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SOMMERGRAS ist die alle drei Monate erscheinende Zeitschrift der Deutschen Haiku Gesellschaft (DHG). Die Ausgabe 133 (Juni 2021) hält viele interessante Beiträge parat. Besonderes Highlights sind die Ergebnisse des Tanka-Wettbewerbs der DHG und des parallel durchgeführten Tanka-Kukai. Peter Rudolf wirft die Frage auf, inwieweit Haiku und Übersetzung übereinstimmen können. Das Heft enthält wie gewohnt Haiku, Haibun, Tan-Renga, Rengay, Kettengedichte und Haiga der Mitglieder.
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Seitenzahl: 96
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Die Deutsche Haiku-Gesellschaft e. V.1 unterstützt die Förderung und Verbreitung deutschsprachiger Lyrik in traditionellen japanischen Gattungen (Haiku, Tanka, Haibun, Haiga und Kettendichtungen) sowie die Vermittlung japanischer Kultur. Sie organisiert den Kontakt der deutschsprachigen Haiku-Dichter untereinander und pflegt Beziehungen zu entsprechenden Gesellschaften in anderen Ländern. Der Vorstand unterstützt mehrere Arbeits- und Freundeskreise in Deutschland sowie Österreich, die wiederum Mitglieder verschiedener Regionen betreuen und weiterbilden.
1Mitglied der Federation of International Poetry Associations (assoziiertes Mitglied der UNESCO), der Haiku International Association, Tokio, Ehrenmitglied der Haiku Society of America, New York.
Anschrift
Deutsche Haiku-Gesellschaft e. V., z. Hd. Stefan Wolfschütz, Postfach 202548, 20218 Hamburg
Vorstand
Info/DHG-Kontakt und Redaktion
Horst-Oliver Buchholz,
Redaktion
Eleonore Nickolay,
Kassenwartin
Petra Klingl,
Website
Stefan Wolfschütz,
Claudia Brefeld,
Internationale Kontakte
Klaus-Dieter Wirth,
Peter Rudolf,
Tony Böhle,
Bankverbindung:
Landessparkasse zu Oldenburg, BLZ 280 501 00, Kto.-Nr. 070 450 085 (BIC: SLZODE22XXX, IBAN: DE97 2805 0100 0070 4500 85)
Liebe Leserinnen und Leser,
es ist immer wieder spannend zu erleben, wie sich bis zum SOMMERGRAS-Redaktionsschluss allmählich unser elektronischer Briefkasten füllt mit interessanten Beiträgen für unsere diversen Rubriken KreAktiv, Kaleidoskop, HaiQ, Auswahlen, Rezensionen und Berichte.
Dieses Mal haben wir ein besonderes Highlight für Sie: die Ergebnisse des Tanka-Wettbewerbs und des parallel durchgeführten Tanka-Kukai. Koordinator Peter Rudolf und Tony Böhle, der den Anstoß für den Aufruf gab, berichten.
Und einen Personalwechsel habe ich zu vermelden: Peter Rudolf ist aus der Tanka-Auswahl-Jury ausgetreten, um ab Juli die Koordination der Haiku-Tanka-Auswahl-Jury übernehmen zu können. Für diese Ausgabe traf Silvia Kempen allein die Tanka-Auswahl, was aber eine Ausnahme bleiben muss. Sie bittet dringend um eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter. Denken Sie darüber nach. Es erreichten uns dieses Mal sehr viele Dankesworte für unsere Arbeit, was uns natürlich freut und motiviert, aber wir brauchen auch tatkräftige Unterstützung.
Diese Ausgabe erreicht Sie im Laufe des Monats Juni. Auf die Märzausgabe haben Sie bedauerlicherweise länger warten müssen. Es gab Corona-bedingte Auslieferungsschwierigkeiten. Auch über eine bessere Druckqualität der Haiga werden wir in Zukunft besser wachen.
Es kam da leider im März in der Druckerei zu Pannen.
Ein wenig mehr Leichtigkeit des Seins in den kommenden Sommermonaten und eine angenehme SOMMERGRAS-Lektüre wünscht Ihnen
Ihre Eleonore Nickolay
Wieder ein Jahr – den Hut in der Hand Sandalen am Fuß
Bashō
Editorial
Ergebnisse des Tanka-Wettbewerbs 2021 der DHG
Haiga: Christof Blumentrath
KreAktiv
Aufruf
Haiku-Kaleidoskop
Klaus-Dieter Wirth: Grundbausteine des Haiku (XLIV) Teil 1
Eleonore Nickolay: Französische Ecke
Tony Böhle: Eine Frage der Perspektive
Moritz Wulf Lange: Die Anfänge des deutschsprachigen Haiku Teil 2
Peter Rudolf: Übersetzt – wie weit ist das das Gleiche?
Conrad Miesen und Rüdiger Jung: Ein kleiner Fidelbrief
Haiga: Claudia Brefeld und Christof Blumentrath
HaiQ
Auswahlen
Haiku- und Tanka-Auswahl
Haiga: Paul Bernhard und Claudia Brefeld
Haiga: Angelika Holweger
Mitgliederseite
Haiga: Gabriele Hartmann
Haibun
Tan-Renga
Rengay
Kettengedichte
Rezensionen/Besprechungen
Volker Friebel: Tanka zur Achtsamkeit
von Thomas Jenelten & Gerhard S. Schürch
Christof Blumentrath: Variationen von Gabriele Hartmann
Gabriele Hartmann: Geblieben ist uns Fliederduft von Angelika Holweger
Brigitte ten Brink: Weggefährten von Silvia Kempen und Gabriele Hartmann
Horst-Oliver Buchholz: Werkstattgespräch mit der Autorin Rita Rosen
Mitteilungen
Peter Rudolf
Es erreichten mich 63 Texte von 37 Autoren. 6 Tanka in englischer Sprache von 4 Autoren fanden keinen Eingang in den Wettbewerb. Die Autoren konnten sich nicht dazu entschließen, ihre Texte zu übersetzen in der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit.
Viele Einsender bekundeten ihre Begeisterung. Aus anderen Mitteilungen ging hervor, dass erst der Wettbewerb sie zum Verfassen von Tanka bewegte. Hier leicht redigiert und ohne Namensangabe einige Ausschnitte:
„Schön, dass es die Möglichkeit gibt, zu einem Thema wie „Supermarkt“ einen Beitrag einzureichen. Als neues Mitglied möchte ich die Chance nutzen […]“
„[…] hier kommt mein Tanka für den „Supermarkt“-Wettbewerb. Nur eines, da ich nur selten Tanka schreibe und daher darin nicht so geübt bin. Aber vielleicht lerne ich es noch …“
„Lieber Peter, hier kommt ein erster Tanka-Versuch von mir. Bislang schreibe ich Haiku.“
Die Jury der DHG, bestehend aus Tony Böhle und Martin Thomas, hat die Texte anonym erhalten und in drei Wertungsrunden den Sieger ermittelt.
Parallel dazu fand per E-Mail ein Kukai statt, bei dem alle Wettbewerbsteilnehmer die Liste der eingesandten Tanka von mir erhielten und an drei Tanka je 1, 2 und 3 Punkte vergaben; selbstverständlich nicht an ihre eigenen. Von den 37 Autoren nahmen 34 an der Wertung teil.
Ich war fasziniert, zu sehen, wie schon ab dem Eingang der sechsten Wertung jene Tanka sichtbar wurden, welche am Schluss die meisten Punkte erreichten. Neben den oben erwähnten persönlichen Mitteilungen freuten mich auch die das Kukai betreffenden Bemerkungen. Auch von diesen erlaube ich mir, hier einige ohne Angabe des Autorennamens zu veröffentlichen. Die Texte sind wiederum leicht redigiert:
„[…] keine leichte Entscheidung. Es sind viele gute Texte dabei. Hier meine Auswahl.“
„Wegen der vielen interessanten Beiträge war es nicht einfach, eine Auswahl zu treffen, aber spannend, sie zu lesen.“
„[…] es hat viel Freude bereitet und jetzt bin ich auf die Ergebnisse gespannt.“
„Das ist ja eine spannende Sache, wenn es ein Oberthema gibt. Lustig fand ich, dass mehrere Tanka den vergessenen Einkaufszettel thematisieren – das scheint weit verbreitet zu sein!“
Es ist mir ein Anliegen festzuhalten, dass ich es für wünschenswert erachte, einen derartigen Wettbewerb wieder anzubieten. Denn nur schon dieser eine Wettbewerb war anscheinend in der Lage, einige Autoren anzuregen, ein erstes Mal ein Tanka zu verfassen. Auszüge aus einem längeren Mitteilungstext mögen dies belegen:
„[…] ich finde es großartig, einen Tanka-Wettbewerb auszuschreiben! Diese Herausforderung wollte ich gerne annehmen. Da ich bislang unerfahren in dieser Lyrikform war, habe ich mir vergangene Tanka aus den Auswahlen angesehen, um ihrem Wesen näher zu kommen. […] Nun gut, ich war angesteckt vom Tanka-Fieber und begann, eigene Tanka zu üben. Aus meinen Übungs-Tanka ist nun ein Tagebuchprojekt geworden. […]“
Der Autor dieser Zeilen erhielt insgesamt 4 und 3 Punkte für seine beiden Tanka und rangiert damit am Ende des ersten Drittels in der Kukai-Wertung!
Ob auf erste Schritte vielleicht weitere folgen? Aus Sicht des Tanka gesagt: Vielleicht täten weitere Tanka-Themenwettbewerbe dem Tanka gut, auf dass es sich bei uns allmählich ein wenig aus dem Schatten des Haiku zu lösen vermöchte.
Zum Schluss noch etwas zum Schmunzeln in eigener Sache als Schweizer:
Sonderangebote
ganz unten im Regal
vor meinen Augen
der freigelegte Ansatz
einer Poritze
Wolfgang Rödig
Dieses Wort in der fünften Zeile eines der eingegangenen Tanka hielt ich lange Zeit für einen getrockneten Fisch aus der Nordsee, in der Dose in der Auslage liegend, mit einer Silbenbetonung wie beim Wort „bedeppert“ – denn so kam ich mir auch vor, weil sich mir der Sinn dieses Tanka auch beim x-ten Mal Lesen nicht offenbarte – bis dann während der Wertung das Ding Punkte erhielt und ich einmal im Internet-Duden nachschaute – aufgrund der automatisch angezeigten Wort-Trennmöglichkeiten erschloss sich mir auf einen Schlag der richtige Sinn – wäre Homer dabei gewesen, wäre das darauf Folgende heute vielleicht unter der Bezeichnung „homerisches Gelächter“ bekannt …
Tony Böhle
Das war er also, der erste Tanka-Wettbewerb der DHG. Die Resonanz durchaus positiv und die Einsendungen reichlich.
Das Thema „Supermarkt“ kam sicherlich unerwartet, bietet aber trotz seiner scheinbaren Trivialität jede Menge Ansatzpunkte für Tanka: Fühlt man sich selbst eventuell gerade wie das Sonderangebot, das da unbeachtet im Regal liegen bleibt, weil man von der Wochenendbekanntschaft nicht zurückgerufen wird? Oder wie in einem Ort ohne Raum und Zeit, wie auch im Winter die prallen Südfrüchte im Regal liegen und nebenan der Fisch aus dem Nordatlantik?
Durchaus interessant zu sehen ist es dabei, was für unterschiedliche Eindrücke die einzelnen Tanka widerspiegeln, was uns bewegt oder einen bleibenden Eindruck vermittelt. Dabei sind die Erlebnisse, die man bei einem Einkauf im Supermarkt – und drum herum – durchlebt, wohl für die meisten gleich: einen Wagen schnappen, die Einkaufliste abarbeiten, in die Hacken gefahren werden, noch schnell ein paar Sonderangebote und Geschenke in den Korb werfen, die Nachbarin grüßen und schnellstmöglich ab zur Kasse, weil vielleicht schon die Kinder quengeln. Dann noch das Pieps-Konzert der Scanner anhören, das Geld auf den Tisch und nichts wie raus! Und im Moment natürlich alles unter Corona-Regeln. Das zeigen auch unsere Gewinner-Tanka:
Die Gewinner der Jury-Wertung
Die Gewinner der Teilnehmer-Wertung
1. Platz
1. Platz
wieder zu Hause das Piepsen des Scanners immer noch im Ohr denke ich an Urlaub auf einer einsamen Insel
wie ein Heer Soldaten in goldener Rüstung Osterhasen – kein Mindestabstand einen nehm ich in Quarantäne
Silvia Kempen
Stefanie Bucifal
2. Platz
2. Platz
morgenroutine ein espresso am kiosk auf dem arbeitsweg jetzt beim kaufmannsladen des kindes im homeoffice
die Milch im Kühlregal für 71 Cent ich weiß nicht wie es sich anfühlt eine Kuh zu streicheln
Annika Carmen Schmidt
Frank Dietrich
3. Platz
3. Platz
Sonderangebote ganz unten im Regal vor meinen Augen der freigelegte Ansatz einer Poritze
In der Auslage neben Kochgeschirr ein Buch über Bärenjagd. Seit der Kindheit hat meinen Hunger nichts mehr gestillt.
Wolfgang Rödig
Volker Friebel
4. Platz
4. Platz
die Milch im Kühlregal für 71 Cent ich weiß nicht wie es sich anfühlt eine Kuh zu streicheln
morgenroutine ein espresso am kiosk auf dem arbeitsweg jetzt beim kaufmannsladen des kindes im homeoffice
Frank Dietrich
Annika Carmen Schmidt
5. Platz
5. Platz
ausgebremst von Covid-19 fährt niemand mehr mit dem Einkaufswagen in meine Hacken
sie fragt nicht woher alles kommt nachts beim Containern hinterm Supermarkt
Friedrich Winzer
Claudia Brefeld
Interessant ist, wie diese Eindrücke in den Tanka verarbeitet wurden. Interessanter vielleicht noch, das nicht so Offensichtliche, was man hier lesen und noch einmal bewusst entdecken kann, wie die freigelegte Po-Ritze einer anderen Person beim Griff nach den Sonderangeboten im untersten Regal oder die Entfremdung von den Kühen, deren Milch man jeden Tag konsumiert.
Wer noch einmal auf Einkaufstour durch alle eingereichten Texte gehen möchte, wird diese demnächst auf der Webseite der DHG finden. Der Vorstand der DHG möchte sich für das Interesse am Wettbewerb und natürlich vor allem für die rege Teilnahme bedanken.
Martin Thomas
wieder zu Hause
das Piepsen des Scanners
immer noch im Ohr
denke ich an Urlaub
auf einer einsamen Insel
Silvia Kempen
Die seit über einem Jahr währende Corona-Pandemie verlangt jedem Einzelnen viel ab. Insbesondere die psychischen Langzeitfolgen lassen sich momentan nur schwer ermessen. Dabei sind es vor allem die Kontaktbeschränkungen, die an den Nerven vieler zerren. Der Mensch als soziales Wesen lebt schließlich von der Interaktion mit anderen, oder etwa nicht?
Das vorliegende Tanka hat meine Aufmerksamkeit sofort auf sich gezogen, da es in Anbetracht der aktuellen Lage eben nicht den Wunsch nach Geselligkeit, sondern den Wunsch nach Einsamkeit artikuliert. Sein Reiz besteht namentlich in der Offenheit der Ursache dieses Wunsches, die trotz des durch die Ausschreibung vorgegebenen Settings und des konkreten sprachlichen Ausdrucks auf semantischer Ebene besteht.