SPQR - Der Falke von Rom - Sascha Rauschenberger - E-Book

SPQR - Der Falke von Rom E-Book

Sascha Rauschenberger

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Beschreibung

Tribun Leonidas Falkenberg kehrt von seiner ergebnislosen Suche nach der verschwundenen Flotte des Sultans Suyin zurück. Wie es scheint, sind die Islamisten soweit ins Great Dark geflohen, dass das Imperium vor einer wirklichen Herausforderung steht. Inzwischen stehen die römischen Truppen vor Sidon und beginnen die Invasion zur Befreiung der Bevölkerung. Dazu setzt Rom erstmals eine neue Waffe ein, die zur zukünftigen Grundlage römischer Bodenkriegsführung werden soll. In Alesia bleibt der neue König Pascal-Cingeto I. nicht untätig. Gezielt nutzt er die neuerworbene Technik des Sultans und die Beute aus der zerfallenen Terranischen Hegemonie, um seine Flotte technisch auf Augenhöhe Roms zu bringen. Zusätzlich baut er auf die neue CyberMind-Technik und baut sie für Alesia zu einer Waffe aus. Diese Technik wird von CyberMind-Systems unter Caesar Falkenberg immer weiter verbreitet. Die enormen Gewinne ermöglichen eine immer größere und schnellere Durchdringung der Bevölkerung mit Neuralinterfaces. In den Vereinten Drachen lodert die Flamme des Bürgerkrieges auf und die Regionalmächte versuchen vom Zerfall der Nation zu profitieren. Dazu wird Leonidas Falkenberg mit der KI Olympia und einem Spezialstab ausgesandt, um Agenten und Commandos vor Ort zu koordinieren. All das führt zu einem immer lauter werdenden Ruf nach Frieden und einer Rückkehr zur Grand Charta. Deshalb wird durch die Terranische Föderation auf Star Island eine Friedenskonferenz einberufen. Imperator Julius Maximilianus von Rom hat aber eine eigene Idee von der neuen Ordnung und dem, was Rom als Freiheit ansieht, die Pax Romana. Doch die will nicht jeder …

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Seitenzahl: 751

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Widmung

Den linken Ökofaschisten dieser Welt

Möge ihr vegan ausgedorrtes Hirn der Hölle als Brennmaterial dienen!

P.S.: Subskription ist kein Verbrechen, sondern eine ganzheitliche Möglichkeit die Zukunft nicht mit alten Fehlern erneut zu verdüstern und abseits der Hölle das Licht der Erkenntnis bei denen zu entzünden, die dumm genug sind unsere Gegenwart zu zerstören.

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Epilog

Glossar

1

Römisches Imperium, Rom, New Rome, 11.03.2485 09:30 LPT

Der Tribun stürmte dynamischen Schrittes durch das sich öffnende Glasportal in die Lobby des bedeutendsten Clubs von New Rome. Nach einigen anderen Meinungen auch des gesamten Imperiums. Der altehrwürdige Outlander Club war der Treffpunkt der römischen High Society, der Domänen-Aristokratie und der höchsten Funktionsträger des Imperiums.

Der Outlander rühmte sich seiner Spirituosenkarte. Angeblich gab es nichts, was der Club nicht vorrätig hätte. Angefochten wurde diese Tatsache nur noch von der Speisekarte, obwohl es auch Restaurants gab, denen der Outlander nie das Wasser reichen können würde. Aber es gab davon nur wenige.

Die sogenannten Gästequartiere für Durchreisende waren allesamt auf Sechs-Sterne Niveau und natürlich mit individuell einstellbarer Gravitation und umfassender Klimakontrolle, die auch wirkliche Klimas nachbilden konnte.

Der Outlander wäre auch nicht der Outlander, wenn er nicht die besseren Gästesuiten nach Astronauten, die verschiedenen Bars nach Weltraumprogrammen und die Besprechungssuiten nach Erkundungssonden der Raumfahrtgeschichte benannt hatte. Natürlich stilecht mit originalen Dekorationsstücken versehen, soweit es ging. Selbst das Brückenschott der Pathfinder II, des Schiffes, das als erstes nach einem Sprung durch einen Jump Point auch wieder zurückgekommen war, zierte den Eingang zum Astropalace und der Tribun musste sich zusammenreißen, um nicht stehenzubleiben und das Stück zu betrachten.

Der Offizier trat ein und seine blaugrauen Augen suchten sogleich den großen aber gemütlich in Nischen, Gruppen und Sitzkuhlen separierten Raum ab.

Ein echtes kleines Orchester spielte leichte Musik während ein Licht- und Holosynthesiser das dazu jeweils passende Licht kreierte, dass zum Motto des Raumes passte. Die Wände erstrahlten dabei in verschieden Tönen und Farben von stellaren Nebeln, Wolken und bekannten stellaren Sehenswürdigkeiten, wie zum Beispiel jetzt, als sich die Bilder auflösten und zum Vierfachringsystem des Planeten Xanadu VI wurden, die den grünlich-blauen Gasriesen so bekannt gemacht hatten.

Er wollte gerade in die Tiefe des Raumes aufbrechen und weitersuchen, als ein durchschnittlich aussehender Mann auf ihn zutrat. Der großgewachsene Offizier blickte den Mann eher unwillig an, was diesen aber offensichtlich nichts ausmachte. „Tribun. Ich bin Tecius Ambrosius Reichhardt, der Managing Partner des Outlander. Möchtest Du mir bitte folgen. Du wirst schon erwartet.“

„Hmm. Werden alle hier vom Chef persönlich empfangen, oder nur die Neulinge“, fragte der Tribun und lächelte dabei. Froh darüber nicht noch weiter rumlaufen und suchen zu müssen. Dabei angegafft zu werden, wie ein Schimpanse, der es irgendwie freilaufend in ein Museum geschafft hatte…

„Tribun Gibson. Wenn auch wohl nicht alle Menschen deinen Namen kennen, so doch mit Sicherheit wir hier im Outlander. Dein Erscheinen hier wurde mir unverzüglich mitgeteilt und es ist mir eine Ehre dich hier im Hause begrüßen zu dürfen.“

„Na ja“, grummelte Gibson etwas verlegen. „Ich danke dir für deine Freundlichkeit.“ Gibson war es nicht gewohnt in solcher Gesellschaft Umgang zu pflegen, oder überhaupt viel mit Zivilisten zu reden – es sei denn sie waren weiblich – daher war er nun wie immer etwas wortkarg.

„Darf ich dich um einen Gefallen bitten?“ Reichhardt war stehengeblieben und wartete auf die Antwort.

„Bitte“, sagte Gibson schlicht.

„Wenn es dir nicht zu viel Umstände macht, könnten wir ein paar Exponate von der Blackbeart und ihrer Erkundungsreise erwerben?“

„Exponate?“ Gibson glaubte sich verhört zu haben.

„Wir würden gern die Blackbeart-Lounge mit ihnen ausstatten. Und vielleicht auch, wenn möglich, ein oder zwei Dinge von dir, Tribun, für unsere Gibson-Suite.“

Der Tribun glaubte es immer noch nicht. „Ihr wollt eine Suite nach mir benennen?“

„Nach Dir und auch Tribun Falkenberg. Ihr beide seid seit der Segelschiffära die ersten Menschen, die so weit in das große Unbekannte vorgestoßen sind. Die die Leere durchquert haben. Natürlich nur, wenn es dir nichts ausmacht. Tribun Falkenberg hat schon zugesagt.“ Letzteres kam mit einem freundlichen Lächeln, was Gibson nicht darüber hinwegtäuschen konnte, dass er damit gefangen war.

„Hm. Gern. Mal sehen. Ich bin mir sicher, dass sich da was machen lässt. – Für den Club meine ich…“

„Danke, Tribun. Der Outlander schuldet dir Dank.“ Er verbeugte sich leicht, was Gibson noch unangenehmer war, da nun wirklich alle im Raum zu ihnen hinschauten.

„Aber bitte. Ich wollte dich nicht aufhalten. Du wirst erwartet.“

„Nein. Keine Ursache. Es ehrt mein Schiff und die Besatzung.“ Er überlegte kurz. „Sie wird es freuen hier bedacht zu sein.“

„Nicht nur bedacht. In der Blackbeart-Lounge wird eine Bronzetafel mit allen Namen an der Wand hängen. Direkt über dem Modell des Kreuzers, das gerade gefertigt wird.“

„Wo lässt du denn das Modell fertigen“, fragte Gibson neugierig, während sie über den dicken grünlichblauen Lebendteppich von Tikal schritten.

„Natürlich vom Imperial Fleet Office. Der Leiter war so freundlich uns hier zu unterstützen.“

„Ach“, entfuhr es ihm, was er sofort bedauerte. „Dann sollte das Modell zumindest realitätsnah sein…“ Das klang selbst für ihn kläglich.

„Und es wird aus Sterlingsilber sein. Der patriotische Flottenverein hat das finanziert.“ Es klang stolz und Gibson nickte nur. Es war gut zu wissen, dass es solche Vereine gab, die Soldaten unterstützten und in der Zivilgesellschaft, soweit es die auf Rom überhaupt gab, die Ehre und die Tradition der Flotte wahrten.

Sie traten an eine etwas abgesetzte Sitzgruppe, von der man aber einen guten Blick in den Raum hatte und Reichhardt sagte schlicht: „Tribun Falkenberg. Dein Gast, Tribun Gibson. – Der Outlander freut sich euch beiden jeden Wunsch zu erfüllen. – Meine Herren…“ Reichhardt verschwand so schnell und unauffällig wie er gekommen war.

„Mensch, Valerius. Ich freu mich wie blöd dich altes Schlachtross wiederzusehen.“ Leonidas hatte seinen alten XO und jetzigen Kommandanten des PC-2 Blackbeart, Valerius Petronius Gibson, freudig auf die Schulter geklopft. Sie gaben sich die Hand und Gibson sagte: „Gut zu sehen, dass du und das Schiff zurückgefunden haben.“

„Tja. Ein oder zweimal waren wir nah dran das nicht mehr zu schaffen. Gerade auf der Rückreise, wo wir versuchten abzukürzen. Wenn mir je einer gesagt hätte, dass es Regionen gibt, wo es achtzehn Sprünge weit keine Querverbindung gibt, dann hätte ich ihn Lügner genannt.“ Sie setzten sich und Leonidas schenkte seinem Kameraden ein großzügiges Glas aromatisch duftenden alesianischen Brandys ein. Allein der feine Duft nach Vanille sagte aus, dass es ein sehr alter Brandy war. Und damit auch einer, der sauteuer war.

„Achtzehn Sprünge, sagst Du? – Lass mich raten: natürlich bist du immer weiter gesprungen in der Hoffnung im nächsten System die Querverbindung zu haben…“ Er grinste.

„Jaaa. Hab ich. Wie so ein Idiot, der beim Roulette nach jedem Verlust wieder auf die gleiche Farbe setzt, nur doppelt so hoch, weil statistisch doch mal was anderes kommen muss. So nach neun, zehn oder zwölf Sprüngen.“ Er schüttelte über sich selbst den Kopf. „Und dann natürlich die weise Entscheidung, dass der Rückweg jetzt sicher länger wäre, als weiter ins Unbekannte vorzustoßen.“ Beide lachten.

„Lass mich nochmal raten: diese Idee kam vor den neun bis zwölf Sprüngen.“ Gibson blickte ihn belustigt an und schüttelte dabei den Kopf.

„Klar. Ab Sprung sieben sagte ich mir das.“ Er blickte ernst. „Und wenn man dann nur noch AM für weitere fünfunddreißig Sprünge hat, wird das dann eben…spannend.“

Gibson grunzte. „Falsche Richtung gewählt? Ich meine den Graben zu umrunden?“

Leonidas schüttelte den Kopf. „Es gab nur die eine Richtung. Wir kamen von Richtung Rand und stießen direkt kernwärts auf den besiedelten Raum zu. Der war schätzungsweise fünfzehn Sprünge weit weg. Und dann war da der Graben. Wir schwenkten pflichtschuldig den einzig gangbaren Weg nach backbord ein und er wollte nicht enden. Wie eine verdammte Perlenkette reihten sich die Systeme aneinander. Nur kernwärts keinerlei Verbindung.“ Er schüttelte den Kopf. „Und mit begrenzter AM macht das da draußen wahrlich keinen Spaß.“

„Nee. Tut es nicht. – Wie weit seid ihr gekommen?“ Er nahm einen großen Zug aus dem Glas. Der starke Alkohol zeigte sofort seine Wirkung, ohne dass der Rachen zu stark brannte. Etwas, was sehr alten Brandy von Alesia auszeichnete. „Verdammt gutes Zeug“, sagte er.

„Will ich meinen. Das ist eine Flasche aus dem Vorrat von Großvater, die er hier deponiert hat.“ Leonidas nahm selbst einen Schluck.

„Großvater? – Von Generallegat Falkenberg??“ Gibson schaute ihn ungläubig an.

„Klar. Ich hab nur einen Großvater. Von wem also sonst?“

Gibson lachte. „Das hätte ich mir denken können. Vielleicht können wir diesen Managertyp mit unserem Heldenstatus hier dazu überreden das dem Legaten gegenüber nicht zu erwähnen.“

„Ach Blödsinn. Das hat Tecius selbst vorgeschlagen. Oder meinst du, dass ich mich hier dauernd rumtreibe? Oder Großvater?“ Er lachte.

„Na ja. Meine erste Wahl ist das hier sowieso nicht.“ Er blickte sich um und sah zwei Frauen, die in ihre Richtung blickten und miteinander tuschelten. Leonidas drehte sich kurz um.

„Die beiden dahinten sind das, was mich hier auf Abstand hält.“

„Na ja, mich ziehen die eher an“, gab Gibson zu und grinste dabei. „Aber zurück zum Graben. Er war wirklich achtzehn Sprünge lang?“

Leonidas nickte. „Alles kartographiert. Wir haben ihn Black Abyss genannt. Nach unten hatte er gar keine Sterne. Das war wirklich wie ein unendlich tiefer bodenloser Graben.“ Er seufzte leicht. „Fast unheimlich“, gab Leonidas schließlich zu und drehte dabei mit zusammengepressten Lippen sein Glas auf dem Tisch.

„War es knapp?“

„Mit drei Sprüngen AM-Reserve zum Aufladen der TD-Triebwerke kamen wir bei Tobago rein. Aber erst bei Avalon gab es wieder eine AM-Versorgung.“

„Nicht bei New Hope?“ Gibson sah ihn neugierig an.

„Nee. New Hope war die Hölle. Was da rumwieselte sucht seinesgleichen. Man riet uns nach Avalon weiter zu ziehen. War überhaupt überraschend, dass die beiden Systeme jetzt zu den Clans gehören. Ja. In den letzten zwei Jährchen haben wir da draußen viel verpasst.“

Das war eine Untertreibung. Er schaute sich kurz um und sah überall Gäste zu ihnen hinblicken. Spätestens nach den Holonachrichten waren ihre Gesichter bekannt. Wenn auch die Blackbeart nicht so viel Aufsehen erregt hatte wie die Olympia, so hatte Gibson dennoch etwas von dem abbekommen, was da „gesteigerte Bekanntheit“ hieß. Nicht so schlimm wie Leonidas, dem „Falken von Rom“, der nach über zwei Jahren aus der „Großen Leere“ zurückgekommen war. Das war in der Presse noch ein paar Nummern größer aufgezogen worden.

Wenn Römer nicht und ihre Presse auch nicht so auf den Schutz der Persönlichkeit bedacht gewesen wären, hätte sich Leonidas womöglich nur mit einem Tennisschläger den Weg vor den Micropressedrohnen frei machen können. So reduzierte sich der Rummel eigentlich auf die offiziellen Events, wo nur die Presse und ihre schwebenden Holoaufnahmegeräte zugelassen waren.

Jetzt gereichte es ihnen auch zum Vorteil – neben dem Presseverbot im Club – dass ihre nachtblauen Flottenuniformen sich besonders gut ins Dunkel eingefügt hatten und nur die kleine und dezente Tischlampe ihre Gesichter leicht erhellte. Dennoch machten erstaunlich viele Leute einen Umweg, um mal bei ihnen vorbeizusehen. Auf den Weg zur Toilette, zur Garderobe oder sonstwohin…

„Was sagst Du zu dem Test?“ Er blickte sich kurz um, da das geheim war. „Für den Abgrund wäre das eine prima Lösung.“

„Wenn es funktioniert, dann schon“, gab Leonidas zu. „Wenn es tatsächlich gelingen würde dort an entsprechender Stelle einen Sprungpunkt zu bauen, dann wäre das für die spätere Kolonisation von enormem Vorteil. Nur ist der Abgrund noch sehr weit von dem weg, was uns zu interessieren braucht.“

„Das stimmt“, sagte Gibson und schaute wieder zu den beiden Frauen hin. „Dennoch ist es schon erstaunlich, was sich in nur zwei Jahren getan hat. Von den letzten zehn ganz zu schweigen.“

„Das mit Sicherheit. Doch wird jetzt erst einmal Schluss sein mit der Expansion. Ob nun aus der Not heraus oder gar geplant. Mein Großvater sagte mir gestern, dass der Senat sich schon vor achtzehn Monaten dafür ausgesprochen hat das Imperium erst einmal nicht weiter auszudehnen, bis wir unsere jetzigen Grenzen gesichert haben.“

„So etwas hat mit Legat Ivanov auch gesagt, als ich mich zum Rapport nach meiner Rückkehr gemeldet hatte. Er war auch nicht darüber erbaut, wie weit tatsächlich der besiedelte Raum ins Outback hineingeht.“ Gibson schaute wieder zu den Frauen.

„Soll ich dich vorstellen“, fragte Leonidas grinsend.

„Was? – Ach… T’schuldigung.“ Er schüttelte über sich selbst den Kopf. „Zu lange draußen gewesen.“

„Kenn ich. Zum Ende hin war alles, was auch nur weiblich aussah an Bord sehr umlagert.“ Er zögerte etwas. „Um ehrlich zu sein hat sich Olympia da sehr bewährt. Sie hat sich sehr um die Leute gekümmert…“

Gibson wusste von einigen Besatzungsmitgliedern der Olympia, dass das stimmte. Und dass es da noch ein paar Punkte mehr gab. Olympia selbst betreffend. „Wie geht es dem alten Mädchen?“ Er hoffte die Frage war neutral genug.

Leonidas raufte die Hände, was an sich schon alles sagte. „Was soll ich sagen. Oder besser: Wie soll ich es sagen?“ Gibson musste sich sein Grinsen verkneifen. „Ich nehme an, dass du davon gehört hast. Es ist … schlimm.“ Leonidas brach ab und Gibson wusste, wie schwierig das für ihn sein musste. „Olympia ist zu 99% identisch mit der alten Olympia, was Verhalten, Ansichten und Wissen angeht. Dem originären Wissen. Und frag mich nicht, wie sie das gemacht hat. Und wie das überhaupt geht. Sie hat sich vor unserer Abreise während der Werftzeit mit jedem – einfach jedem! – Menschen unterhalten, gemailt und geschrieben, mit dem Olympia jemals nachweislich geredet hat. Und als KI kann das parallel mit verdammt vielen Menschen passieren. Ich hab es an Bord gesehen, wie sie mit der halben Besatzung gleichzeitig interagierte. Und nun stell dir mal vor, was sie ausrichten konnte, als sie in den Imperial Roman Navy Yards umgebaut wurde und freien Netzzugang hatte.“

„Sie hatte freien Zugang?“ Gibson blickte ihn skeptisch an.

„Sie hatte freien, unkontrollierten und unbeschränkten Zugang.“ Er zögerte kurz. „Mit meiner Vollmacht und Genehmigung. Als Stellvertreter der Domäne Falkenberg. Inklusive in meinem Namen Geschäfte zu machen…“

Gibson schaute ihn sprachlos an. „Ich weiß, dass das so nicht ganz richtig war. Ich bin mir auch sicher, dass sie mich da reingelegt hat. Irgendeine blöde beschäftigte Sekunde bei mir abgepasst hat. Jedenfalls hatte sie die Befugnis zu lernen, wie und auch wer Olympia war. Ich gab ihr blöderweise die Erlaubnis ohne jede verdammte Einschränkung…“

„Du hast einer KI erlaubt selbstständig und ohne Einschränkung zu lernen?“ Gibson schaute ihn nun ernst an.

„Jaa, schon… Aber es ging ja nur um Olympia. Dachte ich. Das Schiff wollte wissen, wessen Namen es trägt.“

„Aber es wurde schlimmer.“ Gibson musste an sich halten, als er den verzweifelten Blick seines Kameraden sah.

„Es wurde erst schlimmer und kam dann noch schlimmer“, bestätigte Leonidas und trank sein Glas leer. Sofort erschien ein Kellner und schenkte auf ein Nicken Leonidas großzügig nach, da Leonidas mit zwei Fingern waagerecht seinen Wunsch angezeigt hatte. Er schaute sich kurz um. Er wollte sichergehen, dass wirklich keiner zuhören konnte. „Valerius. Olympia bildet sich ein mich zu lieben!“ Das letzte Wort war fast schon geflüstert und er schaute sich wieder kurz um.

Gibson hätte sich totlachen können, wusste aber um das Dilemma seines Freundes und ehemaligen Kommandanten. „Das ist schlecht“, war alles was er rausbrachte, um nicht lachen zu müssen.

„Das ist nicht komisch, Valerius.“ Er sagte es leise und blickte zornig.

„Ich weiß. Aber da musst du nun durch.“ Er zögerte kurz. „Sieh es so: Bald wirst du ein anderes Kommando bekommen und dann trennen sich eure Wege.“ Gibson nahm ein Schluck und merkte langsam, wie das Zeug seine berüchtigte Wirkung entfaltete.

„Sei dir da nur nicht so sicher“, orakelte Leonidas. „Ich glaub das nicht. Oder ich werde es erst glauben, wenn ich es erlebe.“

„Na, na. Nicht so pessimistisch. Eine KI ist fest mit dem Schiff verbaut. Die kann dir nicht nachrennen.“ Er lachte.

„Nachrennen nicht. Aber nachfliegen?“ Die witzig gemeinte Frage klang alles andere als witzig und Gibson ahnte, wie schlimm das geworden war. „Du kannst ja mal die Werftheinis darauf ansetzen. Vielleicht können die da was machen.“

„Vergiss es. Den Gedanken hatte ich auch schon.“ Er seufzte. „Da ist nämlich noch eine Sache.“ Gibson wusste, dass es nun noch dicker kam. „Ich habe ihr zugebilligt, bevor wir damals losgeflogen sind, dass sie sich auf meine Kosten einen Zusatzdatenspeicher kaufen darf. Damit sie, wie sie sehr clever sagte, mehr Daten mitnehmen könnte, die wir brauchen würden. Oder gebrauchen könnten.“

„Ach du Scheiße.“ Gibson schaute ihn ernst an. „Wie groß ist denn dieser Speicher?“

„Groß genug für ein komplettes Back-up von ihr, schätzt Francine. Mein XO, Tribun Flowers, glaubt das auch.“

„Na fein. Dann soll sie machen und das Versorgungsamt löscht dann den Speicher. Und gut ist.“

Leonidas schaute ihn an. „So einfach ist auch das nicht. Der Speicher gehört nicht der Flotte.“

„Du hast einen zivil beschafften Speicher an einer Flotten-KI angeschlossen?“ Gibson glaubte sich verhört zu haben.

„Hmm. Nein. Nicht so. Also nicht zivil. Olympia hat sich mit meiner Genehmigung vom Flottenversorgungsamt einen Zusatzspeicher bestellt. Und als die Finanzierungsfrage aufkam hat sie ihn von meinem Prisengeld via Domänenverwaltung Falkenberg gekauft und dann der Flotte unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Alles sehr verklausuliert und so lesbar, dass man denken könnte, dass der Speicher dann der Flotte gehören würde.“

„Tut er aber nicht.“

„Richtig. Tut er aber nicht. Er gehört rechtlich mir. Die Werftheinis sind schon dabei mir die Hölle heiß zu machen. Wäre ich nicht ein Held, wäre ich schon gehenkt worden. Jedenfalls soll das Ding jetzt von Bord. – asap, versteht sich.“

„Prima. Dann stell dir das Ding in den Keller und vergiss es.“ Gibson sah den Blick von Leonidas und wusste, dass es noch schlimmer war. „Junge. Du musst das beenden. Besser vorgestern schon als gestern. Echt.“

„Ich weiß doch. Aber ich kann sie nicht einfach entsorgen. Schon gar nicht löschen.“ Er suchte sichtlich nach Worten. „Das wäre inzwischen so, als wenn ich sie zum zweiten Mal umbringen würde.“

„Leo. Das-ist-nur-ein-Programm! – Nichts weiter. Es lebt nicht.“

„Ich weiß doch auch. Und ich weiß wie doof das klingt. Überhaupt… ach Scheiße.“ Er ließ denn Kopf hängen. „Wenn du mit ihr redest, ist es als wenn Olympia lebt. Da ist kein verfickter Unterschied zu sehen.“ Letzteres war offenbar zu laut, denn viele drehten sich ihnen zu.

„Lass uns mal frische Luft schnappen. Wir haben schon zu viel intus. Sollten uns vielleicht auch ein paar Tabs reinpfeifen.“ Gibson stand auf und zog Leonidas mit hoch. „Geht‘s? – Ich muss mal kurz darüber…“ Gibson ging zu den beiden Frauen, verbeugte sich leicht und wechselte ein paar Worte mit der sportlich-schlanken Frau, die er die ganze Zeit im Blick gehabt hatte. Leonidas sah, dass er seinen IC kurz bediente und nach einer weiteren Verbeugung und Verabschiedung dann frech grinsend zurückkam.

„Netznümmerchen ausgetauscht?“

„Klar. – Können wir?“

„Klar können wir. Vielleicht sollten wir auch noch was essen, bevor wir unseren besser bezahlten Einsichten im Oberkommando unsere Erlebnisse schildern. Immerhin kam unser Frühstück, weshalb wir uns hier eigentlich getroffen hatten, recht kurz.“

„Kalorien haben wir genug intus. Die waren nur flüssig.“

„Und mit Alkohol haltbarer gemacht…“

Beide lachten und schritten die Grüße anderer Gäste erwidernd hinaus.

Das neue Imperial War Department war an der Stelle des alten Komplexes neu errichtet worden. Die Architektur folgte etwas, was man nun als neu-imperial bezeichnete und mit modernen Strukturen an klassischantike oder neu-klassizistische Entwürfe aufsattelte. Eigentlich ging es darum diese alten Denkmodelle ins Gigantische zu steigern.

Der neue sechseckige Komplex hatte eine jeweilige Seitenlänge von zweihundert Metern und war fünfzehn Stockwerke hoch. Davon wurden die oberen zehn etwas vorgerückten Etagen von fünf Stockwerke hoch aufragenden Keramikbetonsäulen getragen, die das Gebäude umliefen und zum Eingangsportal hin, das mit einer breiten Treppe hinunter zum Forum führte, noch ein fast schon streng klassisch anmutendes gegiebeltes Vordach trugen. Hier waren in Goldlettern die Worte zu lesen: Pro patria et gloria.

Ursprünglich war die Wortfolge andersherum, doch Imperator Julius Maximilianus hatte entschieden, dass in Anbetracht der Opfer auf dem Forum auch hier eine neue Zeit anbrechen müsste.

Das IWD lag genau neben der original wiederaufgebauten Marshalle, vor der nun keine Feuer mehr in den großen Bronzeschüsseln brannten, da das Imperium nach fast zehn langen Jahren endlich wieder Frieden hatte.

Doch anders als das ehemalige IWD war dieses nicht wehrlos. Auf dem Dach, jeweils in den Ecken, gab es gepanzerte leichte Quad-Lasergeschütze mit eigenen Deflektorschilden, die auch weit hochgefahren werden konnten, und so in der Lage waren Bodenziele zu bekämpfen.

Überhaupt hatte sich der Senat dazu entschlossen New Rome, die Hauptstadt des Imperiums, nun besser zu schützen. Die wieder aufgebauten vier Shuttleports in der Palisade trugen nun auch leichte Quad-Laser-Batterien zur Nahverteidigung, sowie ein System aus Einwegwerfern für Javelin-AMM, die allesamt von New Alamo geführt wurden, dem komplett neu aufgebauten Fort gleich hinter dem Capitol.

Und anders als das alte Fort, das fast nur noch zeremoniellen Charakter gehabt und als HQ der Prätorianer gedient hatte, war dieses nun ein richtiges Abwehrfort. Neben zwei Zehnfach-Javelin-Werfern wie sie auf den Schiffen der Flotte Standard waren, hatte dieses Fort auch zehn mittlere Zwillingslaser und einen überschweren Turbolaserdrillingsturm, der auf einem Sockel ruhte, der zwanzig Meter aus der Anlage herausragte und daher auch zum Bodenbeschuss geeignet war.

Nie wieder sollten Barkassen ungehindert in der Inneren City Truppen anlanden können. Und auch nie wieder mit wo auch immer gestarteten Raketen die Stadt verwüsten können.

Dazu war das Fort mit einem Multiphasenschirm ausgestattet worden, der wie ein Deflektor alle Masseprojektile, aber auch energetische Waffen abwehren konnte. Der Schirm, der auch auf Schlachtschiffen der Consul-Klasse verbaut worden war, reichte dabei weit über den nun wieder aufgestockten Berg des neuen Forts hinaus, sodass es auch nie wieder indirekt – quasi von unten – angreifbar war.

Ergänzt wurde das System durch einzelne leichte und mittlere Laserbatterien auf ausgewählten äußeren Wolkenkratzern in der Palisade, um dicht über dem Horizont einfliegende Angreifer bekämpfen zu können.

Ebenso waren die Kasernen der Prätorianer in und um New Rome nun mit Schutzschirmen geschützt, die allesamt alleinig KI-gesteuert aktiviert wurden. Nie wieder sollte die Sicherheit hier von menschlichen Einzelentscheidungen gefährdet werden, die in extremis zu viel Zeit kosteten.

Die menschlichen Operatoren waren mit Neuralinterfaces an das System angeschlossen. Die ersten militärischen Diensttuer, die überhaupt im römischen Militär so ausgerüstet worden waren, um schneller – gedankenschnell – reagieren zu können. Dennoch waren ihre Zeiten gegenüber einer KI zu langsam gewesen, weshalb sie nur als zusätzliche Entscheidungsebene und Veto-Controller fungierten.

Auch war man wieder versucht gewesen die alte Idee einer Kuppel über der Inneren City aufzugreifen, wie kurz nach den Bürgerkriegen. Deren Fundamente waren damals schon mit Keramikbeton geformt und gegossen worden. Dann wurde die Idee aber aus Kostengründen aufgegeben, obwohl die Fundamentplätze, nun unter Erde begraben, nach wie vor unbebaut waren. Auch gab es Kritiker die anmerkten, dass diese Kuppel vor der Palisade nach innen gebaut würde und diese daher nicht mitschützen würde. Dort lebte aber ein Großteil der Bürger von New Rome, waren Geschäfte, Behörden und Konzernsitze angesiedelt. Diese außen vor zu lassen verbot sich aus naheliegenden Gesichtspunkten. So wichtig die Innere City an sich auch war. Daher ruhte das Projekt auch weiterhin.

Als Leonidas und sein älterer Kamerad das Eingangsportal am Ende der Treppe erreicht hatten drehten sie sich um und schauten über das Forum. Links war die immer noch im Wiederaufbau befindliche imperiale Große Bibliothek, die komplett mit Spenden von den Bürgern neugebaut und ausgestattet wurde.

Rechts wuchs das neue imperiale Capitol nicht auf dem Hügel, sondern über ihn hervor. Es verschluckte ihn geradezu. Hätte ihn unter sich begraben, wenn man ihn nicht abgetragen und mit Keramikfundamenten übergossen hätte. Das neue Capitol samt imperialem Palast war ein Gebilde, das alle anderen Gebäude in der Inneren City überragen würde. Weit überragen würde. Es war ein …Klotz von Gebäude, dass auch nach zwei Jahren intensiver Bautätigkeit erst halbfertig war. Und allein das sagte schon eine Menge über den Maßstab aus, der hier angelegt worden war.

Überall waren die Wiederaufbauarbeiten schon im Endstadium oder abgeschlossen, wie beim IWD. Oder bei der IAS, dem Kolosseum, den Shuttleports in der Palisade oder dem kleinen Raumhafen auf der anderen Seite des IWD hinter dem Memorial Ridge.

„Erstaunlich, was man so alles in zwei Jahren verpassen kann, oder?“ Gibson schaute beeindruckt auf die völlig neue Kulisse der alten Inneren City Roms. „Ich hätte nach all den Verwüstungen niemals gedacht, dass man das so schnell wiederaufbauen kann.“

„Ich auch nicht“, gab Leonidas zu. „Aber lass uns nun reingehen. Wir sollten nicht zu spät kommen und wer weiß, wo wir in dem Klotz hier hinmüssen.“

„Hast Recht. Das hier ist auch so ein Ameisenhaufen…“

Doch die Sorge war unbegründet. Die beiden Tribune wurden erwartet und ein Ordonanzoffizier führte sie zu einem recht luxuriös ausgestatteten Stabsbesprechungsraum, dessen Lebendteppich von Tikal Gibson unwillig die Stirn runzeln ließ. Das entsprach so gar nicht dem alten IWF, das noch sehr von der römisch-spartanischen Sicht von Funktionalität geprägt gewesen war. Das hier hatte ganz klar andere Ansprüche zu dem, was Rom mal dargestellt hatte. Auch hier war scheinbar eine Menge passiert. Und das nicht zum Besseren wie Gibson fand.

Leonidas hingegen, der seit seiner Ankunft auf Rom und Falcon Hall an solchen Luxus gewöhnt war. sagte nichts. Dennoch hätte er die vier lebensgroßen Bronzestatuen antiker römischer Legionäre in den Ecken mit Sicherheit nicht gewählt.

Obwohl Gibson wesentlich älter war als er, hatte er das höhere Rangdienstalter, so dass er sie meldete. Beide in Grundstellung gehend, grüßte er römisch mit erhobener rechter Hand und meldete: „Die Tribune Gibson und Falkenberg wie befohlen zur Stelle, Prätor.“

Prätor Roger de la Forge erwiderte den Gruß und kam lächelnd auf die beiden zu. Schüttelte ihnen herzlich die Hand. „Valerius. Leo. Schön euch zu sehen. Ihr kennt Legat Taurus Vitellius vom Imperial Explorer Corps. Den Generallegaten brauche ich nicht vorzustellen und Legat Ivanov kennt ihr auch. „Bitte setzt euch. – Erfrischungen?“ Von hinten näherte sich ein Steward.

„Orangensaft“, sagten Gibson und Leonidas fast gleichzeitig, was den Prätor schmunzeln ließ.

„Die Herrn gehen auf Nummer sicher“, witzelte Ivanov und hatte neben seinem Sessel einen Wodka stehen. Alles setzte sich. Gibson und Leonidas wollten zwar neben einander sitzen, doch Markus Falkenberg, der Großvater von Leonidas und Systemkommandeur von Rom, war schneller und setzte sich zwischen sie. Er war bemüht das Ganze völlig zwanglos aussehen zu lassen. Doch wenn zwei einfache, wenn nun auch recht bekannte Tribune, in einem Raum mit dem Oberbefehlshaber der römischen Streitkräfte, und zwei weiteren der ranghöchsten Legaten des Imperiums saßen, war nichts mehr zwanglos. Und das sah man auch Legat-2 Vitellius an, der immerhin Kommandeur des Imperial Roman Explorer Corps war.

Als alle ihren Drink hatten, das übliche Fingerfood bereitgestellt und der einleitende aber obligatorische Smalltalk um war, sagte de la Forge, der wie neuerdings immer seine nachtblaue Flottenuniform ohne jedes Ordensband aber mit Halskreuz des Order of the Roman Empire im Original trug: „Was uns heute zusammenführt ist die Frage, wo wir als nächstes nach dem Sultan suchen sollten. Ihr beide seid weit ins Outback vorgedrungen. Weiter als bisher je ein römisches Schiff vorgestoßen ist. Und das abseits von dem Raumgebiet, auf das sich unser Explorer Corps konzentriert.“ Er meinte damit den Raum, der direkt an das Imperium und seine Verbündeten angrenzte. „Wir haben natürlich die Daten, die wir vom Terran Explorer Corps bekommen hatten, aber wie ihr beide wisst, reichen die Erkenntnisse hier auch nicht allzu weit.“ Gibson bemühte sich um eine neutrale Miene, während Leonidas grinsend nickte. „Du, Leonidas, konntest die Route der Fatima achtzehn Sprünge weit verifizieren und du Valerius, der Route der Flotte knapp dreißig Sprünge weit folgen. Letztlich dem Umstand geschuldet, dass die Schiffe der Fluchtflotte des Sultans nicht als ein Verband, sondern in Gruppen aufgebrochen sind. Das begünstigte die höhere Sichtungsanzahl was dann zu einer besseren Routenverfolgung geführt hat.“

„Doch das nützt uns nichts“, warf Legat Vitellius ein. „Die dreißig Sprünge weisen nur in einem spitzen Winkel randwärts, der erst ab Sprung 28 um fast neunzig Grad nach backbord eindreht und damit grob auf ein Raumgebiet zeigt, dass auch von der Route des Tribun Falkenberg erreicht werden könnte.“

„Dennoch ist das besser als gar nichts“, warf Ivanov ein und nickte den Tribunen anerkennend zu.

„In der Tat. Das ist besser als gar nichts und gibt zumindest einen Fingerzeig, wo wir als nächstes suchen müssen“, sagte Legat Falkenberg.

„Und da stoßen wir nun an die Grenze dessen, was uns momentan möglich ist.“ Der Prätor überlegte kurz und rief ein Hologramm auf, das den besiedelten Raum zwischen ihnen aufleuchten ließ. Frei im Raum zwischen ihnen schwebte nun das sehr detaillierte Hologramm. „Wenn wir nun die beiden verifizierten Routen einblenden dann sieht das so aus.“ Die Kursrouten der Olympia und der Blackbeart leuchteten auf und zogen sich entlang der nun rot markierten Sternsysteme, die sie durchquert hatten. „Wenn man die Endpunkte der Routen gerade weiterführt, dann kreuzen sich die Routen in einer Sphäre ungefähr hier.“ Eine Kugel weit unterhalb des besiedelten Raumes wurde eingeblendet, die einen Durchmesser von gut fünfhundert Lichtjahren haben mochte und sehr nah am Rand des Spiralarms der eigenen Galaxis lag.

Der Prätor ließ das Hologramm erst einmal auf die Versammelten einwirken.

„Über Dubai-Donegal-Calodan wäre das Gebiet einfacher zu erreichen gewesen, doch über die ehemaligen Randsysteme war die Route sicherer“, merkte Legat-5 Ivanov, der Befehlshaber der Sechsten Flotte Roms an.

„Aber immerhin ist nun ein gewisser Zielraum absehbar“, sagte Generallegat Falkenberg und beugte sich etwas vor, während er den Raum betrachtete. „Und dieser Sternenabgrund hilft auch. Er blockiert die direkte Annäherung fast komplett.“

Leonidas sah das alles anders und tauschte kurz mit Gibson einen Seitenblick, der aber Legat Vitellius nicht entging, wie Leonidas sofort bemerkte. Dieser nickte ihm zu.

„Ähm. Mit Verlaub…“, begann Leonidas und Gibson bemühte sich weiter geradeaus zu schauen. Ohne direkte Frage würde er in dieser Runde gar nichts sagen wollen. Der Prätor nickte dem jungen Tribun nur zu. „Meine Herren, das sehe ich etwas anders. Eigentlich sehe ich gar kein Zielgebiet, auf das wir uns jetzt schon konzentrieren können.“

Sein eigener Großvater sah ihn fast ärgerlich an, während Ivanov zustimmend zu nicken begann und der Prätor ihn nur auffordernd anschaute.

„Die zwei aufgeklärten kompletten Richtungsänderungen zeigen lediglich, dass von der anfänglichen – unliebsame Beobachter schon anfangs ablenkenden Marschroute – Richtung nochmals abgewichen wird. Denn der Legat hat richtig darauf hingewiesen, dass der Kurswechsel nach einem Dutzend Sprüngen eine neue Richtung vorgibt. Nicht aber unbedingt die richtige Richtung aufzeigt.“ Er zog einen Laserpointer aus der Tasche, stellte ihn auf Hologrammbetrieb und verband ihn so mit der Hologrammsoftware. „Der Abgrund hier wirkt wie eine Mauer und bietet einerseits Schutz vor direkter Annäherung aber er erzwingt auch andererseits die Notwendigkeit ihn selbst umgehen zu müssen.“ Er zeigte ihn kurz im Hologramm. „Der Abgrund war nach unten offen und nach oben hin auch noch hundert Lichtjahre aufragend. Ob weiter unten oder oben Übergangspunkte sind, weiß ich nicht. Ich war froh ihn umrundet zu haben. Aber wenn wir annehmen, dass das nicht so ist und hier tatsächlich ein stellares Phänomen vorliegt, wie der Spungpunkt nach Capitol oder die wenigen Systeme mit mehreren Sonnen und ausgebildeten Jump Points, dann können wir vielleicht davon ausgehen, dass der Abgrund tatsächlich wie eine Mauer wirkt, über den hinweg keine Jump Points existieren. Aber die Betonung liegt auf vielleicht. Auch das müssen wir erst einmal erforschen.“ Er räusperte sich kurz und trank einen Schluck O-Saft. „Auch dürfen wir daher nicht annehmen, dass die Islamisten hier dieselben Informationsdefizite haben wie wir. Das glaube ich nicht. Vielmehr glaube ich, dass sie sehr wohl wissen, was zwischen dem Outer Rim und ihrer Zuflucht weiter randwärts liegt. Weiterhin müssen wir daher annehmen, dass die Kursänderungen am Ende unserer aufgeklärten Route eben nicht die letzten waren. Noch nicht mal die Generalrichtung vorgeben, sondern vielmehr nur eine weitere Ablenkung und Täuschung sind, um mögliche Verfolger und/oder Beobachter zu verwirren.“ Er markierte ein paar weitere Systeme im Holo und zeigte so eine mögliche Weiterführung der Route an. „Das könnte auch wie mit den See-Konvois im zweiten terranischen Weltkrieg weitergehen. Mit unregelmäßigen Zacken, um den Generalkurs so gut es geht zu verschleiern. Und hier wird dreidimensional gefahren, was die Möglichkeiten der Ziel- und Richtungsdefinition noch vergrößert.“ Er schüttelte den Kopf und löschte die Kursmarker im Holo wieder. „Ich glaube nicht, dass das so einfach ist.“

Er sah den Kommandeur des IREC leicht lächeln, und der Prätor wandte sich sofort an Gibson: „Was sagst du dazu?“

„Ich glaube Tribun Falkenberg hat Recht, Prätor. Meine Kurslinie ist über achtundzwanzig Sprüngen dem Umstand geschuldet aus der völlig falschen Richtung gekommen zu sein, mit nicht speziell dafür ausgestatteten Transportern und Schiffen überhaupt ein Gebiet zu erreichen, von dem man dann möglichst ungesehen auf eine reichweitentechnisch mögliche Route einschwenken kann, die dann auch noch sicherheitsrelevante Zacken bietet. Und das in Reichweite von Normaltransportern und dafür nicht ausgestatteten Kriegsschiffen, die ohnehin mit AM nachversorgt werden müssen. Vermutlich sogar mehrmals. Und allein das ist eine logistische Herausforderung, wenn wir an fast hundertfünfzig verbliebene Schiffe denken.“ Er schüttelte den Kopf als er konzentriert das Holo ansah, dass er in den letzten Wochen und Monaten nur allzu oft angestarrt hatte. „Nein. Theoretisch könnte das Ziel auch in genau der anderen Richtung meiner letzten Kursänderung liegen und die aufgeklärte Route von Tribun Falkenberg sich irgendwo sechzig weitere Sprünge in gerader Linie bei meiner Endposition befinden. Vielleicht sogar hinter Negev. Nur um mal ein Beispiel zu nennen. Oder auch direkt am Rand der Galaxis in gerader Linie über den Abgrund hinweg.“

Betretenes Schweigen folgte.

„Taurus. Was sagst du dazu?“

„Prätor. Ich stimme den Schlussfolgerungen der beiden Kameraden zu. In allen Punkten. Leider. Die über Jahre bestätigte Reisedauer der Fatima sowie die erkundeten und verifizierten Routen lassen nur den einen Rückschluss zu, dass sich das Zielgebiet nicht zu einhundert Prozent dort befinden kann, wo sich die aktuell bekannten Kurse treffen. Es kann sein. Muss aber nicht. Und allein das hier aufgezeigte Gebiet umfasst fast so viele Systeme wie die alte Hegemonie.“ Er wies kurz auf das Hologramm. „Nein. Die Beiden haben vollkommen Recht.“

„Toll“, entfuhr es dem Generallegaten. „Da waren wir fast zwei Jahre unterwegs und wissen immer noch nichts.“

„Doch, wir wissen nun, dass das Ziel irgendwo im Bereich hinter dem Sternenabgrund zu suchen ist.“ Legat Vitellius sagte es bestimmt.

„Und da ist aber noch etwas“, sagte Leonidas und alle blickten ihn neugierig an. „Wenn ich der Sultan wäre, würde ich auch ein paar Fallen aufstellen. An zentralen Stellen, die man gern anfliegt. Minenfelder hinter Jump Points zum Beispiel. Vorposten oder patrouillierte Systeme. Und das dann massiver und direkter, je näher man sich der Zuflucht nähert. Denn wer auch immer so weit da rauskommt, hat andere Absichten als Händler oder Forscher und ist nach deren Auffassung dann auch ein Feind. Während anfangs noch Minenfelder helfen, wird man später dann zu anderen Verteidigungsarten übergehen. Besonders dann, wenn man ins System zur Zuflucht einspringt. Das dürfte dann gleich an den Jump Points schwer befestigt sein.“ Er machte eine kurze Pause. „Und dann auch für einen Patrouillenkreuzer tödlich.“

„Er kam, sah und starb“, sagte Ivanov trocken, nickte aber. Er griff sich sein Glas und kippte den Wodka in einem Zug weg, was bei der Glasgröße schon erstaunlich war. Sofort wurde ihm eisgekühlter Wodka nachgeschenkt. Gibson versuchte den Legat-5 nicht zu offensichtlich zu mustern.

„Du meinst, dass wer immer das System findet, nicht davon berichten können wird?“

„Das denke ich in der Tat, Prätor. Und um ehrlich zu sein – mit jedem Sprung weiter raus hatte ich vor jedem Sprung mehr und mehr Angst, was mich auf der anderen Seite erwarten würde.“

Es folgte wieder Stille. Im Raum saßen alles Männer, die das Gefühl sehr wohl kannten. Furchtlosigkeit traf nur auf Narren zu. Sie alle kannten das Gefühl, wenn sich die eiskalte Faust um das Herz schloss, der Magen hüpfte und die Hände klamm wurden. Dieses lähmende Gefühl, das einen aufforderte nur noch wegzurennen oder sich ganz klein zu machen. Ein Gefühl, dem sie alle im Raum getrotzt hatten. Wider aller Vernunft und wider jeder Eingebung. Es war daher nicht falsch und ehrenrührig seine Angst zu gestehen, wohl aber ihr pflichtvergessend nachzugeben. Und damit seinen anvertrauten Männern kein Vorbild zu sein. Sich nicht um ihr Wohlergehen zu kümmern…

„Das Gefühl hatte ich auch“, sagte Gibson. „Zumal ich auch davon ausgegangen bin irgendwo auf eine Nachhut zu treffen, die den „Lumpensammler“ für die Nachzügler spielt.“

„Nicht von der Hand zu weisen“, stellte Ivanov klar und blickte die beiden Tribune anerkennend an. „Nur stellt uns das vor ein neues Problem. Nicht nur, dass dieser Bereich am anderen Ende dessen liegt, wo wir präsent sind, sondern wir müssen nun einen riesigen Raum mit kleinen Erkundungsverbänden absuchen und können nicht mehr auf Einzelschiffe bauen. Das vervielfacht noch das, was wir ohnehin nicht an Reserven dafür erübrigen können.“

„Aber es schafft auch neue Möglichkeiten“, warf Legat Falkenberg ein. „Wir müssen herausfinden, und das über einen langen Zeitraum, wer wann und wo vermisst wurde. Schiffsverluste, die sich da draußen regional gehäuft haben. Gerüchte, dass es Systeme gibt, aus denen nie jemand zurückgekommen ist. Und das übliche Raumfahrergarn aus dem Sektor analysieren.“

„Da sind wir schon bei“, sagte Vitellius. „Eine Ermittlergruppe von mir arbeitet hierbei schon mit dem MARS zusammen. Auch Athen ist involviert und ein RFI an den TSS ist auch schon raus. Wir haben auch Botany gebeten sich umzuhören. Sogar ein RFI nach Tara geschickt.“

Der Prätor nickte. „Gut. Ich selbst habe eine Anfrage an einen alten Kameraden nach Durban geschickt, der nun selbst da draußen unterwegs ist. Und ich habe den Imperator gebeten bei Präsidentin Ascaride nachzufragen. Ihre Familie besitzt seit Generationen eine Reederei.“

„Wie wäre es mit einer allgemeinen Suchmeldung, die wir via MARS und Sechste Flotte überall im Outback verteilen“, sagte Ivanov. Die Leute sind verdammt gut informiert da draußen. Vor allem wenn man bedenkt, dass die noch nicht mal HPG-Linien haben.“

„Wir sollten auch damit anfangen gezielt alle kartographischen Daten und andere Informationen aufzukaufen, die diese Outback-Händler haben. Das würde eigene zeitintensive Erkundungen womöglich überflüssig machen. Wir könnten unsere eigenen Daten hier auch zum Tausch anbieten. Das ist da draußen völlig alltäglich“, sagte Gibson.

„Außerdem ist es wohl kaum geheim, dass der Sultan wohin auch immer geflohen ist.“ Leonidas hatte es gesagt, um Gibson aus dem Fokus seines Großvaters zu holen…

„Aber es gibt eine Menge Leute, die durch den Untergang des Sultanats eine Menge Geld verloren haben“, wandte Gibson ein. „Wir werden sehr genau darauf achten müssen, was wir von wem bekommen.“

„Das sollten wir aber über den Mengenfaktor gut korrelieren und Falschmeldungen ausfiltern können“, sagte Vitellius bestimmt. „Das machen wir schon von Anfang an. Das meiste Detailwissen, das wir vom Outback zwischen Eternity und Rimworld im Uhrzeigersinn vor dem Krieg wussten, stammt aus diesen Quellen.“

„Bei mir tauchten fünf Sprünge hinter Botany schon neue Monde auf“, sagte Leonidas in neutralem Ton.

„War bei mir auch nicht besser“, fügte Gibson hinzu, was wieder zu Stille führte. Langsam wurde man sich des Umfangs des Problems bewusst, das auf sie zukam. Denn schulterzuckend aufzugeben verbot der Opfergang derer, die auf dem Forum für Rom gefallen waren. Die nun auf Susa und Assur im nuklearen Winter dahinvegetierten, auf Granada und Cordoba mit HWI-Waffen ermordet worden waren und überall unter der islamistischen Terrorherrschaft gelitten hatten. Zum Teil noch immer nicht befreit worden waren, wie Ninive und Sidon, wo hunderttausende Islamisten sich eingegraben und verbunkert hatten.

„Meine Herren. Wir sollten dann mal eine Liste dessen machen, was wir benötigen werden, um das Problem zeitnah zu lösen. Zunächst einmal, und hier wird es schon schwer, der zwingend notwendige Schiffsbedarf…“

Es war weit nach der üblichen Abendessenszeit, als Leonidas und Valerius aus dem IWD herauskamen. Gibson zog mit tiefen Atemzügen die frische Luft in sich hinein und steckte die Schachtel mit dem frisch verliehenen Legion-Cross in die Hosentasche. „Ich hab zwar schon zwei, aber es ist immer nett, wenn man so ein Ding vom Boss bekommt“, sagte er dabei.

„Vergiss nicht: Prätor de la Forge sagte, dass das jeder bekommt, wir aber mit der Besatzung zusammen noch individuell ausgezeichnet werden.“ Er hatte seinen Orden auch schon in der Hosentasche verstaut.

„Oh, Mann. Richtig. Also dann doch noch so eine große Medal-Parade…“

Leonidas grinste. „Mal etwas anderes: Wo wohnst du hier in der Stadt?“

„Ich wollte eigentlich zurück zur Blackbeart. Nach einem kleinen Abstecher…“

„Die Schlanke aus dem Club?“ Leonidas blickte seinen Freund von der Seite an.

„Klar. Man wird nicht jünger.“

„Du kannst bei uns einziehen. Wir haben hier ein bescheidenes Penthouse im Wall. Netter Blick auf die Innere City. Gerade wenn es dunkel ist, ist der Blick vom Balkon aus fantastisch. Manche sagen sehr romantisch…“

„Leo bitte. Ich kann die Frau wohl kaum zu dir auf die Hütte mitnehmen.“ Er lachte aber dabei.

„Blödsinn, Valerius. Diese Hütte erstreckt sich über die zwei obersten Etagen. Hat separate Suiten – Wohnhöhlen in deinem Sprachgebrauch –und ansonsten alles, was man so zum Rumlungern braucht: Koch, Butler, Zimmerservice und Chauffeur 24/7.“

„Ich weiß nicht, Leo…“

„Ich aber. Du wohnst bei uns. Wir greifen uns nun einen Wagen der Fahrbereitschaft, lassen uns dahin bringen, du ziehst da ein und ich fliege weiter zum Port West und nehme ein Shuttle hoch zur Olympia.“

„Du willst nicht bleiben?“

„Um was zu tun? Dem großen Helden beim Abschleppen diverser Damen zu helfen?“ Er lachte. „Nee. Lass mal gut sein. Wir sehen uns die Tage noch. Du rufst die Frau an, verabredest dich mit ihr wieder im Outlander Club und machst dir einen schönen Abend. Wenn Du Klamotten brauchst, es ist alles da. Und unten im Tower sind auch genug Geschäfte. Kannst dir das passende Zeug gleich ausdrucken lassen. Sind fast alles Just-in-Time-Modeboutiquen dort. Und dann noch unter die Dusche, oder schwimmen gehen. Bisschen Massage und dann los…“

„Schwimmen und Massage?“ Gibson schaute Leo spottend an.

„Alles Bestandteil dessen, was du als Hütte bezeichnet hast.“

„Ein Schwimmbecken? Im Penthouse?“

„Wo sonst. Wir Falkenbergs sind zwar Infanteristen, aber nicht blöd genug dafür nur fürs Plantschen durch die halbe Stadt zu tigern.“

„Es muss schön sein, reich zu sein.“

„Sagt mir der, dessen Prisengelder wie hoch waren?“ Beide lachten.

„OK. Danke.“ Er zögerte kurz. „Möchtest du nicht mitkommen? Die waren zu zweit…“

„Dank dir, Kamerad. Aber ich muss zur Olympia. Bei mir kommt morgen schon die Lamettaabordnung zur Heldenverehrung vorbei.“

„Schöner Mist…“

„Ein anderes Mal.“ Er aktivierte seinen IC und runzelte unwillig die Stirn, da die Software mal wieder hakte, wie es schien: „Fahrbereitschaft ist wo?“ Sofort wurde in seine Kontaktlinsen der Weg zur Fahrbereitschaft eingeblendet.

„Wohin, O großer Held“, fragte Gibson.

„Zur Fahrbereitschaft“, sagte Leonidas schlicht.

„Dann sei mein Gast. Unser Wagen ist auf dem Weg zum Portal. Wir Flottenhelden sind zwar auch gut zu Fuß, versuchen das aber wo immer möglich zu vermeiden.“

„Ich sehe, dass du dich an die Annehmlichkeiten deines Ranges rasch gewöhnt hast.“

„Ach was. Du etwa nicht?“ Beide lachten wieder und gingen zum Hauptportal.

2

Römisches Imperium, Befreiungszone, Sidon-System, Sidon, an Bord ILS Overlord 1, 13.03.2485 04:00 LPT

Die zwei speziell für diesen Test umgebauten Träger der Cerberus-Klasse wirkten gegen die acht eiförmigen Schiffe die sich von ihnen lösten fast filigran. Und von einem Test zu sprechen, verbot sich auch. Es handelte sich um eine Art Kommandounternehmen zur Einnahme eines Brückenkopfes auf dem Planeten, um diesen dann zu erweitern, abzusichern und aus ihm heraus die planetare Logistik für die Befreiung von Sidon zu gewährleisten.

Dass dabei die neuen Overlord-Landungsschiffe (ILS) zum Einsatz kamen war aus Sicht von Legat-5 Arrius von Kleist, dem Sektorprokurator, nur folgerichtig. Schließlich sollten diese Landungsschiffe exakt das in Zukunft immer tun. Landezonen nehmen, als Brückenköpfe sichern, den Bodeneinheiten schwergepanzerte und bewaffnete Basen bieten sowie als Eckpfeiler der LZ-Verteidigung dienen, bis diese selbst befestigt werden konnten.

Legat von Kleist hatte es sich nicht nehmen lassen den Ersteinsatz unter Gefechtsbedingungen selbst beizuwohnen und stand nun auf der Brücke seines Roma-SCS-Monitors Massada und schaute gespannt zu. Im Holotank hinter ihm drehte sich Sidon und zeigte die Angriffs- und Blockadeeinheiten im Orbit verteilt. Mit Kursen, Waffeneinsatzpunkten und kleinen Tabellen daneben, die ihren jeweiligen Einsatzstatus anzeigten.

Er hatte solche Holos inzwischen so oft gesehen, dass er es jetzt vorzog sich auf Drohnen und Schiffe zuzuschalten, um einen unmittelbareren Eindruck zu erhalten.

Außerdem war das nicht seine Show. Es war die von Legat-3 Septimus Servus Koenig, dem Kommandeur der XXXII. Legion, deren Wappen und Wahlspruch für diesen Angriff die Außenhüllen der acht Overlords zierte. Der grüne Löwe auf roten Grund wurde vom Wahlspruch der Legion gekrönt: Virtutis fortuna comes!

Und da der kommandierende Legat der Legion das wörtlich nahm, dass das Glück in der Tat nur mit den Mutigen war und Mut ein Beispiel brauchte, dem man nacheifern kann, saß er in einem Sessel auf der Brücke der Overlord 1. Er war nur noch Passagier von Legat-1 Pollus Secundus Frazer, dem Projektdirektor der Overlord-Entwicklung beim IFO und jetzigem Kommodore des aus acht Overlords bestehenden Verbandes. Frazer hatte es sich nicht nehmen lassen das Spitzenschiff des Verbandes selbst zu führen. Und es hatte Legat Koenig nicht gerade erfreut, dass die Besatzung das Schiff inoffiziell Overlord 1 – 2. Versuch nannte, da das erste Schiff dieses Namens die Erstlandung nicht überlebt hatte. Da war es wenig beruhigend, dass das inzwischen anders war und jeder Overlord dutzende von Landungen unter allen möglichen Bedingungen absolviert hatte. Nur eben noch nicht unter feindlichem Feuer…

Koenig schaute zu Frazer hinüber, der in seinem Kommandosessel überaus ruhig und entspannt wirkte. Fast schon freudig und erwartungsvoll…

‚Verdammt. Ich hätte darauf bestehen sollen, dass da kein Werftheini den Verband führt‘, dachte Koenig und korrigierte sich sofort selbst. ‚Andererseits gibt es mit dem Konzept keinen besseren Mann als den, der es entwickelt hat. Legat Velter, der Befehlshaber der Fünften Flotte mit ihren SCS hatte das bewiesen. Der Legat verstand es wie kein Zweiter dieses Trägerkonzept in der Schlacht zum Einsatz zu bringen. Dennoch war Koenig genauso wenig davon erbaut sein Schicksal einer „Raumflosse“ anzuvertrauen. Wie schon die ersten Legionäre Roms, die in der Antike von Triarchen angelandet wurden…

„Kurs auf LZ setzen. Abstiegswinkel sechzig Grad. – Auf mein Kommando Feuer einstellen und klar zur Drehung“, befahl er dem Verband, der in einer Kreisformation der Oberfläche entgegenstürzte und mit allen nach vorn gerichteten Laser- und Gatlingwaffen Ziele in der vorgesehenen Landezone beschoss.

Die Overlords waren 500 Meter hohe eiförmige Schiffe von 600.000 Tonnen Masse und trugen ein Manipel samt einer Versorgung für einen Monat in die Schlacht. So schwer gepanzert wie ein Angriffskreuzer der Roma- oder Gladius-Klasse würden sie auf der Oberfläche wie gigantische Eier stehen und mit ihren Geschützen das Umfeld beherrschen. Dabei würde die Eiform garantieren, dass der Beschusswinkel aller Waffen praktisch bis vor die acht ausfahrbaren Landebeine der Schiffe reichte und so für maximalen Schutz sorgen würde.

Vom Boden erreichte sie nun das erste Abwehrfeuer, welches sich schnell steigerte. Laserbahnen trafen die Overlords, deren starke Schilde aber hielten.

In hundert Kilometern Höhe war der Punkt für das Wendemanöver erreicht und Frazer gab den Befehl: „Feuer einstellen. Auf mein Kommando wenden. In 3 – 2 – 1 – Ausführung!“

Alle acht Schiffe drehten sich mit den seitlichen Manöverdüsen um 180 Grad, so dass nun die Triebwerke in die Flugrichtung zeigten. Dann kam der zweite Befehl Frazers: „Auf mein Zeichen Landeposition einnehmen.“ Er blickte in die Kursprojektionen des Holotanks vor sich und sah den Countdown des SchiffsComps, der ebenfalls gut sichtbar eingeblendet war. „In 3 – 2 – 1 – Jetzt!“

Die ringförmige Formation drehte weitere 30 Grad ein und fiel nun senkrecht der LZ entgegen, während die Batterien am dicken Ende des Eis die LZ wieder unter direkten Beschuss und die höher am Rumpf befindlichen Geschütze Ziele in der Peripherie unter Feuer nahmen.

Eigentlich hätten die Schiffe auch in der Wendephase weiterfeuern können, doch hatte Frazer das abgelehnt. Einerseits hatte er argumentiert nicht unnötige Störelemente im Spiel haben zu wollen, zumal das komplexe Manöver durch den Feind gestört werden könnte, und andererseits würden bei einer Feuerpause mit Sicherheit die ohnehin überraschten Verteidiger wieder aus den Löchern kommen, und dann vom folgenden Feuerüberfall nochmals überrascht werden.

Koenig hatte das abgenickt. Nicht aus tiefster Überzeugung, aber aus der Einsicht heraus, dass ein Roma-Monitor, die Massada, notfalls zur Verfügung stand, um ein Orbitalbombardement zu entfesseln, das seinesgleichen suchte.

Doch jetzt glitten die acht Landungsschiffe auf ihren Triebwerksstrahlen hinab zum Planeten. Um sich schießend und alles bekämpfend, was sich zeigte und ein Ziel bot.

Vom Boden wurde das Abwehrfeuer schwächer. Einzelne von weiter entfernten Batterien abgeschossene LSRs wurden von den Javelin-AMM der Overlords quasi nebenbei abgeschossen.

Jetzt stürzten die Schiffe rasend schnell der LZ entgegen. Das Manöver war nun in der Hand des SchiffsComps, dessen Software dafür wiederholt angepasst worden war. Die hinter schweren Panzerplatten befindlichen Landebeine fuhren seitlich aus. Zeitlich so knapp bemessen, dass der Beobachter schon den Atem anhielt und glaubte, die Schiffe würden sich so in den Boden bohren wollen. Ein letzter gewaltiger Schub bremste die Overlords so ab, dass sie nur ein paar Meter über den Boden fast zum Stillstand kamen und sanft – einer Feder gleich – aufsetzen. Etwas, was man noch zwanzig Sekunden vorher nie vermutet hätte.

Andererseits hatte der letzte Triebwerksstoss alles im Umkreis von siebenhundert Metern weggefegt und die Fläche direkt unter den Triebwerken glasiert.

Heißes Metall knackte und es stank metallisch, während die Batterien ein Sperrfeuer schossen, dass alle Verteidiger verzweifeln ließ.

Panzerluken öffneten sich und Aufzüge brachten Truppen nach unten. Kampfrüstungen sprangen von Bord, verteilten sich im Schutz der Batterien und rückten in Trinärdecurien geordnet auf die vorgegebenen Ziele vor.

„Schiffe gelandet, LZ gesichert, Legat“, meldete Frazer dem Kommandeur der Bodentruppen und drehte sich ihm zu.

Legat-3 Koenig war immer noch etwas benommen. Die Trägheitsdämpfer hatten zum Schluss den Landeschub nicht ganz kompensierten können und ihm war schlecht. Doch im Holotank vor Frazer konnte er sehen, dass die acht Overlords einen perfekten vier Kilometer durchmessenden Ring um eine kleine Stadt mit ihrem kleinen Flugfeld bildeten, der zum ersten Brückenkopf auf Sidon ausgebaut werden würde. Seine acht Manipel schwärmten nun aus und sicherten die LZ, besetzten die Stadt und schalteten den Restwiderstand aus. Alles unter den wachsamen Geschützen des Rings aus Overlords, welche die Peripherie sicherten, die LZ nach oben abschirmten und bis zum Eintreffen von Verstärkung und Logistik die Truppen versorgen würden.

Koenig nickte anerkennend. Mit dieser neuen Technik würden Landungstruppen nie wieder mit blankem Arsch auf der Heide stehen, wie damals auf Naukratis und dieser leidigen Nummer mit Abwurfcontainern. Er schüttelte sich allein bei dem Gedanken.

„Danke Legat. Ich muss schon sagen, dass das ein Erlebnis war. Verdammt gut gemacht!“

Frazer nickte. Legat Koenig war bekannt dafür mit Lob sparsam zu sein.

„Ich geh dann mal an die frische Luft und seh mal zu, dass die Jungs da draußen nicht einrosten. Auch wenn die Landung diesmal ein Spaziergang war, heißt das ja nicht, dass es nichts zu tun gibt. – Bis später, Legat Frazer.“

„Jawohl, Legat“, beeilte sich Frazer zu sagen und wechselte dann auf den Flottenkanal: „Alpha Eins, hier Overlord 1. Alle Schiffe Status Grün. Wiederhole: Grün. Marginale Beschussschäden. LZ gesichert. 321. und Teile 322. Kohorte schwärmen aus und brechen lokalen Widerstand. Dieser schwach. Flugfeld in vermutlich zwo Hotel betriebsfähig.“

„Hier Alpha Eins“, meldete sich von Kleist. „Gut gemacht. Erwarte dein Eintreffen zwecks umfassenden Rapports in drei Hotel, Legat.“

Frazer bestätigte den Befehl und übergab an den XO. Ab jetzt und bis zum Start waren die gelandeten Overlords nur gewaltige Festungen, die Feuerunterstützung und Schutz boten. Bis zu dem Zeitpunkt, wo man sie wieder abzog. Das war ein Teil des Konzeptes, das weniger schön war. Das Ressourcen fraß. Aber besser so, als unnötig Kameraden in einer LZ allein auf sich gestellt und gegen überlegenem Feind antreten zu lassen. Ab diesem Tag wurden bei einer Landung die Karten neu gemischt.

Nie wieder würden Landungstruppen allein auf weiter Flur stehen. Ab jetzt würde die Feuerüberlegenheit alleinig bei den Angreifern liegen. Bei der Landung und nach der Landung. Ähnlich in der Normandie 1944.

Und sollte es nötig sein, konnten sich die Schiffe – wenn auch mit Mühe – umformieren. Neue Schwerpunkte um die LZ bilden. Oder auch, aber da waren die Konzepte noch nicht ausgereift, als Unterstützung der Frontlinie dienen. Als Eck- und Schwerpunkte von Verteidigungen oder auch als Flankenschutz für Angriffsoperationen sowie für Landungen im Hinterland von Fronten.

Das Overlord-Konzept bot viele Möglichkeiten. Andererseits war es verdammt kostspielig und die zugehörigen originären Trägerschiffe waren noch nicht fertig. Es gab viel zu tun und er, Frazer, würde dort an vorderster Front mit eingebunden sein. Das Konzept weiterentwickeln dürfen. Es perfektionieren können. Damit nie wieder Legionäre auf sich gestellt gegen überlegene Truppen in einer LZ antreten mussten.

Er strich mit der Hand fast zärtlich über das Brückenschott als er es passierte. „Kommandant verlässt Brücke“, meldete die Brückenwache und er hörte wie sein XO sagte: „Ich übernehme.“ Die Bestätigungen dafür hörte er nicht mehr, da sich die Panzerluke zur Brücke schloss und er den Korridor zum Aufzug hinunterschritt. Er wollte von außen sehen, welche Schäden der Bodenbeschuss verursacht hatte. Der war nur leicht gewesen, aber dennoch würde es sehr aufschlussreich sein. – Für einen Flotteningenieur zumindest…

„Also, Männer. Sobald das Panzertor aufgeht, will ich Bewegung sehen – Klar?“ Centurio Pieter Xerxes Faulkner wusste, dass eine weitere Motivation seiner Männer nicht nötig war. Sie alle brannten darauf als erste aus einem Overlord ins Gefecht hineinspringen zu können.

Zwischen den acht paarweise angeordneten Landebeinen wurde in hundert Metern Höhe eine Rampe ausgefahren. Eigentlich war das recht euphemistisch und es kursierten schon Begriffe wie „Die Planke“ oder „Das Sprungbrett“. Diese sechs Meter breiten Platten fuhren fünfzehn Meter weit aus und erleichterten es so den Kampftruppen mit ihren Rüstungen oder aber mit Gefechtspanzern und Sprungsets leicht über die untere Eiwölbung des Rumpfes paarweise zugleich hinwegzuspringen.

Und da das kein Freizeitvergnügen war, war das geprobt worden. Wie das Absetzen von Fallschirmjägern. Sobald die Lampe auf Grün ging rannten die hinter dem Panzertor aufgereihten Legionäre zum Ende der Planke und sprangen ab. Und da das ein fortwährender Prozess war, waren die Abstände so gewählt, dass die jeweils nachfolgenden Springer selbst auch nur so viel Zeit hatten den Landeort zu räumen, wie ihre Vorgänger es für sie getan hatten.

Im Manöver hatte es hierbei unschöne Szenen gegeben und Legat Koenig war nicht gerade erbaut gewesen. Gelinde gesagt. Ergo war das so oft wiederholt worden, bis es mit schlafwandlerischer Sicherheit und absoluter Genauigkeit ablief.

Als die Lampe nun auf Grün schaltete und das Panzertor in der Außenhülle aufglitt, rannte der Centurio mit seinem Nahsicherer und Funker über die Planke auf den Abgrund zu, nahm dabei das massive Feuer auf erkannte Ziele seines Schiffes kaum wahr, und konzentrierte sich auf den Absprung.

Sein RüstungsComp, mit den Sensoren des Schiffes verbunden, markierte sofort mögliche und verifizierte Ziele auf seinem HUD und steuerte anschließend seine Landung.

Centurio Faulkner, 4. Centurie, I. Manipel der 321. Kohorte seiner XXXII. Legion, räumte sofort das Landegebiet, wo nur Sekunden später das nächste Paar aufsetzte. Der Führer der I. Trinärdecurie und ein weiterer Decurio und Truppführer. Beide verteilten sofort die ihnen folgenden Männer im Gelände bis der Decurio der 3. Decurie der Teileinheit unten war und die gesamte I. Trinärdecurie auf ihr befohlenes Ziel vorrückte.

Das Spiel wiederholte sich noch zweimal, bis alle drei Trinärdecurien unten waren und die Centurie geschlossen vorrücken konnte.

„Lion 1, hier 1-4. Gehen nun geschlossen auf Tango 14.1 vor.“

Sofort war sein Manipelkommandeur in der Leitung und er sah im HUD oben links ein kleines Bild des Tribuns. „Hier Lion 1. Verstanden. Ende.“

„OK, Männer. Keil I. ist vorn. II. links, und III. rechts dahinter. Ich hinter I. – Und nun LOS!“

Die anderen drei Centurien waren über die restlichen Rampen abgesprungen, während die fünfte Centurie, für die der Zentralaufzug gedacht gewesen war, nun trinärdecurienweise ebenfalls über alle nun verfügbaren Planken absprang.

Der Aufzug selbst, der zwischen den vier Triebwerken herauskam, war nicht einsetzbar, da der Boden unter den Triebwerken immer noch zu heiß war, eher noch nicht wieder gehärtet war. Das würde noch ein paar Stunden dauern.

Faulkner, wie auch die anderen Centurios, hatte darin einen Konstruktionsmangel gesehen, aber den Mund gehalten. Gegenüber all dem, was sie schon erlebt hatten, war das zu vernachlässigen.

Dennoch war klar, dass man an dem Schiff noch das ein oder andere nachbessern konnte. Und musste, wenn man ihren fluchenden Kommodore richtig verstanden hatte.

Dennoch war es gegenüber anderen Landungen ein Spaziergang und sie stießen unter dem anhaltenden Sperrfeuer von Laserimpulsen zügig auf die kleine Stadt vor, die sich innerhalb des Sicherungsparameters des Overlord-Rings befand. Ihre Aufgabe war es das Gebiet endgültig zu befrieden.

„In Halbdecurien aufteilen und decurienweise vorrücken“, kam es bei Erreichen des Stadtrandes sofort durch und die Centurie teilte sich in neun Decurien auf, die nun jede in eine Straße, Gasse oder auch nur Freifläche in den Ort vordrang.

Überall waren Beschussschäden von Laser- und Gatlingsalven zu sehen. Gebäude brannten und dunkler Rauch zog durch die Luft. In den Kellern orteten die Rüstungssensoren Biokontakte aber keine Waffen, und so zogen sie die zerstörten Straßenzüge hinab.

Vom rechten Nachbarn, der 3. Centurie kam Gefechtslärm zu ihnen hinüber, aber der Alte hatte eine Trinärdecurie der 5. Centurie, der Manipelreserve, hingeschickt. Wie es schien waren die Kameraden auf eine Befestigung gestoßen, die energisch verteidigt wurde. Erste Verluste traten ein und Sanitätsdroiden eilten zu den Verwundeten.

Der Centurio konzentrierte sich wieder auf seine Aufgabe und rückte mit der I. TD seiner Einheit weiter vor. Vereinzelte Schüsse trafen nun auch sie. Kugeln prallten von den Deflektorschilden ab und schwirrten als Querschläger umher. Im HUD sah er ein Ziel, das der RüstungsComp markierte. Andere Ziele wurden ihm im Netzverbund von anderen Rüstungen übermittelt.

Eine im Vorfeld gegebene klare Befehlsgebung machte jeden weiteren Befehl überflüssig. Eine weitere Kugel prallte von seiner Rüstung ab, die am Schild vorbeigegangen war. Sein Comp markierte das Fenster im sechsten Stock eines Verwaltungsgebäudes, das gleich darauf von zwei 40mm-Granaten um eben dieses Stockwerk reduziert wurde. Flammen schlugen aus den zerrissenen Wänden. Die Zielmarkierung war erloschen.

„Hier Lion 1. Vier: du flankierst Widerstandsnest vor 3. Centurie.“

„Jawohl, Tribun“, bestätigte Faulkner und sandte sofort einen Befehl an seine II. TD. : „Rechts einschwenken und Gegner in der rechten Flanke zur Mitte aufrollen.“

Der Trinärdecurienführer bestätigte und die II. TD schwenkte sofort rechts herum und ging auf das Widerstandsnest zu.

Sie selbst zogen nun auch vermehrt das Feuer an und Faulkner, nun um seine II. TD beraubt, entschloss sich mit seinen restlichen sechs Decurien vorsichtiger vorzugehen. Es machte keinen Sinn hier Leute zu verlieren. Der Gegner war geschlagen. Wusste es aber offensichtlich noch nicht oder hatte zu viel zu verlieren. Er kämpfte weiter…

„Chef. Vor uns ist ein verstärktes Gebäude mit einer leichten Blasterkanone auf dem Dach. Die hält uns hier nieder. Artillerie wäre nun nicht schlecht.“

Faulkner kontrollierte die Position, rief das Bildmaterial der Microaufklärer auf, die ihnen vorweg geschwärmt waren und nickte unwillig. ‚Tja, und noch ein Punkt auf der Verbesserungsliste dieser Overlord-Sache‘, dachte er. ‚Steilfeuergeschütze, die auch hinter Deckungen wirken können, wären echt nett.‘

Doch die fehlten. Man war mit dem Konzept davon ausgegangen, dass die Overlords alles wegschießen können würden, was die ausbootenden Truppen bedrohte. Das taten sie auch. Aber nur die, die im direkten Richten mit Laser, Gatling oder gar Rakete erreicht werden konnten. Auf Gegner in Stellungen und hinter Verschanzungen oder gar hinter Häuserzeilen traf das leider nicht zu. Zumindest nicht, wenn man nicht bereit war alles zwischen Ziel und Overlord zu pulverisieren. Blieb also nur das, was man selbst dabei hatte…

„Setz eine Zielsuchrakete ein“, wies er an. Das war insofern kritisch, da diese nach dem Abschuss via vorgegebenen Wegepunkten flogen und man selbst das Ziel nicht direkt verifizieren konnte. Das konnte Zivilisten schnell zum Verhängnis werden.

Der Decurio programmierte kurz den Weg der Rakete, sandte den Feuerbefehl an seinen Legionär mit der Rakete, der sie dann sofort abschoss.