Sophie Starling und die geheime Gesellschaft der magischen Wesen - Thilo Schinke - E-Book

Sophie Starling und die geheime Gesellschaft der magischen Wesen E-Book

Thilo Schinke

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Beschreibung

Tauche ein in die magische Welt von Sophie Starling, einem zwölfjährigen Mädchen, das plötzlich entdeckt, dass sie nicht so gewöhnlich ist, wie sie immer dachte. Als sie auf ein mysteriöses Artefakt stößt und einem sprechenden Fuchs namens Ember begegnet, wird ihr Leben auf den Kopf gestellt. Sophie erfährt, dass sie die jüngste Wächterin einer geheimen Gesellschaft ist, die das Gleichgewicht zwischen der magischen und der menschlichen Welt bewahrt. Begleite Sophie auf ihrer abenteuerlichen Reise, während sie sich durch magische Welten bewegt, Rätsel löst, gegen dunkle Mächte kämpft und wichtige Lektionen über Mut, Freundschaft und Verantwortung lernt. In einem atemberaubenden Finale muss Sophie alles riskieren, um das Schicksal beider Welten zu retten und ihre Rolle als Wächterin voll zu akzeptieren. Dieses spannende und herzergreifende Buch ist perfekt für junge Leser ab 8 Jahren, die Fantasy, Abenteuer und eine starke Heldin lieben. Mit einer fesselnden Geschichte, die die Leser von der ersten bis zur letzten Seite in ihren Bann zieht, ist "Die geheime Gesellschaft der magischen Wesen" eine Bereicherung für jede Kinderbuchsammlung.

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Seitenzahl: 165

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Teil 1 Verborgene Kräfte
Die Flüsterweide
Teil 2 Das versteckte Artefakt
Der Ruf der Wächterin
Teil 3 Die Gesellschaft
Die vier Artefakte
Sophies Mission
Teil 4 Welt der Schatten
Angriff aus dem Nichts
Marcus Moonshadow
Teile der Wahrheit
Teil 5 Ein unerwarteter Begleiter
Der verwunschene Wald
Magische Hirsche
Das stille Labyrinth
Geheimnisse des Flusses
Der weise Baum
Übergabe des Wissens
Teil 6 Gefangene der Dunkelheit
Freunde stehen zusammen
Marcus‘ Angebot
Unverhoffte Überraschung
Gemeinsam stark
Teil 7 Nahende Dunkelheit
Chaos und Zerstörung
Dunkle Geheimnisse
Teil 8 Kampf der Welten
Die Schlacht am Kristallberg
Licht der Hoffnung
Befreiung und Vergebung
Teil 9 Die Rückkehr der Wächterin
Sophies Entscheidung
Nachwort des Autors
Das Abenteuer geht weiter

Sophie Starling

und die geheime Gesellschaft der magischen Wesen

von

Thilo Schinke

© 2024 Thilo Schinke

Die Inhalte und Illustrationen wurden in Zusammenarbeit mit künstlicher Intelligenz erstellt.

Druck und Distribution im Auftrag des Autors: tredition GmbH, Heinz-Beusen-Stieg 5, 22926 Ahrensburg, Germany

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist der Autor verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne seine Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag des Autors, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung „Impressumservice“, Heinz-Beusen-Stieg 5, 22926 Ahrensburg, Deutschland.

ISBN

Softcover: 978-3-384-27786-2

Hardcover: 978-3-384-27787-9

E-Book: 978-3-384-27788-6

Für Luisa, Jannik und Dani, die mich inspirieren und an ihren Abenteuern teilhaben lassen.

Teil 1Verborgene Kräfte

Sophies Herz pochte wild, als sie durch die verwinkelten Gassen rannte. Die hohen Gebäude mit ihren verzierten Fassaden schienen sich vorzubeugen, um besser sehen zu können, wer ihre Ruhe störte. Ein Schatten folgte ihr schnell, versteckt in einem dunklen Umhang mit einer Kapuze, die tief ins Gesicht gezogen war. Aus der Dunkelheit darunter blitzten kalte, graue Augen.

»Du kannst nicht entkommen, Sophie«, flüsterte die leise, eisige Stimme.

Die Worte ließen ihr Blut gefrieren, aber trieben sie weiter an. Sophie spürte den drängenden Blick des Verfolgers auf ihrem Rücken. Sie kannte die verwinkelten Wege und geheimen Durchgänge der alten Stadt, wie ihre eigene Westentasche. Doch heute fühlten sie sich fremd und bedrohlich an. In einem verzweifelten Versuch, ihren Verfolger abzuschütteln, bog Sophie abrupt in eine schmale Seitengasse ein. Beinahe stieß sie mit dem jungen Pärchen zusammen, das ihr entgegenkam. Ihre Hand streifte die raue Mauer, die mit Efeu bewachsen war. Sie spürte die Blätter unter ihren Fingern zittern, als sie plötzlich eine Kälte durchströmte, die nicht von der Luft herrührte. Ehe sie sich versah, verschmolz sie für einen Moment mit der Wand. Ihr Körper fühlte sich leicht und durchsichtig an. Ihre Umrisse schienen zu verblassen.

Panik ergriff sie, als sie realisierte, was geschah. Mit einem kräftigen Schub setzte sie sich ab. Sie stolperte fast, als sie wieder festen Boden unter den Füßen hatte, und lief weiter. Ihr Herz pochte wild, als sie die verwinkelte Treppe hochstieg, die auf die Dächer der alten Gebäude führte. Die Aussicht von oben bot einen Moment der Erleichterung. Die goldene Abendsonne warf lange Schatten über die Stadt und schuf ein Labyrinth aus Licht und Dunkelheit. Sophie rannte weiter. Ihre Füße setzten nur kurz auf den verwitterten Dachziegeln ab. Ihre Schritte waren sicher, auch wenn ihr Herz vor Angst und Aufregung in ihrer Brust hämmerte. Hinter sich hörte sie das leise Knirschen von Tritten auf Schiefer. Sie warf einen Blick über die Schulter und sah, wie ihr die Gestalt beharrlich folgte, scheinbar unbeeindruckt von der gefährlichen Höhe. In ihrer Verzweiflung erinnerte sie sich an das seltsame Gefühl der Unsichtbarkeit, das sie zuvor erfasst hatte. Konzentriert, ihre Energie bündelnd, spürte sie, wie ihre Umrisse erneut verschwammen. Sophie stand kurz vorm letzten Schritt, um vollständig in die Unsichtbarkeit zu verschwinden, als sie plötzlich durch ein kräftiges Rütteln zurück in die Realität gezogen wurde.

»Sophie!«

Sammys energiegeladene Stimme durchbrach die Stille wie ein Donnerschlag.

»Komm schon, du hörst mir ja gar nicht zu!«

Sophie blinzelte überrascht und atmete schnell. Sie schaute sich um. Sonnenlicht flutete durch die großen Glasfenster des Wintergartens und wärmte den Raum. Sie saß auf dem Fußboden, umringt von Bücher-Stapeln. Da waren faszinierende Romane, gruselige Märchen und geheimnisvolle Detektivgeschichten. Jedes Buch lag offen da, als würde es sie in eine andere Welt einladen.

»Ich … was?«

Ihre Hand ruhte auf den Seiten eines alten Buches, dessen spannende Geschichte sie gerade noch durchlebt hatte – zumindest in ihrer Vorstellung. Langsam streckte sie ihre Hand aus und berührte vorsichtig den Boden neben sich. Das feste, kühle Gefühl unter ihren Fingerspitzen bestätigte, dass sie zurück in der realen Welt war und nicht unsichtbar werden konnte.

Erleichtert sah sie auf. Vor ihr stand ein kleiner Junge. Sein strubbeliges dunkelblondes Haar lugte unter dem Piratenhut auf seinem Kopf hervor. Die Dinosaurier auf seinem T-Shirt, die fleckige Short und die dreckigen Turnschuhe schienen nicht zu dem selbstgebastelten Piratenschwert in seiner Hand zu passen.

Sammy rollte mit den Augen und seufzte theatralisch.

»Ich frage dich schon die ganze Zeit, ob du mit mir Piraten spielen kommst. Draußen. Im Garten. Du weißt schon, echte Abenteuer erleben. Nicht nur lesen.«

Sein Tonfall schwankte zwischen Vorwurf und Flehen. Seine kleinen Füße trommelten auf den Boden.

Sophie lächelte sanft. Sie liebte die Energie und unerschöpfliche Fantasie ihres jüngeren Bruders, doch heute fühlte sie sich mehr zu den Abenteuern ihrer Bücher hingezogen. Ein Teil von ihr war noch immer bei der Verfolgungsjagd über den Dächern.

»Vielleicht später, Sammy. Ich möchte wirklich noch ein bisschen lesen.«

Ihre Stimme war sanft, bemüht, ihn nicht zu enttäuschen. Sammys Gesichtsausdruck fiel kurz zusammen, bevor er sich wieder fing und mit einem übertriebenen Seufzer den Raum verließ. Sophie hörte, wie die Gartentür mit einem Klicken aufging. Die freudigen Rufe des Jungen wehten zu ihr herüber, während er sich allein in seine Piratenwelt stürzte. Sie sah ihm kurz nach, dann senkte sie ihren Blick wieder auf die offenen Seiten vor sich, bereit, in ihre eigene Welt der Wunder und Geheimnisse zurückzukehren.

Die Sommerferien hatten erst vor wenigen Tagen begonnen und Sophie hatte sich vorgenommen, jede freie Minute mit Lesen zu verbringen. Sie liebte es, in Geschichten einzutauchen. Ihre Bücher waren ihre besten Freunde und erlaubten es ihr, die Abenteuer zu erleben, nach denen sie sich in ihrem langweiligen Alltag sehnte. Ihre Mutter, Mia, hatte ihr schon mehrfach vorgeschlagen, sie solle doch die Sommerferien nutzen, um mehr Zeit draußen zu verbringen und Freunde einzuladen. Aber Sophie genoss die Ruhe und den Frieden, den das Alleinsein mit ihren Büchern bot. Sie war ein introvertiertes, zwölfjähriges Mädchen, das in den Geschichten, die sie las, Trost und Abenteuer fand.

In der Ecke des Wintergartens saß auf einem kleinen, gemütlichen Sofa ein älterer Mann mit vollem, silbergrauem Bart. Lachfalten umrahmten seine warmen, durchdringenden Augen. Sein Haar war sorgfältig zurückgekämmt, was ihm ein würdevolles Aussehen verlieh. Seine Kleidung war einfach, aber gepflegt; heute trug er eine schicke Weste über seinem Hemd.

Sophies Großvater Gregory hatte die Interaktion zwischen ihr und Sammy mit einem leisen, zufriedenen Lächeln beobachtet. Seine Augen strahlten eine Mischung aus Weisheit und Güte aus. Als die Geräusche von Mia, die in der offenen Küche hantierte, kurz verstummten, wandte er seine volle Aufmerksamkeit Sophie zu.

»Warst du wieder auf einem deiner Abenteuer, meine Liebe?«, fragte er mit einem warmen, einladenden Ton in der Stimme.

Er teilte eine besondere Verbindung mit seiner Enkelin, die seine Leidenschaft für Bücher und Geschichten geerbt hatte. Sophie blickte auf. Ein leichtes Lächeln umspielte ihre Lippen.

»Ja, Opa. Diesmal war es eine wilde Verfolgungsjagd durch die Gassen und über die Dächer einer Stadt. Ich konnte sogar durch Wände gehen und unsichtbar werden.«

Ihre grünen Augen leuchteten auf, als sie davon erzählte. Ein Funken der Begeisterung sprang von ihr auf ihren Großvater über. Gregory rückte näher und beugte sich vor, seine Neugier geweckt.

»Das klingt ja faszinierend! Und wie hast du diese Kräfte entdeckt? War es eine magische Formel oder ein verborgenes Amulett?«

»Es passierte einfach, als ich vor einer dunklen Gestalt flüchtete. Plötzlich fühlte ich mich leicht und durchsichtig. Ich denke, es war die Angst, die es ausgelöst hat«, erklärte Sophie nachdenklich.

Ihr Blick verlor sich kurz im Wintergarten, als wäre sie noch immer in jener anderen Welt.

Ihr Großvater nickte verständnisvoll.

»Angst kann oft ungeahnte Kräfte in uns freisetzen.«

Sie redeten weiter, tauschten Ideen aus und sprachen über die geheimen Welten, die zwischen den Seiten der Bücher versteckt waren.

Die Flüsterweide

Das alte Bauernhaus der Familie Starling, liebevoll »Flüsterweide« genannt, lag am Rande der Stadt Weidenweiher. Umgeben von farbigen Gärten und imposanten Wäldern, war es ein gemütliches Zuhause für Sophie, Sammy, Mia und Gregory. Es war ein großes, verwinkeltes Gebäude mit knarrenden Holzböden und geheimnisvollen Winkeln. Perfekt für ein Mädchen mit einer lebhaften Fantasie. Hier, inmitten der ländlichen Stille hatte die Zeit manchmal den Anschein, langsamer zu vergehen, was Sophie die Ausrede bot, sich in ihre Bücher zu vertiefen. Die sanften Winde, die durch die alten Bäume wehten, schienen Geschichten zu flüstern. Die Erzählungen aus vergangenen Tagen weckten die Fantasie der Bewohner. Überall im Haus spürte man Magie und eine tiefe Liebe zur Natur. Das machte es zum perfekten Spielplatz für die Kinder und zu einem friedlichen Rückzugsort für die Erwachsenen.

Weidenweiher selbst war eine verträumte Kleinstadt. Mit ihrem alten Charme und der tiefen Verbundenheit zur Natur wirkte sie wie aus einer anderen Zeit. Die Stadt lag nahe majestätischer Berge, klarer Seen und dichter Wälder, was ihre Schönheit noch verstärkte. Im Frühling blühte sie in einem Meer aus Farben auf, und im Herbst bedeckten leuchtend rote Blätter ihre Straße.

Es war ein herrlicher Sommertag. Die Sonne schien strahlend vom klaren, blauen Himmel herab und erfüllte die Luft mit einer angenehmen Wärme. Die Bäume im Garten der Flüsterweide flüsterten sanft, und das Summen der Bienen und das Zwitschern der Vögel bildeten eine lebhafte Symphonie. Überall blühten bunte Blumen, und die Sonne ließ ihre Farben leuchten, während ihr Duft süß und einladend in der Luft hing.

Sammy spielte im Garten – gekrönt mit seinem selbstgebastelten Piratenhut und bewaffnet mit einem hölzernen Schwert. Das Baumhaus, das sein Großvater ihm gebaut hatte, und sein bevorzugter Aussichtspunkt, diente ihm als Piratenschiff. Hoch oben in den Zweigen der alten Eiche verankert, verwandelte die Fantasie des Jungen das sanfte Schaukeln der Baumkrone im Wind in das Rollen eines echten Schiffes auf hoher See.

Unerwartet entdeckte Sammy hinter einem dichten Busch ein schimmerndes Wesen. Er schaute genauer hin und sah, dass es ein kleiner Fuchs war. Vielleicht der Wächter eines versteckten Schatzes?

Mit einem kräftigen »Arrr!« schwang er sich am Seilzug hinab auf das weiche Gras, bereit, imaginäre Meere zu erobern. Der Garten verwandelte sich vor seinen Augen in eine weite Ozeanlandschaft. Die verstreuten Inseln aus Büschen und Bäumen waren reich an verborgenen Schätzen. Auf seinem Weg hinter dem Fuchs her segelte er durch wilde Gewässer, kämpfte gegen erdachte Seeungeheuer und grausige Piraten.

Doch als er dem Fuchs hinter einen Busch folgte, erlebte er eine Überraschung. Das Wesen war, wie auf magische Weise, verschwunden. Sammy, allein am Rand des Gartens stehend, schaute staunend umher. Er spürte, wie sich die Grenzen seiner eigenen Welt verschoben, und ein Gefühl des Staunens und der Neugier ergriff ihn.

Teil 2Das versteckte Artefakt

In der Dunkelheit der Nacht braute sich ein heftiges Unwetter zusammen. Schwere Wolken zogen über Weidenweiher und verdunkelten den Himmel. Einzelne Blitze erleuchteten in grellen Schlägen die Umrisse der alten Bäume rund um die Flüsterweide. Der Wind heulte durch die Zweige und ließ die Fensterläden klappern, während der Donner grollte und die Stille der Nacht brach.

Sophie lag in ihrem Bett und versuchte zu schlafen, doch ein seltsamer Traum ließ sie unruhig hin und her wälzen. Sie stand an einem Ort, umgeben von Nebel und flüsternden Stimmen, die ihren Namen zu rufen schienen. Sie hörte das Flüstern deutlich, als riefe es sie zu einer unbestimmten, drängenden Aufgabe.

Plötzlich, durchzogen von einer tiefen Unruhe, schreckte sie zitternd aus ihrem Schlaf hoch. Der Traum hallte in ihren Gedanken nach, ein Echo, das sie nicht abschütteln konnte. Sie lauschte dem Regen, dem Donner und kroch tiefer unter ihre Bettdecke. Sie hasste Gewitter. Ängstlich hielt sie für einen Moment die Luft an. Waren es nur die Nachwirkungen des Traumes oder hörte sie noch immer die flüsternden Stimmen?

Getrieben von einem unerklärlichen Gefühl, stand sie auf und zog sich hastig etwas über. Ihr Herz schlug laut, fast synchron mit den Donnerschlägen, die das Haus erzittern ließen. Die Luft war still und schwer, als sie ihr Zimmer verließ. Das einzige Licht kam in unregelmäßigen Abständen, wenn ein Blitz die Flure für einen flüchtigen Moment in ein gespenstisches Weiß tauchte.

Sophie bewegte sich leise, beinahe schwebend, durch die dunklen Gänge. Der Donner übertönte ihre Schritte und gab ihr das Gefühl einer unsichtbaren Präsenz. Sie erreichte die große Treppe, die knarrend ihre heimliche Durchreise verriet. Jeder Tritt schien das alte Holz zum Sprechen zu bringen, doch der nächste Donner verschluckte das Geräusch fast augenblicklich. Sophie hielt inne und lauschte. Das Haus schien zu atmen. Der Wind spielte mit dem alten Gebäude und flüsterte Geschichten und Geheimnisse.

Geleitet von ihrem Instinkt, zog es sie in den Wintergarten, den Ort, an dem sie gestern noch gelesen hatte. Der Raum war in Dunkelheit gehüllt, nur gelegentlich von den heftigen Blitzen erhellt, die durch die großen Glasfenster zuckten. Ihre treuen Begleiter, die auf dem Boden verstreuten Bücher, wirkten wie stumme Zeugen der nächtlichen Störung. Draußen peitschten Regen und Wind gegen die Scheiben. Sie malten wilde Muster und ließen die Welt verzerrt und fremd erscheinen. Sophie trat näher ans Fenster und legte ihre Hand gegen das kalte Glas. Draußen war die Welt ein rohes Schauspiel aus Naturgewalten, doch im Inneren spürte sie eine merkwürdige Ruhe. Eine Verbindung zum Traum, der sie geweckt hatte. Sie fühlte sich seltsam, als wäre dieser Moment, dieser Ort, genau dort, wo sie sein musste. Was immer der Traum von ihr wollte, es war eng mit dem Unwetter verbunden.

Es war, als würde die Natur selbst sie rufen. In diesem Augenblick, zwischen Blitz und Donner, wirkte es, als ob der Wind ihren Namen flüsterte. Ein leises, aber präzises Rufen, das tief aus den Schatten des Gartens zu kommen schien. Die Schatten der Bäume und Gegenstände im Garten spielten mit dem Licht der Blitze.

Dirigiert von dem geheimnisvollen Flüstern, das sie in ihrem Traum gehört hatte, wandte sich Sophie von den Fenstern ab und ging leise ins alte Kaminzimmer. Sie mochte ihr Zuhause und neben dem Wintergarten war dies ihr zweitliebster Ort. Das Zimmer war ein zentraler Treffpunkt für Familie und Freunde, voller warmer und gemütlicher Erinnerungen. Die Möbel waren zwar etwas abgenutzt, aber jedes Stück erzählte Geschichten von vielen gemeinsam verbrachten Abenden.

Die Luft war erfüllt mit dem süßen Duft von Kiefernholz und Kräutern. Diese wurden oft im offenen Feuer verbrannt, um das Haus mit angenehmen Gerüchen zu erfüllen. Der Kamin selbst war sorgfältig gepflegt und umgeben von einer Vielzahl Werkzeuge. Er sah aus, als ob er nur darauf wartete, an kühlen Abenden wieder Wärme und Geborgenheit zu spenden.

Sophie näherte sich dem Kamin vorsichtig. Ein Blitz warf sein grelles Licht durch das Fenster und beleuchtete den Raum in unheimlichen, flackernden Schatten. Der Wind heulte durch die Ritzen des alten Gemäuers, und jedes Heulen klang wie das Flüstern von Geistern, die in den Wänden gefangen waren. Die Atmosphäre war gespenstisch, fast so, als wäre das Haus lebendig und beobachte jeden ihrer Schritte.

Als sie sich tiefer in den Raum vorwagte, bemerkte Sophie im Licht der Blitze eine lose Steinplatte im Zentrum des Kamins, die ihr zuvor nie aufgefallen war. Ihr Herz pochte stärker.

Von Neugier erfüllt, aber auch ein wenig zögerlich, schob sie die Platte beiseite und entdeckte in dem Fach dahinter ein geheimnisvolles Artefakt. Es war ein kleiner Anhänger in Form eines Blattes. Er war aus glänzendem Silber, das sogar im schwachen Licht zu leuchten schien.

Als Sophie das Artefakt berührte, fühlte sie sofort eine behagliche Wärme, die von dem Metall auszugehen schien sowie eine Energie, die tief in ihre Haut eindrang und ihre Finger mit einem Kribbeln erfüllte. Während sie das Blatt näher betrachtete, hörte sie ein leises Rascheln, als wäre ein Windstoß direkt im Raum.

Verwirrt schaute sie auf. Im Schein eines erneuten Blitzes erblickte sie die Gestalt eines rotgolden leuchtenden Fuchses in der Ecke des Zimmers. Der kleine Fuchs saß einfach da. Seine Augen funkelten ungewöhnlich intelligent und sein Fell schien in der Dunkelheit magisch zu glühen.

Sophie erstarrte. Sie war überrascht und fasziniert zugleich. Der Fuchs bewegte sich nicht, sondern beobachtete sie voller Neugier. Es war ein magischer Moment, unterbrochen nur durch das ferne Grollen des Donners und das rasche Zucken der Blitze. Sie spürte eine Verbindung zu dem Tier, die sie überraschte. Es war, als hätte das Unwetter sie beide hierhergeführt, zu einer Begegnung, die schon lange vorher besiegelt war.

Der Ruf der Wächterin

»Guten Abend Sophie, ich bin Ember«, sagte der Fuchs mit einem freundlichen, fast verschmitzten Lächeln. Seine Stimme war charmant und ruhevoll.

Sophie hielt den Atem an, ihr Herz klopfte heftig in ihrer Brust. Ein seltsames Artefakt und jetzt ein sprechender Fuchs? Es fühlte sich an, als wäre sie in die Fantasiewelt aus ihren Büchern gestolpert.

Ein lauter Donner ließ das Haus zittern. Ember hüpfte auf einen gemütlichen Sessel und kuschelte sich in die weichen Decken, die darauf lagen. Sein glänzendes Fell leuchtete warm im sanften Licht des Raumes.

»Du bist Teil einer sehr alten und geheimen Gesellschaft, Sophie. Seit Jahrhunderten bewahren wir, Wächter wie du und magische Wesen wie ich, das Gleichgewicht zwischen unseren beiden Welten.«

Sophie stand da, völlig sprachlos. Es kam ihr vor, als wäre sie mitten in einem Traum gelandet. Langsam hob sie ihre Hand und zwickte sich in den Arm, nur um sicherzugehen, dass sie nicht träumte. Der Schmerz bestätigte ihr, dass alles, was um sie herum passierte, echt war. Trotzdem konnte sie kaum glauben, was der Fuchs erzählte.

»In unserer Welt gibt es sprechende Tiere wie mich, aber auch Wesen aus den Elementen Wasser und Feuer sowie magische Fabelwesen und viele andere fantastische Kreaturen«, fuhr Ember unbeirrt fort. »Wir alle leben friedlich zusammen, jedoch müssen wir uns verstecken. Als Wächter schützen wir beide Welten – unsere und die der Menschen – vor denen, die ihre Magie für böse Zwecke nutzen wollen.«

Ember legte den Kopf schief und sah Sophie direkt an, die ihn noch immer ungläubig anstarrte. Seine Augen funkelten mitfühlend.

»Ich weiß, das ist alles ziemlich überwältigend. Aber du bist nicht allein. Wir sind hier, um dir zu helfen und dich zu führen. Du wirst sehen, es ist eine wunderschöne Welt, voller Wunder und Geheimnisse, die darauf warten, von dir entdeckt zu werden.«

Sophie fühlte sich überwältigt und skeptisch zugleich. Magische Wesen? Eine geheime Welt und sie als ihre Wächterin? Sie zweifelte an den Worten des Fuchses.

»Wie kann das sein? Ich bin nur ein Mädchen, das Bücher liebt und ...«

Ihre Stimme brach ab, überfordert von der Tragweite dessen, was Ember ihr offenbart hatte. Der Fuchs nickte verständnisvoll.

»Ich weiß, dass dies schwer zu begreifen ist. Ich werde dir helfen, deine Bedeutung und Kräfte zu verstehen.«

Er bewegte sich näher zu ihr, sein Blick freundlich.

Sophie spürte trotz all ihrer Zweifel eine seltsame Vertrautheit mit Ember. Er schien aufrichtig zu sein und ihre tiefsten Gedanken und Ängste zu kennen. Als wäre er schon lange ein Teil ihrer Welt.

»Warum ich? Was ist so besonders an mir?«

Ember sah sie an und zögerte kurz.

»Deine Verbindung zur Magie ist alt und tief verwurzelt. Mehr als du ahnst. Du hast eine besondere Fähigkeit, die Welten zu spüren und zu beeinflussen. Das Artefakt hat dich als Wächterin ausgewählt, weil es deine innere Kraft erkannt hat.«

»Das Artefakt, das du gefunden hast, ist nur der Anfang. Es wird dir helfen, deine Fähigkeiten zu entwickeln und zu verstehen«, erklärte Ember weiter.

Sophie stand da, den silbernen Anhänger fest in der Hand. Ihr Blick wechselte zwischen dem Artefakt und Ember. Trotz ihrer Zweifel an den Worten des Fuchses und der Angst vor dem Unbekannten spürte sie eine innere Stärke, die zu erwachen begann.

»Ich werde es versuchen«, sagte Sophie schließlich. Ihre Stimme zitterte leicht.