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Seit Jahren wächst der Wettbewerbsdruck auf öffentliche Apotheken – besonders durch den zunehmenden Online-Handel mit Medikamenten. Das konsequente Anwenden betriebswirtschaftlicher Methoden kann Apothekerinnen und Apothekern dabei helfen, sich unter den gegebenen Rahmenbedingungen trotzdem erfolgreich auf dem Markt zu behaupten. Frank Daumann und Lev Esipovich bieten hierfür das notwendige Handwerkszeug: Sie vermitteln praxisnah und leicht verständlich die Grundlagen der Kostenrechnung und zeigen die Charakteristika der Voll- und Teilkostenrechnung auf. Zahlreiche Abbildungen und Fallbeispiele helfen beim Verständnis. Durch Kontrollfragen lässt sich das Erlernte auf einfache Art und Weise festigen. Das Buch richtet sich gleichermaßen an Studierende und Praktiker*innen.
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Prof. Dr. Frank Daumann ist Inhaber des Lehrstuhls für Sport- und Gesundheitsökonomie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena.
Dr. Lev Esipovich ist Lehrkraft für besondere Aufgaben am Lehrstuhl für Sport- und Gesundheitsökonomie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena.
Frank Daumann | Lev Esipovich
Grundlagen, Methoden und Fallbeispiele
Einbandmotiv: iStockphoto, © Pornpak Khunatorn
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.
1. Auflage 2020
© UVK Verlag 2020
– ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen
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Internet: www.narr.de
eMail: [email protected]
CPI books GmbH, Leck
ISBN 978-3-7398-3068-1 (Print)
ISBN 978-3-7398-8068-6 (ePDF)
ISBN 978-3-7398-0021-9 (ePub)
Frank Daumann:Meinen Eltern, Erika und Heinrich (†), gewidmet.
Die öffentliche Apotheke als Handels- und als Produktionsbetrieb gerät zunehmend in das Spannungsfeld zweier säkularer Entwicklungen: Zum einen führt das Internet zu einer höheren Markttransparenz – Preisunterschiede werden in kürzester Zeit aufgedeckt – und es ermöglicht neue Angebotsformen (Stichwort: Online-Handel). Zum anderen erhöhen sich regelmäßig die Ausgaben des Gesundheitssystems und der Gesetzgeber sieht sich laufend gezwungen, durch neue staatliche Interventionen dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten. Auch die Apotheke als maßgeblicher Vertriebsweg von Arzneimitteln wird sich diesen Eingriffen nicht entziehen können.
Der dadurch zunehmende Wettbewerb bedeutet jedoch, dass erhöhte Anstrengungen unternommen werden müssen, um bisherige Marktpositionen zu erhalten und um Verbesserungen zu erzielen. Damit sind wiederum Gefahren, aber auch Chancen verbunden. Diese Situation macht es erforderlich, die vorhandenen betriebswirtschaftlichen Instrumentarien effizient zu nutzen und damit die sich abzeichnenden Gefahren zu erkennen und in Erfolge umzuwidmen.
Maßgeblichen Stellenwert kommt in diesem Zusammenhang der Analyse der Kosten des betrieblichen Geschehens zu. Dies leistet die Kostenrechnung. Da die Apotheke als Kombination eines Handels- mit einem Produktionsbetrieb – wenngleich das Produktionselement durch Fertigarzneimittel immer weiter zurückgedrängt wird – besondere Strukturelemente aufweist, lassen sich die Kostenrechnungselemente eines Industriebetriebes nicht ohne entsprechende Adaption auf sie übertragen.
Vor diesem Hintergrund ist nun dieses Buch zu bewerten: Es hat das Ziel, speziell für die Apotheke die Grundlagen der Kostenrechnung anhand praxisnaher Beispiele vorzustellen. Damit liegt das Schwergewicht jedoch nicht darauf, Patentrezepte für individuelle Problemstrukturen etwa in Form eines Entscheidungsbaums zu präsentieren. Vielmehr soll der Leser in die Problematik der Kostenrechnung theoriegeleitet eingeführt und mit ihren Grundprinzipien vertraut gemacht werden. Ausgehend davon werden Möglichkeiten des Einsatzes des Kostenrechnungsinstrumentariums für die Apotheke aufgezeigt. Das übergeordnete Ziel dabei ist, dem Leser die „Denkart“ der Kostenrechnung nahezubringen, sodass er nach der Lektüre dieses Buches in der Lage ist, betriebsspezifische Problemstellungen selbst zu lösen.
Zum Verständnis des Buches sind minimale Vorkenntnisse der Betriebswirtschaftslehre notwendig, über die jedoch jeder Pharmazeut verfügt.
Zur Entstehung dieses Buches haben besonders Frau Apothekerin Ursula Jakob, Herr Apotheker Michael Bechert, Herr Apotheker Tobias Brandl, Herr Apotheker Claus Pöhlmann und Herr Dr. med. Christian Kasper beigetragen. Ihnen gilt unser besonderer Dank. Dank gebührt Frau Lana Passon für die Durchsicht des Manuskripts sowie den hilfsbereiten Damen der Bibliothek der Hochschule Hof, die einen effizienten Zugriff auf die einschlägige Literatur ermöglichten.
Wir wünschen dem geneigten Leser viel Freude bei der Lektüre und freuen uns über entsprechende Anregungen.
Jena, im Sommer 2020
Frank Daumann und Lev Esipovich
Vorwort
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1Einführung
2Die öffentliche Apotheke und ihre Rahmenbedingungen
3Rechnungswesen in der öffentlichen Apotheke
3.1Externes und internes Rechnungswesen in der Apotheke
3.1.1Externes Rechnungswesen
3.1.2Internes Rechnungswesen
3.2Funktionen der Kostenrechnung in der Apotheke
3.3Zusammenfassung des Kapitels
Literaturempfehlungen
4Grundlagen der Kostenrechnung
4.1Begriff und Merkmale der Kostenrechnung
4.2Grundbegriffe der Kostenrechnung
4.2.1Aufwand und Ertrag
4.2.2Kosten und Leistungen
4.2.3Neutraler Aufwand
4.2.4Zweckaufwand und Grundkosten
4.2.5Kalkulatorische Kosten
4.2.6Neutraler Ertrag
4.2.7Zweckertrag und Grundleistungen
4.2.8Kalkulatorische Leistungen
4.3Gliederung der Kosten
4.3.1Einzelkosten und Gemeinkosten
4.3.2Variable und fixe Kosten
4.4Kostenfunktion
4.5Prinzipien der Kostenrechnung
4.5.1Verursachungsprinzip
4.5.2Proportionalitätsprinzip
4.5.3Durchschnittsprinzip
4.5.4Tragfähigkeitsprinzip
4.6Allgemeiner Ablauf der Kostenrechnung
4.7Betriebsabrechnungsbogen
4.8Systeme der Kostenrechnung
4.8.1Ist-, Normal- und Plankostenrechnung
4.8.2Voll- und Teilkostenrechnung
4.9Zusammenfassung des Kapitels
Literaturempfehlungen
5Vollkostenrechnung in der Apotheke
5.1Kostenartenrechnung in der Apotheke
5.1.1Kostenerfassung
5.1.2Kosteneinteilung nach Kostenarten
5.1.2.1Personalkosten
5.1.2.2Materialkosten
Ermittlung der Materialkosten
5.1.2.3Kalkulatorische Kosten
5.1.2.4Sachkosten
5.1.2.5Kosten für fremde Dienstleistungen
5.1.2.6Sonstige Kosten
5.1.3Aufteilung der Kosten nach Einzel- und Gemeinkosten
5.1.4Zusammenfassung: Kostenartenrechnung in der Apotheke
5.2Kostenstellenrechnung in der Apotheke
5.2.1Gliederung von Kostenstellen
5.2.2Ablauf der Kostenstellenrechnung
5.2.3Verfahren zur innerbetrieblichen Leistungsverrechnung
5.2.3.1Kostenschlüssel
5.2.3.2Anbauverfahren
5.2.3.3Kostenstellenausgleichsverfahren
5.2.4Zusammenfassung: Kostenstellenrechnung in der Apotheke
5.3Kostenträgerrechnung in der Apotheke
5.3.1Kostenträger in der Apotheke
5.3.2Kostenträgerstückrechnung
5.3.3Kostenträgerzeitrechnung
5.3.4Zusammenfassung: Kostenträgerrechnung in der Apotheke
5.4Auswertung der Vollkostenrechnung
5.4.1Allgemeine Auswertungen mit Kennzahlen
5.4.2Wirtschaftlichkeitskontrolle in den Kostenstellen
5.5Probleme und Defizite der Vollkostenrechnung
5.6Anwendungsbeispiel für die Vollkostenrechnung
Literaturempfehlungen
6Teilkostenrechnung in der Apotheke
6.1Grundlagen der Teilkostenrechnung
6.2Deckungsbeitragsrechnung im Rahmen der Erfolgsrechnung
6.2.1Einstufige Deckungsbeitragsrechnung (Direct Costing)
6.2.2Mehrstufige Deckungsbeitragsrechnung
6.3Break-Even-Analyse in der Apotheke
6.3.1Grundlagen der Break-Even-Analyse
6.3.2Ansatz der Break-Even-Analyse im Kontext der Apotheke
6.4Zusammenfassung des Kapitels
Literaturempfehlungen
7Sonderprobleme der Kostenrechnung in der Apotheke
7.1Mehrbesitz und Kostenrechnung
7.2Versandhandel
7.3Zusammenfassung
Literaturempfehlungen
Quellenverzeichnis
Stichwortverzeichnis
Abb. 1Umsatzstruktur öffentlicher Apotheken im Jahre 2018
Abb. 2Rechnungswesen in der öffentlichen Apotheke
Abb. 3Adressaten des externen Rechnungswesens in der Apotheke
Abb. 4Adressaten des internen Rechnungswesens der Apotheke
Abb. 5Funktionen der Kostenrechnung in der Apotheke
Abb. 6Abgrenzung zwischen Aufwand und Kosten
Abb. 7Arten von kalkulatorischen Kosten
Abb. 8Abgrenzung zwischen Ertrag und Leistung
Abb. 9Verhältnis zwischen Einzel- und Gemeinkosten sowie variablen und fixen Kosten
Abb. 10Kostenauflösung nach dem mathematischen und statistischen Verfahren
Abb. 11Kostenfunktion beim linearen Kostenverlauf
Abb. 12Schematischer Ablauf der Kostenrechnung
Abb. 13Kostenrechnungssysteme
Abb. 14Aufgabenbereiche der Plankostenrechnung
Abb. 15Ablauf der Kostenartenrechnung
Abb. 16Kostenerfassung
Abb. 17Lohnformen
Abb. 18Abschreibung in der Apotheke.
Abb. 19Abschreibungsmethoden.
Abb. 20Graphische Darstellung der Abschreibungsmethoden
Abb. 21Faktoren für die Bestimmung des kalkulatorischen Mischkapitalzinses
Abb. 22Betriebliche Risiken und kalkulatorische Wagniskosten
Abb. 23Kalkulatorische Personalkosten in der Apotheke
Abb. 24Allgemeiner Ablauf der Kostenstellenrechnung
Abb. 25Beziehungen zwischen Vor- und Endkostenstellen.
Abb. 26Graphische Darstellung des Stufenleiterverfahrens
Abb. 27Formen der Kostenträgerrechnung.
Abb. 28Kalkulationsverfahren
Abb. 29Vergleich des Umsatz- und Gesamtkostenverfahrens.
Abb. 30Entwicklung des Wareneinsatzes im Verhältnis zum Umsatz
Abb. 31Entwicklung der Personalkosten im Verhältnis zu Umsatz und Rohgewinn.
Abb. 32Fixkostenproportionalisierung.
Abb. 33Prinzipien der Kostenverrechnung bei Teil- und Vollkostenrechnung
Abb. 34Betriebsabrechnungsbogen bei der Teilkostenrechnung.
Abb. 35Allgemeine Vorgehensweise im Rahmen der mehrstufigen Deckungsbeitragsrechnung
Abb. 36Graphische Darstellung der Break-Even-Analyse.
Abb. 37Break-Even-Analyse in der Apotheke
Tab. 1Merkmale des wertmäßigen Kostenbegriffs
Tab. 2Betriebsabrechnungsbogen
Tab. 3Merkmale der Ist-, Normal- und Plankosten
Tab. 4Gliederung der Kosten
Tab. 5Vergleich zwischen kalkulatorischer und bilanzieller Abschreibung
Tab. 6Steuerliche Nutzungsdauern von typischen Wirtschaftsgütern in der Apotheke.
Tab. 7Vergleich linearer, arithmetisch- und geometrisch-degressiver Abschreibungsart
Tab. 8Aktivseite in der Apothekenbilanz
Tab. 9Bewertung des betriebsnotwendigen Vermögens
Tab. 10Gewerbe-Mietspiegel 2018, Stadt Meißen
Tab. 11Arten der innerbetrieblichen Leistungsbeziehung
Tab. 12Kostenstellengliederung in der Apotheke
Tab. 13Kostenstellengliederung einer großen Apotheke mit Filialen
Tab. 14Kostenstellengliederung einer kleinen Apotheke
Tab. 15Kostenschlüsselkategorien in der Apotheke
Tab. 16Anwendung des Anbauverfahrens in der Apotheke
Tab. 17Anwendung des Stufenleiterverfahrens in der Apotheke
Tab. 18Anwendung des Gleichungsverfahrens in der Apotheke
Tab. 19Mögliche Kostenträger in einer Apotheke
Tab. 20Ergebnisberechnung in der Apotheke nach dem Umsatzkostenverfahren
Tab. 21Wirtschaftlichkeitsanalyse in den Kostenstellen der Burg-Apotheke
Tab. 22Verteilung der Personalkosten auf die Kostenstellen der Rats-Apotheke.
Tab. 23Verteilung der kalkulatorischen Abschreibungen auf die Kostenstellen der Rats-Apotheke.
Tab. 24Verteilung der kalkulatorischen Zinsen auf die Kostenstellen der Rats-Apotheke
Tab. 25Verteilung der sonstigen kalkulatorischen Kosten auf die Kostenstellen der Rats-Apotheke
Tab. 26Verteilung der Sachkosten auf die Kostenstellen der Rats-Apotheke
Tab. 27Verteilung der Kosten für fremde Dienstleistungen auf die Kostenstellen der Rats-Apotheke.
Tab. 28Verteilung der sonstigen Kosten auf die Kostenstellen der Rats-Apotheke.
Tab. 29Verteilung der Gemeinkosten.
Tab. 30Inanspruchnahme des Facility Managements und des Fuhrparks.
Tab. 31Durchführung der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung.
Tab. 32Berechnung der Abweichungen
Tab. 33Berechnung von Selbstkosten und Listenverkaufspreis
Tab. 34Fixkostenhierarchien in einer Apotheke
Tab. 35Anwendung der mehrstufigen Deckungsbeitragsrechnung in der Apotheke
Tab. 36Modifizierte einstufige Deckungsbeitragsrechnung für eine Filialapotheke als Profit-Center.
A
Aufwand
ABM
Arbeitsbeschaffungsmaßnahme
AfA
Absetzung für Abnutzungen
AO
Abgabenordnung
B
Basiswert
BAB
Betriebsabrechnungsbogen
BE
Betriebsergebnis
BEP
Break-Even-Point
BGB
Bürgerliches Gesetzbuch
BGW
Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege
BNK
betriebsnotwendiges Kapital
BNV
betriebsnotwendiges Vermögen
D
Degressionsbetrag
DB
Deckungsbeitrag
EDV
elektronische Datenverarbeitung
Eg
Ertrag
EK
Endkostenstelle
Es
Erlös
EStDV
Einkommensteuer-Durchführungsverordnung
EStG
Einkommensteuergesetz
EU
Europäische Union
EÜR
Einnahmen-Überschuss-Rechnung
EUR
Euro
GK
Gemeinkosten
GKV
Gesamtkostenverfahren
HGB
Handelsgesetzbuch
IHK
Industrie- und Handelskammer
ILV
innerbetriebliche Leistungsverrechnung
K
Kosten
Kap.
Kapitel
Kfix
Fixkosten
KTr
Kostenträger
kv
variable Kosten (pro Mengeneinheit)
Kv
variable Kosten (gesamt)
LAK
Landesapothekerkammer
LAV
Landesapothekerverband
ND
Nutzungsdauer
QM
Qualitätsmanagement
RW
Restwert
U
Umsatz
UKV
Umsatzkostenverfahren
UStG
Umsatzsteuergesetz
var
variabel
VK
Vorkostenstelle
Die Apotheken nehmen eine Schlüsselstellung im deutschen Gesundheitswesen ein, da ihnen „die im öffentlichen Interesse gebotene Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung“ (§ 1 Abs. 1 ApoG) obliegt. Die Apotheke übt vor diesem Hintergrund die folgenden Aufgaben aus:
die Produktion von Arzneimitteln,
die Abgabe von Arzneimitteln und Medizinprodukten an die Patienten (Handel) und
die Aufklärung der Patienten über Nebenwirkungen und mögliche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten (Beratung).
Daneben vertreibt die Apotheke „apothekenübliche Artikel“ wie Nahrungsergänzungsmittel, kosmetische Erzeugnisse und andere Waren mit gesundheitsförderndem Bezug.
Die konstitutive Einbindung der Apotheke in das Gesundheitswesen und ihre Stellung als Handels- und Produktionsbetrieb verorten die Apotheke im Schnittpunkt mehrerer säkularer Einwicklungen:
Die Nutzung von Skaleneffekten und der Fixkostendegression: Diese produktionstechnischen Besonderheiten sowie zunehmende Regulierungen und die Intensivierung des Preiswettbewerbs führen zu einer Konzentration bei der Produktion. Im Bereich der Apotheke wird dies durch ein verstärktes Zurückdrängen des produzierenden Elements deutlich; der Vertrieb von Fertigarzneimitteln überwiegt in der Durchschnittsapotheke die Produktion von Arzneimitteln bei weitem.
Das Internet zieht zum einen eine verstärkte Markttransparenz sowohl für den Kunden bzw. Patienten als auch für den Mitwettbewerber nach sich. D. h., dass sich die Preissetzungsspielräume in den Bereichen, in denen die Preise frei gebildet werden können, sukzessive verengen. Zum anderen ist das Internet das Fundament für neue Geschäftsmodelle, von denen eine Intensivierung des Wettbewerbs insbesondere im Einzelhandel ausgeht. Die Internetapotheke wird damit zu einem omnipräsenten und effektiven Wettbewerber der stationären Apotheke.
Der technische Fortschritt im Gesundheitswesen erweitert die medizinischen Handlungsoptionen erheblich. Dieser Sachverhalt führt zusammen mit der demographischen Entwicklung zu einer zunehmenden Einengung der finanziellen Spielräume im Gesundheitswesen. Der deutsche Gesetzgeber hat darauf seit Mitte der 1970er-Jahre mit einer Fülle von Kostensenkungsgesetzen reagiert, ohne der Entwicklung Herr werden zu können.
Dies sind die groben Entwicklungstendenzen, mit denen sich der Arzneimittelmarkt und damit die stationäre Apothekenlandschaft konfrontiert sehen. Vor diesem Hintergrund wird es für die stationäre Apotheke zunehmend wichtiger, die Organisation effizient zu gestalten sowie Geschäfts- und Arbeitsprozesse hinsichtlich ihrer Wirtschaftlichkeit zu prüfen.
Ein effizientes Management der vorhandenen Ressourcen setzt jedoch entsprechende Informationen voraus, die nur eine Kostenrechnung liefern kann: Sie verschafft die notwendige Datengrundlage zur Erhöhung der Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit der Apotheke, stellt eine verursachungsgerechte Kalkulation der Leistungsangebote sicher und schafft Transparenz über die tatsächlichen Kosten des Produkt- und Leistungsangebots.
Trotz ihrer großen Bedeutung für das Apothekenmanagement ist die Kostenrechnung in vielen Apotheken noch kaum verbreitet. Vielfach begnügen sich Apotheker mit den Informationen, die sie aus dem Jahresabschluss oder aus der betriebswirtschaftlichen Auswertung im Zusammenhang mit der durch den Steuerberater durchgeführten Buchführung erhalten.
Da sich keine Werke identifizieren lassen, die sich mit den Besonderheiten der Kostenrechnung von Apotheken auseinandersetzen, soll das vorliegende Buch diese Lücke schließen und die Einsatzmöglichkeiten der Kostenrechnung in Apotheken umfangreich und detailliert erläutern. Dabei wird das Konzept der Kostenrechnung Schritt für Schritt entwickelt, sodass der Leser auf diese Weise einen detaillierten Einblick in die kostenrechnerischen Grundlagen sowie spezifischen Instrumente bekommt, die in der Apotheke angewandt werden können.
Insbesondere hat dieses Buch die folgenden Ziele: Es soll
einen verständlichen Einblick in die Grundprinzipien der Kostenrechnung und Kostensteuerung geben,
die einschlägigen Begrifflichkeiten vermitteln,
die theoretischen Grundzusammenhänge erläutern,
die Verwertbarkeit des Instrumentariums für die Apotheke aufzeigen sowie
Ansatzpunkte für die Lösung individueller Problemlagen vermitteln.
Die öffentliche Apotheke agiert auf einem Markt, der sich durch eine Vielzahl von Regulierungen auszeichnet. Dazu gehören zuvorderst die folgenden gesetzlichen Normen:
Gesetz über das Apothekenwesen (Apothekengesetz – ApoG)
Verordnung über den Betrieb von Apotheken (Apothekenbetriebsordnung – ApBetrO)
Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV)
Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln (Arzneimittelgesetz – AMG)
Gesetz zum Schutz vor gefährlichen Stoffen (Chemikaliengesetz – ChemG)
Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln (Betäubungsmittelgesetz – BtMG)
Dabei zeichnet sich der Handlungsspielraum der öffentlichen Apotheke durch die folgenden wesentlichen Charakteristika aus:
Niederlassungsfreiheit: Die öffentliche Apotheke unterliegt nicht einer räumlichen Niederlassungsbeschränkung wie dies etwa bei ambulant tätigen Ärzten der Fall sein kann.
Öffentliche Aufgabe (§1 Abs. 1 ApoG): Die Apotheke erfüllt eine öffentliche Aufgabe, nämlich die ordnungsgemäße Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln.
Fremdbesitzverbot (§ 2 Abs. 1 i. V. m. §§ 7 und 8 ApoG): Die Apotheke muss durch einen oder mehrere Apotheker betrieben werden.
Persönliche Leitung (§ 7 ApoG): Der Apotheker ist verpflichtet, die Apotheke persönlich zu leiten. Er kann also beispielsweise keinen Fremdgeschäftsführer mit dieser Aufgabe betrauen.
Eingeschränktes Mehrbesitzverbot (§ 1 Abs. 2 ApoG): Der Apotheker kann neben seiner Hauptapotheke maximal drei Filialapotheken betreiben, die wiederum in räumlicher Nähe der Hauptapotheke liegen müssen (§ 2 Abs. 4 (2) ApoG). Die Etablierung von Apothekenketten, wie sie beispielsweise aus den USA und dem Vereinigten Königreich bekannt sind, ist also mit dieser Regelung – zumindest bis dato – nicht vereinbar.
Eingeschränkte Rechtsformwahl (§ 8 ApoG): Betreibt der Apotheker die Apotheke allein, ist diese in Form eines Einzelunternehmens zu führen. Mehrere Apotheker können eine Apotheke als BGB-Gesellschaft oder als oHG betreiben. Insbesondere sind haftungsbeschränkende Rechtsformen für die Apotheke nicht gestattet.
Durch die Apothekenbetriebsordnung werden Vorgaben bezüglich der Ausstattung der Apotheke, der Lagerhaltung, des Personals und des Labors konstituiert. Weiterhin beinhalten das Arzneimittel-, das Chemikalien- und das Betäubungsmittelgesetz umfangreiche Vorgaben hinsichtlich der Handhabung von Arzneimitteln und Reagenzien.
Das Arzneimittelgesetz systematisiert zudem das Hauptprodukt der Apotheke. So wird zwischen den folgenden Arzneimittelkategorien unterschieden:
Apothekenpflichtige Arzneimittel: Für diese Arzneimittel besteht eine Vertriebswegebindung über die Apotheke. Dabei können wiederum verschreibungspflichtige (§ 48 AMG) – sog. Rx-Präparate – und nicht verschreibungspflichtige (einfache apothekenpflichtige) Arzneimittel – sog. OTC-Präparate – unterschieden werden.
Freiverkäufliche Arzneimittel: Diese Arzneimittel unterliegen nicht der Apothekenbindung. Ihr Verkauf an Verbraucher ist jedoch ebenfalls reguliert (§ 50 AMG).
Die Arzneimittelpreisverordnung schränkt den Einsatz des Aktionsparameters Preis für die Apotheke erheblich ein: Während im OTC-Bereich und bei freiverkäuflichen Arzneimitteln der Preis durch die Apotheke frei gesetzt werden kann, unterliegen verschreibungspflichtige Arzneimittel einer Preisbindung der zweiten Hand. Bei Fertigarzneimitteln erfolgt auf dem Herstellerabgabepreis inkl. Großhandelszuschlag (= Apothekeneinkaufspreis) auf Ebene der Apotheke ein 3 %-iger Zuschlag sowie eine fixe Pauschale von 8,35 Euro und ein zusätzlicher Betrag von 0,21 Euro zur Förderung der Sicherstellung des Notdienstes. Auf diesen Netto-Apothekenverkaufspreis wird die MwSt i. H. v. 19 % aufgeschlagen, woraus sich der Brutto-Apothekenverkaufspreis ergibt. Bei Arzneimitteln, die an Patienten der Gesetzlichen Krankenkassen abgegeben werden, wird eine gesetzliche Zuzahlung der Versicherten erhoben (10 % auf den Brutto-Apothekenverkaufspreis, jedoch mindestens 5 Euro und höchstens 10 Euro) und den Kassen ein Apothekenabschlag von 1,77 Euro gewährt. Bei Rezepturen wird auf den Apothekeneinkaufspreis für die Stoffe (Wirkstoff, Grundlage etc.) und die Verpackung ein Festzuschlag von 90 % erhoben. Dazu wird ein Rezepturzuschlag für die Herstellung (für Tees und Lösungen bis 300 Gramm 3,50 Euro, für Salben bis 200 Gramm 6 Euro und für Kapseln bis 12 Stück 8 Euro) und ein Fixentgelt von 8,50 Euro addiert. Auf diesen Netto-Taxpreis wird wiederum die MwSt i. H. v. 19 % aufgeschlagen, sodass sich der Brutto-Taxpreis ergibt. Der GKV-Patient hat hier ebenfalls eine Zuzahlung von 10 % (in den o. g. Grenzen) zu leisten. Zudem erhalten die Gesetzlichen Krankenkassen wiederum einen Apothekenabschlag von 1,77 Euro. Beim Vorliegen von Rabattverträgen zwischen den Krankenkassen und den Arzneimittelherstellern kann es zu Durchbrechungen dieses Preisbildungsschemas kommen.
Wichtig in diesem Zusammenhang ist schließlich, dass der Bewerbung von Arzneimitteln durch die Apotheke enge Grenzen gesetzt sind. So darf die Apotheke nicht für verschreibungspflichtige Arzneimittel werben. Werbung ist hingegen für die Arzneimittel des OTC-Bereichs gestattet.
Von besonderer Bedeutung ist die Einbindung der Apotheke in das Gesundheitswesen. Unabhängig davon, ob der Patient privat oder gesetzlich versichert ist, bedarf er, um aus der Apotheke verschreibungspflichtige Medikamente zu erhalten, eines Rezepts, das i. d. R. der Arzt ausstellt. D. h., der Arzt ist eine Art Gatekeeper für den Rx-Bereich. Der Apotheker hat in diesem Bereich kaum Möglichkeiten, die Nachfrage selbst zu stimulieren. Die finanzielle Abwicklung verläuft bei einem privat versicherten Patienten aufgrund des Kostenerstattungsprinzips direkt, d. h., das entsprechende Arzneimittel muss vom Patienten i. d. R. sofort bezahlt werden. Das GKV-System basiert hingegen auf dem Sachleistungsprinzip, das freilich verwässert wurde: Der gesetzlich versicherte Patient wird allenfalls mit einer Zuzahlung konfrontiert, insofern er nicht davon befreit ist. Den Großteil des Preises erhält der Apotheker direkt von der Gesetzlichen Krankenkasse.
Zum Ende des Jahres 2018 existierten in der Bundesrepublik Deutschland 19.423 öffentliche Apotheken, von denen 14.882 als Haupt- bzw. als Einzelapotheke und 4.541 als Filialen geführt wurden (ABDA, 2019). Dabei zeigte sich in den letzten zehn Jahren ein rückläufiger Trend (Anzahl der öffentlichen Apotheken im Jahre 2008: 21.602). Das Gesamtmarktvolumen, das durch öffentliche Apotheken bedient wird, hatte 2018 eine Größenordnung von 50,76 Mrd. Euro netto.
Dabei macht der Arzneimittelumsatz am Gesamtumsatz etwa 90 % aus (45,87 Mrd. Euro). Der Rest fällt auf das apothekenübliche Ergänzungssortiment (4,88 Mrd. Euro). Vom Arzneimittelumsatz wird ein Großteil (41,04 Mrd. Euro) mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln erzielt.