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Die Presse berichtet regelmäßig von Verfehlungen in großen Sportorganisationen. Ursache hierfür kann eine fehlende Sport Governance sein. Das Buch stellt die Theorie der Sport Governance vor und beschreibt konkret Strukturen sowie rechtliche, regulatorische und ethische Aspekte. Zudem geht es u. a. auf Stakeholding und Compliance ein. Herausforderungen lässt es nicht außer Acht.
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Seitenzahl: 369
Frank Daumann / Florian Follert / Lev Esipovich / Malte Schurade
Sport Governance
Theorie, Praxis, Herausforderungen
UVK Verlag · München
Dr. Frank Daumann ist Professor für Sportökonomie und Gesundheitsökonomie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena.
Dr. Lev Esipovich ist Lehrkraft für besondere Aufgaben am Lehrstuhl für Sportökonomie und Gesundheitsökonomie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena.
Dr. Florian Follert ist Professor für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere betriebswirtschaftliche Entscheidungslehre, an der Privatuniversität Schloss Seeburg.
Malte Schurade ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Sportökonomie und Gesundheitsökonomie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena.
Umschlagabbildung: © demachi · iStock
© 2024 • Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KGDischingerweg 5 • D-72070 Tübingen
DOI: https://doi.org/10.36198/9783838561929
© UVK Verlag 2024— Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KGDischingerweg 5 • D-72070 Tübingen
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Internet: www.narr.deeMail: [email protected]
Einbandgestaltung: siegel konzeption | gestaltung
utb-Nr. 6192
ISBN 978-3-8252-6192-4 (Print)
ISBN 978-3-8463-6192-4 (ePub)
Fini, Arno und Heiner Abdulsowie S. & the Little Monstersgewidmet
Sport als soziales Phänomen umfasst sowohl die körperliche Betätigung von Amateuren im engen Umfeld als auch den Genuss einer professionellen Unterhaltungsdienstleistung im Stadion. Hinter beiden Ausprägungen des Sports befinden sich ausdifferenzierte institutionelle Strukturen. Dabei zeigt sich, dass die Kommerzialisierung des Sports mit einem teilweise noch recht amateurhaften institutionellen Gefüge abgewickelt wird, das nicht nur für Ineffizienzen, sondern auch für Unregelmäßigkeiten anfällig ist, was an manchen Korruptionsphänomenen in der Verbands- und in der Vereinswelt deutlich wird.
Das Themenfeld Sport Governance adressiert diese Problembereiche: Es setzt sich aus einem positiven und einem normativen Bereich zusammen. Ersterer umfasst die Beschreibung und die Analyse der Strukturen und Prozesse, die eine Sportorganisation einsetzt, um ihre strategischen Ziele festzulegen, ihre Leistung anhand dieser Ziele zu überprüfen und zu gewährleisten, dass die Leitung im besten Interesse der eigenen Mitglieder erfolgt. Der normative Bereich der Sport Governance besteht aus der technologischen Nutzung der Erkenntnisse, die im positiven Bereich gewonnen werden, zur Sicherstellung einer effektiven Funktionsweise und zweckmäßigen strategischen Ausrichtung von Organisationen des Sports.
Mit diesem Lehrbuch soll Studenten, Praktikern und Interessierten das Themenfeld der Sport Governance erschlossen werden. Wir hoffen, dass dieses Buch dazu beiträgt, ein tieferes Verständnis für die Herausforderungen und Möglichkeiten in der Sport Governance zu entwickeln und auf diese Weise einen positiven Beitrag zur Weiterentwicklung dieses Bereichs zu leisten.
Anstoß für die Entstehung dieses Lehrbuchs war die Einführung des Masterstudiengangs Sport Governance an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und die im Rahmen der Vorlesungen dieses Studiengangs geführten fruchtbaren Diskussionen mit den Studenten, denen an dieser Stelle besonders für ihr Interesse gedankt werden soll. Besonderer Dank gilt zudem Rick Hölzel, der die Formatierungsaufgaben übernommen hat.
Wir wünschen dem geneigten Leser viel Freude bei der Lektüre und freuen uns über entsprechende Anregungen.
Jena und Seekirchen am Wallersee, im Sommer 2024
Frank Daumann
Lev Esipovich
Florian Follert
Malte Schurade
AEUV | Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union
AO | Abgabenordnung
ANOC | Association of National Olympic Committees
AntiDopG | Gesetz gegen Doping im Sport
AVMD | Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste
BGB | Bürgerliches Gesetzbuch
BGW | Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege
BJKS | Rat für Bildung, Jugend, Kultur und Sport der Europäischen Union
BSI | Bundesverband der Sportartikelindustrie
CEO | Chief Executive Officer
CMS | Compliance-Management-System
COB | Chairman of the Board
DFB | Deutscher Fußball-Bund
DFL | Deutsche Fußball-Liga
DIS | Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit
DOSB | Deutscher Olympischer Sportbund
DLV | Deutscher Leichtathletik-Verband
EK | Europäische Kommission
ENGSO | Europäischer Dachverband der Nichtregierungsorganisationen im Sport
EOC | Europäische Olympische Komitees
EP | Europäisches Parlament
EPO | Erythropoetin
EU | Europäische Union
EuG | Gericht der Europäischen Union
EuGH | Europäischer Gerichtshof
e. V. | eingetragener Verein
FGRC | Football Governance Research Centre
FIA | Fédération Internationale de l’Automobile
FIFA | Fédération Internationale de Football Association
FINA | Fédération Internationale de Natation
GG | Grundgesetz
GWB | Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen
HGB | Handelsgesetzbuch
IBA | International Boxing Association
IOC | International Olympic Committee
ISCA | International Sport and Culture Association
KPI | Key Performance Indicator
LSK | Landessportkonferenz
MLB | Major League Baseball
MLS | Major League Soccer
MLL | Major League Lacrosse
MStV | Medienstaatsvertrag
NADA | Nationale Anti-Doping Agentur
NIE | New Institutional Economics
NFL | National Football League
NGO | Non-Governmental Organisation
NPO | Non-Profit-Organisation
NS | Nationalsozialismus
NWSL | National Women's Soccer League
OECD | Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
OLG | Oberlandesgericht
SMK | Sportministerkonferenz
SRI | Stanford Research Institute
TAFISA | Trim and Fitness International Sport for All Association
UCI | Union Cycliste Internationale
UEFA | Union of European Football Associations
UN | United Nations
UNO | United Nations Organisation
UWG | Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb
VSA | Vereinigung Sportsponsoring-Anbieter
WADA | Welt-Anti-Doping-Agentur
WHO | Weltgesundheitsorganisation
WNBA | Women’s National Basketball Association
WTA | Women’s Tennis Association
Lernziele | Nach diesem Kapitel sind Sie in der Lage,
die Rahmenbedingungen und Entwicklungen, mit denen Sportorganisationen gegenwärtig konfrontiert sind, zu erläutern,
die Begriffe Sport, Governance und Sport Governance zu definieren,
den Unterschied zwischen Governance und Management zu erklären,
die der Governance zugrundeliegenden Perspektiven und
die Themen, die durch die einschlägige Forschung besetzt werden, zu beschreiben.
Wie bereits angeklungen soll in diesem Kapitel zum einen kurz auf die Rahmenbedingungen eingegangen werden, denen sich Sportorganisationen aktuell ausgesetzt sehen. Zum anderen sollen die für die Thematik maßgeblichen Begriffe erläutert werden.
Der Handlungsspielraum und das Verhalten von Sportorganisationen werden durch verschiedene Faktoren beeinflusst (Hoye & Cuskelly, 2007, S. 19):
Die einschlägigen gesetzlichen Regelungen,
die staatliche SportpolitikSport, Politik und das Ausmaß der Verflechtung von Staat und Sportorganisationen (Neokorporatismus),
die Regulierungen übergeordneter SportorganisationenSport, Organisation,
die Zielsetzungen und die Marktmacht verschiedener StakeholdergruppenStakeholder1 sowie
das Ausmaß des WettbewerbsWettbewerb auf den verschiedenen für die Sportorganisationen relevanten Märkten.
Gegenwärtig sehen sich Sportorganisationen einer Vielzahl äußerer Einflüsse ausgesetzt, aus denen besondere Herausforderungen für ihre Leitung resultieren. Diese Einflüsse können in Anlehnung an Ferkins, Shilbury und McDonald (2005) nach dem Aggregationsgrad in Makro- und Mikro-Einflüsse differenziert werden. So können auf der Makro-EbeneMakro-Ebene insbesondere die folgenden Entwicklungen benannt werden:
Die zunehmende Komplexität des einschlägigen Rechtsgefüges,
die sich verändernden gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen,
politische Instabilitäten, die vor allem durch die COVID-19-PandemieCOVID-19-Pandemie (insbesondere 2020–2022) und militärische Auseinandersetzungen in den Randbereichen Europas (insbesondere ab 2022) befördert werden, sowie
eine zunehmende öffentliche und mediale Wahrnehmung in allen Handlungsfeldern sowie die damit einhergehende Verbreitung von Informationen und Meinungen.
Auf der Mikro-EbeneMikro-Ebene lassen sich die folgenden Sachverhalte identifizieren:
Eine rückläufige Bereitschaft, ein ehrenamtliches EngagementEhrenamt zu übernehmen,
Variety-SeekingVariety-Seeking – also die Wechselbereitschaft trotz Zufriedenheit – als zentrales Konsummotiv und damit eine abnehmende Bindungsbereitschaft breiter Bevölkerungsschichten,
höhere Erwartungen an die QualitätQualität seitens der Nachfrager, Mitglieder und Partner von Sportorganisationen sowie
zunehmend ausdifferenzierte Anforderungen der StakeholderStakeholder, die oftmals unvereinbar sind.
Als besondere Herausforderungen des ManagementsManagement von Sportorganisationen sind daher die folgenden Sachverhalte zu nennen:
Probleme bei der Beschaffung notwendiger finanzieller und personeller RessourcenRessourcen auf allen Ebenen (Haupt- und EhrenamtEhrenamt),
eine fehlende strategische Ausrichtung,
ein pyramidenförmiger Aufbau, der eine demokratische Entscheidungsfindung nur begrenzt zulässt,
Defizite bei der Besetzung des Vorstandes (unzureichende Bewerberlage, mangelnde fachliche Eignung),
fehlende Transparenz bei der Entscheidungsfindung in Verbindung mit dem Auftreten politischer Machtkämpfe sowie
mangelhafter Umgang mit den Dysfunktionen des Sports (Doping, Match Fixing etc.).
Den Inhalt des Begriffs SportSport zu verorten, stellt sich notgedrungen als schwierig heraus. In der Alltagsprache werden dem Phänomen Sport häufig Eigenschaften wie körperliche Bewegung, Leistungsvergleich resp. Wettbewerb, ein sportartspezifisches Regelwerk und die Unproduktivität zugeordnet (Daumann, 2023, S. 20–23). Nun zeigt sich aber, dass manche Sportarten wie etwa Darts oder Schach lediglich ein geringes Maß an körperlicher Bewegung erfordern. Ebenso lässt sich ein Leistungsvergleich nicht bei allen sportlichen Betätigungen feststellen: So tritt dieser im Rahmen des Gesundheits- oder Fitnesssports kaum auf. Auch explizite oder implizite Regelungen fehlen manchen sportlichen Betätigungen, wenn man etwa an den ungebundenen Freizeitsport wie das frühmorgendliche Joggen denkt. Und insbesondere im Leistungssport wird oftmals ein Produkt – eine Unterhaltungsdienstleistung – hergestellt, die sich mitunter gut vermarkten lässt. Mit anderen Worten: Es fällt schwer, eine befriedigende essentialistische Definition des Phänomens Sport zu geben.
Exkurs | Essentialistischer vs. nominalistischer DefinitionsansatzSport, Definitionsansatz
Aus essentialistischer Sicht hat eine Definition folgendes zu leisten: Sie muss das Definiendum, also das zu erläuternde Phänomen, erschöpfend durch das Definiens beschreiben. Hiergegen wird insbesondere von K. R. PopperPopper, Karl. R. (2003, S. 62) eingewendet, dass jede Beschreibung notgedrungen selektiv sei: „Es ist uns nicht möglich, ein ganzes Stück der Welt oder ein ganzes Stück der Natur zu beschreiben, ja nicht einmal das kleinste ganze Stück läßt sich beschreiben, denn jede Beschreibung ist notwendig selektiv“. Dem essentialistischen Ansatz, der nach dem Wesen der Entität fragt, steht der nominalistische Ansatz gegenüber, der sich rein auf die Semantik beschränkt (Popper, 1980). Demnach werden realiter vorgefundene Phänomene mit Begriffen versehen, um in erster Linie Aussagesysteme im Sinne von Ursache-Wirkungsbeziehungen bzw. von Ziel-Mittel-Beziehungen zu ermöglichen.
▶ Siehe hierzu Popper (1980; 1994; 2003).
Der Begriff GovernanceGovernance hat einen französischen Ursprung (gouverner, auf Deutsch: verwalten, leiten, erziehen). Fukuyama (2013, S. 350) definiert den Begriff aus politikwissenschaftlicher Perspektive als „[…] a government’s ability to make and enforce rules, and to deliver services […]“. Dabei spielt es zunächst keine Rolle, ob die Regierung demokratisch legitimiert ist, oder nicht. In der einschlägigen wissenschaftlichen Literatur wird Governance unterschiedlich definiert. Die Commission on Global Governance (1995, S. 2) versteht Governance als ein System aus Regelungen, nach dem Einzelpersonen und öffentliche bzw. private Organisationen ihre gemeinsamen Angelegenheiten regeln. Dieses System umfasst sowohl formelle Regelungen als auch informelle Vereinbarungen, mit denen das Handeln der beteiligten Akteure kanalisiert werden soll.
Mel Gill (2002) leuchtet den Begriff wie folgt aus: GovernanceGovernance umfasst Prozesse, Strukturen und organisatorische Traditionen, die kanalisieren, wie Macht ausgeübt wird, in welchem Umfang die Interessen der Stakeholder berücksichtigt werden und auf welche Weise die Entscheidungsträger zur Rechenschaft gezogen werden können.
Eine ähnliche DefinitionGovernance, Definition unterbreiten Hoye und Cuskelly (2007, S. 9): Demnach stellt Governance die Strukturen und Prozesse dar, die eine Organisation einsetzt, um ihre strategischen Ziele festzulegen, ihre Leistung anhand dieser Ziele zu überprüfen und zu gewährleisten, dass der Vorstand im besten Interesse der Mitglieder der Organisation handelt.
Das Business Dictionary (2016) füllt den Inhalt des Begriffs Governance wie folgt: Governance ist „establishment of policies, and continuous monitoring of their proper implementation, by the members of the governing body of an organization. It includes the mechanisms required to balance the powers of the members (with the associated accountability), and their primary duty of enhancing the prosperity and viability of the organization”.
Die dargelegten Definitionen des Begriffs verbinden damit hauptsächlich vier Bereiche:
StrategieStrategie im Sinne der Strategieentwicklung der Entscheider,
MachtMacht, hier verstanden im Sinne des Einflusses von Stakeholdern,
RegulierungRegulierung im Sinne der Einengung der Handlungsspielräume der Entscheider sowie
Kontrolle des Handelns der Entscheider.
Insgesamt kann man den Begriff GovernanceGovernance etwa wie folgt mit Inhalt füllen: Governance umfasst sämtliche institutionellen Arrangements einer Organisation, mit denen der Spielraum der Entscheidungsträger in einer Organisation insbesondere vor dem Hintergrund der Interessen der Stakeholder ausgestaltet wird und wie diese Entscheidungsträger für ihr Handeln verantwortlich gemacht werden können.
Sport GovernanceSport, Governance stellt somit die Governance von Sportorganisationen – und hier in erster Linie von (privaten) Sportklubs und Sportverbänden auf allen Ebenen – dar. Ferkins, Shilbury and McDonald (2009, S. 245) definieren den Begriff wie folgt: Sport Governance ist „the responsibility for the functioning and overall direction of the organization and is a necessary and institutionalized component of all sport codes from club level to national bodies, government agencies, sport service organizations and professional teams around the world”.
Mit anderen Worten ist Sport Governance der Komplex der Sicherstellung der effektiven Funktionsweise und strategischen Ausrichtung, der als Kodifizierung handlungsleitend für Sportorganisationen auf allen Ebenen ist.
Der Unterschied zwischen GovernanceGovernance und ManagementManagement – letzteres verstanden als Organisationsführung oder -leitung – lässt sich wie folgt fassen: Während bei der Management-Theorie das „handelnde Steuerungssubjekt“ als zentral betrachtet wird, ist dies bei der Governance-Theorie die „RegelungsstrukturRegelungsstruktur“ (Mayntz, 2006, S. 16). Diesen Grundgedanken greifen auch Pechardscheck und Flis (2022) auf, die dem Management die Aufgaben Planen, Aufbauen, Ausführen und Überwachen zuordnen. Governance hingegen besteht aus den Aufgaben Überwachen, Evaluierenevaluieren und Lenken. Trotz der wichtigen Trennung bestehen Wechselwirkungen zwischen den Bereichen. Zudem muss sich die Effektivität von Governance und Management an den Zielvorgaben messen lassen. Dieser Sachverhalt wird in → Abbildung 1 deutlich.
Unterscheidung zwischen Management und Governance. | Quelle: Pechardscheck & Flis, 2022.
GovernanceGovernance lässt sich wiederum aus verschiedenen Perspektiven betrachten. Henry und Lee (2004) unterscheiden die folgenden Perspektiven:
SystemicSystemic:
Hierbei geht es um den Wettbewerb, die Kooperation und die gegenseitige Anpassung zwischen Organisationen und Unternehmen oder politischen Systemen.
Political:
Diese Perspektive erfasst die Steuerung der Organisationen durch politische Institutionen.
Organizational:
Dieser Bereich bezeichnet die Fülle an normativen, ethisch begründeten Standards für das Verhalten von Führungskräften zwecks Erfüllung der auferlegten Organisationsziele.
Eine komprimierte Differenzierung in lediglich zwei Perspektiven liefern Shilbury und Ferkins (2020a):
Organizational GovernanceOrganizational Governance:
Hierbei steht die Tätigkeit der Leitung einer einzelnen Organisation im Fokus.
Systemic bzw. Network GovernanceNetwork Governance:
Dieser Begriff beschreibt das Zusammenspiel zwischen verschiedenen Organisationen, die wiederum auf der gleichen oder auf unterschiedlichen Ebenen angesiedelt sein können (im Bereich des Sports wäre dies etwa das Zusammenspiel zwischen den Sportklubs, regionalen Sportverbänden, dem nationalen Sportverband, dem internationalen Fachsportverband und dem IOC).
King (2017) hingegen differenziert nach anderen Blickwinkeln:
GovernanceGovernance als Steuerungssystem:
Dieser Bereich umfasst die Strategieformulierung und -umsetzung durch das Management, den Einbezug der Erwartungen, die an das Management von Seiten der Stakeholder herangetragen werden, die Definition, Überwachung und Bewertung der organisatorischen Erfolge sowie die Rechenschaftslegung des Managements gegenüber den wichtigsten Stakeholdern.
Governance als NetzwerkNetzwerk:
Governance wird hier als Zusammenarbeit in Netzwerken verstanden. Transaktionen und Verhandlungen sowie deren Ergebnisse in Form formeller und informeller Vereinbarungen nehmen dabei eine zentrale Rolle ein. Besondere Bedeutung erlangt die Verteilung der Macht über das Netzwerk.
Governance als Good GovernanceGood Governance:
Bei dieser Perspektive treten ethische Maßstäbe (Rechenschaftspflicht, Transparenz, Korruptionsbekämpfung, Beteiligung der Interessengruppen) und die Einhaltung des rechtlichen Rahmens in den Vordergrund.
Hinsichtlich der Arten einer Organisation kann Corporate Governance von Non-Profit-Governance unterschieden werden. Corporate GovernanceCorporate Governance kann mit Welge und Eulerich (2021, S. 5) als „[…] der faktische und rechtliche Ordnungsrahmen von Unternehmen verstanden [werden], der eine gute und ordnungsgemäße Unternehmensführung, -kontrolle und -überwachung im Sinne aller Shareholder und Stakeholder gewährleistet und unterstützt“. Während sich dieser Bereich der Governance auf Organisationen bezieht, bei denen der Fokus regelmäßig auf der Gewinnmaximierung (Wöhe et al., 2020) liegt, hat letzteres gemeinnützige Organisationengemeinnützige Organisationen (NPO) zum Gegenstand, die primär nach der Realisierung von Sachzielen trachten. Nach King (2017, S. 47 f.) lassen sich zwischen dem Corporate Governance und dem Non-Profit-Governance die folgenden Gemeinsamkeiten identifizieren:
Es findet eine Verlagerung von vertikalen zu horizontalen Führungsmodellen resp. von Hierarchien zu Netzwerken statt.
Bei beiden lässt sich ein Druck zur Umsetzung von Good Governance (z. B. soziale Verantwortung, Rechenschaftspflicht, Transparenz) feststellen.
ComplianceCompliance hat eine hohe Bedeutung.
Der Messung von Leistung (finanziell, sportlich und sozial) kommt ein besonderer Stellenwert zu.
Die Rechenschaftspflicht wird durch einschlägige Rechnungslegungsvorschriften etabliert und kanalisiert.
Freilich gibt es auch erhebliche Unterschiede:
So unterscheidet sich der rechtliche Status der Organisationen.
Die Organisationen verfolgen in Abhängigkeit von ihren priorisierten Adressaten unterschiedliche Ziele.
Für die Leistungsmessung müssen unterschiedliche Indikatoren verwendet werden. In NPOs können nichtfinanzielle Ziele oftmals nur heuristisch operationalisiert werden.
In For-Profit-OrganisationenFor-Profit-Organisationen (FPO) erhalten die Mitglieder der Leitungsgremien ein Entgelt für ihre Tätigkeit. Bei Non-Profit-Organisationen üben viele Mitglieder der Leitungsorgane ihre Tätigkeit ehrenamtlich aus. Dadurch entsteht die Herausforderung, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen bezahlten und ehrenamtlichenEhrenamt Mitarbeitern zu realisieren.
Ferkins, Shilbury und McDonald (2005) liefern ein hilfreiches Instrumentarium, um die unterschiedlichen Themenbereiche der Sport Governance zu strukturieren. Sie unterscheiden drei Themenkreise, die sie weiter differenzieren:
Entwicklung der Rahmenbedingungen von SportorganisationenSport, Organisation:
Die Rahmenbedingungen können wiederum nach Faktoren auf der Makro-Ebene (z. B. rechtliche Anforderungen, Forderungen der Stakeholder, Berichterstattung der Medien) und der Mikro-EbeneMikro-Ebene (z. B. Finanzierungsquellen, Anzahl der Mitglieder, Mitarbeit der Ehrenamtlichen) unterschieden werden.
Themenbereiche der eigentlichen Sport GovernanceSport, Governance:
Hierzu gehören etwa die Bereiche der kollaborativen Führung, die Motivationen des Boards, die Rollen des Boards sowie die Struktur desselben.
Governance-Fähigkeiten:
Dieses Feld umfasst neben den strategischen Dimensionen Leistung, Konformität (etwa bei der Umsetzung der Politik, der Rechenschaft usw.) und Politik (hier insbesondere deren Entwicklung sowie die Verteilung der Ressourcen) die operative Dimension, etwa die Häufigkeit der Zusammenkünfte des Leitungsorgans, die Beziehungen im Board, die Form der Durchführung seiner Zusammenkünfte sowie Beziehungen innerhalb des Gremiums.
Exkurs | Das Board of DirectorsBoard of Directors (Board)
In der Governance-Literatur nimmt der Begriff Board eine zentrale Rolle ein. In der anglo-amerikanischen Literatur bezieht sich dieser Begriff regelmäßig auf das sogenannte Board of Directors, das mit den Begriffen Verwaltungsrat oder Direktorium in die deutsche Sprache übertragen werden kann.
Beim Board of Directors handelt es sich um das oberste Leitungs- und Kontrollgremium von amerikanischen Kapitalgesellschaften, das von den Anteilseignern der betreffenden Gesellschaft gewählt wird. Zu den Aufgaben des Board of Directors gehören im Wesentlichen
die Festlegung und Überprüfung der Unternehmensstrategie,
die Überwachung der Unternehmensleitung,
die Bewertung der Risiken, die sich auf das Unternehmen auswirken können,
die Entscheidung über die Dividendenpolitik,
die Auswahl und Beurteilung des Führungspersonals einschließlich des CEO (Chief Executive Officer), der die operativen Geschäfte leitet, sowie
die Sicherstellung der Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen und ethischer Standards.
Bei den Mitgliedern des Board of Directors kann zwischen geschäftsführenden (executive) und nicht geschäftsführenden (non-executive) Mitgliedern unterschieden werden. Während die geschäftsführenden Mitglieder, die oft als Chief Officers bezeichnet werden, die operative Geschäftsführung des Unternehmens ausüben, sind die nicht geschäftsführenden Mitglieder des Boards vor allem beratend und kontrollierend tätig. Letztere üben ihr Amt nicht hauptberuflich aus und sind keine Beschäftigten des Unternehmens. Der Vorsitzende dieses Boards trägt regelmäßig den Titel Chairman of the Board (COB)Chairman of the Board (COB). Allerdings ist es auch denkbar, dass der CEOChief Executive Officer (CEO) zugleich Vorsitzender des Boards ist, was jedoch einer effektiven Überwachung im Wege steht.
Freilich können die spezifischen Befugnisse und Pflichten des Boards je nach Rechtsform und rechtlichem Umfeld variieren. Bei der amerikanischen Organstruktur handelt es sich um ein monistisches System der Unternehmensführung. Diesem steht das dualistische System gegenüber, das beispielsweise bei deutschen Kapitalgesellschaften gebräuchlich ist. Hier werden die Aufgaben zwischen dem Vorstand und dem Aufsichtsrat getrennt. So stellt der VorstandVorstand bzw. die GeschäftsführungGeschäftsführung das exekutive Führungsgremium dar und ist für die Führung der Geschäfte und die Umsetzung der Unternehmensstrategie zuständig. Der Aufsichtsrat, der lediglich bei Aktiengesellschaften verpflichtend vorhanden sein muss, fungiert als Kontrollorgan, das den Vorstand bzw. die Geschäftsführung überwacht und berät. Zudem wählt und entlässt der Aufsichtsrat die Mitglieder des Vorstands und entscheidet über grundlegende Unternehmensfragen. Fehlt ein Aufsichtsrat, so wird dessen Funktion durch die Gesellschafterversammlung wahrgenommen.
Bei eingetragenenVereine Vereineneingetragene Vereine (z. B. Sportvereine, Sportverbände) findet sich eine vergleichbare Organisationsstruktur: Der Vorstand ist das Leitungsorgan des Vereins und seine Mitglieder werden üblicherweise durch die Mitgliederversammlung gewählt. Der Vorstand umfasst regelmäßig einen PräsidentenPräsidenten, einen oder mehrere Vizepräsidenten und einen Schatzmeister; allerdings können die Bezeichnung der Positionen und die Struktur des Vorstands erheblich variieren. Die Mitgliederversammlung stellt das oberste Entscheidungs- und Kontrollgremium eines Vereins dar; sie wählt und überwacht den Vorstand, zudem entscheidet sie über grundlegende Vereinsangelegenheiten. Größere Vereine können über einen Aufsichtsrat verfügen, der ähnlich wie bei Kapitalgesellschaften die Tätigkeiten des Vorstands überwacht.
▶ Siehe hierzu:
Fechner, F., Arnhold, J. & Brodführer, M. (2014). Sportrecht. Stuttgart: UTB,
Magers, J., Eschenfelder, C. & Krause-Wichmann, L. (2022). Sustainable Corporate Governance. Aktienrechtliche Grundlagen einer nachhaltigen Unternehmensführung, Wiesbaden: Springer Gabler,
Mallin, C. (2019). Corporate Governance (6th ed.). Oxford: Oxford University Press, und
Tricker, B. (2023). The Practice of Corporate Governance. Boca Raton: CRC Press.
Erste Beiträge zum Thema Governance, ohne dass dabei der Begriff explizit Erwähnung findet, lassen sich bereits Mitte der 1980er-Jahre identifizieren. Folgt man den Untersuchungen von Ferkins, Shilbury und McDonald (2005) sowie Shilbury und Ferkins (2020a) beschäftigt sich die Forschung in diesem Bereich vor allem mit den folgenden Thematiken:
Bestimmung der RollenRollen im Governance-Bereich sowie Analyse der einschlägigen Motivationen:
In diesem Forschungsfeld werden etwa die Rolle und die Struktur der Leitungsgremien, die Motivation einzelner Mitglieder dieser Gremien sowie das Verhältnis zwischen hauptamtlichen und ehrenamtlichen Mitgliedern thematisiert.
Verbesserung der ManagementprozesseManagementprozesse des Leitungsorgans:
Neben der Analyse von Sitzungen und Sitzungsagenden sind Dynamiken innerhalb des Gremiums Gegenstand dieses Forschungszweigs.
Hauptfunktionen des LeitungsorgansLeitungsorgane:
Hierbei stehen die Entwicklung einer StrategieStrategie, die Integration der verschiedenen StakeholderStakeholder sowie Fragen des Risikomanagements, der Compliance, der Steuerung sowie der Evaluierung der Leitung im Mittelpunkt der Forschungsbemühungen.
Kontinuierliche Verbesserung:
In diesem Feld werden Problemkreise wie der Schutz des Leitungsorgans, die Auswahl seiner Mitglieder und deren Entwicklung sowie die Leistung und die Evaluation adressiert.
Governance ist die Antwort auf Mängel im institutionellen Gefüge von Sportorganisationen, die sich in Fehlverhalten und Unregelmäßigkeiten niederschlagen können. Die Forschung hat sich in vielen Bereichen der Thematik bislang eher zögerlich entwickelt, was sicherlich auch an der Nähe zum weit entwickelten Theoriekomplex Management und des ausgeprägten QuerschnittscharaktersQuerschnittscharakter liegen mag. Insbesondere könnte die Durchführung empirischer Studien zur Auswirkung von unterschiedlichen Governance-Vorgaben auf die Zielsetzungen der Organisationen zusätzliche Impulse für die Forschung auch in den anderen Bereichen der Thematik bringen.
Für die Praxis gewinnt die Thematik GovernanceGovernance aufgrund der Rahmenbedingungen vor allem in Form gestiegener moralischer Ansprüche, die von außen an das Verhalten von Organisationen herangetragen werden, und der überbordenden Kommunikationsmöglichkeiten, die selbst den fragwürdigsten Meinungen eine Plattform bieten, eine zunehmende Bedeutung. Dabei darf jedoch nicht verdrängt werden, dass zum einen Governance Ausdruck bestimmter Moralvorstellungen ist, die nicht unbedingt von allen Protagonisten geteilt werden. Zum anderen bergen ausgedehnte Governance-Regelungen auch erhebliche Gefahren für Organisationen, die sich in einer zunehmenden Bürokratie und damit verbunden steigenden Kosten niederschlagen können. Governance-Regeln können somit die Flexibilität von Organisationen etwa durch eine schwerfällige Entscheidungsfindung erheblich einschränken und dazu führen, dass die Umsetzung innovativer Prozesse und Maßnahmen behindert wird.
Mit welchen Rahmenbedingungen sehen sich Sportorganisationen aktuell konfrontiert?
Wie lässt sich der Begriff Sport definieren? Grenzen Sie den essentialistischen vom nominalistischen Definitionsansatz ab!
Was versteht man unter Governance?
Wie lässt sich der Begriff Sport Governance definieren?
Wie kann Governance von Management abgegrenzt werden?
Welche Perspektiven der Governance lassen sich unterscheiden?
Welche Fragestellungen werden in der Forschung im Bereich Sport Governance untersucht?
Chappelet, J.-L. (2017). Beyond governance: the need to improve the regulation of international sport. In Sport in Society, 21(5), 1–11.
Fishel, D. (2003). The Book of the Board: Effective Governance for Non-profit Organisations. Sydney: Federation Press.
Fukuyama, F. (2013). What Is Governance? In Governance: An International Journal of Policy, Administration, and Institution, 26(3), 347–368.
King, N. (2017). Sport Governance: An introduction. New York & London: Routledge.
Mallin, C. (2019), Corporate Governance (6th ed.). Oxford: Oxford University Press.
Shilbury, D. & Ferkins, L. (2020a). An overview of sport governance scholarship. In D. Shilbury & L. Ferkins (Hrsg.), Routledge Handbook of Sport Governance (S. 3–17). London & New York: Routledge.
Lernziele | Nach diesem Kapitel sind Sie in der Lage,
die verwendeten theoretischen Ansätze, um die Phänomene der Sport Governance zu erklären, einzuordnen und
das Ausmaß der Erklärungskraft dieser theoretischen Ansätze zu beurteilen.
In diesem Kapitel sollen die wesentlichen Theorien dargestellt werden, die zu Erklärungszwecken im Bereich der Sport Governance herangezogen werden.
Eine Systematisierung der hier einschlägigen TheorienTheorie liefern Ferkins und Shilbury (2020b), die die verschiedenen Theoriegebäude zum einen nach deren Einflussgrad auf die Forschung im Bereich Sport Governance (hoch, gering) und zum anderen nach deren Ansatzpunkt (organisationsbezogen, systembezogen) klassifizieren. → Tabelle 1 bildet diese Einordnung ab.
Einflussgrad
Ansatzpunkt
organisationsbezogen
systembezogen
hoch
Agency Theory
Stewardship Theory
Leader Member Exchange Theory
Managerial Hegemony Theory
Stakeholder Theory
Network Theory
Resource Dependency Theory
Institutional Theory
gering
Board Strategic Balance Emerging Theory
Democratic Governance
…
Collaborative Government Theory
Property Rights Theory
…
Überblick über relevante Theorien im Bereich der Sport Governance-Forschung. | Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Ferkins & Shilbury (2020b).
Überblick über die relevanten theoretischen Ansätze zur Analyse des Leitungsgremiums. | Quelle: Hung, 1998.
Eine andere Systematik liefert Hung (1998), der, wie in → Abbildung 2 ersichtlich wird, theoretische Ansätze nach der Rolle, die das Leitungsgremium einnimmt, unterteilt. Dabei wird eine eher passive Rolle von einer aktiven unterschieden.
Die für die Sport-Governance-Thematik wesentlichen Theorien sollen nachfolgend anhand der Merkmale „system“- und „organisationsbezogen“ klassifiziert werden.
Zu den systembezogenen Theorien zählen die Stakeholder Theory, die Network Theory, die Resource Dependency Theory und die Institutional Theory.
Der Begriff Stakeholder bezeichnet je nach Lesart Teilhaber, Interessenten oder Anspruchsberechtigte. In der einschlägigen Literatur wird der Begriff unterschiedlich ausgelegt. So verwendet das Stanford Research Institute (SRI) eine sehr enge Definition und bezeichnet Stakeholder als für eine Organisation überlebenswichtige Gruppen (SRI zitiert nach Freeman, 1984, S. 31). Diese enge Interpretation würde jedoch bedeuten, dass eine Organisation ohne die Unterstützung ihrer Stakeholder aufhören würde zu existieren (Freeman, 1984, S. 31). Demgegenüber verwendet R. Edward Freeman, der maßgebliche Protagonist dieses theoretischen Ansatzes, einen weiteren Stakeholder-Begriff: Der Stakeholder einer Organisation ist eine Gruppe oder ein Individuum, „who can affect or is affected by the achievement of the organization’s objectives“ (Freeman, 1984, S. 46). Dabei besteht regelmäßig eine wechselseitige Einflussbeziehung zwischen der Organisation und den Stakeholdern, sodass eine weite Definition des Begriffs in Stakeholdern Entitäten sieht, die die Realisierung der Organisationsziele beeinflussen können oder aber auch durch diesen Vorgang selbst beeinflusst werden.
Gegenstand der Stakeholder-Theorie, auf die in → Kapitel 4 noch genauer eingegangen wird, ist die Analyse der Beziehungen zwischen der Organisation und ihren Stakeholdern. Mitchell et al. (1997) verwenden drei Kriterien, um Stakeholder nach dem Ausmaß ihres Einflusses auf die Organisation zu klassifizieren, nämlich Macht, Legitimität und Dringlichkeit. Macht liegt vor, wenn ein Akteur in einer Austauschbeziehung durch Zwang, Anreize oder normative Instrumente dem anderen beteiligten Akteur seinen Willen aufzwingen kann. Legitimität setzt ein allgemein akzeptiertes und geteiltes System von Normen, Werten und Überzeugungen voraus. Ein Handeln entsprechend diesem System genießt Legitimität. Dringlichkeit äußert sich in Zeitsensitivität und der großen Bedeutung des Sachverhalts für den Stakeholder. In Abhängigkeit von der Ausprägung dieser drei Kriterien lassen sich sieben Stakeholder-ArtenStakeholder, Arten unterscheiden, die in → Tabelle 2 abgebildet werden:
Typ
Ausprägung
Macht
Legitimität
Dringlichkeit
Dormant
Stakeholders
gegeben
nicht
gegeben
nicht
gegeben
Discretionary
Stakeholders
nicht
gegeben
gegeben
nicht
gegeben
Demanding
Stakeholders
nicht
gegeben
nicht
gegeben
gegeben
Dominant
Stakeholders
gegeben
gegeben
nicht
gegeben
Dangerous
Stakeholders
gegeben
nicht
gegeben
gegeben
Dependent
Stakeholders
nicht
gegeben
gegeben
gegeben
Definitive
Stakeholders
gegeben
gegeben
gegeben
Klassifikation von Stakeholdern. | Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Mitchell et al. (1997).
Aus der Art der Stakeholder können wiederum Rückschlüsse hinsichtlich ihres Einflusses auf die Organisation gezogen werden. So müssen gemeinnützige Sportorganisationen beispielsweise die Interessen von SponsorenSponsoren, Fördermittelgeber, Mitgliedern, der breiten Öffentlichkeit, Mitarbeitern, Kommunen und Athleten berücksichtigen.
Netzwerke sind eine Ansammlung von Beziehungen zwischen verschiedenen Akteuren. Dabei kann es sich um Individuen oder Organisationen handeln. Untersuchungsgegenstand der Network Theory bzw. des hier interessierenden sozialen Ablegers „ist die Wirkung von sozialen Netzwerken auf individuelles Handeln und die Entstehung sowie Veränderungen von sozialen Netzwerken durch individuelles Handeln“ (Ahrens, 2009, S. 299). Im Mittelpunkt der Network Theory steht also die Untersuchung der Frage, wie die Beziehungen des Netzwerks das Verhalten und die Eigenschaften der Akteure beeinflussen und wie Informationsflüsse, Macht und Ressourcen innerhalb eines Netzwerks verteilt werden.
Hinsichtlich des Forschungsziels können bei der Network Theory zwei wesentliche Stränge unterschieden werden: Während die methodische Netzwerkforschung darauf ausgerichtet ist, mit Hilfe der Mathematik die sozialen Netzwerke zu beschreiben, werden im theorieorientierten Teil soziale Netzwerke mit Hilfe soziologischer und originär netzwerkorientierter Theorien analysiert.
Nach Mitchell (1969) und Barnes (1969) lässt sich der Untersuchungsgegenstand soziales Netzwerk wie folgt beschreiben:
Konstituierende Elemente eines NetzwerksNetzwerk sind Akteure (Nodes) und Beziehungen (Ties) zwischen diesen Akteuren.
Netzwerke können anhand des Typs der Beziehungen zwischen Akteuren unterschieden werden. Dabei lassen sich Merkmale wie Weisungsbefugnis, räumliche Nähe, Stärke usw. zur Klassifikation von Netzwerken heranziehen.
Die Ausprägungen des Netzwerks hinsichtlich der Akteure und der Beziehungen, also die spezifische Netzwerkstruktur, resultieren in spezifische Regelmäßigkeiten.
Die Network Theory basiert auf der ontologischen Annahme, dass Netzwerke emergente Eigenschaften aufweisen. Das heißt, die Eigenschaften des Netzwerkes können nicht alleine auf das Handeln der sie konstituierenden Akteure zurückgeführt werden.
Die in sozialen Netzwerken auftretenden Beziehungen, an denen eine Klassifikation derselben anknüpfen kann, lassen sich wiederum wie folgt differenzieren (Owen-Smith et al., 2015):
Ressourcen- und Informationskanäle (Network Pipes):
Kanäle erlauben es, RessourcenRessourcen innerhalb eines Netzwerkes zu verschieben. Bei diesen Ressourcen kann es sich um tangible (Sachgüter, finanzielle Mittel etc.) oder intangible Ressourcen (Informationen, Kompetenzen etc.) handeln.
Statussignalisierung und ZertifizierungZertifizierung (Network Prisms):
Unter diesem Blickwinkel senden Netzwerke wertvolle Signale über den Status einzelner Netzwerk-AkteureNetzwerk an außenstehende Akteure, die zentrale Ressourcen kontrollieren, und reduzieren deren Informationsmängel.
Sozialer Einfluss (Network Peeps):
Grundlagen des sozialen Einflusses sind Normen, Erwartungen oder Denkmuster, die von den Mitgliedern des Netzwerks geteilt werden. Durch diese Institutionen wird konformes Handeln der einzelnen Netzwerk-Akteure erzwungen und deren Entscheidungsfindung kanalisiert.
Die Netzwerktheorie bedient sich zur Analyse und Darstellung der Beziehungen regelmäßig der Graphentheorie. Ausgangspunkt der Analyse kann dabei einerseits ein bestimmter Knoten des Netzwerkes (Node) oder andererseits das gesamte Netzwerk sein. Während erstere als egozentrische Netzwerkanalyse bezeichnet wird, spricht die Literatur bei letzterer von soziozentrisch. Weiterhin werden Netzwerke mit Hilfe der Dichte beschrieben, womit das Ausmaß an Beziehungen zwischen den einzelnen Akteuren erfasst wird.
Beispielsweise stellen Harris und Phillips (2017) das Netzwerk im britischen Kommunalsport wie in → Abbildung 3 ersichtlich dar.
Netzwerk der wichtigsten Stakeholder im britischen Kommunalsport. | Quelle: Harris und Phillips, 2017, S. 113.
Die soziale NetzwerkforschungNetzwerk, Forschung bedient sich wiederum verschiedener soziologischer und originärer Netzwerktheorien (Ahrens, 2009), von denen die wichtigsten hier kurz genannt werden sollen.
AustauschtheorieAustauschtheorie:
Gegenstand dieses Ansatzes ist die Analyse der Interaktionen zwischen Individuen oder Gruppen und deren Austausch von Werten, Ressourcen oder Gütern.
HandlungstheorieHandlungstheorie:
Ziel der Handlungstheorie ist die Untersuchung individuellen oder kollektiven Entscheidens und Handelns sowie des Einflusses der Rahmenbedingungen wie Ziele, Normen usw.
RollentheorieRollen, Theorie:
Hierbei wird untersucht, welche Rollen Individuen in einer Gesellschaft einnehmen, und wie diese Rollen das Verhalten und die Interaktionen der Individuen kanalisieren. In diesem Kontext wird eine Rolle durch ein Set an Verhaltensnormen determiniert, das für eine bestimmte soziale Stellung oder Funktion gilt. Die Rollentheorie analysiert insbesondere, wie Rollen erlernt und vermittelt werden, wie sie von Individuen angenommen werden.
SystemtheorieSystemtheorie:
Die Systemtheorie betrachtet Systeme als eine Ansammlung von Komponenten, die miteinander in Beziehung stehen und als Ganzes wirken. Ihr Gegenstand ist die Untersuchung von Systemen und ihrer Eigenschaften, d. h., sie analysiert, wie Systeme auf äußere Einflüsse reagieren und wie sie sich im Laufe der Zeit verändern.
StrukturalismusStrukturalismus:
Kennzeichen des Strukturalismus ist die Omnipräsenz von Strukturen, die eine verhaltenssteuernde Wirkung entfalten. Das Erkenntnisziel des Strukturalismus ist es daher, diese Strukturen zu identifizieren und herauszufinden, wie diese aufeinander abgestimmt sind und wie sie das Verhalten von Individuen oder anderen Akteuren beeinflussen.
Theory of Strength of Weak TiesTheory of Strength of Weak Ties:
Kern dieses soziologischen Ansatzes ist die Bedeutung schwacher Beziehungen in sozialen Netzwerken für die Verbreitung von Informationen und die Förderung von Chancen. Schwache Beziehungen sind nach Mark S. Granovetter (1973), dem Protagonisten dieses Ansatzes, Beziehungen, die lose und selten interagieren. Demgegenüber zeichnen sich starke Beziehungen durch eine enge und häufige Interaktion aus. Nach Granovetter spielen schwache Beziehungen jedoch eine wichtige Rolle bei der Überbrückung sozialer Trennungen und der Verbindung von Individuen, die in verschiedenen sozialen Kreisen verwurzelt sind.
Structural HolesStructural Holes:
Mit Structural Holes bezeichnet Ronald S. Burt (1992) Lücken oder Löcher in sozialen Netzwerken, die für Akteure zu einem einzigartigen Zugang zu Informationen und Ressourcen führen, die ihnen ansonsten verschlossen blieben. Diese Löcher entstehen, wenn Individuen in einem Netzwerk keine direkten Beziehungen zu bestimmten anderen Individuen oder Gruppen haben. Sie ermöglichen es Individuen, als Vermittler von Informationen und Ressourcen zu fungieren und so einen Wettbewerbsvorteil zu erlangen.
Actor Network TheoryActor Network Theory:
Dieser Ansatz, der auf Arbeiten von Bruno Latour (Latour & Woolgar, 1979) und Michel Callon (Callon, 1990) zurückgeht, analysiert die Beziehungen zwischen Akteuren und Technologien und fragt danach, wie diese Beziehungen die Entstehung und Entwicklung von sozialen Systemen beeinflussen. Dabei werden Technologien nicht als passive Instrumente betrachtet, sondern als aktive – gleichberechtigte – Akteure in sozialen Interaktionen.
Die Actor Network Theory stellt ein wertvolles Instrumentarium zur Analyse des Verhältnisses zwischen verschiedenen Akteuren in der Sportbranche dar. Damit lassen sich die Machtverhältnisse und Abhängigkeiten zwischen diesen Akteuren erfassen und untersuchen, was wiederum Kern der Sport Governance ist. So kann beispielweise mittels der Actor Network Theory die Stärke und die Art der Beziehungen zwischen den Akteuren in der Sportbranche und der Einfluss von Key-Akteuren (z. B. Sponsoren oder Fans) auf Entscheidungen von Sportorganisationen analysiert werden. Ein weiteres Anwendungsfeld stellt die Analyse der Muster von Kooperation und Konkurrenz im intra- oder interorganisationalen Bereich dar.
Die Resource Dependency Theory geht im Wesentlichen auf Arbeiten von Jeffrey Pfeffer und Gerald R. Salancik (1978) zurück und beschreibt die Abhängigkeit einer Organisation von externen Ressourcen sowie deren Einfluss auf das Verhalten dieser Organisation. Dabei wird herausgearbeitet, dass die Fähigkeit, diese Ressourcen zu kontrollieren, zu nutzen und den Konkurrenten den Zugriff darauf zu verwehren, ein wichtiger Faktor für die Überlebensfähigkeit und den Erfolg einer Organisation ist. Im Wesentlichen basiert damit die Resource Dependency Theory auf den folgenden Annahmen:
Eine Organisation hängt von RessourcenRessourcen ab.
Diese entstammen dem Umfeld der Organisation, das wiederum von anderen Organisationen beeinflusst und kontrolliert wird.
Ressourcen sind Grundlagen von Macht; Macht und Ressourcenabhängigkeit sind direkt miteinander verknüpft.
MachtMacht ist daher relational und situationsabhängig.
Die Art der Ressourcen und die Ausgestaltung des Zugangs haben wiederum maßgebliche Auswirkungen auf folgende Aspekte:
Die Handlungsalternativen der Organisation auf strategischer und auf taktischer Ebene,
die optimale Aufbaustruktur der Organisation,
die Rekrutierung von Mitgliedern des Leitungsgremiums und von Mitarbeitern,
die Produktionsstrategie,
die Vertragsstrukturen sowie
die Beziehungen zu anderen Organisationen.
Nach Pfeffer und Salancik (1978) haben Organisationen die Möglichkeit, auf die Abhängigkeit von Ressourcen mit den folgenden Maßnahmen zu reagieren:
Fusionen und vertikale Integration: Fusionen
Organisationen können sich mit anderen Organisationen verschmelzen oder andere Organisationen erwerben, die wesentliche Ressourcen kontrollieren.
Joint VenturesJoint Ventures und andere interorganisationale Beziehungen (wie etwa Strategische Allianzen und Vereinbarungen im Bereich Forschung und Entwicklung):
So bieten sich diese Kooperationsformen zwischen Organisationen an, um Zugriff auf die für eine Organisation notwendigen Ressourcen zu erlangen.
Die Ausgestaltung und der Umfang des Leitungsgremiums:
Die Mitglieder des Leitungsgremiums bereichern die Organisation um a) Informationen in Form von Ratschlägen und Beratung, b) Zugang zu den Informationskanälen zwischen der Organisation und der Außenwelt, c) bevorzugten Zugang zu Ressourcen und d) Legitimität.
Politische Interventionpolitische Intervention:
Organisationen können etwa durch politische Intervention versuchen, ihre rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen zu ihrem Vorteil zu beeinflussen.
Führungswechsel:
Organisationen können auf Veränderungen der Rahmenbedingungen mit dem Austausch des Führungspersonals reagieren.
Mit der Resource Dependency TheoryResource Dependency Theory lässt sich analysieren, von welchen Ressourcen Sportorganisationen abhängen und wie diese Faktoren die strategischen, taktischen und operativen Entscheidungen der Organisation beeinflussen. Zu den wichtigen Ressourcen, auf die Sportorganisationen angewiesen sein können, zählen (Wicker, 2017, S. 71 ff.):
Finanzielle RessourcenRessourcen:
Einnahmen aus SponsoringSponsoren, Ticketverkäufen, Medienrechten, Mitgliedsbeiträgen usw.
PersonalPersonal:
Spieler, Trainer, Mitarbeiter und Funktionäre,
InfrastrukturInfrastruktur:
Stadien, Trainingsanlagen, Büros usw., sowie
die Reputation und die MarkeMarke
also die öffentliche Wahrnehmung und das Ansehen der Organisation.
Nach der Resource Dependency Theory können Sportorganisationen aufgrund ihrer Abhängigkeit von diesen und anderen Ressourcen gezwungen sein, bestimmte Entscheidungen zu treffen und bestimmte Handlungen zu unternehmen, um den Zugang zu diesen Ressourcen abzusichern. Daher kann die Anwendung der Theorie dazu beitragen, das Verständnis für die strategischen Herausforderungen und Entscheidungen zu verbessern, mit denen Sportorganisationen konfrontiert sind.
Gegenstand der Institutional Theory ist die Analyse der Entwicklung und Funktionsweise von Institutionen und Organisationen in sozialen Kontexten. Dabei liegt ein Schwergewicht darauf, wie Institutionen entstehen und wie sie das Verhalten und die Entscheidungsfindung von Individuen und innerhalb von Organisationen beeinflussen.
Der Begriff InstitutionInstitution wird dabei teilweise sehr unterschiedlich definiert (North, 1991; Ostrom, 1986). Zum einen werden damit Formen von Regeln verstanden, die das Handeln der Individuen kanalisieren und damit die transaktionale Komplexität reduzieren, wodurch die Erwartungen der Akteure in Austauschbeziehungen jeder Art stabilisiert werden. Picot et al. (2020, S. 40) sprechen in diesem Zusammenhang von „sanktionierbare[n] Erwartungen, die sich auf die Verhaltensweisen eines oder mehrerer Individuen beziehen“. Zum anderen steht der Institutionsbegriff in engem Zusammenhang mit der Organisation.
Institutionen im Sinne verhaltenssteuernder Regeln können unterschiedlich klassifiziert werden:
Zum einen kann zwischen expliziten und impliziten Institutionen unterschieden werden. Bei ersteren handelt es sich um formelle Regeln und Vereinbarungen, die kodifiziert und damit weitgehend bekannt sind. Im Wesentlichen werden unter dem Begriff explizite Institutionen Gesetze, Verträge und kodifizierte Verfahren verstanden. Implizite Institutionen sind dagegen ungeschriebene Regeln bzw. Verhaltensnormen, die von den Mitgliedern einer Gruppe geteilt und befolgt werden, z. B. eine gemeinsame Sprache oder Weltanschauung (hierzu Erlei et al., 2016).
Weiterhin können Institutionen hierarchisch gegliedert werden: Picot et al. (2020) zählen etwa zu den fundamentalen Institutionen die Menschenrechte, allgemeine Grundregeln und -normen wie Handelsbräuche oder Berufstraditionen, die Sprache sowie das Geld. Zu den abgeleiteten Institutionen gehören Gesetze, Verträge und organisatorische Regelungen, die selbst wieder den Rahmen für weiter abgeleitete Institutionen bilden.
Die Institutional TheoryInstitutional Theory ist wiederum in verschiedene Spielarten, die unterschiedliche Perspektiven bemühen, ausdifferenziert:
Der amerikanische InstitutionalismusInstitutionalismus geht auf Arbeiten von Thorstein Veblen, John Roger Commons und Clarence Edwin Ayres zurück und entwickelt Erkenntnisse der Deutschen Historischen Schule weiter (siehe hierzu Erlei, Leschke & Sauerland, 2016). Dieser Ansatz thematisiert, wie politische, rechtliche und soziale Institutionen wirtschaftliche Entscheidungen und Verhaltensweisen von Individuen und Unternehmen beeinflussen. Der amerikanische Institutionalismus betont, dass die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen, die durch soziale und politische Institutionen geschaffen werden, eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung des Marktes spielen. Dabei wird der Markt nicht als ein selbsterhaltendes Koordinationssystem betrachtet, sondern es wird davon ausgegangen, dass politische und rechtliche Regulierungen zu dessen Konstitution erforderlich sind. Der amerikanische Institutionalismus betont daher die Bedeutung sozialer und politischer Institutionen für die wirtschaftlichen Aktivitäten der Individuen und Gruppen und verfolgt einen interdisziplinären Ansatz, der die Wirtschaft in ihrer Beziehung zur Gesellschaft und Politik untersucht.
Die New Institutional EconomicsNew Institutional Economics stellt eine Weiterentwicklung der neoklassischen, auf dem Paradigma des homo oeconomicus fußenden Ökonomie dar, indem sie von einer begrenzten Informationsausstattung der handelnden Akteure ausgeht (als Überblick siehe Richter & Furubotn, 2010). Transaktionen implizieren damit Transaktionskosten, die der von vollständiger Information ausgehenden Neoklassik unbekannt sind. Die New Institutional Economics bemüht Grundlagen des amerikanischen Institutionalismus, geht aber weit über diesen hinaus, indem sie die Rolle institutioneller Rahmenbedingungen, wie Gesetze, Regulierungen und nicht-kodifizierte Verhaltensnormen, bei der Schaffung von Anreizen für wirtschaftliches Verhalten in den Mittelpunkt stellt. Die New Institutional Economics geht davon aus, dass die Effizienz und Stabilität von Märkten durch institutionelle Faktoren wie Rechtssicherheit, den Schutz privater Verfügungsrechte und Transparenz verbessert werden kann.
Der New Sociological InstitutionalismNew Sociological Institutionalism