Skandal gesucht – Leidenschaft gefunden! - Dani Wade - E-Book

Skandal gesucht – Leidenschaft gefunden! E-Book

Dani Wade

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Beschreibung

Zachary erkennt die junge Frau mit den wilden roten Locken inmitten der Schaulustigen sofort: Vor fünf Jahren hatte er mit Sadie Adams eine kurze, heiße Affäre, dann verschwand sie spurlos aus seinem Leben. Seitdem hat er sich immer wieder gefragt, was aus ihr geworden ist. Jetzt weiß er es: Sie ist Fotografin. Und sie macht gerade Aufnahmen davon, wie das Fabrikgebäude seiner Familie nach einem Anschlag in Flammen aufgeht. Warum interessiert Sadie das überhaupt? Zachary beschließt, seiner schönen Ex-Geliebten auf die Schliche zu kommen …

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Seitenzahl: 202

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IMPRESSUM

BACCARA erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Thomas BeckmannRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2016 by Katherine Worsham Originaltitel: „Expecting His Secret Heir“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto in der Reihe: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BACCARABand 2025 - 2018 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg Übersetzung: Katja Wagner

Abbildungen: Harlequin Books S.A., alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 04/2018 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733720650

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY

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1. KAPITEL

Mit den Augen einer Künstlerin taxierte Sadie Adams den Körperbau des Mannes vor ihr. Sie blickte dabei durch das Objektiv ihrer Kamera.

Seine alles überragende Silhouette mit den breiten, wohlgeformten Schultern hob sich von den rauchenden Gebäuden und dem umliegenden Schutt ab. Die Sonne ließ sein dichtes schwarzes Haar aufleuchten, während der Rest seines Körpers im Schatten lag. Er hatte die Hände in die Hüften gestemmt und ließ resigniert den Kopf hängen.

Sadie drückte auf den Auslöser und fragte sich, was er dort tat. War er ein Angestellter der zerstörten Baumwollmühle oder ein Helfer? Als mehrere Männer sich zu ihm gesellten, hob er den Kopf und gestattete ihr einen besseren Blick auf ihn.

Ich hätte es wissen müssen.

Diese starken Schultern, dieser Körper – straff und kraftvoll an genau den richtigen Stellen … Er war der fähigste Mann, den sie kannte. Der unglaublichste Liebhaber, den sie je gehabt hatte. Der Eine, den zu verlassen sie beinahe umgebracht hätte.

Zachary Gatlin war der Grund, warum sie wieder zurück in Black Hills, South Carolina, war. Doch das durfte er niemals erfahren.

Sie schoss ein paar weitere Fotos, während sie sich verstohlen von ihm wegbewegte. Dennoch behielt sie ihn im Visier, während er mit den umstehenden Männern sprach. Noch vor fünf Jahren wäre er Teil der Gruppe gewesen, eine Arbeitsbiene. Jetzt hatte er offensichtlich das Sagen und gab den Männern mit entschiedenen Gesten und festem Tonfall Anweisungen.

War er in die Geschäftsleitung der Mühle aufgestiegen? Würde er sie dadurch anders behandeln? Sie mit anderen Augen sehen?

Vom Ende des Parkplatzes aus näherte sie sich den zerstörten Gebäuden. Mit ihrer neuen Spitzenkamera konnte sie tolle Nahaufnahmen schießen. Eine Ausrüstung dieser Qualität konnte sie sich eigentlich nicht leisten, aber ihr Auftraggeber konnte es. Und zusätzlich zog er noch alle Fäden, damit sie an die nötigen Informationen kam. Eigentlich hätte sie ein schlechtes Gewissen haben sollen, weil sie die Kamera angenommen hatte, aber es war das Einzige, was ihr in ihrer momentanen Situation nicht leidtat.

Wenn Zachary die Wahrheit wüsste, würde er dafür sorgen, dass sie es zutiefst bereute, zurückgekehrt zu sein. Er würde weder rasen noch handgreiflich werden, um sich durchzusetzen. Aber das brauchte er auch nicht. Sein durchdringender Blick und seine harten Gesichtszüge erfüllten ihren Zweck. Zumindest war das der Zachary, den sie kannte – oder zu kennen glaubte.

War er immer noch derselbe?

Mit geschultem Blick betrachtete Sadie die rauchenden Ruinen. Ihre Lebensumstände hatten sie daran gehindert, die Fotografie professionell zu betreiben, auch wenn sie dank einer Freundin ein paar Fotos veröffentlichen konnte. Hätte sie nachts nicht wach liegen und darüber nachgrübeln müssen, wie ihre Familie über die Runden kommen sollte, wäre ihr Leben anders verlaufen. Vielleicht hätte sie dann ihre Träume verwirklichen können.

Sie war ganz in ihre Arbeit versunken und blendete die Umgebung völlig aus, bis sie plötzlich eine männliche Stimme vernahm. „Ma’am?“

Ihr Herz setzte aus. Hatte Zach sie entdeckt? Doch als sie sich umdrehte, stand ein Wachmann vor ihr. „Ja?“

„Würden Sie bitte mit mir mitkommen?“ Sein Tonfall und die auffordernde Geste duldeten keinen Widerspruch.

Nach zehn Schritten wusste sie, wo er sie hinführte. In dem verzweifelten Versuch, das Unvermeidbare aufzuschieben, blieb sie stehen. „Entschuldigung, können Sie mir erklären, was hier passiert ist?“

Offenbar getäuscht von ihrem Unschuldsblick hielt der Mann inne und legte den Kopf schief. „Sie sind nicht von hier, oder?“

Sadie schüttelte den Kopf. „Nein. Ich war zwar schon mal hier, aber ich hätte nicht erwartet, diesen ruhigen Ort bei meiner Rückkehr in derartigem Aufruhr vorzufinden.“

Das entsprach der Wahrheit. Das einzige Hotel am Platz war ausgebucht gewesen. Sie hatte gerade noch das letzte Zimmer in einer Pension ergattern können. Die meisten Gäste waren Feuerwehrmänner und Bauarbeiter. Viele ihrer Autos standen jetzt hier auf dem Parkplatz der Mühle.

„Das dachte ich mir schon bei Ihrem Akzent“, erwiderte der Wachmann lächelnd.

Jep. Sosehr sie sich auch bemühte – ihre texanische Herkunft war nicht zu überhören.

„Also, im Verwaltungsgebäude auf dieser Seite ist eine Bombe explodiert.“

Sadie täuschte Überraschung vor, auch wenn sie diese Information schon in der Stadt aufgeschnappt hatte. „Wirklich? Wer tut denn so etwas? Die Mühle ist doch der größte Arbeitgeber der Stadt, wenn ich mich recht erinnere.“

„Das stimmt.“ Der Mann nickte. „Man hat wohl schon einen Verdächtigen in Gewahrsam.“ Er starrte auf das Gebäude. „Ich habe keine Ahnung, warum jemand die Mühle zerstören will. Aber nachdem hier im letzten Jahr schon so viele schlimme Dinge passiert waren …“

„Steve“, bellte Zach aus der Ferne.

„Oh, gehen wir besser weiter“, sagte der Wachmann.

Obwohl sich jeder Schritt wie der Gang zum Schafott anfühlte, zwang Sadie sich weiterzugehen. Mit Zach Kontakt aufzunehmen war schließlich der Grund ihres Aufenthaltes hier. Sie musste so viel Zeit wie möglich mit ihm verbringen. Hoffentlich würde ihr damaliger One-Night-Stand mit ihm ihr den Einstieg erleichtern. Auch wenn sie danach einfach verschwunden war.

Die Gruppe der Arbeiter um Zach herum teilte sich, als Sadie auf ihn zutrat. Sie erwartete, dass die Gruppe sich zerstreuen würde, aber alle blieben, wo sie waren.

Ihre geringe Größe war schon immer ein Fluch gewesen. Von einem Haufen Männer umringt zu sein, die alle fast zwanzig Zentimeter größer waren als sie, wirkte nicht gerade beruhigend. Sie fühlte sich wie David, der Goliath gegenübertreten musste.

Und das Recht auf ihrer Seite zu haben, konnte sie nicht für sich beanspruchen.

Sadie nahm Zach ins Visier. Er trug sein dichtes pechschwarzes Haar jetzt etwas länger. Bei der Erinnerung an ihre eine gemeinsame Nacht verspürte sie den Drang, ihre Finger wieder in den seidigen Strähnen zu vergraben. Oder mit den Fingerspitzen die Linien seiner scharfkantigen Gesichtszüge nachzuzeichnen, bis alle Müdigkeit und Spannung in seinem Gesicht sich lösten.

Der Anblick seines grimmigen Gesichtsausdrucks überschattete diese Erinnerungen. Zach zeigte keine Anzeichen des Wiedererkennens. Sie hingegen konnte sich an jedes Detail seines Körpers erinnern, der jetzt über ihr aufragte. Kein Lächeln milderte den harten Zug um seine Lippen, während er fragte: „Was tun Sie hier?“

„Ich schieße nur ein paar Fotos“, erwiderte sie ruhig und hob die Kamera.

Der Ausdruck in seinen dunklen Augen verhärtete sich. „Auf Privatgelände.“

Unter den Blicken der umstehenden Männer sah Sadie sich unbehaglich um. „Dies ist … war ein Unternehmen, oder? Ich sehe keine Schilder, die den Zutritt untersagen.“

„Weil sie alle durch die Bombe zerstört worden sind.“

Tatsächlich? Sie hätte ihn zu gern herausgefordert, um seine versteinerte Fassade zu durchdringen. Hatte er sie wirklich nicht erkannt? Und wenn doch, versuchte er, sie zu bestrafen, weil sie damals einfach verschwunden war? Hatte sie einen derart unvergesslichen Eindruck hinterlassen? Der Gedanke verursachte ihr Übelkeit.

„Tut mir leid, das wusste ich nicht.“ Zachs Blick zwang sie fast in die Knie. Was würde er als Nächstes tun? Irgendwie hatte sie das Gefühl, dies hier würde kein nettes, kleines Schwätzchen werden. Ihre Wangen begannen zu brennen. Sie hob das Kinn, um dem Gefühl der Unzulänglichkeit entgegenzuwirken. Was machte es schon, dass er sich nicht an sie erinnerte? Sie würde trotzdem einen Weg finden, das zu bekommen, was sie wollte.

Aber ihm ins Gesicht blicken konnte sie trotzdem nicht mehr.

„Wie Sie sehen, ist dies immer noch eine aktive Brandzone, die wir erst untersuchen müssen, bevor wir wissen, ob es hier sicher ist.“

Angesichts dieser lahmen Ausrede musste sie schmunzeln. „Ich war nicht einmal in der Nähe des Feuers. Ich stand wie alle anderen auf dem Parkplatz.“

Die Männer um sie herum traten unbehaglich von einem Fuß auf den anderen.

Zach blieb unbeirrt. „Haben Sie einen Presseausweis?“

„Was?“

„Einen Presse-aus-weis“, wiederholte er, jede Silbe betonend. „Haben Sie eine Genehmigung, hier Fotos zu machen?“

Sadie hätte bei dieser Zurschaustellung von Dominanz am liebsten mit den Augen gerollt. „Nein.“

„Steve, bitte begleiten Sie die Dame zurück zu ihrem Wagen.“

Erschrocken sah sie zu ihm hoch. Er würde sie doch wohl nicht vom Gelände werfen, oder?

Zach trat näher, so nahe, dass sie ihn riechen konnte … den Duft, den sie so oft vermisst hatte, gemischt mit Arbeitsschweiß, trotz der kühlen Oktoberluft. Er legte seine Finger – dieselben, die vor langer Zeit ihren Körper erforscht hatten – unter ihr Kinn und hoben es an. Nun musste sie ihm trotz ihres Größenunterschieds in die Augen sehen. Ihr Herz trommelte, und sie wusste nicht, ob aus Angst oder angesichts seiner Nähe.

„Ich schlage vor, dass Sie sich fernhalten von da, wo Sie nicht hingehören.“

Als der Wachmann sie zu ihrem Auto brachte, hatte Sadie nur einen Gedanken.

Ich schätze, er erinnert sich doch an mich …

Zach Gatlin stand hinter seinem Schreibtisch und starrte gedankenverloren auf den großen Bildschirm. Warum war sie hier? Und wollte er das wirklich wissen?

Unglücklicherweise ja.

Sosehr er sich wünschte, die rothaarige Schönheit vergessen zu können, die er vor fünf Jahren in sein Bett geholt hatte … die Erinnerung an ihre leidenschaftliche Begierde hatte sich immer wieder in seine Gedanken geschlichen. So wie die Erinnerung an ihre Vorliebe für Sonnenuntergänge, Menschen und die Natur. Ihr Künstlerauge hatte ihm wieder eine freundlichere Sicht auf die Welt vermittelt, die ihm im Krieg verloren gegangen war.

Ohne jegliche Vorwarnung war sie damals verschwunden. Er hatte sich mit der Annahme getröstet, dass sie ohnehin nicht lange geblieben wäre, wenn sie ohne einen Abschied das Weite suchte. Sicher war es besser so, denn Zachs Verpflichtungen lasteten schon schwer genug auf ihm.

Doch manchmal fragte er sich, ob seine innere Stimme ihn anlog.

Zach versuchte, seine Erinnerungen abzuschütteln und sich auf die Gegenwart zu konzentrieren. Sollte er Nachforschungen über sie anstellen? Jetzt, wo er seine eigene Sicherheitsfirma hatte, wäre es kinderleicht. So leicht, dass es ihm in den Fingern juckte. Innerhalb kürzester Zeit könnte er jedes noch so kleine Detail über sie in Erfahrung bringen.

Aber täte er damit das Richtige? Vielleicht hätte er sich das fragen sollen, bevor er sie gestern vom Mühlengelände geworfen hatte. Er war seinem Bauchgefühl gefolgt, als sie ihm – scheinbar, ohne ihn zu bemerken – so nahe gewesen war. Wie gern hätte er sich besser unter Kontrolle gehabt, aber jetzt konnte er es nicht mehr ungeschehen machen.

Wie so vieles in seinem Leben.

Zach wandte sich von seinem Computer ab und entschied, Sadie lieber persönlich zu konfrontieren, anstatt ihr hinterherzuschnüffeln. Auch wenn dies sein Job war, musste es nicht sein Leben bestimmen.

Dreißig Minuten später fragte er sich, warum er nicht den einfacheren Weg gewählt hatte. In einer Kleinstadt war es leicht herauszufinden, wo Sadie wohnte. Aber an der Besitzerin ihrer Pension vorbeizukommen? Tja, das war eine ganz andere Sache.

„Gladys, ich weiß, dass sie hier ist. Ich brauche nur ihre Zimmernummer.“

„Erwartet sie dich?“

„Vermutlich.“ Sollte Sadie sich an ihn erinnern, dann daran, dass er ein Mann der Tat war.

Gladys lehnte sich gegen den Tresen der Rezeption. „Also, warum sollte Black Hills neuester Held eine Fremde besuchen wollen, die gerade erst in die Stadt gekommen ist?“

Himmel, war diese Frau neugierig! „Ich habe nicht immer hier gelebt, Gladys.“

„Also kennst du sie von irgendwo anders her?“ War das ein Anflug von Sensationslust in Gladys’ Augen? Wie war er von einem hart arbeitenden Mann zum Klatschobjekt geworden?

Sadie war ihm hier in Black Hills begegnet, aber es hatte sich angefühlt wie in einer anderen Dimension. „Die Zimmernummer, Gladys.“

Offensichtlich hatte Gladys endlich ein Einsehen. „Zimmer drei.“

Mit aufrechtem Gang stieg Zach die Stufen hoch. Er zögerte und sah sich um, bevor er klopfte, aber glücklicherweise beobachtete ihn niemand.

Sadie öffnete ihm die Tür. Sie sah genau so aus, wie er sich an sie erinnerte: glatte, durchscheinende Haut, fülliges feuerrotes Haar und grüne, arglos blickende Augen. Eine Falle, in die er nicht noch einmal tappen würde.

„Zachary“, sagte sie.

Er trat ins Zimmer. Die Suite war geräumiger als das winzige Hotelzimmer, das sie beim letzten Mal bewohnt hatte. Sein Blick glitt über das in einem Alkoven stehende Bett und blieb an einem Laptop hängen, der auf einer niedrigen Sitzgruppe vor dem Kamin stand. Gemessenen Schrittes trat er näher.

„Es ist eine Weile her, Sadie“, sagte er schließlich.

„Fünf Jahre“, murmelte sie.

Er zögerte und verriet ihr damit ungewollt, dass er sie gehört hatte. Lieber hätte er gar keine Gefühlsregung gezeigt. Zach schämte sich dafür, dass er oft darüber nachgedacht hatte, was er ihr wohl sagen würde, wenn er sie jemals wiedersähe. Er hatte sich ausgemalt, wie er sie ruhig und leicht herablassend fragen würde, warum sie ohne ein Wort der Erklärung gegangen war.

Aber nichts an dieser Vorstellung hatte ihn auf das Gefühlschaos vorbereitet, das er in diesem Moment erlebte.

Er starrte auf den offenen Laptop, auf dem mehrere Bilder der schwelenden Mühle zu sehen waren. Selbst mit ungeübtem Auge konnte er erkennen, dass die Fotos ziemlich gut waren.

Was ihn aus irgendeinem Grund noch wütender machte. „Du hattest kein Recht, diese Aufnahmen zu machen.“

„Hast du das jedem Schaulustigen auf dem Parkplatz gesagt, der ein Handy in der Hand hatte, oder nur mir?“

Ihre Gegenfrage überraschte ihn. Er hatte sie nicht als sonderlich streitlustig in Erinnerung. Nicht, dass sie sich oft gestritten hätten, aber sie hatten geredet … viel geredet. Sie war sicher niemand gewesen, der alles schluckte, aber in den letzten vierundzwanzig Stunden hatte sie weit mehr Kampfgeist gezeigt als in der einen Woche vor fünf Jahren. Einer Woche, die mit einer für ihn unvergesslichen Nacht geendet hatte.

Sie zog eine fein gezeichnete Augenbraue hoch. „Es gab keine Schilder. Niemand hat mir gesagt, dass ich dort nicht sein dürfte … zumindest anfänglich.“

Sie machte ihn doch tatsächlich um eine Antwort verlegen. Was genau hatte er mit seinem Besuch hier erreichen wollen? Eine Antwort auf seine Frage, warum sie zurückgekehrt war? Nur um wieder verletzt zu werden?

Er deutete auf den Bildschirm. „Also bist du nur der Bilder wegen zurückgekommen?“ Näher würde er auf dieses heikle Thema nicht eingehen. Doch er wollte wirklich wissen, warum sie nicht seinetwegen zurückgekehrt war. Sadie war die eine Frau, die er in sein Leben gelassen hätte, mit der er eine richtige Beziehung hätte haben wollen. Und sie war einfach gegangen, ohne zurückzublicken.

„Ich war in der Gegend und hörte von der Explosion.“

Sie wirkte zu ruhig, zu unschuldig. Und sie war gerade in der Gegend gewesen? Zach schüttelte ungläubig den Kopf. Seit wann war er so misstrauisch?

„Was ist mit dir?“ Ihre Frage überraschte ihn. „Was hast du dort gemacht?“

„Ich arbeite als Sicherheitschef für die Blackstones.“

Sadie lächelte. „Wow, das ist toll. Vom Wartungsmitarbeiter zum Sicherheitschef ist es ein ganz schöner Sprung.“

„Ich bin nicht der Sicherheitschef der Mühle. Ich habe eine eigene Firma und kümmere mich um die Sicherheit der gesamten Familie.“ Angeben fiel ihm nicht leicht. Nicht, dass er je viel Grund dazu gehabt hätte. Aber irgendwie fühlte es sich gut an, Sadie seinen Erfolg unter die Nase zu reiben.

Er war nicht mehr derselbe Mann wie damals. Der gerade aus den Gefechten im Mittleren Osten zurückgekehrt war und mit Albträumen kämpfte, während er für die Frauen seiner Familie stark sein wollte, die er sein Leben lang unterstützt hatte.

Dann hatte er sich ihr eines Abends geöffnet und wünschte sich nun, dass sie diese Seite an ihm nie gesehen hätte.

„Bis wir uns das Innere genau angesehen und den Schaden eingeschätzt haben, birgt die Mühle ein hohes Sicherheitsrisiko. Deshalb haben mich die Blackstones gebeten, diesen Teil der Ermittlungen zu leiten.“

„Ich habe gehört, es sei eine Bombe gewesen.“

Er nickte. Eine von einem Irren gezündete Bombe.

„Irgendwelche Verdächtigen?“

Die Frage war naheliegend. Reine Neugier. Warum also spannten sich seine Muskeln an? „Ja, aber diese Information wird zurzeit noch nicht veröffentlicht.“ Absichtlich ließ er seine Worte formeller klingen als sonst. Indem er Sadie auf Abstand hielt, schützte er sich.

Davor, sich vorzubeugen und sich davon zu überzeugen, dass ihr Haar noch genauso roch wie damals. Das wollte er besser nicht wissen.

Er betrachtete die glänzenden Wellen, die um ihre Schultern wogten. Ganz sicher wollte er das nicht wissen. „Du solltest dich also besser von dort fernhalten.“ Und von mir, damit ich nicht die Kontrolle über meine Gefühle verliere. „Warte, bis wir wissen, ob es sicher ist.“

„Auf dem Parkplatz?“

„Genau.“ Es war ihm egal, ob sie es ihm abkaufte. Ein Mann musste tun, was er tun musste.

Mit der plötzlichen Eingebung, bei seinem Besuch nichts anderes erreicht zu haben, als sich selbst zu quälen, stolzierte er zur Tür zurück. Unglücklicherweise folgte sie ihm, was sie auf Armeslänge an ihn heranbrachte.

All die Erinnerungen, die er seit ihrem Auftauchen an der Mühle nur mühsam im Zaum hielt, überfluteten ihn erneut: Wie sein Herz geklopft hatte, wenn sie lachte. Wie ihre sanfte Stimme seine Nerven beruhigt hatte, während sie ihm eine Geschichte erzählte. Wie sein Körper sich mit ihrem in einem Rhythmus bewegt hatte.

Es gab so viele Dinge, die er sich nicht zwingen konnte zu vergessen. Aber dieses Mal konnte er sich zwingen zu gehen. „Wir sehen uns, Sadie“, sagte er so unverbindlich wie möglich.

Sie öffnete ihm die Tür und lächelte. „Ganz bestimmt.“

Etwas an ihrem selbstsicheren Tonfall drängte ihn dazu, sie aus dem Gleichgewicht zu bringen. Er blieb vor ihr stehen und beugte sich zu ihrem Ohr hinunter. „Also“, sagte er betont langsam, „willst du mir jetzt nicht sagen, warum du damals wirklich gegangen bist?“

Ihr hörbares Einatmen verlieh ihm ein Gefühl von Befriedigung. Vorerst.

2. KAPITEL

Sadies Körper war sofort in Alarmbereitschaft. Auch wenn sie sich nicht bewegt hatte, war jede ihrer Nervenfasern plötzlich hellwach und auf den Mann vor ihr ausgerichtet.

Sie hatte nicht damit gerechnet, dass er ihr Weggehen nun so direkt ansprechen würde. Stattdessen schien er bisher genau diese eine Frage vermieden zu haben. Die flapsige Antwort, die ihr durch den Kopf schoss, wollte ihr einfach nicht über die Lippen kommen.

Als sie in seine nachdenklichen, dunklen Augen starrte, vergaß sie zu atmen. Also hatte sie ihn damals tatsächlich verletzt. Er würde es niemals zugeben, aber in seinem düsteren Blick erkannte sie die Wahrheit.

Sein Körper schien näher zu kommen, und bei dem Gedanken an seine Lippen auf ihren wurde ihr Mund ganz trocken. Doch das Klingeln ihres Telefons unterbrach die Stille.

Plötzlich war er wieder auf Abstand. Hatte sie sich den intimen Moment womöglich nur eingebildet? Ihn herbeigesehnt?

Seine Augen weiteten sich, und sie bemerkte, dass ihr Telefon immer noch klingelte. Sie ignorierte es. Ihre Mutter rief immer erst am späten Nachmittag an, nachdem sie ihre Arbeit erledigt hatte. Nur eine einzige Person meldete sich um diese Zeit, und mit der würde Sadie ganz sicher nicht vor Zach sprechen.

Ihr Herz hämmerte. Sie leckte sich die Lippen und suchte verzweifelt nach einer Erwiderung.

Anstatt auf ihre Antwort zu warten, grinste Zach nur kurz und ging ohne ein weiteres Wort zur Tür hinaus. Sadie wartete, bis er unten an der Treppe außer Sichtweite war, bevor sie die Tür schloss. Dann lehnte sie sich dagegen und sank zu Boden wie schmelzendes Eis in der Sonne.

Tränen traten ihr in die Augen, und sie wischte sie rasch fort. Wie sehr sie sich wünschte, dass es nicht so sein müsste. Ihr Dasein war eine einzige Lehrstunde über die harschen Realitäten des Lebens. Für Märchen blieb kein Platz.

Aber wenigstens hatte Zach sie nicht vergessen.

Sie zwang sich auf die Füße, lief zu der Sitzgruppe und nahm ihr Handy. Auf dem Display stand der erwartete Name. Sie holte tief Luft und rief zurück.

„Ich höre.“

Sadie hasste es, wenn er das Gespräch so begann. Innerlich rebellierte sie gegen das, was sie tun musste. Sie ließ sich Zeit mit ihrer Antwort und verspürte eine leichte Befriedigung darüber, ihn warten zu lassen. „Was brauchen Sie, Victor?“

„Ah, Adams. Wo waren Sie?“

Derart unpersönlich angesprochen zu werden zerrte an ihren Nerven, aber tatsächlich war sie ja nur eine Bedienstete. „Nicht in der Nähe meines Telefons.“

„Werden Sie nur nicht dreist, Adams. Nur weil Sie Hunderte Meilen von Texas entfernt sind, bedeutet das nicht, dass ich Sie von der Leine lasse.“

Wie einen Hund. Welch treffende Beschreibung das wäre. Genau das war sie: ein Jagdhund, der ausgesandt worden war, um das zu beschaffen, was sein Besitzer haben wollte.

„Tut mir leid.“ Hoffentlich hörte er nicht, wie sie mit den Zähnen knirschte. „Aber es wäre Ihnen sicher nicht recht gewesen, wenn ich mit Ihnen vor Zachary gesprochen hätte.“

„Sehr gut, Adams. Ich wusste, dass ich Ihrem Urteilsvermögen trauen kann.“

Als ob es seine Idee gewesen wäre! Wenn Victor Beddingfield jemals einen originellen Gedanken entwickeln würde, wäre Sadie schockiert. Natürlich hatte er sie auf diese kleine Expedition geschickt, aber es war nicht seine eigene Idee gewesen. Sein Vater hatte es schon vor ihm versucht.

„Dann haben Sie also Kontakt aufgenommen? Braves Mädchen.“

Jep, sie war tatsächlich eine Art Hund für ihn. „Ja, aber er ist nicht glücklich darüber.“

„Dann sorgen Sie dafür, dass er es ist. Sie wissen doch, wie das geht, oder?“

Wie sehr sie sich wünschte, dass Victor nie die Wahrheit über ihren letzten Besuch in Black Hills herausgefunden hätte. Auch wenn es ihm nur recht war, dass sie seinen Vater in dem Glauben gelassen hatte, Zachary sei unmöglich der Sohn, nach dem er suchte. Je länger Zach ihrem gemeinsamen Vater fernblieb, desto mehr von dessen Geld konnte Victor verprassen. Doch sein Wissen hatte ihm eine Waffe gegen sie in die Hände gespielt – wenn auch nicht die mächtigste.

„Das könnte etwas dauern.“ Obwohl … auch wenn sie alle Zeit der Welt hätte, würde Zach ihr vermutlich niemals mehr verzeihen.

„Tja, uns läuft aber nun mal die Zeit davon.“ Seine Stimme klang drohend. „Ich brauche Geld. Jetzt. Und ich bin sicher, Sie auch. Oder besser gesagt, Ihre Schwester.“

Nicht wirklich. Amber machte sich um diese Dinge keine Gedanken. Sie wusste nur, dass im Krankenhaus ihre Krebserkrankung behandelt wurde. Mehr ließ Sadie ihre Schwester nicht wissen. Alle praktischen Aspekte wie Rechnungen, Termine und Medikationen erledigte Sadie. Und auch wenn sie an manchen Tagen fast daran erstickte, tat sie es trotzdem. Es hielt ihre Schwester am Leben – vorerst. Und ihre Mutter konnte dadurch an Ambers Seite sein. So lange, wie sie noch bei ihnen war. Nur das zählte.

Victor war noch nicht fertig. „Also, liefern Sie mir den Dreck, durch den ich ihn enterben lassen kann, und wir werden alle davon profitieren. Verstanden?“

Wie konnte sie das auch nicht? „Ich verstehe. Ich tue mein Bestes.“

„Braves Mädchen.“

Sadie biss so fest die Zähne zusammen, dass es wehtat. „Er gibt mir nicht gerade viel, womit ich arbeiten könnte.“

„Dann werden Sie kreativ“, sagte Victor. Und ohne ein weiteres Wort legte er auf.

Werden Sie kreativ.

Sadie seufzte. Er hatte leicht reden. Victor hatte immer jemanden, der ihm die Drecksarbeit abnahm. Die Aufgabe, die sie für seinen Vater fünf Jahre zuvor übernommen hatte, war mehr als hilfreich für Victor. Sie bewies ihm, dass sie genügend Erfahrung hatte.

Und jetzt hatte er die Nachforschungen über Zach wieder aufgenommen, um den Mann zu diskreditieren, der nicht wusste, dass Victor sein älterer Bruder war.

Zeit für Sadie, sich ihren Unterhalt zu verdienen. Sie ließ sich auf die Couch fallen und starrte auf ihren Laptop. Werden Sie kreativ. Aber wie? Sie hatte keine Ahnung, wie sie Zachs unkooperative Haltung durchbrechen sollte. Denn dabei müsste sie ihm näherkommen und so viel wie möglich über ihn herausfinden. Er aber wollte sie nicht in seiner Nähe.