Somber Side of Love - Teil 2 Ungarn - M. B. Bolder - E-Book

Somber Side of Love - Teil 2 Ungarn E-Book

M.B. Bolder

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  • Herausgeber: neobooks
  • Kategorie: Erotik
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2014
Beschreibung

Nach langen Wochen der Trennung erkennt Saundra, dass sie Matt doch liebt und ihn vor allem braucht. Deshalb fährt sie kurzerhand den weiten Weg von Los Angeles nach Philadelphia um nach ihm zu suchen, aber er weist sie zunächst immer noch tief enttäuscht und erbittert ab. Nach einem folgenschweren Unfall von Saundra kommen die beiden jedoch wieder zusammen und Lázló zeigt sich Matt gegenüber mit millionenschweren Geschenken mehr als dankbar. Im Liebesrausch folgen sie ihm nach Ungarn um im Schloss Nádasdy, einer Residenz von Saundras dubioser Vorfahrin Erzébet Báthory nach einem möglichen Schatz zu suchen. Doch dort erwartet sie nicht das, was sie sich erhofft hatten … Es folgen vielmehr tiefgreifende Verwirrungen und vor allem äußerst unerwartete Geständnisse…

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Seitenzahl: 650

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M. B. Bolder

Somber Side of Love - Teil 2 Ungarn

Die düstere Seite der Liebe

 

 

 

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Impressum neobooks

Kapitel 1

2. Auflage!

Aktualisierte Ausgabe 2015!

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das Recht der elektronischen Vervielfältigung, der Übersetzung in andere Sprachen, sowie das Recht der Speicherung und Verarbeitung.

Copyright © M.B. Bolder

Die Maschine der US Airways landet am Spätnachmittag gegen vier Uhr dreißig in Philadelphia und als ich immer noch todtraurig am Gepäckband stehe, sehe ich bereits meine Mum am Ausgang stehen und auf mich warten.

Natürlich hat sie als Angestellte des Airports in den Flugplänen meinen Namen ausgemacht und ist wahrscheinlich sofort hierher geeilt, um mich in Empfang zu nehmen.

Was soll ich ihr jetzt bloß sagen?

Meine letzte e-Mail an sie klang noch so glücklich und ich konnte in den letzten Flugstunden nicht wirklich darüber nachdenken, welche Erklärung ich ihr dafür gebe, dass ich schon heute nach Hause geflogen bin.

Mein Gehirn fühlt sich an als wäre es in Watte gepackt und ich kann vor lauter Trauer sowieso kaum denken.

Tief seufze ich erst einmal in mich hinein und suche innerlich nach einem Ausweg.

Hoffentlich lässt meine Reisetasche noch etwas auf sich warten!

Seelenruhig lasse ich sie daher tatsächlich noch einmal eine Runde auf dem Kofferband drehen, bevor ich nach ihr greife und mich inzwischen wieder etwas gesammelt habe.

Zwanghaft lächelnd strebe ich auf Mum zu und ich sehe schon an ihrem Gesichtsausdruck, dass sie mich durchschaut hat, während sie mich fest umarmt und mir zuraunt.

„Mein armer Matt, was ist denn passiert? Irgendetwas stimmt doch nicht mit dir, wenn du heute schon nach Hause kommst mit so einem Gesicht?“ raunt sie mir besorgt ins Ohr.

„Mum, es ist doch alles gut! Was willst du denn? Was mache ich denn für ein Gesicht?“ versuche ich möglichst fröhlich zu fragen und schlucke gleichzeitig bedrückt, denn am liebsten würde ich einfach losheulen.

„Ich bin wieder da! Das wolltest du doch!“ versuche ich möglichst unverdrossen zu klingen und drücke sie fest an mich damit sie die Tränen nicht sieht, welche ich nun heimlich hinter ihrem Rücken mit den Fingern von meinen Wangen wische.

Doch plötzlich schiebt sie mich von sich, hält mich an den Oberarmen fest und blickt mir forschend in die Augen.

„Ich sehe doch, dass irgendetwas nicht stimmt! Ich kenne dich doch, Matt! Mach’ mir nichts vor! Ist es schief gegangen mit dem Mädchen?“ fragt sie mich unumwunden während ich tief einatme.

„Ja Mum, es ist in die Hose gegangen! Ich dachte sie liebt mich auch, aber das war wohl ein Trugschluss und ich möchte jetzt nicht darüber sprechen! Bitte! Lass’ uns einfach nach Hause fahren und das Ganze vergessen!“ sage ich mit tonloser Stimme.

Zweifelnd schaut sie mir immer noch ins Gesicht und presst die Lippen aufeinander.

„Na gut! Wenn du nicht darüber reden willst, dann fahren wir eben nach Hause.“ stellt sie fest und dreht sich zum Ausgang.

Schweigend trotten wir nebeneinander her in Richtung des Aufzuges, der in die Angestellten-Tiefgarage führt, wobei ich meine Reisetasche locker über die Schulter werfe und Mum die Führung übernimmt.

Nach einem kurzen Fußmarsch erreichen wir ihren alten Jeep Cherokee an dem sie seit Jahren fast schon so sehr klebt wie an mir und steigen beide ein.

Mum übernimmt das Steuer, während ich meine Reisetasche auf den Rücksitz fallen lasse und es mir auf dem Beifahrersitz bequem mache.

Es ist ihr deutlich anzusehen, dass sie vor Neugier fast platzt, aber sie hält sich immerhin solange zurück bis wir von der Ausfahrt der Tiefgarage auf die zweispurige Straße einbiegen, welche vom Philadelphia International Airport weg führt Richtung Wilmington.

Dort führt eine Brücke über den Delaware River bis nach Salem County, wo die ausgediente Farm liegt, auf der meine Eltern wohnen.

Eigentlich wäre mir meine eigene Wohnung in der Nähe der Universität lieber gewesen, aber ich weiß ja dass Mum jetzt alles von mir wissen will.

Deshalb halte ich lieber den Mund und richte mich innerlich darauf ein meinen Eltern heute Abend das ganze Abenteuer Palenque erzählen zu müssen.

„Willst du nicht doch darüber sprechen?“ fragt sie mich während der Fahrt weich und sieht mich schief von der Seite an.

„Nein Mum! Bitte nicht jetzt!“ sage ich abweisend und sehe angestrengt aus dem Seitenfenster.

Außerdem muss ich mir noch irgendeinen Grund einfallen lassen, warum das Ganze schief gegangen ist. Ich kann meiner Mum doch nicht die ganze Wahrheit erzählen, sonst rastet sie völlig aus.

Nachdem wir eine Weile schweigend nebeneinander sitzen und den Gegenverkehr beobachten, halte ich es doch nicht mehr aus und sage kleinlaut.

„Ach, Mum! Es tut mir leid, dass ich so abweisend war…“,

dabei schaue ich sie wieder von der Seite an und sehe ihren liebevollen Gesichtsausdruck den sie immer hat, wenn ich bei ihr bin.

„… aber ich bin einfach unendlich traurig, dass es mit Saundra nicht geklappt hat. Sie ist eine wunderschöne Frau…“ ich stocke kurz und halte nachdenklich meine rechte Faust in der linken Hand und nehme sie vor den Mund, während ich abermals ein paar Tränen hinunterschlucke.

„… und ich habe mich Hals über Kopf in sie verliebt vom ersten Augenblick an dem sie sah. Aber am Ende hat es halt doch nicht funktioniert. Sie sah unsere Beziehung wohl anders als ich.“

Betreten sehe ich nach unten und schüttle mit dem Kopf.

„Es tut mir leid Mum! Ich hätte sie gerne mitgebracht und sogar am liebsten für immer bei mir behalten, aber sie hat wohl eine andere Vorstellung vom Leben als ich. Deshalb bin ich heute schon zurückgeflogen.“ sage ich leise und sehe wieder traurig aus dem Seitenfenster, damit Mum die verstohlenen Tränen in meinen Augenwinkeln nicht sehen kann.

„Aber nach deiner letzten Mail klangst du doch noch so glücklich und du warst unendlich froh, dass ihr sie befreien konntet!

Was ist denn in der kurzen Zeit passiert mein Junge, dass so plötzlich alles vorbei ist und du sogar die Pressekonferenz sausen lässt, welche dich groß herausgebracht hätte?“ fragt sich mich erstaunt.

„Die Pressekonferenz?“ frage ich mit hochgezogenen Augenbrauen zurück, weil mir nicht klar ist woher sie davon weiß, denn ich hatte ihr nichts davon geschrieben.

„Ja! Sie wurde auf allen amerikanischen Fernsehsendern für morgen groß angekündigt. Unter anderem eben auch, dass ein junger amerikanischer Archäologe im mexikanischen Palenque einen sensationellen Fund gemacht hat und das kannst nur du sein.

Warum zum Teufel, bist du nicht noch einen Tag länger geblieben und hättest wenigstens den Ruhm mitgenommen?“ schüttelt sie verständnislos den Kopf während sie über die Delaware Memorial Bridge fährt, welche über den Delaware River führt.

„Was? Ausgerechnet du sagst, dass ich einen Tag länger hätte bleiben sollen? Du warst doch immer diejenige die wollte, dass ich so schnell wie möglich wieder nach Hause komme. Jetzt bin ich wieder da und es passt dir abermals nicht! Das verstehe ich nicht Mum?“ werfe ich ihr vor und versuche sie vom Wesentlichen abzulenken.

„Ja schon, Matt!“ sie grinst mich liebevoll an.

„Natürlich wollte ich, dass du so schnell wie möglich von den Gefahren des Dschungels wieder weg bist, aber in der Sicherheit des Camps hättest du doch wenigstens deine Lorbeeren ernten können?“

Stirnrunzelnd betrachte ich ihr ebenmäßiges Gesicht und frage mich gerade welche Wandlung sie scheinbar durchgemacht haben mag, denn das ist doch nicht meine Mum die immer Angst um mich hat.

„Mum! Ich weiß gerade gar nicht was du willst! Du wolltest doch die ganze Zeit, dass ich so schnell wie möglich wieder heim komme! Jetzt bin ich da und nun passt es dir auch wieder nicht!

Aber weißt du … nachdem es mit Saundra ohnehin nicht geklappt hat, interessiert mich dieser ganze Fund gar nicht mehr.

Ich will einfach nur noch meine Ruhe haben und möglichst irgendwo in ein Bett und nachdem du es vorgezogen hast mich zu euch auf die Farm mitzunehmen, statt mich in meine Wohnung zu fahren, werde ich eben den Abend und die Nacht in meinem alten Kinderzimmer zubringen.“ mache ich ihr abermals enttäuscht zum Vorwurf.

„Warum hast du dann nicht gesagt, dass du lieber in deine Wohnung möchtest?“ sagt sie etwas lauter und reagiert damit beleidigt.

„Weil ich dich kenne Mum! Du wärst wieder tief beleidigt gewesen, deshalb habe ich nichts gesagt! Du hättest mich aber auch fragen können.“ sage ich abermals vorwurfsvoll.

„Ach Matt! Ich dachte halt, du erzählst uns heute Abend ein wenig von deinen Abenteuern, außerdem möchte ich es ein bisschen genießen, dass du wieder da bist. Ich habe dich so vermisst!“ meint sie entschuldigend und lächelt mich von der Seite an.

„Ja, ist ja gut! Das kann ich ja machen, aber erst einmal möchte ich mich ein paar Stunden aufs Ohr legen. Ich habe heute Nacht nicht viel geschlafen und bin todmüde.“ sage ich besänftigend.

„War das Ende mit dem Mädchen wirklich so schlimm, dass du nicht einmal schlafen konntest?“ bohrt sie mitfühlend weiter.

Ich wusste es ja … Mum gibt nicht eher Ruhe bis sie eine befriedigende Antwort auf das Ende der Beziehung mit Saundra hat.

„Mum! Es ist eigentlich ganz einfach!“ gebe ich ihr zu Verstehen.

„Ich hoffte auf eine dauerhafte Beziehung mit Saundra und sie suchte eben nur ein Abenteuer, was sie mir gestern Abend deutlich zu verstehen gab. Das ist alles!

Daraufhin wollte ich einfach nur noch weg, damit ich ihr nicht mehr begegnen musste. Denn es hat mir sehr wehgetan als ich endlich begriff, dass sie mich nicht wirklich liebt.

Verstehst du? Und jetzt will ich nicht weiter darüber reden, bitte!“ flüstere ich am Ende des Satzes fast nur noch und schlucke erneut Tränen hinunter.

Damit muss ich meine Mum wenigstens nicht anlügen, denn im Großen und Ganzen stimmt das ja so wie ich es gesagt habe.

Verstohlen blicke ich wieder aus dem Seitenfenster und Mum setzt zwar zu einer Antwort an, aber nachdem sie in mein Gesicht schaut macht sie dem Mund tonlos wieder zu und wir fahren den restlichen Weg schweigend bis zur Farm.

Dad sitzt auf der Veranda in seinem Schaukelstuhl und genießt seine heißgeliebte Pfeife mit Burley Tabak, obwohl ihm Mum schon tausendmal die Hölle heiß gemacht hat deswegen.

Sie lehnt Tabakrauch kategorisch ab, deshalb muss er immer außerhalb des Hauses rauchen.

Aber das tut er stets ausgiebig und mit Genuss, wobei ich den Geruch dieses Tabaks schon als Kind gemocht habe und ihn immer mit meinem geliebten Dad in Verbindung bringe wenn er mir irgendwo in die Nase steigt.

Mum lässt den Jeep vor der Veranda ausrollen, stellt den Motor ab und wir steigen beide aus dem Wagen, was meinen Vater augenblicklich aufschrecken lässt als er mich sieht.

Er erhebt sich und stützt sich lässig auf das Holzgeländer.

„Naaa?“ dehnt er das Wort extra lang.

„Hat es deine Mutter doch endlich geschafft dich dazu zu bewegen wieder heim zu kommen, mein Sohn? Oder treiben dich andere Gründe?“ schmunzelt er, nimmt einen tiefen Zug aus seiner heißgeliebten Pfeife und lässt den Rauch provokant vor seinem Gesicht tanzen, während ich ihm kopfschüttelnd entgegeneile.

Er legt seine Pfeife zur Seite und begrüßt mich mit ausgebreiteten Armen.

„Herzlichen Willkommen zu Hause, mein Sohn!“

Wir umarmen uns gegenseitig und ich atme den Duft des Tabaks mit einem leichten Seufzen tief ein, wobei Dad mich langsam wieder loslässt und von sich schiebt bis er mir in die Augen sehen kann, meine Arme dabei aber festhält.

„Was ist los mit dir Matt? Du bist nicht nur wegen deiner Mum hier, nicht wahr? Was ist passiert?“ fragt er mir forschend in die Augen blickend.

Ich senke die Augen und sehe auf meine Füße, auch um erneut aufsteigende Tränen zu verstecken.

„Bitte Dad! Ich kann jetzt nicht darüber sprechen! Lasst mich einfach nur ein paar Stunden schlafen und dann erzähle ich euch alles! Okay!“ bitte ich ihn und winde mich aus seinem Griff ohne seinen Blick wieder einzufangen.

Schnellen Schrittes wende ich mich dem Haus zu, wo ich den Geruch der Geborgenheit meines Elternhauses einen Augenblick lang tief in mich aufsauge.

Aus den Augenwinkeln kann ich noch erkennen, wie Mum meine Reisetasche vom Rücksitz des Jeeps holt und Dad mit einem Schulterzucken zeigt, dass sie mich beide wohl jetzt besser allein lassen sollten, wobei ich auch schon die Treppe nach oben eile und mein ehemaliges Kinderzimmer aufsuche.

Mum hat mein Zimmer so gelassen wie ich es damals verlassen habe als ich auf den Campus der Highschool zog, nur die Bettwäsche ist immer frisch, denn ab und zu übernachte ich nach einer Familienfeier immer noch hier.

Gedankenverloren gehe ich meine CD-Sammlung von damals durch, die ich nie mitgenommen hatte und ganz vorne steht ‚Where were you, when the world stopped turning‘ von Alan Jackson!

Alan hatte das Lied nach den Terroranschlägen auf das World-Trade-Center in New York aufgenommen und genauso fühle ich mich im Moment!

‚Wo warst du, als die Welt sich nicht mehr drehte?’

Leicht kopfschüttelnd schließe ich die Augen und denke ‚… jedenfalls nicht in New York! Ich war in Palenque! Dort hat für mich die Welt aufgehört sich zu drehen!’ und ich lege die CD in meinen alten Recorder, um sie anzuhören.

Leise stelle ich ihn auf Endlosschleife, wobei ich mich todmüde auf mein altes Bett fallen lasse.

Dabei fällt mir auf, dass Saundra in diesem Bett gar keine Möglichkeit hätte mich irgendwo festzubinden …

Verdammt! Ich denke schon wieder nur an sie und daran welche sexuellen Demütigungen, aber auch welche Freuden sie mir bereitet hat.

Warum nur? Warum musste es so abrupt zu Ende gehen?

Mit jeder Faser meines Körpers sehne ich mich nach dieser wunderschönen Frau, ihrer samtweichen bronzefarbenen Haut, ihren weichen Haaren und nach ihrem betörenden Duft der mich völlig aus der Bahn geworfen hat.

Noch während ich verzweifelt versuche sie mir physisch vorzustellen und abermals Tränen meine Augen überschwemmen, lausche ich der leisen Musik und es überkommt mich endlich ein erlösender traumloser Schlaf.

„Matt? Matt? Hörst du mich?“ dringt Mum’s Stimme leise und liebevoll bis zu meinem Gehirn vor und ich reibe mir mit Daumen und Zeigefinger die Augen, um den übermächtigen Schlaf wegzuwischen.

„Hmm! Was ist denn?“ brumme ich vor mich hin, zunächst ohne die Augen zu öffnen, aber ich spüre instinktiv, dass sie neben mir auf der Matratze sitzt und mich eindringend ansieht.

„Es ist schon früher Abend! Du wolltest uns doch beim Abendbrot von deinen Erlebnissen im Dschungel erzählen oder willst du den ganzen Abend verschlafen?“ fragt sie neckisch.

Nun wische ich mir mit beiden Händen den Schlaf aus dem Gesicht und öffne blinzelnd die Augen, wobei Mum’s Gesicht direkt vor mir auftaucht.

„Tut mir leid Mum, aber ich war einfach nur schrecklich müde und musste ein paar Stunden schlafen.“ antworte ich und versuche dabei ich ein kleines Lächeln hinzubekommen.

„Darling! Du bist ja komplett durch den Wind! Du kommst völlig aufgelöst, verstört und übermüdet hier in Philadelphia an. Erzählst mir wirres Zeug über dieses Mädchen und legst dich dann mit einem absolut melancholischen Lied im Hintergrund stundenlang Schlafen?

Das ist ja noch schlimmer als es damals bei Faith gewesen ist! Willst du nicht endlich darüber sprechen? Was um alles in der Welt hat dir Saundra so Schlimmes angetan, dass du so reagierst?“ fragt sie sanft, blickt mir dabei durchdringend in die Augen und ich weiß, dass sie mich besser kennt als irgendjemand anders.

„Ach Mum!“ sage ich kopfschüttelnd.

„Bitte lass’ es einfach! Ich komme schon damit klar. Ich bin schließlich kein kleines Kind mehr, sondern ein erwachsender Mann.“ erkläre ich ihr, wobei ich ihr lächelnd eine andere Frage stelle, um sie etwas abzulenken.

„Was hast du denn gutes gekocht? Ich glaube, dass ich ein klein wenig Hunger habe! Nach dem Frühstück hatte ich nur den kleinen Bissen im Flugzeug und du weißt ja wie viel das ist!“

Fast zeitgleich meldet sich mein Magen mit einem lauten Knurren, denn immerhin hatte ich meine letzte Madre Tierra am Morgen gar nicht aufgegessen.

Mein Magen war vor Kummer wie zugeschnürt.

Ein Lächeln huscht über Mum’s Antlitz, das sich in ein breites Grinsen ausbreitet.

„Ich kenne dich doch und weiß, dass du Steaks vom Angusrind liebst. Deshalb wartet es in der Küche nur noch darauf in der Pfanne gebrutzelt zu werden.“

„Oh, Mum! du bist die Beste!“ raune ich, schlinge überschwänglich meine Arme um sie herum und ziehe sie zu mir herunter, um ihr einen dicken Schmatzer auf die Wange zu geben.

„Na, na, na! Nicht so stürmisch junger Mann!“ sagt sie gespielt entrüstet und windet sich grinsend aus meinem Griff, wobei sie mich gleichzeitig an einer Hand aus dem Bett zieht.

„Jetzt komm endlich, ich bin neugierig auf deinen Bericht! Lass‘ mich und deinen Vater nicht immer solange zappeln. Er möchte auch wissen was du alles erlebt hast. Komm schon!“

Ich lasse Mum’s Hand los und rolle mich aus dem Bett, wobei ich gleichzeitig den CD-Player ausschalte und Alan somit mitten im Satz abwürge.

Schmunzelnd schüttle ich leicht den Kopf und muss daran denken wie Saundra mich immer zappeln lies bis sie mir endlich die erlösende Erfüllung gönnte und ich kann damit die Neugier meiner Eltern absolut nachvollziehen.

„Ist ja gut Mum! Ich komme gleich und erzähle euch die Geschichte! Ich gehe nur noch kurz ins Bad und bin dann auch gleich unten!“ antworte ich wieder ernst und überlege wie viel ich über Saundra tatsächlich sagen soll.

Mum trollt sich Richtung Zimmertür und hebt noch einmal lächelnd eine Augenbraue, während sie mein Zimmer verlässt und nach unten in die Küche verschwindet.

Ihr durch die Tür folgend gehe nach nebenan ins Bad, um mir kaltes Wasser ins Gesicht zu werfen, damit ich endlich wieder richtig wach werde und verrichte mein Geschäft auf der Toilette bevor ich Mum ins Erdgeschoß folge.

In der gemütlichen Wohnküche wartet Dad bereits auf mich und lächelt mir wohlwollend entgegen, während Mum am Herd die Steaks in die heiße Pfanne drapiert.

„Gut geschlafen, mein Sohn? Hast du dich von den Strapazen des Dschungels etwas erholt?“ will Dad neugierig von mir wissen.

„Ja, Dad! Einigermaßen! Das bisschen Schlaf hat mir ganz gut getan!“ antworte ich gelassen und denke gleichzeitig an die ‘Strapazen mit Saundra´, von denen meine Eltern natürlich nichts erfahren dürfen und lege mir geistig schon zurecht was ich ihnen über unsere Beziehung berichte und was nicht.

Unser gemeinsamer Abend verläuft sehr harmonisch, indem wir zusammen Mum‘s köstliche Steaks genießen und ich meine Abenteuer aus dem Dschungel zum Besten gebe.

Allerdings immer darauf bedacht, die ‚besonderen‘ Nächte mit Saundra auszusparen, womit sich meine Eltern durchaus zufrieden geben und offenbar von ganz normalen Liebesnächten ausgehen, welche keinem extra Kommentar bedürfen.

Nachdem ich meinen Bericht mit der Trennung von Saundra, welche ich allerdings etwas anders dargestellt habe als sie wirklich war, beendet habe blicken mir meine Eltern mitleidig in die Augen und es herrscht zunächst eine betroffene Stille.

Bis Dad leise murmelt „Das tut mir sehr leid für dich mein Sohn! Vor allem, dass es so kurz nach der schweren Trennung von Faith passiert ist. Du hättest ein wenig mehr Glück mit den Frauen verdient, immerhin bist du ein gutaussehender junger Mann mit dem man Pferde stehlen kann.

Ich verstehe diese Weiber nicht, erkennen die alle die inneren Werte eines Menschen nicht? Oder worum geht es denen eigentlich?“ schaut er mir kopfschüttelnd und traurig mit seinen grauen Augen ins Gesicht und tätschelt meine rechte Hand.

„Ach Dad, lass‘ mal! Ich komme schon irgendwie darüber hinweg, vielleicht war es ja auch ein wenig meine eigene Schuld. Ich hätte mich gar nicht auf sie einlassen sollen, immerhin war sie die Tochter meines Arbeitgebers, da hätte ich von herein schon Stopp sagen müssen und außerdem spielt sie in einer ganz anderen Liga als ich.

Die Dunaways sind stinkreich und gehören zu den oberen Zehntausend, da passe ich doch sowieso nicht hin, das hat sich schon bei unserem Essen im Mardel in Veracruz gezeigt. Davon habe ich doch vorhin erzählt.“ entgegne ich ihm schulterzuckend.

„Aber dass du ihretwegen nicht wenigstens bis zur Pressekonferenz geblieben bist, ist sehr schade!“ wirft Mum ein.

„Du hättest doch auch einmal in die Kameras lächeln können und wenigstens den Ruhm mit nach Hause nehmen können der dir gebührt. Denn ohne dich hätte dieser Mr. Dunaway die Grabkammer niemals gefunden.“ echauffiert sie sich.

„Mum bitte! Ich wollte Saundra einfach nicht mehr über den Weg laufen und dass ich mit der Presse sowieso auf Kriegsfuß stehe weißt du auch. Ich möchte gar nicht so sehr in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt werden, also ist das schon in Ordnung so.

Außerdem zahlt Lázló mein Gehalt weiter, bis ich wieder an der Universität anfangen kann oder einen anderen Job annehme. Somit brauche ich mir also um meinen Lebensunterhalt keine Gedanken machen.“ antworte ich und blicke seufzend auf meine Hände, welche Dad immer noch mit den seinen bedeckt und sanft streichelt.

Wie schön wieder zu Hause zu sein und die Geborgenheit des Elternhauses zu spüren und Eltern zu haben, die mich ausnahmslos lieben egal was geschieht oder was ich mache.

Sie stehen immer hinter mir und gerade jetzt weiß ich das wieder ganz besonders zu schätzen.

„Aber dieser Fund könnte dich doch wirklich berühmt machen, Matt! Warum wehrst du dich so dagegen? Stell’ dir vor welche Möglichkeiten dir dann vielleicht offen stehen!“ sagt Mum, dreht ihre blauen Augen aus dem Kopf und sieht mich herausfordernd an.

„Mum!“ entgegne ich sanft.

„Diese Entdeckung wird mich trotzdem berühmt machen, auch wenn ich der Pressekonferenz nicht beiwohne. Denn Lázló meinte, er hätte Glyphen auf der Krone gesehen woraufhin die Geschichte und die Historie der Maya vielleicht neu geschrieben werden müsste.

Aber das überlasse ich lieber denjenigen Archäologen, die sich auf Mittelamerika spezialisiert haben und sich wirklich damit auskennen.

Meine Aufgabe war es nur dort eine Grabkammer zu finden und das habe ich, aber mit der Geschichte, den Kunstwerken und der Schrift dieses Volkes kenne ich mich nach wie vor nicht aus.

Obwohl es mich inzwischen tatsächlich brennend interessiert und wenn Collins momentan keinen geeigneten Lehrstuhl für mich hat, werde ich eben einen Kurs über die Geschichte Mittelamerikas besuchen. Mit meinen Kenntnissen über ägyptische Geschichte allein komme ich in Mexiko leider nicht weiter.“ hebe ich bedauernd die Schultern und lächle sie an.

„Mach‘ dir keine Sorgen um mich Mum…“ spreche ich behutsam weiter, wobei ich meine Hände denen meines Vaters entziehe und stattdessen ihre Hände in meine nehme und ihr einen Kuss auf die Fingerknöchel gebe.

„… außerdem wolltest du doch ständig, dass ich wieder nach Hause komme. Was ist, wenn sie mir wieder einen Job in Ägypten anbieten, wo ich dort dann vielleicht wirklich für Monate beschäftigt bin?

Löcherst du mich dann auch wieder jeden Tag damit, dass du mich lieber bei dir zu Hause hättest, wie ein kleines Kind? Ich bin erwachsen, Mum!“ blicke ich ihr fragend in die Augen, wobei ihr Gesicht einen düsteren Eindruck annimmt.

„Ja, ich weiß! Ich sollte das nicht tun…“ flüstert sie schuldbewusst und sieht mir traurig in die Augen.

„… aber was soll ich denn machen? Du bist mein Ein und Alles und ich liebe dich nun mal Matt und ich habe immer Angst davor, dass dir irgendetwas passieren könnte. Ich will dich einfach nicht verlieren, schließlich bist du mein einziger Sohn.“

„Mum!“ sage ich bestimmt und nehme ihre Hände fest in meine.

„Du hast aber auch noch eine Tochter die dich ebenso braucht! Kylie war schon immer eifersüchtig darauf, dass du mich ständig bevorzugt hast. Vielleicht solltest du dich auch einmal etwas mehr um sie kümmern. Sie liebt dich auch!“ gebe ich ihr zu verstehen und denke an die elektronische Korrespondenz mit meiner Schwester, als ich in Palenque war.

„Ich weiß ja…“ sagt sie seufzend.

„… ich war nicht immer gerecht Kylie gegenüber, aber sie ist ja nun auch fort und sie ist eben so ganz anders als du! Was soll ich denn machen?“ fragt sie schulterzuckend.

„Mummy, du kannst ihr auch Mails schreiben. Sie würde sich bestimmt freuen und außerdem hast du doch noch Dad!“ zwinkere ich meinem Dad verschmitzt zu.

„Er hat dich damals aus Liebe geheiratet und ich denke, er liebt dich noch immer, sonst wäre er schon längst nicht mehr hier.

Wie wäre es, wenn du auch ihm ab und zu zeigst, dass du ihn ebenfalls noch liebst? Verbringe deine Zeit mit ihm, er hat es durchaus verdient meinst du nicht?“ frage ich sie sanft und wohlwissend, dass sie Dad eine sehr lange Zeit vernachlässigt hat, in der sie ihre ganze Liebe auf mich gerichtet hat und das sind immerhin schon dreiundzwanzig Jahre!

Es wundert mich manchmal wirklich, dass Dad das Ganze so lange ausgehalten hat und er muss Mum tatsächlich sehr lieben.

Er blickt sie schmunzelnd von der Seite an, wobei er sacht seinen Arm um ihre Schultern legt, sie an sich zieht und ihr einen sanften Kuss auf die Wange drückt, was ein Lächeln auf ihr Gesicht zaubert.

„Ich weiß Matt! Du hast ja Recht! Ich will es versuchen!“ sagt sie leise und schaut meinem Dad tief in die Augen, welcher ihr nun einen zärtlichen Kuss auf die Lippen drückt.

Etwas verlegen schaue ich auf meine Armbanduhr und murmle wie beiläufig „Was schon so spät? Mum, Dad! Ich glaube ich verziehe mich lieber auf mein Zimmer und versuche heute Nacht ein wenig mehr zu schlafen als gestern!“

Somit stehe ich auf, lächle die beiden noch einmal an und mache mich auf den Weg in mein altes Kinderzimmer wo ich mich bis auf die Shorts ausziehe und mich erschöpft, vom vielen Erzählen in die Kissen kuschle.

Und tatsächlich falle ich in einen tiefen traumlosen Schlaf, der mich am nächsten Morgen erholt und ausgeruht aufwachen lässt.

Neun Wochen später!

Anfang bis Mitte Januar habe ich mich wieder einigermaßen gefangen und bringe es wenigstens fertig nicht mehr jede Sekunde an Saundra zu denken.

Obwohl mich die Sehnsucht nach ihrem weichen Körper mit ihrem betörenden Duft und jede einsame Nacht, die ich allein in meiner Wohnung verbringe, grausam plagt.

Nachdem ich mit meiner kompletten Familie Weihnachten und Sylvester in trauter Gemeinsamkeit verbracht habe, besuche ich seit fünf Tagen einen Kurs für mittelamerikanische Geschichte, weil an der Universität derzeit tatsächlich kein geeigneter Lehrstuhl für mich frei war.

Gleichzeitig hat man mir die Grabungsleitung für ein Projekt in Luxor angeboten, aber ich bin noch am überlegen, ob ich wirklich wieder für Monate im Staub der Wüste Ägyptens und ihrer sengenden Sonne arbeiten möchte.

Zudem rief mich Lázló gestern an, um mir einen Auftrag in Ungarn anzubieten.

Er hätte dort Anhaltspunkte gefunden dass auf der Burg Nádasdy, wo seine Vorfahrin die Gräfin Erzébet Báthory einige ihrer Lebensjahre verbracht hat, irgendetwas Bedeutendes versteckt sein soll.

Weil ich aber weder ihm noch Saundra erneut begegnen will habe ich den Vorschlag dankend abgelehnt.

Insgeheim denke ich vor allem, dass ich das Glitzern in den Augen von Lázló emotional nicht ertragen kann, weil er die gleichen Augen hat wie Saundra.

Obwohl er immer noch mein Gehalt zahlt und ich deswegen schon ein schlechtes Gewissen habe versicherte ich ihm, dass ich bald selbst wieder in Lohn und Brot stehe und zog während des Gesprächs gedanklich den Job in Ägypten doch wieder in Erwägung.

Meine Schwester Kylie ist kurz nach Sylvester wieder nach Boston geflogen und ich besuche sonntags meistens meine Eltern, so wie heute, um mir die Langeweile zu vertreiben.

Dad ist kurz nach draußen in den Schuppen gegangen, um Holz für den gemütlichen Kachelofen zu holen, der bei meinen Eltern im Wohnzimmer steht und immer eine wohlige Wärme verbreitet.

Unterdessen helfe ich Mum in der Küche Gemüse für den Lunch zu schneiden, als plötzlich ein schwarzer Sportwagen die Straße heraufjagt und vor unserer Veranda neben meinem alten klapprigen Buick Regal Baujahr neunzehnhundertneunundneunzig anhält.

Nach einem intensiven Blick aus dem Fenster erkenne ich erschreckt einen Mercedes SLS AMG.

„Scheiße Mum! Das ist Saundra!“ rufe ich erschrocken aus und lasse das Messer unvermittelt fallen.

„Ich gehe nach oben! Ich will sie nicht sehen! Bitte halte sie mir vom Leib!“ bitte ich sie und verlasse hastig die Küche.

Überstürzt eile ich die Stufen nach oben und drücke mich an einer Stelle an die Wand, wo man mich von unten nicht sehen kann.

Verdammt!

Was will sie hier?

Hat Lázló sie geschickt um mich für den Job in Ungarn zu überreden?

Ja, natürlich!

So wird es sein! Denn was sollte sie sonst schon hier wollen … mich wollte sie ja nicht!

Kurz darauf klingelt es auch schon an der Eingangstür und ich kann hören wie Mum die Tür öffnet.

„Was wollen Sie hier?“ begrüßt sie Saundra in einem unfreundlichen Tonfall.

„Entschuldigung Mrs. Bolder?“ höre ich Saundra lieblich fragen.

„Ich bin Saundra Dunaway, guten Tag! Ich habe mir sagen lassen, dass Matt bei Ihnen wäre. Ich müsste ihn dringend sprechen bitte! Es ist sehr wichtig!“

„Sie sind das also, die meinen Sohn so unglücklich gemacht hat?“ bellt Mum forsch zurück.

„Ja, er ist hier, aber für Sie ist er nicht zu sprechen. Er will Sie nicht sehen, also verlassen Sie augenblicklich unser Grundstück.“

„Bitte Mrs. Bolder! Nur kurz! Ich muss ihm etwas Wichtiges sagen. Bitte darf ich herein kommen!“ fleht Saundra meine Mutter regelrecht an und ich schlucke betreten den Kloß hinunter, der sich in meinem Hals bildet als ich ihre Stimme höre.

„Ich sagte doch schon, er will Sie nicht sehen, also gehen Sie oder ich rufe die Polizei!“ bleibt Mum weiterhin unfreundlich.

„Mrs. Bolder, bitte!“ bettelt Saundra weinerlich weiter und ruft dann laut.

„Matt! Matt bitte! Ich muss mit dir reden, mir ist in den letzten Wochen vieles klar geworden…“

„Verschwinden Sie endlich und lassen Sie meinen Sohn in Ruhe!“ unterbricht meine Mum sie laut und zischend wie eine Schlange und ich kann hören wie sie die Haustür zuknallt.

„Matt! Bitte! Hör‘ mich doch wenigstens an!” ruft Saundra von draußen durch die geschlossene Eingangstür und ich halte mir kopfschüttelnd die Ohren zu.

Damit ich am Ende nicht doch noch weich werde lasse ich mich an der Wand entlang herunterrutschen, so dass ich meinen Kopf auf den Knien bergen kann und spüre leichte Kopfschmerzen aufkommen.

Kapitel 2

Nach einer gefühlten Ewigkeit legt sich plötzlich ein Arm um meine Schulter und jemand zieht mir die Hände von den Ohren.

„Matt! Sie ist weg!“ raunt meine Mum sanft neben meinem Ohr, nimmt mich in beide Arme und wiegt mich hin und her wie ein Kleinkind.

Langsam hebe ich meinen Kopf, um die Nasenwurzel zwischen meinen beiden Zeigefingern festzuhalten, während ich die Ellbogen auf den Knien aufstütze und tief seufze.

„Tut mir leid Mum, aber ich hätte es jetzt nicht ertragen sie zu sehen. Eigentlich bin ich schon froh, es geschafft zu haben, nicht mehr jede Sekunde an sie zu denken und mir zu wünschen sie in meinen Armen zu halten.“ erkläre ich hilflos und atme tief ein. um mich selbst zu beruhigen und um Mum nicht aus Versehen zu viel zu verraten.

„Ich kann dich sogar ganz gut verstehen, Matt! Sie ist wirklich eine Schönheit und ihr Parfum mag auf euch Männer sicherlich auch sehr anziehend wirken, aber ich frage mich immer noch was sie dir wirklich angetan hat, dass du so heftig reagierst. Du warst ja gerade regelrecht in Panik.“ raunt sie sanft und sucht fragend meinen Blick.

„Nein Mum, nichts hat sie mir angetan! Wirklich nicht!“ antworte ich spontan und sehe ihr dabei bittend ins Gesicht.

„Wir hatten einfach nur verschiedene Vorstellungen von einer Beziehung, das ist alles. Ich wollte eine feste Beziehung und sie nur ein Abenteuer! Wie oft soll ich das denn noch sagen!“ behaupte ich fest und stehe dabei auf, um Mum nicht ganz so nahe zu sein.

Sie kann sicherlich spüren, dass da noch mehr war. Das weiß ich, denn sie hat irgendwie einen siebten Sinn wenn es um mich geht.

„Und das soll ich dir jetzt glauben?“ fragt sie und steht ebenfalls auf.

„Da muss doch mehr gewesen sein? Du kanntest das Mädchen noch nicht einmal vier Wochen und dein Liebeskummer ist hundert Mal schlimmer als damals bei Faith, mit der du schon drei Jahre zusammen warst?“ stellt sie fest und schaut mir fordernd in die Augen und ich weiß schon gar nicht mehr wo ich meinen Blick hinwenden soll als Dad aus dem Hauseingang ruft.

„Laura? Matt? Wo seid ihr denn alle? Gibt es heute nichts zu Mittag?“

Daher löse ich meinen Blick von Mum und wende mich dem Treppenabsatz zu, wo Dad mit einem Weidenkorb voll frisch gehackten Holzscheiten steht.

„Doch Dad natürlich! Wir wurden in unseren Kochbemühungen leider etwas gestört!“ rufe ich zurück.

Er wartet am Ende der Treppe auf mich, während ich hinuntereile und schaut mich verstört an.

„Und dazu musstet ihr nach oben gehen? Ich verstehe nicht?“

„Saundra war hier! Hast du das in deinem Schuppen nicht mitbekommen?“ frage ich zurück.

„Nein, wenn ich Holz hacke höre ich meistens nichts!“ gibt er mir zur Antwort und ich rieche den Burley Tabak an seinem Körper.

Somit hatte er sich also vom Schuppen entfernt, um zu rauchen und hat vielleicht tatsächlich nichts mitbekommen.

„Ich wollte sie nicht sehen und bin deshalb nach oben gegangen, während Mum sie abgewimmelt hat und sie hat mir gerade einfach nur wieder grünes Licht gegeben, dass Saundra wieder weg ist.

Das ist alles Dad! Keine Sorge, der Lunch wird schon noch rechtzeitig fertig!“ versuche ich in anzulächeln.

Er stellt seinen Korb ab und packt mich fest um die Hüften, wobei er mich lachend Richtung Küche schiebt.

„Na dann! Auf in die Küchenschlacht mein jugendlicher Held! Ich habe Hunger!“ scherzt er verwegen.

„Dad! Musst du immer wieder darauf hinweisen?“ frage ich ihn tadelnd.

„Na, wenn mein Sohn einer jungen schönen Frau zweimal das Leben gerettet hat, dann ist das durchaus einer Bemerkung wert.“ schmunzelt er.

„Wenn ich das gewusst hätte, dass du immer wieder damit anfängst hätte ich es lieber unerwähnt gelassen!“ grinse ich gequält zurück.

„Tja, das hätte dir aber gar nichts genutzt, denn Mr. Dunaway hat in seinem Interview einen Tag nach deiner Rückkehr ja alles lang und breit im Fernsehen erzählt.“ plappert er fröhlich vor sich hin.

„Ich hatte ja gehofft diese Saundra dann auch einmal zu sehen, aber irgendwie haben die Fernsehleute sie gar nicht gezeigt! Schade! Und gerade eben, habe ich sie offenbar wieder verpasst!“ sagt er enttäuscht, schürzt beleidigt die Lippen und wendet sich wieder seinem Weidenkorb zu, den er mit den Holzscheiten ins Wohnzimmer verfrachtet.

Mum hat mich inzwischen eingeholt, nimmt mich am Ellbogen und zieht mich wieder in die Küche.

„Was war jetzt wirklich mit dem Mädchen? Warum sprichst du nicht mir darüber? Ich spüre doch, dass da noch mehr war! Matt! Ich bin deine Mutter und du kannst mir alles sagen.

Bitte! Ich mache mir Sorgen um dich! Ich sehe doch, dass du leidest wie ein Hund und trotzdem weigerst du dich sie zu sehen, obwohl sie heute fast schon um ein Gespräch gebettelt hat? Du hättest dich vom ersten Stock aus doch einfach nur bemerkbar machen müssen.

Seit Wochen verkriechst du dich in deiner Wohnung, willst niemanden sehen und wegen der aufdringlichen Presse hast du sogar dein Telefon lahmgelegt.“ sagt sie sanft aber fordernd und schaut mir direkt in die Augen.

Wehmütig senke ich den Blick und schließe die Augen, denn ich kann es nicht ertragen wenn sie mich so ansieht.

„Mum! Bitte! Ich kann und werde nicht mit dir darüber sprechen. Das ist eine Sache die nur Saundra und mich etwas angeht! Akzeptiere das bitte endlich! Ich werde irgendwann über sie hinwegkommen und bis dahin…“ seufzend mache ich eine kurze Pause und hole tief Luft bevor ich weiterspreche.

„… bin ich euch dankbar wenn ihr für mich da seid, aber lasst das Thema Saundra einfach ausgespart! Bitte!“

Mein Blick fällt abermals in ihr sorgenvolles Gesicht und auch sie schließt ebenfalls kurz die Augen.

„Gut! Okay! Wenn du es so willst, dann werde ich nicht wieder von ihr anfangen und es auch deinem Vater sagen, aber du weißt dass ich immer für dich da bin, wenn du irgendwann doch noch darüber reden willst!“ versichert sie mir liebevoll.

„Ich weiß Mum! Aber das ist wirklich nicht nötig! Ich schaffe das auch allein!“ sage ich gedankenverloren und wende mich wieder meinem Gemüse zu, das noch klein geschnitten werden muss.

Schweigend verrichten wir unsere weiteren Kochbemühungen, wobei mich Mum immer wieder forschend von der Seite anblickt, bis der Sonntagsbraten endlich in der Röhre verschwindet und ich mich für die nächsten zwei Stunden aus meinem Elternhaus stehle.

Es ist sehr kalt an diesem elften Januar zweitausendfünfzehn und der eisige Wind treibt mir scharfkantige Schneeflocken ins Gesicht, welche sich anfühlen wie lauter kleine Rasiermesser.

Fröstelnd ziehe ich daher den Kragen meiner Jacke bis zur Nasenspitze hoch und stapfe durch den frisch gefallenden Schnee, der wie duftige Watte dünn den Boden bedeckt.

Ich denke an Mexiko zurück, an die angenehmen Temperaturen, welche die streichelnden Sonnenstrahlen hervorbrachten und … natürlich an Saundra!

Was wollte sie heute Morgen wirklich?

Sie sagte ihr ist in den letzten Wochen vieles klar geworden … aber was?

Liebt sie mich am Ende doch?

Nein, das kann alles nicht sein.

Mit ziemlicher Sicherheit hat sie nur ihr Vater geschickt um mich zu überreden mit ihm nach Ungarn zu gehen und um diese Burg Nádasdy zu untersuchen.

Hätte sie sich etwa wieder mit mir eingelassen, nur damit ihr Vater zu seinem Willen kommt und hätte sie mich dann wieder so brutal fallen lassen?

Das könnte ich kein zweites Mal aushalten!

Die letzten neun Wochen waren die Hölle für mich, weil ich diese abrupte Trennung bis heute nicht verstehen kann.

Habe ich ihr denn nicht in allem nachgegeben und mich ihr so gut wie willenlos hingegeben?

Habe ich denn nicht nur ihre Liebkosungen genossen, sondern auch die Schmerzen ausgehalten die sie mir zufügte?

Warum nur hat sie mich einfach so abserviert?

Doch je länger ich darüber nachdenke und zu keinem Ergebnis komme verstärken sich meine Kopfschmerzen immer mehr, welche ich schon leicht spürte als ich auf dem Boden hockte und meinen Kopf auf den Knien barg.

Für die Schönheiten der Natur hier draußen habe ich heute gar kein Auge, auch nicht für den kleinen Bachlauf der das Grundstück meines Elternhauses umfließt und bei dem wir als Kinder oft gespielt haben.

Somit trotte ich emotional ausgelaugt wieder zum Haus zurück und klopfe mir den Schnee von der Jacke und aus den Haaren.

„Matt? Wo warst du denn so lange?“ begrüßt mich meine Mum als ich die gute Stube betrete, wo sie den Tisch schon für den Lunch liebevoll gedeckt hat.

„Nur ein wenig spazieren, Mum! Aber die frische Luft konnte meine Kopfschmerzen, die ich seit heute Morgen habe, leider nicht vertreiben. Im Gegenteil, sie hat sie nur noch schlimmer gemacht!“ sage ich bedauernd und ziehe meine Jacke aus, welche ich neben dem Kachelofen zum Trocknen aufhänge.

„Na, das wundert mich auch nicht, wenn du ohne Mütze an die eiskalte Luft gehst und warum sagst du mir nicht, dass du Kopfschmerzen hast? Ich hätte dir ein Aspirin gegeben und dann wäre es jetzt schon vorbei. Also komm setz‘ dich erst einmal und ich hole dir noch eine Kopfschmerztablette!“ sagt sie kopfschüttelnd, verschwindet in der Küche und ich lasse mich auf die gemütliche Bank im Wohnzimmer fallen.

Dabei lasse ich meinen immer mehr schmerzenden Kopf in meine Hände fallen und stütze dabei die Ellbogen auf dem Tisch auf.

Die Kopfschmerzen kommen aber bestimmt nicht von der kalten Luft, sondern eher von Saundras unerwartetem Auftritt heute Morgen.

Dad werkelt mit dem Kachelofen herum, legt Holz nach und meint wie nebenbei.

„Hat das Mädchen dich so durcheinander gebracht, dass du sogar Kopfschmerzen davon bekommen hast?“

„Dad, bitte! Hat Mum es dir nicht gesagt? Ich möchte mit euch nicht weiter über Saundra sprechen, vor allem nicht mehr heute. Lass‘ das Thema einfach, bitte!“ sage ich aufbrausend, nehme dabei zunächst meine Hände flehend und abwehrend zur Seite, um sie daraufhin zu falten und meine Stirn tief seufzend darauf zu betten.

Schließlich setzt sich Dad neben mich auf die Bank und legt einen Arm um meine Schultern.

„Tut mir leid mein Junge! Natürlich hat es mir deine Mutter gesagt, aber ich wusste nicht dass dich die Sache mit dem Mädchen tatsächlich so mitnimmt!“ sagt er sanft und reibt mit der anderen Hand meinen Oberarm.

„Wie gesagt, es tut mir leid! Ich werde dich also künftig nicht mehr darauf ansprechen, aber du weißt wo du mich findest, wenn du eines Tages doch darüber reden willst!“

Tief Luft holend antworte ich genervt und etwas lauter.

„Ich weiß Dad! Mum hat es mir auch angeboten, aber ich will und kann mit euch einfach nicht darüber reden und ich möchte in Zukunft nicht ständig an sie erinnert werden. Akzeptiert das bitte beide! Ich werde irgendwann über sie hinwegkommen und ich mache das verdammt nochmal mit mir selbst aus.“

Dad nimmt beide Hände von mir und hebt sie abwehrend.

„Okay! Alles klar! Ich habe verstanden! Künftig kein Ton mehr davon! Wie lange bleibst du heute?“ geht er übergangslos zu einem anderen Thema über.

Kopfschüttelnd aber lächelnd sehe ich ihn von der Seite an, weil er mich schon immer schneller und besser verstanden hat als Mum.

„Ich denke, ich werde heute schon nach dem Lunch nach Hause fahren. Ich habe Kopfschmerzen und es geht mir im Moment deswegen nicht so gut, vielleicht sollte ich mich zu Hause einfach etwas hinlegen! Danke Dad!“ sage ich nun wieder etwas sanfter, um ihn nicht vor den Kopf zu stoßen.

Er streichelt mir nun tröstend über den Rücken und sagt mitfühlend.

„Verstehe! Du musst die Sache einfach mit dir selbst ausmachen … ist vielleicht auch besser so. Dann mach‘ das was du für richtig hältst, schließlich bist du alt genug dafür. Deine Mutter versteht das immer nicht, dass wir Männer manche Sachen allein verarbeiten müssen…“ sagt er mitfühlend bis ihn die Stimme meiner Mum unterbricht.

„Was ist mit mir? Was verstehe ich nicht?“ sagt sie herausfordernd und hält eine Packung Aspirin in den Händen.

„Nichts Laura! Alles gut! Lass‘ unseren Sohn jetzt einfach einmal in Ruhe seinen Lunch essen und dann will er sowieso wieder heim fahren.“ tut er so als wäre nichts gewesen.

„Ach so!“ sagt sie enttäuscht und ich sehe ihrem Gesicht an, dass sie sich verzweifelt bemüht nicht wieder von Saundra anzufangen.

„Hier! Deine Kopfschmerztabletten! Aber nimm‘ erst einmal nur eine, wenn du noch Auto fahren musst!“ sagt sie etwas geknickt, reicht sie mir die Packung Aspirin und schwirrt wieder in die Küche ab, um den Sonntagsbraten zu holen, welcher köstliche Duftschwaden durch den Raum ziehen lässt.

Solche aufwändigen und zeitintensiven Speisen sind in der Regel in Amerika am Sonntagmittag gar nicht üblich, aber Mum hat diese Tradition von ihrer deutschen Mum übernommen.

Grandma hat viele Speisen und Rezepte ihrer ursprünglichen Heimat in unserer Familie eingeführt, die wir alle heute nicht mehr missen möchten und dem amerikanischen Fast Food auf jeden Fall vorziehen.

Somit drücke ich eine Tablette aus dem Streifen und schlucke sie mit einem Glas Wasser hinunter in der Hoffnung, dass sie schnell wirkt.

Der gemeinsame Lunch verläuft etwas einsilbig und ich bin meinen Kopfschmerzen sogar ein wenig dankbar, dass ich mich ihretwegen heute schon so früh verabschieden muss und auf diese Weise den fragenden Blicken meiner Mutter entkomme.

Aber ich wünschte mir trotzdem, Saundra wäre nie hier aufgetaucht, denn dann hätte es ein fröhlicher Sonntag werden können wie alle anderen auch.

Kurz nach dem Essen verabschiede ich mich ohne viel Aufhebens, steige in meinen alten Buick Regal und fahre Richtung Philadelphia.

Doch statt zurück zu meiner Wohnung in der der 3417 Spruce Street, die direkt um die Ecke von der Universität liegt, steuere ich das Mütter Museum in der zweiundzwanzigsten Straße an, weil meine Kopfschmerzen etwas besser geworden sind und ich nicht so ganz sinnlos zu Hause herumsitzen will.

Das Museum liegt ebenfalls in der Nähe der Universität, jenseits des Delaware Rivers und ich schaue mir zwar wenig interessiert, aber immerhin etwas abgelenkt von den Gedanken an Saundras überraschenden Besuch, den Nachmittag über alte Knochen an.

Nachdem das Museum um fünf Uhr p.m. schließt, mache ich mich doch auf dem Heimweg, denn auch meine Kopfschmerzen kehren langsam aber stetig wieder zurück.

Ich parke meine alte Schüssel in der Nähe meiner Wohnung und hole mir aus der Pari Le Petit Créperie, die gleich um die Ecke liegt noch etwas Belegtes, denn mein Kühlschrank ist wieder einmal leer wie immer und ich betrete nichtsahnend den Hausflur.

Schon als ich die Treppe nach oben gehe steigt mir ein bekannter Parfumgeruch in die Nase und als ich noch so überlege zu wem er gehört sehe ich sie auch schon auf der letzten Stufe sitzen … Saundra!

Erschrocken bleibe ich einen kurzen Moment stehen und als sie langsam aufstehend meinen Blick einfängt beschließe ich schnell an ihr vorbei zu gehen.

„Matt, bitte! Lass‘ uns reden!“ fleht sie mich mit glitzernden grünen Augen an.

„Ich vermisse dich!“

Doch als ich neben ihr auf der gleichen Stufe stehe drehe ich meinen Kopf nur halb zu ihr hin, so dass ich ihre Augen nicht sehen muss und halte meinen Blick zu Boden gerichtet.

„Lass‘ mich in Ruhe Saundra! Du hast mich doch nie wirklich gewollt! Du hast immer nur ein Spielzeug gebraucht. Das ist mir in unserer letzten Nacht klar geworden und du hast mich mit deiner Ablehnung emotional tief verletzt und das nicht nur mit deiner Peitsche, weißt du das eigentlich?“ sage ich verbittert.

„Matt! Das tut mir entsetzlich leid! Heute weiß ich, dass das falsch war und ich möchte es wieder gut machen, bitte!“ raunt sie mir tränenerstickt zu, doch ich mache wieder einen Schritt nach vorne und atme tief ein.

„Vergiss‘ es Saundra! Es gibt nichts mehr zu reden zwischen uns beiden! Du hast mich nur benutzt und jetzt bist du wahrscheinlich auch nur hier, weil dein Vater dich geschickt hat, um mich zu überreden mit ihm nach Ungarn zu gehen und dieses verdammte Etwas zu suchen!“ sage ich echauffiert und habe in dem Moment meine Wohnungstür erreicht.

Schnell schließe ich sie auf, während sie hinter mir her eilt und mich vorsichtig mit einer Hand an der Schulter berührt, was wie ein Stromschlag durch meinen gesamten Körper fährt.

„Matt, bitte! Ich weiß nichts von Dad’s Plänen und was er vorhat! Ich habe ihn seit Palenque weder gesprochen noch gehört. Was meinst du denn mit Ungarn und einem verdammten Etwas? Ich habe wirklich keine Ahnung wovon du sprichst.“ sagt sie fast verzweifelt.

Doch ich schüttle ihre Hand ab, öffne meine Wohnungstür und schiebe sie schnell mit dem Arm von mir weg, um ihr kopfschüttelnd und mit einem traurigen Blick die Tür vor der Nase zu zuschlagen.

„Matt!“ schreit sie auf und trommelt mit den Fäusten gegen die Tür.

„Bitte lass‘ mich rein! Matt, bitte! Ich muss mit dir reden! Du kannst mich doch jetzt nicht einfach hier so stehen lassen? Bitte! Ich habe den ganzen Nachmittag auf dich gewartet.“

„Lass‘ mich einfach zufrieden Saundra! Hau‘ ab, wohin auch immer! Es ist mir egal, aber trete mir nie mehr unter die Augen! Verdammt noch mal!

Ich habe dich geliebt … sehr sogar und du hast meine Gefühle nur missbraucht und mit Füßen getreten, indem du nur mit mir gespielt hast.

Was willst du also noch von mir? Mich noch mehr verletzen und noch mehr demütigen? Hat es dir Spaß gemacht oder hat es dir noch nicht gereicht?“ schreie ich wütend durch die Tür zurück.

„Nein Matt! Das stimmt nicht ganz!“ sagt sie laut aber bittend.

„Ich habe dich in den letzten Wochen schrecklich vermisst und mir ist klar geworden…“ es wird plötzlich still und sie macht eine lange nachdenkende Pause.

„… dass ich dich liebe!“

Die letzten Worte kommen gedämpft und tränenerstickt, doch mein Blut ist viel zu sehr in Wallung, als dass ich ihr das jetzt einfach so glauben kann.

„Du bist eine gute Schauspielerin Saundra! Du glaubst doch nicht wirklich, dass ich dir das einfach so abnehme nach allem was geschehen ist?“ sage ich eine Spur sanfter, aber immer noch aufgebracht.

„Und das alles nachdem dein Vater mich gestern erst für einen Auftrag in Ungarn unbedingt dabei haben wollte? Mach’ mir doch nichts vor. Er hat dich doch geschickt damit du mich wieder einwickelst nachdem ich dankend abgelehnt habe oder etwa nicht?

Außerdem werde ich demnächst für Monate, vielleicht sogar für Jahre wieder nach Ägypten gehen und damit hat sich die ganze Sache ohnehin ein für alle Mal erledigt. Geh‘ endlich! Ich will dich nie mehr sehen, Saundra! Hau‘ endlich ab!“ sage ich laut und bestimmt und bohrender Kopfschmerz durchzuckt meinen Kopf.

Mit Daumen und Zeigefinger der linken Hand reibe ich mir die Augen, während ich mit der Rechten mein belegtes Sandwich in den leeren Kühlschrank werfe, denn jetzt ist mir jeglicher Appetit vergangen.

„Nein Matt! Das ist nicht wahr! Ich weiß nichts von Dad’s Vorhaben! Wir haben uns an dem Tag zerstritten, als du von Palenque nach Hause geflogen bist und seitdem hatten wir keinen Kontakt mehr zueinander! Ich bin nur hier um dir zu sagen, dass ich die liebe und mit dir reden möchte. Mehr nicht! Bitte!“ bettelt sie und ihre Stimme klingt traurig, denn sie wurde beim letzten Satz immer leiser.

Ich bin total verwirrt und Adrenalin überschwemmt meinen Körper, was noch mehr Kopfschmerz verursacht und aus einer Nachbarwohnung schreit jemand auf den Flur.

„Ist endlich einmal Ruhe da draußen? Es reicht! Wir wollen nichts von den Beziehungsproblemen anderer Leute wissen, wir haben selbst genug davon!“

Na, toll!

Jetzt haben es auch schon die Nachbarn mitbekommen, genauso wie einst, als ich Faith aus der Wohnung geworfen habe.

Zum Glück ist wenigstens Mrs. White verreist und sie muss sowieso nicht wieder alles haarklein mitbekommen so wie damals, aber wie soll ich Saundra jetzt vor meiner Wohnungstür loswerden?

Mein Kopf hämmert und mir wird schon fast schwindelig vor Schmerzen.

„Lass‘ mich einfach zufrieden Saundra und geh‘ nach Hause. Ich habe schon den ganzen Tag schreckliche Kopfschmerzen und werde jetzt ins Bett gehen, um morgen wieder fit zu sein. Bitte geh‘ einfach und komm‘ nie wieder zurück!“ rufe ich erneut Richtung Wohnungstür und es kommt nur noch ein hoffnungsloses Flüstern zurück.

„Ich gebe nicht so einfach auf, Matt! Jetzt, wo ich endlich weiß wie sich Liebe anfühlt und ich weiß, dass ich nur dich liebe!“ ruft sie gedämpft zurück.

Demzufolge tritt plötzlich Stille ein und ich spähe wenig später durch meinen Türspion, kann aber niemanden mehr sehen und gehe davon aus, dass Saundra endlich aufgegeben hat und gegangen ist.

Zum Glück habe im Mum‘s Aspirin in die Jackentasche gesteckt und werfe gleich zwei davon ein mit etwas Leitungswasser, denn an Einkaufen habe ich natürlich wieder einmal nicht gedacht und infolgedessen auch keine anderen Getränke mehr zu Hause.

Behäbig lasse ich mir deshalb eine heiße Badewanne ein und schütte den letzten Rest eines Erkältungsbades dazu, in der Hoffnung den Kopf wieder einigermaßen frei zu bekommen doch ich merke schon nach einigen Minuten, dass ich aufpassen muss nicht unvermittelt einzuschlafen.

Somit beende ich das Bad schneller als geplant und begebe mich eiligst in mein Bett, obwohl es erst früher Abend ist. Aber die Kopfschmerztabletten und der gleichzeitig leere Magen ringen mich unversehens nieder, womit ich in einen unruhigen und traumgeplagten Schlaf falle der mir fast alle Kraft abverlangt.

Unausgeschlafen und mit widerlichem Sodbrennen rüttelt mich das Piepsen meines Weckers in der Frühe aus einem schrecklichen Traumland, welches sämtliche Ungeheuer der Märchenwelt und der Phantasie Hollywoods bereithielt, wieder einigermaßen wach.

Wenigstens sind die Kopfschmerzen verschwunden, aber ich fühle mich immer noch etwas schwummrig und rolle mich daher träge aus dem Bett.

Unentschlossen überlege ich ob ich heute überhaupt zu meinem Kurs gehen soll, schließlich ist er kein Muss sondern freiwillig und niemand zwingt mich dazu.

Aber das Thema Mittelamerika finde ich inzwischen so spannend, dass ich den Kurs auf keinen Fall verpassen möchte.

Deshalb raffe ich mich also auf mir eine kalte Dusche zu verpassen und meinen fast leeren Kühlschrank zu inspizieren, aber mehr als das belegte Sandwich von gestern Abend gibt er leider nicht her.

Kurzerhand beschließe ich erst einmal ohne Frühstück zur Uni zu gehen, denn die Mensa hält eigentlich auch immer etwas Leckeres bereit.

Somit schlüpfe ich in meine Jeans und ziehe ein rotes Sweatshirt mit Reißverschluss an, werfe eine Jacke über und verlasse meine Wohnung, wobei mich schon wieder fast der Schlag trifft.

Neben der Tür kauert Saundra im Flur auf dem Boden, völlig verweint und mit verschmiertem Make-up!

„Saundra? Was willst du schon wieder hier? Habe ich dir gestern Abend nicht deutlich gesagt, dass ich dich nicht mehr sehen will?“ fahre ich sie an.

„Matt bitte! Ich habe die ganze Nacht hier auf dich gewartet. Ich muss mit dir reden, hör‘ mich doch bitte an. Ich liebe dich!“ fleht sie und dicke Tränen rollen ihre Wangen hinab, wobei ihre Lippen zittern vom Weinen.

Aber immer noch tief enttäuscht von ihrer Abfuhr in Palenque wende ich mich ab, um durch ihre Krokodilstränen nicht wieder weich zu werden und betrete die Treppe.

„Ich sagte dir gestern schon, dass ich dir deine Geschichte nicht abnehme. Also lass‘ mich endlich in Ruhe und ich hoffe du bist weg, wenn ich heute Abend zurückkomme.“ sage ich scharf und wende mich wieder der Treppe zu.

Immer zwei Stufen auf einmal nehmend eile ich diese hinunter und sie ruft mir noch verzweifelt hinterher.

„Matt! Bitte warte!“

Doch ich verlasse schnellen Schrittes das Haus und überquere eilig die Straße, als ich hinter mir plötzlich Autoreifen quietschen höre.

Augenblicklich drehe ich mich um und sehe gerade noch wie Saundra von einem Chrysler Crossfire erfasst wird, über die Motorhaube fliegt und regungslos auf der Straße liegen bleibt.

Oh, mein Gott! Nein!

Saundra!

Unvermittelt muss ich an den Flugzeugabsturz und meinen kurzfristigen Zusammenbruch denken, so dass mir Tränen in die Augen schießen.

Schnell renne ich auf Saundra zu und in diesem Augenblick kann ich meine Gefühle für sie nicht mehr länger unter Kontrolle halten.

Der elegant gekleidete Fahrer des Unfallwagens ist bereits ausgestiegen und beugt sich zu ihr hinunter, um an der Halsschlagader zu prüfen ob sie noch lebt.

Fast wie in Trance knie ich neben ihr nieder und ziehe ihren Oberkörper auf meine Oberschenkel wobei ich ihr sanft über die unverletzte Seite des Gesichts streichle.

„Nein Saundra! Nein! Bitte nicht!“ flüstere ich und sehe zu dem Fahrer des Wagens, um ihn anzuherrschen.

„Rufen Sie doch verdammt noch mal einen Krankenwagen!“

Was dieser sich nicht zweimal sagen lässt und augenblicklich zu seinem Smartphone greift.

Um uns herum herrscht ein Verkehrschaos und neugierige Gaffer sammeln sich, aber ich habe nur Augen für Saundra, lege meine Wange an die ihre und raune ihr zu.

„Saundra, du musst durchhalten bitte! Ich liebe dich doch immer noch! Das wollte ich nicht! Ich wollte nicht, dass dir etwas passiert, verzeih‘ mir!“

Tränen laufen über meine Wangen und der Fahrer des Chrysler geht neben mir in die Hocke.

„Tut mir leid Sir, aber die Frau ist mir einfach vor das Auto gelaufen, ich hatte keine Chance mehr rechtzeitig zu bremsen.“ sagt er entschuldigend.

Seufzend schließe ich die Augen und sage fordernd.

„Wo bleibt denn, der verdammte Krankenwagen?“

„Er ist schon unterwegs, eigentlich müsste er gleich da sein.“ spricht der Mann beruhigend auf mich ein als ich auch schon die Sirenen höre und Saundra sacht in meinen Armen hin und her wiege.

„Ich wollte das nicht Darling!“ wiederhole ich immer wie hypnotisiert, bis mir einer der Sanitäter auf die Schultern tippt.

„Sir?“

Wie durch einen Nebelschleier nehme ich wahr, wie er mir Saundra sanft aus den Armen nimmt und sie mit einem Kollegen auf eine Trage bettet.

Im gleichen Augenblick beugt sich auch schon ein Notarzt zu ihr hinunter, untersucht Ihre Atmung und sieht sich ihre Verletzungen an.

Nebenbei misst ein Sanitäter den Blutdruck und aus den Augenwinkeln sehe ich, wie der Fahrer des Unfallwagens von einem Officer der Polizei verhört wird.

Es kommt mir vor wie eine halbe Ewigkeit, bis sie Saundra endlich in den Krankenwagen schieben und mich ein Sanitäter anspricht.

„Geht es Ihnen gut, Sir?“ fragt er mich, während ich immer noch auf der Straße hocke.

„Ja! Nein! Ich weiß nicht! Es wird schon gehen! Kann ich mitfahren?“ frage ich verstört.

„Leider nein Sir, Sie würden nur stören! Sie können aber jederzeit nachkommen. Es wird in der Notaufnahme sowieso etwas dauern bis alle Untersuchungen vollständig abgeschlossen sind. Sie können sich also ruhig Zeit lassen.“ belehrt er mich.

„Wo bringen Sie sie hin?“ frage ich immer noch völlig neben der Spur.

„Ins Albert Einstein Medical Center! Wir müssen jetzt los, Sir!“ beeilt er sich zu sagen, drückt mir kurz ermunternd die Schulter und lächelt mich kopfnickend an bis er sogleich in den Krankenwagen steigt, die Türen schließt und der Wagen mit Blaulicht und Sirene auch schon losbraust.

Als der Officer auf mich zukommt, rapple ich mich langsam in die Höhe und erzähle ihm auf seine Nachfrage hin alles was ich gesehen habe, was er auch bis ins Detail in seinem Notizbuch notiert und mich mit einem Kopfnicken entlässt nachdem ich meinen Bericht beendet habe.

Der Fahrer des Unfallwagens kommt ebenfalls noch einmal auf mich zu und reicht mir eine Visitenkarte, welche ich in die Gesäßtasche meiner Jeans stecke.

„Bitte melden Sie sich bei mir wenn sie wissen wie es ihr geht! Es tut mir wirklich sehr leid, aber ich hatte gar keine Chance!“ sagt er bedauernd.

„Schon gut Sir! Sie muss mir wohl völlig kopflos hinterher gerannt sein! Eigentlich ist es meine Schuld, ich hätte ihr glauben und mit ihr reden sollen, statt sie einfach stehen zu lassen.“ antworte ich traurig mit Tränen in den Augenwinkeln.

„Soll ich Sie ins Krankenhaus hinterherfahren Sir?“ fragt er mich.

Doch ich schüttle energisch mit dem Kopf und antworte ihm nachdenklich.

„Nein, das ist nicht nötig, ich muss erst noch ihren Vater anrufen. Die ersten Untersuchungen werden ohnehin dauern hat der Sanitäter gemeint. Ich fahre dann selbst hin, aber besten Dank für das Angebot.“

Irgendwie neben mir stehend erreiche ich wieder meine Wohnung und bemerke erst dort, dass meine Kleidung ganz voller Blut ist … Saundras Blut!

Verdammt!

Das ist alles nur meinetwegen passiert!

Warum habe ich ihr bloß nicht zugehört?

Ich werfe meine Jacke und die Jeans in die Badewanne und wasche mir Hände und Gesicht, welche ebenfalls blutverschmiert sind, wonach ich anschließend eine neue Jeans anziehe und mich seufzend auf die Couch fallen lasse.

Schweren Herzens greife ich zum Hörer des Telefons und wähle die Nummer von Lázlós Büro in New York.

„Dunaway Financial and Stock Brokers Incorporation! Sie sprechen mit Dana Burnett. Was kann ich für Sie tun?“ meldet sich eine nette Damen am anderen Ende der Leitung.

„Miss Burnett, hier ist Matt Bolder! Ich muss dringend mit Lázló Dunaway sprechen, bitte!“ sage ich gehetzt!

„Tut mir leid, Sir! Das ist im Moment leider nicht möglich, Mr. Dunaway befindet sich in einer wichtigen Vorstandssitzung. Worum handelt sich Ihr Anliegen, vielleicht kann er Sie zu gegebener Zeit zurückrufen?“ fragt sie mich freundlich.

„Es … ähm … es ist privat und sehr dringend. Bitte stellen Sie mich durch, er wird Ihnen mit Sicherheit keine Schwierigkeiten machen.“ stottere ich herum.

„Entschuldigung Mr. Bolder, so war doch Ihr Name? Aber ich kann Sie unmöglich durchstellen, wenn ich nicht weiß worum es geht.“ sagt sie immer noch freundlich aber bestimmt.

„Saundra … ähm … Mr. Dunaways Tochter hatte einen schweren Unfall! Bitte stellen Sie mich durch, ich muss sofort mit ihm sprechen.“ flehe ich eindringlich und spüre förmlich das Entsetzen der mir unbekannten Dame.

„Einen Moment, sofort!“ schickt sie sich an zu sagen und ich höre ein Knacken in der Leitung.

Nur wenige Augenblicke später meldet sich Lázló aufgeregt.

„Matt! Was ist passiert? Was ist mit Saundra?“ fragt er mich hastig.

„Lázló! Saundra hatte einen schweren Unfall! Ich denke Sie sollten vielleicht so schnell wie möglich hierher kommen.“ informiere ich ihn traurig und schlucke erneut aufkommende Tränen hinunter.

„Matt …? Wo sind Sie überhaupt? Wieso sind Sie bei Saundra? Was ist denn geschehen?“ will er eilig wissen.

„Ich … äh … wo ich bin? Natürlich hier in Philadelphia.

Bis jetzt noch zu Hause in meiner Wohnung, aber ich fahre jetzt gleich ins Krankenhaus. Alles andere erzähle ich Ihnen wenn Sie hier sind.“ sage ich verunsichert.

„Okay! Ich lasse meinen Privatjet sofort startklar machen! Welches Krankenhaus?“ drängt er mich erneut zu einer Antwort.

„Albert Einstein Medical Center!“ sage ich schnell.

„Bin schon unterwegs. Ich bin in einer Stunde bei euch, bis dann!“ antwortet er schnell und ein andauerndes Tuten sagt mir, dass er aufgelegt hat.