Sport Governance - Frank Daumann - E-Book

Sport Governance E-Book

Frank Daumann

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  • Herausgeber: UTB
  • Kategorie: Lebensstil
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2024
Beschreibung

Die Presse berichtet regelmäßig von Verfehlungen in großen Sportorganisationen. Ursache hierfür kann eine fehlende Sport Governance sein. Das Buch stellt die Theorie der Sport Governance vor und beschreibt konkret Strukturen sowie rechtliche, regulatorische und ethische Aspekte. Zudem geht es u. a. auf Stakeholding und Compliance ein. Herausforderungen lässt es nicht außer Acht.

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Frank Daumann / Florian Follert / Lev Esipovich / Malte Schurade

Sport Governance

Theorie, Praxis, Herausforderungen

UVK Verlag · München

Dr. Frank Daumann ist Professor für Sportökonomie und Gesundheitsökonomie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena.

Dr. Lev Esipovich ist Lehrkraft für besondere Aufgaben am Lehrstuhl für Sportökonomie und Gesundheitsökonomie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena.

Dr. Florian Follert ist Professor für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere betriebswirtschaftliche Entscheidungslehre, an der Privatuniversität Schloss Seeburg.

Malte Schurade ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Sportökonomie und Gesundheitsökonomie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena.

 

Umschlagabbildung: © demachi · iStock

 

© 2024 • Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KGDischingerweg 5 • D-72070 Tübingen

 

DOI: https://doi.org/10.36198/9783838561929

 

© UVK Verlag 2024— Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KGDischingerweg 5 • D-72070 Tübingen

 

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetztes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

 

Alle Informationen in diesem Buch wurden mit großer Sorgfalt erstellt. Fehler können dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Weder Verlag noch Autor:innen oder Herausgeber:innen übernehmen deshalb eine Gewährleistung für die Korrektheit des Inhaltes und haften nicht für fehlerhafte Angaben und deren Folgen. Diese Publikation enthält gegebenenfalls Links zu externen Inhalten Dritter, auf die weder Verlag noch Autor:innen oder Herausgeber:innen Einfluss haben. Für die Inhalte der verlinkten Seiten sind stets die jeweiligen Anbieter oder Betreibenden der Seiten verantwortlich.

 

Internet: www.narr.deeMail: [email protected]

 

Einbandgestaltung: siegel konzeption | gestaltung

 

utb-Nr. 6192

ISBN 978-3-8252-6192-4 (Print)

ISBN 978-3-8463-6192-4 (ePub)

Inhalt

VorwortAbkürzungsverzeichnis1 Einführung und begriffliche Grundlagen1.1 Rahmenbedingungen von Sportorganisationen1.2 Einschlägige Begriffe1.3 Abgrenzung, Perspektiven und Governance-Arten1.4 Sport Governance in der Forschung1.5 Fazit➲ Kontrollfragen➲ Literaturempfehlungen2 Theorien der Sport Governance2.1 Überblick über die einschlägigen Theorien2.2 Darstellung der wichtigsten Theorien2.2.1 Systembezogene Theorien2.2.2 Organisationsbezogene Theorien2.3 Fazit➲ Kontrollfragen➲ Literaturempfehlungen3 Governance-Strukturen in Sportorganisationen3.1 Grundlegende Governance-Modelle3.2 Organisationseinheiten in Sportorganisationen und deren Einbindung in die Governance-StrukturenMitgliedersubsystemLeitungssubsystemRealisationssubsystemWeitere Organe3.3 Governance-Struktur des internationalen Leichtathletikverbandes (World Athletics)3.4 Fazit➲ Kontrollfragen➲ Literaturempfehlungen4 Die Stakeholder-Theorie und ihre Anwendung im Sport4.1 Stakeholder: Begriff und Theorie4.2 Der deskriptive Aspekt der Stakeholder-Theorie4.3 Der instrumentelle Aspekt der Stakeholder-TheoriePriorisierung der Stakeholder anhand ihrer Rollen im WertschöpfungsprozessPriorisierung der Stakeholder anhand ihrer Interaktionseigenschaften4.4 Der ethisch-normative Aspekt der Stakeholder-Theorie4.5 Stakeholder-Management4.6 Fazit➲ Kontrollfragen➲ Literaturempfehlungen5 Rechtliche Aspekte der Sport Governance5.1 Begriff und Funktionen des Sportrechts5.2 Vereins- und Verbandsrecht5.3 Das staatliche SportrechtZivilrechtliche NormenNormen des Öffentlichen RechtsNormen des StrafrechtsInternationale Normen/EU-Normen5.4 Fazit➲ Kontrollfragen➲ Literaturempfehlungen6 Politische Aspekte der Sport Governance6.1 Zu den Begriffen Politik und Sportpolitik6.2 Sport Polity: Institutionen und gesetzliche Rahmenbedingungen der Sportpolitik6.2.1 Sport Polity: Ebene der Politik/des Staates6.2.2 Sport Polity: Ebene des Sports6.2.3 Sport Polity: Weitere Akteure6.3 Sport Politics: Prozesse in der Sportpolitik6.4 Sport Policy: Inhalte in der Sportpolitik6.5 Fazit➲ Kontrollfragen➲ Literaturempfehlungen7 Performance und Sport Governance7.1 Begriffliche Grundlagen7.2 Die Forschung zum Zusammenhang von Governance und Performance7.3 Performance im Kontext des Sports7.4 Zusammenhang zwischen Performance und Governance in Sportorganisationen7.4.1 Organisationale Performance7.4.2 Board Performance7.4.3 Performance des CEO7.4.4 Performance der Ehrenamtlichen7.4.5 Einfluss von Good Governance auf die Performance7.5 Performance-Management7.5.1 Finanzielle Performance7.5.2 Strategische Performance7.6 Fazit➲ Kontrollfragen➲ Literaturempfehlungen8 Good Governance im Sport8.1 Grundlagen der Good Governance8.2 Good Governance im Sport: Auftreten und Erkenntnisse der Forschung8.2.1 Anwendung von Good Governance im Sport8.2.2 Wissenschaftliche Erkenntnisse zu Good Governance im Sport8.3 Prinzipien der Good Governance im Sport8.3.1 Basisindikatoren für Good Governance8.3.2 Prinzipien des Council of Europe8.3.3 Prinzipien des IOC8.3.4 Überblick über die Prinzipien nach King (2017)8.3.5 Sports Governance Observer8.4 Implementierung und zentrale Herausforderungen von Good Governance im Sport8.4.1 Implementierung8.4.2 Zentrale Herausforderungen und Probleme der Einführung8.5 Fazit➲ Kontrollfragen➲ Literaturempfehlungen9 Compliance in der Sport Governance9.1 Grundlagen der Compliance9.2 Formen der Non-Compliance9.3 Erreichen von Compliance: Compliance-Prozess und Compliance-Programm9.4 Compliance und Risikomanagement9.5 Compliance im internationalen Sport9.6 Fazit➲ Kontrollfragen➲ Literaturempfehlungen10 Eigentumsstrukturen und Governance-Modelle im Profisport10.1 Grundlegende Aspekte und Aufgaben einer Liga10.2 Grundlegende Charakteristika der nordamerikanischen Profiligen10.2.1 Profisportligen in Nordamerika10.2.2 Strukturen auf Ligaebene10.2.3 Strukturen auf Klubebene10.2.4 Determinanten der Governance-Wahl10.3 Grundlegende Charakteristika der europäischen Fußballprofiligen10.3.1 Organisation des Fußballs in Europa10.3.2 Strukturen auf Ligaebene in Europa (speziell in Deutschland)10.3.3 Strukturen auf Klubebene (in Deutschland)10.4 Investoren und ihre Motive10.5 Fazit➲ Kontrollfragen➲ Literaturempfehlungen11 Herausforderungen der Sport Governance11.1 Ursachen und Auswirkungen der Veränderung im Bereich Governance11.2 Potenzielle zukünftige Herausforderungen11.3 Sportorganisationen im Wandel11.4 Fazit➲ Kontrollfragen➲ LiteraturempfehlungenQuellenverzeichnisRegister

Fini, Arno und Heiner Abdulsowie S. & the Little Monstersgewidmet

Vorwort

Sport als soziales Phänomen umfasst sowohl die körperliche Betätigung von Amateuren im engen Umfeld als auch den Genuss einer professionellen Unterhaltungsdienstleistung im Stadion. Hinter beiden Ausprägungen des Sports befinden sich ausdifferenzierte institutionelle Strukturen. Dabei zeigt sich, dass die Kommerzialisierung des Sports mit einem teilweise noch recht amateurhaften institutionellen Gefüge abgewickelt wird, das nicht nur für Ineffizienzen, sondern auch für Unregelmäßigkeiten anfällig ist, was an manchen Korruptionsphänomenen in der Verbands- und in der Vereinswelt deutlich wird.

 

Das Themenfeld Sport Governance adressiert diese Problembereiche: Es setzt sich aus einem positiven und einem normativen Bereich zusammen. Ersterer umfasst die Beschreibung und die Analyse der Strukturen und Prozesse, die eine Sportorganisation einsetzt, um ihre strategischen Ziele festzulegen, ihre Leistung anhand dieser Ziele zu überprüfen und zu gewährleisten, dass die Leitung im besten Interesse der eigenen Mitglieder erfolgt. Der normative Bereich der Sport Governance besteht aus der technologischen Nutzung der Erkenntnisse, die im positiven Bereich gewonnen werden, zur Sicherstellung einer effektiven Funktionsweise und zweckmäßigen strategischen Ausrichtung von Organisationen des Sports.

 

Mit diesem Lehrbuch soll Studenten, Praktikern und Interessierten das Themenfeld der Sport Governance erschlossen werden. Wir hoffen, dass dieses Buch dazu beiträgt, ein tieferes Verständnis für die Herausforderungen und Möglichkeiten in der Sport Governance zu entwickeln und auf diese Weise einen positiven Beitrag zur Weiterentwicklung dieses Bereichs zu leisten.

 

Anstoß für die Entstehung dieses Lehrbuchs war die Einführung des Masterstudiengangs Sport Governance an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und die im Rahmen der Vorlesungen dieses Studiengangs geführten fruchtbaren Diskussionen mit den Studenten, denen an dieser Stelle besonders für ihr Interesse gedankt werden soll. Besonderer Dank gilt zudem Rick Hölzel, der die Formatierungsaufgaben übernommen hat.

 

Wir wünschen dem geneigten Leser viel Freude bei der Lektüre und freuen uns über entsprechende Anregungen.

 

Jena und Seekirchen am Wallersee, im Sommer 2024

 

Frank Daumann

Lev Esipovich

Florian Follert

Malte Schurade

Abkürzungsverzeichnis

AEUV | Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union

AO | Abgabenordnung

ANOC | Association of National Olympic Committees

AntiDopG | Gesetz gegen Doping im Sport

AVMD | Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste

BGB | Bürgerliches Gesetzbuch

BGW | Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege

BJKS | Rat für Bildung, Jugend, Kultur und Sport der Europäischen Union

BSI | Bundesverband der Sportartikelindustrie

CEO | Chief Executive Officer

CMS | Compliance-Management-System

COB | Chairman of the Board

DFB | Deutscher Fußball-Bund

DFL | Deutsche Fußball-Liga

DIS | Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit

DOSB | Deutscher Olympischer Sportbund

DLV | Deutscher Leichtathletik-Verband

EK | Europäische Kommission

ENGSO | Europäischer Dachverband der Nichtregierungsorganisationen im Sport

EOC | Europäische Olympische Komitees

EP | Europäisches Parlament

EPO | Erythropoetin

EU | Europäische Union

EuG | Gericht der Europäischen Union

EuGH | Europäischer Gerichtshof

e. V. | eingetragener Verein

FGRC | Football Governance Research Centre

FIA | Fédération Internationale de l’Automobile

FIFA | Fédération Internationale de Football Association

FINA | Fédération Internationale de Natation

GG | Grundgesetz

GWB | Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen

HGB | Handelsgesetzbuch

IBA | International Boxing Association

IOC | International Olympic Committee

ISCA | International Sport and Culture Association

KPI | Key Performance Indicator

LSK | Landessportkonferenz

MLB | Major League Baseball

MLS | Major League Soccer

MLL | Major League Lacrosse

MStV | Medienstaatsvertrag

NADA | Nationale Anti-Doping Agentur

NIE | New Institutional Economics

NFL | National Football League

NGO | Non-Governmental Organisation

NPO | Non-Profit-Organisation

NS | Nationalsozialismus

NWSL | National Women's Soccer League

OECD | Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

OLG | Oberlandesgericht

SMK | Sportministerkonferenz

SRI | Stanford Research Institute

TAFISA | Trim and Fitness International Sport for All Association

UCI | Union Cycliste Internationale

UEFA | Union of European Football Associations

UN | United Nations

UNO | United Nations Organisation

UWG | Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb

VSA | Vereinigung Sportsponsoring-Anbieter

WADA | Welt-Anti-Doping-Agentur

WHO | Weltgesundheitsorganisation

WNBA | Women’s National Basketball Association

WTA | Women’s Tennis Association

1Einführung und begriffliche Grundlagen

Lernziele | Nach diesem Kapitel sind Sie in der Lage,

die Rahmenbedingungen und Entwicklungen, mit denen Sportorganisationen gegenwärtig konfrontiert sind, zu erläutern,

die Begriffe Sport, Governance und Sport Governance zu definieren,

den Unterschied zwischen Governance und Management zu erklären,

die der Governance zugrundeliegenden Perspektiven und

die Themen, die durch die einschlägige Forschung besetzt werden, zu beschreiben.

Wie bereits angeklungen soll in diesem Kapitel zum einen kurz auf die Rahmenbedingungen eingegangen werden, denen sich Sportorganisationen aktuell ausgesetzt sehen. Zum anderen sollen die für die Thematik maßgeblichen Begriffe erläutert werden.

1.1Rahmenbedingungen von Sportorganisationen

Der Handlungsspielraum und das Verhalten von Sportorganisationen werden durch verschiedene Faktoren beeinflusst (Hoye & Cuskelly, 2007, S. 19):

Die einschlägigen gesetzlichen Regelungen,

die staatliche SportpolitikSport, Politik und das Ausmaß der Verflechtung von Staat und Sportorganisationen (Neokorporatismus),

die Regulierungen übergeordneter SportorganisationenSport, Organisation,

die Zielsetzungen und die Marktmacht verschiedener StakeholdergruppenStakeholder1 sowie

das Ausmaß des WettbewerbsWettbewerb auf den verschiedenen für die Sportorganisationen relevanten Märkten.

Gegenwärtig sehen sich Sportorganisationen einer Vielzahl äußerer Einflüsse ausgesetzt, aus denen besondere Herausforderungen für ihre Leitung resultieren. Diese Einflüsse können in Anlehnung an Ferkins, Shilbury und McDonald (2005) nach dem Aggregationsgrad in Makro- und Mikro-Einflüsse differenziert werden. So können auf der Makro-EbeneMakro-Ebene insbesondere die folgenden Entwicklungen benannt werden:

Die zunehmende Komplexität des einschlägigen Rechtsgefüges,

die sich verändernden gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen,

politische Instabilitäten, die vor allem durch die COVID-19-PandemieCOVID-19-Pandemie (insbesondere 2020–2022) und militärische Auseinandersetzungen in den Randbereichen Europas (insbesondere ab 2022) befördert werden, sowie

eine zunehmende öffentliche und mediale Wahrnehmung in allen Handlungsfeldern sowie die damit einhergehende Verbreitung von Informationen und Meinungen.

Auf der Mikro-EbeneMikro-Ebene lassen sich die folgenden Sachverhalte identifizieren:

Eine rückläufige Bereitschaft, ein ehrenamtliches EngagementEhrenamt zu übernehmen,

Variety-SeekingVariety-Seeking – also die Wechselbereitschaft trotz Zufriedenheit – als zentrales Konsummotiv und damit eine abnehmende Bindungsbereitschaft breiter Bevölkerungsschichten,

höhere Erwartungen an die QualitätQualität seitens der Nachfrager, Mitglieder und Partner von Sportorganisationen sowie

zunehmend ausdifferenzierte Anforderungen der StakeholderStakeholder, die oftmals unvereinbar sind.

Als besondere Herausforderungen des ManagementsManagement von Sportorganisationen sind daher die folgenden Sachverhalte zu nennen:

Probleme bei der Beschaffung notwendiger finanzieller und personeller RessourcenRessourcen auf allen Ebenen (Haupt- und EhrenamtEhrenamt),

eine fehlende strategische Ausrichtung,

ein pyramidenförmiger Aufbau, der eine demokratische Entscheidungsfindung nur begrenzt zulässt,

Defizite bei der Besetzung des Vorstandes (unzureichende Bewerberlage, mangelnde fachliche Eignung),

fehlende Transparenz bei der Entscheidungsfindung in Verbindung mit dem Auftreten politischer Machtkämpfe sowie

mangelhafter Umgang mit den Dysfunktionen des Sports (Doping, Match Fixing etc.).

1.2Einschlägige Begriffe

Den Inhalt des Begriffs SportSport zu verorten, stellt sich notgedrungen als schwierig heraus. In der Alltagsprache werden dem Phänomen Sport häufig Eigenschaften wie körperliche Bewegung, Leistungsvergleich resp. Wettbewerb, ein sportartspezifisches Regelwerk und die Unproduktivität zugeordnet (Daumann, 2023, S. 20–23). Nun zeigt sich aber, dass manche Sportarten wie etwa Darts oder Schach lediglich ein geringes Maß an körperlicher Bewegung erfordern. Ebenso lässt sich ein Leistungsvergleich nicht bei allen sportlichen Betätigungen feststellen: So tritt dieser im Rahmen des Gesundheits- oder Fitnesssports kaum auf. Auch explizite oder implizite Regelungen fehlen manchen sportlichen Betätigungen, wenn man etwa an den ungebundenen Freizeitsport wie das frühmorgendliche Joggen denkt. Und insbesondere im Leistungssport wird oftmals ein Produkt – eine Unterhaltungsdienstleistung – hergestellt, die sich mitunter gut vermarkten lässt. Mit anderen Worten: Es fällt schwer, eine befriedigende essentialistische Definition des Phänomens Sport zu geben.

Exkurs | Essentialistischer vs. nominalistischer DefinitionsansatzSport, Definitionsansatz

 

Aus essentialistischer Sicht hat eine Definition folgendes zu leisten: Sie muss das Definiendum, also das zu erläuternde Phänomen, erschöpfend durch das Definiens beschreiben. Hiergegen wird insbesondere von K. R. PopperPopper, Karl. R. (2003, S. 62) eingewendet, dass jede Beschreibung notgedrungen selektiv sei: „Es ist uns nicht möglich, ein ganzes Stück der Welt oder ein ganzes Stück der Natur zu beschreiben, ja nicht einmal das kleinste ganze Stück läßt sich beschreiben, denn jede Beschreibung ist notwendig selektiv“. Dem essentialistischen Ansatz, der nach dem Wesen der Entität fragt, steht der nominalistische Ansatz gegenüber, der sich rein auf die Semantik beschränkt (Popper, 1980). Demnach werden realiter vorgefundene Phänomene mit Begriffen versehen, um in erster Linie Aussagesysteme im Sinne von Ursache-Wirkungsbeziehungen bzw. von Ziel-Mittel-Beziehungen zu ermöglichen.

 

▶ Siehe hierzu Popper (1980; 1994; 2003).

Der Begriff GovernanceGovernance hat einen französischen Ursprung (gouverner, auf Deutsch: verwalten, leiten, erziehen). Fukuyama (2013, S. 350) definiert den Begriff aus politikwissenschaftlicher Perspektive als „[…] a government’s ability to make and enforce rules, and to deliver services […]“. Dabei spielt es zunächst keine Rolle, ob die Regierung demokratisch legitimiert ist, oder nicht. In der einschlägigen wissenschaftlichen Literatur wird Governance unterschiedlich definiert. Die Commission on Global Governance (1995, S. 2) versteht Governance als ein System aus Regelungen, nach dem Einzelpersonen und öffentliche bzw. private Organisationen ihre gemeinsamen Angelegenheiten regeln. Dieses System umfasst sowohl formelle Regelungen als auch informelle Vereinbarungen, mit denen das Handeln der beteiligten Akteure kanalisiert werden soll.

Mel Gill (2002) leuchtet den Begriff wie folgt aus: GovernanceGovernance umfasst Prozesse, Strukturen und organisatorische Traditionen, die kanalisieren, wie Macht ausgeübt wird, in welchem Umfang die Interessen der Stakeholder berücksichtigt werden und auf welche Weise die Entscheidungsträger zur Rechenschaft gezogen werden können.

Eine ähnliche DefinitionGovernance, Definition unterbreiten Hoye und Cuskelly (2007, S. 9): Demnach stellt Governance die Strukturen und Prozesse dar, die eine Organisation einsetzt, um ihre strategischen Ziele festzulegen, ihre Leistung anhand dieser Ziele zu überprüfen und zu gewährleisten, dass der Vorstand im besten Interesse der Mitglieder der Organisation handelt.

Das Business Dictionary (2016) füllt den Inhalt des Begriffs Governance wie folgt: Governance ist „establishment of policies, and continuous monitoring of their proper implementation, by the members of the governing body of an organization. It includes the mechanisms required to balance the powers of the members (with the associated accountability), and their primary duty of enhancing the prosperity and viability of the organization”.

Die dargelegten Definitionen des Begriffs verbinden damit hauptsächlich vier Bereiche:

StrategieStrategie im Sinne der Strategieentwicklung der Entscheider,

MachtMacht, hier verstanden im Sinne des Einflusses von Stakeholdern,

RegulierungRegulierung im Sinne der Einengung der Handlungsspielräume der Entscheider sowie

Kontrolle des Handelns der Entscheider.

Insgesamt kann man den Begriff GovernanceGovernance etwa wie folgt mit Inhalt füllen: Governance umfasst sämtliche institutionellen Arrangements einer Organisation, mit denen der Spielraum der Entscheidungsträger in einer Organisation insbesondere vor dem Hintergrund der Interessen der Stakeholder ausgestaltet wird und wie diese Entscheidungsträger für ihr Handeln verantwortlich gemacht werden können.

Sport GovernanceSport, Governance stellt somit die Governance von Sportorganisationen – und hier in erster Linie von (privaten) Sportklubs und Sportverbänden auf allen Ebenen – dar. Ferkins, Shilbury and McDonald (2009, S. 245) definieren den Begriff wie folgt: Sport Governance ist „the responsibility for the functioning and overall direction of the organization and is a necessary and institutionalized component of all sport codes from club level to national bodies, government agencies, sport service organizations and professional teams around the world”.

Mit anderen Worten ist Sport Governance der Komplex der Sicherstellung der effektiven Funktionsweise und strategischen Ausrichtung, der als Kodifizierung handlungsleitend für Sportorganisationen auf allen Ebenen ist.

1.3Abgrenzung, Perspektiven und Governance-Arten

Der Unterschied zwischen GovernanceGovernance und ManagementManagement – letzteres verstanden als Organisationsführung oder -leitung – lässt sich wie folgt fassen: Während bei der Management-Theorie das „handelnde Steuerungssubjekt“ als zentral betrachtet wird, ist dies bei der Governance-Theorie die „RegelungsstrukturRegelungsstruktur“ (Mayntz, 2006, S. 16). Diesen Grundgedanken greifen auch Pechardscheck und Flis (2022) auf, die dem Management die Aufgaben Planen, Aufbauen, Ausführen und Überwachen zuordnen. Governance hingegen besteht aus den Aufgaben Überwachen, Evaluierenevaluieren und Lenken. Trotz der wichtigen Trennung bestehen Wechselwirkungen zwischen den Bereichen. Zudem muss sich die Effektivität von Governance und Management an den Zielvorgaben messen lassen. Dieser Sachverhalt wird in → Abbildung 1 deutlich.

Abbildung 1:

Unterscheidung zwischen Management und Governance. | Quelle: Pechardscheck & Flis, 2022.

GovernanceGovernance lässt sich wiederum aus verschiedenen Perspektiven betrachten. Henry und Lee (2004) unterscheiden die folgenden Perspektiven:

SystemicSystemic:

Hierbei geht es um den Wettbewerb, die Kooperation und die gegenseitige Anpassung zwischen Organisationen und Unternehmen oder politischen Systemen.

Political:

Diese Perspektive erfasst die Steuerung der Organisationen durch politische Institutionen.

Organizational:

Dieser Bereich bezeichnet die Fülle an normativen, ethisch begründeten Standards für das Verhalten von Führungskräften zwecks Erfüllung der auferlegten Organisationsziele.

Eine komprimierte Differenzierung in lediglich zwei Perspektiven liefern Shilbury und Ferkins (2020a):

Organizational GovernanceOrganizational Governance:

Hierbei steht die Tätigkeit der Leitung einer einzelnen Organisation im Fokus.

Systemic bzw. Network GovernanceNetwork Governance:

Dieser Begriff beschreibt das Zusammenspiel zwischen verschiedenen Organisationen, die wiederum auf der gleichen oder auf unterschiedlichen Ebenen angesiedelt sein können (im Bereich des Sports wäre dies etwa das Zusammenspiel zwischen den Sportklubs, regionalen Sportverbänden, dem nationalen Sportverband, dem internationalen Fachsportverband und dem IOC).

King (2017) hingegen differenziert nach anderen Blickwinkeln:

GovernanceGovernance als Steuerungssystem:

Dieser Bereich umfasst die Strategieformulierung und -umsetzung durch das Management, den Einbezug der Erwartungen, die an das Management von Seiten der Stakeholder herangetragen werden, die Definition, Überwachung und Bewertung der organisatorischen Erfolge sowie die Rechenschaftslegung des Managements gegenüber den wichtigsten Stakeholdern.

Governance als NetzwerkNetzwerk:

Governance wird hier als Zusammenarbeit in Netzwerken verstanden. Transaktionen und Verhandlungen sowie deren Ergebnisse in Form formeller und informeller Vereinbarungen nehmen dabei eine zentrale Rolle ein. Besondere Bedeutung erlangt die Verteilung der Macht über das Netzwerk.

Governance als Good GovernanceGood Governance:

Bei dieser Perspektive treten ethische Maßstäbe (Rechenschaftspflicht, Transparenz, Korruptionsbekämpfung, Beteiligung der Interessengruppen) und die Einhaltung des rechtlichen Rahmens in den Vordergrund.

Hinsichtlich der Arten einer Organisation kann Corporate Governance von Non-Profit-Governance unterschieden werden. Corporate GovernanceCorporate Governance kann mit Welge und Eulerich (2021, S. 5) als „[…] der faktische und rechtliche Ordnungsrahmen von Unternehmen verstanden [werden], der eine gute und ordnungsgemäße Unternehmensführung, -kontrolle und -überwachung im Sinne aller Shareholder und Stakeholder gewährleistet und unterstützt“. Während sich dieser Bereich der Governance auf Organisationen bezieht, bei denen der Fokus regelmäßig auf der Gewinnmaximierung (Wöhe et al., 2020) liegt, hat letzteres gemeinnützige Organisationengemeinnützige Organisationen (NPO) zum Gegenstand, die primär nach der Realisierung von Sachzielen trachten. Nach King (2017, S. 47 f.) lassen sich zwischen dem Corporate Governance und dem Non-Profit-Governance die folgenden Gemeinsamkeiten identifizieren:

Es findet eine Verlagerung von vertikalen zu horizontalen Führungsmodellen resp. von Hierarchien zu Netzwerken statt.

Bei beiden lässt sich ein Druck zur Umsetzung von Good Governance (z. B. soziale Verantwortung, Rechenschaftspflicht, Transparenz) feststellen.

ComplianceCompliance hat eine hohe Bedeutung.

Der Messung von Leistung (finanziell, sportlich und sozial) kommt ein besonderer Stellenwert zu.

Die Rechenschaftspflicht wird durch einschlägige Rechnungslegungsvorschriften etabliert und kanalisiert.

Freilich gibt es auch erhebliche Unterschiede:

So unterscheidet sich der rechtliche Status der Organisationen.

Die Organisationen verfolgen in Abhängigkeit von ihren priorisierten Adressaten unterschiedliche Ziele.

Für die Leistungsmessung müssen unterschiedliche Indikatoren verwendet werden. In NPOs können nichtfinanzielle Ziele oftmals nur heuristisch operationalisiert werden.

In For-Profit-OrganisationenFor-Profit-Organisationen (FPO) erhalten die Mitglieder der Leitungsgremien ein Entgelt für ihre Tätigkeit. Bei Non-Profit-Organisationen üben viele Mitglieder der Leitungsorgane ihre Tätigkeit ehrenamtlich aus. Dadurch entsteht die Herausforderung, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen bezahlten und ehrenamtlichenEhrenamt Mitarbeitern zu realisieren.

Ferkins, Shilbury und McDonald (2005) liefern ein hilfreiches Instrumentarium, um die unterschiedlichen Themenbereiche der Sport Governance zu strukturieren. Sie unterscheiden drei Themenkreise, die sie weiter differenzieren:

Entwicklung der Rahmenbedingungen von SportorganisationenSport, Organisation:

Die Rahmenbedingungen können wiederum nach Faktoren auf der Makro-Ebene (z. B. rechtliche Anforderungen, Forderungen der Stakeholder, Berichterstattung der Medien) und der Mikro-EbeneMikro-Ebene (z. B. Finanzierungsquellen, Anzahl der Mitglieder, Mitarbeit der Ehrenamtlichen) unterschieden werden.

Themenbereiche der eigentlichen Sport GovernanceSport, Governance:

Hierzu gehören etwa die Bereiche der kollaborativen Führung, die Motivationen des Boards, die Rollen des Boards sowie die Struktur desselben.

Governance-Fähigkeiten:

Dieses Feld umfasst neben den strategischen Dimensionen Leistung, Konformität (etwa bei der Umsetzung der Politik, der Rechenschaft usw.) und Politik (hier insbesondere deren Entwicklung sowie die Verteilung der Ressourcen) die operative Dimension, etwa die Häufigkeit der Zusammenkünfte des Leitungsorgans, die Beziehungen im Board, die Form der Durchführung seiner Zusammenkünfte sowie Beziehungen innerhalb des Gremiums.

 

Exkurs | Das Board of DirectorsBoard of Directors (Board)

 

In der Governance-Literatur nimmt der Begriff Board eine zentrale Rolle ein. In der anglo-amerikanischen Literatur bezieht sich dieser Begriff regelmäßig auf das sogenannte Board of Directors, das mit den Begriffen Verwaltungsrat oder Direktorium in die deutsche Sprache übertragen werden kann.

Beim Board of Directors handelt es sich um das oberste Leitungs- und Kontrollgremium von amerikanischen Kapitalgesellschaften, das von den Anteilseignern der betreffenden Gesellschaft gewählt wird. Zu den Aufgaben des Board of Directors gehören im Wesentlichen

die Festlegung und Überprüfung der Unternehmensstrategie,

die Überwachung der Unternehmensleitung,

die Bewertung der Risiken, die sich auf das Unternehmen auswirken können,

die Entscheidung über die Dividendenpolitik,

die Auswahl und Beurteilung des Führungspersonals einschließlich des CEO (Chief Executive Officer), der die operativen Geschäfte leitet, sowie

die Sicherstellung der Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen und ethischer Standards.

Bei den Mitgliedern des Board of Directors kann zwischen geschäftsführenden (executive) und nicht geschäftsführenden (non-executive) Mitgliedern unterschieden werden. Während die geschäftsführenden Mitglieder, die oft als Chief Officers bezeichnet werden, die operative Geschäftsführung des Unternehmens ausüben, sind die nicht geschäftsführenden Mitglieder des Boards vor allem beratend und kontrollierend tätig. Letztere üben ihr Amt nicht hauptberuflich aus und sind keine Beschäftigten des Unternehmens. Der Vorsitzende dieses Boards trägt regelmäßig den Titel Chairman of the Board (COB)Chairman of the Board (COB). Allerdings ist es auch denkbar, dass der CEOChief Executive Officer (CEO) zugleich Vorsitzender des Boards ist, was jedoch einer effektiven Überwachung im Wege steht.

Freilich können die spezifischen Befugnisse und Pflichten des Boards je nach Rechtsform und rechtlichem Umfeld variieren. Bei der amerikanischen Organstruktur handelt es sich um ein monistisches System der Unternehmensführung. Diesem steht das dualistische System gegenüber, das beispielsweise bei deutschen Kapitalgesellschaften gebräuchlich ist. Hier werden die Aufgaben zwischen dem Vorstand und dem Aufsichtsrat getrennt. So stellt der VorstandVorstand bzw. die GeschäftsführungGeschäftsführung das exekutive Führungsgremium dar und ist für die Führung der Geschäfte und die Umsetzung der Unternehmensstrategie zuständig. Der Aufsichtsrat, der lediglich bei Aktiengesellschaften verpflichtend vorhanden sein muss, fungiert als Kontrollorgan, das den Vorstand bzw. die Geschäftsführung überwacht und berät. Zudem wählt und entlässt der Aufsichtsrat die Mitglieder des Vorstands und entscheidet über grundlegende Unternehmensfragen. Fehlt ein Aufsichtsrat, so wird dessen Funktion durch die Gesellschafterversammlung wahrgenommen.

Bei eingetragenenVereine Vereineneingetragene Vereine (z. B. Sportvereine, Sportverbände) findet sich eine vergleichbare Organisationsstruktur: Der Vorstand ist das Leitungsorgan des Vereins und seine Mitglieder werden üblicherweise durch die Mitgliederversammlung gewählt. Der Vorstand umfasst regelmäßig einen PräsidentenPräsidenten, einen oder mehrere Vizepräsidenten und einen Schatzmeister; allerdings können die Bezeichnung der Positionen und die Struktur des Vorstands erheblich variieren. Die Mitgliederversammlung stellt das oberste Entscheidungs- und Kontrollgremium eines Vereins dar; sie wählt und überwacht den Vorstand, zudem entscheidet sie über grundlegende Vereinsangelegenheiten. Größere Vereine können über einen Aufsichtsrat verfügen, der ähnlich wie bei Kapitalgesellschaften die Tätigkeiten des Vorstands überwacht.

▶ Siehe hierzu:

Fechner, F., Arnhold, J. & Brodführer, M. (2014). Sportrecht. Stuttgart: UTB,

Magers, J., Eschenfelder, C. & Krause-Wichmann, L. (2022). Sustainable Corporate Governance. Aktienrechtliche Grundlagen einer nachhaltigen Unternehmensführung, Wiesbaden: Springer Gabler,

Mallin, C. (2019). Corporate Governance (6th ed.). Oxford: Oxford University Press, und

Tricker, B. (2023). The Practice of Corporate Governance. Boca Raton: CRC Press.

1.4Sport Governance in der Forschung

Erste Beiträge zum Thema Governance, ohne dass dabei der Begriff explizit Erwähnung findet, lassen sich bereits Mitte der 1980er-Jahre identifizieren. Folgt man den Untersuchungen von Ferkins, Shilbury und McDonald (2005) sowie Shilbury und Ferkins (2020a) beschäftigt sich die Forschung in diesem Bereich vor allem mit den folgenden Thematiken:

Bestimmung der RollenRollen im Governance-Bereich sowie Analyse der einschlägigen Motivationen:

In diesem Forschungsfeld werden etwa die Rolle und die Struktur der Leitungsgremien, die Motivation einzelner Mitglieder dieser Gremien sowie das Verhältnis zwischen hauptamtlichen und ehrenamtlichen Mitgliedern thematisiert.

Verbesserung der ManagementprozesseManagementprozesse des Leitungsorgans:

Neben der Analyse von Sitzungen und Sitzungsagenden sind Dynamiken innerhalb des Gremiums Gegenstand dieses Forschungszweigs.

Hauptfunktionen des LeitungsorgansLeitungsorgane:

Hierbei stehen die Entwicklung einer StrategieStrategie, die Integration der verschiedenen StakeholderStakeholder sowie Fragen des Risikomanagements, der Compliance, der Steuerung sowie der Evaluierung der Leitung im Mittelpunkt der Forschungsbemühungen.

Kontinuierliche Verbesserung:

In diesem Feld werden Problemkreise wie der Schutz des Leitungsorgans, die Auswahl seiner Mitglieder und deren Entwicklung sowie die Leistung und die Evaluation adressiert.

1.5Fazit

Governance ist die Antwort auf Mängel im institutionellen Gefüge von Sportorganisationen, die sich in Fehlverhalten und Unregelmäßigkeiten niederschlagen können. Die Forschung hat sich in vielen Bereichen der Thematik bislang eher zögerlich entwickelt, was sicherlich auch an der Nähe zum weit entwickelten Theoriekomplex Management und des ausgeprägten QuerschnittscharaktersQuerschnittscharakter liegen mag. Insbesondere könnte die Durchführung empirischer Studien zur Auswirkung von unterschiedlichen Governance-Vorgaben auf die Zielsetzungen der Organisationen zusätzliche Impulse für die Forschung auch in den anderen Bereichen der Thematik bringen.

Für die Praxis gewinnt die Thematik GovernanceGovernance aufgrund der Rahmenbedingungen vor allem in Form gestiegener moralischer Ansprüche, die von außen an das Verhalten von Organisationen herangetragen werden, und der überbordenden Kommunikationsmöglichkeiten, die selbst den fragwürdigsten Meinungen eine Plattform bieten, eine zunehmende Bedeutung. Dabei darf jedoch nicht verdrängt werden, dass zum einen Governance Ausdruck bestimmter Moralvorstellungen ist, die nicht unbedingt von allen Protagonisten geteilt werden. Zum anderen bergen ausgedehnte Governance-Regelungen auch erhebliche Gefahren für Organisationen, die sich in einer zunehmenden Bürokratie und damit verbunden steigenden Kosten niederschlagen können. Governance-Regeln können somit die Flexibilität von Organisationen etwa durch eine schwerfällige Entscheidungsfindung erheblich einschränken und dazu führen, dass die Umsetzung innovativer Prozesse und Maßnahmen behindert wird.

➲ Kontrollfragen

Mit welchen Rahmenbedingungen sehen sich Sportorganisationen aktuell konfrontiert?

Wie lässt sich der Begriff Sport definieren? Grenzen Sie den essentialistischen vom nominalistischen Definitionsansatz ab!

Was versteht man unter Governance?

Wie lässt sich der Begriff Sport Governance definieren?

Wie kann Governance von Management abgegrenzt werden?

Welche Perspektiven der Governance lassen sich unterscheiden?

Welche Fragestellungen werden in der Forschung im Bereich Sport Governance untersucht?

➲ Literaturempfehlungen

Chappelet, J.-L. (2017). Beyond governance: the need to improve the regulation of international sport. In Sport in Society, 21(5), 1–11.

Fishel, D. (2003). The Book of the Board: Effective Governance for Non-profit Organisations. Sydney: Federation Press.

Fukuyama, F. (2013). What Is Governance? In Governance: An International Journal of Policy, Administration, and Institution, 26(3), 347–368.

King, N. (2017). Sport Governance: An introduction. New York & London: Routledge.

Mallin, C. (2019), Corporate Governance (6th ed.). Oxford: Oxford University Press.

Shilbury, D. & Ferkins, L. (2020a). An overview of sport governance scholarship. In D. Shilbury & L. Ferkins (Hrsg.), Routledge Handbook of Sport Governance (S. 3–17). London & New York: Routledge.

2Theorien der Sport Governance

Lernziele | Nach diesem Kapitel sind Sie in der Lage,

die verwendeten theoretischen Ansätze, um die Phänomene der Sport Governance zu erklären, einzuordnen und

das Ausmaß der Erklärungskraft dieser theoretischen Ansätze zu beurteilen.

In diesem Kapitel sollen die wesentlichen Theorien dargestellt werden, die zu Erklärungszwecken im Bereich der Sport Governance herangezogen werden.

2.1Überblick über die einschlägigen Theorien

Eine Systematisierung der hier einschlägigen TheorienTheorie liefern Ferkins und Shilbury (2020b), die die verschiedenen Theoriegebäude zum einen nach deren Einflussgrad auf die Forschung im Bereich Sport Governance (hoch, gering) und zum anderen nach deren Ansatzpunkt (organisationsbezogen, systembezogen) klassifizieren. → Tabelle 1 bildet diese Einordnung ab.

Einflussgrad

Ansatzpunkt

organisationsbezogen

systembezogen

hoch

Agency Theory

Stewardship Theory

Leader Member Exchange Theory

Managerial Hegemony Theory

Stakeholder Theory

Network Theory

Resource Dependency Theory

Institutional Theory

gering

Board Strategic Balance Emerging Theory

Democratic Governance

Collaborative Government Theory

Property Rights Theory

Tabelle 1:

Überblick über relevante Theorien im Bereich der Sport Governance-Forschung. | Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Ferkins & Shilbury (2020b).

Abbildung 2:

Überblick über die relevanten theoretischen Ansätze zur Analyse des Leitungsgremiums. | Quelle: Hung, 1998.

Eine andere Systematik liefert Hung (1998), der, wie in → Abbildung 2 ersichtlich wird, theoretische Ansätze nach der Rolle, die das Leitungsgremium einnimmt, unterteilt. Dabei wird eine eher passive Rolle von einer aktiven unterschieden.