So verboten sexy! - Brenda Jackson - E-Book

So verboten sexy! E-Book

BRENDA JACKSON

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Beschreibung

Gavin Blake traut seinen Augen nicht: Diese umwerfende Frau soll die Professorin sein, die auf seinem Grundstück nach einem verborgenen Schatz suchen will? Er glaubt zwar nicht an die Geschichte, aber er ist hingerissen von der schönen Wissenschaftlerin und erlaubt ihr, auf seinem Land zu graben. Dabei stößt sie auf ein dunkles Geheimnis aus der Vergangenheit und gerät deshalb in große Gefahr. Gavin ist entschlossen, sie zu beschützen - obwohl ihre Entdeckung seine Welt aus den Angeln hebt …

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Seitenzahl: 196

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IMPRESSUM

BACCARA erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Thomas BeckmannRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2016 by Brenda Streater Jackson Originaltitel: „The Rancher Returns“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto in der Reihe: DESIRE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BACCARABand 1986 - 2017 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg Übersetzung: Peter Müller

Abbildungen: Harlequin Books S. A., alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 07/2017 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733723828

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY

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PROLOG

„He, Viper, dein Handy hat oben geklingelt.“

Gavin Blake, den seine Kameraden bei den Navy SEALs nur Viper nannten, nickte und stellte seinen Kaffeebecher ab. Er verließ den Gemeinschaftsraum und machte sich auf den Weg zu seiner Stube. Noch immer taten ihm alle Knochen weh. Der letzte Geheimeinsatz war anstrengend und gefährlich gewesen.

Zwei Tage noch, dann hatten sie erst einmal dienstfrei. Die meisten seiner Kameraden würden direkt nach Hause fliegen, aber er hatte zunächst einmal andere Pläne. Ihm stand der Sinn nach etwas Zärtlichkeit. Es war schon viel zu lange her, dass er das Bett mit einer Frau geteilt hatte, und er hatte vereinbart, dass er sich mit einer wunderhübschen Barkeeperin treffen würde, die er in Mississippi kennengelernt hatte. Damals hatte er seinem Mannschaftskameraden Bane aus einer Klemme geholfen. Der Vorfall lag nun schon einige Monate zurück.

Oben in der Stube angekommen, wühlte er das Handy aus seinen Sachen hervor. Er stellte fest, dass der entgangene Anruf von Sherman Lott stammte, dem die Ranch neben dem Familienbesitz der Blakes gehörte. Das beunruhigte ihn. Er konnte nur hoffen, dass seiner Großmutter nichts zugestoßen war!

Die alte Dame lebte so gut wie allein, wenn Gavin nicht da war. Deshalb hatte er den Nachbarranchern für Notfälle seine Handynummer gegeben. Natürlich gab es auch noch den Vormann Caldwell, der die Ranch in Gavins Abwesenheit führte, aber er hatte sich manchmal auswärts um geschäftliche Dinge zu kümmern …

Schnell drückte Gavin die Rückruftaste. Schon beim zweiten Klingeln nahm Mr. Lott ab. „Hallo?“

„Hier ist Gavin, Mr. Lott. Ich hoffe, Grandma Mel ist nichts zugestoßen …?“

„Nein, keine Sorge, Gavin, es hat keinen Unfall oder so was gegeben. Allerdings befürchte ich, dass sie gerade ein bisschen durch den Wind ist.“

Gavin runzelte die Stirn. Seine Großmutter war zwar schon fast fünfundsiebzig, aber noch topfit, auch geistig. Noch vor zwei Wochen hatte er mit Melody Blake telefoniert, und damals hatte sie völlig normal geklungen. „Wie meinen Sie das? Wirkt sie verwirrt oder …“

„Nein, ich habe nur leider den Eindruck, dass sie auf ihre alten Tage ein bisschen zu vertrauensselig geworden ist. Sie hat sich von so einer smarten Universitätsprofessorin einwickeln lassen. Diese komische Wissenschaftlerin ist davon überzeugt, dass der legendäre Wildwest-Bandit Jesse James einen Teil seiner Beute auf dem Land der Silver Spurs Ranch vergraben hat. Und jetzt will sie hier Ausgrabungen starten, schon nächste Woche. Auf dem Land Ihrer Großmutter!“

Das Ranchland in der Größe von achthundert Morgen gehörte Gavins Großmutter zwar nicht allein, sondern ihr und ihm gemeinsam, aber das war in diesem Zusammenhang unwichtig, deshalb korrigierte er den Mann nicht. „Und Grandma Mel hat eingewilligt? Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, Mr. Lott.“

„So ist es aber. Diese Professorin, Dr. Harris, kann sehr überzeugend reden. Deshalb habe ich Sie ja auch angerufen. Ich behellige Sie nur ungern damit, weil ich weiß, dass Sie wichtige Dinge für unser Land tun, aber ich war der Meinung, Sie müssten es wissen.“

„Das war auch richtig so, vielen Dank. Jetzt machen Sie sich keine Gedanken mehr. In ein paar Tagen bin ich wieder zu Hause und kümmere mich um alles. Auf Wiederhören.“

Gavin fluchte leise vor sich hin. Das Date mit der Barkeeperin konnte er vergessen! So ein Mist!

Er wählte die Nummer des Vormanns Caldwell Andrews.

„Caldwell? Sag mal, was ist denn auf der Silver Spurs Ranch los? Sherman Lott hat mich gerade angerufen wegen dieser Professorin und ihrem archäologischen Vorhaben …“

„Ja, ich weiß, dass er sich deswegen Gedanken macht, aber das ist meiner Meinung nach völlig unnötig. Deiner Großmutter geht es gut. Sie hat sich von der Professorin Unterlagen zeigen lassen und lange mit ihr geredet. Erst dann hat sie zugestimmt. Sie mag die Frau.“

Viper verdrehte die Augen. „Caldwell, du weißt so gut wie ich, dass es auf der Silver Spurs Ranch keinen vergrabenen Schatz gibt. Kannst du dich an diese Typen erinnern, die aufgekreuzt sind, als ich noch ein Teenager war? Sie haben Dad davon überzeugt, dass es Ölvorkommen auf unserem Land gibt. Deshalb hat er der Firma Grabungen und Bohrungen gestattet. Und was war das Ergebnis? Kein einziges Tröpfchen Öl!“

„Ja, das weiß ich noch. Aber Miss Mel meint wohl, das bisschen Graben schadet niemandem. Es betrifft ja nur einen kleinen Flecken Land, weit weg vom Ranchhaus. Nicht mal Kühe grasen dort. Es ist die Südweide.“

„Die Südweide?“

„Ja. Der Teil des Ranchlandes, den nie jemand betritt.“

Außer mir, dachte Gavin. Das Land war ausgelaugt und so gut wie nutzlos. Aber er zog sich gelegentlich dorthin zurück, um Ruhe und Frieden zu finden, wenn er für sich allein sein wollte. Dorthin war er schon als Kind gegangen, wenn er seine Mutter vermisste. Später hatte er dort Ruhe gesucht, nachdem sein Vater bei einem Militäreinsatz ums Leben gekommen war. Und erst im vergangenen Jahr hatte er nach der Rückkehr von einem Einsatz dort einige Tage campiert, als er davon ausgehen musste, dass sein Kamerad Coop tot war. Dort, in der völligen Einsamkeit, hatte er den Verlust seines guten Freundes verarbeiten wollen.

„Mach dir keine Sorgen mehr, Gavin. Deine Großmutter hat alles im Griff.“

Gerade das konnte Gavin nicht so recht glauben. „Ich werde trotzdem sicherheitshalber in ein paar Tagen nach dem Rechten schauen. Aber sag Grandma Mel noch nichts davon. Ich möchte sie überraschen.“

Er legte auf und fuhr sich entnervt mit der Hand übers Gesicht.

„Hey, Mann, Viper, was ist los? Irgendwas nicht in Ordnung?“

Gavin wandte sich um. Vier Augenpaare musterten ihn besorgt. Es handelte sich um seine SEAL-Teamkameraden: Brisbane Westmoreland, Teamname Bane, Thurston McRoy, Teamname Mac, Laramie Cooper, Teamname Coop, und David Holloway, Teamname Flipper. Er und diese vier Männer waren wie Brüder. Gemeinsam hatten sie unzähligen Gefahren getrotzt, sich stets gegenseitig beschützt. Sie würden alles füreinander tun, und das nicht nur im Dienst.

„Es geht um meine Großmutter“, murmelte Gavin.

„Was ist denn mit Grandma Mel?“, fragte Flipper. Jeder der vier hatte Viper schon einmal zu Hause besucht und kannte die alte Dame.

„Ist sie krank?“, fragte Bane.

Viper schüttelte den Kopf. „Nein, zum Glück nicht. Ich habe nur gerade erfahren, dass sie einer Universitätsprofessorin erlaubt hat, auf unserem Land Grabungen vorzunehmen. Die Frau glaubt, dass Jesse James dort einen Teil seiner Beute vergraben hat.“

Die Mienen seiner Freunde entspannten sich. „Ist das alles?“, fragte Coop grinsend.

„Mir reicht das schon. Niemand darf einfach so auf der Silver Spurs Ranch herumbuddeln.“

„Doch, weil deine Großmutter es erlaubt hat“, warf Bane ein.

„Dann werde ich die Erlaubnis eben widerrufen. Das ist mein gutes Recht als Mitbesitzer. Das Dumme ist nur, dass ich dafür direkt nach Hause fliegen muss. Meinen geplanten Zwischenstopp in Mississippi kann ich vergessen. Dabei hätte ich dort gute Chancen auf jede Menge Matratzensport gehabt …“

Mac grinste. „Aber vielleicht hat Jesse James auf eurem Land ja wirklich etwas vergraben? Soweit ich weiß, hat er mit seiner Bande in der Gegend tatsächlich etliche Banken ausgeraubt.“

Gavin machte eine wegwerfende Handbewegung. „Auf unserer Ranch gibt es keine vergrabenen Schätze. Das lasse ich mir auch von niemandem einreden. Schon gar nicht von so einer Universitätstante.“

1. KAPITEL

Layla Harris lächelte, als ihr die alte Dame einen Teller Kekse auftischte. „Oh, Miss Melody, jetzt haben Sie sich extra für mich so viel Mühe gemacht …“

„Kein Problem“, erwiderte Melody Blake schmunzelnd. „Davon abgesehen freue ich mich, wenn ich mal Besuch habe. Ist manchmal doch ganz schön einsam hier draußen …“

Layla fühlte sich auf der Silver Spurs Ranch schon fast wie zu Hause, so liebevoll wurde sie von Miss Melody umsorgt. Die alte Dame, eine pensionierte Bibliothekarin, wusste sich zwar selbst zu beschäftigen – sie las viel, kochte und backte –, aber sie lebte richtig auf, wenn sie sich mit ihrem Gast unterhielt.

Sogar ein Gästezimmer im Hauptgebäude hatte sie Layla angeboten, doch Layla war lieber aufs nahe gelegene Gästehaus der Ranch ausgewichen. Dort konnte sie kommen und gehen, ohne ihre Gastgeberin zu stören.

Miss Melody hatte Layla schon viel über die Ranch erzählt. Das Anwesen war schon seit Generationen in Familienbesitz, und im Moment führte Miss Melody den Betrieb mithilfe eines Vormanns und einiger Angestellter. Ihr Enkel Gavin diente seinem Land als Navy SEAL an vielen Krisenschauplätzen in der Welt, aber wenn er Heimaturlaub hatte, führte er zumindest zeitweise das Kommando auf der Ranch.

„Diesmal sind es Schokoladenkekse, wie Sie sehen“, sagte Miss Melody freundlich. „Die mag mein Enkel übrigens am liebsten.“

Layla hatte Gavin Blake noch nicht persönlich kennengelernt, aber von der alten Dame schon viel über ihn gehört. Den zahlreichen Fotos, die die stolze Großmutter überall aufgehängt hatte, konnte sie entnehmen, wie gut er aussah: Hochgewachsen, muskulös, dunkelhaarig, mit einem Gesicht wie aus Stein gemeißelt. Als Frau musste man sich unwillkürlich zu ihm hingezogen fühlen. Wenigstens erging ihr das so.

Weitere Informationen hatte sie auf dem Weg hierher in einem kleinen Restaurant erhalten, wo sie der Kellnerin gegenüber erwähnt hatte, dass sie Grabungen auf der Ranch durchführen wollte. Die junge Frau schien selbst total begeistert von Gavin zu sein. Sie hatte erzählt, dass er mit seinen Leistungen das lokale Highschool-Footballteam berühmt gemacht hatte. Niemand war überrascht gewesen, dass er anschließend auf die Marineakademie gegangen war, denn die Militärlaufbahn hatte Tradition in der Familie. Sein Vater war im Golfkrieg gefallen, und über seine Mutter war nur wenig bekannt. Wie es hieß, war sie eine sehr hübsche Frau und ein paar Jahre jünger als ihr Mann gewesen. Die beiden hatten sich in New York kennengelernt und schon nach einer Woche geheiratet. Offenbar hatte sie sich jedoch nie daran gewöhnen können, die Frau eines Berufssoldaten zu sein, der häufig durch Abwesenheit glänzte. Auch das Leben auf der Ranch hatte ihr nicht behagt. Eines Tages hatte sie dann ihre Sachen gepackt und war einfach verschwunden. Bis zum heutigen Tage fehlte jede Spur von ihr.

„Ihr Enkel und ich haben etwas gemeinsam“, sagte Layla zu Miss Melody. „Schokokekse sind auch meine Lieblingskekse.“

Während sie in das süße Gebäck biss, dachte sie, dass das wohl so ziemlich die einzige Gemeinsamkeit wäre. Denn Gavin, das hatte sie auch gehört, schien beim anderen Geschlecht die allerbesten Chancen zu haben, was er auch zu nutzen verstand. Sie hingegen hatte sich immer sehr stark aufs Lernen konzentriert, sodass ihr kaum Zeit blieb, Kontakte zu Männern zu pflegen. Immerhin war das ihrer Berufslaufbahn zugutegekommen: Sie hatte einen Doktortitel in Geschichte und Archäologie und war mit ihren sechsundzwanzig Jahren die jüngste Professorin an der Flintwood University in Seattle.

Ihre Eltern waren über ihre Berufswahl nicht wirklich glücklich gewesen. Beide waren Neurochirurgen und hätten sich für ihre Tochter ebenfalls eine Karriere als Ärztin gewünscht. Außerdem ersehnten sie sich für Layla einen netten Ehemann und hätten liebend gern Enkelkinder gehabt …

„Und, Layla, was steht heute auf dem Programm?“

Layla lächelte. Ihr gefiel Miss Melodys freundliche, offene Art. Als sie vor über einer Woche auf der Ranch aufgetaucht war, hatte sie nicht wissen können, wie man sie empfangen würde. Die alte Dame hatte durchaus kritische Fragen gestellt und ihre Unterlagen gründlich studiert; erst dann hatte sie dem Forschungsvorhaben mit den Grabungen zugestimmt. Zusätzlich hatte sie sich ausbedungen, ständig darüber auf dem Laufenden gehalten zu werden.

Miss Melody hatte Layla auch darauf vorbereitet, dass ihr Enkel Gavin – der Mitbesitzer der Ranch – mit den Grabungen möglicherweise nicht einverstanden sein würde. Aber sie hatte ihr versprochen, die Angelegenheit mit ihm zu regeln, wenn der Zeitpunkt gekommen war. Wahrscheinlich würde er erst in ein paar Monaten wieder nach Hause kommen, und bis dahin war der Schatz bestimmt längst gefunden. Das hoffte Layla zumindest. Sehr sogar. Denn ihr Ruf an der Universität stand auf dem Spiel. Sie hatte sich für dieses Projekt weit aus dem Fenster gelehnt, und von Erfolg oder Misserfolg hing es ab, ob sie auf eine dauerhafte Anstellung als Professorin hoffen durfte.

Sie hatte schon an mehreren Ausgrabungen teilgenommen, aber dies war die erste, die sie selbst leitete. Die Universität hatte ihr zwar weniger Gelder bewilligt als erhofft, aber sie war fest entschlossen, das Beste daraus zu machen. Der Fachbereichsleiter Dr. Clayburn war nicht unbedingt auf ihrer Seite; er hätte lieber ein anderes Projekt finanziert. Zum Glück war er gerade außer Landes gewesen, als das Gremium über die Verwendung der Gelder entschieden hatte.

Mit diesem Projekt würde sie endlich beweisen können, dass sie eine erstklassige Archäologin war. Wenn ihre Vermutungen stimmten – und davon war sie fest überzeugt –, würde sie die erste Wissenschaftlerin sein, die einen von Jesse James’ Schätzen hob.

„Ich habe jetzt alle Bewilligungen beisammen“, sagte Layla stolz. „Die Teammitglieder sind informiert und werden in einer Woche eintreffen.“ Es handelte sich um Studenten von der Universität, die meisten aus ihren Kursen, einige aber auch aus den Kursen von Dr. Clayburn. Sie hatte mit jedem Einzelnen von ihnen gesprochen, und genau wie sie konnten sie den Beginn der Grabungen kaum noch erwarten.

„Sie sind bestimmt schon mächtig aufgeregt.“

„Oh ja, und wie. Die Ausrüstung sollte am Montag eintreffen. Ich kann mich nur nochmals bedanken, dass Sie den Grabungen zugestimmt haben.“

„Ihre Voruntersuchungen haben mich überzeugt. Es ist ja historisch belegt, dass Jesse James und seine Bande in Tinsel eine Bank ausgeraubt haben und in Richtung Ost-Missouri ritten, bevor sie dann vor dem Sheriff und seinen Männern in Richtung Süden geflohen sind. Und ich glaube, Sie haben mit Ihrer Theorie recht. Wenn man bedenkt, dass die Pferde durch die Last der schweren Goldbarren nicht so schnell laufen konnten, ergibt es durchaus Sinn, dass die Bande sich irgendwo hier in der Gegend zur Rast versteckt hat, bevor sie dann gewagt haben, weiter nach Osten zu reiten. Und es ist durchaus naheliegend, dass die Banditen einen Teil ihrer schweren Beute hier versteckt haben, bevor sie sich der Staatsgrenze näherten. Das alles erscheint mir völlig folgerichtig.“

Layla lächelte stolz und dankbar. Längst nicht alle folgten ihren Theorien; etliche Skeptiker unterstellten ihr, sie, die junge und noch recht unerfahrene Wissenschaftlerin, würde einem Phantom nachjagen. Man hatte ihr sogar vorgeworfen, sie würde mit diesem Projekt Universitätsgelder verschwenden.

In diesem Moment hörte man, wie draußen ein Auto hielt.

Miss Melody blickte zur Küchenuhr hoch. „Es ist noch nicht mal Mittag. Wer kann das wohl sein?“

Die alte Dame erhob sich vom Tisch, ging zum Fenster und blickte hinaus. Als sie sich wieder umwandte, strahlte sie übers ganze Gesicht. „Es ist Gavin“, sagte sie überglücklich. „Er wollte mich bestimmt mit seinem Besuch überraschen.“

Gavin griff nach seiner Reisetasche und schlug die Autotür zu. Als er sich dem Haupthaus zuwandte, sah er, dass vor dem Gästehaus ein Wagen geparkt war. Hatte seine Großmutter dieser komischen Professorin vielleicht sogar angeboten, auf der Ranch zu wohnen? Das war eindeutig zu viel des Guten! Wenn es nach ihm ging – und das tat es! –, würde diese Universitätstante ganz schnell wieder ihre Sachen packen!

Voller Wehmut dachte er an die hübsche Barkeeperin aus Mississippi, der er gezwungenermaßen abgesagt hatte. Wie gern hätte er jetzt in ihren Armen gelegen! Immerhin hatte sie die Absage gefasst aufgenommen, weil er ihr versprochen hatte, das Date so schnell wie möglich nachzuholen.

Genießerisch sog er die reine Landluft ein. Die Ranch war sein Zuhause, und er liebte sie so sehr! Sein Nebenjob als Rancher bedeutete ihm fast genauso viel wie sein Hauptberuf als Navy SEAL.

Nur gut, dass Caldwell sich während meiner Abwesenheit so kompetent um alles kümmert, dachte Gavin. Auch der Vormann war gewissermaßen mit der Ranch verwachsen. Schon sein Vater hatte hier gearbeitet.

Gavin würde die Zeit seiner Anwesenheit nutzen und sich um die Ranch kümmern. Er würde wieder auf seinem treuen Pferd Acer sitzen und Caldwell und den anderen Männern mit der Viehherde helfen. Außerdem würde er mit Phil Vinson, der für die Buchhaltung zuständig war, die Abrechnungen durchgehen.

Zuallererst aber musste er mit seiner Großmutter über diese Grabungen reden! Er hoffte, die ganze Angelegenheit innerhalb einer Woche klären zu können. Denn anschließend würde es ihn nach Mississippi ziehen, in die Arme einer gewissen verführerischen Barkeeperin …

Kaum hatte er die vordere Terrasse des Haupthauses betreten, sprang die Haustür auf, und seine Großmutter lief ihm entgegen und nahm ihn stürmisch in die Arme. Obwohl sie klein und zierlich war, presste sie ihn so fest an sich, dass es ihm fast den Atem raubte. Wie er diese Frau liebte! Sie war für ihn dagewesen, als seine Mutter urplötzlich verschwunden war. Sie hatte ihm Halt gegeben, als er vor sechzehn Jahren seinen Vater zu Grabe hatte tragen müssen. Ja, für ihn war sie wie ein Fels in der Brandung, die einzige wirkliche Konstante in seinem Leben. Gerade deshalb wollte er immer dafür sorgen, dass niemand ihr etwas Böses antat, niemand sie ausnutzte.

„Das nenne ich eine Überraschung, Junge“, sagte Melody überglücklich und strahlte ihn an. „Ich hatte überhaupt nicht mit dir gerechnet. Ist bei deinem letzten Auftrag alles gut gelaufen?“

Gavin musste lächeln. Sie fragte ihn das jedes Mal, wenn er nach Hause kam, obwohl sie ganz genau wusste, dass seine Missionen der Geheimhaltung unterlagen und er ihr nichts darüber berichten durfte. „Ja, war alles bestens, Grandma Mel. Ich bin so überraschend nach Hause gekommen, weil wir beide dringend …“

In diesem Moment sah er, wie im Türrahmen eine junge Frau auftauchte. Nicht irgendeine junge Frau – sondern die verführerischste, faszinierendste Frau, die er je gesehen hatte! War sie echt – oder war sie nur eine Erscheinung aus seinen schönsten Träumen?

Seine Großmutter bemerkte, dass er plötzlich völlig abgelenkt war, wandte sich um und lächelte die junge Frau an. „Kommen Sie doch näher, Layla. Ich möchte Ihnen meinen Enkel vorstellen.“

Wer mag diese Layla sein, schoss es ihm durch den Kopf. Vielleicht war sie ja die Enkelin einer von Grandmas Freundinnen aus dem Kirchenkreis, die hier zu Besuch ist?

Die junge Frau lächelte ihn an. Er lächelte zurück und reichte ihr die Hand. „Hallo. Ich bin Gavin.“

Als sich ihre Hände berührten, durchzuckte es ihn wie ein Blitzschlag. Ja, zwischen ihnen knisterte es eindeutig! Auch sie spürte es, wie ihm ein Blick in ihre Augen verriet.

„Freut mich, Sie kennenzulernen, Gavin“, erwiderte sie. „Wie Sie ja schon gehört haben, ist mein Name Layla. Layla Harris.“

Harris? Hatte Nachbar Lott ihm nicht gesagt, die Professorin hieße Harris? War dieses bezaubernde Geschöpf vielleicht die Tochter der Wissenschaftlerin und half bei den Grabungsarbeiten? Er würde seine Großmutter ganz genau über sie ausquetschen …

Behutsam löste sie ihre Hand aus seiner. Er war wie erstarrt und hätte sie wahrscheinlich noch minutenlang so festgehalten. Sie wandte sich an seine Großmutter: „Vielen Dank für die Kekse, Miss Melody. Ich muss jetzt noch mal kurz in die Stadt fahren und ein paar Sachen besorgen. Soll ich Ihnen etwas mitbringen?“

„Nicht nötig, vielen Dank. Ich habe noch alles, was ich brauche.“

Layla nickte. „Okay. In ein paar Stunden bin ich zurück.“

„Lassen Sie sich ruhig Zeit!“

Sie lächelte Gavin noch einmal zu, dann ging sie zu ihrem Wagen hinüber, stieg ein und fuhr ab. Er sah ihr wortlos nach. Selbst als der Wagen schon am Horizont verschwunden war, blickte er immer noch in ihre Richtung.

„Hey, Junge, was ist los?“, fragte seine Großmutter. „Träumst du?“

„Was? Ach, so. Nein, nein, ich war nur kurz in Gedanken.“

„In dem Moment, als Layla auftauchte, war ich für dich Luft. Das enttäuscht mich ein bisschen, mein Junge.“

Miss Mel lächelte verschmitzt. Sie hatte die Ermahnung nicht ernst gemeint.

Gavin grinste. „Was soll ich sagen, Grandma? Die junge Lady sieht verflixt gut aus.“

„Ja, das lässt sich nicht leugnen. Jetzt komm mit rein. Gerade heute Morgen habe ich frische Schokoladenkekse gebacken.“

Sie betraten die Küche. „Geht es deinen Kameraden gut?“, fragte Miss Mel. „Eure Mission hat über zwei Monate gedauert …“

„Ja, alle sind heil herausgekommen und haben jetzt Heimaturlaub. Bane und seine Frau wollen in ein paar Wochen ihr Ehegelübde erneuern, und ich bin auf die Hochzeitsfeier eingeladen. Auch Coop geht es wieder gut. Es war seine erste Mission nach seiner Rettung, und er ist wieder wie neugeboren.“

Das war eigentlich schon mehr, als Gavin verraten durfte. Aber seine Großmutter kannte ja auch die ganze Vorgeschichte. Im vergangenen Jahr hatten alle annehmen müssen, dass Coop im Einsatz gefallen war. Das gesamte Team war schwer betroffen gewesen. Dann, kurz vor Weihnachten, hatte sich herausgestellt, dass Coop noch am Leben war und in der Bergwelt Syriens als Geisel gefangen gehalten wurde. Gavin und sein Team waren losgeschickt worden, um Coop und einige andere Geiseln zu befreien.

„Bane war auch zum ersten Mal wieder mit dabei, nicht wahr?“

Vergaß seine Großmutter denn nie etwas? Bane, der Meister-Scharfschütze, war für ein halbes Jahr nach Washington abbestellt worden, um Navy-SEAL-Anwärter zu trainieren. „Ja, stimmt. Wir waren alle froh, dass er zurück war. Ach so, bevor ich’s vergesse: Nächste Woche muss ich nach Mississippi. Ich habe dort etwas Wichtiges zu erledigen.“ Dass es sich dabei um ein Date – und hoffentlich mehr – mit einer Frau handelte, brauchte seine Großmutter nicht zu wissen.

Nachdem er sich ein paar Kekse hatte schmecken lassen, rückte Gavin endlich mit dem wahren Grund für seinen Besuch heraus. „Sag mal, Grandma, diese Sache mit den Ausgrabungen auf unserem Land …“

Grandma Mel zog eine Augenbraue in die Höhe. „Woher weißt du denn davon?“

„Sherman Lott hat mich angerufen. Er war der Meinung, ich sollte es wissen.“

„Und ich bin der Meinung, er sollte sich um seinen eigenen Kram kümmern.“

Nachdenklich blickte Gavin seine Großmutter an. „Eigentlich hätte Caldwell mich informieren müssen, finde ich. Es gehört zu seinem Job, mich über alles, was die Ranch betrifft, auf dem Laufenden zu halten. Er hat es nicht getan, weil er offenbar glaubt, damit wäre er dir gegenüber illoyal. Und wir wissen ja beide, wie viel du ihm bedeutest.“

Seine Großmutter schwieg betreten und blickte in ihre Kaffeetasse, als ob dort ein Geheimnis verborgen wäre. Dabei wusste Gavin schon seit Jahren, dass Miss Mel und der alte Vormann ein überaus enges Verhältnis hatten. Sie waren viel mehr als Chefin und Angestellter. Nicht, dass er etwas dagegen gehabt hätte. Er wollte, dass die beiden Menschen, die ihm am meisten auf der Welt bedeuteten, glücklich waren. Eines Tages würden sie sich vielleicht zu ihrer engen Beziehung bekennen. Doch bis dahin war es ihre Sache, was sie taten oder ließen.

„Caldwell hätte es dir gesagt, wenn er es für wichtig gehalten hätte“, murmelte seine Großmutter schließlich.

„Na schön.“ Er nippte an seinem Kaffee. „Und, wie sieht es jetzt aus? Hast du dieser Frau die Genehmigung für die Ausgrabungen erteilt?“

Sie lehnte sich in ihren Stuhl zurück. „Ja, habe ich. Und ich denke, das ist völlig in Ordnung.“