst du?«
Stirnrunzelnd beobachtete er, wie Sam ihn sich wieder ansteckte. »Wer war es?«
Sie strich mit den Fingern durch seine weichen, sandbraunen Haare, ohne seinem Blick zu begegnen. Am liebsten hätte sie mit diesen Fingern über seinen Hals, seine Brust und seinen Bauch gestreichelt, um anschließend die Handfläche in seinen Schritt zu legen und das Ausmaß seiner Erregung zu ermessen. Aber im Augenblick steckte sie in der Rolle der ambivalenten, unbefriedigten Ehefrau, die an ihrem Ehemann nicht interessiert war. Seine Fantasie schrieb ihr vor, dass sie einen Besseren gefunden hatte. Sam konnte zwar nicht von sich behaupten, dass diese Dynamik sie selbst erregte, aber das Wissen, was sie bei ihm bewirkte … Nichts sonst hatte je dafür gesorgt, dass sie sich so heiß begehrt fühlte.
»Ich weiß nicht, was du meinst«, bluffte sie. »Wer soll was gewesen sein?«
»Treib keine Spielchen mit mir, Sam.«
Oh, und ob. Sie schnaubte ein wenig überzeugendes, verhaltenes Lachen. »Tu ich nicht. Ich weiß ehrlich nicht, wovon du redest.«
»Du warst wieder mit irgendeinem Kerl unterwegs. Wer war es?«
Sam seufzte und tat so, als empfände sie es als lästig, erwischt worden zu sein, ja als langweilend. Schuldgefühle hingegen zeigte sie nicht. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich an den Türrahmen. »Spielt das wirklich eine Rolle?«
»Ja, das tut es. Du bist meine Frau.« Mike packte sie am Arm, führte sie aus dem Zimmer und schaltete die Lichter hinter ihnen aus. Nur der Schein der Stadt durch das Fenster am Ende des Flurs zeigte ihnen den Weg zum Schlafzimmer. Eine alte Holzdiele auf dem Absatz vor der Tür knarrte. So viele Male war Sam durch das Knarren geweckt worden – jenes wunderbare Geräusch, das ihr verriet, dass Mike spät von der Arbeit nach Hause kam. Von einer Razzia, einer Ermittlung oder einer Observierung, wohlbehalten und gesund … So viele Male hatte es sie schon dazu gebracht, zu entspannen. Doch in Augenblicken wie diesem beschleunigte es jäh ihren Herzschlag und entfachte eine pulsierende Hitze tief in ihrem Unterleib.
Mit einer gebieterischen Hand in Sams Kreuz schob er sie ins Schlafzimmer – ein nachklingendes Glimmen seiner dominanten Seite, die er schon bald zusammen mit dem T-Shirt und der Jeans abstreifen würde. In dieser Nacht war in diesem Zimmer bei ihnen kein Platz dafür.
Sam schaltete eine der Nachttischlampen ein. »Es ist Freitag, Mike. Wir sind beide erschöpft. Lass uns das morgen klären.«
»Nein, wir klären das sofort. Du erzählst mir jetzt, was passiert ist.«
Sam setzte sich aufs Bett und zog die Schuhe aus. Ihre Kehle fühlte sich trocken an. Sie dürstete nach ihm.
Mit den Händen an den Hüften stand er vor ihr. »Wer war er?«
»Bloß irgendein Typ namens Nick.«
»Wie ist das gelaufen? Hast du ihn in einer Bar aufgegabelt?«
Sam nickte. »Wir hatten nur einen Drink. Es ist nichts passiert.«
»Wenn nichts passiert ist, wieso riechst du dann nach ihm?«
Sam überging die Frage, stand auf und öffnete den Verschluss ihrer Halskette. »Ich bin müde, Schatz. Lass uns das nicht heute Nacht besprechen.« Die schweren Perlen rasselten, als Sam sie auf die Kommode legte, und ihre Finger wanderten zu den Knöpfen. Sie konnte fühlen, wie Mike näher kam, noch bevor er sie berührte und ihr die Bluse mit den Fingerspitzen von den Schultern streifte.
Seine Stimme wärmte ihren Hals, und die Strenge war verschwunden. »Erzähl mir von ihm.«
»Ich hab ihn einfach in der Bar kennengelernt, als Lisa mich bei unserem Mädelstreffen hängen gelassen hat. Er hat mich auf einen Drink eingeladen, das ist alles.« Auf einen Greyhound. Sam stellte sich ihren imaginären Seitensprung vor. Nicks verruchten Blick, als er ihr das Glas über die Theke zuschob, das grausame Grinsen, als er ihren Ehering betrachtete. Ihre imaginären Seitensprünge waren immer kolossal bestückt – was immer das über sie aussagen mochte.
»Das ist also alles, wie?«
»Klar.«
Für die Größe seiner Hände besaß Mike geschickte Finger. Sie öffneten die Schnalle ihres Rocks und zogen schon den kleinen Reißverschluss nach unten. Seine Daumen schoben sich unter den Bund ihrer Strumpfhose, noch bevor der Rock zu Boden geglitten war.
»Erzähl mir von ihm«, verlangte Mike erneut, und seine Stimme war schroff geworden. Die Zeit für gespieltes Leugnen war vorbei. Sein Fetisch war befreit, lief unruhig auf und ab, wollte gefüttert werden.
»Er ist groß«, sagte sie. »Groß, attraktiv und gut gebaut. Und sein Lächeln … Ich wollte ja eigentlich Nein sagen. Aber ich konnte einfach nicht, so, wie er mich angelächelt hat.« Vor ein paar Jahren wäre sich Sam bei dieser Aufführung albern vorgekommen und wäre gehemmt gewesen, aber Übung macht bekanntlich den Meister. Mittlerweile hätte sie Unterricht in improvisierter Verbalerotik geben können. Sich reinzuhängen, war das A und O dabei – besser, man sagte etwas Kitschiges und übertrieb voller Überzeugung als zu schweigen oder sich zurückzuhalten, weil man fürchtete, dass es sich dumm anhörte.
»Was noch?«, forderte Mike.
»Starke Hände.« Sie spürte Mikes Finger an der Schnalle ihres BHs. Sam stellte sich vor, ihr geheimnisvoller Liebhaber hätte jene kleinen Haken vor ein, zwei Stunden wirklich geöffnet, und malte sich Nicks Handflächen aus, während Mike die Träger von ihren Schultern streifte und ihre Brüste berührte. Elektrizität knisterte durch ihren Körper, ein jäher, heißer Blitz, der von ihrem Bauch ausgehend bis in die Finger- und Zehenspitzen schoss.
»Hast du ihn gefickt?«
»Nein.« Sie seufzte und verstummte einen Herzschlag lang. »Er hat mich gefickt.«
Sam hörte das Klicken von Mikes Gürtel und zog sich selbst zu Ende aus, schlüpfte aus ihrem Slip und der Strumpfhose und drehte sich zu ihm herum. Ihre Körper begegneten sich an der Bettkante. Mittlerweile wirkte seine Berührung sowohl begierig als auch unsicher. Mike schob sie auf den Rücken, kniete sich zwischen ihre Beine und fuhr mit zwei Fingern ihre von der Gleitcreme schlüpfrige Scham entlang.
»Gott, du hast wirklich jemanden gefickt.«
Sie lächelte. »Wie ich schon sagte: Er hat mich gefickt.« Sam bewahrte auch im Badezimmer einen Vorrat an Kondomen auf, und manchmal rieb sie eines davon über ihre Schamlippen und ließ anschließend Mike das Latex schmecken – als sogenannten Beweis ihrer Untreue. Die Realitätsnähe vertiefte die Fantasie für ihn, und seine Lust heizte die ihre an diesem Fetisch an, den sie nicht ganz als ihren eigenen bezeichnen konnte.
Er war bereits steif, bereit loszulegen. Ein großzügiger Liebhaber, mehr als ausreichend bestückt – der Beste, den sie je gehabt hatte, unabhängig davon, ob ihr beider Sex zärtlich, hart, leidenschaftlich oder in einer sonstigen Spielart ausfiel, nach der sie sich sehnen mochte. Aber im Augenblick durfte sie ihm das nicht sagen. Bei diesem Spiel war Mike schlecht ausgestattet, beinahe impotent, hoffnungslos unzulänglich darin, sie zu befriedigen. Er verkörperte einen schwachen, erbärmlichen Ehemann, der seine Frau in die Betten ihm überlegener Kerle trieb. Aus welchem Grund auch immer, jene Vorstellung entfachte etwas Animalisches in ihm.
Selbst nach zwei Jahren dieses Spiels und Recherchen, die einer Dissertation würdig gewesen wären, verstand Sam den sogenannten Cuckolding-Fetisch immer noch nicht völlig. Und sie hatte für sich erkannt, dass sie das gar nicht musste. Sie wusste schließlich auch nicht genau, was ein Gewitter verursachte, aber deswegen fand sie die Blitze um nichts weniger aufregend.
Hätte sie raten müssen, hätte sie vermutet, dass es etwas damit zu tun hatte, loszulassen. Damit, dass Mike ab und an vor dem von ihm empfundenen Druck kapitulieren wollte, ständig Herr der Lage, furchtlos, autoritär sein zu müssen, stets der Anführer, der alle Antworten kannte. Beruflich bestand seine größte Angst darin, nicht gut genug zu sein und dadurch seinen Partner, sein Team im Stich zu lassen, ihren Respekt zu verlieren, vielleicht sogar daran schuldig zu werden, dass jemand das Leben verlor. Aber sein Job war gefährlich und ließ keinen Platz für Selbstzweifel. Also entledigte er sich all des Stresses auf diese Weise, im Ehebett und bei ihren Spielen – nicht nur, um zuzugeben, dass er nicht perfekt und durch und durch stark und kompetent war, sondern um sich in der Vorstellung förmlich suhlen zu können. In den Empfindungen, die es in ihm auslöste, sich wie ein geringerer Mann zu fühlen – als schnappe er verzweifelt nach Luft, wenn der Druck seiner Arbeit so dicht wurde, dass er daran zu ersticken drohte.
Sam streichelte Mikes Männlichkeit. »Ich brauche mehr, als du mir geben kannst, Mike.« Sie spürte, wie sein Penis bei ihren Worten zuckte und pulsierte, doch sie tat, als ob seine Erregung sie nicht berührte. Die eigenen Finger schlaff um ihn geschlossen tat sie so, als wäre er nicht so hart und groß, wie er es war.
»Erzähl mir, was da gelaufen ist.«
Sie bedeutete ihm, sich neben sie zu legen, und ihre Beine verschlangen sich ineinander. Sam fuhr mit den Fingerspitzen sein Schlüsselbein nach und sprach an seinen Hals geschmiegt. »Er hat mich mit zu sich nach Hause genommen. Eine wunderschöne Dachgeschosswohnung mit Aussicht auf den Fluss. An den Wochenenden rudert er. Und unter der Woche arbeitet er als Rettungssanitäter. Ich wette, er hätte mich die ganze Nacht nehmen können, wenn wir nur genug Zeit gehabt hätten.«
Mikes Hand schob sich zwischen ihre beiden Körper und umfasste die eigene Erektion. Von Sam erwartete er, dass sie sie ignorierte, verschmähte, ablehnte.
»Was noch?«, bohrte er nach, und seine tiefe Stimme drang angespannt in ihr Ohr.
»Er ist ein toller Küsser. Seine Küsse haben mich feuchter gemacht als du es je geschafft hast.«
»Wie alt ist er?«
»Dreißig. Ich hatte fast vergessen, wie viel Energie jüngere Typen haben.« Unabhängig davon, dass Mike im vergangenen Sommer einen Triathlon beendet hatte, war dieser andere Mann jünger, fitter, heißer, und in jeder Hinsicht besser. »Und Gott, was für ein Körper.«
»Und sein Schwanz?«
»Groß. Dick. Lang. Zuerst war ich besorgt, dass ich ihn vielleicht nicht verkraften könnte. Aber das hat sich als unbegründet erwiesen«, sagte Sam mit einem fiesen Grinsen. »Er hat sich sehr gut um mich gekümmert.«
Mike verlagerte das Gewicht, rappelte sich auf die Knie, schob sich zwischen ihre Schenkel und nahm sie. Schnell und geschmeidig. Dabei würde er sich jetzt ausmalen, sie wäre noch feucht von irgendeinem Fremden – feucht vor Erregung oder vom Samen des anderen. Aber selbst ohne Gleitcreme war sie feucht für Mike, für ihren heißen, faszinierenden, wunderbar verschrobenen Ehemann. Allerdings sollte sie besser aufhören, für ihn zu schmachten, und sich auf Nick konzentrieren, wenn das hier eine erstklassige Vorstellung werden sollte.
»Wo hast du es mit ihm getan?«
»Auf seiner Couch«, improvisierte Sam und gebar die Fantasie in ihrem Kopf. »Ich konnte den Park sehen. Auf den Händen und Knien. Er hat mich von hinten genommen, direkt vor dem Fenster. Das gesamte Nordufer konnte uns zusehen. Es war so was von heiß.«
In Wirklichkeit war es Mike, der zusehen wollte.
Zwar hatte er es noch nie offen ausgesprochen oder es gar von ihr verlangt, aber sie wusste, dass er bereit dafür war, die Spiele der vergangenen Jahre auf eine neue Stufe zu heben. Eine Stufe, bei der sie tatsächlich mit einem anderen Mann schlafen und ihm alles darüber erzählen würde. Dass sie es vielleicht filmen oder ihn durch einen Spalt in der Tür dabei zusehen oder aus dem Nebenraum zuhören lassen würde. Um es ihm unmittelbar ins Gesicht zu reiben.
Und nach mehreren Monaten der Überlegung war die Vorstellung von etwas Unmöglichem zu etwas völlig anderem gereift. Zu etwas ziemlich Faszinierendem. Anfangs hatte Sam die Idee verworfen, ohne auch nur darüber nachzudenken – sie konnten sich zusammen Szenarien wie diesem hingeben, aber auf keinen Fall mehr. Monogamie war dabei unterschwellig immer vorhanden, und alles, was darüber hinausginge, wäre Betrug. Und sie könnte nie jemanden betrügen, am wenigsten Mike.
Dann hatte sie sich die Frage gestellt: Was machte eine Affäre überhaupt zum Betrug? Nach und nach waren ihr Antworten in den Sinn gekommen.
Täuschung. Heimlichkeit. Selbstsüchtigkeit.
Betrug war eine aus Gier geborene Entscheidung, die ein Partner alleine traf und die in ein Vergnügen mündete, an dem der andere Partner dann keinen Anteil hatte. Wenn jedoch Samira und Mike zusammen einen anderen Mann einlüden, würde das nicht zutreffen. Es wäre vielmehr das genaue Gegenteil: eine gemeinsame Entscheidung und alles andere als selbstsüchtiger Betrug – tatsächlich wäre es ein Geschenk von ihr an ihn. Und vielleicht sogar ein Geschenk für sie selbst.
Früher hatte sich bei der Vorstellung, mit einem anderen Mann zusammen zu sein, rein gar nichts in Sam geregt. Jedenfalls anfangs nicht. In den vergangenen Monaten jedoch, wenn Sam unterwegs war, um Bars nach Fantasiemännern auszukundschaften … und dann zu Hause im Bett mit Mike, wenn sie an diese Fantasiemänner dachte …
Vielleicht könnte ich es. Für mich ebenso sehr wie für ihn. Einen neuen Mann berühren, zum ersten Mal seit fünf Jahren. Einen neuen Mann küssen. Und mehr. Wenn es ihre Ehe nicht bedrohte, war sie dann wirklich eine solche Heilige, dass sie behaupten konnte, die Vorstellung würde sie nicht erregen?
Sie hielt Mikes starken, in sie stoßenden Körper fest, streichelte sein Haar.
Mittlerweile konnte sie beinah vor sich sehen, wie es passierte. Sie wollte es sogar … wenn die Umstände exakt richtig wären. Sam war eine vernünftige Frau, eine Planerin, die Risiken minimierte. Ihre Ehe betrachtete sie als das Kostbarste in ihrem Leben, und daher durfte sie nicht wie eine Petrischale behandelt werden, in der man Experimente durchführte – jedenfalls nicht impulsiv. Außerdem hatte sie sich inzwischen so viele perfekte Fremde ausgedacht, wie sollte sie da je einen realen Mann finden, der diesen fiktiven Liebhabern gerecht werden konnte?
Mike holte sie aus ihren Gedanken. »Was noch?«
»Er was ruppig. Und so stark.« Sam stellte sich die angespannten Züge des imaginären Nicks und seine straffen Muskeln vor. »Ich habe ihn gebeten, mich von vorn zu nehmen, damit ich seinen Körper dabei beobachten konnte.«
»Nur seinen Körper?« Mikes eigener Körper war so kraftvoll und gebieterisch wie derjenige, den sie sich ausgedacht hatte – umso mehr in Augenblicken wie diesen, wenn er so unfassbar angestachelt war. Aber das durfte er jetzt nicht erfahren.
»Und seine Männlichkeit«, fügte sie hinzu. »Ich habe ihn geradezu angefleht, mich beobachten zu lassen, wie sie in mich fährt, während wir es getan haben. Gott, war er dick. Wahrscheinlich spürst du es sogar noch.« Herablassend fuhr sie mit einer Handfläche über sein kurzes Haar. »Wahrscheinlich kannst du fühlen, was er mit mir dort unten gemacht hat.«
Die Worte ließen Mike in einen völlig neuen Gang schalten. Der Selbstbeweismodus. Jeder Muskel an seinem Körper trat hart und straff hervor, seine Züge spannten sich an, die Stöße wurden heftiger. Er hatte seine Unsicherheit verdrängt, sie mit dem intensiven Wettbewerbsgedanken gegenüber diesem erfundenen Rivalen überwunden. Dies waren die drei Akte des sexuellen Schauspiels, das sie zusammen aufführten – Verdächtigung, Demütigung, Rückforderung.
»Du denkst, ich sei nicht genug für dich?«, fragte er verlangend und nahm sie hart mit einem Dutzend tiefer Stöße. »Dieser Schwanz ist nicht groß genug für dich?«
»Bringen wir es einfach schnell hinter uns. Ich fühle mich wund.« Sam ließ ihren Tonfall mehr andeuten. Mach schnell – anders kannst du es ja sowieso nicht. Sie ließ ihre Fingerspitzen zu ihrer Klitoris wandern.
Mach einfach schnell. Sam lächelte bei sich, als sie an jenen Urlaub in San Francisco zurückdachte, den sie gemacht hatten, nachdem sie seit zwei Jahren zusammen gewesen waren. Damals hatte Mike sie am ersten Abend eine geschlagene Stunde lang geliebt, sie in der Nacht zwei weitere Male für einen Nachschlag geweckt und dafür gesorgt, dass sie sich am nächsten Tag grinsend eine Spur wund gefühlt und keinerlei Zweifel daran gehabt hatte, wozu er fähig war. An jenem Nachmittag hatte er um ihre Hand angehalten, indem er im Sand neben der Bucht auf ein Knie gesunken war, die Augen im Sonnenschein hoffnungsvoll und bang zugleich.
Das – ein Sexmarathon vor dem Antrag – hätte ihr erster Hinweis darauf sein müssen, dass er in sexueller Hinsicht ein wenig anders tickte. Verdreht in der Hinsicht, dass sein Selbstwertgefühl von seinem Penis gespeist wurde, allerdings nicht ganz so wie bei anderen Männern. Nach ihrer Verlobung hatte er eine kurze, aber intensive Phase irrationaler Eifersucht durchgemacht, die Sam entsetzlich zu schaffen gemacht hatte. Sie hatte sich wegen des Misstrauens gedemütigt gefühlt und hätte ihm um ein Haar den Ring zurückgegeben.
Aber im Zuge ihres Ultimatums und seines Geständnisses hatte sie erfahren, dass die Eifersucht nicht sein Blut zum Kochen brachte, sondern ihn hart werden ließ. Er hatte gar nicht die Sicherheit gewollt, dass sie ihn nicht betrog. Vielmehr hatte er sich nach dem bangen Kick gesehnt, dass sie es vielleicht, nur vielleicht doch tat.
Sam streichelte seinen Hals, so verliebt in diesen sonderbaren Mann. Auch wenn im Augenblick nicht der richtige Zeitpunkt war, um es ihm zu sagen – nicht, solange er sich von der Unsicherheit angefeuert so fieberhaft zwischen ihren Schenkeln austobte.
»Du hättest ihn sehen sollen«, sagte Sam und spornte seine Hüften mit den eigenen Bewegungen weiter an. »Gott, ich wünschte, du hättest es. Ich sollte dich mal dabei zusehen lassen, damit du vielleicht eine Ahnung davon bekommst, wie ich es brauche.«
Mike reagierte mit einem gequälten Laut, als hätte sie ihn mit mehr als ihren Worten getroffen. Das bescherte ihr einen kurzzeitigen Anflug von Zweifeln, aber sie vertraute ihrem gemeinsamen Spiel. Etwas mehr Intensität mit ihren Fingern bewirkte, dass sich die Hitze und die Spannung zu einem kribbelnden Knoten der Lust bündelten, der sich in ihrem Bauch enger und enger zusammenzog.
»Er war so verflucht groß. Und er hat mich so tief genommen. Ich wünschte, ich hätte die ganze Nacht bleiben können. Er wäre ohne Weiteres in der Lage gewesen, es mir so lange zu besorgen. Wenn du das nächste Mal unterwegs bist, um einen Fall zu bearbeiten«, versprach sie, »muss ich ihn noch mal aufsuchen. Vielleicht nehme ich ihn ja mit hierher.«
»Nicht in unserem Bett.«
»Doch, genau hier.« Sam streichelte über das Kissen unter ihrem Kopf und über die Laken an ihrer Seite. »Dann werde ich mich jedes Mal, wenn ich dich ranlasse, daran erinnern, wie viel besser es mit Nick war.«
»Hast du wenigstens ein Kondom benutzt?« Seine Stimme ertönte als bedürftiges Flüstern.
»Oh, das hat er mir schon angeboten. Aber ich habe abgelehnt. Nein, ich wollte ihn richtig spüren. In mir – als Beweis, dass ich wirklich mit jemandem wie ihm zusammen war.«
Mike stöhnte. Beweis gehörte zu den Wörtern, auf die er besonders ansprach – ein verbaler Anreiz, der ihm einen Stich ins Herz versetzte, eine fest um seinen Penis geschlossene Hand, die ihn massierte. Es gab noch einige andere: kaputt, dreckig, versaut. Und seine Reaktion steigerte umgekehrt ihre eigene Erregung.
»Ich wünschte, du hättest es sehen können. Wünschte ich wirklich.« Sam hatte sich angewöhnt, dieses Konzept zu wiederholen. Es war ein verschleiertes Signal, von dem sie hoffte, er würde es wahrnehmen. Vielleicht lasse ich dich dabei zusehen, lautete die verborgene Botschaft. Obwohl natürlich die Möglichkeit bestand, dass er die Vorstellung, das wirklich zu tun, grässlich fand, und das wäre auch völlig in Ordnung. Andererseits könnte es ihn auch dermaßen vom Hocker reißen, dass er erst im nächsten Bezirk zum Liegen käme. Sam beschlich zunehmend der Verdacht, dass sie selbst fähig wäre, es durchzuziehen. Also pflanzte sie die Saat wieder und wieder und wartete ab, ob Mike sie irgendwann gießen würde.
»Hat er dich zum Kommen gebracht?«, fragte er keuchend.
Sam lachte, ein zugleich hämischer und mitleidiger Laut. »So viele Male. Ich glaube, ich habe mich noch nie so gut gefühlt wie dabei, auf einem so großen Schwanz zu kommen. Gott, es hat sich angefühlt, als würde er mich … besitzen.« Ein weiteres Reizwort, und Mikes Stöße wurden härter. »Er hat mich mit seinem Körper richtiggehend besessen. Und ich habe ihn förmlich angebettelt: Nick, Nick, Nick«, flüsterte Sam in sein Ohr. »Bitte gib’s mir. Gib’s mir so, wie es mein Ehemann nicht kann. Zeig mir, wie sich ein richtiger Mann anfühlt.«
Da sie spürte, dass er sich seinem Orgasmus näherte, berührte sie sich zielstrebiger. Sam redete weiter, als wären es die Gedanken, die sie selbst auf den Höhepunkt zusteuern ließen, nicht die harten, begierigen Bewegungen des tollen Körpers ihres Mannes und der unvergleichliche Ausdruck in seinem Gesicht, der von ekstatischer psychologischer Folter zeugte.
»Oh, mir kommt’s schon fast, wenn ich nur an seine Lust zurückdenke.« Sie beobachtete, wie Mike in sie stieß, und ihr imaginärer Seitensprung verblasste zu einem gesichtslosen Schatten, konnte ihrem Lover im wahren Leben nicht das Wasser reichen. »So groß«, murmelte sie. Ihr durch die Lust heißer Körper verlangte zornig nach Entladung. Sie wollte Mike berühren, seine feuchte Haut an den Fingerspitzen spüren und den darauf schimmernden Schweiß schmecken. Aber um des Spiels willen blieb sie unnahbar, ein schlaffes, teilnahmsloses, widerwilliges Gefäß.
Statt der Hände ließ sie ihren Blick über seine starken Arme streichen, über den straffen Bauch, seine zustoßenden Hüften, die dazwischen aufblitzende Erektion. »So groß«, murmelte sie erneut, und als die Ekstase grell aufloderte und in ihrer Klitoris explodierte, lag das allein an den Gedanken an einen einzigen Mann.
Mike kapitulierte ein Dutzend gehetzter Stöße später. Sein Rücken wölbte sich, das warme Licht der Lampe erfasste seine Brust und die Schultern. Seine Hüften pressten sich mit einem Aufflackern süßesten Schmerzes heftig gegen ihre Schenkel.
Nachdem er einige Male nach Luft geschnappt hatte, sackte er neben ihr zusammen.
Nun durfte sie liebevoll lächeln, sein Gesicht streicheln, ihn küssen und zugeben, wessen Name ihr wirklich auf der Zunge gelegen hatte, als sie gekommen war.
»Oh Liebling«, murmelte er, dann lachte er leise.
Sam drückte die Lippen auf seine Schläfe. »Gut?«
»Und wie. Ist es immer.«
»Ich liebe dich.«
Er schlang seine kräftigen Arme um sie, und sie hakte ein Bein um seine Hüfte. »Nicht halb so sehr wie ich dich«, gab er zurück.
Und Sam ließ ihn in dem Glauben, denn die Menschheit kannte keine Worte, die je auszudrücken vermocht hätten, wie sehr sie ihn vergötterte.
Mike erwachte spät – fast zehn Uhr dreißig, wie ihm der Wecker verriet.
Das durchdringende Aroma frischen Kaffees trieb aus der Küche herauf, und er stellte sich vor, wie Samira mit untergeschlagenen Beinen in ihrem Pyjama auf der Couch saß, ein Buch oder eine Zeitschrift auf einem Kissen auf ihrem Schoß, während der Dampf aus ihrer Tasse im morgendlichen Licht schimmerte. Später würde sie wie an den meisten Samstagen joggen gehen, und ihre Haare würden ihr gerötetes Gesicht wild und gewellt umrahmen. Nie sah sie hübscher aus als morgens an den Wochenenden, und Mike hatte sie dabei mental schon so viele Male fotografiert, dass er die Augen schließen und jedes Detail genüsslich auf sich wirken lassen konnte.
Er nahm Sex in den Laken wahr, ein dunklerer, exotischerer Geruch als das Aroma des Kaffees aus der Küche. Oh Mann.
Mike rollte sich auf den Rücken und dachte mit einem Anflug lieblicher, verlegener Erregung an das Spiel der vergangenen Nacht zurück. Unwillkürlich zog ein Grinsen seine Mundwinkel hoch. Die anderen Jungs bei der Drogenfahndung und er übertrumpften sich gern gegenseitig mit ihren Gesprächen darüber, welche Freundinnen und Ehefrauen die Besten waren. Die Frauen, die bis zwei Uhr morgens wach blieben, die das Abendessen warm hielten, die immer einsprangen, wenn man inmitten der chaotischen, endlosen Fälle wieder mal einen Familiengeburtstag vergaß, die es nie verabsäumten, ein Spiel aufzuzeichnen, das man unbedingt sehen wollte.
Mike konnte nicht mit ähnlichen weit über jede Pflicht hinausgehenden Leistungen seiner eigenen Frau angeben. Tja, Jungs, stellte er sich vor zu sagen, alle paar Wochen kommt meine Frau spät nach Hause, prahlt damit, es mit einem anderen Mann getrieben zu haben, und bringt mich dann dermaßen heftig hoch, dass es ein Wunder ist, dass ich noch keinen Schlaganfall davon gekriegt habe. Wie war das noch mal mit den Pittsburgh Steelers?
Nach wie vor lächelnd schlug er die nach Lust riechende Decke zurück und schwang die Beine auf den Boden. Er würde heute noch eine kleine Razzia leiten müssen, die um Mitternacht beginnen sollte, aber Sam und ihm blieb noch der ganze Tag. Und nach dem nächsten Freitag hatte er Urlaub. Zwar bloß Urlaub auf Balkonien oder wie auch immer man das neuerdings nannte, aber das machte Mike nichts aus. Dann konnte er endlich dem geheimnisvollen Quietschen im Auto auf den Grund gehen, ausschlafen, im Haus herumwirtschaften, sich zwischendurch ein Nickerchen gönnen und unbeschwert atmen, ohne dass sich irgendjemand auf ihn verließ. Eine ganze, herrliche Woche lang. Niemand um ihn herum außer Sam, und um die seltenen Forderungen, die seine pflegeleichte, unabhängige Ehefrau vielleicht stellen mochte, würde er sich mit Vergnügen kümmern.
Er schlüpfte in saubere Unterwäsche und eine Jeans, T-Shirt sowie einen Sweater, um sich die morgendliche Kälte vom Leib zu halten. Als er unten ankam, fand er Sam genauso vor, wie er es sich vorgestellt hatte, die Tasse in der Hand, den Blick in ein aufgeschlagenes Buch versenkt.
Sie lächelte von der Couch zu ihm hoch, die im Sonnenschein leuchtenden braunen Augen erschienen ihm so süß und dunkel, wie sie ihren Kaffee mochte. Am liebsten hätte er jedes einzelne Detail von ihr für immer so festgehalten: ihre Lachfältchen und wie sie die Augen zusammenkniff, ihre leicht abstehenden Ohren, das Sirupbraun ihrer glänzenden Haare. Sam war sechsunddreißig und sah auch so aus, aber er hätte sie auf keinen Fall anders haben wollen. Sie selbst mochte jedes neue Fältchen und jedes graue Haar bereuen, die sie an sich entdeckte, aber Mike liebte sie alle, diese winzigen Hinweise auf die Frau, die sie eines Tages sein würde.
»Morgen, Hübscher. Kaffee steht bereit.«
Mike bückte sich, um sie auf die Stirn zu küssen. »Danke. Wann bist du aufgestanden?«
»Vor vielleicht einer Stunde. Fühlt sich komisch an, vor dir aufzustehen.«
Mike visierte die Küche an, um sich eine Tasse einzuschenken, und sprach über die Frühstücksbar mit ihr. »Du musst mich ganz schön ausgelaugt haben.«
»Ja, klar, gib ruhig deiner Frau die Schuld an deiner Faulheit«, zog sie ihn auf.
Er schnappte sich die Zeitung vom vergangenen Sonntag vom Tisch und gesellte sich zu Sam auf die Couch, wo er sich zur Seite beugte, um ihr einen zusätzlichen Kuss auf die Schläfe zu drücken. »Das war keine Beschwerde.«
In seinem Schritt regte sich etwas bei der Erinnerung an die vergangene Nacht. Er war an dem Abend gestresst von der Arbeit nach Hause gekommen. Jeder Muskel war zum Zerreißen gespannt gewesen, und Kopfschmerzen hatten sich hinter seinen Augen zusammengebraut. Dann hatte er ihr eine SMS geschickt, um herauszufinden, wann sie heimkommen würde, und mehr als ihre knappe Antwort Wird spät, muss länger arbeiten war nicht nötig gewesen, um ihm zu verraten, was sie für ihn geplant hatte. Schlagartig war die Arbeit vergessen und die Spannung hatte sich verlagert. Eine ungeduldige Erregung hatte ihn erfasst, während er die Zeit damit verbrachte auf sie zu warten. Als sie dann schließlich nach Hause gekommen war, hatte er ihr Spiel im Kopf bereits eine Stunde lang durchgespielt gehabt. Als er nach dem Liebesakt neben ihr zusammengesunken war, hatten sich sämtliche Muskeln und Nervenenden entspannt, und jede Spur von Stress war aus seinem Körper und seinem Gehirn verschwunden gewesen.
Andere Männer konnten die Beruhigungsmittel gern behalten, die sie einzuwerfen pflegten. Die einzige Therapie, die er brauchte, war Sam.
An diesem Abend würde er sie nach Strich und Faden verwöhnen. Was immer sie sich wünschte – sei es eine geschlagene Stunde Zungenspiele zwischen ihren Beinen oder nur ein flüchtiger Schmatz und eine Nacht Pause von jeglichen sexuellen Aktivitäten, die Wahl lag ganz bei ihr.
Mike rutschte näher, bis sein Oberschenkel ihr Knie berührte. Er fasste unter das Kissen, störte ihren Lesefluss, um ihren eiskalten Fuß zu drücken. »Danke.«
Sam begegnete seinem Blick und schaute ausgesprochen unschuldig drein. »Für den Kaffee?«
»Für gestern Nacht.«
Sie lächelte innig. »War mir ein Vergnügen.«
Vielleicht, aber wahrscheinlich doch nur insofern, als es ihm Vergnügen bereitet hatte. »Was immer du heute Nacht möchtest. Oder heute Nachmittag oder sofort. Wann auch immer.«
»Ich weiß nur, dass ich zum Abendessen etwas bestellen möchte.«
»La Feria?«
»Ich hatte an Soba gedacht.« Lächelnd schloss sie die Augen. »Jiaozi. Oh ja.«
»Das ist alles, was nötig ist, um dich zu verwöhnen? Wo bleibt denn da die Herausforderung?«
Verschmitzt musterte sie ihn von oben bis unten. »Ich bin sicher, mir fällt im Lauf des Tages noch das eine oder andere ein.« Ihr herzlicher, flirtender Tonfall bestätigte seine Hoffnungen.
»Alles«, bekräftigte er und drückte ihren Fuß noch ein letztes Mal, bevor er ihn losließ.
Eine lange Weile lasen sie, ohne ein Wort zu sprechen. Die Ruhe betonte das Aroma des Kaffees, das leise Rascheln umgeschlagener Seiten, die Geräusche des Verkehrs und des Treibens draußen. Nach einer halben Stunde oder mehr brach Sam ihr geselliges Schweigen.
»Weißt du noch, gestern Nacht?«, fragte sie unbeschwert.
Ein vertrauter, irrationaler Anflug von Beklommenheit erfasste Mike – die Angst, sie könnte genug von ihren gemeinsamen Spielen haben. Obwohl Sam ihm keinen triftigen Grund dafür lieferte, spürte er gelegentlich, wie seine Besorgnis aufflammte. Dann wurde ihm bewusst, wie seltsam seine Bedürfnisse waren und wie sehr er bereits verwöhnt worden war. Sam war geduldig und mehr als entgegenkommend. Aber würde sie ihrer Spiele nicht mit der Zeit überdrüssig werden?
Er bemühte sich um einen ungezwungenen Tonfall, der seine Angst verschleiern sollte. »Ich meine, mich an vergangene Nacht zu erinnern, ja.«
»All die Dinge, die wir tun. All die Dinge, die du magst …«
Mikes Beruf hatte ihn gelehrt, immer mit dem Schlimmsten zu rechnen, doch sein Herz stöhnte mit einem egoistischen Klagelaut auf. »Klar.«
Sam sah ihm in die Augen. »Wie weit denkst du, dass du damit gehen willst? Weiter als bisher?«
Die Faust um sein Herz lockerte den Griff. »Oh, Liebling.« Mike drehte sich ihr zu und nahm ihr Kinn in die Hand, streichelte mit den Daumen über ihre Wangen. »Ich liebe das, was wir tun. Ich werde nicht noch mehr von dir verlangen. Ich werde überhaupt nichts von dir verlangen, bei dem du dich unwohl fühlst.«
Sam ließ seit mittlerweile mehreren Monaten immer wieder Andeutungen fallen. Sie schien neugierig zu erfahren, ob er vorhatte, seinen Fetisch über Fantasien hinaus zu etwas Ernsterem zu erheben. Er hätte ihre Befürchtungen schon beim ersten Mal beschwichtigen sollen, als er sie gespürt hatte. »Hast du dir Sorgen gemacht, ich könnte damit weiter als bisher gehen wollen?«
Sam mied seinen Blick. Ihr Gesichtsausdruck zeugte nicht von der Erleichterung, die er gehofft hatte, ihr damit zu bieten. »Nein, ich habe mir keine Sorgen gemacht.«
»Ich kann in dir lesen wie in diesem Buch«, behauptete Mike und tippte auf ihr Taschenbuch. Er zog sie in eine Umarmung, aber ihr Körper blieb steif. »Herrgott, Sami. Das würde ich nie von dir verlangen.« Eingehend suchte er ihr Gesicht auf Anzeichen bevorstehender Tränen ab, fand jedoch zum Glück keine. »Macht es dir keinen Spaß mehr?«
Sie antwortete nicht sofort. Ihr Blick war ins Leere irgendwo zwischen ihnen und der gegenüberliegenden Wand gerichtet. »Es macht mir immer noch Spaß.«
»Aber?«
Sam biss sich auf die Unterlippe und begegnete letztlich seinem Blick. »Hast du je daran gedacht, weiter damit zu gehen?«
Mike wollte nicht lügen, sosehr er auch fürchtete, sie könnte ausrasten. »Klar habe ich daran gedacht. Aber das bedeutet nicht, dass ich je …«
»Möchtest du es?«
»Ich … Theoretisch schon, ja. Vielleicht. Aber was wir machen, ist toll. Das reicht mir. Verdammt, es ist mehr als genug. Keine Sorge. Ich warte nicht bloß auf den richtigen Moment, um dich um etwas zu bitten, worauf du nicht stehst. Ich habe nicht die Absicht, dich langsam auf einen flotten Dreier vorzubereiten.«
Endlich ein verhaltenes Lächeln. »Ich habe auch darüber nachgedacht.«
Sein verängstigtes Herz hämmerte heftig, dann erstarrte es. »Nachgedacht über …«
»Darüber, vielleicht irgendwann weiter zu gehen.«
Sein Mund wurde schlagartig staubtrocken. »Du meinst also …«
»Ich meine, wir beide und ein anderer Mann. Ja, vielleicht.«
Ein paar Atemzüge lang verspürte er jene Empfindung, die er so sehr fürchtete – jenes erstickende Gefühl der Minderwertigkeit, der Nutzlosigkeit, die Sorge, nicht genug zu sein, niemals genug sein zu können, nicht einmal annähernd. Dann verlagerte es sich wie immer, als lösche man mit Benzin ein Feuer. Zwischen seinen Beinen breitete sich Erregung aus, und jähe Hitze kroch von seiner Brust den Hals hinauf. »Du meinst, du und irgendein Kerl, und ich sehe dabei zu?«
Sam nickte, eine nüchterne Geste, als besprächen sie, ob sie die Räder des Focus wuchten lassen sollten. »Ja. Etwas in der Art. Was immer dich antörnt.«
Lieber Herr im Himmel, er war schon jetzt angetörnt. Allerdings ging es nicht allein um die Frage, ob sie die Intensität ihrer Rollenspiele steigern sollten. Immerhin redeten sie hier von einem realen anderen Mann, von der realen Unantastbarkeit ihrer Ehe und von einem Szenario, das bedingte, dass sie beide darauf vertrauten, sein Fetisch würde nicht die Grundlage verderben, die sie sich in den vergangenen Jahren geschaffen hatten. Mike hatte sie schon einmal mit seiner Eifersucht beinah vertrieben – was ihm den Schreck seines Lebens in Form ihres Ultimatums beschert hatte.
»Ich weiß nicht«, sagte er. »Glaubst du, wir wären dem gewachsen?«
»Ich denke jedenfalls, wir können darüber reden. Über die Idee und die Logistik. Über etwaige Konsequenzen.« Sam lächelte. »Immerhin bin ich Aktuarin – Risikobewertungen machen mich an.«
Das erinnerte Mike an die Gespräche, die sie als Frischverheiratete darüber geführt hatten, ob sie Kinder bekommen sollten. Sie hatten den Wunsch danach gegen die Risiken und die Realität abgewogen – ihr unbeschwertes Leben zu Hause mit dem geringen Stresspegel gegen die tickende innere Uhr, die das Fällen einer Entscheidung verlangte. Letztlich hatten sie sich dagegen entschieden, und warum? Damit die Dinge einfach und sie beide der gegenseitige Mittelpunkt des jeweils anderen blieben.
Um frei und offen dafür zu bleiben, diese Ehe in vollen Zügen auszukosten, dachte Mike. Wäre es ein Bärendienst für ihre Entscheidung, dieses Fragezeichen unergründet zu lassen?
Er ergriff Sams Hand, verflocht ihre zierlichen Finger mit seinen großen und konzentrierte sich auf die kleinen Schritte. »Wie würden wir denn überhaupt jemanden dafür finden?«
»Wahrscheinlich online«, erwiderte Sam. »Wir könnten auf einer Website für Kontaktanzeigen inserieren. Einer Website für Fetischkontakte. Zumindest wäre die Überprüfung seines Hintergrunds ein Klacks.«
Mike nickte. Das stimmte – er konnte mit wenigen Tastatureingaben den Dreck über jeden Kerl ausgraben. Allerdings deckten seine Recherchemöglichkeiten keine Geschlechtskrankheiten, Charaktereigenschaften, Absichten und Ähnliches ab … Er mochte nicht unbedingt eine Persönlichkeit des öffentlichen Lebens sein, sehr wohl jedoch war er ein öffentlich Bediensteter. Was könnte im schlimmsten Fall passieren, wenn irgendein Sextourist herausfand, was für eine Position Mike bekleidete? Dreier waren nicht illegal, und es wäre ja keine Kontaktanbahnung zu Zwecken der Prostitution. Ihm würde zwar eine Menge an persönlicher Verurteilung, herablassenden, prüfenden Blicken und Demütigung blühen, aber sein Job wäre nicht in Gefahr. Auch der von Sam nicht, wenngleich es natürlich galt, auch ihre Privatsphäre und ihren Ruf zu beachten.
»Was, wenn der Kerl online über uns plaudern würde oder so?«
Sie grinste. »Ich glaube, du unterschätzt, wie sehr du danach aussiehst, als könntest du jemandem das Genick brechen, Schatz.«
»Oh. Mag sein.«
»Oder die unsichtbare Knarre, die immer an deiner Seite zu stecken scheint, sogar dann, wenn du dein Holster abgenommen hast. Aber falls das nicht reicht, bin ich sicher, wir könnten ihn dazu bringen, eine Verschwiegenheitsvereinbarung zu unterschreiben. Dann könnten wir ihn verklagen, wenn er irgendjemandem davon erzählt. Obwohl, ganz ehrlich, die Leute tun solche Dinge heutzutage doch andauernd.«
»Ich weiß. Ich bin bloß darauf geschult, immer vom Schlimmsten auszugehen.«
Sie lehnte sich an ihn, eine Umarmung ohne Arme. Ihr Haar flüsterte über seinen Hals. »Das weiß ich doch. Was meinst du? Wenn wir jemanden fänden, also theoretisch … Was denkst du, dass du dabei empfinden würdest, mir mit einem anderen Mann zuzusehen? Wäre es für dich so heiß, wie wenn wir darüber reden, oder wäre es in der Realität nicht eher verstörend?«
Sollte er ihr die Wahrheit sagen und damit riskieren, eine Grenze zu überschreiten? Zu pervers für sie zu erscheinen, als dass sie dabei mitziehen könnte? Nur die Wahrheit. Immer. »Ich denke, es wäre das Heißeste, was ich mir vorstellen kann.«
Sam setzte sich auf und lächelte, eine geheimnisvolle, betörende, zurückhaltende Geste. »Ehrlich, du bist so ein interessanter Mann.«
Mike spürte, wie ihm die Hitze ins Gesicht schoss, und er senkte den Blick auf ihre ineinander verschlungenen Hände.
»Und wenn der Sex vorbei ist?«, hakte sie nach. »Wäre die Lust nach dem vollbrachten Akt verdorben? Wenn du wieder der bist, der alles unter Kontrolle hat?«
»Nach dem Akt würde ich wissen, dass dem Kerl klar ist, dass ich die heißeste, abgefahrenste Ehefrau der Welt habe. Und dass ich derjenige bin, der jeden Morgen neben ihr aufwachen darf, während er derjenige sein wird, der allein nach Hause gehen muss.«
Sam nickte. Seine Antwort schien ihr zu gefallen. Ihre Aufmerksamkeit verlagerte sich auf ihr Handy, als sie nach der Uhrzeit schaute. »Ich sollte besser bald laufen gehen. Um eins hab ich einen Friseurtermin.«
»Fährst du hin?«
Sam schüttelte den Kopf und stand auf. »Ich geh zu Fuß.«
»Cool. Dann seh ich mir in der Zeit an, woher das quietschende Geräusch in deinem Auto kommt.«
Mit einem Lächeln beugte sie sich zu ihm, um ihn auf die Stirn zu küssen. »Du bist ein Schatz.«
Mike stand ebenfalls auf und folgte ihr den Flur hinunter. »Brauchst du das Bad, oder kann ich duschen?«
»Brauch ich nicht. Wir sehen uns, wenn ich zurück bin.«
»Dann viel Spaß beim Laufen«, sagte er.
»Werd ich haben. Könnte heute länger dauern. Ich hab gerade viel zum Nachdenken.« Über die Schulter warf sie ihm ein Grinsen zu. »Gut möglich, dass es da ein Projekt gibt, mit dessen Planung ich anfangen muss.«
Samiras Planung setzte offiziell zwei Abende später ein, als Mike unterwegs zu einer Razzia war, die genauso gut drei wie dreißig Stunden dauern konnte. Nachdem sie mehrere Tage in sich hineingehorcht hatte, war die Entscheidung gefallen, die erste Phase der Planung versuchsweise in Angriff zu nehmen – ein Highlight für Mike, verruchte Neuigkeiten, um ihm durch seinen harten Einsatz zu helfen.
Schritt eins bestand darin, ein Inserat für eine Website mit Fetisch-Kontaktanzeigen zu erstellen.
HENGST GESUCHT FÜR INSZENIERUNG MIT GEHÖRNTEM EHEMANN,
GROSSRAUM PITTSBURGH
Allein das Tippen dieser einen Zeile brachte ihr Herz zum Hämmern. Lust und Angst vermischten sich bei jedem Pulsschlag. Es fühlte sich an, als stünde jemand hinter ihr und lese über ihre Schulter mit. Aber sie hatte sich bereits die Erlaubnis erteilt, auszusteigen – sollte sie über das Forum Antworten erhalten, die sie gruselig fand, würde sie die Aktion sofort abbrechen. Erhielt sie Antworten, die sie nicht alle gruselig fände, vor denen ihre Intuition sie jedoch warnte, würde sie ebenfalls abbrechen. Obwohl sie vielleicht die interessanteren Antworten ausdrucken würde – nur für den Fall, dass die allein schon Mike einen Kick geben sollten und in der Lage waren, die ungewöhnliche Prägung, die sie beide seiner Libido mehr und mehr aufgedrückt hatten, weiter vertiefen zu können.
Je öfter sie die Betreffzeile durchlas, desto weniger eingeschüchtert fühlte sie sich davon. Zur Stärkung ihrer Entschlossenheit trank sie einen Schluck Wein, und eine halbe Stunde später nahm sie ihr Werk in Augenschein.
Ich: verheiratete Frau, Mitte dreißig, berufstätig, hübsch, kurvig, persische Abstammung, tolle Haut und schönes Lächeln.
Mein Ehemann: Ende dreißig, ruhig, devoter Cuckolding-Fetischist, bisher nur auf Rollenspiele beschränkt. An der Stelle kommst du ins Spiel.
Du: Kannst als Anfang dreißig/Ende zwanzig durchgehen. Single, gesund, attraktiv, groß, gut gebaut und bestückt. Keine bevorzugte Hautfarbe, dunkelhaarig von Vorteil. Innerlich aufgeschlossen und gutmütig, äußerlich kantig und machomäßig. Keine Penetration bei den ersten ein oder zwei Treffen – auf die eindeutigeren Dinge können wir hinarbeiten, wenn die Chemie stimmt. Letztlich will uns mein Ehemann zusehen und sollte das Gefühl bekommen, herabgesetzt zu werden und unterlegen zu sein. Er soll allgemein unter die Nase gerieben bekommen, um wie viel männlicher du bist als er.
Wir sind lustig, gesund, kinderlos und frei von jeglichen Geschlechtskrankheiten. Idealerweise möchten wir einen Mann finden, mit dem die Chemie für ein längerfristiges, zwangloses Arrangement stimmt. Bitte keine Leder-, Gummi- und BDSM-Fetischisten. Du sollst einfach meinen ganz normalen Seitensprung spielen, einen Mann, der eben zufällig umwerfend aussieht und dominant ist.
Bei Interesse zunächst Austausch über E-Mail. Bitte schick ein Foto, auf dem auch dein Gesicht zu sehen ist. Wenn es sich richtig anfühlt, würde ich mich sehr gern auf einen Drink treffen. Wenn die Chemie dann stimmt, können wir flirten und küssen, während uns mein Mann aus der Ferne dabei zusieht und sich vorstellt, ich würde mich mit dem Kerl treffen, mit dem ich ihn betrüge. Beim ersten Date nehmen wir dich nicht mit nach Hause, aber wenn sich alles natürlich anfühlt, gibt es für die Zukunft nach oben hin keine Grenzen. Bitte beachte, dass wir deinen richtigen Namen brauchen, bevor wir dich zu uns nach Hause einladen. Wir werden der Form halber deinen Hintergrund überprüfen.
– S.
»Nicht übel«, entschied Sam laut.
Sie verpasste der Formulierung eine weitere Stunde lang – und mit einem weiteren Glas Wein – noch den letzten Schliff und war beinah entsetzt darüber, mit welcher Selbstsicherheit sie schließlich auf VERÖFFENTLICHEN klickte.
Ihre Nervenenden kribbelten, aber die Neugier überwog ihre Angst bei Weitem. Sie wollte sich noch keine Hoffnungen machen – der Umstand, dass sie darauf hinfieberte, wie dieses Inserat zu einigen Kandidaten führte, war vorerst aufregend genug. Und es gab schließlich keine Fristen. Es würde passieren, falls und wenn es eben sein sollte.
Am nächsten Morgen setzte sich Sam vor den Computer. Mit der Kaffeetasse in der Nähe ihres Kinns erstarrte sie und blinzelte, verblüfft von der Flut von E-Mails, die sie begrüßte. Verblüfft, verängstigt, geschmeichelt und aufgeregt, alles auf einmal.
Sie saß an ihrem Schreibtisch in der Ecke des Wohnzimmers, und Mike hantierte in der winzigen Küche hinter der Frühstücksbar herum. Er war erst gegen vier Uhr morgens nach Hause gekommen und musste in wenigen Minuten wieder los. Vielleicht würde ihm das hier frischen Schwung verleihen. Der Kaffee allein würde wahrscheinlich nach nur drei Stunden Schlaf nicht reichen.
»Schatz, komm doch mal kurz her.«
»Was gibt’s?« Mit der eigenen Tasse in der Hand bog er um die Ecke und spähte über Sams Schulter auf die Betreffzeilen. »Mann …«
»Ich weiß.« Sam hatte eigens für das Unterfangen ein neues E-Mail-Konto angelegt, und aus dem großen, sündigen Postfach sprangen ihr Nachrichten mit beinah anklagenden Titeln entgegen wie Hengst gefunden! und Kann’s kaum erwarten, die heiße Ehefrau zu treffen. Und dergleichen mehr.
»Dreiundvierzig Nachrichten«, stellte Mike fest.
»Innerhalb von ungefähr zwölf Stunden. Und ich dachte, du wärst ein Sonderfall.«
»Ich wünschte, ich könnte bleiben und mir ansehen, was die alle so schreiben.« Stattdessen jedoch küsste er Sam mit einem verschmitzten Grinsen auf die Wange. »Heute Abend wird’s wieder spät.«
»Dachte ich mir schon.«
»Aber vielleicht hat du ja irgendwelche neuen Entwicklungen für mich, wenn ich heimkomme.«
»Die Hoffnung besteht.«
Allerdings schwand die Hoffnung rapide, als Sam die Männer herausfilterte, die auf der anderen Seite des Landes lebten, diejenigen, deren Fotos sie abtörnten, diejenigen, die behaupteten »sehr jugendliche fünfzig« zu sein und ein paar, die sich schlicht als Widerlinge entpuppten. Dadurch fielen eine Menge Kandidaten durch den Rost.
»Wir sind auf sechs brauchbare Optionen runter«, teilte sie Mike mit, als er um elf in jener Nacht nach Hause kam. Sam schob sein Abendessen in den Ofen. »Ist es vermessen von mir, wenn ich auch die Kerle aussortiere, die sich bei ihren Mitteilungen keinerlei Mühe bei Zeichensetzung, Grammatik oder Groß- und Kleinschreibung gegeben haben?«
Mike trat hinter sie, schlang die starken Arme um ihre Taille und drückte ihr einen Kuss auf den Hals. »Wir suchen nach einem Mann, bei dem wir der Meinung sind, er würde es verdienen, mit dir schlafen zu dürfen. Sei so wählerisch, wie du willst. Das ist keine Entscheidung der Art, die man überstürzt oder unter Zwang treffen sollte.«
Darüber lächelte sie, erfreut über das Wissen, dass kein Druck auf ihr lastete, ganz gleich, wie sehr er sich diese Sache wünschte. Mike schätzte ihre gemeinsame Beziehung und ihre Gefühle mehr als seine Fantasien. Natürlich hatte sie das von Anfang an gewusst, aber nachdem sie den Abend vor diesem einschüchternden Bildschirm verbracht hatte, war sie glücklich darüber, daran erinnert zu werden – eine Empfindung so beruhigend wie die Umarmung, die damit einherging.
Er verließ sie, um zu duschen, und als sich Sam wieder dem Computer zuwandte, erteilte sie sich die Genehmigung, die Mitteilungen mit schlechter Rechtschreibung und fauler Zeichensetzung zu verwerfen.
Da blieben nur noch zwei Anwärter übrig, aber bei beiden gefielen ihr die Fotos und der Vorstellungstext. Sie antwortete beiden im Plauderton, erkundigte sich, ob sie aus der Gegend stammten, wie alt sie waren, ob sie Erfahrung mit Cuckolding hatten und was sie daran ansprechend fanden. Außerdem schickte sie ein Foto von sich mit. Das schien ihr nur fair zu sein. Allerdings wählte sie eine ältere Aufnahme, die sie von weiter weg und mit einer Frisur zeigte, die sie nicht mehr trug. Das Bild vermittelte ein Gefühl für ihren Körper und ihr Gesicht, aber nicht genug Details, dass die Männer sie im Supermarkt erkennen würden, sollte sie doch noch kneifen und die Mission abbrechen.
Nachdem Mike sein spätes Abendessen beendet hatte und gegangen war, um in einen wohlverdienten Komaschlaf zu fallen, setzte sich Sam wieder an den Laptop. Eigentlich hatte sie nur vor, den Rechner herunterzufahren. Allerdings wartete eine Mitteilung in ihrem geheimen Posteingang.
Die Antwort entpuppte sich als Enttäuschung. Der Typ kam einfach zu übereifrig rüber – nur fünfzehn Minuten waren zwischen ihrer Nachricht und seiner Antwort vergangen. Außerdem bestand seine Erwiderung aus einem ziemlich schmutzigen und überhaupt nicht erregenden Geschreibsel über die Dinge, die er mit ihr anstellen wollte. Er drängte für Sams Geschmack auch zu sehr darauf, schnell ein Date zu vereinbaren. Enthusiasmus war eine Sache, doch ihr Gefühl sagte ihr, dass es sich hierbei um etwas völlig anderes handelte. Abgehakt.
Die zweite Antwort war insofern noch schlimmer, als sie ausblieb – sie kam weder an jenem Abend, noch bis zu dem Zeitpunkt, als sie am nächsten Morgen zur Arbeit aufbrach. Dafür waren zwei Dutzend neue Nachrichten auf das Inserat eingetrudelt, keine davon besonders ansprechend, sondern eher entmutigend.
»Ist schon in Ordnung«, meinte Mike, als sie ihn an jenem Abend auf den letzten Stand der Dinge brachte. »War schließlich nicht zu erwarten, dass wir gleich beim ersten Versuch einen Volltreffer landen, oder?«
Er hatte recht. Und ihn rechtzeitig zum Abendessen zu Hause zu haben, war genug Grund zur Freude für Sam.
Aber am nächsten Tag veränderte sich etwas.
Sam hatte ihre persönliche E-Mail-Adresse überprüft, während ihre Haare trockneten und ihr Kaffee abkühlte. Sie hatte entschieden, »das schmutzige Konto« nicht abzurufen, da es ihr im Augenblick einfach zu viel war. Allmählich fing die Aufgabe an, sich unmöglich anzufühlen. Eine dunkle Wolke hing über ihrer Stimmung, die sie nicht am dritten Tag hintereinander mit zur Arbeit schleppen wollte. Aber noch während sie in die Schuhe schlüpfte und sich die Handtasche über die Schulter schlang, wurde sie von Neugier überwältigt, kehrte zurück zum Schreibtisch, setzte sich, klickte auf das Lesezeichen und gab ihr Kennwort ein.
Ungefähr zehn neue Nachrichten, aber sie konnte sich nicht überwinden, sich damit auseinanderzusetzen, las lediglich die Betreffzeilen. Dann erkannte sie die E-Mail-Adresse des zweiten Kandidaten, der in der engeren Auswahl geblieben war.
»Du hast dir ja ganz schön Zeit gelassen«, murmelte sie, als sie die Nachricht öffnete. Aber hatte er das wirklich? Sich einen Tag oder auch mehr für die Antwort zu nehmen, war schließlich kein Verbrechen. Bei genauerer Überlegung fand sie es sogar eher ermutigend, dass er auch andere Dinge zu tun hatte, als auf die Chance zu lauern, den Sextouristen in der Ehe fremder Leute zu spielen. Ein Hobbyist, kein Fanatiker.
Sam trank den letzten Rest ihres mittlerweile kalten Kaffees aus und las die E-Mail.
Danke für die Antwort, S.