SPACE 2024 - Eugen Reichl - E-Book

SPACE 2024 E-Book

Eugen Reichl

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Beschreibung

Die 21. Ausgabe des Raumfahrt-Klassikers. In den SPACE-Jahrbüchern halten wir für Sie die aktuellen Entwicklungen in der Raumfahrt fest. Sachkundig, pointiert, aktuell und spannend Elon Almighty – Faktor X im Sonnensystem *** Starship: Erfolgreicher Fehlschlag Der Flug des weißen Hasen *** Das erste Rendezvous im Orbit *** Westbesuch von Sigmund Jähn: Erinnerung an eine deutsche Begegnung Europas *** Abschied vom Weltraum *** Geschäft im cislunaren Raum *** ARIS macht Träume wahr Seidenstraße in den Weltraum *** SF-Wettbewerb 2023 mit Mikro-SF Raumfahrtchronik, Raumfahrtstatistik, Raumfahrt-Panorama *** und vieles mehr...

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SPACE 2024

Eugen Reichl
Das aktuelle Raumfahrt-Jahrbuch mit allen Starts

Impressum

ePub-Edition November 2023

Copyright © by VFR e.V., München

Alle Rechte vorbehalten

Initiator: Verein zur Förderung der Raumfahrt e. V., www.vfr.deHerausgeber: Thomas Krieger

Organisation: Peter Schramm

Lektorat: Heimo Gnilka, Margit Drexler, Thomas Krieger, Peter Schramm, Stefan Schiessl

Titelmotiv: Stefan Schiessl, www.exploredesign.de

Layout & Satz: Stefan Schiessl, www.exploredesign.de

Web: www.space-jahrbuch.de / eMail: [email protected]

ISBN 978-3-944819-55-6 (ePub)

Editorial

Liebe Leserin, Lieber Leser,

vor über 45 Jahren ignorierten Frankreich und weitere Partnerländer der Europäischen Weltraumbehörde die Behauptung der USA, dass von nun an, da der Shuttle existiere, alle nicht wiederverwendbaren Trägersysteme obsolet seien. Die Skepsis gegenüber dieser Aussage bereitete in Europa die Bühne für die Gründung der Arianespace, der ersten kommerziellen Vertriebsgesellschaft für Trägerraketen der Welt.

Mit Rückendeckung der ESA, die stark an einem unabhängigen europäischen Zugang zum Weltraum interessiert war, um sowohl ihre Wissenschaftsprogramme als auch die europäische Raumfahrtindustrie zu stärken, wuchs die Arianespace innerhalb weniger Jahre zu einer bedeutenden internationalen Größe auf dem Raumfahrtträger-Sektor heran. 1984, also noch vor der Challenger-Katastrophe, wurde die Hälfte des Weltmarktes an Satelliten für ihre Starts auf Ariane-Raketen gebucht.

Doch kurz nach der Jahrtausendwende begann der Gegenwind von Seiten der Konkurrenten aus den USA, Russland und China zu blasen. Das zwang die Arianespace dazu, die Preise zu senken und einen Upgrade bei der Ariane 5 durchzuführen. Die Zeiten wurden rauer. Das war aber erst ein Vorbote der Dinge, die noch kommen sollten. Mit neuartiger Technologie und niedrigen Preisen schloss SpaceX zunächst langsam zur Arianespace auf, überholte sie schließlich 2017 und ließ sie danach mit immer höherer Beschleunigung hinter sich. Sechs Jahre später ist der Abstand zu SpaceX frappierend. Für die europäischen Entwickler geht es seither im Vergleich zum Weltmarkt nur noch in eine Richtung: Steil bergab. Europa führte im Jahr 2023 ganze drei Orbitalstarts durch. Bei SpaceX werden es am 31. Dezember irgendwo zwischen 90 und 100 Missionen sein.

Schuld an dieser Misere sind viele Faktoren. Zum einen die typische europäische Unentschlossenheit, das völlige Verkennen der tatsächlichen Situation, eine unglaubliche Arroganz und eine schier endlose Kette falscher Entscheidungen. Entscheidungen, die nicht von der Lösung des Problems, sondern von politischen Ränkespielchen getrieben sind. Als Sahnehäubchen auf diesem totalen Debakel endete im Februar letzten Jahres auch noch die Zusammenarbeit mit Russland.

Dieses europäische Drama auf dem Trägerraketensektor ist auch Gegenstand eines Artikels in der diesjährigen Ausgabe von SPACE. Er trägt den Titel: Europas Abschied vom Weltraum.

Aber es gab natürlich auch viele positive Highlights in der weltweiten Raumfahrt. Meine drei Favoriten unter den Top-Ereignissen des Berichtszeitraumes September 2022 bis August 2023 sind:

Der absichtlich herbeigeführte Einschlag der Raumsonde DART am 26. September 2022 auf dem Asteroiden Dimorphos, der glänzend bewies, dass die Abwehr zumindest kleinerer erdgefährdender Asteroiden möglich ist.Der Erstflug des SLS/Orion-Systems bei der Artemis I-Mission zwischen dem 16. November und dem 11. Dezember 2022, und …Die Landung der indischen Raumsonde Vikram und das Absetzen des Pragyan-Rovers im Rahmen der Chandraayan 3-Mission am 23. August 2023.

Mein „Aufsteiger des Jahres“ ist Axiom Space, das sich nicht nur im Raumstationsgeschäft fest etabliert hat, indem es derzeit etwa alle 10-12 Monate eine private Mission zur ISS entsendet und den Bau privater Module für die ISS vorantreibt, sondern auch von der NASA ausgewählt wurde, die Raumanzüge für das ARTEMIS-Mondprogramm zu entwickeln.

„Absteiger des Jahres“ ist auch heuer die russische Raumfahrt, der es trotz jahrzehntelanger Vorbereitung nicht gelang, die Raumsonde Luna 25 auf dem Mond zu platzieren und ihr wertvolles Raumfahrzeug mit einem törichten Softwarefehler aus der Anfängerliga vernichtete.

Der „Sonderklasse-Award“ geht auch heuer an SpaceX, das nun schon seit einer ganzen Weile eine Kategorie für sich ist, und das gesamte Verfolgerfeld inzwischen vielfach überrundet hat. Auch in Sachen „Innovation“ bleibt SpaceX mit Abstand führend. Das Unternehmen unternahm am 20. April 2023 einen spektakulären Versuchsstart mit dem Starship, der ebenso spektakulär misslang. Wir haben dem Starship-Projekt in dieser Ausgabe von SPACE einen eigenen Artikel gewidmet. Titel: Erfolgreicher Fehlschlag.

Und schließlich dürfen wir auch China nicht vergessen, das mit stoischer Präzision die erste Phase des Ausbaus der nationalen Raumstation Tiangong abschloss und nun zur zweiten Nation geworden ist, die permanent im Orbit vertreten ist. Erst in diesen Tagen kündigte China außerdem an, die Tiangong-Station von bislang drei auf sechs Module erweitern zu wollen.

Im Editorial der Ausgabe SPACE 2023 freuten wir uns über Europas Initiative zur eigenständigen bemannten Raumfahrt mit der Bezeichnung SUSIE. Dieses (wie wir damals schon berichteten) etwas alberne Akronym steht für Smart Upper Stage for Innovative Exploration. Wir versprachen im nächsten Jahr (also in der Ausgabe, die jetzt vor Ihnen liegt) darüber zu berichten, sofern sich in diesem Vorhaben etwas Erkennbares tut. Aber, wir sind hier in Europa. Es hat sich also, wie erwartet, nichts bewegt. Zumindest nichts, was an die Öffentlichkeit gelangt wäre, und deshalb gibt es hier keinen Bericht dazu.

Nun zu unserem traditionellen „Sneak Preview“.

Zwei der Beiträge in SPACE 2024 haben wir ja schon eingangs erwähnt. Unser diesjähriger Leitartikel, Elon Almighty – Faktor X im Sonnensystem, befasst sich mit einem Dauergast dieses Jahrbuchs: Elon Musk. In Deutschland fast durchweg geschmäht, in der übrigen Welt und vor allem in den USA fast durchweg gefeiert, polarisiert dieser „Macher“ die Menschen. Zeit, ihn selbst und vor allem seine raumfahrtbezogenen Aktivitäten wieder einmal zu durchleuchten.

Während man hinsichtlich des Erfolges oder des Misserfolgs beim Jungfernflug des Starship durchaus geteilter Meinung sein kann, gilt das nicht für den ersten Einsatz des Space Launch Systems und der Orion-Raumkapsel bei der Mission Artemis I. Besser hätte es nicht laufen können. Diesen Erfolg würdigen wir in dem Bericht Die Artemis-Ära hat begonnen.

Auch in diesem Jahr haben wir mit Erinnerungen an eine deutsche Begegnung einen wunderbaren Beitrag vom VFR-Vorstandsrat Andreas Drexler in der aktuellen Ausgabe. Es ist dieses Mal ein Erlebnisbericht aus seiner Zeit als Wissenschaftsattaché in der Ständigen Vertretung der DDR in Bonn. Er erzählt, wie er Ende der 80er-Jahre den Besuch von Sigmund Jähn in der BRD mit in die Wege leitete und mit organisierte. Ein hoch interessanter zeitgeschichtlicher Beitrag mit weitgehend unbekannten Bildern.

Das japanische Unternehmen ispace versuchte im April 2023 eine Landung auf dem Mond. Die ArianeGroup GmbH in Lampoldshausen hatte wesentliche Systeme für dieses Projekt gebaut. Leider misslang die Landung in der entscheidenden Phase. Das lag aber an einer fehlerhaften Software und nicht am Lampoldshausener Beitrag, denn das Antriebssystem arbeitete tapfer bis zur letzten Sekunde Sprit. Timo Krone berichtet über die Mission, erzählt, wo die Fehler lagen und wie es nun mit ispace weitergeht in seinem Beitrag Der Flug des weißen Hasen.

Raumfahrtgeschichte darf in SPACE nie fehlen, Dieses Mal berichten wir in dem Beitrag Das erste Rendezvous im Orbit über…? Genau! Über das erste Rendezvous im Weltraum mit Gemini 6 und Gemini 7 im Dezember 1965.

Im Bericht Geschäft im cislunaren Raum stellen wir unter anderem erstmals ausführlich das Blue Moon Projekt von Blue Origin vor. Aber auch andere Mitspieler in diesem neuen Betätigungsfeld kommen nicht zu kurz.

Im Beitrag ARIS macht Träume wahr berichtet unser Schweizer Gastautor Adrian Mettauer über die Akademische Raumfahrtinitiative Schweiz, die – im wahrsten Sinne des Wortes – hochfliegende Pläne hat.

Und schließlich untersuchen wir in Seidenstraße in den Weltraum die Hegemonialansprüche Chinas in der Raumfahrt.

Leider müssen wir ein Versprechen aus dem Vorjahr brechen, sonst würde uns der Umfang diese Ausgabe wieder aus dem Ruder laufen. Obwohl, „Versprechen brechen“ trifft es nicht ganz, denn wir verschieben es nur aufs nächste Jahr. Dann bringen wir den in der letzten Ausgabe von SPACE angekündigten Bericht über das James Webb-Space Teleskop und seine faszinierenden Entdeckungen.

Erst vor drei Jahren eingeführt, aber schon ein „Klassik-Feature“ von SPACE: Das „Raumfahrt-Panorama“. 24 Kurzartikel zu wichtigen und interessanten Ereignissen, die wir nicht in unseren Fachartikeln mit abgedeckt haben.

Unser diesjähriger Science-Fiction Wettbewerb befasste sich mit dem Thema „Made in Space“, also mit industrieller Produktion im Weltraum. Wie immer finden Sie in der aktuellen Ausgabe von SPACE die drei ersten Preisträger. Ihre Stories sind wieder sehr phantasiereich und spannend zu lesen. Im Siegertrio sind zwei „alte“ Bekannte und eine Newcomerin. Wie jedes Jahr ein echtes Highlight. Und der Qualitätsstandard der Beiträge geht jedes Jahr weiter nach oben, wie ich finde.

Auch unsere ebenfalls noch recht neue Rubrik der Micro SF Stories hat sich etabliert. Wir bekamen erneut eine große Zahl von Einsendungen (136 waren es diesmal), zum großen Teil von hoher Qualität. Sie erinnern sich vielleicht noch: Diese Geschichten sind in ihrem Umfang auf maximal 500 Zeichen inklusive der Leerzeichen beschränkt. In dieser Ausgabe stellen wir wieder die nach unserem Dafürhalten zehn bemerkenswertesten Beiträge vor.

Neben den Artikeln und den Kurzgeschichten widmen wir einen wesentlichen Teil des Buches wie immer einer ausführlichen Dokumentation aller Raumfahrtstarts in der SPACE-typischen Berichtsperiode, die für den aktuellen Band vom September 2022 bis August 2023 läuft. Hier gibt es aber eine redaktionelle Änderung, die wir gleich im Anschluss an das Editorial in den Informationen der SPACE-Redaktion näher erläutern. Wir haben damit in den bislang erschienen 20 Bänden jede einzelne Mission, die seit 2003 in den Orbit oder darüber hinausging, im Detail dokumentiert.

Für die Zahlenfreaks und die Daten-Fans unter unseren Lesern haben wir wie jedes Jahr einen großen Block zur Raumfahrtstatistik der Jahre 2022 und 2023 erarbeitet.

Informationen der SPACE-Redaktion

Zwei Dinge ändern wir ab dieser Ausgabe von SPACE gegenüber den früheren Büchern. Zunächst, und das wird Ihnen wahrscheinlich gleich aufgefallen sein: Das Buch ist dünner als die Jahre zuvor. Was daran liegt, dass wir jetzt noch mehr Inhalt bieten. Ein Widerspruch meinen Sie? Durchaus nicht, denn in den letzten Jahren ist der Umfang von SPACE Jahr für Jahr gewachsen, was der ständig zunehmenden Anzahl von Starts geschuldet ist, denen wir aufgrund unserer Chronistenpflicht Genüge leisten wollten. Angesichts ständig steigender Druck- und Versandkosten hätte das aber zu permanenten Preiserhöhungen geführt, und die wollten wir uns und Ihnen ersparen. Sie werden die gewohnte Raumfahrt-Jahreschronik mit allen Starts des Berichtszeitraums (also in diesem Jahr vom September 2022 bis August 2023 auf den Seiten 182 bis 238) von dieser Ausgabe an in im Buch in einem geänderten Format vorfinden. Textlich auf etwa 500 Zeichen pro Einzelereignis verkürzt, mit einem Bild und einem QR-Code ausgestattet, über den sie mittels Handy, Tablet oder Computer zum „Langtext“ weitergereicht werden. Dort können Sie dann, außerhalb des Buches, die komplette Story zu jedem Orbitalstart eines Berichtsjahres lesen.

Bei den Statistiken verzichten wir ab dieser Ausgabe auf die „Detaillierte Statistik der Weltraumstarts“. Die Informationen, die Sie darin entnehmen können sind schon seit einigen Jahren in einer Tortengrafik gesammelt dargestellt. Detailinformationen können Sie aber auch in den „ausgelagerten“ Langtexten der Chronik (siehe oben) entnehmen, wo wir darauf achten, dass darin jeder einzelne Satellit mit seinen Kerninformationen beschrieben wird.

Am Schluss dieses Editorials ist wie jedes Jahr der Platz, allen zu danken, die wesentlich zum Entstehen dieser Ausgabe beigetragen haben. Das sind die beiden Hauptprotagonisten, unser Grafiker, Layouter und Ideengeber Stefan Schiessl, der dafür sorgt, dass es ein hochwertiges Buch wird, und Peter Schramm, der „General Manager“ des Projektes „SPACE“. Unterstützend tätig war in diesem Jahr wieder Lothar Karl, der Organisator des VFR-Science Fiction Kurzgeschichten-Wettbewerbs. Ein weiterer herzlicher Dank geht nach Berlin an unsere Lektorin Margit Drexler und nach Weilheim, wo Heimo Gnilka ebenfalls darüber wacht, dass das Buch so fehlerfrei wie möglich bei Ihnen erscheint.

Wie immer noch einige Zeilen zu unserem Kontaktangebot. Sie können uns per E-Mail an [email protected] erreichen. Persönlicher und direkter geht es über unser Facebook-Konto www.facebook.com/SPACE.Jahrbuch, das fast tägliche Updates erlebt. Abonnieren Sie es und kommentieren Sie mit. Oder sehen sie sich unser spezielles SPACE-Portal unter www.space-jahrbuch.de an, wo sie neben interessanten Dingen rund um das Thema Raumfahrt auch Informationen zu unserem Jahrbuch und sein Entstehen erhalten – und wo es einen Blog gibt, der regelmäßig mit Meinungsartikeln „gefüttert“ wird. Diese Seite ist auch der Ort, an dem sie die Bände vergangener Jahre nachbestellen können, die im Buchhandel möglicherweise schon vergriffen sind.

Wenn Sie Kritik für uns haben oder Lob, Tipps oder Meinungen, ein Problem oder eine Frage zu den Inhalten, wenn Sie sich schon mal die Ausgabe für das nächste Jahr reservieren wollen oder gerne der Tochter oder dem Sohn eines oder mehrere der Bücher schenken wollen, gerne auch signiert: nehmen Sie über eine der vielfältigen Möglichkeiten Kontakt mit uns auf. Wir freuen uns auf Ihr Feedback.

Und jetzt hinein ins Raumfahrtgeschehen. Wir wünschen Ihnen viel Freude bei der Lektüre von SPACE 2024. Bleiben Sie uns weiterhin treu und gewogen.

Im Namen des SPACE-Teams, Ihr Eugen Reichl

Themen im Fokus

Der Startversuch am 29. August 2022 musste abgebrochen werden.

Elon Almighty – Faktor X im Sonnensystem

„I want to die on Mars, just not on impact.“

Es gibt viele Zitate von Elon Musk, aber dieses ist möglicherweise das Bekannteste. Es entstand in einem Interview beim South by Southwest – Festival in Austin, Texas, im Jahr 2013. Damals sagte Elon Musk, er würde sehr gerne selber zum Mars fliegen und könne sich das vorstellen, wenn die Firma (SpaceX) während seiner Abwesenheit weiterlaufen könnte. Und dann: „I want to die on Mars, just not on impact“ (ich möchte auf dem Mars sterben, allerdings nicht bei einem Einschlag).

Ich weiß nicht mehr, wann der Starrummel um Elon Musk einsetzte. Ich meine, so RICHTIG einsetzte. In der Rückschau verorte ich das heute beim Internationalen Astronautischen Kongress in Guadalajara im Jahr 2016. Auch davor war Musk schon interessant für die Medien, aber da war es noch mehr das Daniel-Düsentriebige an ihm, das die Menschen faszinierte. Es gab da auch schon Tesla, aber der Laden lief mehr schlecht als recht, der Fertigungshochlauf machte Probleme, die Qualität war mies und es schien nur noch eine Frage der Zeit, bis der Laden wieder dicht machte. Auch Musks Raumfahrtfirma, SpaceX, musste sich strecken und recken, um nicht Pleite zu gehen. Es gab acht Starts der Falcon 9 in diesem Jahr 2016. Die Versuche, auf einem Bergungsschiff zu landen scheiterten gerade reihenweise und am 1. September dieses Jahres ereignete sich der spektakuläre Amos 6-Vorfall, den SpaceX bis heute als „Fehlstart“ registriert, obwohl er sich drei Tage vor einer geplanten Mission ereignete. Wer sich nicht mehr daran erinnert: Damals explodierte eine Falcon 9 bei einem Test auf der Rampe der Startanlage 40 in Cape Canaveral. Der Satellit war da schon an Bord und wurde zerstört, genauso wie die komplette Startanlage. Sie musste völlig neu aufgebaut werden, und konnte 15 Monate lang nicht mehr eingesetzt werden.

Das Jahr 2016 war das letzte, in dem Europa mehr Starts durchführte als SpaceX. Es war auch das letzte Jahr, in dem SpaceX einen „Fehlstart“ erlebte (der ja eigentlich gar keiner war, aber der Satellit des Kunden war dennoch zerstört). Es war auch das erste Jahr, in dem einer der unbeschadet zurückgekehrten Booster (es war die Nummer 1023) ein Jahr später für einen weiteren Start wiederverwendet wurde.

Dennoch, das Jahr 2016 lief für Musk eher mittelprächtig. Da verkündete er im September beim IAF-Kongress unter dem großen Jubel der Anwesenden seine Vision von der „Spacefaring Civilisation“ und dass er zur Realisierung dieser Vision genau das richtige Transportmittel zu entwickeln gedenke, das „Mars Vehicle“. Aus dem wurde später die „BFR“, die „Big Falcon Rocket“. Die bezeichneten die Fans aber viel lieber als die „Big Fucking Rocket“, und bald danach wurde daraus das „Starship“.

An der Stelle sollte ich vielleicht eines sagen: Der Autor ist voreingenommen. Er verfolgt die Entwicklung von SpaceX seit dem Tag seiner Gründung, und auch die Entwicklung von Tesla verfolgt er, seit er sich eines Tages im Jahr 2017 entschloss, zu einer Zeit als sich Tesla noch keineswegs berappelt hatte, Aktien des Unternehmens im Wert eines Kleinwagens für einen Kurs von 14,50 Euro pro Aktie zu beschaffen. Der Autor machte das eigentlich nur, weil SpaceX, von dem er sich viel lieber Anteile gekauft hätte, nicht börsennotiert war (und nach wie vor nicht ist). Der Autor machte das mit schwitzigen Händen und mit dem unmittelbaren Gefühl, jetzt das ganze schöne Geld verzockt zu haben, denn für ihn war das seinerzeit eine richtig große Summe. Aber: Es war keine Dummheit. Seither ist der Kurs derart in die Höhe geschnellt, dass das Unternehmen schon zweimal einen Aktiensplit durchgeführt hat. 2020 im Verhältnis von 5:1 und noch einmal 2022 im Verhältnis von 3:1. Jede Aktie, die man sich Jahre 2017 gekauft hat, entsprechen somit 15 Aktien am heutigen Tag.

Elon Musk polarisiert. In manchen Gegenden der Welt mehr, in anderen weniger. Aber ganz besonders in Deutschland. Die Deutschen haben ein spezielles Problem damit, wenn jemand sehr erfolgreich und sehr, sehr reich ist. Und wenn sich jemand, und das auf privater und nicht staatlicher Ebene, mit technologischen Großprojekten beschäftigt, bei denen auch mal eine gewisse Infrastruktur in die Landschaft gestellt werden muss. So jemand kann nach landläufiger Meinung schon „per se“ kein guter Mensch sein. Irgendwie felsenfest verankert ist dabei immer die öffentliche Vorstellung, dass so jemand den lieben langen Tag mit seinen – wahrscheinlich in einem Geldspeicher wie bei Dagobert Duck gehorteten Dollars – nichts anderes anzufangen weiß, als in diesen aberwitzig vielen Fantastilliarden mit erigiertem Pürzel zu baden, anstatt damit gefälligst alle Probleme der Welt zu lösen.

Außerdem kann es doch unmöglich mit rechten Dingen zugegangen sein, denn wie bitte kann jemand in der Grünheide in Brandenburg, nahe Berlin, also in Deutschland, dem Mutterland der Bürokratie, in einem Zeitraum, in dem andere noch nicht einmal die notwendigen Formulare ausgefüllt hätten, eine riesige Fabrik für Elektroautos hochziehen. Das darf doch nicht sein, und so wird über Nacht aus dem Gelände, das Brandenburger Politiker zuvor vergeblich BMW angedient hatten, ein Naturparadies ohnegleichen, das dieser amerikanische Multimilliardär nun aus purer Böswilligkeit und Profitgier vernichten will.

Am 29. September 2023 war es 15 Jahre her, dass es SpaceX als erstem Unternehmen der Welt gelang, eine auf rein privater Basis entwickelte Rakete in eine Erdumlaufbahn zu bringen. Dieser Träger war die Falcon 1. Sie war in der Lage, eine Nutzlast von etwa 180 Kilogramm in einen niedrigen Orbit zu transportieren. Etwa ab dem Jahr 2005 habe ich bei meinem damaligen Arbeitgeber (einem großen europäischen Hersteller von Raumfahrt-Antrieben) fast jährlich einen Vortrag im Rahmen eines Weiterbildungsprogramms für Mitarbeiter gehalten. Häufiges Thema war SpaceX. Das erste Mal dürfte ich ihn wohl um das Jahr 2004 erwähnt haben, zu einer Zeit, als die ganze Musk’sche Infrastruktur aus noch kaum mehr bestand als aus einer leeren Garage im kalifornischen El Segundo.

Ich erinnere mich gut daran, denn bei Vorträgen in meiner Firma hatte ich mich weit aus dem Fenster gelehnt, als ich Jahr für Jahr behauptete, dass man dieses Unternehmen beachten müsse. Hier wachse eine Konkurrenz heran, erzählte ich, vor allem weil Musk auf Wiederverwendung setzte. Die wollte er im Übrigen bei der Falcon 1 noch mit einem Fallschirmsystem erreichen.

Das löste bei meinen Kollegen ein nachsichtiges Lächeln aus. Erstens, so setzten sie mir auseinander, hätte das mit der privaten Raumfahrt noch nie funktioniert (was zu diesem Zeitpunkt auch stimmte) und zweitens hätten sie die Sache mit der Wiederverwendbarkeit schon mal durchgerechnet und wüssten von daher genau: Auch das funktioniert nicht. Sehe man doch am Shuttle, bei dem jeder einzelne Flug teurer sei als der Einsatz einer „Verlustrakete“.

Tatsächlich schienen die Kollegen recht zu behalten. Der Erstflug der Falcon 1 scheiterte am 26. März 2006. Die Flüge 2 und 3 missglückten auch. Nach dem dritten Fehlschlag am 3. August 2008 war Elon Musk mehr oder weniger pleite. Wohlhabende Freunde boten ihm Geld an, doch er lehnte ab. Zu riskant erschien es im selbst, ihnen das Geld jemals wieder zurückzahlen zu können.

Immerhin: Es waren noch Teile für eine vierte Rakete vorhanden. Ein allerletzter Versuch war also drin. Nur sechs Wochen nach dem dritten Fehlschlag stand Falcon 1 Nummer 4 auf dem Startsockel am Omelek-Atoll auf den Marshall-Inseln.

Und dann war der Bann gebrochen. Der vierte Start gelang. An Bord war ein Nutzlast-Dummy von 170 Kilogramm Gewicht. Der kreist noch heute um die Erde. Noch einmal wenige Wochen später bekam SpaceX von der NASA einen Auftrag für die Entwicklung eines Versorgungssystems für die Internationale Raumstation, bestehend aus einer Trägerrakete, die später die Bezeichnung Falcon 9 bekam, und einer unbemannten Versorgungskapsel mit der Bezeichnung „Dragon“. 278 Millionen Dollar Anschubfinanzierung gab es damals. SpaceX war fürs Erste wieder flüssig und nun – mit einem staatlichen Auftrag im Rücken – konnten nun auch guten Gewissens private Investoren mit ins Boot genommen werden.

Diese meist ungenannten privaten Investoren sind es auch, die Elon Musk bis heute die Stange halten. Wann immer das Unternehmen eine neue Finanzierungsrunde auslobt, in der Regel etwa einmal alle 18 Monate, sind die erforderlichen Mittel in kürzester Zeit eingehoben. So manchen potentiellen Investor muss Musk sogar auf später vertrösten, weil sein Geld momentan gar nicht gebraucht wird.

Dazu kommt, dass Musk durch Verkäufe von Tesla-Anteilen zusätzliches Geld in das Unternehmen stecken kann. Man spricht von mindestens einer Milliarde Dollar. Pro Jahr. Möglicherweise ist es auch mehr. So genau weiß man es nicht. Die derzeit laufenden Vorhaben von SpaceX, also der Aufbau der Starlink-Konstellation und die Entwicklung des Starship verbrennen Geld in geradezu absurdem Tempo. Da sind Seitenfinanzierung wie die inzwischen insgesamt etwa vier Milliarden Dollar aus dem Artemis-Programm der NASA eher „Peanuts“.

Nach dem erfolgreichen Start der Falcon 1 bei ihrem vierten Flug gab es übrigens nur noch einen weiteren Einsatz dieser Kleinträgerrakete. Der erfolgte am 14. Juli 2009. Es war die einzige der fünf Missionen dieser Rakete, bei der auch eine funktionierende Nutzlast im Orbit ankam. Die sechs Satelliten, welche die drei ersten Falcon 1-Raketen transportierten, gingen verloren. Musk erkannte sehr schnell, dass mit kleinen Raketen kein Geld zu verdienen ist. Eine Erkenntnis, die viele Trägerraketen-Startups in diesen Tagen gerade wiederholen. Aus diesem Grund übersprang er auch den geplanten Zwischenschritt mit der Falcon 5, die von sechs Merlin-Triebwerken angetrieben werden sollte (fünf in der ersten Stufe, eines in der zweiten), und in der unteren Mittelklasse angesiedelt sein sollte und ging über zur Falcon 9 mit ihren zehn Triebwerken der Merlin-Klasse.

Seit einigen Jahren ist SpaceX dabei, die Kleinträger-Szene buchstäblich auszutrocknen. Grund dafür sind die Starts der so genannten „Transporter“, die speziell auf Klein- und Kleinstsatelliten zugeschnitten sind. Es handelt sich dabei um Sammeltransporte bei denen die Falcon manchmal weit über 100 Nutzlasten (der Rekord liegt derzeit bei 143) auf einmal in den Orbit bringt. Nutzlasten, für welche die Entwickler von Kleinträgerraketen eigentlich den Einsatz ihrer Träger geplant hatten. Der Nachteil kleiner Träger ist: Sie lassen sich von den Kosten her nicht gut skalieren. Eine Kleinträgerrakete, die nur maximal fünf CubeSats in den Orbit bringen kann, wird pro Kilogramm transportierter Nutzlast immer um ein Mehrfaches teurer sein als ein Träger der hundert oder mehr CubeSats auf einmal in den Orbit transportiert. Manche Unternehmen, wie etwa Rocket Lab, gelingt es dabei, auf andere Geschäftsmodelle auszuweichen, indem sie besondere „Premiumstarts“ anbieten, bei denen sie ganz auf die Bedürfnisse des Kunden eingehen.

SpaceX dagegen optimiert diese Flüge nach den Kostenkriterien des Unternehmens. Sie gehen jeweils auf die Bahnen, die von den meisten Kunden eines Transporter-Einsatzes gewünscht sind. Das ist in der Regel eine sonnensynchrone polare Umlaufbahn. Die Nutzlast ist so bemessen, dass die erste Stufe der Falcon 9-Rakete wieder zum Startplatz zurückkehren kann. Das spart logistischen Aufwand.

Um die Kunden des Transporter-Einsatzes kümmert sich SpaceX in der Regel nicht. Das machen meist Hardware-Integratoren, die sich darauf spezialisiert haben. SpaceX verhandelt also nicht mit jedem der Kleinkunden selbst, sondern diese Firmen tun das und die bereiten auch das Interface zum Falcon 9-Nutzlastdispenser vor. Sie haben Hubs und Andockpunkte am Dispenser gemietet, oder sie haben „carrier“ entwickelt, die diese CubeSats aufnehmen und im Orbit absetzen. Die Falcon 9 sorgt so nur noch ausschließlich für den Transport ins All.

„Der Mond brachte uns 69 zusammen. Der Mars kann das in der Zukunft wieder tun.“ Elon Musk.

Bei keinem der Falcon 1-Starts wurde die zuvor angestrebte Bergung einer Erststufe (per Fallschirm) wirklich versucht. Für die Falcon 9 war das allerdings vorgesehen. Aber erst später, wenn die Rakete ihre Kinderkrankheiten auskuriert haben sollte. Und so flogen die ersten Falcon 9 im „Wegwerfmodus“, so wie es bis heute alle anderen Raketen weltweit tun.

Auch hier erinnere ich mich an meine Firmenvorträge. Zunächst wurde SpaceX von praktisch jedem Ingenieur in der Trägerraketenindustrie die Fähigkeit abgesprochen, überhaupt einen Träger in der Größe der Falcon 9 zu entwickeln. Vor allem, wenn man sich die Mitarbeiterstruktur bei SpaceX ansah: Abgesehen von einer kleinen Handvoll erfahrener Leute, die aus der klassischen Trägerindustrie kamen, waren das durchweg Techniker und Ingenieure mit einem Alter von weniger als 30 Jahren.

Der Erstflug der Falcon 9 erfolgte am 4. Juni 2010 und war erfolgreich. Nach einer Entwicklungs- und Testzeit von nur fünf Jahren. Das erschütterte meine Kollegen damals erheblich, waren doch bis dahin mindestens doppelt so lange Entwicklungszeiten die Regel. Nur zum Vergleich: Die Ariane 6, die großenteils auf bewährten Komponenten basiert, steht inzwischen im elften Jahr ihrer Entwicklung, und der Erstflug dieser verglichen mit der Falcon 9 doch sehr, sehr konventionellen Rakete zeichnet sich erst vage am Horizont ab.

Meine Kollegen des Jahres 2010 taten den Erstflug-Erfolg seinerzeit als puren Glückstreffer ab. Einmal könne das schon mal zufällig klappen, aber da eine Serie durchzuhalten, das sei schon was ganz anderes. Serienbau von Raketen, so dozierten sie, das könnten nur die großen Aerospace-Konzerne. Tatsächlich stiegen die Startzahlen bei SpaceX zunächst nur sehr langsam. 2010 gab es im Dezember immerhin noch einen weiteren Start, eine fünfstündige Demonstratormission des Dragon, bei der auch acht CubeSats mit an Bord waren. Im Inneren des Dragon gab es aber eine für die Medien sehr Aufsehen erregende Nutzlast, die auch wieder sicher zur Erde zurücktransportiert wurde: Ein riesiger Brouère-Käselaib.

Das allerdings erregte erneut das Stirnrunzeln der Ingenieure in meiner Firma. Konnte man diese Firma überhaupt richtig ernst nehmen, wenn die selbst ihr Geschäft offensichtlich nicht richtig ernst nahmen? Schon damals fiel auf: SpaceX setzt auf den Fun-Faktor. Sie taten das auch, weil es einfach Freude machte, Raketen zu bauen und zu starten, und nicht weil man einen staatlichen Auftrag abarbeitete.

2011 startete keine einzige Falcon 9. In diesem Jahr fiel SpaceX vor allem dadurch auf, dass Elon Musk verkündete, die erste Stufe der Falcon 9 wiederverwendbar machen zu wollen. Damit erntete er erneut großes Kopfschütteln in der gesamten Aerospace-Industrie. War nicht eben grade der Shuttle mit an der Wiederverwendbarkeit gescheitert? Das Verfahren hatte sich doch als viel zu teuer und zu aufwendig herausgestellt. Die irrsinnigen Überholungskosten nach jedem Flug war einer der beiden Hauptfaktoren für die Einstellung des Programms gewesen. Und jetzt wollte es dieser junge Mann aus Kalifornien nochmal probieren? Vor allem das Verfahren, das er anwenden wollte, war haarsträubend. Da hatte wohl einer zu viele Hollywood-Science Fiction B-Movies gesehen. Eine Rakete die senkrecht startet und senkrecht wieder landet. Wo waren da die Flügel und das Fahrwerk? Aber noch schlimmer: Woher bitte sollte die Kundschaft für eine vielfach wiederverwendbare Trägerrakete herkommen? Selbst wenn das technisch ginge, würde sich das doch nur bei einer großen Zahl von Starts lohnen. Das gaben die weltweiten Startaufträge doch gar nicht her.

Niemals wäre das möglich. Hatte man alles selbst überprüft. Und sollte es ihm tatsächlich gelingen, dann seien die thermischen und strukturellen Belastungen doch so groß, dass man die selbe Rakete vielleicht drei oder viermal verwenden konnte, bevor sie reif für den Schrottplatz war. Und da plante dieser Elon Musk eine bis zu zehnmalige Wiederverwendung. Die einhellige Meinung vor allem in Europa war: Kann nicht funktionieren. Völliger Nonsens.

Aber Musk und seine langsam immer größer werdende Truppe, unbedarft wie sie nun mal war, wussten einfach nicht, dass das nicht geht. Und so machten sie das, was andere gar nicht erst versucht hatten.

Genaue und verifizierte Zahlen zu den Entwicklungskosten der Falcon 9 und des Dragon hat es nie gegeben, aber eine Reihe von Auskünften von SpaceX und Kostenermittlungen der NASA. SpaceX schätzte im Jahre 2011 die Kosten auf 300 Millionen Dollar nur für die Falcon 9. Das war natürlich deutlich zu wenig. 2014 lagen genauere Zahlen vor. Demnach hatte die NASA 396 Millionen Dollar an SpaceX überwiesen, und die Firma selbst weitere 450 Millionen Dollar an Eigenmittel in das Vorhaben gesteckt. Auf die Rakete selbst (Falcon 1 und Falcon 9 zusammengenommen) entfielen 390 Millionen Dollar, der Rest wurde in das Dragon-Raumschiff investiert. Zusammen jedenfalls weniger als eine Milliarde Dollar. Für eine große Trägerrakete und ein Raumtransportsystem. Auch hier wieder ein Vergleich: Die Entwicklungskosten der Ariane 6 haben kürzlich die Vier-Milliarden-Euro-Grenze überschritten. Die nackte Rakete. Ohne irgendein Raumschiff dazu. In einem Report der NASA gab die Behörde bekannt, dass, hätte man das Vorhaben auf traditionelle Weise als Selbstkostenerstattungsvertrag abgewickelt, die Entwicklung der Rakete alleine etwa vier Milliarden Dollar gekostet hätte. Auf der Preisbasis des Jahres 2011 wohlgemerkt, auf denen die Verträge abgerechnet waren. Eskaliert auf heutigen Geldwert wären das 5,6  Milliarden Dollar.

Auch im Jahr 2012 flog SpaceX nur zwei Missionen. Eine davon aber, am 8. Oktober 2012, war der erste Versorgungsflug von SpaceX für die Internationale Raumstation mit einer Dragon-Raumkapsel. 2013 startete SpaceX dreimal. Immer noch recht wenig, aber es waren drei bedeutende Einsätze für das Unternehmen. Im Frühjahr die zweite Versorgungsmission für die ISS, im September den Erstflug einer verstärkten Falcon 9-Version beim ersten Start von der damals noch als Luftwaffenbasis firmierenden Startanlage in Vandenberg, Kalifornien, und im Dezember der erste Start eines kommerziellen Satelliten (SES 8), erstmals in eine geostationäre Transferbahn.

2014 führte SpaceX sechs Orbitalstarts durch. In diesem Jahr war die Möglichkeit der Wiederverwendung der Booster-Stufen noch alles andere als bewiesen. Versuche in niedrigen Höhen bis einige hundert Meter liefen auf dem Triebwerkstestgelände von SpaceX in Mc Gregor in Texas, um das Landeverfahren zu erproben. Das sah nicht schlecht aus. Meine Kollegen in der Firma waren ziemlich beeindruckt, meinten aber, diese kleinen „Hüpfer“ in niedriger Höhe wären doch etwas anderes als eine Rückführung mit achtfacher Schallgeschwindigkeit, welche die Rakete unmöglich aushalten könnte. Man werde schon noch sehen, dass das nicht funktioniert. Die Kritik an SpaceX flaute in diesem Jahr aber schon erheblich ab. Die Sorge um die Position des eigenen Unternehmens in der Trägerwelt nahm dagegen zu. In diesem Jahr plante das Unternehmen eine Zeitlang auch die Durchführung von Flugversuchen in New Mexico, die bis in 100 Kilometer Höhe gehen sollten. Schließlich entschloss sich Musk aber, die Tests gleich mit aktuellen Missionen zu verbinden, um Kosten zu sparen.

Das Jahr 2015 war das Jahr der Extreme für SpaceX. Sowohl was die Höhen betrifft, als auch die Tiefen. Sieben Starts führte das Unternehmen in diesem Jahr durch, und erstmals (und bis auf den heutigen Tag zum letzten Mal) scheiterte eine SpaceX-Orbitalmission im Flug. Zwei Minuten und 19 Sekunden nach dem Liftoff, kurz vor dem Brennschluss der ersten Stufe, riss sich einer der Helium-Drucktanks im Inneren der zweiten Stufe los und brachte die Rakete zum Absturz. Die Dragon-Kapsel für die Versorgung der ISS ging verloren, genauso wie acht Kleinsatelliten, die ebenfalls mit an Bord waren.

Auch zwei Landeversuche auf einem Bergungsschiff scheiterten 2015 (aber erst nachdem die Booster ihre Orbitalstartmission erfolgreich durchgeführt hatten). Erstmals startete SpaceX eine Raumsonde (DSCOVR) und am 22. Dezember gelang es erstmals, eine Erststufe erfolgreich zu landen, und zwar in der „Landing Zone 1“ am Cape Canaveral, die extra für diesen Zweck angelegt worden war. Erstmals wurde im Dezember auch eine Falcon 9 der weiter verbesserten Version 1.2 eingesetzt.

Mit dem Jahr 2016 haben wir uns eingangs schon ein wenig beschäftigt. Es war das Jahr, in dem das Starship-Projekt (das damals noch Mars Vehicle hieß) ins Leben gerufen wurde. Es gab acht erfolgreiche Missionen, dreimal scheiterte eine Landung auf einem Bergungsschiff, und, wir hatten es schon bemerkt, der israelische Kommunikationssatellit Amos 6 wurde bei einem Test drei Tage vor dem Start zusammen mit seiner Rakete zerstört. In diesem Jahr zog SpaceX mit der United Launch Alliance (ULA) gleich, was die Anzahl an durchgeführten Starts betraf. Danach wurde der Abstand zum größten US-Mitwettbewerber von Jahr zu Jahr stetig größer.

2017 startete SpaceX bereits 17-mal. Die Ära der Wiederverwendung von Trägerraketen begann. Bei fünf der Missionen dieses Jahres wurden bereits früher verwendete Booster ein zweites Mal eingesetzt. Erstmals wurde auch die historische Startanlage 39A des Kennedy Space Centers verwendet, denn die Startanlage 40 war nach der Explosion der Amos 6-Rakete nicht einsetzbar. Erstmals benutzte ein Kunde (Iridium) einen Booster zweimal. Alle Jahre bei SpaceX sind aufregend, aber 2018 war eines der besonderen Jahre. Es gab 21 Missionen, die alle ihre Hauptaufgabe, den Transport ihrer Nutzlast in den Orbit, erfolgreich absolvierten. Der absolute Höhepunkt des Jahres war aber der Erstflug der Falcon Heavy, die damit zum schwersten Einsatzträger der USA wurde. Das Vertrauen der Kunden war aber zunächst nicht groß. Selbst das Angebot Musks, bei dieser Demonstrationsmission Nutzlasten kostenlos mitzuführen, zog nicht. So entschloss er sich seinen roten Tesla-Roadster auf eine Transferbahn zum Mars zu senden. Das sorgte für ikonische Fotos und missgünstige Kommentare aus Europa, die sich nicht einmal entblödeten, pikiert auf diese „Umweltverschmutzung“ des Weltalls hinzuweisen.

Das Jahr 2018 brachte auch den Erstflug der Block 5-Version der Falcon 9. Musk behauptete, dies sei die endgültige Version dieses Trägers. Tat-sächlich aber ist das einzige, das „eingefroren“ ist, diese Typbezeichnung, denn immer noch fließen in jede neu produzierte Falcon 9 stets weitere Verbesserungen ein. Im Dezember 2018 wurde auch erstmals ein Booster zum dritten Mal gestartet. Zwei Landungen misslangen, wobei der Misserfolg am 5. Dezember eigentlich gar keiner hätte sein müssen. Zwar hatte ein Hydrauliksystem in einer der Grid-Fins versagt, worauf der Booster, der sich schon im Landeanflug auf die Landing Zone 1 in Cape Canaveral befand, im letzten Moment umgeleitet wurde. Wo er allerdings, selbst zur Verblüffung der SpaceX-Ingenieure, einige hundert Meter vom Strand entfernt eine perfekte Landung im Wasser hinlegte. Der Booster wurde geborgen, und eine Zeitlang überlegte man bei SpaceX, ihn für eine weitere Mission flottzumachen, ließ es aber dann doch.

Das Jahr 2019 unterbrach den unaufhaltsamen Aufstieg von SpaceX ein wenig. Am Ende des Jahres waren es nur 13 Missionen. Es gab einen Start einer Falcon Heavy, in dessen Folge erstmals eine Nutzlastverkleidung geborgen wurde. Die wurde bei einem Flug im November erneut verwendet. Dafür misslang die Bergung der Falcon Heavy-Zentralstufe. Im März erfolgte auch ein unbemannter Testflug des neuen Crew Dragon zur ISS, wo er einen Tag nach dem Start am Harmony-Modul anlegte. Einziger Passagier an Bord war eine menschengroße Puppe im Raumanzug mit Namen „Ripley“. Die Wiederverwendbarkeit von bereits geflogenen Systemen und Komponenten ging konsequent weiter. Erstmals flog ein Cargo Dragon (wie das Frachtraumschiff nun in Unterscheidung vom Crew Dragon hieß), ein drittes Mal.

2019 kündigte Gwynnie Shotwell, Präsidentin und COO von SpaceX, für das Jahr 2020 die Durchführung von 48-50 Starts an. Tatsächlich wurden es nur 26, aber mit dieser Zahl war es dennoch das Beste in der Geschichte von SpaceX. Es war das Jahr, in dem das Starlink-Programm hochlief (14 der 26 Flüge waren Starlink gewidmet) und es war das Jahr, in dem SpaceX in den bemannten Raumflug einstieg. Es war die erste bemannte Mission für die USA, seit neun Jahre zuvor das Shuttle-Programm abgeschlossen worden war. Mit an Bord war Doug Hurley, der auch beim letzten Flug des Shuttle im Juli 2011 als Pilot mit an Bord gewesen war. Bei dieser Mission hatte er eine Plakette in der Station hinterlassen, die derjenige wieder mit zur Erde nehmen sollte, der mit dem nächsten US-Raumschiff von amerikanischem Boden aus zur ISS startete. Er hätte neun Jahre zuvor sicher nicht daran gedacht, dass ausgerechnet er selbst das sein würde.

Unter den erfolgreichen Flügen des Jahres 2020 war auch eine Mission, bei der eine Falcon 9 absichtlich gesprengt wurde. Das war am 19. Januar beim so genannten „Flight Abort Test“, bei dem der Booster 1046 (der zuvor drei erfolgreiche Orbit-Missionen geflogen hatte) in der Zone des maximalen Staudrucks (maximum dynamic pressure) in einer Höhe von etwa 18 Kilometern einen Kontrollverlust simulierte. Das Abbruchsystem des Crew Dragon funktionierte wie geplant und brachte die Kapsel 31 Kilometer vom Startort entfernt sicher an ihren drei Fallschirmen ins Meer vor Cape Canaveral. In diesem Jahr misslang zweimal die Landung der ersten Stufe auf dem Bergungsschiff. Beide Fälle waren auf den gleichen technischen Fehler (Reinigungsflüssigkeit in einem der Landesensoren) zurückzuführen.

2021 wurden es 31 Flüge, die allesamt erfolgreich endeten. Die einzige Enttäuschung war der Verlust von Booster 1059 bei seinem sechsten Flug. Bei dieser Mission schaltete sich eines der Merlin-Raketenmotoren der ersten Stufe vorzeitig ab. Für diesen Fall ist die Falcon 9 ausgelegt. Trotz des stillgelegten Motors gab er der zweiten Stufe dennoch die notwendige Geschwindigkeit mit, um die Nutzlast (19 Starlink-Satelliten) im gewünschten Orbit abzusetzen. Allerdings reichte dann der Treibstoff des Boosters nicht mehr, um eine erfolgreiche Landung zu absolvieren.

Am 24. Januar gelang es, bei der Transporter-1-Mission 143 Satelliten gleichzeitig ins All zu bringen. Und auch in diesem Jahr gab es zwei bemannte Missionen.

Um all die kleinen Einzelrekorde, die es zwischendurch immer wieder gab, aufzuzählen, reicht hier der Platz nicht. Vielleicht nur ein Beispiel: Am 18. Dezember 2021 wurde der Booster 1051 zum elften Mal eingesetzt. Das Ziel von Elon Musk war – nur wenige Jahre zuvor – eine bis zu zehnmalige Wiederverwendung eines Boosters.

2022 stieg die Anzahl der Missionen auf 61. Alle vollständig erfolgreich. Das war ein wenig erstaunlich, denn SpaceX hatte angekündigt bis zu 52 Missionen durchführen zu wollen und Musk hatte etwas später von „bis zu 60“ Missionen gesprochen. Nachdem man es gewohnt war, seine meist sehr optimistischen Schätzungen nicht allzu ernst zu nehmen, überraschte es am Ende doch, dass es mehr waren als von ihm vorhergesagt.

Das Jahr brachte zahlreiche „firsts“, darunter die erste private Crew Dragon Mission zur ISS, organisiert von Axiom-Space unter der Bezeichnung Axiom-1. Insgesamt führte SpaceX in diesem Jahr drei bemannte Missionen durch. Der Booster 1058 flog am 17. Dezember bei einer Starlink-Mission seinen 15. Einsatz und stellte damit einen neuen Rekord für Wiederverwendung auf.

Und wie sieht es für 2023 aus? Zum Zeitpunkt, an dem ich diese Zeilen schreibe – es ist der 18. Oktober –startet gerade die SpaceX-Mission „Starlink 6-23“. Es ist der 74. Flug des Unternehmens in diesem Jahr. Ausnahmslos alle verliefen bislang erfolgreich, wobei hier der wackelige Testflug des noch rudimentären Starship-Prototypen nicht mitgerechnet ist. Über diese Mission berichten wir im nachfolgenden Beitrag.

SpaceX startete im zweiten Quartal 2023 insgesamt 648 Satelliten. Das ist mehr als 13-mal so viel wie das nächstaktivere Unternehmen, die chinesische China Aerospace Science and Technology Corporation (kurz: CASC) mit 49 Nutzlasten. Zum Vergleich: Europa brachte im selben Quartal vier Nutzlasten ins All. Vom reinen Nutzlastgewicht her brachte SpaceX in diesem zweiten Quartal zehnmal so viel Masse in den Orbit wie China, der nächste Mitwettbewerber

Alle Einsätze zusammengerechnet war es der 278. Start, den SpaceX über alle Typen durchgeführt hat. Es war die 196. Mission mit einem wiederverwendeten Booster, es war die 236. erfolgreiche Landung, von denen die letzten 162 in ununterbrochener Reihenfolge erfolgreich waren. Bis zum Ende des Jahres erwartet SpaceX zwischen 95 und 100 Missionen absolviert zu haben.

Übrigens liegt auch bereits für 2024 eine Schätzung von Musk für die Startzahlen vor: 144 sollen es werden. Das dürften dann 60 Prozent aller weltweit zu erwartenden Orbitalmissionen sein.

Fakt ist: SpaceX ist DIE Weltmacht des Raumtransportes. Wäre dieses Unternehmen ein Land, es stünde mit Abstand auf Platz eins in der Nationenwertung. Noch vor China und den USA. Und dabei ist das erst der Anfang.

„Wenn etwas wichtig genug ist, dann mach es auch dann, wenn die Chancen nicht gut für Dich stehen“. Elon Musk

Diese absolute Dominanz macht einer Reihe von Firmen und Politikern Sorgen. Allenthalben wird über die Quasi-Monopolstellung von SpaceX geklagt, aber offensichtlich macht sich kaum jemand Gedanken darüber, dass Elon Musk hier nur ein Vakuum ausfüllt, das genauso gut auch andere Raumfahrtunternehmen hätten ausfüllen können. Wenn sie es denn gewollt hätten. Die Raumfahrtingenieure und –techniker der potentiellen Konkurrenz sind auch nicht dümmer, als die von SpaceX. Statt aber diese Konkurrenz anzunehmen und mit in Wettbewerb einzutreten bestand die Strategie der kompletten Raumfahrtwelt darin, darauf zu hoffen, dass SpaceX schon scheitern werde. Das ging mächtig schief.

Anders als in Deutschland findet Musk mit seinen Aktivitäten weltweit überwiegend Zustimmung. Seine gelegentlichen Ausfälle (die er aber so gut wie in allen Fällen wieder zurücknimmt) werden als Teil seiner manchmal fast borderline-artigen Persönlichkeit weitgehend akzeptiert. Auch in den USA gibt es eine fast unveränderliche Prozentzahl an Musk-Gegnern, ich schätze sie auf etwa zehn Prozent, die ihn mit Inbrunst hassen. Ich verfolge einige ihrer Accounts auf Twitter und bin gruselig fasziniert, wie sie geifern und mit allen Mitteln versuchen, seine Vorhaben zum Scheitern zu bringen. Sie überziehen ihn mit Klagen und zeigen selbst Behörden bei der Staatsanwaltschaft an, wenn sie der Meinung sind (und das sind sie immer), dass diese, wie etwa die FAA, nicht rigoros genug gegen Musk und seine „Umtriebe“ vorgehen.

Schon Minuten nach dem ersten Testflug des Starship stand das Internet in Flammen. Abends dann die Nachrichtenagenturen. Tags darauf die Druckmedien. Auch hier, bei einem rein technischen Ereignis, das man doch objektiv bewerten können sollte, machte sich bemerkbar, wer zu Elon Musk stand und wer sein Gegner war.

Die einen fragten in ihren jeweiligen Medien, wie dumm die SpaceX-Ingenieure sein könnten, einen derartig spektakulären Fehlschlag zu feiern, für die anderen dagegen war es ein geradezu epischer Erfolg, alleine schon diesen Behemot von der Rampe gebracht zu haben. Für die einen war es der erste Schritt in das neue Weltraum-Zeitalter, für die anderen ein Fehlschlag, der hoffentlich dazu beiträgt, Musk in Zukunft kleinere Brötchen backen zu lassen. Zwischentöne gab es dabei kaum.

Als hätte er nicht schon genug zu tun, hat sich Elon Musk mehrfach in die Debatte um illegale Migration eingebracht und damit heftigste Reaktionen ausgelöst. In Deutschland rufen linke Aktivisten inzwischen zu seiner Enteignung und zum X- (Twitter-) Verbot auf.

Auslöser dafür waren die sich gleichenden Bilder der letzten Wochen in den USA und in Europa. Der Zustrom illegaler Migranten ist sowohl hier wie dort komplett außer Kontrolle geraten. Hier sind es anlandende Boote und Schlepperschiffe und hunderte illegale Grenzübertritte täglich, dort sind es durch das jahreszeitlich bedingt flache Wasser des Rio Grande watende Gruppen, die von der mexikanischen zur texanischen Seite des Flusses wollen. Die politischen Einschätzungen der Lage gleichen sich.

Musk streamte seinen Besuch an der mexikanischen Grenze auf X und erklärte, er wolle einen ungefilterten Blick auf die Probleme werfen. Das richtige Mittel dafür sei „Bürgerjournalismus“, und dafür möchte er zunehmend X verwendet wissen. Dafür geht er mit reichweitenstarkem Beispiel voran: 100 Millionen Views sind eine Größenordnung, die von klassischen Medien heute längst nicht mehr erreicht wird. Allerdings gibt es keinen Mangel an Augenzeugenberichten von den Hotspots der Migration, weder in Europa noch in den USA.

Die Wirkung Elon Musks auf die auf endlos gestellten Migrationswellen nach Europa und in die USA ist schon bemerkenswert. Wie bei einem Katalysator scheint schon seine Anwesenheit oder flüchtige Aufmerksamkeit zu genügen, um heftigste Reaktionen zu provozieren. In Deutschland rufen linke Aktivisten zu seiner Enteignung und zum X-Boykott auf und „fliehen“ in Scharen zum neuen Netzwerk „Blue Sky“ (nachdem sie gerade still und sich leise von Mastodon abgewendet haben, wohin sie flohen, als Musk Twitter kaufte, wo aber zu ihrem Bedauern nichts los war).

Die bisher letzte Stufe des Wahnsinns zündete - stellvertretend für das woke Empörium - Jan Philipp Albrecht von der Grünen Böll-Stiftung. Der will bei Musk eine Neutralitätspflicht entdeckt haben, die dieser verletzt hätte. Er schreibt auf X:

„In der Causa #Musk/@X geht es nicht um seine Meinungsfreiheit, sondern um die Neutralitätspflichten für ihn und seine Plattform, die einen freien Wettbewerb von Akteuren und Meinungen gewährleisten. Es braucht hier behördliches Eingreifen zum Schutze dieser gesetzlichen Pflichten.“

Die Antwort kam prompt in den „Community Notes“, also Faktenchecks, die nicht von staatlich finanzierten NGOs, sondern den Nutzern von X zusammengetragen werden. Und die lautete so:

„Elon Musk hat auch als Eigentümer der Plattform X das Recht, dort frei seine persönliche Meinung zu äußern. Insbesondere unterliegt er als Privatperson keinen (gesetzlichen) Neutralitätspflichten, weder in den USA, noch in der EU oder in Deutschland.“

Läuft also doch noch nicht so ganz, wie es die deutschen „Hater“ gerne hätten.

Manchmal ist Musk der freundlichste und friedlichste Mensch der Welt. Manchmal ist er aber auch impulsiv bis zum Exzess. Vielleicht erinnern Sie sich noch an die Sache mit der Rettung einer Gruppe Jugendlicher im Jahre 2018, die nach einem überraschenden Hochwasser in einer Höhle in Thailand eingeschlossen war. Zwölf Jungs einer Fußballmannschaft und ihr Trainer. Eine große Rettungsaktion setzte ein, die halbe Welt bot Hilfe an. Auch Musk tat das. Er fuhr sogar selber nach Thailand und schlug schließlich vor, innerhalb weniger Tage ein Mini-U-Boot zu bauen, mit dem die Eingeschlossenen gerettet werden könnten.

Dieses Angebot wurde vom britischen Höhlentaucher Vern Unsworth, der die Aktion vor Ort leitete, in etwas rauen Worten zurückgewiesen. Er wies Musk an, das Gelände augenblicklich zu verlassen und sich „das U-Boot dorthin zu stecken, wo es wirklich weh tut“. In einem Interview etwas später meinte Unsworth: „Der hatte keine Ahnung, wie es vor Ort wirklich aussieht. Dieses U-Boot wäre über zwei Meter lang gewesen und nirgendwo um Ecken oder Hindernisse herumgekommen“.

Musk war beleidigt, vergriff sich im Ton und bezeichnete Unsworth auf Twitter (wo er damals schon 22 Millionen Follower hatte) als einen „Pädophilen“. Das kam gar nicht gut an. Selbst seine größten Fans waren ihm Böse, und seine Geldgeber rieten ihm, sich doch besser auf seine Kernkompetenzen zu konzentrieren.

Musk ruderte denn auch schnell zurück. Er meinte: „Ich bin von einer falschen Annahme ausgegangen, ich werde künftig versuchen nicht sofort zurückzukeilen, wenn mich jemand auf Twitter angreift. Das war mein Fehler. Ich werde es korrigieren.“

Was die „Space Bubble“ gerne übersieht: Elon Musk ist weit mehr als nur der Gründer, CEO und immer noch weitgehend Besitzer von SpaceX. Er ist auch CEO und Großaktionär von Tesla, Besitzer und CTO von X (vormals Twitter), Präsident der Musk Foundation, Gründer der Boring Company und von XCorp und Mitgründer von Neuralink, Open AI und Hyperloop. Er ist – mit Besitztümern im Wert von aktuell 232 Milliarden Dollar - theoretisch der reichste Mensch auf diesem Planeten. Theoretisch deshalb, weil sein Reichtum ja nicht in verwertbarem Barvermögen besteht, sondern in seinen vielen Unternehmungen gebunden ist. Sein Reichtum ist im Wesentlichen im Anstieg des Wertes der Tesla-Aktien seit dem Jahr 2020 begründet. Davor betrug sein Vermögen unter 20 Milliarden Dollar.

Nach Apollo war in der Raumfahrt 40 Jahre lang tote Hose. Shuttle, ISS, gut und recht. Aber in der bemannten Raumfahrt kam man nie wieder aus der niedrigen Erdumlaufbahn heraus. Gelegentlich die eine oder andere (unbemannte) Raumsonde. Immer wieder der gleiche Trott, Jahr für Jahr. Aber nun kommt wieder Bewegung in die Sache. Nun gibt es fast jeden Tag Neues in den Space-News.

„In der Zeit, in der ich auf dieser Erde bin, versuche ich so viel Gutes zu tun wie irgend möglich. Wie Sie wissen, bin ich damit nicht immer erfolgreich. Aber das ist das Ziel.“ Elon Musk

Elon Musk ist nichts weniger als genial. Und manchmal ist er auch saublöd und baut Mist. Manches was er macht, geht eigentlich gar nicht. Mit sehr vielem liegt er aber Dead-Center exakt in der Mitte der Wahrheit, was vielen Leuten noch weniger gefällt, als wenn er falsch läge. Man kann zu ihm stehen, wie man will. Eins ist mal sicher: langweilig ist er nie. Es ist immer spannend zu sehen, was er macht. Wie er die Augen der Menschen manchmal zum Leuchten bringt, oder sie manchmal zur Weißglut treibt.

Wie sieht Elon Musks Zukunft aus? Läuft die Entwicklung linear weiter und passiert ihm nichts (er lebt exzessiv, treibt keinen Sport und ernährt sich ungesund, er lebt schon aufgrund seiner vielen Reisen relativ gefährlich und könnte jeden Tag zum Ziel eines durchgeknallten Elon-Hassers werden), dann mag seine finanzielle Bewertung in zehn Jahren bei 500 Milliarden Dollar oder mehr liegen. Vielleicht ist er dann sogar der erste Billiardär der Geschichte.

Sein Reichtum wird dann im Wesentlichen aus den neuen Geschäftsfeldern von Tesla resultieren, wie dem weiteren Ausbau der Batterietechnik, die jetzt schon einen großen Teil des Unternehmensumsatzes einnimmt. In zehn Jahren könnte auch der humanoide Roboter auf dem Markt sein, von dem bei Tesla die ersten Prototypen noch ziemlich stakselig herumlaufen. Die Herausforderung ist nicht, so etwas zu bauen. Die Herausforderung wird darin bestehen, dass er nicht mehr als ein Mittelklasseauto kosten darf.

Im Oktober 2023 erhielt Elon Musk beim 74. Kongress der Internationalen Astronautischen Federation (IAF) des Jahres 2023 in Baku in Aserbeidschan den World Space Award.

Starlink dürfte, so wie Musk es geplant hat, viel Geld für seine privaten Weltraumpläne abwerfen. Damit könnte er seine Mars-Vision wahrmachen. Neuralink könnte schon brauchbare Resultate generiert haben und Querschnittgelähmte wieder zum Laufen bringen. Vor allem aber wird das Starship die Raumfahrt revolutionieren und die Menschheit wirklich zur interplanetaren Spezies machen. In dieser ganzen Zeit wird Elon Musk die Menschen weiterhin polarisieren. Für so manchen wird er der Allmächtige sein, für die anderen der Leibhaftige.

Erfolgreicher Fehlschlag

Die Diskussion um die Frage „War das jetzt eigentlich ein Fehlschlag, oder war es ein Erfolg“ begannen schon Minuten nach dem Flug. Und sie ist bis jetzt, sechs Monate später und nur kurz vor dem zweiten Flug des Starship, noch immer nicht beendet.

Elon Musk, der Gründer und CEO von SpaceX, hatte 2016 bei einem Kongress in Guadalajara die ersten Pläne für eine Großträgerrakete vorgestellt, aus der schließlich das Starship entstehen sollte. Seither wurde das Design immer weiter verbessert. Nach einer Reihe von Versuchen mit anderen Strukturwerkstoffen (lange Zeit war Kohlefaser-Verbundmaterial im Gespräch, es waren schon die dafür notwendigen Maschinen bestellt und teilweise geliefert), wurde schließlich eine spezielle Edelstahl-Legierung für die Primärstruktur ausgewählt. In typisch Musk’scher Rekordgeschwindigkeit wurde in Boca Chica, in Südwesttexas, eine Fabrik und eine Startrampe erbaut. Die ersten noch rohen Prototypen entstanden sogar unter freiem Himmel.

Die Starship-Kombination besteht aus zwei Hauptkomponenten. Zum einen aus dem Booster, auch Super Heavy genannt. Er ist die erste Stufe des Vehikels. Die zweite Stufe, die obendrauf sitzt, ist das eigentliche Starship. Aber auch in Kombination heißt der Raketen-Behemot so. Das Starship ist etwa 120 Meter hoch und hat einen Durchmesser von neun Metern. Damit ist ihr Durchmesser größer als der Rumpf eines 747-Jumbojets und sie ist länger als jede jemals gebaute Rakete. Das Starship wiegt beim Start mehr als 5.000 Tonnen. Mehr als 90 Prozent davon bestehen aus Methan und flüssigem Sauerstoff. Wenn alle 33 Triebwerke feuern, erzeugt die Rakete einen Schub von 7.600 Tonnen und verbraucht dafür 20 Tonnen Treibstoff pro Sekunde.

Der erste Testflug war für Montag, den 17. April, angesetzt. Doch der Termin kam und ging, denn man musste wegen eines eingefrorenen Ventils im Tankdruck-Regelsystem des Super Heavy-Boosters an diesem Tag abbrechen. Der Start wurde für Donnerstag, den 20. April neu angesetzt. In den drei Tagen zwischen den beiden Countdowns lieferten mehr als 100 Tankwagen frischen flüssigen Stickstoff, flüssigen Sauerstoff und flüssiges Methan in die Lagertanks an der Startrampe, um den Bestand aufzufüllen, der seitdem verdampft war. Sie wurden benötigt, um genügend Treibstoffe für den zweiten Startversuch zur Verfügung zu haben. Nach langer gespannter Erwartung startete SpaceX schließlich am 20. April, um 15:33 Uhr mitteleuropäischer Zeit (entsprechend 8:33 Uhr Ortszeit in Texas), von der Starbase in Boca Chica. Mit dem Liftoff begann ein im Idealfall 90-minütiger Testflug um die Welt, der in einer Wasserung des Starship (und hier ist nur die Oberstufe gemeint) im Pazifischen Ozean in der Nähe von Hawaii abgeschlossen werden sollte. Doch die Mission endete schon nach vier Minuten, als das Fahrzeug nach mehreren Triebwerksausfällen über dem Golf von Mexiko außer Kontrolle geriet und sich selbst zerstörte.

Jetzt zunächst einmal meine Eindrücke und Überlegungen beim Betrachten des Live-Webcast von SpaceX an diesem historischen Tag:

Fast schon gleichzeitig mit dem Moment der Zündung war das Starship in eine enorme Wolke aus Staub und Rauch gehüllt und danach zunächst nicht mehr zu erkennen. Für lange Sekunden sah es so aus, als würde die Rakete schon auf dem Startplatz explodieren. Es dauerte eine gefühlte halbe Ewigkeit, bis sich der Träger schließlich langsam aus dem Inferno aus Staub und herumfliegenden Trümmern herausschälte und sich dann majestätisch und langsam an der Spitze eines flackernden Feuerstrahls in Zeitlupengeschwindigkeit in den Himmel über der Starbase wuchtete. Vom Boden aus war nicht sofort zu sehen, dass einige der 33 Raptor-Triebwerke der Super Heavy-Erststufe schon in den ersten Momenten des Fluges ausgefallen waren. Dass aber etwas nicht stimmte konnte man an der leicht schrägen Fluglage der Rakete erkennen. Gelegentlich gab es einen orangeroten Flash im Feuerstrahl der Motoren, kleinere Teile des Trägers schienen sich von der Struktur abzulösen. Im Laufe der nächsten zwei Minuten erstarben mehrere Triebwerke. Sie waren die Ursache der roten Flashes, die ich beobachtete. Immer, wenn sich eines von ihnen verabschiedete, blitzte es noch ein letztes Mal auf. Als die Rakete schließlich auf den Scheitelpunkt ihrer Flugbahn von knapp 40 Kilometern mehr kroch denn flog, waren – für den Beobachter der Startübertragung deutlich erkennbar – eine nicht genau zu ermittelnde Anzahl von Raketenmotoren erloschen, während die anderen noch arbeiteten. Der von den ausgefallenen Triebwerken resultierende asymmetrische Schub konnte dann offensichtlich von der Fluglageregelung nicht mehr kompensiert werden. Das führte in der Folge dazu, dass auch die Oberstufe des Raumschiffs (also das eigentliche Starship) nicht von der ersten Stufe der Rakete getrennt werden konnte. Möglicherweise hatte auch ein Hydraulikproblem dazu beigetragen, dass die Schubrichtung der verbleibenden Triebwerke nicht mehr ausreichend gesteuert werden konnte. Dann begann die Rakete zu kippen und zu rollen, vollführte Kreise, begann sich zu überschlagen. Aber sie brach nicht auseinander. Noch nicht. Schließlich eine Art langsamer Looping, und dann ...

…dann explodierte das Ding.

Genaueres erfuhr man schon einige Stunden nach dem spektakulären Ereignis. Die Rakete hatte bereits zwei Triebwerke abgeschaltet, noch bevor sie überhaupt den Startsockel verließ. In den Minuten des Aufstiegs schalteten sich dann weitere sechs der 33 mit Methan und flüssigem Sauerstoff betriebenen Raptor-Triebwerke des Super Heavy-Boosters ab, als er in den Himmel stieg. Etwa zwei Minuten nach dem quälend langsamen Liftoff verlor das Raumschiff die Kontrolle und verließ seinen geplanten Flugkorridor, bis schließlich das autonome Flugabbruchsystem die Rakete vier Minuten nach dem Start in die Luft jagte. Allerdings erst 30 Sekunden nachdem das System den Abbruchbefehl gegeben hatte. Offensichtlich hatte eine zu geringe Sprengkraft der Explosivladungen in der Rakete verhindert, dass der Abbruch sofort wirksam wurde. In dieser halben Minute quälte sich der Träger wie ein waidwundes Tier noch immer weiter.

Das Starship erzielte eine maximale Höhe von 39 Kilometern und eine Höchstgeschwindigkeit von knapp 2.200 Kilometern pro Stunde. Somit erreichte es etwa doppelte Schallgeschwindigkeit und gewann damit auch gute Messdaten über den Staudruck im transsonischen Bereich, der aerodynamischen Zone, bei dem das Fahrzeug den härtesten strukturellen Belastungen seines Aufstiegs standhalten muss. Die Trümmer des Starship fielen nach der Explosion in den Golf von Mexiko. Trotz des explosiven Endes dieser Testmission schienen die Ingenieure mit den Erkenntnissen aus diesem Start durchaus zufrieden zu sein. SpaceX war schon im Vorfeld der Mission sehr darauf bedacht gewesen, die Erwartungen niedrig zu halten.

Die Aufarbeitung

Die Startanlage bot nach dem Liftoff ein Bild der Verwüstung. Sie verfügte für diese Mission weder über einen Flammenschacht, noch über einen Flammenabweiser, noch über eine Flutanlage. Alles Dinge, wie sie gerade beim Start von Großraketen sonst üblich sind. Das Fehlen all dieser Vorrichtungen bewirkte, dass neben den Flammenstrahlen selbst auch die immense akustische Energie, die der Start verursachte, große Schäden an den Bodenanlagen anrichtete. Ein wenig verwunderte es schon, dass man quasi „nackt“ startete, ohne diese Standardanlagen zum Schutz von Rakete und Infrastruktur. Womöglich wurde auch SpaceX vom Ausmaß der Schäden überrascht. Andere Startanlagen, darunter die Falcon 9-Launch Pads von SpaceX in Florida und Kalifornien, nutzen große Mengen Wasser, um die akustische Energie beim Start zu dämpfen, und alle verfügen über Flammenschächte. Es gibt aber auch historische Beispiele dafür, dass man solche Einrichtungen nicht unbedingt braucht, wenn nur der Startsockel hoch genug ist. So hat die NASA beispielsweise bei den frühesten Versionen ihrer Saturn-Raketen darauf verzichtet. Ähnlich wie damals die Saturn 1 Block 1 und Block 2 steht auch das Starship einfach frei auf einem 15 Meter hohen Betonpodium.

Der Schubstrahl der Triebwerke war somit direkt auf den Betonboden gerichtet, welcher der ungeheuren Energie der Triebwerke nicht standhielt und augenblicklich aufbrach. Riesige Stücke der Armierung flogen hunderte von Meter weit durch die Gegend. Eine gewaltige Sandwolke wurde aufgewirbelt, die sich noch Stunden später, fortgetragen durch den Wind, viele Kilometer von der Startstelle entfernt auf Häusern, Straßen und Autos absetzte. Als sich alles gelegt hatte, sah es am South Padre Island und in Boca Chica ein wenig aus, wie eines dieser Sahara-Sand-Ereignisse, die wir manchmal in Europa erleben, nur viele Male stärker. Die Autos waren so eingestaubt, dass man mit dem Zeigefinger Gesichter auf die Windschutzscheibe malen konnte.

Die startende Rakete, die endlose Sekunden in dieser gigantischen Staubwolke zu verharren schien, bevor sie sich schließlich mit zeitlupenartiger Geschwindigkeit herausschälte, hinterließ unter dem Startpodest einen viele Meter tiefen Krater. Die herumfliegenden Gesteinsbrocken beschädigten die nahegelegene Tank-Farm, verbeulten die Kryo-Behälter und lagen überall auf dem Strand herum. Alle in der Nähe der Rakete installierten Kameras der Fotografen wurden zerstört. Nur bei einigen wenigen konnten zumindest die Speicherkarten gerettet werden, so dass es einige wenige Nahaufnahmen des Starts gibt. Alles in allem wirkte die Szenerie vor allem in der Nähe des Startsockels apokalyptisch. Schäden an der Startrampe im Starbase-Komplex standen schon vor dem Flug ganz oben auf der Liste der Bedenken, die Musk vor dem Starship-Testflug hatte. „Ich würde es schon als Erfolg betrachten“, so meinte er vor dem Start „wenn wir uns weit genug von der Startrampe entfernen, bevor etwas schief geht. Wir dürfen fast alles, bloß nicht die Startanlage in die Luft blasen.“ Allerdings war es am Ende ziemlich genau das, was die Rakete bei ihrem Erstflug machte. Lediglich der gewaltige Serviceturm, das teuerste Element der Bodeninfrastruktur am Startplatz, überstand die Ereignisse scheinbar unbeschadet.

Musk sagte weiter, SpaceX habe diese erste flugbereite Super Heavy-Erststufe mit der Bezeichnung Booster 7 mit einer Abschirmung nachgerüstet, um seine 33 Raptor-Motoren vor Ausfällen benachbarter Triebwerke durch möglicherweise herumfliegende Trümmer zu schützen. „Das ist sehr wichtig“, so Elon Musk wörtlich, „...denn wenn man 33 Triebwerke hat, und eines davon geht kaputt, ist das genauso, als hätte man eine Kiste voller Granaten, und zwar wirklich großer Granaten“. Es war bei diesen Statements unmittelbar nach dem Testflug nicht klar (und ist es immer noch nicht), wie viele der Triebwerksausfälle am Super Heavy-Booster – wenn überhaupt – auf Schäden durch Probleme an benachbarten Triebwerken zurückzuführen waren, oder ob sie nicht möglicherweise schon durch herumfliegende Zementbrocken in der Anfangsphase des Starts verursacht wurden. In einem offiziellen Newsletter kurz nach dem Testflug zeigte sich SpaceX aber recht unbeeindruckt. Das Unternehmen vermeldete, dass…“bei einem Test wie diesem der Erfolg auf dem beruht, was wir dabei lernen. Und heute haben wir wir enorm viel über die Fahrzeug- und Bodensysteme gelernt. Die heute gewonnenen Erkenntnisse werden eine große Hilfe sein, das Starship-System einsatzbereit zu bekommen“. Wo bei einem ähnlichen Ereignis andernorts eine jahrelange Flugunterbrechung die Folge wäre, begann man hier schon nach wenigen Tagen mit den Reparaturarbeiten und Verbesserungen. Die nächste Rakete stand ohnehin schon mehr oder weniger flugbereit in der Halle. Beim nächsten Start wird eine gewaltige wassergekühlte Stahlplatte unter dem Startsockel liegen. Große Mengen aus Öffnungen herausflutenden Wassers sollen die akustischen Energien dämpfen, und zusätzlich ein erneutes Spektakel mit großen Mengen herausgeschleuderten Betons verhindern. So zumindest hofft Musk. Ein Probelauf der Anlage bei einem statischen Brenntest des nächsten Starship hat die Wirksamkeit der neuen Anlage bereits unter Beweis gestellt.

Elon Musk meldete schon bald auf Twitter, dass der nächste Start bereits in ein paar Monaten erfolgen könnte. Die Arbeit am nächsten Starship ist jedenfalls weitgehend beendet, die Anlagen sind wieder aufgebaut. Die Verbesserungen wurden vorgenommen. Nun wartet SpaceX nur noch auf die Flugfreigabe der Federal Aviation Administration (FAA).

Der Super Heavy-Booster übertraf die Gesamtleistung der N1-Trägerrakete der Sowjetunion, die seinerzeit über 30 Motoren mit 10 Millionen Pfund Schub verfügte. Die N1 erreichte auf keinem ihrer vier Testflüge von Baikonur aus zwischen 1969 und 1972 den Weltraum. Der Starship-Testflug am Donnerstag schaffte es bei seinem versuchten Aufstieg ins All immerhin weiter als jede der vier N1-Raketen, die vor mehr als 50 Jahren ihre Testflüge unternahmen.