Someone like you - Scott & Olivia - Amy Baxter - E-Book
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Someone like you - Scott & Olivia E-Book

Amy Baxter

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Beschreibung

Wie viele Wunden heilt die Zeit?
Scott freut sich auf seinen neuen Job in New York bei einem angesagten Tattoo-Studio. Bis er ihn antritt, arbeitet er in dem Tattooladen seines Kumpels Jake und macht sich eine gute Zeit in San Francisco. Doch dann trifft er Olivia. Sie verbringen eine atemberaubende Nacht miteinander, mit dem Versprechen, diese niemals zu wiederholen. Zu keiner Sekunde hätte Scott damit gerechnet, dass Olivia ihm in Jakes Studio ständig über den Weg läuft. Und noch weniger, dass es ihm mit jeder Begegnung schwerer fällt, an dem Vorsatz aus ihrer gemeinsamen Nacht festzuhalten. Dabei war sich Scott sicher, dass er nie wieder Gefühle für eine Frau entwickeln könnte. Aber Olivia lässt ihn einfach nicht mehr los. Was steckt hinter der kühlen Fassade der toughen Businessfrau? Was hat ihr Tattoo zu bedeuten, aus dem sie so ein Geheimnis macht? Und wird Scott überhaupt in der Lage sein, jemals wieder zu lieben? Denn eins ist klar: Beide müssen die Schatten ihrer Vergangenheit besiegen, um dem Glück eine zweite Chance zu geben ...
Die Liebesgeschichte von Scott und Olivia ist Teil der San-Francisco-Ink-Reihe, deren Romane jeweils unabhängig voneinander gelesen werden können. Weitere Romane der Reihe sind: "Never before you - Jake & Carrie", "Forever next to you - Eric & Joyce", "Hold on to you - Kyle und Peg" sowie die Kurzgeschichte "Simply with you". eBooks von beHEARTBEAT - Herzklopfen garantiert.

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Seitenzahl: 402

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Inhalt

Cover

Der Roman

Die Autorin

Titel

Impressum

Thema

Playlist

Olivia

Scott

Olivia

Scott

Olivia

Scott

Olivia

Scott

Olivia

Olivia

Scott

Scott

Olivia

Scott

Scott

Scott

Olivia

Olivia

Olivia

Olivia

Olivia

Olivia

Scott

Scott

Olivia

Scott

Scott

Olivia

Olivia

Epilog – Acht Monate später Scott

Zehn Tage später

Danke

Der Roman

Wie viele Wunden heilt die Zeit?

Scott freut sich auf seinen neuen Job in New York bei einem angesagten Tattoo-Studio. Bis er ihn antritt, arbeitet er in dem Tattooladen seines Kumpels Jake und macht sich eine gute Zeit in San Francisco. Doch dann trifft er Olivia. Sie verbringen eine atemberaubende Nacht miteinander, mit dem Versprechen, diese niemals zu wiederholen. Zu keiner Sekunde hätte Scott damit gerechnet, dass Olivia ihm in Jakes Studio ständig über den Weg läuft. Und noch weniger, dass es ihm mit jeder Begegnung schwerer fällt, an dem Vorsatz aus ihrer gemeinsamen Nacht festzuhalten. Dabei war sich Scott sicher, dass er nie wieder Gefühle für eine Frau entwickeln könnte. Aber Olivia lässt ihn einfach nicht mehr los. Was steckt hinter der kühlen Fassade der toughen Businessfrau? Was hat ihr Tattoo zu bedeuten, aus dem sie so ein Geheimnis macht? Und wird Scott überhaupt in der Lage sein, jemals wieder zu lieben? Denn eins ist klar: Beide müssen die Schatten ihrer Vergangenheit besiegen, um dem Glück eine zweite Chance zu geben ...  

Die Autorin

Amy Baxter ist das Pseudonym der erfolgreichen Liebesroman- und Fantasyautorin Andrea Bielfeldt. Mit einer Fantasy-Saga begann sie 2012 ihre Karriere als Selfpublisherin und hat sich, dank ihres Erfolgs, mittlerweile ganz dem Schreiben gewidmet. Zusammen mit ihrer Familie lebt und arbeitet sie in einem kleinen Ort in Schleswig-Holstein.

Weitere Infos findest du unter http://amybaxter.de/, http://andrea-bielfeldt.de/ und über Facebook.

Amy Baxter

Someone like you

Scott & Olivia

beHEARTBEAT

Digitale Originalausgabe

»be« - Das eBook-Imprint von Bastei Entertainment

Copyright © 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Textredaktion: Clarissa Czöppan

Lektorat: Diana Roßlenbroich

Covergestaltung: Manuela Städele-Monverde unter Verwendung von Motiven © Kiselev Andrey Valerevich/shutterstock

eBook-Erstellung: 3w+p GmbH, Rimpar

ISBN 978-3-7325-5787-5

www.be-ebooks.de

www.lesejury.de

Give up your heart left brokenAnd let that mistake pass on,Cause the love that you lostWasn’t worth what it costAnd in time you’ll be glad it’s gone

Roads Untravelled – Linkin Park

Playlist

Roads Untravelled – Linkin Park

Talking to Myself – Linkin Park

Legendary – Welshly Arms

Something Just Like This – Coldplay & The Chainsmokers

Creep – Radiohead

Radioactive – Imagine Dragons

It’s Been Awhile – Staind

My Songs Know What You Did In The Dark – Fall Out Boy

Angels Fall – Breaking Benjamin

What About Us – Pink

With Arms Wide Open – Creed

Walk on Water – 30 Seconds to Mars

Dusk Till Dawn – ZAYN ft. Sia

Link zur Playlist:https://www.youtube.com/playlist?list=PLp0AExZP6bVGnORcHe50j3NjyKxNVjrKg

Olivia

»Kann ich helfen?«

Das Klingeln des Glöckchens über der blinden Glastür war noch nicht verstummt, als eine tiefe Stimme mich in dem schummrigen Raum willkommen hieß. Kleine Staubpartikel flirrten durch die Luft, aufgewirbelt vom Öffnen der Tür. Hastig wandte ich meinen Blick von dem düster wirkenden Totenschädel ab, der mit leuchtend roten Augen auf einer Säule in Augenhöhe direkt neben der Eingangstür stand, und sah auf.

»Äh ... Ich bin wegen eines Tattoos hier«, gab ich wenig geistreich zurück und fixierte mein Gegenüber, das sich hinter dem Tresen erhob. Wenn der Totenschädel mich verschrecken sollte, dann schaffte dieses Exemplar es, mich zum Bleiben zu überreden.

In einem solch düsteren Ambiente hatte ich eher einen dickbäuchigen Schmierlappen erwartet, der über und über mit Tattoos übersät war, abgefuckte Lederklamotten trug und spärliches Haar auf dem Kopf hatte. Aber was mir hier begegnete – damit hatte ich nicht gerechnet.

Oh mein Gott!

Dunkle Haare, oben länger als an den Seiten und aus der Stirn gegelt. Ein gestutzter Vollbart bedeckte einen Teil seines Gesichts, verbarg aber nicht die markanten Züge. Braune Augen unter breiten Augenbrauen musterten mich neugierig, die geschwungenen Lippen öffneten sich etwas und zogen damit meinen Blick auf sich.

Ich zuckte zusammen, als ein Räuspern mir signalisierte, dass ich ihn angestarrt hatte.

Eine Augenbraue meines Gegenübers hob sich gekonnt und mit fragendem Ausdruck nach oben. »Wegen eines Tattoos?«

Mir entging nicht, wie er mich nun unter die Lupe nahm. Einmal rauf, einmal runter. Langsam und unverhohlen. Ich straffte die Schultern und reckte das Kinn in die Höhe. Auch wenn ich innerlich zitterte, bemühte ich mich, abgeklärt zu wirken. Ich hatte es schließlich nicht anders gewollt. Jetzt musste ich da durch. Ich holte tief Luft und dachte zum bestimmt dreihundertneunzigsten Mal: Was hast du dir nur dabei gedacht?

»Wenn ihr’s nicht draufhabt, suche ich mir eben einen anderen Laden. Kein Problem, ich bin da flexibel«, gab ich zurück und tastete hinter mir schon nach dem Türgriff, um sofort kehrtzumachen. Das Ganze war sowieso eine total bescheuerte Idee. Ich sollte das nicht tun! Auf keinen Fall. Schon gar nicht hier. Aber der tätowierte Riese schüttelte den Kopf und verzog seine Lippen zu einem amüsierten Lächeln, während im Hintergrund Talking to Myself von Linkin Park spielte. Eigentlich nicht meine Musikrichtung, aber durch die vielen Besuche im Skinneedles kannte ich mittlerweile auch solche Songs. Die liefen da nämlich rauf und runter.

»Was? Nein! Du siehst nur nicht aus, wie ...« Er lachte leise auf und fuhr sich mit der Hand durch seine Haare, strich sie sich aus dem Gesicht, doch ein paar Strähnen fielen ihm gleich wieder in die Stirn. »Das war nicht sehr professionell, was?«

Ich seufzte, grinste gequält und hielt die Türklinke hinter dem Rücken weiter fest umklammert. Das kalte Metall in meinen Fingern gab mir das Gefühl, dass ich mich immer noch umentscheiden konnte. Doch irgendwas in dem Blick von diesem Mann sagte mir: Bleib!

Mir war klar, dass ich nicht unbedingt wie die typische Tattoo-Braut aussah, schon gar nicht in dem Business-Kostüm, das ich noch nicht geschafft hatte gegen legere Freizeitkleidung auszutauschen. Zwar trug ich einen Mantel darüber, aber allein die High Heels und die teure Handtasche verrieten mich wohl.

Ich war nach meinem letzten Klienten von meinem Büro im South of Market District direkt rüber nach Stockton hier in den Tattoo-Shop gefahren. Raus aus der Stadt und so weit wie möglich weg vom Skinneedles. Niemand von meinen Freunden sollte wissen, was ich vorhatte. Selbst Carrie, meine beste Freundin, hatte keinen blassen Schimmer, was ich in diesem Moment hier tat. Und das sollte auch so bleiben. Dafür hatte ich meine Gründe.

Ich hatte im Internet recherchiert und mich kurzentschlossen für diesen Shop entschieden. Dass er so düster sein würde, damit hatte ich allerdings nicht gerechnet. Die Bilder auf der Webseite waren wohl schon älter. Der einzige Tattoo-Shop, den ich jemals von innen gesehen hatte, war das Skinneedles. Und das war hiermit absolut nicht zu vergleichen. Außer dem Gebimmel beim Türöffnen hatten sie nichts gemein. Ich hatte nicht mal auf den Namen dieses Shops geachtet, mir nur die Adresse rausgesucht und war losgefahren. Normalerweise war ich nicht so spontan. Aber gut. Nun war ich hier und hatte dafür fast zwei Stunden Fahrt mit dem Auto durch endlose Blechlawinen auf mich genommen. Ich sollte dem Tattoo-Typen wenigstens eine Chance geben, oder?

»Ja, ich weiß«, antwortete ich daher auf seine Worte und zeigte an mir runter. »Hab’s noch nicht in was Bequemes geschafft.«

Er kam um den Tresen herum und neigte den Kopf ein winziges bisschen zur Seite. Ein leises Lächeln legte sich auf sein Gesicht. »Nichts für ungut, okay? Ich bin Scott. Und normalerweise verschrecke ich meine Kunden nicht in den ersten fünf Minuten.« Er wirkte nicht wirklich zerknirscht deswegen, eher neugierig. Auf mich? Das brachte mich wieder in die Spur. Ich neigte den Kopf ebenfalls etwas und lächelte zurück.

»Erst beim Tätowieren?«

Er lachte rau auf und zuckte mit den Schultern. »Bisher hat sich niemand beschwert.« Er streckte mir die Hand entgegen, als er vor mir stand. Seine Fingernägel waren kurz und gepflegt, Schmuck trug er nicht, außer einem schlichten Silberring am kleinen linken Finger. Das gefiel mir. Ich mochte diese Hipster nicht, die den Frauen in Sachen Glitzer den Rang abliefen. Allerdings war das Exemplar vor mir nicht mein Beuteschema. Wir kamen aus völlig verschiedenen Welten. Aber ich war ja auch nicht wegen ihm hier, sondern wegen eines Tattoos.

Zögernd ergriff ich seine Hand. Sein Händedruck war kräftig und behutsam zugleich. Mein Blick fiel auf ein Tattoo, das an der Unterseite seines Handgelenks begann, und ich konnte nicht anders, als es fasziniert zu betrachten.

Direkt über dem Puls entsprang aus einer Wurzel ein Baum, wie aus einer Quelle. Ich folgte mit meinem Blick dem Stamm, der über seinen sehnigen Unterarm wuchs. Ein Arm, der sicher fest zupacken konnte. Auf halber Höhe bedeckten kahle Äste seine Haut, wuchsen über den Oberarm und verschwanden unter dem Ärmel des T-Shirts. In den feinen Linien des Stammes befand sich, wie eingeritzt, der Buchstabe L. Wofür der wohl stand? Mein Blick wanderte höher über seine Schulter, den untätowierten Hals, über sein Kinn, die vollen Lippen, die gerade Nase, bis er direkt von diesen dunklen Augen aufgefangen wurde.

Er hielt meine Finger immer noch fest, länger als nötig verweilten sie zwischen seinen, und sein Blick ging mir unter die Haut und ließ mich für einen Augenblick vergessen, weswegen ich hergekommen war.

»Alles in Ordnung?«, hörte ich seine Stimme wie aus weiter Ferne. Jäh wurde ich ins Hier und Jetzt katapultiert.

Ich räusperte mich und riss meinen Blick von ihm los. »Olivia. Liv. Ja, Liv ist okay«, stammelte ich. Was war nur mit mir? Wieso brachte mich die Berührung eines wildfremden Mannes so durcheinander, dass ich nicht mehr klar denken konnte? Das war mir ja noch nie passiert. Seit wann war ich denn so auf den Mund gefallen?

»Okay, Liv. Was kann ich also für dich tun?«, fragte er, als unsere Hände sich voneinander lösten.

Wieder atmete ich tief durch. Jetzt oder nie! »Ich möchte ein Tattoo«, platzte ich heraus, bevor ich es mir anders überlegen konnte.

»Sowas in der Art dachte ich mir schon«, antwortete er mit einem Schmunzeln. Seine Augen funkelten amüsiert, und am liebsten hätte ich mich auf der Stelle in Luft aufgelöst. Aber bevor eine Nebelwolke mich ins unsichtbare Nichts ziehen konnte, sprach er weiter. »Und hast du schon eine Ahnung, was genau du möchtest, oder brauchst du ein paar Anregungen?« Scotts dunkle Augen fixierten mich.

Mir wurde ziemlich warm, ein Prickeln zog sich von den Fingerspitzen meinen Arm hoch und floss von dort aus in meinen ganzen Körper. Ich bemühte mich, meinen Blick wieder von seinem loszureißen und meiner Stimme einen möglichst festen Klang zu verleihen.

»Ich ... weiß, was ich möchte.« Na, das hat ja super geklappt. Ich hörte mich schlimmer an als ein Frosch im Stimmbruch.

»Prima. Dann lass uns darüber sprechen. Komm, setzen wir uns.« Er zeigte auf den Tresen, hinter dem er eben noch gesessen hatte und vor dem drei Barhocker standen, die auch schon mal bessere Tage gesehen hatten. Wie alles in diesem Laden eigentlich. Den Totenschädel am Eingang eingeschlossen.

»Hast du denn Zeit?« Irgendwie hatte ich ja gehofft, dass ich mich sofort unters Messer, oder besser – unter eine Tätowiermaschine – legen durfte. Aber jetzt war ich doch leicht verunsichert.

»Hab ich. Aber wie es aussieht, bist du dir nicht ganz sicher. Oder?«

Verdammt! Er konnte Gedanken lesen.

»Sorry, aber du siehst etwas unschlüssig aus.«

»Oh ...« Wo war meine Selbstsicherheit hin? »Nein, ich ... Ich bin mir sicher. Es ist nur ...«

»Ja?«

»Das ist völlig neues Terrain. Gib mir etwas Zeit, mich daran zu gewöhnen, ja?«

Er grinste verständnisvoll. »Ich habe heute keine Termine mehr und gehöre ganz dir.«

Ich nickte gedankenverloren. Das Studio war bis auf uns beide leer. Mein Blick schweifte über die Einrichtung. Es war so ganz anders eingerichtet als das Skinneedles. Dunkle Farben beherrschten den kleinen Raum, Bilder von Tattoos und Totenschädeln hingen an den dunkelgrauen Wänden, schwarz lackierte Regale standen vereinzelt daran. Es roch leicht süßlich, vermutlich irgendeine Räucherstäbchenmischung. War ich hier wirklich richtig? Gut aufgehoben für mein erstes Tattoo? Arbeiteten die hier sauber?

Ich sah Scott an. Er passte in diese Räume, aber irgendwie wirkte er auch wie ein Fremdkörper darin. Er war Tätowierer, das war nicht zu übersehen, seine Arme waren fast lückenlos mit Bildern gefüllt. Schwarz überwog, ab und an mal ein Klecks Farbe dazwischen. Aber für dieses dunkle Loch fand ich ihn irgendwie ... zu freundlich, zu gepflegt. Zu sympathisch.

Abwartend sah er mich an und warf mir einen fragenden Blick zu. Ich presste kurz die Lippen aufeinander. Wenn ich jetzt nicht über meinen Schatten sprang, würde ich es nie tun. Ich hatte mir diesen Laden ausgesucht, weil er weit weg von Haight-Ashbury lag, weil er anders war. Hier würde mich niemand vermuten. Niemand würde davon erfahren. War es nicht genau das, was ich wollte?

»Ich bin mir sicher.«

Einen Wimpernschlag später nickte er. »Okay. Dann los.« Er ging vor mir her, mein Blick fiel auf seinen Hintern. Die enge schwarze Jeans stand ihm gut. Ich blickte auf seinen breiten Rücken, der unter einem ebenfalls schwarzen T-Shirt verborgen lag, und von da wieder auf das dunkle Geäst auf seinem rechten Arm. Ich erkannte, dass sich darin noch weitere kleine Bilder verbargen. Vögel, Schmetterlinge, Sterne und Tribals passten sich in das Geflecht aus finsteren Linien ein, als würden sie genau dorthin gehören, und waren die einzigen Farbakzente in diesem toten Baum. Sein ganzer Arm war ein einzigartiges Kunstwerk, und ich fand es wirklich wunderschön.

Jake hatte mal gesagt, jedes seiner Tattoos habe eine Bedeutung. Jedes stand für einen Abschnitt seines Lebens. So wie es bei meinem sein würde. Welche Hintergründe mochten Scotts Bilder auf seiner Haut haben?

»Setz dich«, bot er mir nochmals an und zeigte auf den Barhocker neben sich. Ich versuchte, in dem engen Bleistiftrock so elegant wie möglich auf den Hocker zu rutschen. Mir entging nicht Scotts Blick auf meine Beine. Ich verkniff mir einen blöden Spruch, wobei ich gerade sowieso keinen parat gehabt hätte. Seine Gegenwart schüchterte meine sonst viel zu große Klappe eher ein. Ich rief mir stattdessen ins Gedächtnis, dass ich wegen eines Tattoos hier war, und nicht wegen ihm.

Scott wusste nichts von meinen Gedanken und holte einen Block samt Bleistift unter dem Tresen hervor, der viel kleiner war als der im Skinneedles. »Also? Was genau stellst du dir vor?«

Ich zog mir die Handtasche aus braunem Leder auf den Schoß und nahm ein zusammengefaltetes Blatt Papier aus meinem Planer. Nachdem ich es auseinandergefaltet und die Knicke darin glatt gestrichen hatte, schob ich es ihm über den Tresen. »Das hier.«

Scott nahm das Blatt entgegen und besah es sich in aller Ruhe. Ich war nicht besonders gut im Zeichnen, aber ich hoffte, dass er erkennen würde, was es darstellen sollte.

»Luna. Ein schöner Name. Willst du mir dazu was erzählen?« Scotts Stimme klang sanft, seine Augen waren weiterhin auf die Zeichnung geheftet.

Ich schluckte. »Nicht zwingend.«

Er hob den Blick, fixierte mich, dann nickte er. »Okay, kein Problem. Wo soll es hin?« Sofort hatte seine Stimme wieder einen geschäftsmäßigen Ton angenommen.

»Hier.« Ich zeigte auf die linke Seite meines Unterleibs, seine Augen folgten meinen Fingern.

»In der Größe?« Er sah auf.

»Ja.« Ich hatte das Bild etwa fünf mal fünf Zentimeter groß angelegt. Eine reine Bleistiftskizze, die ich schon jahrelang mit mir herumtrug, immer mit dem Gedanken, sie mir irgendwann auf die Haut bringen zu lassen.

»Ein gutes Maß für die empfindliche Stelle. Dein erstes Tattoo?« Wieder zog seine Augenbraue sich leicht nach oben.

»Ja.«

Er nickte wissend, als wäre ihm die Antwort schon vorher klar gewesen. Natürlich, schließlich hatte er selbst gesagt, ich sähe nicht wie jemand aus, der Tattoos besaß.

Er starrte noch eine gute Minute auf die Skizze in seinen Händen, ich betrachtete derweil den Ring an seinem kleinen Finger. Dann hob er den Kopf und sah mich an. »Ich mache Tattoos, die individuell sind. Das, was ich dir steche, werde ich so nie wieder stechen. Es ist dein Tattoo und deine Geschichte dahinter. Ich möchte, dass du das weißt.«

Ich schluckte. Mit solch persönlichen Worten hatte ich nicht gerechnet. Ich wusste zwar, dass auch im Skinneedles keine Tattoos von der Stange gemacht wurden, sondern jedes individuell auf den Kunden zugeschnitten war. Aber in Scotts Aussage lag mehr. Und ich wusste nicht, was ich davon halten sollte. Darum nickte ich nur, zum Zeichen, dass ich ihn verstanden hatte.

»Okay. Was hältst du von Farbe?«, fragte er.

»Etwas Farbe wäre schön.«

»Passt auch besser zu dir«, beschloss er. »Lass mich eben eine Reinzeichnung machen, dauert nur einen Moment. Ich möchte die Details etwas hervorheben.«

Er erhob sich, lächelte und sah mir in die Augen. Seine Iris war so dunkel, trotzdem leuchtete sie, als er mich ansah. Ein Schauer durchlief meinen Körper.

»Klar«, gab ich mit belegter Stimme zurück.

»Möchtest du was trinken?«

»Nein. Danke.« Obwohl mein Mund staubtrocken war wie die Wüste Gobi, hatte ich keinen Durst. Ich war einfach nur nervös und wollte es so schnell wie möglich hinter mich bringen.

Er nickte kurz, bevor er aufstand, an mir vorbei um den kleinen Tresen herumging und im hinteren Teil des Ladens verschwand. An dessen Wand stand ein großer Leuchttisch, an dem er nun das Licht anknipste. Ich sah, wie er mein Bild darauf befestigte, ein Transparent darüberlegte und sich in die Zeichnung vertiefte. Es dauerte tatsächlich keine zehn Minuten, bis er zu mir zurückkam.

Als er mir seine Vorlage zeigte, musste ich den Kloß, der sich in meinem Hals gebildet hatte, mit Gewalt herunterschlucken. Ich betrachtete die Linien, die er so fein und detailliert gezeichnet hatte, eine halbe Ewigkeit lang. Dann sah ich auf und direkt in seine braunen Augen.

»Es ist perfekt«, flüsterte ich.

Er nickte stumm. Er konnte nicht wissen, wofür dieses Tattoo, das ich mir ausgesucht hatte, stand. Er hatte keine Ahnung, was ich durchgemacht hatte, wie sehr ich mit mir gerungen hatte, um diesen Schritt zu gehen. Was es mir bedeutete, es bald immer bei mir zu haben. Und ich würde es ihm auch nicht erzählen. Aber ich spürte, dass er ahnte, wie wichtig es für mich war. Und in diesem Moment wusste ich, dass ich mir keinen besseren Tätowierer dafür hätte suchen können.

Er war perfekt.

Scott

»Woher kommst du?«, fragte ich, während Olivia aus ihren schwarzen High Heels schlüpfte und den Bund ihres engen Rocks öffnete, um ihn dann samt Slip so weit hinunter zu schieben, dass die Stelle über ihrer Leiste freigelegt war. Mein Blick blieb kurzzeitig an dem Stück nackter, glatter und gebräunter Haut hängen.

Als Tätowierer hatte ich schon so manches an nackter Haut gesehen, Stellen tätowiert, die der Träger nicht jedem zeigen würde. Somit war ich einiges gewöhnt. Von straffer über welke Haut, tätowierte oder jungfräuliche, alte und junge Haut. Livs Haut war straff, jungfräulich und jung. Sie selbst allerdings passte überhaupt nicht in diese Gegend, schon gar nicht in diesen Shop.

Ich stellte sie mir irgendwo im South of Market District in einem der gläsernen Bürogebäude hinter einem mächtigen Schreibtisch vor, von dem aus sie Geschäfte in der ganzen Welt tätigte. Und am Abend dann in einer dieser angesagten noblen Bars, Cocktails oder Champagner schlürfend. Sie roch nach Geld und Erfolg, und ich war mir sicher – sie wusste, was sie wollte. Und nahm es sich.

»South Beach«, gab sie zurück, verzog dabei ihre rot geschminkten Lippen und blickte mich unter ihrem Pony heraus verlegen an, fast so, als wollte sie sich für ihre Herkunft entschuldigen.

Skeptisch sah ich sie an. »Warum so ein weiter Weg?« Von South Beach nach Stockton brauchte man sicher über eine Stunde. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass sie durch Empfehlung von einem ihrer Freunde oder Kollegen auf uns gestoßen war. Der Ruf des Shops hier war nicht unbedingt der beste. Einer der Gründe, warum wir den Laden heute Abend für immer schließen würden. Dieses Tattoo würde das letzte sein, das ich in diesen Räumen stach. Wenn sich hinter Liv die Tür schloss, würde sie verschlossen bleiben.

Sie klemmte eine Strähne ihrer dunklen, kinnlangen Haare hinters Ohr und zuckte mit den Schultern. »Ich war gerade in der Nähe.« Sie fixierte einen Punkt hinter mir an der Wand, als sie mir antwortete. Mir war klar, dass sie damit auswich. Ich beließ es dabei. Obwohl es mich schon irgendwie interessierte, warum eine Frau wie sie ausgerechnet hierherkam, um sich ein Tattoo stechen zu lassen. Aber den Grund dafür würde ich wohl nicht erfahren.

Nachdem sie sich vor den Spiegel gestellt hatte, zog ich mir ein paar Gummihandschuhe über und griff nach dem Desinfektionsspray, um die Haut zu desinfizieren. Dann nach einem Einwegrasierer, wobei Liv mich erstaunt ansah. »Ist nötig, ich brauche nackte Haut, okay?«

Sie nickte stumm, sah mir zu, wie ich die empfindliche Stelle über ihrer Leiste rasierte.

Das war schon ein intimer Akt, aber das gehörte nun mal zu meinem Job. »Ich hab das Bild auf Transferpapier gebracht. Das lege ich jetzt auf, dann kannst du gucken, ob es richtig platziert ist, bevor ich loslege«, erklärte ich ihr den nächsten Arbeitsschritt. Mein Gefühl sagte mir, dass sie überhaupt nicht wusste, was auf sie zukam. Ich wollte ihr zumindest ein wenig die Angst nehmen, indem ich ihr die einzelnen Schritte erklärte.

»Okay.«

Ich legte ihr die Zeichnung auf die linke Seite, knapp über die Leiste, und strich mehrmals darüber. Dann zog ich das Papier ab. Jetzt saßen die Linien korrekt auf ihrer Haut, und fragend sah ich sie an.

Liv besah sich die Stelle im Spiegel, ihr Gesichtsausdruck wechselte von hart zu weich. Was auch immer dieses Tattoo für einen Hintergrund hatte – für sie bedeutete es eine Menge. Ich hatte schon zu viele Bilder auf Haut gebracht, ich erkannte, wenn jemand eine besondere Geschichte damit verband. Das war bei Liv definitiv der Fall.

»Sieht gut aus.« Ihre Stimme klang belegt.

»Okay. Dann kann es ja losgehen.«

Ich bat Liv, sich auf die Liege zu legen, die ich für sie im hinteren, abgetrennten Bereich vorbereitet hatte. Während sie es sich bequem machte, füllte ich die Farben in kleine Töpfchen und machte dann meine Tätowier-Maschine startklar. Ich nutze eine Paul Rogers Spulenmaschine, ein ziemlich schweres Teil, aber mit ihr kam ich am besten klar. In den sechs Jahren, die ich nun als Tätowierer arbeitete, hatte sie mich noch nie hängen lassen. Wir waren ein eingespieltes Team, und sobald ich sie in der Hand hatte und sie in meinen Fingern vibrierte, war ich in meinem Element.

»Ich bin so weit. Und du?« Aufmerksam sah ich Liv an. Sah, wie sie ihre Kiefer aufeinanderdrückte, sie war angespannt.

»Leg los.«

Ich atmete durch, dann schmiss ich die Maschine an. Das vertraute Surren war Musik in meinen Ohren, Liv jedoch zuckte anhand des lauten Geräuschs kurz zusammen. Ich warf ihr einen aufmunternden Blick zu, dann setzte ich die Nadel an und begann, die Konturen auf ihrer Haut nachzuziehen.

»Shit, ich wusste nicht, dass es so schmerzhaft ist«, presste sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.

»Du hast dir auch eine besondere Stelle für dein erstes Mal ausgesucht«, gab ich schmunzelnd zurück.

»Hab ich das? Ist das erste Mal nicht immer ... besonders?«

Ich horchte auf, setzte die Maschine ab und sah sie an. »Ist es das?«

Sie zuckte nur leicht mit den Schultern, ihr Blick war herausfordernd. »Sagt man das nicht?«

»Mag sein ...« Ich senkte den Kopf und machte mich erneut an die Arbeit. Was war das? Wollte sie mich tatsächlich anbaggern? Ich grinste in mich hinein, konzentrierte mich dann aber wieder auf das Bild vor mir. Ein Flirt mit ihr machte keinen Sinn, darum ließ ich mich besser erst gar nicht darauf ein.

»Wie lange tätowierst du schon?«, fragte sie nach einer Weile. Mir war klar, dass sie sich irgendwie von den Schmerzen ablenken musste und deswegen das Gespräch suchte.

»Sechs Jahre.«

»Immer hier?«

»Nein.«

»Woher kommst du?«

»San Francisco.«

»Was hat dich nach Stockton verschlagen?«

»Arch hat mir ein gutes Angebot gemacht.«

»Arch? Ihm gehört der Shop?«

Ich nickte.

»Und wo ist er jetzt?«

»Hat was zu erledigen.« Ich kam mir vor wie bei einem Verhör und hatte keine Lust, ihr zu erzählen, dass Arch im Knast saß, weil er hier im Shop Drogen vertickt hatte. Ebenso wenig, dass ich nur noch hier war, um den Laden zu schließen, danach meine Sachen zu packen und mich auf den nächsten Job in New York vorzubereiten. In vier Monaten ging es los, bis dahin würde ich mich schon irgendwie durchschlagen.

»Und was machst du?«, lenkte ich ab. Smalltalk war nicht so mein Ding, aber besser wir sprachen über sie als über mich.

»Ich bin Anwältin.«

»Welches Gebiet?«

»Nachlassverwaltungen.«

»Das heißt was genau?«

»Ich regele die Erbangelegenheiten, wenn sich die Hinterbliebenen nicht einigen können oder es nicht sicher ist, was dem Verstorbenen gehört – und somit in die Erbmasse einfließt – oder den Angehörigen.«

»Hört sich kompliziert an.«

»Ist es manchmal auch.«

»Spannend.«

Sie lachte leise. »Ja, absolut. Man lernt viel über Menschen. Ist bei dir bestimmt nicht anders, oder?«

Wieder lenkte sie von sich ab. Ich schmunzelte.

»Ist das deine Maschine vor der Tür?« Ich nickte. Meine Harley Softail Breakout war eine Sonderanfertigung, die ich mir vor einigen Jahren gegönnt hatte. Es waren nur wenige Exemplare gebaut worden. Die Temperaturen in Kalifornien boten sich an, um das ganze Jahr damit zu fahren. Selbst jetzt im Winter waren sie noch erträglich. Schnee gab es in der Gegend rund um San Francisco eher nicht, aber für die regnerischen Tage hatte ich noch einen Pick-up in der Garage stehen.

»Heißer Ofen.«

»Fährst du auch?«

»Gott, nein!«

»Angst?«

»Nein. Nur kein Interesse an Motorrädern.«

»Noch nie draufgesessen?«

»Nein.«

»Du würdest es mögen.«

»Das bezweifle ich.«

»Was fährst du?«

»Einen Lexus.«

Ich stieß einen leisen Pfiff aus. »Nobel geht die Welt zugrunde.« Ein Lexus war nicht weniger exklusiv als meine Harley.

»Nur ein Gebrauchsgegenstand. Ich bin viel unterwegs und brauche ein Auto, auf das ich mich verlassen kann.« Wieder dieser entschuldigende Tonfall. Ich zog eine Augenbraue in die Höhe, als ich ihr einen kurzen Blick zuwarf. Mein erster Eindruck hatte mich also nicht getäuscht. Wir kamen aus verschiedenen Welten. Ich konzentrierte mich wieder auf das Tattoo und hoffte, dass sie jetzt genug gequatscht hatte. Ein frommer Wunsch, wie sich kurz darauf herausstellte.

»Und? Hast du die Weihnachtstage gut hinter dich gebracht?«

»Jepp.«

»Mit so einem Familiending oder so?«

Mir fiel auf, wie sie auf meinen kleinen Finger schielte, an dem der schmale Silberring steckte. Ich biss die Zähne aufeinander. Das war definitiv nichts, worüber ich sprechen wollte. Schon gar nicht mit ihr. Ich war einfach nur froh, dass alles vorbei war und das neue Jahr angefangen hatte.

»Wie bist du auf das Tattoo gekommen?«, lenkte ich ab, ohne auf ihre Frage einzugehen. Ich spürte, wie sie kurz die Luft anhielt.

»Scott, ich ...« Sie brach ab, hoffte, dass ich auch so verstand, dass sie nicht darüber reden wollte. Offensichtlich hatten wir beide so unsere Geheimnisse, die wir nicht preisgeben wollten.

Ich hob kurz den Kopf und sah sie an. »Dann sind wir jetzt quitt, richtig?« Sie bedeutete mir stumm, dass sie verstanden hatte. Ich nickte ebenfalls, und schweigend machte ich mich wieder an die Arbeit.

Nach etwa eineinhalb Stunden stellte ich die Maschine aus. »Geschafft. Wir sind fertig.«

Liv öffnete die Augen. Den Rest der Sitzung über hatte sie sie geschlossen gehabt. Jetzt warf sie mir einen unsicheren Blick zu. Vermutlich war sie es nicht gewohnt, dass ihr jemand so über den Mund fuhr. Aber ich hatte in der Regel keine Hemmungen: Wer mir zu nahe kam, musste damit leben, dass ich ihn von mir stieß. Vielleicht war ich zu direkt gewesen, aber ich würde diese Frau schließlich nicht wiedersehen, es konnte mir also egal sein, was sie von mir und meinen Manieren hielt.

»Steh auf und sieh es dir an«, sagte ich, als ich die Spulenmaschine beiseitegelegt und Livs Haut gesäubert hatte.

Zögernd nickte sie. Dann erhob sie sich langsam, hielt ihren Rock fest und trippelte mit kleinen Schritten zum Spiegel rüber. Ich zog mir die Gummihandschuhe aus und warf sie in den Müll. Dann beobachtete ich Liv über den Spiegel hinweg.

Ihre Augen waren auf das Tattoo geheftet, dessen Konturen sich rot gerändert von ihrer gebräunten Haut abhoben.

Sie hatte sich einen Schmetterling gewünscht, dessen Flügel aus zwei kleinen Fußabdrücken bestanden. Die Enden der Fühler ähnelten Tränen. Die Umrisse waren in Schwarz gehalten, unter den Schmetterling und drum herum hatte ich feine farbige Splashes im Aquarellstil gelegt, die ineinander verliefen. Zwischen den Flügeln, als Schmetterlingskörper, stand ein Name: Luna.

Sofort, als sie mir ihren Entwurf gezeigt hatte, hatte ich ein Bild dazu im Kopf gehabt, es im Detail zu Papier gebracht und anschließend auf ihrer Haut verewigt. Ein sehr schönes Bild. Schlicht und emotional.

»Es ist noch schöner, als ich es mir vorgestellt habe.« Sie sah mir über den Spiegel hinweg in die Augen, und ich erkannte ein feuchtes Glitzern darin. Was hatte das Tattoo zu bedeuten, dass es sie zum Weinen brachte?

Dann drehte sie sich zu mir um. »Es ist perfekt ... Danke, Scott.«

Olivia

»Sie dürfen die Braut jetzt küssen.«

Ich tupfte mir verstohlen mit einem Taschentuch die Augen, während Kyle Peg küsste und alles um mich herum in Begeisterungsstürme ausbrach. Auch wenn ich nicht wirklich auf diesen ganzen Hochzeitszauber stand – gerührt war ich trotzdem. Peg sah so bezaubernd aus und gleichzeitig so anders, dass ich sie fast nicht wiedererkannt hätte. Ihre blonden Haare waren zu einem schlichten Knoten aufgesteckt, um den herum kleine rote Rosen drapiert saßen. Passend zu dem Strauß, den sie in den Händen hielt. Das Kleid war sicher keins von der Stange, der weiße Chiffon schmiegte sich so schmeichelnd um ihre schlanke Figur, dass man meinen konnte, sie wäre darin zur Welt gekommen.

»Sind sie nicht süß?« Carrie stieß mir ihren Ellenbogen in die Rippen.

»Au! Ja, aber deswegen -«

»Oh, guck mal!« Carrie lachte auf und zeigte auf das Brautpaar. Kyle hatte Peg hochgehoben, und die lange Schleppe ihres weißen Kleids schleifte über den roten Teppich, als er sie zwischen den Stuhlreihen durch an uns vorbeitrug. Als der Rock sich dabei vorne etwas hochzog, gab er einen Blick auf ihre Schuhe frei. Peg trug knallrote Chucks zu ihrem stilvollen Brautkleid. »Sie ist so verrückt!« Carrie ließ mich erneut ihren spitzen Ellenbogen in den Rippen spüren. Wenn sie so weitermachte, würde dort morgen ein blauer Fleck prangen.

»Aua!« Ich trat einen Schritt zur Seite, rieb mir über die Stelle und verzog den Mund.

»Ach, nun zieh nicht so ein Gesicht. Nimm dir ein Beispiel an den beiden.«

»Ja, ja ...« Die zwei waren ein tolles Paar, und ich gönnte ihnen ihr Glück wirklich von Herzen. Aber dass Steve mir im letzten Moment eine Absage erteilt hatte, nagte immer noch an mir. Bisher waren wir einmal miteinander ausgegangen, aber noch nicht zusammen im Bett gelandet. Das hatte ich heute Nacht nachholen wollen und ihn als meine Begleitung für diesen Tag auserkoren. Auf einem Event, bei dem ich von Pärchen umgeben sein würde, hatte ich auf keinen Fall allein erscheinen wollen. Aber nein! Er musste mir ja einen Strich durch die Rechnung machen, weil sein Hund krank war. Angeblich. Ich hatte ihn gleich nach dem Telefonat aus meinem Telefonbuch gelöscht.

Und war prompt zu spät zur Hochzeitsfeier von Kyle und Peg erschienen, die in ihrem Haus in Sea Cliff stattfand. Meine Laune war also auf dem absoluten Höhepunkt. Ich hätte mich am liebsten gleich nach dem Gratulieren wieder davongemacht, aber selbst mir war klar, dass ich wenigstens bis nach dem Essen bleiben musste. Meine schlechte Stimmung musste ich dann wohl mit einigen Gläsern Champagner bekämpfen.

Wie aufs Stichwort hielt mir ein Kellner mit einer bodenlangen Schürze ein Tablett unter die Nase, kaum, dass wir im festlich geschmückten Garten angekommen waren. Stehtische mit weißen Hussen und schlichten Blumengestecken verteilten sich auf dem akkurat gemähten Rasen, Sitzgruppen aus Rattanmöbeln und Heizpilze unter weißen Pavillons fanden sich auf dem ganzen Grundstück, das sich bis an die Klippen erstreckte, von denen man einen gigantischen Ausblick aufs Meer hatte. Das Wetter meinte es gut mit dem Paar. Die Sonne strahlte mit ihnen um die Wette, und es wehte nur ein lauer Wind vom Wasser herüber. Auf den Sofas lagen Decken, frieren sollte hier heute niemand. Dezente Musik dudelte aus Lautsprechern im Hintergrund und untermalte die Stimmen und das Lachen der über hundert Gäste.

Kyles ehemalige Kollegen aus der Footballmannschaft, den San Francisco 49ers, konnte man nicht übersehen. Sie waren eindeutig die kräftigsten und größten Kerle hier. Allerdings waren sie, wie ich es auf den ersten Blick erkennen konnte, alle in Begleitung gekommen. Die restlichen Gäste waren Freunde, Arbeitskollegen und Familienmitglieder der beiden. Oder besser gesagt von Kyle, denn seit dem Tod ihrer Mom hatte Peg keine Familie mehr, außer ihrer Stiefschwester Linda. Und Doyle, deren Sohn, der nun, da Peg und Kyle verheiratet waren, nicht nur Pegs Neffe, sondern gleichzeitig auch ihr Stiefsohn war.

Ich erkannte Kyles Eltern, die zusammen mit Linda und Doyle beim Brautpaar standen. Ich freute mich für Kyle und Peg, dass sie so gut mit der Situation zurechtkamen, und auch, dass Kyle sich, wie es aussah, mit seinen Eltern wieder ausgesöhnt hatte. Doyle trug den gleichen Anzug wie sein Dad, nur ein paar Nummern kleiner. Und beide hatten Chucks dazu an. Gott, dieses Zeichen nach außen war echt süß. Doyle war wirklich niedlich, doch der Anblick des kleinen Mannes versetzte mir einen Stich, und ich musste den Blick abwenden, um die plötzlich aufkeimende Traurigkeit in mir zu stoppen.

Ich schnappte mir ein Glas Champagner und hätte es am liebsten sofort runtergestürzt, um den schalen Geschmack meiner Erinnerungen wegzuspülen, aber ich hielt mich zurück. Als alle Gäste versorgt waren, schlug Kyle mit einem Löffel mehrmals laut an sein Glas. Schlagartig wurde es still um uns herum, und die Gesichter der Gäste richteten sich neugierig auf ihn und seine wirklich bezaubernde Braut.

»Als ich Peg gefragt habe, ob sie meine Frau werden will, habe ich nicht halb so viel Blut und Wasser geschwitzt wie heute. Ich war bis zum letzten Moment nervös, hatte echt Schiss, dass du es dir noch anders überlegen würdest.« Peg knuffte ihn liebevoll, Gelächter ertönte. »Aber dass wir heute ganz offiziell unsere Hochzeit feiern, ist ein guter Start in eine gemeinsame Zukunft. Und ich kann es kaum erwarten, den Rest meines Lebens mit dir zu verbringen. Auf dich, Peg. Ich liebe dich.« Er hob sein Glas, und während wir auf das glückliche Paar anstießen, sahen die beiden sich tief in die Augen, bevor sie in einem langen Kuss versanken. Alle jubelten, ließen die zwei hochleben. Ich sah weg. So viel Glück konnte ich kaum ertragen.

Kyle hatte Peg im Stadion beim Super Bowl einen wirklich rührenden Heiratsantrag gemacht. Und Peg hatte Ja gesagt. Natürlich hatte sie das. Sie war schon seit ihrer Jugend in diesen Kerl verliebt, und jeder von uns hätte sie für bescheuert erklärt, wenn sie einen Rückzieher gemacht hätte. Die beiden hatten danach keine Zeit verschwendet, und schon eine Woche später waren die Einladungen zur Hochzeit ins Haus geflattert. Ich fragte mich, wann sie wohl einen runden Bauch haben würde. So schnell, wie die zwei mit allem waren, sollte mich das auch nicht mehr wundern.

»Ich habe mich schon die ganze Zeit auf diese Feier gefreut. Ach, es ist so schön für die beiden«, flüsterte Carrie neben mir mit verklärtem Gesichtsausdruck und drehte versonnen eine Haarsträhne um den Finger.

»Bei deinem Glück fängst du nachher den Brautstrauß.«

Sie schaute mich an, ihre Augen leuchteten aufgeregt. »Meinst du? Ach, das wäre ...« Sie faltete ihre Hände und hob sie an ihr Kinn. »Das wäre toll, ja.«

Ich verdrehte nur die Augen und nahm einen großen Schluck vom Champagner. Ich verstand nicht, warum man diesen Bund fürs Leben so überstürzen musste. Wozu sollte man ihn überhaupt eingehen? Ich sah keine Vorteile darin, wenn, dann höchstens steuerliche. Und an die große Liebe ... glaubte ich schon lange nicht mehr. Aber gut – es war der Tag von Kyle und Peg, und meine persönlichen Belange hatten hier nichts zu suchen. Also setzte ich ein mittlerweile eingefrorenes Lächeln auf und schluckte meinen Frust herunter.

Während Kyle uns zum Trinken, Essen und Feiern aufrief, schweifte mein Blick lustlos über die Gäste. Wie ich es vermutet hatte, waren sie alle pärchenweise hier aufgeschlagen. Und somit würde es, wie vorausgesehen, ein einsamer Abend werden. Mit viel Alkohol und einem kalten Bett.

Und dann blieb ich an einem paar dunkler, fast schwarzer Augen hängen.

Ach du heilige Scheiße! Ich hatte schon einmal in diese Augen gesehen. Allerdings hatte ich nicht damit gerechnet, sie jemals wiederzusehen. Und schon gar nicht hier. Fast hätte ich ihn nicht erkannt. Seine dunklen Haare waren wieder nach hinten gegelt, der Bart gestutzt. In dem schwarzen Anzug mit weißem Hemd und einem Paar Hosenträgern darüber sah er so gar nicht mehr wie ein typischer Tätowierer aus. Sein Outfit aber stand ihm verdammt gut, ich mochte Männer, die Wert auf ihr Äußeres legten. Er sah heiß aus. Heißer noch als in Jeans und T-Shirt. Ich reckte meinen Hals, als er sich umdrehte und von mir wegbewegte.

Dank seiner Größe aber konnte ich ihn gut im Blick behalten. Dass er so groß war, hatte ich gar nicht mehr in Erinnerung. Er überragte die meisten Anwesenden um einige Zentimeter. Er hätte gut zu den Footballspielern gepasst, auch wenn er nicht ganz so breitschultrig daherkam. Aber das gefiel mir. Ich mochte Männer, die trainiert, aber auch definiert waren. Plumpe Muskeln, womöglich noch durch Amphetamine aufgepumpt, waren zum Abgewöhnen. Und die Typen, die in dem Fitnessstudio bei mir um die Ecke Gewichte stemmten, konnte man mir nackt um den Bauch binden. Selbst dann würde sich bei mir nichts regen.

Aber Scott war ein ganz anderes Kaliber. Er war eigentlich nicht der Typ Mann, für den ich mich interessierte. Meist fand ich die Kerle, mit denen ich für kurze Zeit etwas anfing, in angesagten Clubs oder Bars in dem Viertel, in dem ich arbeitete. Keinesfalls in einem dunklen Tattoo-Shop. Aber Scott passte meines Erachtens überhaupt nicht in diese düstere Atmosphäre seines Studios, und wie es aussah, konnte er auch anders. Ich beobachtete ihn, sah, wie er mit Peg und Kyle sprach und sich dann wieder in meine Richtung bewegte, als er den Kopf hob und mir direkt in die Augen sah.

Ich war etwas erschrocken, fühlte mich ertappt, als er mich so zielgerichtet ansah, als hätte er gewusst, dass ich noch immer wie angewurzelt hier stand und ihn nicht aus den Augen ließ. Aber Angriff war die beste Verteidigung, und so neigte ich den Kopf etwas, hob mein Glas und prostete ihm zu. Kurz verengten sich seine Augen, auf seinem Gesicht bemerkte ich eine stumme Frage. Dann schien er mich zu erkennen. Seine vollen Lippen verzogen sich, eingerahmt von seinem gepflegten Bart, zu einem angedeuteten Lächeln, und er hob ebenfalls sein Glas.

»Kommst du?« Carrie stupste mich an und unterbrach somit den Blickkontakt zwischen Scott und mir.

»Äh, ich ... Ich komme gleich nach«, murmelte ich und hoffte, dass Scott nicht schon wieder im Gewühl verschwunden war.

Sie folgte meinem Blick in seine Richtung. »Wer ist das?«

«Keine Ahnung. Aber mit etwas Glück finde ich das gleich heraus.« Auf keinen Fall würde ich Carrie erzählen, dass er mein Tätowierer war.

Sie nickte langsam und schmunzelte. »Okay. Wir halten dir einen Platz frei.«

»Klar. Danke.« Während die Masse um mich herum sich in Bewegung setzte, um das Buffet zu stürmen, blieb ich stehen und suchte wieder den Blick von Scott, aber alles, was ich sah, war seine Rückenansicht. Kyle stand bei ihm, die Hand auf Scotts Rücken gelegt, und lachte kurz darauf. Dann ging er. Scott wandte sich wieder zu mir um, unsere Blicke fanden sich sofort. Woher hatte er gewusst, dass ich noch hier stand? Und als die Menge sich lichtete, kam er auf mich zu. Sein Anzug saß perfekt über den breiten Schultern, die Hosenträger über dem Hemd lockerten die Eleganz etwas auf. Die schwarzen Schuhe glänzten, und jeder seiner Schritte verströmte pures Testosteron. Keine dreißig Sekunden später stand er vor mir.

»Liv, richtig?« Seine Stimme klang nach Zigaretten und Whisky, seine Augen waren dunkler, als ich sie in Erinnerung hatte.

»Hundert Punkte.«

»Ich hätte nicht gedacht, dich hier wiederzutreffen.«

»Das Gleiche schoss mir auch gerade durch den Kopf.«

»Zu wem gehörst du? Zur Braut oder zum Bräutigam?«

»Zu Peg. Und du?«

»Ein alter Kollege von Peg.«

Ich sah auf den Ansatz eines Tattoos, welches unter dem leicht geöffneten Kragen hervorblitzte und das an meinem Tag im Studio halb unter einem T-Shirt versteckt gewesen war. »Hat sie das gemacht?«

»Nein. Und wie geht es deinem Tattoo?« Seine Mundwinkel verzogen sich fast unmerklich, während sein Blick zu meinem Unterleib wanderte.

Ein merkliches Kribbeln darin war meine stumme Antwort auf seine Frage, und aus einer Laune heraus sagte ich: »Ich würde ja sagen: Finde es doch heraus. Aber dafür kennen wir uns wohl zu wenig.«

Seine linke Braue hob sich überrascht. »Da könnten wir Abhilfe schaffen.«

»Willst du mich auf deine Tanzkarte setzen?«

»Ich tanze nicht. Aber wie wäre es für den Anfang mit einem Drink?« Er sah auf mein mittlerweile leeres Glas.

»Gentleman’s Agreement?«

»So in etwa.« Sein intensiver Blick brachte meinen Unterleib nun zum Pochen und den Rest meines Körpers dazu, ihm zu folgen. Seite an Seite schlenderten wir ohne weitere Worte den gepflasterten Weg zur Bar hoch. Ich hatte auch nicht das Bedürfnis zu reden. Mein Bedürfnis war ein ganz anderes. Ich nahm es als gutes Omen, ihn hier getroffen zu haben. Und auch er schien einem Flirt nicht abgeneigt, sendete eindeutige Signale aus, was die ganze Sache einfacher machte. Wenn auch nicht unbedingt aufregender.

»Einen Single Malt und ...?« Er sah mich fragend an, wobei seine linke Augenbraue sich leicht anhob. Sexy.

»Champagner, bitte.«

Während der Barkeeper unsere Gläser füllte, standen wir ziemlich nah beieinander. Scotts herber Geruch gefiel mir, und ich fragte mich unwillkürlich, wie er beim Sex riechen mochte. Ob er überall tätowiert war? Wie sich seine Muskeln wohl anfühlten? Wie wäre es, ihn in mir zu spüren? Halleluja! Mein Höschen wurde allein beim Gedanken daran feucht. Ich war Steve in diesem Augenblick mehr als dankbar, dass er mich versetzt hatte. Sowas nannte man dann wohl Schicksal.

Scott hob sein Glas und ließ es an meines klirren, dabei sah er mir tief in die Augen. »Auf eine unerwartete Begegnung.«

Ich lächelte nur vielsagend und hob den Champagner zum Mund. Sein Blick fixierte mich über den Rand seines Drinks hinweg, und ich hatte alle Mühe, mir nicht anmerken zu lassen, wie sehr ich darunter erzitterte. Dieser Mann hatte etwas an sich, das mich nicht nur scharf werden ließ, sondern auch dafür sorgen könnte, dass ich mich vergaß. Ich war kein Kind von Traurigkeit, hatte schon viele Affären und One-Night-Stands gehabt. Doch noch nie hatte ich nach so kurzer Zeit ein solches Verlangen gespürt. Er gab mir das Gefühl, etwas Verbotenes zu tun. Ich fühlte mich auf eine verrückte Weise verrucht.

»Ich mag dein Kleid«, sagte er unvermittelt und musterte meinen Körper so intensiv, dass ich mir unter seinem Blick so gut wie nackt vorkam.

»Danke.« Ich war froh, dass ich mich im letzten Moment doch noch für das langärmlige Seidenkleid in einem dunklen Rot und mit tiefem Rückenausschnitt entschieden hatte. Der Stoff war leicht auf der Haut, der Rock war eng an Po und Oberschenkeln, floss dann aber in weichen Wellen fast bis zum Boden. Glücklicherweise war es warm genug, dass ich das passende Jäckchen dazu tragen konnte statt eines Mantels, der das Beste verdeckt hätte.

Scott beugte sich näher zu mir und brachte seinen Mund an mein Ohr. Unhörbar für alle anderen, aber laut genug für mich raunte er mir ins Ohr: »Aber ich wette, ohne siehst du noch viel schärfer aus.«

Ein Schauer aus tausend kleinen Nadelstichen lief mir über die Haut, als ich seine Worte hörte. Es wurde doch aufregend. Ich hielt die Luft an und merkte, wie meine Knie weich wurden.

»Legst du immer so ein Tempo vor?« Ich hatte nicht erwartet, dass er so schnell zur Sache kommen würde.

»Die Nacht ist kurz.« Wieder streifte sein Atem über meine Haut, bevor er sich ein Stück zurückzog und mich abgeklärt ansah. »Und du siehst nicht aus, als würdest du deine Zeit verschwenden wollen.«

In Anbetracht seiner Arroganz fehlten mir die Worte. Es verstrichen einige Sekunden, bis ich wenigstens ein paar wenige herauspressen konnte. »Wie kommst du darauf?«

»Die beiden stimmen mir zu.« Sein Blick wanderte zu meinen Brustwarzen, die sich bereits aufgestellt hatten und sichtbar durch den dünnen BH und das Kleid drückten. Ich atmete tief durch, mir entging das Schmunzeln des Barkeepers nicht, der sich nach einem scharfen Blick von Scott aber sofort mit gesenktem Kopf den nächsten Gästen zuwandte.

Ich jedoch fühlte mich in seinem Blick gefangen, mit dem er mich gleich darauf bedachte, und stürzte aus lauter Verlegenheit den Rest Schampus meine trockene Kehle herunter. Allerdings war das Perlen des Getränks nichts gegen das Kribbeln zwischen meinen Schenkeln. Was passierte hier? »Vielleicht ist mir ja auch nur kalt«, gab ich zurück und merkte noch beim Sprechen, dass das Zittern meiner Stimme mich verriet.

Scott fixierte mich mit einem durchdringenden Blick. Ich hätte mich nur zu gern daraus gelöst, aber ich hatte keine Chance. Er lächelte. Wissend, dass er gewonnen hatte. »Ich habe ja noch den ganzen Abend Zeit, das herauszufinden. Komm, lass uns was essen gehen.«

Er gab mir keine Gelegenheit, mich zu sammeln, sondern nahm mir das leere Glas aus der Hand und legte den Arm um meine Hüften. In der Regel mochte ich es nicht, wenn ein Mann mich auf diese besitzergreifende Weise dirigieren wollte. Aber bei Scott war das anders. Er berührte mich auf eine Art, die energisch und erotisch zugleich war. Und ich musste mir eingestehen: Hätte er es nicht getan, wäre ich enttäuscht gewesen.

Ich genoss es also, dass er mich in den Bereich des Gartens lenkte, wo das Buffet aufgebaut war und sich runde Tische mit weißen gestärkten Decken unter der schlichten Blumendekoration und Kerzen, Besteck und Gläsern bogen. Wir füllten unsere Teller mit Fisch, Fleisch und verschiedenen leckeren Beilagen und steuerten dann auf den Tisch zu, an dem bereits Carrie und Jake, Joyce und Eric und Nolan Platz genommen und zu essen angefangen hatten. Ich machte Scott kurz mit den anderen bekannt, bevor ich mich setzte. Scott stellte seinen Teller ab und zog mir dann den Stuhl zurück. Nicht nur ich war überrascht. Ich bedankte mich mit einem Lächeln und nahm mit wackeligen Knien Platz.

Als seine Hand wie zufällig meinen Nacken streifte, ging mir die kurze Berührung bis in die Zehenspitzen. Ich hoffte, dass niemand etwas bemerkte, womöglich Fragen stellte – ich würde keine einzige beantworten können. Außer seinem Vornamen, dass er Whisky trank, Tätowierer in einem abgefuckten Laden in Stockton war und mich innerhalb kürzester Zeit total kirre gemacht hatte, wusste ich nichts von ihm. Für mich persönlich hätten diese Infos auch gereicht. Ich hatte noch nie das Bedürfnis gehabt, viel mehr über meine Affären zu erfahren. Zumindest nicht, indem ich mit ihnen darüber redete. Und ich war schockiert, als ich in eben diesem Moment erkannte, dass ich über Scott gerne mehr gewusst hätte. Und tatsächlich hoffte, dass sich im Laufe des Abends noch die Gelegenheit dazu ergeben würde.

»Du warst Tätowierer bei Arch, oder?«, fragte Eric zwischen zwei Bissen, nachdem die üblichen Begrüßungsfloskeln abgearbeitet waren.

Ich staunte, wie gut die Leute in der Szene offensichtlich übereinander Bescheid wussten. Ich war doch extra nach Stockton rausgefahren, weil ich gedacht hatte, dass den Shop niemand meiner Freunde kennen würde. Wie man sich irren konnte.

»Warst?«, warf Jake fragend ein.

»Der Laden ist zu. Lief nicht mehr besonders gut«, gab Scott zurück.

Jake runzelte die Stirn. »Falls du mal was Neues suchst, weißt du ja, wo du uns findest.«

Scott grinste nur und nippte an seinem Rotwein, den die Kellner zum Essen ausgeschenkt hatten.

»Und du bist mit Peg befreundet? Wie lange kennt ihr euch schon?« Carrie beugte sich interessiert zu ihm rüber.

»Ein paar Jahre. Wir haben eine Zeit lang bei Arch zusammen gearbeitet.« Ach, daher kannten die beiden sich. Gut zu wissen.

»Und worauf hast du dich spezialisiert?«, hakte Jake nach. Ich wusste von Carrie, dass er noch immer auf der Suche nach einem Tätowierer für seinen Shop war.

»Black-and-Grey, Watercolour, Cover ups«, gab Scott zurück.