Skulduggery Pleasant (Band 4-6) inklusive eShort - Derek Landy - E-Book

Skulduggery Pleasant (Band 4-6) inklusive eShort E-Book

Derek Landy

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Beschreibung

Dieses E-Book beinhaltet die Bände 4 bis 6 der Spiegel-Bestsellerreihe um den Skelettdelektiv Skulduggery Pleasant: "Sabotage im Sanktuarium", "Rebellion der Restanten" und "Passage der Totenbeschwörer". Außerdem ist die Kurzgeschichte "Die vergessene Kunst der Weltbeherrschung" exklusiv nur in diesem Bundle enthalten. Sabotage im Sanktuarium Seit der großen Schlacht ist Skulduggery Pleasant in der Welt der Gesichtslosen verschwunden. Nur ein Wunder kann ihn jetzt noch retten – oder Walküre: Sie muss ganz schnell seinen Kopf finden, der ihm einst von drei Kobolden in Irland gestohlen wurde. Während Walküre um die halbe Welt reist, wird der Magier Skarabäus nach 200 Jahren Gefängnis entlassen. Zwar hat er seine Zauberkräfte eingebüßt, doch seine Rachelust ist ungebrochen. Sofort schart er einen Kreis der schlimmsten Übeltäter um sich, unter ihnen auch Remus Crux, der die Seiten gewechselt hat. Sie alle können Skulduggerys Rückkehr kaum erwarten – denn jeder Einzelne von ihnen hat noch eine Rechnung mit ihm offen! Rebellion der Restanten Hilfe, die Restanten sind los! Durch einen dummen Zufall konnte der Restant der Totenbeschwörer fliehen und seine Brüder und Schwestern im Hotel Mitternacht befreien. Nun nimmt die teuflische Truppe Kurs auf Dublin, wo ihre "Retterin" weilt: Darquise, die mächtige Zauberin, die die Welt vernichten soll. Alle Magier fürchten sie, aber niemand weiß, wer sie ist. Niemand außer Walküre – denn sie ist Darquise!Da Walküre jedoch Besseres zu tun hat, als die Welt in Schutt und Asche zu legen, will sie ihr schreckliches Schicksal ändern. Allein. Nicht einmal Skulduggery weiht sie ein. Doch wer allein kämpft, droht auch, allein zu sterben. Passage der Totenbeschwörer Wieder einmal müssen Skulduggery und Walküre die Menschheit retten. Oder besser: die Hälfte der Menschheit. Denn die Totenbeschwörer haben endlich ihren Todbringer gefunden, der ihnen allen das ewige Leben bescheren soll. Doch für diesen besonderen Zauber braucht der Todbringer sehr viel Energie. Magische Energie, die er nur durch den Tod von – sagen wir – 3,5 Milliarden Menschen gewinnen kann.Ganz klar, dass Skulduggery und Walküre sofort zur Stelle sind, um das zu verhindern. Aber da bekommen sie Gegenwind von ganz unerwarteten Seite. Mehr Infos zur Reihe unter: skulduggery-pleasant.de Spiegel- Bestseller-Autor Derek Landy mit einem weiteren actiongeladenen Fantasy-Abenteuer über den coolen Skelett-Detektiv Skulduggery Pleasant. Spaß und Spannung garantiert.

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Dieses Buch ist Laura gewidmet.

Ich werde an dieser Stelle keine Witze machen, da du offenbar der einzige Mensch auf der ganzen Welt bist, der mich nicht einmal im Ansatz komisch findet.

Ich bin ZUM BRÜLLEN. Da kannst du jeden fragen. Frag deine Schwester. Sie könnte BRÜLLEN, wenn sie mich sieht. (Stimmt doch, Katie, oder …?)

Und obwohl du dich weigerst, mein geniales komödiantisches Talent anzuerkennen, und öffentlich nicht zugeben willst, wie beeindruckt du von allem bist, was ich tue, wird dir trotzdem ein Buch gewidmet – weil Skulduggery ohne dich seine Walküre nicht hätte.

Du bist meine beste Freundin und meine Muse und dir schulde ich eine ganze Menge.

SKARABÄUS

Seit Clement Skarabäus (kurz „Skarab“ genannt) in seine Zelle gesteckt worden war, hatte er an nichts anderes gedacht als an Mord. Er liebte Morde. Morde und lange Spaziergänge hatten zu seinen bevorzugten Hobbys gehört, als er jünger war. Für einen Mord würde er auch einen langen Weg auf sich nehmen, hatte er oft gesagt, und für einen schönen langen Spaziergang würde er jederzeit morden. Doch nach fast zweihundert Jahren in dieser kleinen Zelle hatte sein Interesse an Spaziergängen deutlich nachgelassen. Seine Mordlust dagegen war noch größer geworden.

Sie entließen ihn ein paar Tage eher aus dem Gefängnis und er trat als alter Mann hinaus unter die Sonne von Arizona. Sie hatten ihm seine Zauberkraft genommen und ohne seine Zauberkraft war sein Körper gealtert und hinfällig geworden. Doch sein Verstand war immer noch messerscharf. Die Jahre, und mochten es noch so viele sein, hatten es nicht geschafft, seinen Verstand zu trüben. Trotzdem gefiel ihm das Altsein nicht. Er zählte, wie lange er brauchte, um die Straße zu überqueren, und fand das Ergebnis niederschmetternd.

Zwei Stunden lang stand er dort an der Straße. Staub wirbelte auf und geriet ihm in die Augen. Er sah sich nach etwas zum Töten um, zügelte dann aber sein Verlangen. Der Eingang zu dem unterirdischen Gefängnis war gerade mal ein paar Schritte entfernt, er hätte hinüberspucken können. Jemanden umzubringen, solange die Wachen ihn noch beobachteten, war wahrscheinlich keine besonders gute Idee. Außerdem hatte Skarab seine Zauberkräfte noch nicht wiedererlangt; selbst wenn es in dieser Wüste etwas gegeben hätte, das es wert gewesen wäre, getötet zu werden, hätte er das womöglich gar nicht geschafft.

Hinter dem Hitzeflimmern tauchte etwas Dunkles auf, das sich als schwarze, klimatisierte Limousine entpuppte. Sie hielt und ein Mann stieg langsam aus. Es dauerte einen Augenblick, bis Skarab ihn erkannte.

„Warum zum Teufel hast du mich nicht längst rausgeholt?“, knurrte er. Seine Stimme deprimierte ihn. Außerhalb des Gefängnisses, unter freiem Himmel, klang selbst sein Knurren alt und schwach.

Der Mann zuckte mit den Schultern. „Ich hab, wenn ich ehrlich sein soll, halb und halb gehofft, dass du da drin stirbst. Bist du sicher, dass du noch am Leben bist? Du siehst ziemlich tot aus. Du riechst auch tot.“

„Ich bleibe lang genug am Leben, um zu tun, was getan werden muss.“

Der andere Mann nickte. „Ich hab mir schon gedacht, dass du dich rächen willst. Eachan Meritorius ist allerdings tot. Nefarian Serpine hat ihn umgebracht. Es wurden auch noch ’n paar andere umgebracht, während du weggesperrt warst.“

Skarabäus kniff die Augen zusammen. „Skulduggery Pleasant?“

„Gilt als vermisst. Vor zehn, kann auch schon elf Monate her sein, sind ’n paar Gesichtslose durch ihr komisches Portal gekommen. Man hat sie wieder zurückgedrängt, aber sie haben das Skelett mit reingezogen.“

„Nie bin ich dabei, wenn’s mal irgendwo lustig wird“, bemerkte Skarab humorlos.

„Seine Freunde suchen seither nach ihm. Wenn du mich fragst, ist er tot. Endgültig, dieses Mal. Aber vielleicht hast du ja auch Glück. Vielleicht finden sie ihn und bringen ihn zurück. Dann kannst du ihn umbringen.“

„Was ist mit Guild?“

Der Mann lächelte breit und ließ seine weißen Zähne sehen. „Er ist der neue Großmagier von Irland. Ein erstklassiges Opfer für dich.“

Skarabäus spürte ein Prickeln, ein leises Vibrieren in seinen Knochen, und sein Herz schlug schneller. Nach all der Zeit, die er eingesperrt war, kehrten nun endlich seine Zauberkräfte zurück. Er ließ sich die unbändige Freude darüber nicht anmerken und krächzte: „Nein, es geht nicht nur um ihn. Es geht um alle. Sie werden alle dafür bezahlen. Für das, was sie mir angetan haben, bringe ich ihre Welt zum Einsturz.“

„Du hast ’nen Plan, nehm ich an?“

„Ich mache das Sanktuarium platt.“

Der Mann nahm seine Sonnenbrille ab und putzte sie. „Kann man dir dabei behilflich sein?“

Skarab sah ihn skeptisch an. „Ich habe nichts, womit ich dich bezahlen könnte, und Rache wirft nichts ab.“

„Ich würd’s umsonst machen. Und ich kenne da ’n paar Leute, die vielleicht gern mitmachen würden. Wir haben in Irland alle noch eine Rechnung offen.“ Billy-Ray Sanguin setzte seine Sonnenbrille wieder auf; sie verdeckte die schwarzen Löcher, in denen einmal seine Augen gewesen waren. „Ich denke da speziell an ’ne kleine Lady.“

ÜBERFALL IM EIGENEN ZIMMER

Sie vermisste ihn.

Sie vermisste seine Stimme und seinen Humor und seine warme Arroganz und diese Momente in seiner Gesellschaft, in denen sie spürte, dass sie ganz lebendig war – endlich lebte an der Seite eines toten Mannes.

Elf Monate war er schon verschwunden und fast ein Jahr lang suchte Walküre nun bereits nach seinem ursprünglichen Schädel, um damit das Portal noch einmal zu öffnen und ihn zurückzuholen. Sie schlief, wenn sie musste, und aß, wenn es nötig war. Sie ließ sich von der Suche aufzehren. Die Zeit, die sie mit ihren Eltern verbrachte, wurde immer weniger. Sie war in Deutschland gewesen, in Frankreich und Russland. Sie hatte vermoderte Türen eingetreten und war durch dunkle Gassen gelaufen. Sie war den Spuren gefolgt, so wie er es ihr beigebracht hatte, und jetzt stand sie kurz vor dem Ziel.

Skulduggery hatte ihr einmal erzählt, dass der Kopf, den er auf seinen Schultern trug, nicht sein richtiger Kopf sei – dass er ihn beim Pokern gewonnen hätte. Er behauptete, sein richtiger Kopf sei ihm gestohlen worden, während er schlief, und zwar von irgendwelchen kleinen Kobolden, die in der Nacht damit abgehauen wären. Damals hatte er sich nicht weiter darüber ausgelassen, doch später hatte er Details nachgereicht.

Vor zwanzig Jahren war in Irland eine kleine Kirche irgendwo auf dem Land von einem Poltergeist heimgesucht worden. Zumindest dachte man das. Der aggressive Geist richtete schlimme Schäden an, tyrannisierte die Einheimischen und vertrieb die Polizei, wenn sie kam, um Untersuchungen anzustellen. Skulduggery wurde von einem alten Freund zu Hilfe gerufen.

Den Schal um den Hals gewickelt und den Hut tief ins Gesicht gezogen, fand er als Erstes heraus, dass der Schuldige kein Poltergeist war. Als Zweites stellte er fest, dass es sich höchstwahrscheinlich um eine Koboldart handelte und dass vermutlich mehr als einer zugange war. Seine dritte Entdeckung war, dass die Kirche, so klein und bescheiden sie auch aussah, ein Kreuz aus massivem Gold beherbergte, das hinter dem Altar stand. Und wenn Kobolde etwas ganz besonders liebten, dann war es Gold.

„Von den Dingen, die Kobolde ganz besonders lieben“, hatte Skulduggery gesagt, „steht das Verspeisen kleiner Kinder an erster Stelle, aber gleich danach kommt Gold.“

Die Kobolde versuchten, die Leute abzuschrecken und möglichst lange von der Kirche fernzuhalten, damit sie Zeit hatten, das Kreuz aus seinem Sockel zu brechen und sich damit aus dem Staub zu machen. Skulduggery schlug sein Lager auf und wartete. Damit die Zeit schneller verging, versetzte er sich in einen meditativen Trancezustand, aus dem er aufschreckte, wann immer sich jemand der Kirche näherte.

In der ersten Nacht, in der die Kobolde kamen, sprang er auf, brüllte und warf mit Feuerbällen um sich und jagte ihnen einen Mordsschreck ein. In der zweiten Nacht schlichen sie sich an und flüsterten nur noch miteinander, um sich Mut zu machen. Er tauchte hinter ihnen auf, beschimpfte sie lautstark und sie rannten erneut davon und heulten vor Angst. Doch in der dritten Nacht überraschten sie ihn. Statt sich an die Kirche heranzuschleichen, schlichen sie sich an ihn heran und schnappten sich seinen Kopf, während er in tiefer Meditation versunken war. Bis er dahinterkam, was passiert war, waren sie von der Bildfläche verschwunden, und Skulduggery hatte nichts mehr, worauf er seinen Hut setzen konnte.

Skulduggerys Nachforschungen, nun mit einem Kopf, der nicht sein eigener war, hatten ergeben, dass die Kobolde später an einen Zauberer namens Larks geraten waren, der ihnen ihre paar Habseligkeiten abgeknöpft und sie weiterverkauft hatte. An diesem Punkt endeten die Ermittlungen, da andere Ereignisse Skulduggerys Aufmerksamkeit erforderten. Er hatte es nie geschafft weiterzuforschen, und so lag es jetzt an Walküre, die Suche zu Ende zu bringen.

Den Schädel, so viel wusste sie, hatte eine Frau als Überraschung und einigermaßen ungewöhnliches Hochzeitsgeschenk für den Mann gekauft, den sie heiraten wollte. Später hatte die Frau den Schädel als Schlagwaffe benutzt und diesem Mann damit ein blutiges und schnelles Ende beschert, nachdem sie ihn dabei erwischt hatte, wie er sie beklaute. Die Aufklärung des Mordfalls hatten „sterbliche“ Kriminalbeamte übernommen – Walküre hasste diesen Ausdruck – und der Schädel war als Beweisstück registriert worden. Nachdem er es als „Mordschädel“ zu einer gewissen Bekanntheit gebracht hatte, war er auf den Schwarzmarkt gelangt und hatte viermal seinen Besitzer gewechselt, bevor ein Zauberer namens Umbra Spuren von Magie darin entdeckte. Umbra erwarb ihn und nach einem Jahr gelangte er in den Besitz von Thames Chabon, einem notorischen Schlitzohr, skrupellosen Abzocker und zwielichtigen Allround-Schuft. Soviel man wusste, hatte Chabon den Schädel immer noch. Allein mit ihm Kontakt aufzunehmen war ungeheuer schwierig gewesen und Walküre hatte sich zu reichlich unorthodoxen Methoden gezwungen gesehen.

Die unorthodoxen Methoden standen nun am Rand der stillen Straße, die Hände in den Taschen vergraben. Ihr Name war Caelan. Caelan war vielleicht neunzehn oder zwanzig Jahre alt gewesen, als er starb. Er war groß, schwarzhaarig und seine Wangenknochen bildeten schmale Grate unter seiner Haut. Er beobachtete Walküre, als sie näher kam, und sah dann rasch weg. Bald fing es an zu dämmern. Wahrscheinlich bekam er Hunger. Vampire hatten das so an sich.

„Konntest du was arrangieren?“, fragte sie ihn.

„Chabon will sich um zehn mit dir treffen“, murmelte er. „Morgen früh. Hotel Bailey, in einer Seitenstraße der Grafton Street.“

„Okay.“

„Sieh zu, dass du pünktlich bist – er wartet nicht.“

„Und du bist sicher, dass es Skulduggerys Kopf ist?“

„Zumindest behauptet Chabon es. Er kann sich allerdings nicht denken, warum er dir so wichtig ist.“

Walküre nickte, sagte aber nichts dazu. Sie erzählte ihm nichts vom Isthmus-Anker, einem Gegenstand, der einer Wirklichkeit angehört, sich aber in einer anderen befindet. Sie erzählte ihm nicht, dass die Portale zwischen diesen beiden Wirklichkeiten deshalb durchlässig blieben, und auch nicht, dass alles, was sie brauchte, um ein Portal in Skulduggerys Nähe zu öffnen, sein ursprünglicher Kopf und ein hilfsbereiter Teleporter waren. Den hilfsbereiten Teleporter hatte sie. Jetzt brauchte sie nur noch den Schädel.

Caelan betrachtete die untergehende Sonne. „Ich geh dann mal besser. Es wird spät.“

„Warum tust du das?“, fragte Walküre unvermittelt. „Ich bin es nicht gewohnt, dass Leute mir einfach so helfen.“

Caelan sah sie nicht an. „Vor einiger Zeit habt ihr einen Mann namens Dusk ins Gefängnis gebracht. Ich mag diesen Mann nicht.“

„Ich mag ihn auch nicht besonders.“

„Wie ich gehört habe, hast du ihn fürs Leben gezeichnet.“

„Das hat er sich selbst zuzuschreiben.“

„Oh ja, garantiert.“

Er zögerte kurz und entfernte sich dann. Seine Bewegungen erinnerten sie an die furchterregende Eleganz einer Raubkatze.

Nachdem er verschwunden war, kam Tanith Low aus der Gasse auf der anderen Straßenseite. Ihr Schwert war in ihrem langen braunen Ledermantel verborgen.

Tanith brachte Walküre nach Hause. Walküre stellte sich unter ihr Zimmerfenster, hob rasch die seitlich ausgestreckten Arme, drückte die kalte Luft dann nach unten und ließ sich von ihr zum Fenstersims hinaufheben. Sie klopfte an die Scheibe und ein kleines Licht wurde angeknipst. Das Fenster ging auf und ihr eigenes Gesicht – dunkle Augen, dunkles Haar – sah sie an.

„Ich dachte, du kommst heute Abend nicht nach Hause“, sagte ihr Spiegelbild.

Walküre kletterte ohne eine Antwort ins Zimmer. Ihr Spiegelbild beobachtete sie genau, während sie das Fenster schloss und ihren Mantel auszog. Im Zimmer war es so kalt wie draußen und Walküre fröstelte. Ihr Spiegelbild tat dasselbe und ahmte damit die Reaktion der Menschen auf eine Empfindung nach, die ihm ganz und gar fremd war.

„Wir hatten Lasagne zum Abendessen“, erzählte es. „Dad hat versucht, an Karten für die All-Ireland Championchip am Sonntag zu kommen, bisher aber noch ohne Erfolg.“

Walküre war müde, deshalb wies sie nur wortlos auf den Spiegel in der Tür ihres Kleiderschranks. Das Spiegelbild, das keine Gefühle hatte, die verletzt werden könnten, trat in den Spiegel, drehte sich dann um und wartete. Walküre berührte den Spiegel und die Erinnerungen des Spiegelbilds flogen in ihren Kopf und nisteten sich dort neben ihren eigenen ein. Als sie den Schrank schloss, wurde ihr bewusst, dass sie seit acht Tagen nicht mehr zu Hause gewesen war. Plötzlich sehnte sie sich nach ihren Eltern; sie nur durch die Augen eines gefühllosen Ersatzes zu sehen, genügte ihr nicht mehr. Doch ihre Eltern schliefen am anderen Ende des Flurs und Walküre wusste, dass sie sich bis zum Morgen gedulden musste.

Sie zog einen schwarzen Ring von ihrem Finger und legte ihn aufs Nachtschränkchen. Grässlich, Tanith und China mochten den Ring nicht – er war schließlich das Werkzeug eines Totenbeschwörers. Doch Walküre hatte in den vergangenen elf Monaten zusätzliche Kräfte gebraucht und ihr angeborenes Talent zur Totenbeschwörerin hatte sie mit genau den magischen Fähigkeiten ausgestattet, die sie sich gewünscht hatte.

Sie schlüpfte aus ihrer Kleidung und ließ das ärmellose Oberteil und die Hose auf ihre Stiefel fallen, die auf dem Boden standen. Kleider von Grässlich Schneider knitterten nicht, wofür sie insgeheim dankbar war. Walküre streifte ihre Shorts und das neue Fußballtrikot der Dubliner Mannschaft über, das sie von ihrem Dad zu Weihnachten geschenkt bekommen hatte, und legte sich ins Bett. Sie streckte den Arm aus, löschte das Licht und zog den Arm dann rasch wieder unter die Decke.

Morgen, dachte sie. Morgen würden sie den Schädel in Händen halten und morgen würden sie das Portal damit öffnen. Wo immer Skulduggery war, das Portal würde sich ganz in der Nähe öffnen. Walküre überlegte, was sie tun würde, wenn sie ihn wiedersah. Sie stellte sich vor, wie sie zu ihm lief und ihn umarmte, das Knochengestell unter seinen Kleidern spürte, die ihm Masse gaben, und sie versuchte, sich auszudenken, welches wohl seine ersten Worte sein würden. Irgendeine trockene Bemerkung würde es sein, das wusste sie. Ein Understatement, irgendetwas Komisches. Wahrscheinlich eine Angeberei.

Als Walküre auf ihren Wecker sah, stellte sie fest, dass sie schon über eine Stunde im Bett lag. Sie seufzte, drehte ihr Kissen um, sodass die kalte Seite oben war, rollte sich herum und verbannte alle Gedanken an den morgigen Tag aus ihrem Kopf, und irgendwann kam der ersehnte Schlaf.

Es war allerdings ein unruhiger Schlaf, kein erholsamer, und mitten in der Nacht wachte sie auf und jemand stand an ihrem Bett. Ihr blieb fast das Herz stehen, doch selbst in ihrem Schock ging sie eine Liste von Möglichkeiten durch – Mum, Dad, Tanith –, bis der Mann seine kalten Hände um ihren Hals legte.

Walküre wand sich, versuchte, nach ihm zu treten, doch die Bettdecke hatte sich um ihre Beine gewickelt. Mit aller Kraft kämpfte sie gegen seinen eisernen Griff, aber der Angreifer war viel zu kräftig. Seine Finger drückten auf ihren Kehlkopf und das Blut pulsierte in ihren Schläfen. Gleich würde sie ohnmächtig werden.

Die Bettdecke rutschte weg und sie versetzte ihm einen Tritt gegen den Oberschenkel. Sein Bein wurde nach hinten geschoben, doch er lockerte seinen Griff nicht. Sie stemmte beide Füße gegen seinen Bauch und versuchte, ihn wegzudrücken. Nichts geschah. Die dunkle Gestalt stand unbewegt über ihr. Sie würde sterben. Sie nahm eine Hand von seinem Handgelenk und drückte gegen die Luft, doch der Stoß war viel zu schwach.Verzweifelt tastete sie nach dem Ring der Totenbeschwörer, streckte den Finger hinein und augenblicklich spürte sie die Dunkelheit darin, kalt und schlangenartig. Sie machte eine Faust und stieß nach ihm. Geballte Dunkelheit traf ihn in die Brust. Plötzlich lagen die würgenden Hände nicht mehr um ihren Hals und er stolperte rückwärts. Walküre sprang aus dem Bett, drückte mit den Handflächen gegen die Luft und es riss den Mann von den Füßen. Er donnerte gegen die Wand und stürzte, wobei er ihren Schreibtisch umriss. Mit einem Fingerschnippen zauberte sie Feuer in ihre Hand und leuchtete das Zimmer aus.

Im ersten Augenblick erkannte sie ihn nicht. Die Kleider stimmten nicht – mehrere Schichten abgerissener, schmuddeliger Klamotten, verdreckte Stiefel und fingerlose Handschuhe. Sein Haar war länger und ungepflegt und sein Gesicht schmutzig. Sein Bart war es schließlich, der ihn verriet. Der Spitzbart, den Remus Crux trug, um sein fliehendes Kinn zu verbergen.

Sie hörte, wie ihr Vater nach ihr rief, und löschte das Feuer. Gleich würden ihre Eltern ins Zimmer stürmen. Sie schlang ein Schattenband um ihr Bett und zog es vor die Tür, damit sie sich nicht öffnen ließ.

„Stephanie!“, kreischte ihre Mutter auf dem Flur, als sich nach dem Herunterdrücken der Türklinke nichts weiter tat.

In dem Moment, in dem sich Walküre wieder Crux zuwandte, packte er sie und schleuderte sie gegen die Wand. Sie stieß sich davon ab und sprang in ihn hinein, wobei sie ihn mit dem Knie zurückdrängte. Sie sprang erneut, streckte beide Beine vor und trat ihm mit den Füßen in den Brustkorb. Er taumelte nach hinten, stolperte über ihre herumliegenden Kleider und stürzte. Sein Kopf schlug knirschend auf ihrem Nachttisch auf.

Ihre Eltern bemühten sich nach Kräften, die Tür einzutreten.

Walküres Wissen auf dem Gebiet der Elementemagie reichte nicht aus, um in einem abgeschlossenen Raum mit ihrem Gegner fertigzuwerden. Der Ring der Totenbeschwörer an ihrem Finger war kalt, als sie die Dunkelheit aufsog. Sie verdichtete sie zu einer Kugel und schleuderte sie dann weg. Walküre traf Crux an der Schulter und er machte einen Satz nach hinten. Sie wiederholte das Ganze, traf sein linkes Bein und es knickte unter ihm ein.

„Steph!“, brüllte ihr Vater. „Mach die Tür auf! Mach sofort die Tür auf!“

Crux war bei ihr, bevor sie noch einmal angreifen konnte. Mit einer Hand packte er ihr Handgelenk, wobei er darauf achtete, dass der Ring von ihm weg zeigte, und mit der anderen umklammerte er ihren Hals. Er drückte sie mit seinem ganzen Gewicht an die Wand, sodass sie keine ihrer Waffen einsetzen konnte. Seine Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen, in denen sie den Wahnsinn sah.

Die Fensterscheibe zersprang und Scherben regneten auf sie herunter. Walküre rang nach Luft, als Crux von ihr fortgerissen wurde. Schatten wirbelten herum und tausend Pfeile aus Dunkelheit flogen auf ihn zu. Er duckte sich, konnte dem Pfeilhagel gerade noch ausweichen und sprang knurrend aus dem kaputten Fenster.

Solomon Kranz wandte sich ihr zu, um zu sehen, ob alles in Ordnung war mit ihr, während die Schatten sich um den Gehstock in seiner Hand wickelten.

Die Tür schlug gegen das Bett und es bewegte sich mit einem Ruck. Kranz sprang hinter Crux aus dem Fenster und Walküre schob das Bett zur Seite. Ihre Eltern stürmten ins Zimmer. Die Mutter schlang beide Arme um sie, während ihr Vater den Raum nach einem Einbrecher absuchte.

„Wo ist er?“, brüllte er.

Walküre sah ihn über die Schulter ihrer Mutter hinweg an. „Wo ist wer?“, fragte sie und sie brauchte kein großes Theater zu spielen, um völlig aufgewühlt zu klingen.

Ihr Vater wirbelte herum. „Wer war hier drin?“

„Niemand.“

Ihre Mum fasste sie an den Schultern und trat einen Schritt zurück, damit sie sie ansehen konnte. „Was ist passiert, Steph?“

Walküre ließ den Blick durchs Zimmer schweifen und entschied dann: „Eine Fledermaus.“

Ihr Vater blieb wie angenagelt stehen. „Was hast du gesagt?“

„Eine Fledermaus. Sie ist durchs Fenster geflogen.“

„Eine … Fledermaus? Es hat sich angehört, als sei jemand über dich hergefallen.“

„Moment“, sagte ihre Mutter, „wir haben erst nach all dem Krach gehört, wie die Fensterscheibe zersprungen ist.“

Mist.

Walküre nickte. „Sie war bereits hier drinnen. Ich glaube, sie saß dort in der Ecke. Sie muss schon vor ein paar Tagen hier reingeflogen sein, um – ich weiß auch nicht – zu überwintern oder so.“

„Stephanie“, bohrte ihr Vater nach, „das Zimmer hier gleicht einem Kriegsschauplatz.“

„Ich hab Panik bekommen. Es war eine Fledermaus, Dad. Eine große. Ich bin aufgewacht und sie ist im Zimmer herumgeflattert und ich bin in meinen Schreibtisch gekracht. Sie saß dann auf dem Boden und ich habe versucht, das Bett über sie zu schieben. Da ist sie durch das geschlossene Fenster rausgeflogen.“

Walküre konnte nur hoffen, dass ihren Eltern nicht auffiel, dass die ganzen Scherben im Zimmer lagen.

Ihr Vater ließ die Schultern sinken, als Erleichterung ihn durchströmte. „Und ich dachte, hier drinnen würde sich etwas ganz Furchtbares abspielen.“

Sie runzelte die Stirn. „Es hat sich etwas Furchtbares abgespielt. Sie hätte sich in meinen Haaren verfangen können.“

Noch ein paar Minuten musste sie die Besorgnis ihrer Eltern inklusive einer Untersuchung ihrer Fußsohlen, damit ausgeschlossen werden konnte, dass sie sich geschnitten hatte, erdulden. Dann half ihre Mutter, das Bett im Gästezimmer zu richten, und sagte endlich Gute Nacht.

Walküre wartete, bis sie sicher war, dass ihre Eltern wieder im Bett lagen, bevor sie aus dem Fenster kletterte. Sie ließ sich auf den Boden fallen, wobei sie die Luft nutzte, um ihren Fall zu bremsen. Ihre bloßen Füße berührten nasses Gras und sie schlang die Arme um sich; es war eisig kalt.

„Er ist weg“, sagte Kranz hinter ihr.

Sie drehte sich um. Kranz stand da, eine blasse Erscheinung und als solche durchaus gut aussehend, hochgewachsen und ganz in Schwarz gekleidet. Er war so groß wie Skulduggery und genauso ruhig, doch sie hatten auch noch andere Gemeinsamkeiten. Beide waren ausgezeichnete Lehrer. Skulduggery hatte sie in Elementemagie unterrichtet und Kranz brachte ihr Totenbeschwörung bei und beide behandelten sie als ebenbürtig. Das taten nicht alle Magier, die sie traf. Ein weiteres Talent, das Skulduggery mit Kranz gemein hatte, war, genau im richtigen Moment aufzutauchen, wofür Walküre ihm ganz besonders dankbar war.

„Was führt dich hierher?“, fragte sie. Sie dankte ihm nicht. Kranz hielt nichts von Dank.

Seine Augen strahlten, als er sie ansah. „Ich habe gehört, Remus Crux sei hier in der Gegend gesehen worden“, sagte er. „Da habe ich natürlich angenommen, dass er hinter dir her ist. Wie es aussieht, hatte ich recht.“

„Und warum hast du mir das nicht gesagt?“, fragte Walküre mit klappernden Zähnen.

„Ein Köder braucht nicht zu wissen, dass er einer ist. Crux hätte womöglich eine Falle gewittert und wäre sofort wieder untergetaucht.“

„Ich habe etwas gegen das Ködersein, Solomon. Er hätte sich auch meine Familie vornehmen können.“

„Er will deiner Familie nichts tun. Wir wissen nicht, warum er hinter dir her ist, aber wenigstens wissen wir, dass er es ist.“

Kranz machte keine Anstalten, ihr seinen Mantel anzubieten. Skulduggery hätte das inzwischen getan.

„Ich möchte nicht, dass das noch einmal vorkommt“, sagte sie. „In meiner Stadt haben diese Sachen nichts verloren. China Sorrows kann Symbole und Sigillen aufstellen, damit er Haggard nicht mehr betreten kann. Gleich morgen bitte ich sie darum.“

„Meinetwegen.“

„Das nächste Mal erwarte ich, dass du mir Bescheid sagst, bevor ich angegriffen werde, Solomon.“

Er lächelte. „Ich will es mir merken. Du kannst jetzt unbesorgt wieder ins Haus gehen. Ich passe auf bis morgen früh.“

Walküre nickte und stellte sich unter das Fenster zum Gästezimmer.

„Oh, und was ist mit dem Schädel?“, fragte er. „Stehst du kurz vor dem Durchbruch?“

„Wir treffen uns morgen mit dem Verkäufer.“

„Und du bist sicher, dass er auch den hat, nach dem du suchst? Es wäre nicht das erste Mal, dass man dich enttäuscht.“

„Diesmal muss er es sein.“

Kranz verabschiedete sich mit einer leichten Verbeugung, klopfte dann mit seinem Stock auf den Boden und versammelte die Schatten um sich. Bis sie sich zerstreut hatten, war auch er verschwunden. Es war ein Totenbeschwörer-Trick ähnlich der Teleportation, nur mit einer wesentlich geringeren Reichweite. Früher hatte sie sich davon beeindrucken lassen. Jetzt nicht mehr.

Sie hob mit Schwung die Arme und ein Windstoß trug sie an der Hauswand hinauf. Sie kletterte durchs Fenster, schloss es hinter sich und strich mit den Füßen über den Teppich, damit sie trocken wurden. Dann schlüpfte sie unter die Bettdecke und rollte sich zu einem zitternden Ball zusammen.

Viel Schlaf bekam sie nicht mehr.

DER PLAN

Am nächsten Morgen ging Walküre in ihr Zimmer zurück. Es war eiskalt dort. Der Fußboden war mit Scherben übersät und der Schreibtisch ein Wrack. Sie rief China Sorrows an und sagte ihr, was sie brauchte. Das letzte halbe Jahr über hatte China junge Zauberer in der Magiersprache unterrichtet, und sie versprach, ihre Schüler vorbeizuschicken, damit diese ein Warnsystem um die Stadt herum errichteten.

Walküre dankte ihr, legte auf und öffnete ihren Kleiderschrank. Sie berührte den Spiegel, ihr Spiegelbild stieg heraus und versteckte sich unter dem Bett, während Walküre ihre Schuluniform anzog und nach unten ging. Es war über eine Woche her, seit sie mit ihren Eltern das letzte Mal gefrühstückt hatte, und sie wollte ihr Beisammensein genießen. Außerdem hatte sie beschlossen, Skulduggery an diesem Tag zurückzuholen.

Ihre Eltern unterhielten sich angeregt über das kaputte Fenster – ihr Vater war zuversichtlich, dass er die neue Scheibe selbst einsetzen konnte, während ihre Mutter gewisse Zweifel hatte. Dann wechselte er das Thema. „Ich bin heute nur den halben Tag im Büro“, sagte er. „Danach treffe ich mich mit ein paar Kunden zu einem schnellen Neuner.“

Seine Frau sah ihn an. „Was ist ein schneller Neuner?“

„So genau weiß ich das auch nicht“, gab er zu. „Es ist ein Golfausdruck. Männer in meinem Alter reden die ganze Zeit davon. Ich wollte sie zum Fußball-Endspiel am Samstag einladen, aber jetzt muss Golf heute Nachmittag eben auch reichen.“

„Du spielst doch gar nicht Golf“, warf seine Frau ein.

„Aber ich hab’s im Fernsehen gesehen und es sieht ziemlich einfach aus. Du schlägst den Ball mit diesem Ding weg.“

„Das Ding heißt Schläger.“

„Was soll daran schwierig sein?“

„Deine Hand-Augen-Koordination ist nicht die Beste und du hasst lange Spaziergänge und wenn du irgendwelche Dinge mit dir herumschleppen musst. Außerdem verkündest du in regelmäßigen Abständen, dass Golf in deinen Augen bescheuert ist.“

„Golf ist bescheuert“, bekräftigte er.

„Warum willst du dann mit deinen Kunden zum Golfen gehen?“

„Mir geht es in erster Linie um das Outfit. Diese Pullover mit V-Ausschnitt und dem Rautenmuster und die Hosen mit den darübergezogenen Socken.“

„Ich glaube nicht, dass man das heute noch trägt.“

„Oh.“

Walküre dachte oft, dass ihre Eltern wunderbar zueinander passten. Sie bezweifelte, dass jemand anders in der Lage wäre, Verständnis für ihre Verschrobenheiten aufzubringen.

Sie frühstückte zu Ende und ging dann wieder in ihr Zimmer, um ihre schwarzen Sachen anzuziehen. Ihr Spiegelbild nahm ihr beim Ausziehen die einzelnen Teile der Schuluniform ab und schlüpfte selbst hinein.

Vor knapp zwei Jahren hatte Skulduggery das Spiegelbild in Roarhaven erschossen. Sein ursprünglicher Zweck war gewesen, an Walküres Stelle zu treten, während diese mit Skulduggery unterwegs war, doch als Folge der Überbeanspruchung begann es gewisse Marotten zu entwickeln, ein Problem, das sich durch seinen „Tod“ noch verstärkte. Sie hatten die Leiche in den Spiegel zurückgebracht, wo sie wieder als Kopie eines Lebens erwachte, doch danach wurde das Spiegelbild noch unberechenbarer. Es hatte einige seiner eigenen Grenzen überschritten – dass es die Kleider wechselte, war ein augenfälliges Beispiel dafür – und gelegentlich traten kleine Gedächtnislücken bei ihm auf.

Doch im Moment hatte Walküre keine Zeit, sich darüber Gedanken zu machen. Sie musste Skulduggerys Kopf holen. Irgendjemand musste aber auch in die Schule und sie würde ganz bestimmt nicht gehen.

Sie knöpfte ihre schwarze Hose zu, zog die Stiefel an und ließ die Hosenaufschläge darüberfallen. Das Oberteil war ärmellos, aber dennoch warm, und als sie in den Mantel schlüpfte, kam es ihr vor, als trage sie plötzlich Thermounterwäsche. Das Material reagierte auf die Umgebungs- als auch auf ihre Körpertemperatur und sorgte dafür, dass es ihr immer angenehm warm war. Der Mantel war schwarz, nur die Ärmel waren in dem dunklen Rot von getrocknetem Blut gehalten. Eine Grässlich-Schneider-Kreation.

Das Spiegelbild hob Walküres Schultasche auf, ging hinaus und schloss die Tür hinter sich.

Walküre rief Fletcher Renn an und er tauchte aus dem Nichts neben ihr auf. Das Telefon in ihrer Hand knisterte, als das Netz die atmosphärische Störung auszugleichen versuchte und dann aufgab. Sein blondes Haar war mühevoll auf wilde Mähne gestylt und in seinem Lächeln lag die übliche Mischung aus Arroganz und Spott. Er trug verwaschene Jeans, zerschrammte Stiefel und eine Armeejacke. Alles war perfekt, nur eine winzige Kleinigkeit störte: Fletcher wusste, dass er gut aussah.

„Was ist denn hier passiert?“, fragte er und sein Lächeln erlosch, als er das Chaos sah.

„Ich bin überfallen worden.“

Er riss die Augen auf und packte sie, als wollte er sich vergewissern, dass sie noch lebte. „Ist alles in Ordnung? Bist du verletzt? Wer war es?“

„Mir geht es gut, Fletcher. Du erfährst alles, wenn ich es auch den anderen erzähle.“

„Es war nicht der Vampir, oder?“

„Was?“

Fletcher ließ Walküre los und trat einen Schritt zurück. „Wie heißt er gleich wieder, der von gestern Abend? So ein mieser, miesepetriger junger Vampir?“

„Er heißt Caelan. Und nein, er war es natürlich nicht.“

Fletcher nickte langsam. „Okay. Und du bist sicher, dass dir nichts fehlt?“

„Ich bin okay.“

„Was hat er überhaupt gesagt, der Vampir?“

„Er hat das Treffen arrangiert, wie versprochen.“

„Kein leeres Gequatsche also?“

„Dazu ist er nicht der Typ.“

„Stark und schweigsam, wie?“

„Möglich. Außerdem ging die Sonne unter.“

„Ah. Okay. Er wollte sich wahrscheinlich nicht in ein grässliches Monster verwandeln und dich bei eurem ersten Date gleich in Stücke reißen.“

„Ich hab so ein Gefühl, als könntest du ihn nicht besonders gut leiden.“

„Na ja, das liegt an seiner grässlichen Monsterseite. Und du?“

„Ob ich ihn leiden kann? Nein. Ich kenne ihn ja gar nicht.“

„Also gut.“ Fletcher schien zufrieden. „Kann ich dich etwas fragen?“

„Hast du doch schon.“

„Kann ich dich noch mal etwas fragen?“

„Kannst du mich irgendwo fragen, wo meine Eltern es nicht hören?“

Er nahm ihre Hand und einen Augenaufschlag später standen sie auf dem Dach von Grässlich Schneiders Schneideratelier. Bei Teleportation wurde Walküre inzwischen nicht einmal mehr schwindelig.

„Frag mich was“, sagte sie.

Er zögerte, dann erkundigte er sich betont gelassen: „Was glaubst du – wird alles wieder wie früher, wenn Skulduggery zurück ist? Seid ihr zwei dann wieder unterwegs und löst Kriminalfälle und erlebt Abenteuer und solche Sachen?“

„Davon gehe ich aus. Warum sollte es anders sein?“

„Gut.“ Er nickte. „Schön, dass es bald vorbei ist, nicht wahr? Nach allem, was wir getan und durchgemacht haben.“

„Die letzten Monate waren schrecklich“, gab Walküre zu.

„Ja, ich weiß. Aber gleichzeitig hab ich’s irgendwie, ich weiß auch nicht, genossen.“

Walküre sagte nichts.

„Das ist nicht boshaft gemeint!“, fügte er lachend hinzu. „Ich hab’s nicht genossen, dass er verschwunden war oder dass du dir solche Sorgen um ihn gemacht hast. Ich wollte nur sagen, dass ich es gut fand dazuzugehören. Zu einem Team zu gehören hat mir gefallen.“

„Schön.“

„Deshalb habe ich, also, ich hab mir gedacht …, ich hab mir überlegt …, glaubst du, er würde mich bei euren Fällen mitmachen lassen?“

Walküre zog scharf die Luft ein. „Ich … das kann ich wirklich nicht sagen.“

„Ich könnte ganz schön nützlich sein. Kein ständiges Herumkurven mehr in seiner alten Karre.“

„Er liebt den Bentley. Und ich genauso.“

„Ich weiß, ich weiß, aber vielleicht könntest du es trotzdem zur Sprache bringen, wenn er wieder da ist.“

„Mach ich“, versprach sie. „Ich bring’s zur Sprache.“

„Es sei denn, du willst mich nicht dabeihaben.“

Walküre hob eine Augenbraue. „Hab ich das gesagt?“

„Nein, nur … Doch, du hast es gesagt, ziemlich oft sogar.“

Sie zuckte mit den Schultern. „Aber nur, wenn du mir auf die Nerven gegangen bist.“

„Bin ich dir in letzter Zeit auf die Nerven gegangen?“

„Du gehst mir jetzt auf die Nerven …“

Fletcher grinste und Walküre streckte die Hand aus. „Nach unten.“

Er nahm ihre Hand und verbeugte sich. „Sehr wohl, Mylady.“

Im nächsten Augenblick standen sie im Hinterzimmer von Grässlich Schneiders Schneideratelier.

„Du kannst meine Hand jetzt wieder loslassen“, sagte Walküre.

„Ich weiß, dass ich das kann“, entgegnete Fletcher. „Ich will nur nicht.“

Sie machte eine Drehbewegung aus dem Handgelenk und zwang ihn damit auf relativ schmerzlose Art, ihre Hand freizugeben.

Sie rochen Kaffee und hörten Stimmen, und als sie das Atelier betraten, sahen sie Tanith und Grässlich Schneider an dem kleinen Tisch an der Wand sitzen. Grässlich schüttelte angewidert seinen mit Narben übersäten Kopf. „Was gibt’s?“, fragte Walküre.

„Clement Skarabäus ist gestern aus dem Gefängnis entlassen worden“, antwortete Tanith.

„Wer ist Clement Skarabäus?“, fragte Fletcher.

„Er hat Esryn Vanguard umgebracht.“

„Wer ist Esryn Vanguard?“, fragte Fletcher.

Walküre war dankbar für Fletchers Anwesenheit. Endlich jemand, der noch weniger wusste als sie.

„Vanguard war ein Ex-Soldat, der Pazifist geworden ist“, sagte Grässlich. Walküre fiel der Streifen Heftpflaster auf, der aus seinem Hemdkragen lugte. Sie sprach ihn nicht darauf an. „Das war vor … wie vielen Jahren? Zweihundert vielleicht? Er predigte eine friedliche Lösung im Krieg mit Mevolent, eine Lösung, die es unnötig machte, dass eine Seite die andere besiegte.“

„Gesunder Menschenverstand, mit anderen Worten“, bemerkte Tanith. „Das war lange vor meiner Zeit, aber ich erinnere mich, dass meine Eltern von ihm gesprochen haben.“

„Mevolent hatte es irgendwann satt“, fuhr Grässlich fort, „dass Vanguard ständig an der Moral und den Überzeugungen seiner Truppen sägte, deshalb hat er Skarab losgeschickt, dass der ihn umbringt.“

„Und zweihundert Jahre später“, meldete sich Tanith wieder, „hat Skarab seine Strafe abgesessen und wird entlassen. Ich bin überrascht, dass er es so lange gemacht hat. Nach ein paar Jahren in einer engen Zelle setzt auch bei Zauberern der Alterungsprozess wieder ein. Ich glaube, jeder hat erwartet, dass er an Altersschwäche stirbt.“

„Eigentlich sollte er tot sein“, sagte Grässlich leise. „Er hat einen großartigen Menschen umgebracht.“

„Wisst ihr, wer noch tot sein sollte?“, fragte Fletcher strahlend. „Walküre. Sie ist letzte Nacht überfallen worden.“

Tanith und Grässlich bekamen große Augen. Walküre seufzte und erzählte ihnen von Crux.

Grässlich runzelte die Stirn. „Kranz soll ganz zufällig vorbeigekommen sein, während das alles passiert ist? Genauso gut könnte es sein, dass er die ganze Sache arrangiert hat, nur damit er hereinschneien und die Situation retten kann.“

„Er hat die Situation nicht gerettet“, verteidigte sich Walküre, „ich hätte Crux schon selbst überwältigt. Irgendwie.“

„Grässlich hat recht“, sagte Tanith. „Wir wissen nicht, was Crux getrieben hat seit Aranmore. Dieser eine Blick auf die Gesichtslosen hat ihn um den Verstand gebracht, Walküre. Er könnte sehr wohl unter den Einfluss von Kranz geraten sein.“

„Solomon Kranz ist auf unserer Seite“, entgegnete Walküre. Sie hatte bereits genug von der Unterhaltung, die sie schon ein Dutzend Mal geführt hatten. „Und warum würde er mir Crux auf den Hals schicken? Was hätte er davon?“

Tanith zuckte mit den Schultern. „Wir stehen so kurz davor, Skulduggery zurückzubekommen, und er steht kurz davor, seine beste Schülerin zu verlieren. Er gewinnt dein Vertrauen und deine Wertschätzung, und wenn er Glück hat, ziehst du das Totenbeschwören der Elementemagie vor.“

Walküre tastete nach dem Ring an ihrem Finger. Sie hatte ihn die ganze Nacht nicht mehr abgenommen. „Darüber machen wir uns später Gedanken“, wiegelte sie ab.

„Ein Irrer überfällt dich mitten in der Nacht“, sagte Tanith mit hochgezogenen Augenbrauen, „ein Irrer, der dich, selbst als er seinen Verstand noch beisammenhatte, gehasst hat, und wir sollen einfach zur Tagesordnung übergehen?“

Fletcher besah sich Grässlich und fragte dann taktvoll wie immer: „Hey, was ist da unter dem Pflaster?“

Grässlich ruckelte an seinem Kragen. „Nichts“, brummte er.

„Hast du dich beim Rasieren geschnitten? Ist dir das schon oft passiert?“

Grässlich seufzte. „Ich habe China gefragt, ob sie mir helfen kann, damit mein Gesicht in einer Menschenmenge nicht mehr so auffällt. Ich habe diese Verkleidungen satt. Sie hat ein Fassaden-Tattoo vorgeschlagen. Das ist alles.“

„Was ist ein Fassaden-Tattoo?“, fragte Tanith.

„Das ist unwichtig.“

„Dann sag uns, was es ist, damit wir zu wichtigen Dingen übergehen können.“

„Es ist ein falsches Gesicht“, erklärte er und versuchte, seine Verlegenheit mit Ungeduld zu überspielen. „Sie hat zwei Symbole auf meine Schlüsselbeine tätowiert, und wenn sie geheilt sind, lassen sie mich – theoretisch – für kurze Zeit so aussehen, als sei ich normal.“

„Normal?“

„Keine Narben mehr.“

„Wow.“

„Wie gesagt, es ist nicht wichtig.“

„Wann kannst du es ausprobieren?“

„In ein paar Stunden. Vielleicht funktioniert es ja auch gar nicht, aber … Einen Versuch ist es wert. Jedenfalls besser, als immer einen Schal tragen zu müssen, wenn ich aus dem Haus gehe. Aber ich denke, wir sollten uns den aktuellen Fragen zuwenden. Chabons Flugzeug landet in einer Stunde, richtig?“

„Er wäre schon längst da, wenn ich ihn hätte abholen dürfen“, bemerkte Fletcher.

„Er traut uns nicht“, sagte Walküre. „Er kauft und verkauft, und die Leute, mit denen er seine Geschäfte macht, sind nicht alle so ehrlich wie wir.“

Fletcher zuckte mit den Schultern. „Ich hätte ihm einfach den Schädel abgeluchst und mich hierher zurückteleportiert.“

Walküre seufzte. „Haben wir das Geld?“

Tanith stieß mit dem Fuß gegen eine Sporttasche, die neben ihr auf dem Boden lag. „Jeweils ein bisschen was von unseren diversen Bankkonten. Gut, dass Leuten wie uns Geld nicht allzu viel bedeutet.“

„Keine Verallgemeinerungen“, brummte Fletcher.

Tanith runzelte die Stirn. „Du hast doch gar nichts dazugegeben.“

„Ich gebe meine Zeit, reicht das nicht?“, erwiderte Fletcher verschmitzt.

„Nicht, wenn du etwas kaufen willst.“

„Oh.“

Tanith wandte sich wieder Walküre zu. „Entspann dich, Walküre, okay? Wir haben an alles gedacht.“

„Skulduggery hat einmal gesagt, dass nur er an alles denken kann, dass er es aber nicht allzu oft tut, weil es dann keine Überraschungen mehr gibt.“

Tanith musste lächeln. „Dann haben wir an alles gedacht, an das wir vier denken können. Mehr fällt uns nicht ein. Es gibt absolut keinen Grund anzunehmen, dass es kein Kinderspiel wird. Wir treffen uns, übergeben das Geld, bekommen den Schädel dafür und sagen artig danke. Am Nachmittag teleportieren wir dann zur Aranmore-Farm und Fletcher öffnet das Portal. Wir gehen rein, schnappen uns Skulduggery und bringen ihn zurück. Kinderleicht.“

„Es sei denn, etwas läuft schief“, sagte Walküre.

„Ja, okay, es sei denn, etwas läuft ganz fürchterlich entsetzlich schief. Was normalerweise natürlich der Fall ist.“

BRING MIR DEN KOPF VON SKULDUGGERY PLEASANT

Chabon hatte für die Übergabe ein Café an der Duke Street ausgesucht. Walküre und Tanith saßen an einem Tisch mit Blick auf die Tür. Fletcher lümmelte beim Fenster, las einen Comic und trank Cola. Er bemühte sich nach Kräften, unauffällig auszusehen – kein einfaches Unterfangen bei der Frisur. Nur Grässlich fehlte. Es war zu schwierig, seine Narben längere Zeit vor den Augen der Öffentlichkeit zu verbergen.

Kurz nach Mittag betrat ein Mann mit einem Koffer das Café. Er entdeckte sie sofort und kam näher. Walküre hatte ihn sich ganz anders vorgestellt. Er trug legere Kleidung und noch nicht einmal einen bleistiftdünnen Oberlippenbart.

„Guten Tag zusammen“, sagte er und lächelte höflich. „Habt ihr das Geld?“

„Zeig uns den Schädel“, verlangte Walküre.

Chabon legte den Koffer auf den Tisch und klopfte mit der Hand darauf. „Ihr seht die Ware nicht, bevor ich nicht weiß, ob ihr das Geld habt. So läuft das. So funktionieren solche Sachen.“

Tanith hob die Sporttasche hoch und öffnete sie, damit Chabon einen Blick auf das Geld werfen konnte. Dann zog sie den Reißverschluss wieder zu und nahm die Tasche auf den Schoß.

Walküre wollte nach dem Koffer greifen, doch Chabon packte ihr Handgelenk.

„Du kannst es wohl nicht erwarten“, zischte er kühl. Er drehte ihr Handgelenk um und kniff die Augen zusammen, als er sah, was für einen Ring sie trug. „Du bist Totenbeschwörerin? Ich dachte, ihr Typen kämt mit fünfundzwanzig erst aus eurem Tempel gekrochen.“

Sie entzog ihm ihre Hand. „Ich mach’s nur nebenher. Jetzt bist du dran.“

Chabon legte die flache Hand auf den Koffer und das Schloss sprang auf. Er hob den Deckel so weit, dass Walküre und Tanith sehen konnten, was darin lag.

„Das ist der Mordschädel?“, fragte Tanith. „Bist du sicher?“

„Ganz sicher.“

„Wenn du uns anlügst …“, begann Walküre.

Chabon schüttelte den Kopf. „Droh mir nicht, Mädchen. Mir haben schon Profis gedroht. Ich hab dieses Gespräch mit eurem Vampir-Freund geführt und alles, was wir damals festgelegt haben, gilt auch heute noch. Solange ihr also nicht vorhabt, mich übers Ohr zu hauen, und dazu den Typ mit der bescheuerten Frisur mitgebracht habt, der dort am Fenster sitzt, würde ich vorschlagen, wir wickeln unser Geschäft ab und gehen unserer Wege, okay? Ich muss mein Flugzeug bekommen.“

Walküre sah Tanith an. Die legte die Sporttasche auf den Tisch. Chabon griff hinein und befühlte das Geld.

„Es ist alles drin“, sagte Tanith.

Einen Augenblick später nickte Chabon. „Stimmt.“ Er zog seine Hand heraus, stand auf, nahm die Sporttasche und wandte sich zum Gehen. Den Koffer ließ er auf dem Tisch liegen. „Es war mir ein Vergnügen“, verabschiedete er sich und sie schauten ihm nach, als er das Café verließ.

Fletcher kam herüber und Walküre hob den Deckel etwas an. Der Koffer war mit Stoff ausgeschlagen und wattiert, sodass der Schädel geschützt war. Walküre hatte plötzlich ein breites Lächeln auf dem Gesicht.

Sie hatten ihn. Sie hatten ihn und in wenigen Stunden würden sie durch das Portal gehen und Skulduggery zurückholen. Das war der Lohn für all die harte Arbeit der letzten Monate, und bevor der Tag zu Ende war, konnte ihr Leben neu beginnen. Sie schloss den Koffer.

„Ich will nur ganz sichergehen“, sagte sie und lief zur Tür. Sie trat auf die Straße und sah Chabon gerade noch um die Ecke biegen.

„He!“, brüllte sie und auf ihrem Gesicht spiegelte sich Wut.

Chabon drehte sich um. Wenn der Schädel wirklich der Mordschädel war, gab es keinen Grund für ihn, in Panik zu geraten. Wenn er es nicht war … Chabon geriet in Panik und rannte los.

„Es ist nicht der Richtige!“, rief sie den anderen zu und stürmte hinter Chabon her. Tanith und Fletcher hefteten sich an ihre Fersen.

Walküre stürzte sich in die Menge; es kostete sie alle Mühe, Chabon nicht aus den Augen zu verlieren. Sie sprang über den Münzenteller eines Straßenmusikanten hinweg und lief um einen mit Silberfarbe angemalten Mann herum. Chabon bog nach rechts in eine lange, breite Straße ab; die Sporttasche schwang wild hin und her.

Wäre die Straße leer gewesen, hätte Walküre eine Schattenliane um seinen Knöchel geschlungen und er wäre der Länge nach hingefallen. Doch ungefähr ein Dutzend Leute schlenderte an den Schaufenstern vorbei und direkt vor ihr bettelte eine Frau um Kleingeld. Aus dem Augenwinkel sah Walküre, wie Tanith in eine Nische sprang und die Hauswand hinauflief. Walküre jagte Chabon bis zur nächsten Straßenkreuzung. Er schaute nach oben und sah Tanith, die versuchte, ihm den Weg abzuschneiden. Er rannte einen alten Mann über den Haufen und lief ins Powerscourt Centre. Walküre bog in die Coppinger Row ab, die Straße, die seitlich an dem Einkaufszentrum vorbeiführte, und bewegte sich nun parallel zu ihm. Durch die Schaufenster sah sie, wie er sich im Slalom durch das voll besetzte Restaurant kämpfen musste, was sein Tempo drosselte.

Sie erreichte die South William Street, als Chabon aus dem Powerscourt Centre wankte. Er sah sie, fluchte und lief wieder los, durch den Castle Market und direkt in die alte viktorianische Markthalle mit der George’s Street Arcade hinein. Da wusste sie, dass er ausgespielt hatte. Jetzt gab es für ihn nicht mehr die geringste Chance zu entkommen.

Die Stände waren entlang der Längsachse der Halle aufgebaut, sodass die Käufer sich rechts und links davon bewegten. Es gab Stände mit Kleidern und Stände mit Schmuck und eine Wahrsagerin hinter einem roten Vorhang. Chabon wählte die linke Seite und stieß die Leute unsanft aus dem Weg. Er stolperte über einen Karton mit alten Taschenbüchern, Walküre legte einen Zahn zu, sprang und rammte ihm die Knie ins Kreuz. Er fiel der Länge nach hin und sie ignorierte die erschrockenen Blicke der Leute um sie herum. Als er nach der Tasche greifen wollte, die er verloren hatte, trat sie ihm mit voller Wucht auf die Hand. Er schrie auf, kickte um sich, und plötzlich wurden ihr die Beine weggerissen. Sie landete in dem Moment auf dem Boden, in dem er mit der Tasche in der unverletzten Hand aufstand. In letzter Sekunde packte sie einen der Henkel und ließ nicht mehr los.

Chabon erinnerte sich zu spät daran, dass sie nicht allein war. Tanith flog über Walküre hinweg und ihr Stiefelabsatz traf sein Brustbein. Es knackte und er stürzte und rollte ein paarmal herum, bevor er sich krümmte. Walküre stand auf, als Fletcher zu ihnen stieß. Er prustete und keuchte wie jemand, der schon seit einiger Zeit nirgendwo mehr hatte hinrennen müssen.

„Hier, bitte schön“, sagte sie und drückte ihm die Sporttasche in die Arme. Sie lächelte in die Menge. „Der böse Mann hier hat dem armen Jungen die Tasche geklaut.“

Fletcher blickte sie finster an, während die Menge applaudierte und Tanith Chabon auf die Beine stellte und wegführte. Walküre und Fletcher folgten.

„Das war unnötig“, schnaubte Fletcher.

„Wenn du schneller gewesen wärst“, sagte sie leise, „hättest du vielleicht der Held sein können – aber du warst nicht schneller, also bist du das unschuldige Opfer. Du wirst es überleben.“

Tanith führte Chabon so weit von dem Strom der Fußgänger weg, dass sie ungestört reden konnten. Sie drückte ihn mit dem Rücken gegen eine Wand. Er hatte die Hand auf die Brust gelegt; offenbar hatte er große Schmerzen.

„Wo ist der echte Mordschädel?“, fragt Walküre leise.

„Ich hab ihn euch gegeben“, versuchte Chabon es. Sie versetzte ihm einen leichten Schlag auf die Hand und er keuchte. „Okay! Ich hab ihn gehabt, ich schwör’s! Als ich am Telefon mit euch geredet habe, hatte ich ihn.“

„Und was hast du danach mit ihm gemacht?“

Chabon war ziemlich blass geworden. Er schwitzte vor Schmerzen. „Es gibt da … Also, in meiner Branche gibt es diese Regel. Wenn du etwas findest, für das jemand bereit ist, Geld hinzublättern, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass es noch jemanden gibt, der bereit ist, mehr dafür hinzublättern.“

„Du hast ihn öffentlich angeboten?“

„Ich wusste nicht, dass jemand so großes Interesse daran haben würde. Ich hab einfach hier und da was ins Gespräch einfließen lassen, und dann ist jemand gekommen, der mir ein besseres Angebot gemacht hat.“

„Wer?“

„Weiß ich nicht.“

Walküre ballte die Faust und bohrte sie in Chabons Hände. Tanith hatte Mühe, ihn auf den Beinen zu halten.

„Eine Frau“, keuchte er. „Ich habe sie vor einer Stunde getroffen. Sie hat mir dreimal so viel bezahlt. Ich hab nicht gedacht, dass ihr jemals dahinterkommen würdet. Es ist der Mordschädel. Was ist so Besonderes daran?“

„Wie hat die Frau ausgesehen?“, fragte Tanith.

„Dunkle Haare. Ziemlich hübsch. Durch und durch Geschäftsfrau.“

„Ein Name“, sagte Walküre, „eine Telefonnummer, Adresse, irgendwas.“

„Sie hat mich angerufen und ihre Nummer unterdrückt. Wir haben uns schon am Flughafen getroffen. Sie hatte das Geld dabei, da hab ich ihr den Schädel gegeben. Für euch hatte ich einen zweiten im Gepäck.“

„Du gibst uns jetzt besser mal einen brauchbaren Hinweis“, drohte Fletcher, „sonst teleportiere ich dich mitten in die Sahara und lass dich dort schmoren.“

Chabon sah ihn an, als versuchte er abzuwägen, ob die Drohung ernst zu nehmen war. Offenbar entschied er sich fürs Ernstnehmen. „Sie ist Amerikanerin – dem Akzent nach aus Boston. Und sie hat was mit den Augen – eines ist grün, das andere blau.“

„Heterochronima“, sagte Tanith. „Davina Marr.“

Walküre fuhr es in den Magen. Das irische Sanktuarium hatte Davina Marr als Oberste Detektivin eingestellt. Walküre war schon ein paarmal mit ihr aneinandergeraten und hatte sie als ehrgeizig, herablassend und gnadenlos kennengelernt.

„Wenn sie den Schädel gekauft hat“, knurrte sie grimmig, „hat Thurid Guild ihn inzwischen. Und der wird ihn wegschließen, um ganz sicher zu sein, dass Skulduggery auch wirklich nie mehr zurückkommt.“

„Und was machen wir jetzt?“, fragte Fletcher.

„Wir klauen ihn“, antwortete Walküre.

DER CLUB DER RÄCHER

Es regnete. Schon wieder.

Skarabäus mochte Irland nicht. Jedes große Unglück in seinem Leben hatte hier stattgefunden. Jede größere Niederlage. Er hatte seine Zeit zwar in einem amerikanischen Gefängnis abgesessen, doch verhaftet worden war er hier in Irland – und damals hatte es auch geregnet.

In dem Schloss war es kalt und es zog aus allen Löchern. Die meisten Türen waren vor Kurzem verbarrikadiert worden, sodass die Verliese und diverse andere unappetitliche Einrichtungen offiziell nicht mehr zu erreichen waren. Doch es existierten noch genügend Geheimgänge, die jedoch schwer zugänglich waren. Außerdem waren die sanitären Einrichtungen eine Katastrophe. Die Zelle, die zweihundert Jahre lang sein Zuhause gewesen war, hatte ihn am Leben erhalten, ihn ernährt, seinen Körper sauber gehalten und dafür gesorgt, dass seine Muskeln nicht verkümmerten. Zweihundert Jahre lang war es nicht einmal nötig gewesen, eine Toilette aufzusuchen. Was war mit den ganzen Exkrementen passiert? Gab es überhaupt Exkremente? Er wusste es nicht und es war niemand gekommen, der es ihm hätte sagen können.

Und jetzt plötzlich musste er essen und sich waschen und in beunruhigend kurzen Abständen zur Toilette gehen und die Spülung funktionierte nicht. Auf der Suche nach einer anderen Toilette hatte er sich schnell verirrt. Eine halbe Stunde lang war er in der Dunkelheit herumgetappt, bevor er wieder zu seinem Ausgangspunkt zurückgefunden hatte.

„Wo warst du?“, fragte Billy-Ray und kam auf ihn zugelaufen. „Sie sind da.“ Er verschwand im nächsten Raum.

Skarabäus schlurfte zur Tür und hörte, wie Billy-Ray ihre Gäste begrüßte. Skarabs Blase war immer noch voll, und er überlegte, ob wohl noch Zeit war, sich auf die Suche nach einer Topfpflanze oder so etwas zu machen. Nicht dass man an einem Ort wie diesem mit einer Topfpflanze rechnen konnte.

„Sie fragen sich sicher, weshalb ich Sie hierhergebeten habe“, hörte er Billy-Ray sagen. „Sie schauen sich den Typen an, der neben Ihnen sitzt, und fragen sich: ‚Hey, hab ich nicht einen Hass auf diesen Kerl? Wollte der Typ mich nicht schon mal umbringen?‘ Tatsache ist: Ja; sicher, wir haben im Lauf der Jahre wahrscheinlich alle mehrmals versucht, uns gegenseitig umzubringen. Aber wissen Sie was? Das haben jede Menge anderer Leute auch versucht. Und genau deshalb, Gentlemen, sind wir hier. Das ist das, was uns verbindet. Das ist unser gemeinsames Elend, das uns unser gemeinsames Ziel vorgibt. Ich habe hier jemanden, den ich Ihnen gerne vorstellen würde. Vielleicht haben Sie schon von ihm gehört. Er ist der Mann, der Esryn Vanguard getötet hat. Jungs, hier ist er, Clement Skarabäus, genannt Skarab, die Legende!“

Skarab straffte die Schultern und betrat mit betont festem, entschlossenem Schritt den Raum.

Vier Männer saßen am Tisch und Billy-Ray nahm gerade den fünften Platz ein. Skarab ging zum Tisch, setzte sich aber nicht. Er kannte jeden einzelnen der Männer, obwohl sie sich nie begegnet waren. Die Beschreibungen seines Sohnes waren mehr als treffend gewesen.

Remus Crux war der Ex-Detektiv des Sanktuariums, inzwischen ein durchgeknallter Irrer, der sich nicht mehr die Mühe machte, sich zu waschen. Laut Billy-Ray war er vor Kurzem zu den Gesichtslosen übergewechselt und hatte eine mörderische Fixierung auf dieses Mädchen namens Walküre Unruh entwickelt, nachdem diese mit dem Zepter der Urväter einige seiner Dunklen Götter getötet hatte. Skarab hatte die Existenz des Zepters immer für ein Märchen gehalten und sich nie wirklich die Zeit genommen, sich mit den Gesichtslosen zu befassen. Dennoch hatte er zugestimmt, dass Crux mit ins Boot geholt wurde. Einen Verrückten an Bord zu haben, stellte zwar ein Risiko dar, doch manchmal gab es eben nichts anderes als Risiken.

Der dunkelhaarige Mann neben Crux war blass und ganz in Schwarz gekleidet. Unruh, ein Mädchen, das sich immer mehr nach einer realen und ernst zu nehmenden Bedrohung anhörte, hatte Dusk mit Billy-Rays Rasiermesser eine Wunde im Gesicht zugefügt und ihn für sein ganzes restliches Leben gezeichnet. Vampire waren bekannt für ihren anhaltenden Groll. Dusk war eine weitere unberechenbare Größe, da ein Vampir mehr Tier als Mensch war. Doch wegen seiner körperlichen Kraft war er ein Posten, den man nicht unberücksichtigt lassen konnte.

Gegenüber von Dusk saß der selbst ernannte Schrecken von London, Springer-Jack. Er hatte seinen schlaksigen Körper auf dem Stuhl zusammengefaltet und ein Knie zur Brust hochgezogen. Sein Anzug war alt und zerschlissen und sein Zylinder saß gefährlich schräg auf seinem Kopf. Harte Fingernägel trommelten einen langsamen Rhythmus auf die Tischplatte. Skarab wusste nicht, mit welcher Art Monster er es hier zu tun hatte, er wusste nur, dass Jack England verlassen musste und überall in Europa gejagt wurde. Skarab mochte Menschen, die keine andere Zuflucht hatten. Auf solche Leute konnte er sich verlassen.

Über das vierte Mitglied dieser kleinen Gesellschaft, dieses Clubs der Rächer, wussten sie am wenigsten. Billy-Ray hatte Skarab darüber informiert, dass der Mann von sich behauptete, ein Killer zu sein, der seinesgleichen suchte, und dass er unter dem Skelett-Detektiv und seiner Partnerin gelitten hätte, doch mehr wussten sie nicht über den geheimnisvollen und mörderischen Vaurien Scapegrace.

Skarab stand am Kopfende des Tisches und bot alles auf, was er an Furcht einflößender Autorität aus sich herausholen konnte.

„Sie haben von den Dingen gehört, die ich getan habe“, sagte er. „Sie haben von den Leuten gehört, die ich umgebracht habe. Die meisten dieser Geschichten stimmen. Ich habe getötet und gelacht und wieder getötet, wie Sie alle. Meine Herren, wir sind eine aussterbende Rasse. In hundert Jahren werden Menschen wie wir aus dem Verkehr gezogen, noch bevor wir irgendetwas Schlimmes getan haben. Sie stecken uns ins Gefängnis wegen der Gedanken, die wir denken, und wegen der Gefühle, die wir empfinden. Wir sind die Letzten der wahrhaft Großen und wahrhaft Freien. Und genau das wollen sie uns nehmen. Mein Sohn hat von dem Band gesprochen, das uns verbindet, einem brennenden Verlangen, das in uns allen lodert. Wir sind freie Männer, und um frei zu sein, müssen wir die Bestimmungen und Gesetze ablehnen, die uns nicht entsprechen und nicht betreffen. Wir müssen gegen unsere Feinde ins Feld ziehen, sie zu Fall bringen und unter unseren Stiefeln zertreten.“

„Ich bin gekommen, weil ich neugierig bin“, meldete sich Dusk. Er sprach ruhig, ohne die Stimme zu heben und ohne eine Regung. „Weshalb sollte ich euch helfen?“

„Ich hab dich aus dem Gefängnis geholt, damit du herkommen kannst“, sagte Billy-Ray. „Dafür bist du mir was schuldig, Vampir.“

„Ich war Baron Vengeous etwas schuldig“, erwiderte Dusk. „Aber dir schulde ich gar nichts. Ich frage deshalb noch einmal – warum sollte ich euch helfen? Warum sollte ich irgendeinem von euch helfen? Außerdem glaube ich, dass man nicht jedem der Anwesenden trauen kann. An diesem Tisch sitzt immerhin jemand, der Walküre Unruh das Leben gerettet hat.“

Springer-Jack lächelte. Seine Zähne waren schmal und spitz und zahlreich. „Ich hab verhindert, dass ihr sie umbringt, weil ihr mich angelogen habt und ich das nicht gut fand. Außerdem fand ich euren Boss nicht gut. Die Chance, eure Pläne zu durchkreuzen, war deshalb zu willkommen, um sie nicht zu nutzen. Sag, spürst du die Tracht Prügel, die ich dir verpasst hab, immer noch?“

Dusk sah ihm in die Augen. „Sollten wir uns einmal auf neutralem Boden begegnen, würde ich blutiges Hackfleisch aus dir machen. Hier, zum Beispiel.“

„Es ist ja noch gar nicht dunkel.“ Jack grinste. „Bist du sicher, dass man dich so früh schon von der Leine lassen kann?“

Dusk warf sich über den Tisch und Jack stand lachend auf, um den Angriff zu parieren. Sie stürzten zu Boden und stießen dabei Scapegrace von seinem Stuhl. Sie schlugen Salti und rollten herum und gingen erneut zum Angriff über, wobei sie ein Knurren hören ließen, das tief aus ihrer Kehle kam.

„Aufhören!“, brüllte Skarabäus und die Handgreiflichkeiten hörten auf. Er redete weiter, bevor sie sich erneut aufeinanderstürzen konnten. „Wir bekämpfen uns gegenseitig? So soll die Sache laufen? Wir haben hier die Gelegenheit, die Welt in ihren Grundfesten zu erschüttern, und Sie wollen sich gegenseitig umbringen? Ich will Ihnen etwas sagen – und ich spreche aus Erfahrung: Da draußen laufen zu jeder Zeit Leute herum, die es eher verdient haben, umgebracht zu werden.

Dies ist unsere Gelegenheit, es unseren Feinden heimzuzahlen. Wir haben die Chance, erfolgreich zu sein, wo alle anderen gescheitert sind. Wir haben die gescheiterten Versuche gesehen. Wir haben gesehen, wo Leute wie Mevolent und Serpine einen Fehler gemacht haben, und wir haben aus diesen Fehlern gelernt.“

„Ich habe Walküre Unruh letzte Nacht fast umgebracht“, verkündete Crux.

Alle starrten ihn an.

„Du hast was?“, fragte Billy-Ray.

„Meine Hände“, sagte Crux, „um ihren Hals. Zugedrückt. Ich hab Angst in ihren Augen gesehen. Echte Angst. Hat nicht mehr viel gefehlt.“

Dusk wandte sich ihm zu. „Du weißt, wo sie wohnt?“

Crux nickte. „Kann jetzt allerdings nicht mehr hin. Hab eine Menge Magier gesehen, die die Stadtgrenzen mit Symbolen markiert haben. Da ist jetzt eine Barriere. Kann nicht mehr rein, ohne dass die Sensenträger es merken. Mag keine Sensenträger.“

„Warum hast du uns nichts gesagt?“, fauchte Billy-Ray. „Wir hätten hingehen können, sie uns schnappen, in Stücke reißen –“

„Ich bringe Unruh um“, sagte Crux und zeigte mit dem Finger auf sich selbst. „Ich. Nicht du, nicht der Vampir, nicht der Irre.“

Scapegrace runzelte die Stirn. „Wen meinst du mit dem Irren?“

„Sie hat die Dunklen Götter umgebracht“, fuhr Crux fort, „aber sie werden auferstehen.“

Skarab sah, wie in Billy-Ray und Dusk die Wut hochstieg. Er konnte mit seinem eigenen Wissen auf dem Gebiet der Magie diese magische Barriere überwinden, doch wenn er das tat, würde er die meisten Mitglieder seines Teams verlieren, noch bevor sie überhaupt zu seiner Mission aufgebrochen waren. Das durfte nicht sein. Er redete schnell, um die Situation zu beruhigen. „MrCrux, wenn Sie wollen, dass die Gesichtslosen zurückkehren, müssen Sie alles dafür vorbereiten. Und als Allererstes entledigen wir uns unserer Gegner. Und genau dafür haben wir einen Plan.“

Dusk wandte sich von Crux ab. „Du hast einen Plan?“

„Ja, es ist mein Plan“, erwiderte Skarab, „aber er gehört uns allen. Wir werden die Desolationsmaschine stehlen.“

Drei der Männer lächelten. Einer sah verwirrt drein.

„Was ist eine Desolationsmaschine?“, fragte Scapegrace.

„Eine Bombe“, erklärte Billy-Ray. „Es gibt keine große Explosion und auch keinen lauten Knall, nur die sofortige Zerstörung sämtlicher Dinge innerhalb ihrer Reichweite. Sie zerfallen alle zu Staub. Wir stehlen die Maschine und vernichten damit das Sanktuarium.“

Jetzt ergriff Skarabäus wieder das Wort. „Die anderen Sanktuarien rund um den Globus haben immer voller Neid auf Irland geschaut. Sie warten nur darauf, hier einfallen und das Kommando übernehmen zu können, alles Magische von diesem kleinen Würstchen von einem Land zu rauben und mit zu sich nach Hause zu nehmen. Wir werden dafür sorgen, dass ihr Wunsch erfüllt wird, und gleichzeitig bringen wir bei der Aktion ein paar unserer lästigsten Feinde um die Ecke.“

„Sie haben uns etliche Male eine Abfuhr erteilt“, sagte Billy-Ray. „Wir gelten nichts in ihren Augen, nichts im Vergleich zu Vengeous oder den ganzen Typen von der Diablerie. Wir sind nur die Aushilfskräfte. Aber denen werden wir das Fürchten lehren.“

„Sie bilden sich ein zu wissen, was kommt“, sagte Skarab. „Sie bilden sich ein zu wissen, was sie zu erwarten haben. Sie haben keine Ahnung!“

IM SANKTUARIUM

Skulduggery hatte Walküre einmal gesagt, dass die besten Pläne die einfachsten seien. Ihr Plan war nicht einfach, aber sie hatten keinen anderen und deshalb mussten sie ihn durchführen.

„Wir machen Folgendes“, sagte Walküre, während sie in Grässlichs Atelier auf und ab ging. „Wir gehen ins Sanktuarium und sagen, dass wir Guild sprechen wollen. Guild wird uns wie immer warten lassen, weil er nicht will, dass irgendetwas anders ist als sonst, bevor er nicht mit Sicherheit weiß, dass wir wissen, dass er den Schädel hat.“

Tanith, Grässlich und Fletcher sahen sie an und nickten.

„Er wird allerdings annehmen“, fuhr sie fort, „dass wir es wissen, und wird darauf warten, dass wir den ersten Zug machen. Fletcher wird nicht bei uns sein, weshalb Guild vermuten wird, dass er sich bereits hineinteleportiert hat.“

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