So findest du innere Stabilität - Maja Günther - E-Book

So findest du innere Stabilität E-Book

Maja Günther

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Beschreibung

In einer Welt, deren Krisen sich immer mehr auf den Alltag von jeder und jedem einzelnen von uns durchschlagen, ist die psychische Stabilität ein hoch aktuelles Thema, das die Gemütslage von Millionen von Menschen berührt. Wie gelingt es mir innerlich stabil zu bleiben und resilient den immer neuen Belastungen von außen zu widerstehen. Wie kann ich innerlich und äußerlich die Balance finden, zwischen meinen eigenen Bedürfnissen sowie den Anforderungen und Erwartungen, die an mich gestellt werden? Wie kann ich mich auf das Gute im Leben konzentrieren? Die Bestsellerautorin und erfahrene Therapeutin Maja Günther erklärt in ihrem wissenschaftlich fundierten Praxisratgeber an einfachen Beispielen, wie du deine innere Stabilität wiederfindest und sie gibt dir vielen Übungen und Impulse an die Hand, mit deren Hilfe du sie auch erhalten kannst.

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Seitenzahl: 197

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Maja Günther

So findest duinnereStabilität

Wie es dir gelingt, seelische Widerstandskraft aufzubauen und nie mehr zu verlieren

mit Beiträgen von Christa Diegelmann und Margarete Isermann, Andrea Sterr, Ingeborg Warnke und Doris Wolf

PAL Verlagsgesellschaft mbH

Seit über 35 Jahren der Verlag für praktisch anwendbare

Lebenshilfen aus der Hand erfahrener Psychotherapeut*innen und Coaches.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek.

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie, abrufbar im Internet über http://dnb.d-nb.de

© PAL Verlagsgesellschaft mbH, München

www.palverlag.de

ISBN 978-3-910253-03-2

eISBN 978-3-910253-50-6

1. Auflage 2022

Alle Rechte vorbehalten

Dieser Ratgeber gibt Hilfestellungen und Impulse, ersetzt jedoch keine therapeutische Behandlung. Die Ratschläge dieses Buches sind von Autorinnen und Verlag sorgfältig geprüft. Autorinnen und Verlag können jedoch keine Garantie auf die Wirkweise geben und schließen jede Haftung für Personen-, Sach- und Vermögensschäden aus.

Beiträge von Christa Diegelmann und Margarete Iserman mit freundlicher Genehmigung des ID Instituts für innovative Gesundheitskonzepte https://www.idinstitut.de/aktuelles.php

Redaktion und Lektorat: Melanie Haizmann

Korrektur: Alexander Eß

Covergestaltung: Karin Etzold

Coverabbildung: © Adobe Stock, lovelyday12

Abbildungen Innenteil: © prezent, Lifeking, Ali, Sell Vector, GarkushaArt - stock.adobe.com

Foto der Autorin (c) Peter von Felbert

Satz: Grafik + Druck digital K.P. GmbH, München

Druck: Grafik + Druck digital K.P. GmbH, München

Inhalt

Vorwort

Einleitung: Ein Gespräch mit der Psychotherapeutin Dr. Andrea Sterr

Der Tanz des Lebens

Was bringt uns aus dem Takt?

Innere Stabilität und Resilienz

Sehen wir alles negativ?

Finde deine Stabilität

Kraft kann durch Krisen entstehen

Kraftquellen

Deine Ressourcencheckliste

Alltag in der Krise

Exkurs: Humor als Ressource

Dein eigener Rhythmus

Selbstachtung und Selbstvertrauen

Finde heraus, was du brauchst

Exkurs: Innere Helfer

Entdecke deine Einzigartigkeit

Innere Stärke

Du bist du

Zeige, wer du bist

Die Erwartungen anderer

Wie stehst du im Leben?

Einstellungen sind beweglich

Eine klare Haltung braucht Raum

Höre auf die Musik

Ein Lächeln auf den Lippen

Wofür bist du dankbar?

Wie Achtsamkeit dein Leben bereichern kann

Dein Bild vom Leben entscheidet, wie du das Leben empfindest

Bleib zufrieden und positiv

Im Takt bleiben

Stabilität durch Gewohnheiten

Kleine Schritte, große Wirkung

Gewohnheiten, die glücklich machen

Schlusswort

Über die beitragenden Autorinnen

Leseprobe „Durch die Krise begleiten“

Wenn wiran unsere Stärken glauben,werden wir täglichstärker.

– Mahatma Gandhi –

Vorwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

wir leben in Zeiten des Wandels – einige sagen sogar, die Welt wäre ins Wanken geraten. Pandemie und Krieg, gesellschaftliche Herausforderungen, persönliche Hürden und Weltschmerz, über allem schwebt die Klimakrise – gerade gehen Gewissheiten verloren oder müssen hinterfragt werden, Zukünftiges ist weniger berechenbar als es einmal schien. Das alles führt im alltäglichen Leben zu einem hauchdünnen Nervenkostüm, einem generellen Überforderungsgefühl und einer gereizten Stimmung. Veränderungen schaffen Unsicherheiten – das spüren wir jeden Tag.

Viele von uns haben gerade das Gefühl, die Kontrolle zu verlieren. Wir scheinen den äußeren Gegebenheiten ausgeliefert zu sein und können nur noch reagieren – Angst und Ohnmacht, Schuldgefühle und Wut, Sorgen und Ängste begleiten uns. In Zeiten, in denen das Gewohnte keinen Bestand mehr hat und uns der Boden unter den Füßen weggezogen wird, sind wir besonders herausgefordert, flexibel und anpassungsfähig zu reagieren. Jetzt zeigt sich, wie stabil wir innerlich sind.

Es mag wie ein Luxusproblem wirken, wenn wir uns angesichts der großen Krisen um uns erstmal um uns selbst kümmern wollen. Aber was passiert, wenn wir die innere Stabilität verloren haben? Dann sind wir besonders dünnhäutig und energielos. Das Gedankenkarussell dreht sich Tag und Nacht, begleitet von einem stetigen Gefühl der Überforderung. Uns fehlt schlichtweg die Motivation, den Alltag mit Leichtigkeit zu nehmen. Wenn wir innerlich nicht stabil sind, fehlt uns die Basis. Wie sollen wir in diesem Zustand den Herausforderungen des Lebens begegnen können?

Wichtig ist nun vor allem anzuerkennen: Instabile Phasen sind normal und angesichts der Herausforderungen des Lebens nur allzu menschlich. Gerade jetzt dürfen wir nicht allzu streng mit uns selbst sein – die Welt um uns herum ist schon ungnädig genug. Trotzdem ist es kein angenehmes Gefühl, die eigene Mitte verloren zu haben.

Die gute Nachricht jedoch ist, dass wir diesem Zustand nicht hilflos ausgeliefert sind. Es gibt Strategien und Wege, unsere innere Stabilität wiederzufinden und zu festigen. Wir können etwas tun, um auch angesichts der kommenden Krisen Glück zu empfinden, stabil zu sein und bei uns selbst zu bleiben: Wir können uns auf uns selbst und das, was wir gut können, besinnen. Wir können gut und sorgsam mit uns umgehen und Rituale finden, die uns Halt von außen geben, wenn er uns innerlich fehlt. Entdecke mit uns gemeinsam die Möglichkeiten, Kraft und Halt zu finden.

Mit dem Lesen dieses Buches machst du einen wichtigen ersten Schritt hin zu mehr innerer Stabilität. Ich würde mich freuen, wenn die Informationen, Anregungen, Hilfestellungen und Übungen dir helfen, deine Balance zu finden, mit der nicht nur gut im Leben stehen, sondern auch durchs Leben gehen, ja im besten Fall schwungvoll tanzen kannst.

Deine

Maja Günther

Einleitung:Ein Gespräch mit der Psychotherapeutin Dr. Andrea Sterr

Für einen praktischen und lebensnahen Einstieg in diesen Ratgeber habe ich mit der erfahrenen Psychiaterin und Psychotherapeutin Dr. Andrea Sterr über das vielschichtige Thema innere Stabilität gesprochen.

Maja Günther

In den letzten Jahren, die von Pandemien und Kriegen, Energie- und Wirtschaftskrisen beherrscht werden, sind viele Menschen emotional angegriffen. Das merke ich auch in meinen Beratungen. Viele meiner Klientinnen und Klienten bringen eine seelische Grundbelastung mit, die sie leichter aus ihrem inneren Gleichgewicht bringt. Brauchen wir Menschen heute mehr denn je innere Stabilität?

Dr. Andrea Sterr

Ja, denn abgesehen von den aktuellen Krisen, ist unser heutiges Leben auch an sich schon stressig genug. Alles läuft in einem hohen Tempo und will sehr schnell bearbeitet werden, es gibt eine Menge Anforderungen, die uns tagtäglich erwarten und oftmals haben viele Menschen selbst den Anspruch, perfekt funktionieren und sein zu müssen.

Das bedeutet also: Nur wenn wir stabil sind, können wir dem Druck in der Arbeit und dem Privatleben, in der Familie und in Beziehungen positiv begegnen. Denn das Leben stellt uns ja andauernd vor neue Herausforderungen und richtet sich mit all den Krisen nicht nach unserem aktuellen Befinden und unseren Bedürfnissen. Es wartet nicht darauf, bis wir eine Herausforderung gemeistert haben und bereit und ausgeruht sind für die nächste. Die Frage ist daher: Was ist das Geheimnis von Menschen, die innerlich stabil sind?

Maja Günther

Da habe ich immer gleich das Bild von einem Menschen mit roten Apfelbäckchen vor Augen, der rundum gesund ist und aufrecht durchs Leben geht. Er ist fröhlich und unbeschwert. Er schläft nachts gut und ernährt sich auch ausgewogen und bewegt sich ausreichend. Er hat beruflich und privat ein abwechslungsreiches Leben. Das bedeutet nicht, dass er keine Schicksalsschläge oder persönlichen Niederlagen erlebt, aber er verfügt über ein gesundes Selbstwertgefühl, eine positive Einstellung sich selbst gegenüber und besitzt eine optimistische Grundhaltung.

Dr. Andrea Sterr

Für mich ist dieser Mensch auch immer eingebettet in Beziehungen, in einem Freundeskreis, in Familie und Partnerschaft. So bekommt er von seinem Umfeld die Sicherheit, in schwierigen Situationen unterstützt zu werden. Ein weiterer wichtiger Punkt ist auch das Gefühl, über sein Leben bestimmen zu können, es selbst gestalten zu können. Was dagegen die innere Stabilität beeinträchtigt, ist das Gefühl, der Situation ausgeliefert zu sein, anstatt die Kontrolle darüber zu besitzen. Ein Gefühl, bestimmt und kontrolliert zu werden.

Maja Günther

Wer innerlich stabil ist, weiß, was er braucht. Und er tut das, was seinen inneren Werten entspricht. Wenn beispielsweise jemand den Trubel eher scheut und dagegen die Natur liebt, dann wird er eher nicht in der Stadt wohnen, sondern auf dem Land.

Dr. Andrea Sterr

Dort zu leben, wo uns die Umgebung entspricht, mag vielleicht banal klingen, aber gerade das verankert uns in der Stabilität und gibt uns Halt in den Wogen äußerer Belastungen.

Maja Günther

Aber was passiert, wenn uns die innere Stabilität abhanden kommt, wenn wir emotional zu schwanken beginnen? Jeder von uns kennt das: Es gibt diese Zeiten, in denen uns schnell etwas zu viel ist, wir in Ruhe gelassen werden wollen, wir uns leicht angegriffen fühlen, ein eigentlich undramatisches Ereignis uns plötzlich traurig fühlen lässt oder wir uns häufig streiten, auch ohne großen Anlass.

Dr. Andrea Sterr

Erstmal sind das einfach nur starke emotionale Reaktionen. Doch natürlich können sie Anzeichen dafür sein, dass wir unsere innere Balance verlieren. Verbunden damit ist leider auch, dass wir dann in allem das Negative sehen und uns Gefühle wie Ängste oder Sorgen begleiten und wir befürchten: „Ich schaffe das alles nicht mehr!“ Diese Einstellung raubt uns die Energie, aktiv unser Leben zu gestalten. Dann schieben wir alles vor uns her, bis es immer mehr wird und wir in einen Teufelskreis aus Druck und Ängsten geraten.

Maja Günther

Am Ende sind wir sauer auf uns selbst. Wir werten uns selbst ab, meist mit generellen Verurteilungen. „Ich bin so eine Versagerin oder ein Versager!“, ist so ein typischer Satz, den ich immer wieder in meinen therapeutischen und Coachingsitzungen höre.

Dr. Andrea Sterr

Mit diesen Sätzen meldet sich unser innerer Kritiker immer öfter und immer lauter zu Wort – immer dann, wenn uns Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen abhanden kommen. Und er ist es auch, der unseren Blick auf all das trübt, was noch in der Zukunft auf uns zukommen wird. Wir denken dann: „Das wird schwer zu schaffen sein und wahrscheinlich schiefgehen.“

Maja Günther

Was können wir tun, um die innere Unsicherheit zu vermeiden oder um aus diesem Zustand wieder herauszufinden? Ich denke, die gute Nachricht ist zunächst: Wir können etwas tun. Wir selbst haben es zu jeder Zeit in der Hand, etwas an unserer seelischen Situation zu verändern. Und das Leben hilft uns dabei – insofern, als dass es auch einer ständigen Veränderung unterliegt.

Dr. Andrea Sterr

Dieser Aspekt ist maßgebend. Denn jeder neue Tag, jede neue Situation gibt uns die Chance für einen Neustart. Und der beginnt damit, uns auf unsere inneren Ressourcen zu konzentrieren. Wir können uns ganz konkret überlegen: „Was kann ich denn gut? Was macht mir Freude? Was macht mir Spaß? Wie kann ich das in dieser Situation einsetzen?“ Oder auch: „Was habe ich in meinem Leben schon alles geschafft und wie habe ich eine vergleichbare schwierige Situation – eine Herausforderung, ein Problem, eine Krise etc. – bewältigt? Was hat mir dabei geholfen?“

Maja Günther

Die Rückschau ins eigene Leben, ist eine schöne Übung, die ich oft meinen Klientinnen und Klienten empfehle. Ich bitte sie, Stift und Zettel zur Hand zu nehmen und wie eine Chronistin oder ein Chronist alles zu notieren und aufzulisten: wann sie eine Krise bewältigt haben, wie ihnen das gelungen ist und was sie dazu gebraucht haben. Der Effekt ist enorm: Viele sind verblüfft, an wie viele gute Geschichten über sich selbst sie sich plötzlich erinnern können und wie oft sie schon Lösungswege gefunden haben. Und sie stellen fest, was ihnen dabei geholfen hat, welche Unterstützung sie sich geholt haben. Dieses Bewusstsein hilft ihnen zu erkennen, was sie jetzt brauchen.

Dr. Andrea Sterr

Beim Aufschreiben und sich Erinnern entwickeln wir auch das Gefühl, ins Tun zu kommen und nicht den Umständen ausgeliefert oder abhängig von anderen Menschen zu sein. Aktiv zu werden, auch in kleinen Schritten, erzeugt innere Stabilität. Und diese kleinen Schritte können wir dann auch verstärken, indem wir uns dafür kleine Belohnungen gönnen.

Ganz konkret könnten wir uns also in einer Situation, in der wir uns innerlich nicht stabil fühlen, überlegen: „Wie habe ich heute Nacht geschlafen? Was habe ich geträumt? Waren meine Träume schön oder schlimm? Wie fühlt sich jetzt, nach dem Aufwachen mein Körper an? Kribbeln meine Füße? Fühlen sie sich kalt an oder warm? Wie fühlen sich die Beine an usw.?“ So können wir uns erstmal Stück für Stück über den Zustand unseres Körpers bewusst werden, bevor wir uns fragen, wie es uns insgesamt geht. Fühlt sich unser Körper gut an, gibt uns das ein besseres Gesamtgefühl? Zieht und zwickt es dagegen, können wir uns ganz konkret überlegen, wie wir uns körperlich Gutes tun können, etwa durch eine warme (oder auch kalte) Dusche oder ein leckeres Frühstück mit einer Tasse Tee oder einem Cappuccino. Wir können an die frische Luft gehen, joggen oder eine Yoga-Übung machen. Die Zeit, die wir uns dafür nehmen, ist nie vergeudet, im Gegenteil. Oft sind wir viel produktiver, entspannter und offener, wenn wir uns zunächst mit unserem körperlichen, geistigen und seelischen Zustand auseinandersetzen, uns um unser Wohlbefinden kümmern und bei uns gelandet sind. Das gilt vor allem in Phasen, in denen wir unter Druck stehen.

Maja Günther

Dieser Zustands-Check ist ebenso wichtig in Beziehungen zu Menschen, die uns Halt und Kraft geben. Ich kenne das auch von mir persönlich: Ich mache mit meinen Freundinnen und Freunden ganz unterschiedliche Dinge, aber bei Weitem nicht alles mit jeder oder jedem. Zum Beispiel habe ich eine Freundin, mit der ich gerne in die Berge gehe und wandere, eine andere wiederum würden keine zehn Pferde auf eine Bergwanderung bringen. Sie geht dafür gerne mit ins Café oder Kino. Und so überlege ich mir, was und auch wer heute für mich passt und mich bestärkt. Ich entscheide das für mich. Dazu gehört sogar, dass ich mich nicht verurteile, wenn ich eine geplante Aktion mit der gewünschten Person wieder absagen muss, weil es für mich dann doch nicht passt.

Dr. Andrea Sterr

Die Devise ist eh, dass wir nicht zu streng mit uns selbst sind. Die Welt ist schon streng genug. Statt diese Strenge zu verinnerlichen, ist es wirkungsvoller, uns mit Nachsicht und Rücksicht zu begegnen.

Maja Günther

Was uns guttut, uns stärkt und in Balance bringt, ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Das zeigt schon die Zwillingsforschung: Die Bedürfnisse von den meisten Zwillingen weltweit gehen schon im Säuglingsalter auseinander. Abgesehen davon, können wir aber feststellen: Entscheidend für den Aufbau von innerer Stabilität ist es, aktiv zu werden und etwas zu tun, bei dem wir uns selbst in unserer Umwelt spüren können, das uns erdet und zu uns kommen lässt.

Dr. Andrea Sterr

Und das in einer Haltung, dass wir uns anderen zumuten dürfen, selbst wenn es uns gerade nicht so gut geht. Denn das bedeutet, dass wir es anderen auch zutrauen, mit uns umgehen zu können, obwohl sie um unseren instabilen Zustand wissen. Es ist in Ordnung, denn jede und jeder kennt diesen Zustand ja auch von sich selbst.

Verbunden sein mit sich und der Welt, das macht uns innerlich stabil, offen und flexibel. Wie du das erreichst, erfährst du in den folgenden Kapiteln dieses Ratgebers.

Der Tanz des Lebens

Es ist besser, durchs Leben zu tanzen, als zu marschieren.

Yoko Ono

Leben ist Tanzen. Denn egal, ob Tanzbär oder Ballerina: Wir alle bewegen uns durch den Tanzsaal des Lebens. Mal ist die Musik schnell, und wir kommen außer Atmen, mal wiegen wir uns eher im Walzerschritt durch die Tage – und manchmal wird uns vor lauter Drehen wirklich schwindelig. Wie wir damit umgehen, kommt auf unsere Grundhaltung an: Stabil und gleichzeitig flexibel muss sie sein, damit wir auf all das, was im Leben geschieht, souverän reagieren können. Denn ändern sich die äußeren Umstände, die Musik oder die Tanzpartner, können wir uns mit der richtigen Grundhaltung wunderbar anpassen, aber trotzdem in unserer Schrittfolge bleiben. Die richtige Basis – eine innere Stabilität – verankert uns auf der einen Seite fest in uns selbst, schenkt uns aber auf der anderen Seite auch die nötige Geschmeidigkeit.

Was bringt uns aus dem Takt?

Egal, ob wir lieber Freestyle oder Standard tanzen: Manchmal kommen wir aus dem Takt. Die Gründe dafür können ganz unterschiedlich sein. Innere oder äußere Krisen lassen uns die Schritte vergessen oder die Musik schlechter hören, lenken uns ab oder lähmen uns schlimmstenfalls sogar. Dann geraten wir aus dem Takt, straucheln und stolpern, drohen sogar zu fallen, kommen aus der Balance. Vielleicht verlieren wir auch einfach die Lust am Tanzen, weil uns die Musik gerade nicht gefällt.

Ursachen, aus dem Takt zu geraten, gibt es viele: Abhängigkeiten von anderen Menschen, Depression oder Burnout, schlechte Gedanken oder negative Nachrichten. Es müssen aber nicht immer die großen Krisen sein, die uns aus dem Takt bringen. Manchmal ist es auch einfach der übervolle Alltag, das Hetzen durch den Tag, die Mental Load rund um Familien- und Haushaltsorganisation. Unser Alltag ist angefüllt mit vielen Pflichten, die unsere Energie brauchen, sie uns vielleicht sogar rauben und uns auslaugen. Manchmal ist das Leben so laut, dass wir die Musik gar nicht mehr hören können. Wir verlieren die Leichtigkeit, die wir vielleicht noch als Kinder spüren konnten. Hinzu kommen dann alltägliche Sorgen, eine ständige Anspannung, vielleicht sogar ein diffuses Gefühl, dass etwas nicht so richtig läuft. Auf lange Sicht geht das an die Substanz. Kleinigkeiten, die wir einzeln sehr gut wegstecken können, summieren sich zu einem großen Rauschen, das alles andere übertönt.

Woran merkst du, dass dein Leben aus dem Takt geraten ist? Vielleicht findest du dich in folgenden Aussagen wieder:

Ich kann nicht mehr genießen.

Ich grübele viel oder mache mir negative Gedanken.

Ich habe keine Freude mehr an Dingen, die mir früher Spaß bereitet haben.

Ich habe keine Lust, etwas zu unternehmen.

Mir ist vieles ganz einfach egal.

Ich bin müde und erschöpft.

Kleine Konflikte und große Krisen oder traumatische Situationen sind Erfahrungen, die alle Menschen im Laufe ihres Lebens machen. Der Alltag mit seinen ständigen Herausforderungen verlangt vielen von uns einiges ab – und wir gehen mit diesen Herausforderungen ganz unterschiedlich um. Jeder und jede von uns entwickelt andere Strategien. Den Umgang mit kleinen Belastungen und Konflikten sowie den großen Krisen speichern wir in einer Art „Krisengedächtnis“ ab, auf das wir im weiteren Verlauf unseres Lebens zurückgreifen können. Aktuelles Geschehen wird immer ganz automatisch mit der Vergangenheit abgeglichen.

Mit der Zeit entstehen so bestimmte Handlungsmuster, die unser Gehirn als „erfolgreich“ abgespeichert hat. Auf diese Weise werden wir durch unsere ganz persönlichen Erfahrungen zu einem Individuum – jede Situation, die wir erleben, prägt uns für unser weiteres Leben. Dabei kann sich unsere Persönlichkeit im Laufe der Jahre ganz unterschiedlich entwickeln: Während bei den einen eine bestimmte Situation zu einer vollkommenen Neubewertung des eigenen Verhaltens und Handelns führt, fühlt sich eine andere Person ganz und gar in ihren vergangenen Erfahrungen bestärkt und bleibt auf dem eingeschlagenen Pfad. Jeder Mensch geht mit schwierigen Situationen, Lebenskrisen und Belastungsphasen unterschiedlich um.

Wichtig dabei aber für uns alle eine psychische Balance, eine innere Stabilität, die uns durch diese Phasen tragen kann. Stell dir diese Stabilität vor wie dein Rückgrat beim Tanzen: Es hält dich aufrecht und ermöglicht dir, dich ganz flexibel an die Gegebenheiten der Musik anzupassen – allerdings nur, wenn du dich gut darum kümmerst, Muskeln aufbaust und dehnst. Genauso ist es, wenn belastende Situationen auftreten: Nur wenn du dich in einem stabilen seelischen Gleichgewicht befindest, kannst du auf diese Probleme gut reagieren.

Innere Stabilität und Resilienz

Diese beschriebene innere Stabilität ist auch Voraussetzung für eine Fähigkeit, die gerade in aktuellen Zeiten für uns sehr wichtig ist. Hast du dich schon mal gefragt, wie es manche Menschen schaffen, sich auch von widrigen Lebensumständen, Lebenskrisen und Schicksalsschlägen nicht unterkriegen zu lassen? Statt den Kopf in den Sand zu stecken, können sie kreativ und flexibel in Krisen reagieren, in denen andere sich hilflos fühlen. Belastungen erleben resiliente Menschen eher als Herausforderung denn als Problem oder unlösbare Krise. Sie erholen sich schneller von Fehlschlägen und Niederlagen als Menschen, die über eine geringe Resilienz verfügen.

Das heißt nicht, dass resiliente Menschen unverwundbar sind und keine Phasen der Verzweiflung durchmachen. Resiliente Menschen sind nicht immer gut drauf, und auch sie leiden, wenn sie mit unerwarteten Schicksalsschlägen kämpfen müssen. Sie besinnen sich jedoch nach einer gewissen Zeit wieder auf ihre Stärken und ihre Fähigkeit, mit traumatischen Erlebnissen und Schicksalsschlägen fertig zu werden. Sie bleiben auch in Krisenzeiten seelisch und körperlich gesund.

Menschen mit einer guten inneren Widerstandsfähigkeit verfügen über bestimmte Eigenschaften, um mit Schicksalsschlägen fertig zu werden. Dazu zählen:

•eine akzeptierende Haltung gegenüber dem, was passiert; eine unabänderliche Situation annehmen können

•eine zuversichtliche und optimistische Haltung gegenüber der Zukunft und dem Problem, nach dem Motto: Das Leben geht weiter. Es werden wieder bessere Tage kommen. Ich kann mit dem, was mir widerfährt, fertig werden und darüber hinwegkommen.

•die Überzeugung, Einfluss nehmen zu können, etwas tun zu können, um die Lebenskrise zu meistern und die eigene Lage zu verbessern

•die Bereitschaft, Verantwortung für sich und sein Leben zu übernehmen

•sich nicht als Opfer sehen, sondern aktiv werden; sich fragen: Was könnte ich tun, um damit fertig zu werden?

•die Bereitschaft, Hilfe zu suchen und anzunehmen

Die gute Nachricht ist: Das alles kannst du lernen – und zwar zu jedem Zeitpunkt in deinem Leben. Wir alle können lernen, schwierige Situationen aus eigener Kraft zu meistern, Krisen als Wendepunkt zu verstehen. Der beste Zeitpunkt: Jetzt! Egal, ob du dich gerade am Tiefpunkt einer Krise befindest oder dir einfach für den Alltag mehr Stabilität und innere Ruhe wünschst, du kannst zu jedem Zeitpunkt deines Lebens damit beginnen. Stärkst du deine eigene innere Stabilität, so schaffst du die besten Voraussetzungen, auf die nächste Krise resilienter reagieren zu können.

Sehen wir alles negativ?

Wahrscheinlich wirst du feststellen, dass eine positive Sichtweise gar nicht so einfach ist. Das geht nicht nur dir so, sondern allen Menschen – denn wir sind evolutionär darauf programmiert, negativen Gedanken mehr Aufmerksamkeit zu schenken als positiven. Dieser psychologische Effekt heißt „Negativity Bias“, am treffendsten übersetzt mit Negativ-Tendenz, und beschreibt, dass und warum sich negative Gefühle, Gedanken oder Erlebnisse in unseren Köpfen, unserer Wahrnehmung und unserer Erinnerung weitaus stärker einprägen und auswirken als neutrale oder positive. Wir Menschen neigen dazu, unsere Aufmerksamkeit eher auf negativ erscheinende und negativ bewertete Ereignisse zu richten – denk nur an die Berichterstattung in den Nachrichten.

Das Problem dabei ist: Die ebenso vorhandenen positiven oder neutralen Ereignisse fallen in unserer Wahrnehmung und Erinnerung viel leichter unter den Tisch. In der Evolution war das sehr sinnvoll: Für die Menschen der Steinzeit war es nicht nur von Vorteil, sondern auch überlebenswichtig, sich an schlechte Erfahrungen zu erinnern und sich besonders gut zu merken, was gefährlich oder lebensbedrohlich war: Welche Früchte sind giftig und nicht essbar? Wo liegen viele Raubtiere auf der Lauer und können mir und meiner Sippe gefährlich werden? Wo ist der Fluss besonders reißend und kann mich mitziehen und ertrinken lassen? Dieses evolutionäre Erbe bestimmt unsere Psyche bis heute, nur bringt es uns längst keinen Vorteil mehr und schützt auch nicht mehr unser Leben. Im Gegenteil, „Negativity Bias“ führt schlichtweg zu einer negativen Verzerrung unserer Realität. Salopp gesagt, sehen wir überall Gefahren und Bedrohungen und nur selten Chancen und Möglichkeiten, Schönes und Gutes. Was dagegen hilft, ist dem „Negativity Bias“ ganz bewusst und regelmäßig positive Erlebnisse und Erfahrungen entgegenzusetzen, zu üben, die schönen und glücklichen Momente im Leben wahrzunehmen und sich an sie zu erinnern. Das gelingt uns, ihnen im Alltag mit mehr Achtsamkeit begegnen und sie in unseren Gedanken manifestieren. Denn auch im noch so stressigen oder abgelebten Alltag gibt es sie, diese kleinen Momente, die das Leben wunderbar und aufregend machen.

Finde deine Stabilität

Kraft kann durch Krisen entstehen

Krisen, Belastungssituationen, psychische Probleme, Konflikte oder auch Schicksalsschläge haben die Kraft, uns aus der Bahn zu werfen, sie sind Ausnahmezustände und bringen uns ins Wanken, aus dem Takt. Das Gewohnte greift nicht mehr. Wir brauchen etwas Neues, eine andere Lösungsstrategie. Die damit verbundene Angst engt aber die Wahrnehmung tendenziell ein, und daher sind wir automatisch eher engstirnig als weitsichtig. Wir fallen zurück auf Notfall-Reaktionen. Es sei denn, wir trauen uns etwas zu.

Damit wir aber in der Lage sind, uns etwas zuzutrauen, brauchen wir Herausforderungen und krisenhafte Situationen. Nur so können wir Kompetenz zur Lösung zukünftiger Probleme entwickeln. Zunächst aber erschüttert jede richtige Krise erst einmal das bisherige Selbst- und Weltbild, besonders wenn bedeutsame Lebensziele bedroht sind. Gewohnte Bewältigungsstrategien funktionieren dann nicht mehr, es entstehen Gefühle von Angst und Hilflosigkeit mit den dazugehörigen Stresssypmtomen. Wir können nicht mehr klar denken, wichtige kognitive Funktionen sind blockiert und die Wahrnehmung eingeengt.