Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Rom im Jahre 71 v. Chr ... steht am Rande der Katastrophe. In Spanien wüten in den ehemals punischen Kolonien Aufstände und der Krieg in Kleinasien zieht sich immer weiter hin. Dazu tobt in Italien selbst der Sklavenaufstand, verwüstet ganze Landstriche, macht die Landwirtschaft unmöglich und von Getreidelieferungen aus Ägypten abhängiger denn je. Das Heer von Spartacus zieht mit mehreren Verbänden marodierend durch Italien und der Senat zögert noch immer Marcus Licinius Crassus und sein von ihm auf eigene Kosten aufgestelltes Heer offiziell mit der Niederschlagung des Aufstandes zu beauftragen. Doch Crassus braucht einen Feldherrnerfolg für seine politische Karriere. Daher entsendet er Lucius Quintus Portus mit der Victoria zum Piratenkönig Tauros auf Zypern, um ein Übereinkommen auszuhandeln. Er will unter allen Umständen verhindern, dass die Piraten Spartacus aus Italien evakuieren. Ein gefährliches Spiel, in das der Trierarch Lucius Quintus Portus und sein Freund Centurio Gnaeus Rufus Galba, der Führer der Seesoldaten an Bord, immer tiefer hineingezogen werden und Schiffbruch zu erleiden drohen. Können Crassus Pläne aufgehen? Kann er sich seinen militärischen Erfolg sichern und mit dem erhofften Sieg den nötigen Ruhm erringen? Und was wird aus Lucius und seinen Freunden in dem Spiel, wo der Wolf die Zähne fletscht und zu Lupus Invictus werden will. SPQR - Die Flotte von Rom ist die erste marinehistorische Romanserie aus dem antiken Rom, die nun mit Teil 1 "Victoria" und Teil 2 "Lupus Invictus" ihren Anfang genommen hat. Die ausgewählte und angedachte Epoche der Serie vom Sklavenaufstand bis zur Machtergreifung durch Kaiser Augustus nach der Schlacht von Actium ist seegeschichtlich das spannendste Zeitalter der römischen Geschichte. So wie Richard Bolitho und Horatio Hornblower im Zeitalter Napoleons ihr Handwerk betrieben, so soll die Karriere des Lucius Quintus Portos im Schatten von Männern wie Crassus, Pompeius, Mark Anton und nicht zuletzt Caesar spielen. Teil 3 - Pompeius Magnus ist in Vorbereitung.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 383
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
DemBund Deutscher EinsatzVeteranen e.V.
Ich war selbst in vier Bundeswehreinsätzen mit insgesamt 22 Monaten. Elf, mir persönlich bekannte Kameraden, mit denen ich in Afghanistan dienstlich zu tun hatte, fielen…
Es ist immer gleich. War es schon immer. Nicht erst seit heute. Anfangs ist eine riesige Begeisterung spürbar für „dies und das“ „in den Krieg zu ziehen“. Es dem Erbfeind mal wieder zeigen, Land im Osten suchen, Sklaven im Süden befreien, Europa mit der Bürgerrevolution überziehen, sich unabhängig erklären oder für andere guten Dinge. Gründe gibt und gab es schon immer. Weltweit zu jeder Zeit.
So ziehen und zogen dann Soldaten begeistert in den Krieg. Kapelle und Küsschen zum Abschied und los gings mit Gesang.
In Deutschland war das 1863, 1866, 1870, 1914, 1939 im großen Stil der Fall. Die meisten kamen wieder. Viele halt nicht. Und andere kamen ohne Arm oder Bein zurück. Oder erst nach langer Gefangenschaft.
Doch alle die das überlebt haben, hatten zum Teil seelische Wunden davongetragen. Neben den physischen Verletzungen an sich. Ich schrieb dazu einen Artikel im Nordhessen-Journal, der sich rasch verbreitet hat:
Keiner bleibt allein: Bund Deutscher EinsatzVeteranen e.V. – (nordhessen-journal.de)
„Treu gedient – Treue verdient“ ist das Motto des Vereins, was das in vier Worte fasst, was eigentlich selbstverständlich sein sollte. Besonders in einem Land, das gerade wieder nichts auslässt, um ins Kriegshorn zu blasen und Krieg als notwendig darzustellen.
Wer das tut hat auch eine Verantwortung. Nicht nur für die Toten, sondern auch für die Überlebenden, die mitunter dann auch verwundet wurden. Auf die ein oder andere Art.
Treue ist keine Einbahnstraße! – War sie nie!
Und daher nun auch hier der Aufruf, den ich gern unter all meine Bundeswehrartikel gesetzt habe nochmals:
Als Interessenverband für alle Einsatzveteranen ist der Bund Deutscher Einsatzveteranen e.V. als mildtätig anerkannt worden
Er ist Ansprechpartner und Anlaufstelle für alle Kameraden, die Hilfe brauchen. Es wird jedem, sofort und professionell geholfen, der durch seinen Dienst für die Bundesrepublik Deutschland zu Schaden kam.
Ich bitte meine Leser um Spenden und Unterstützung für die gute Sache und hoffe auf breite Kommunikation des Anliegens für unsere Soldaten!
Abb.: Das Mittelmeer nach dem Sieg der Römer über Karthago 146 v. Chr.
Abb.: Die römische Republik und die römischen Provinzen 78 v. Chr.
Prolog
Kapitel 1: Östliches Mare Nostrum, südlich von Kreta, an Bord der Victoria, 72 v. Chr
Kapitel 2: Östliches Mare Nostrum, südlich von Italien, an Bord der Victoria, 71 v.Chr
Kapitel 3: Athen, in der Nähe des alten Areopags, Villa des Sokrates Katakis, 71 v.Chr
Nachwort
Glossar
Werkverzeichnis
Die römische Republik befand sich im Krieg. Und das in mehrfacher Hinsicht und gleichzeitig. Nachdem König Nikomedes IV. von Bithynien sein Reich in Kleinasien Rom vermacht hatte, rief das sofort König Mithradates VI. auf den Plan, was 74 v.Chr. dann zum III. Mithradatischen Krieg geführt hatte.
Der Konsul Lucius Licinius Lucullus versuchte daher seit zwei Jahren den ehrgeizigen König in die Schranken zu verweisen, ohne aber die Schlacht zu erzwingen, da er die starke Kavallerie des Königs fürchtete.
Zur See machte sich mehr und mehr ein Patt breit, da weder der König noch Rom die Seeherrschaft an sich reißen konnten.
Diese hatten im östlichen Mittelmeer die kilikischen Piratenkönige inne. Von allen Seiten bekämpft, umschmeichelt oder auch direkt bestochen, um Partei zu ergreifen. Zumindest dazu gebracht wurden die eigenen Schiffe unbehelligt zu lassen.
Durch den Krieg geschwächt konnte Rom es nicht verhindern, dass auch andere Küstenstriche sich der Piraterie widmeten, so dass sich das Piratenunwesen im Mittelmeer immer weiter auszudehnen begann und somit auch die Getreideversorgung Roms gefährdete. Und gerade die Getreideimporte aus dem Reich am Nil waren nun mehrfach von enormer Bedeutung für die Republik.
Das Land am Nil war Dank des fruchtbaren Flussschlamms die damaligen Kornkammer des Mittelmeerraumes, was die Ptolemäer-Herrscher auf dem Thron des Pharao, Nachfahren des Freundes und Generals Alexander des Großen, nur zu gern ausnutzten.
Jetzt bedrohten aber die Piraten die Versorgungsrouten und ganz Italien hungerte.
Rom hungerte auch deshalb, weil 73. v.Chr. in der Nähe von Capua ein sich schnell ausbreitender Sklavenaufstand unter dem ehemaligen Gladiator Spartacus ausbrach, der erst Süditalien verwüstete und sich dann auf ganz Italien ausbreitete.
Den Sklaven gelang es mehrere Milizarmeen sowie auch zwei konsularische Heere aus Berufssoldaten vernichtend zu schlagen, was den Aufständischen ermöglichte Landgüter, Bauernhöfe und Städte samt eingelagerten Vorräten zu plündern.
Daher waren die Ernten von 73 und auch 72 ausgefallen. Der Hunger breitete sich überall in Italien aus.
So – im eigenen Kernland geschwächt – kämpfte Rom um seinen Weiterbestand. Viele Römer sowie auch ausländische Herrscher sahen schon die Stadt Rom selbst fallen.
Das motivierte nicht wenige von ihnen sich neue Bundesgenossen zu suchen, was die Lage für die ohnehin sehr geschwächte römische Republik noch verschlimmerte.
Rom selbst war nach dem Bürgerkrieg und dem Tode des Diktators Sulla auch innenpolitisch zerrissen. Im Senat bekämpften sich traditionswahrende Altpatrizier und volksnahe Neumitglieder des Senats und schufen so die Grundlage dafür, dass die Konfliktherde im Reich nicht richtig bekämpft werden konnten.
Keiner wollte einen Mann zum Feldherrn machen, der nicht aus seiner eigenen Fraktion kam. Das Oberkommando über ein großes Heer sah man an als die ultimative Versuchung an ein zweiter Sulla zu werden. So traute jeder der anderen Seite zu einen neuen Diktator Sulla schaffen zu wollen und die Armee dafür zu nutzen den politischen Gegner auszulöschen.
So dümpelte der Krieg in Kleinasien vor sich hin, ohne dass der Konsul Lucullus über ausreichend starke Streitkräfte verfügen konnte, um schnell zu siegen.
Während die Piraten inzwischen nun schon ganze Städte plünderten und tributpflichtige Königreiche errichteten, verwüstete Spartacus mit seinem Heer das republikanische Kernland Roms. Ruinierte so die Wirtschaft.
Ein Zustand, der die Republik an den Rand der Katastrophe brachte und die Ausdehnung der Rebellion in andere überseeische Provinzen der Republik befürchten ließ.
An dieser Stelle wurde der Prätor Marcus Licinius Crassus, der reichste Mann Roms, aktiv. Er stellte auf eigene Rechnung ein Heer von acht Legionen auf und wartete darauf, dass der Senat ihm den Auftrag gab, mit diesem Heer Spartacus zu vernichten.
Da der Senat zögerte, sich die Sklavenrebellion aber ausbreitete, versuchte Crassus die Flucht der Sklaven über das Meer in andere Provinzen zu verhindern.
Einerseits, um die Republik zu sichern, aber auch, damit noch Gegner da waren, die er bekämpfen konnte. Er wusste, dass Römer – Volk wie Senat – nur erfolgreichen Feldherren wirklich folgten. Und ohne militärischen Erfolg als Feldherr war sein weiterer Aufstieg gefährdet.
Darum verhandelte er mit den kilikischen Piraten darüber, Spartacus eben keine Schiffe zu stellen, egal wieviel er ihnen an Gold und Silber bot, um ihn und seine Rebellen aus Italien auszuschiffen.
Crassus tat alles, um seine Gegner vor Ort zu halten, um sie dann später triumphal bekämpfen zu können.
Und während das Volk litt wusste jeder, dass die Zeit ablief. Entweder für Rom an sich oder aber bis der Zeitpunkt nahte Crassus die von ihm ersehnte Vollmacht zu geben und sein Privatheer zu legitimieren einen gerechten Krieg zu führen. So wie es Recht und Tradition war und die Götter forderten.
Daher fürchteten viele, dass gerade ein erfolgreicher und siegreicher Feldherr Crassus das Ende der Republik und damit das Ende Roms wäre…
Die Trireme Victoria glitt durch die leichte Dünung schnell dahin. Ein beständiger Westwind schob das Schiff unter vollen Segeln durch das nächtliche Meer. Der Wind war ausreichend stark genug, um den Trierarchen der Trireme so zufrieden zu stellen, dass er auf das Rudern verzichtet hatte. So glitt das Schiff unter dem sternenklaren Himmel für eine Galeere fast schon lautlos dahin. Ohne den Klang der Trommel, ohne das Ächzen der Ruderer und ohne das Geräusch der eintauchenden und durchziehenden Riemen. Stattdessen waren leise Gespräche vom Ruderdeck zu hören, wo zweihundert Männer dicht zusammengedrängt auf ihren Einsatz warteten und die einstweilige Ruhepause genossen.
Hauptsächlich drehten sich die Gespräche um den vermissten neuen Centurio der Seesoldaten, Tercius Longinus.
Der frisch hinzuversetzte Centurio, der erst in Ostia kurz vor der Abfahrt der Victoria an Bord gekommen war, war in der letzten Nacht wohl über Bord gefallen. Man rätselte nicht warum, denn er hatte auf Einladung des Trierarchens mit dem neuen Optio Tullius Antonius Galba recht lange gezecht, so dass es wahrscheinlich war, dass er dann beim Austreten über Bord gefallen war. Unruhig genug war die See dazu gewesen, so dass rauer Seegang und persönliche Schlagseite Hand in Hand haben gehen können…
Nur glaubte das keiner so wirklich. Grund dieser Annahme war der in Neapel dazugekommene neue Optio Tullius Antonius Galba, der der Zwillingsbruder des in Rom aus dem Dienst ausgeschiedenen Centurios Gnaeus Rufus Galba hätte sein können.
Wenn auch der Bruder ihres berüchtigten alten Centurios eine Augenklappe trug, so waren sich fast alle einig, dass Zwillinge mitunter nicht auch die gleichen Narben haben konnten, wie zum Beispiel die breite Brandnarbe am rechten Oberarm…
Dazu gab es Besatzungsangehörige die schworen, dass sie Galba auch schon ohne Augenklappe gesehen hatten und das Auge völlig intakt gewesen war. Zumindest so ausgesehen hatte.
Dazu mutierte der anfangs etwas nachlässig wirkende Optio und nun diensttuende Centurio immer schneller zu dem Mustersoldaten, der einst der alte Centurio gewesen war. Zumal er ein wahres Wunder an selektiver Gedächtnisleistung zu sein schien.
Er kannte innerhalb der paar Tage an Bord fast alle alten Besatzungsmitglieder der Victoria mit Namen und Spitznamen, bedachte aber alle neuhinzugekommenen Männer in der direkten Ansprache mit den üblichen unpersönlichen Beschimpfungen.
Man wollte es nicht glauben, dass das wirklich zwei unterschiedliche Personen sein sollten. Auch dann nicht, wenn ihr Kapitän so tat, als wenn es so wäre.
Trierarch Lucius Quintus Portus, der zwanzigjährige Kapitän der Trireme, sprach Galba stets als Optio oder nur mit Galba an und übersah dabei die offensichtlichen Unstimmigkeiten, die von Tag zu Tag immer unübersehbarer wurden.
Das Haar des amtierenden Centurios war seit dem Verschwinden von Longinus so kurz wie eh und je. Das bei der Ankunft an Bord gezeigte mangelhafte Erscheinungsbild war nun wieder paradetauglich und der alte Helm des alten Centurios der Victoria war wie durch Zauberhand auch wieder aufgetaucht. In der Hand des Kapitäns, der den Helm wohl aufbewahrt hatte…
Natürlich schworen alle neu mit Galba in Neapel an Bord gekommenen Soldaten, dass dieser Optio Galba tatsächlich der Zwillingsbruder von Centurio Galba war. Nur glauben wollte das niemand.
Auch nicht Brutus, der nun neuer Optio wurde und seinen neuen „alten“ Centurio grundsätzlich mit Gnaeus ansprach, wenn sie unter sich waren, was an Bord der überfüllten Trireme eigentlich nie der Fall war.
Wenn die Besatzung das komisch fand, dann behielt sie das für sich. Centurio Galba mochte ein harter Knochen und Haudegen erster Klasse sein, aber er war kein Schleifer. Bei ihm reichte es, wenn alles sauber war. Er legte Wert auf die Einsatzbereitschaft, nicht auf das Aussehen an sich. Da wo Longinus wegen nicht glänzender Rüstungsteile seinen Rebstock geschwungen hatte, da setzte es bei Galba immer da Prügel, wo eine Klinge nicht scharf genug oder der Kinnriemen eines Helmes nicht fest genug war. Oder wo ein Schild nicht hoch genug gehalten wurde.
Und wenn Veteranen die Wahl zwischen einem Parade- oder Kampfcenturio hatten, dann wählten sie den Mann, der ihnen das Überleben im Kampf verlängerte. Ergo sagten sie nichts und atmeten insgeheim erleichtert auf.
Zumal auch deshalb, weil die Victoria auf einer Fahrt war, die direkter nicht in den Hades führen konnte. Kapitän Portus hatte es ihnen erklärt. Sie hatten den Auftrag einem dieser Piratenkönige eine Botschaft des Senats zu überbringen. Und um jede unnötige Konfrontation im Vorfeld von Zypern zu vermeiden, waren sie nur nachts unterwegs, außer Sichtweite der Küste und den Inseln.
Auch deshalb gefährlich, weil sie auf offenem Meer navigieren mussten und nicht nach Landmarken. Die Navigation nach Sternbildern war deutlich leichter und ungemein präziser, mit Polaris dem Nordstern fest im Blick, als die mit der wandernden Sonne als Referenzpunkt.
Natürlich mit dem Risiko verbunden bei Nacht und nicht ausreichender Sicht auf Riffe oder in Untiefen zu laufen. Oder abseits der Küste sonst wie zu havarieren. Neptun hatte stets eine offene Tür in sein Reich für alle, die ihn herausforderten. Oder unterschätzten…
Daher waren die nächtlichen Fahrten auch alles andere als gern gesehen und nicht wenige Ruderer, gerade die neuen, hatten mit Blick auf Neptun protestiert.
Doch im Angesicht des Auftrags und der Notwendigkeit immer tiefer in Piratengebiet vorzudringen, ohne eigenem Flottenverband im Rücken, verstummten jegliche Beschwerden schnell. Genauso wie die Tatsache, dass nachts das Rudern leichter fiel als am hochsommerlichen Tage, wo man jetzt hingegen in einer Bucht versteckt ruhen konnte.
So hatten sie sich Etappe für Etappe voran gearbeitet und Lucius gedachte es auch weiter so zu halten, bis sie Koufonisi erreichten. Eine Insel im Süden der Ostspitze von Kreta. Von dort würden sie in einem Zuge exakt nach Osten steuernd auf Zypern vorstoßen, das knappe dreihundert römische Meilen entfernt lag.
Lucius erhoffte sich so die Patrouillen der Piraten zu umgehen und Tauros samt seinen Schergen von der offenen Seeseite her kommend zu „überraschen“.
Tauros hatte die kleine Stadt Paphos an der Südwestküste von Zypern eingenommen und ausgebaut. Der kleine Hafen konnte jetzt bis zu zweihundert Schiffe aufnehmen und die Stadt thronte auf einem kleinen langsam ansteigenden Hang, der weiter oben ein Plateau bildete, auf der ein alter Königspalast thronte.
So zumindest hatte es einer der Ruderer erklärt, der schon einmal dort gewesen war.
Die Küste war steinig bis felsig und es war gefährlich dem Ufer zu nahe zu kommen. Besonders dann, wenn man nicht wusste, wo das gefahrlos möglich war. Spitze bis dicht unter die Wasseroberfläche aufragende Felsnadeln hatten schon so manches Schiff versenkt, wusste der Mann zu berichten, dessen eigenes Schiff vor Jahren genau auf diese Art gesunken war.
Alles in allem war die Stadt ein guter Platz, um vor überraschenden Landungen von Feinden relativ sicher zu sein, während der Hafen mit seinen Molen den Piraten Schutz und die kleine Werftanlage sowohl Wartung als auch Instandsetzung boten.
Auch hatte der Hafen ein tiefes Hafenbecken, was selbst großen Handelsschiffen erlaubte dort an der Kaimauer festzumachen.
Lucius wollte die Annährung so gestalten, dass sie gegen Tagesanbruch in Sichtweite der Küste waren. Da man von Land aus weiter sehen konnte, lief die Victoria allein unter Riemen und mit eingeholtem Segel ihr Ziel an. Das sollte sicherstellen, dass das auffallend helle Segel nicht bemerkt wurde, wenn sie von Westen kommend, aus der Dunkelheit der Nacht heraus, Zypern ansteuerten, hinter dem dann die Sonne aufgehen würde.
So hoffte er noch näher an den Hafen heranzukommen und möglichen Patrouillen zu entgehen.
Das Problem war die Kontaktaufnahme. Woran sollten die Piraten sehen, dass sie eine Art Botschafter waren? Oder ein Parlamentär? Wenn auch nur mit halboffiziellen Status. Oder eher rein privat…
Dass der Prätor Marcus Licinius Crassus sie geschickt hatte, mochte Türen öffnen, nur war das den Kapitänen der Patrouillenverbände der Piraten nicht bekannt. Und die zogen es vor erst einmal anzugreifen, bevor Fragen gestellt wurden. Und dann könnte es zu spät sein.
Was aber mit Sicherheit keine gute Idee wäre, wäre der Gedanke ihr Begehr mit ihnen in Rufweite zu klären.
So gedachte Lucius bei Tagesanbruch so dicht wie möglich vor dem Hafen aus der Dunkelheit heraus als Einzelschiff zu erscheinen. Ein Auslaufen von Piraten wäre dann zwar eine Option, aber eine mit nachrangiger Priorität, da die Victoria eh schon Kurs auf den Hafen anliegen hätte. Also kein Grund für Hektik bestand. Das Opfer würde zu ihnen kommen.
Am Mast flatterte der römische Stander eines Kuriers. Er stellte sicher, dass ein so gekennzeichnetes Schiff mit Priorität abgefertigt oder behandelt wurde. Es hatte Vorfahrt vor allen anderen Schiffen außer dem Flaggschiff. Und man hatte ihm Platz zu machen. All das sollte sicherstellen, dass die Depeschen ihren Adressaten schnell erreichten, zumal ein Schiff kein Pferd war und daher auch nicht so beweglich sein konnte. Schon gar nicht im engen Hafen…
Lucius, der seine Uniform mit auf Hochglanz polierten Bronzeharnisch und Helm über dem blitzenden Kettenhemd trug, stand gut vom Hafen aus sichtbar im Bug. Allein schon der weiße Federbusch eines Trierarchen sorgte dafür.
Die Seesoldaten standen unter Galba angetreten auf dem Deck oder neben den sechs Scorpionen auf dem provisorischen Achterkastell und der großen Ballista am Bug.
Die Victoria war kampfbereit, aber auf den ersten Blick schon als nicht unbedingt kampfwillig anzusehen.
Auch das sollte ein Signal an die Wachen und deren verantwortlichen Führer – Offizier wäre hier zu viel gesagt – sein die Ankunft zu melden, anstatt sie zu … „behindern“.
Galba hatte nur geknurrt als Lucius die Idee mit ihm besprochen hatte. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte die Victoria irgendwo sicher in einer Bucht wartend, eine Landungsabteilung ausgesetzt, die sich in die Stadt geschlichen und den sogenannten König auf diese Weise kontaktiert hätte.
Diese Idee hatte Lucius aber verworfen, da er sie als zu riskant angesehen hatte. „Ach, beim Arsch des Jupiters, und das ist nicht riskant?“, hatte Galba aufgebracht gefragt. „Einfach überraschend in den Hafen zu rudern ist verdammt besser? – Die Götter müssen Humor haben, dich auf solche Ideen zu bringen.“
Auch der neue Optio Brutus Carlinus, den sie mit in die Planung einbezogen hatten, hatte Bedenken geäußert. „Herr, noch nie war es für diese Bande so einfach so viele gute Rudersklaven zu machen. Die Mannschaft wird nicht begeistert sein.“
Und das war sie auch nicht gewesen. Da sich auf einem so kleinen Schiff so viele Menschen befanden, konnten Planungsgespräche, selbst so weit von den Leuten abgesetzt wie möglich, niemals geheim bleiben.
So war dann auch schnell der Sprecher der Ruderer, alles freie Männer, die sich für eine Zeit vertraglich als Ruderer haben anwerben lassen, Claudius Tepech erschienen. Seine schwarzen fast schon opalartigen Augen hatten gefährlich geglänzt. Er kam von einem Volk, das am Unterlauf der Donau zu Hause war. Er hatte absolut glattes schwarzes Haar, war schlank, mit immens breiten Schultern und den dicken Oberarmen eines langjährigen Ruderers. Ein wandelndes Muskelpaket, das stundenlang ohne Pause rudern konnte. Dass er auch der unangefochten beste Mann im Armdrücken war, hatte nicht wenig mit seiner Wahl zum Sprecher der Ruderer zu tun, die mit ihm in so manchen Hafenkneipen sichere Zusatzeinnahmen bei Wetten vereinnahmen konnten.
Selbst Optio Brutus, fast einen Kopf größer als Claudius, hatte es nicht geschafft. Allein deshalb schon nicht, weil Claudius ein oder zwei Tricks kannte. Wie diesen, den Daumen des Gegners zwischen den Handflächen einzuklemmen, so dass jeder zusätzliche Druck den Gegner schmerzte.
Brutus hatte das erkannt, genickt und es nie wieder versucht. Das unausgesprochene Wort „ehrlos“ hing seit diesem Tag zwischen ihnen in der Luft. Einzig die strenge Disziplin hatte ihn damals daran gehindert Claudius eine Abreibung zu verpassen. Und wie die ausgegangen wäre, darauf waren auch Wetten abgeschlossen worden.
Doch auch nach Dienst hatten sie diese Auseinandersetzung gescheut. Immer wieder. In jedem Hafen und bei jeder Gelegenheit. Und mit der Beförderung zum Optio war diese Gelegenheit ohnehin vorbei. Offiziere außer oder gar im Dienst anzugreifen war ein Verbrechen. Selbst dann, wenn diese anfingen. Eine der Grundregeln der römischen Armee oder Flotte.
„Herr, die Männer sind unglücklich“, hatte Claudius gesagt. „Gegen Piraten zu kämpfen ist eine Sache. Auch gegen mehrere Gegner. Nur in deren Hafen zu fahren heißt die Götter herauszufordern. Auch wenn Poseidon und Ares auf unserer Seite stehen und unsere Victoria wahrlich zu einem von ihnen gesegnetem Schiff gemacht haben, so erscheint es uns allen doch diesmal frevelhaft sie nun wieder zu bemühen. Es ist frevelhaft, die Götter zu reizen, Herr.“
Er hatte den Satz wohl einstudiert und sein grauenhafter Akzent hatte ihn fast unverständlich gemacht. Allein schon, dass er Latein und nicht Griechisch gesprochen hatte, welches er viel besser beherrschte, machten seine ernsten Bedenken deutlich. Machte auch die Bedenken der Männer deutlich, für die er sprach.
„Claudius. Deine Bedenken und die der Männer sind berechtigt. Auch ich teile sie. Nur habe ich Befehl dem Piratenführer Tauros eine Botschaft von den Vätern Roms zu überbringen. Und wer bin ich, du oder jeder andere hier an Bord, den Befehl unserer Patres Conscripti, zu verweigern. – Wir werden unseren Befehl ausführen, Claudius.“ Dann hatte er sich direkt an die Männer im Ruderdeck gewandt. „Männer, hört her“, befahl er. „Der Auftrag ist schwer und unser Befehl eindeutig. Und man erteilte ihn uns wohl auch, weil wir als einzelnes Schiff entbehrlich sind. Doch wie wichtig dieser Auftrag ist zeigt die Tatsache, dass wir, die glückhafte Victoria, mit diesem Auftrag bedacht wurden. Kein anderes Schiff reicht an uns heran.“ Den spontanen Jubel ließ er zu, auch wenn er ungehörig war. „Wir haben viel zusammen durchgestanden. Einige kennen mich seit dem Tag, wo ich mit euch an den Riemen saß. Dann als Seemann. Als Seesoldaten und dann als Optio. Zusammen haben wir viel erlebt. Und überlebt.
Und wir waren dankbar und haben es den Göttern stets vergolten, über uns gewacht zu haben.“ Er wies kurz auf die kleine Statur der Siegesgöttin auf ihrem kleinen Altar im Bug des Schiffes, wo auch die Schiffsfigur angebracht war, die bei jedem Hafenaufenthalt vom Salz des Meeres befreit wurde. Das war schon fast zu einem Ritual geworden und die Freiwilligen dafür mussten ausgelost werden. Dies tun zu dürfen war für viele an Bord eine Art Gottesdienst geworden. Eine ehrende Tradition, um Victoria gnädig zu stimmen.
„Männer. Wenn ein Schiff der Flotte das schafft, dann wir. – Nur wir.“
Den lauten Jubel hatte Lucius als Gelegenheit genommen Claudius in die Augen zu sehen und zu sagen: „Ich danke dir mein Freund für die Warnung und auch für deine aufrichtige Meinung. Bevor wir in den Hafen einlaufen wird jeder der will aus dem Waffendepot eine Waffe erhalten. Rechtzeitig, dass ihr sie noch nachschärfen könnt. Keiner soll im Notfall kampflos untergehen oder nur auf sein Messer angewiesen sein.“
„Danke, Herr“, sagte Claudius, der mit seinen vierzig Jahren doppelt so alt war wie Lucius. Dann fügte er hinzu: „Du bist noch kein Kapitän Elias, Herr. Aber du bist einer von uns. Verlass dich auf uns.“
„Das tue ich, Claudius. Wir alle sind die Victoria. So haben es die Götter gewollt.“
Die Victoria lief in den Hafen von Paphos ein. Auf den Molenspitzen waren Wachtürme aus massiven Holzbalken gebaut worden, auf dessen oberen Plattformen Ballistas standen. Am Fuß der Türme standen größere Skorpione und entlang der Mole standen große Katapulte, die allesamt geladen, und hektisch bemannt worden waren. Dazu kamen noch fast hundert Bogenschützen.
Auch wenn keine Kette oder ein dickes Tau die Hafeneinfahrt versperren konnte, wäre die Victoria niemals in der Lage gewesen diese Verteidigung allein zu durchbrechen.
Galba hatte die Verteidigung gemustert und auf jeden Kommentar verzichtet.
Der war auch unnötig, denn wo man nicht mit Gewalt hereinkam, kam man in aller Regel auch mit Gewalt nicht mehr heraus.
In der Stadt selbst waren Signalhörner zu hören, und die schon bei ihrer Annäherung entzündeten Signalfeuer auf den umliegenden Hügeln mochten nun Patrouillen auf See herbeirufen, um eine wenn unwahrscheinliche Flucht der Victoria auch von See her vereiteln zu können.
„Wollen wir das Schiff wenden, Herr“, fragte Galba laut genug, dass es der Rudergänger hören konnte.
„Nein. Das wäre ein falsches Zeichen. Wir ankern mittig im Hafen. So als wenn er uns gehört.“
„Dieses Pissloch gehört uns“, sagte Galba.
„So meinte ich das, Centurio Galba.“ Lucius sagte es aber mit einem Lächeln. „Und nun lass das Beiboot klarmachen.“
„Wen sollen wir alles mitnehmen?“
“Wir? – Gar keinen. Du wirst mit allen Männern an Bord bleiben. Ich gehe allein zum König. Wenn ich nicht bis zur Nacht ohne Nachricht zurück bin, bin ich tot und du tust, was immer du tun willst. Versuch aber zu entkommen und übermittle Crassus, dass wir gescheitert sind.“
„Tolle Aussichten“, sagte Galba und musterte die im Hafen dicht auf dicht festgemachten Schiffe.“ Lucius sah ihm an wie er abzuschätzen begann, wie viele er von diesen Schiffen verbrennen konnte, bis die Victoria selbst überwältigt werden würde.
„Und provoziere nichts. Keinerlei Gefechtsvorbereitung. Keine Feuertöpfe an Deck. Gar nichts.“
„Jawohl, Herr“, sagte Galba. „Und woran erkenne ich, dass die Nachricht von dir ist?“
„Ich schicke dir den Ring der Victoria mit.“ Er drehte den dicken Siegelring am Finger, den er von Elias bekommen hatte, als er in den Ruhestand ging. „Die Nachricht wird, egal ob schriftlich oder mündlich überbracht, die Bezeichnung „Trireme Victoria“ enthalten. Wenn nicht, dann ist die Nachricht nicht von mir und ich bin tot oder gefangen.“
„In dem Fall sollen die Götter diese Bande vor den Feuern des Hades bewahren.“
„Da werden wir uns dann ohnehin sehen“, meinte Lucius nur.
Nachdem Lucius mit dem Beiboot zur Treppe an der Kaimauer gerudert worden war, wurde er, oben angekommen, von fünf schwerbewaffneten Gestalten empfangen, deren gemischte Ausrüstung nur einen roten Umhang gemein hatte.
Der Führer des Empfangskommandos, ein Mann um die vierzig mit grauen Stellen im gepflegten Vollbart und rotem Federbusch auf dem Helm, blickte ihn betont neutral an.
„Man sieht hier nicht alle Tage einen Römer anlanden. Zumindest nicht ohne Ketten. – Was willst du?“ Das Ausbleiben jeder weiteren Drohung sagte alles.
„Ich bin ein Kurier mit einer Botschaft aus Rom und möchte Tauros sprechen.“
Der Mann musterte Lucius von oben bis unten. Sagte kein Wort und ließ sich Zeit. Dann sagte er: „König Tauros.“
„König Tauros“, sagte Lucius und fügte hinzu: „So er denn König ist.“
Der Mann blickte ihm direkt in die Augen und sagte. „König Tauros hat einen seltsamen Humor, wie dir schnell auffallen dürfte. Es ist mir egal, wer dich geschickt hat. Oder ob du Römer bist. Denn hier bist du ein niemand und hier ist auch nicht Rom.“ Er zuckte die Schultern. „Folge mir.“ Er drehte sich um und marschierte los ohne sich darum zu kümmern, ob Lucius nun folgte oder nicht.
Lucius folgte ihm in das Gewühl der Menge, die nun dicht auf dicht die ankernde römische Trireme angaffte.
Die vier anderen Piraten schirmten Lucius ab und machten den Weg frei. Doch das war eigentlich nicht nötig. Jeder, der die kleine Prozession sah, machte sofort hektisch Platz. Der rote Umhang hatte hier die gleiche Wirkung wie ein römischer Liktor, die stets die höheren Staatsbeamten begleiteten. Als Zeichen der Macht des von ihnen begleiteten Amtsträgers und des Römischen Reichs insgesamt trugen sie über der linken Schulter ein Rutenbündel, die Fasces. Und wer immer sie oder den Amtsträger auch nur berührte war des Todes.
Und so wirkte wohl auch der rote Umhang und der rote Federbusch des Führers auf die Menschen.
Vor der kleinen Akropolis mit dem Palast war ein tiefer Graben in den Fels geschlagen worden, der von einer Zugbrücke überspannt wurde.
Rechts und links von der Brücke standen je zwei Kreuze an denen vier Männer hingen. Einer davon ein Römer, der die blutdurchtränkte Tunika eines Legionärs trug. Die auf dem Kreuzbalken sitzenden Vögel pickten ihm gerade ein Auge aus und ließen sich nicht von den Vorbeimarschierenden stören.
Dem Geruch aus dem Graben nach zu schließen landeten die Leichen dann wohl später dort unten.
Das Torhaus war noch mit einem hölzernen aber eisenverstärktem Fallgitter gesichert und führte direkt zum Palastaufgang, vor dem vier weitere Piraten der Garde standen. Und diese zeigten durchaus die Disziplin und Wachsamkeit römischer Legionäre in solchen Positionen. Fast schon so, wie die Prätorianer der Legaten im Feld.
Lucius marschierte die sieben Stufen zum Palastportal hoch, das aus zwei Säulen bestand und durch ein Relief geschmückt war, das eindeutig schon bessere Zeiten gesehen hatte, da die Bemalung schon verblasst war.
Alles war sauber, aber heruntergekommen. Der Besitzer legte wohl eher Wert auf andere Schwerpunkte. Weniger auf Repräsentation…
Gleich hinter dem Portal war der Audienzsaal, der nach zehn Metern von einem Thron beherrscht war. Und auf ihm saß Tauros, der Herrscher und König dieser Stadt und großer Teile des östlichen Mittelmeeres.
Er trug einen goldenen Helm mit silbernen Stierhörnern, war bullig mit Stiernacken und vermutlich so groß wie Lucius selbst. Seine sonnengebräunten Arme waren fast so dick wie die von Claudius und sein Gesicht war wetter- und seegegerbt.
Sein nach babylonischem Vorbild gelockter Bart fiel auf seinen goldenen Brustpanzer, den der legendäre Minotaurus zierte.
Passende Arm- und Beinschienen vervollkommneten das Erscheinungsbild des Piratenkönigs, dessen genagelten und einfachen Sandalen eine völlig andere Botschaft aussendeten, als die prunkvolle und teure Panzerung.
‚Du willst mich also beeindrucken‘, dachte Lucius und seufzte innerlich erleichtert auf. Denn wer das wollte, wollte auch reden.
„Der Römer“, sagte sein Führer und verbeugte sich leicht. Dann trat er zurück. Die vier anderen Soldaten bildeten hinter Lucius im Abstand von drei Metern eine Linie.
„Ave Tauros, König von Zypern“, sagte Lucius und salutierte nach römischer Art. „Ich bin Lucius Quintus Portus mit dem Auftrag dir eine Botschaft von Rom zu überbringen, Herr.“ Diplomatie schadete nie.
Tauros sagte kein Wort, streckte aber die Hand aus. Der Führer kam zurück und streckte nun selbst die Hand nach dem Pergament aus, das Lucius samt dafür hergestellter runder Ledertasche aus dem Gürtel zog.
Der Mann nahm es und brachte es dann seinem König, der es langsam der Tasche entnahm, entsiegelte, aufrollte und sorgfältig las.
„So, so“, sagte er und seine grünen Augen blickten Lucius an. Er sprach Griechisch. „Crassus will also einen Handel.“
Lucius sagte kein Wort, sondern wartete in Grundstellung vor dem Beherrscher der östlichen See.
„Und du bist wer genau, dass der große Crassus ausgerechnet dich schickt?“
„Ich bin der Trierarch der Victoria, Herr. Beauftragt mit der Übermittlung der Botschaft und warte auf Deine Antwort, Herr.“
„Das tust du… Und warum hat Crassus dich ausgesucht?“ Der König beugte sich leicht vor, was die nach vorn gerichteten Hörner des Helms bedrohlich erscheinen ließ.
„Weil ich entbehrlich bin, Herr.“ Lucius wusste, dass es sinnlos war Ausflüchte zu finden, die weniger erniedrigend waren. Er war deshalb hier, weil er für Crassus gefährlich war. Und sollte er hier überleben, dann würden die Karten vielleicht neu gemischt werden. Er war deshalb hier, weil er – bis Crassus ein klareres Bild von ihm hatte – wirklich nur überflüssig war. Nicht für Rom, wohl aber für Crassus, was aus dessen Sicht das gleiche war.
„Du bist kein Patrizier.“ Das war eine Feststellung. Eine, die seiner Erscheinung nach auch offensichtlich war. Seine Ausrüstung, Kleidung und Panzerung war allgemeiner römischer Standard. Nur sein extraangefertigtes längeres Gladius, seiner Größe entsprechend, war individuell.
„Nein Herr“, bestätigte Lucius.
„Dein Griechisch ist akzentfrei und fehlerlos. Bist du Grieche?“
„Ich bin als Kind ein Schiffbrüchiger gewesen. Mein Adoptivvater war Römer, der mich nach römischer Sitte erziehen und unterrichten ließ. Und Griechisch gehörte dazu.“
„Also doch ein Patrizier.“
„Nein. Ich verlor mein Erbe. Darum bin ich in der Flotte. – Und nicht in Rom, Herr.“ Lucius sagte es leicht lächelnd, umfasste dabei aber fest sein Schwert.
„Und wie kommt es, dass du als so junger Mann das Kommando über eine Trireme führst?“
„Es war wohl der Götter Wille. So würden es die einen sagen, Herr.“
„Und was würde der Rest sagen?“
„Dass auch hier der ehrenwerte Crassus die Hand im Spiel hatte, Herr.“ Er machte eine Pause. „Es finden sich nicht allzu viel Freiwillige mit Erfahrung, die gern an meiner statt hier her gekommen wären.“
Der König nahm den Helm ab und stellte ihn auf einen Tisch neben den Thron ab. Sein Haar war dicht und ebenso wie der Bart babylonisch frisiert.
„Du weißt, was Crassus von mir will?“ Es war mehr eine Feststellung als eine Frage.
„In etwa, Herr. Der Prätor gewährt nur wenigen Menschen Einblicke in seine Absichten und Geschäfte.“
„Das ist auch besser für den Mann“, sagte der König und lachte. „Aber sag mir, was du weißt. Oder er dich wissen ließ, sollte man sagen.“
„Herr. – Der ehrenwerte Prätor Crassus möchte vermeiden, dass der Rebell Spartacus samt seiner Armee aus Italien entkommt. Und da das nur mit Schiffen geht, möchte er mit dir eine Übereinkunft erzielen, die eine Evakuierung mit deinen Schiffen oder durch dein Gebiet unmöglich macht.“
„Nett ausgedrückt“, sagte der König und strich sich durch den geölten Bart. „Fürwahr, du hast gute Lehrer gehabt.“ Der König lehnte sich in seinen Thron zurück.“ Mein Lehrer war allein das Leben. Und das war nicht immer gut oder gerecht.“
Lucius ließ das unkommentiert. Alles was der König sagte, half ihm dabei den Mann besser einschätzen zu können.
„Und nun sag mir eines: was habe ich davon Crassus zu helfen? Warum sollte ich das tun?“
„Der ehrenwerte Crassus kann sehr großzügig sein.“
König Tauros lachte schallend. „Ja, das kann er. Zumal er ein so riesiges Vermögen besitzt, dass selbst Krösos noch vor Neid blass geworden wäre.“ Er griff nach einem Weinbecher, der ihm von einer Sklavin gereicht wurde, als er die Hand ausgestreckt hatte. „Geld ist für manche Menschen nur noch Mittel zum Zweck. Daher nochmal die Frage: warum sollte ich von ihm Geld nehmen wollen, wo ich ohnehin schon genug davon habe.“
Lucius widerstand der Versuchung zu grinsen oder sich demonstrativ umzublicken. Der Palast war nett, aber kaum mit der Villa von Crassus in Rom zu vergleichen. Oder anders ausgedrückt: der Palast war selbst gegenüber dem Anwesen von Sokrates Katakis in Athen eine Absteige.
Auch wenn der Boden aus Marmorplatten bestand, so fehlte es hier an allem was sonst Wohlstand und Reichtum ausmachten. Keine kostbaren Wandteppiche, keine goldenen Beutestücke oder teure Fresken. Einzig das mit dem Farbstoff der Purpurschnecke gefärbte Banner mit dem goldenen Stierkopf hinter und über dem Thron zeigt, dass Geld durchaus da war. Der Purpurfarbstoff war kostbarer als Gold und stammte aus tausenden von Schnecken. Der Wert dieses Banners entsprach dem eines schönen Hauses in Rom.
„Genug zu haben ist stets relativ zu sehen, Herr. Crassus hat da vermutlich andere Vorstellungen als du.“
„Ich kenne seine Vorstellungen dazu sehr genau. Und er die meinen. Doch während es Crassus einzig nach noch mehr Macht drängt, will ich eher in Ruhe leben können. Frei und unbehelligt von Rom. Wie fast alle meine Leute.“
Lucius sagte nichts dazu.
„Ich verstehe Spartacus recht gut. Er will das, was ich schon habe. Und er versteht nicht, dass es nicht reichen wird nur ein Land zu haben, wo man unter sich ist. Er muss es auch verteidigen können. Man muss Rom von seiner Grenze fernhalten können, denn sonst wacht man eines schönen Tages auf und eine Legion marschiert zum Tor hinein.“
Lucius wartete. Er hatte eine Ahnung, dass hier Geld nicht der entscheidende Punkt sein würde.
„Das Geld, was Crassus mir geben kann, würde sich Rom auf die eine oder andere Art zurückholen. Und Crassus würde an jedem Denar den er mir jetzt zu geben bereit wäre vier weitere verdienen. Durch die Ausrüstung der Armee und Flotte, deren Versorgung und dann an der versklavten Bevölkerung.
Und praktischer Weise hat er dazu gerade acht Legionen aufgestellt, die bereitstehen genau das zu tun, sobald er mit Spartacus fertig ist.“
„Du denkst, dass das so schnell geht, Herr?“
„Spartacus ist ein begabter Mann. Ein großer Kämpfer. Ein guter Feldherr. Aber ein schlechter Herrscher. Wenn er denn einer wäre, dann wüsste er, dass ein Volk ohne Land auf Dauer immer besiegt werden wird. Es hat keine Rückzugsmöglichkeit. Kein Kerngebiet, wo seine Armee neue Kraft schöpfen kann. Spartacus ist nicht König Mithradates, der sehr geschickt darin ist sein kleines Reich gegen das Monster Rom zu verteidigen. Wie sein Vater schon vor ihm.
Spartacus hingegen kann Italien nicht erobern. Bestenfalls verwüsten und plündern. Dann braucht er eine Flotte zu entkommen. Und sobald seine Leute sich zerstreuen, um in ihre jeweilige Heimat zu gehen, wird Rom sie fangen und vernichten. Einen nach dem anderen.
Bleibt er zusammen, muss er sich ein eigenes Land erobern. Wie diese Hebräer, als sie aus der Wüste kamen und Judäa eroberten.
Nur wird ihm das kaum gelingen. Wo sollte das denn gelingen? Die Küsten dieses Meeres sind alle schon vergeben. Nirgendwo wird er ohne Kampf Fuß fassen. Und anders als bei den Hebräern wird da kein Gott sein, der ihm hilft.
Er wird also scheitern.“ Der König sagte es im Brustton der absoluten Überzeugung.
„Und nun wieder die Frage: was habe ich davon Spartacus nicht zu helfen?“
„Du willst also mit Crassus einen Vertrag.“
„Ich will von Rom einen Vertrag, an dem Rom sich auch hält.“
„Crassus ist nicht Rom“, sagte Lucius. „Er kann eine Menge bewirken. Aber er ist nicht Rom.“
„Er wird aber Rom sein, sobald er Spartacus besiegt hat. Er mit seinen Legionen und vom Senat beauftragt das Sklavenheer vernichtet hat.“
„Nur zögert der Senat damit ihn zu beauftragen, Herr“, sagte Lucius.
„Und aus diesem Grund versucht Crassus das Sklavenheer im Land zu behalten, damit es durch seine Plünderungen und Verwüstungen die Senatoren dazu bewegt, ihm den Oberbefehl in Italien zu geben.“
„Und da kommst du und deine Piratenflotte ins Spiel.“
„Und mit dieser Flotte verdiene ich mehr Geld, als ich brauchen kann. Ergo brauche ich kein Geld.“
„Du willst für den Gefallen, den Crassus von Dir fordert, also eine Zusage von ihm Dich und Dein Reich vertraglich als autonom anzuerkennen.“
„Genau das will ich.“ Der König blickte den jungen Offizier an.
„Und genau darüber kann ich kaum mit Dir verhandeln, Herr.“
„Das habe ich auch nicht erwartet, Trierarch.“ Der König nickte ihm wohlwollend zu. „Aber ich kann dafür sorgen, dass du mich verstehst und dich dann als meinen Boten zurückschicken, damit Crassus lernt, dass nicht alles für Geld zu haben ist.“
„Und vermutlich soll ich ihn darauf hinweisen, dass Du, wenn Du ihm den Gefallen tust, letztlich in Vorleistung gehen würdest, was Deine Verhandlungsposition dann ihm gegenüber schwächen würde.“
„So dachte ich mir das, Römer.“ Der König lächelte und Lucius sah, dass ihm ein Eckzahn fehlte. „Und daher wirst du zum Abendessen und über Nacht bleiben, damit ich dir in allen Einzelheiten sagen kann, was ich will.“
„Ich müsste meine Besatzung informieren, Herr.“
„Das solltest du tun. Dem Vernehmen nach soll dein Centurio schon mit den Schiffen und Häusern liebäugeln, die er mit Brandgeschossen erreichen kann.“ Der König lachte, da Lucius unwillkürlich das Gesicht verzogen hatte.
„Mein Centurio ist ein Mann der alten Schule, der sich schon von Sulla nichts gefallen ließ. Dennoch hat er seine Befehle und befolgt sie auch, Herr.“
„So wie jeder wahre Krieger“, meinte der König und winkte ab. „Geh zurück zu deinem Schiff und komme heute Abend wieder. Ich schicke dir meine Wache vorbei.
In der Zwischenzeit erlaube mir deine Besatzung zu versorgen und deinen Proviant an Bord wieder aufzufüllen.
Deine Leute können auch gern an Land kommen und die Annehmlichkeiten der Stadt genießen. Ich garantiere dafür, dass sie hier als meine Gäste willkommen sind.“
„Das ist sehr freundlich, Herr. Ich will es mir überlegen.“ Lucius wusste nicht so recht, wie er mit dem Angebot des Königs umgehen sollte. Römer unter Piraten… das konnte nur Ärger geben.
„Mein Angebot steht und die Stadt wird informiert. Es liegt dann an dir, Trierarch. Doch als ehemaliger Rudersklave erlaube mir den Hinweis, dass so ein Ruderdeck für zweihundert Mann verdammt zu eng ist, um sich die Beine zu vertreten.“
„Und du meinst, dass man ihm trauen kann?“ Galba schaute zur Mole, wo ein paar Piraten sich mit einer jungen Frau vergnügten, die offensichtlich eine der Geiseln war, für die kein Lösegeld gezahlt worden war. Andernfalls wäre wohl jemand dazwischen gegangen, da es dem Kodex der Seeräuber im Allgemeinen widersprach Geiseln, für die man gutes Geld bekommen konnte, zu schädigen.
„Ja, ich denke, dass solange er etwas von uns will, wir ihm vertrauen können. Natürlich soweit man einem Piraten überhaupt trauen kann“, sagte Lucius und sah zur Mole hinüber.
Die Schreie der Frau ließen seine Gedanken darum kreisen, wie das hier für sie wohl ausgehen würde. Eine Frage, die auch die Männer beschäftigte, die wortlos aus nur zwanzig Schritt Entfernung der Vergewaltigung zusehen mussten und versuchten, die auffordernden Gesten und Bemerkungen der Verbrecher zu ignorieren.
Hier waren besonders die Ruderer betroffen, die zunehmend aggressiver werdend das Treiben kommentierten.
„Centurio“, bellte Lucius. „Sorge mit deinen Männern für Ruhe!“ Er blickte zum offenen vorderen Niedergang zum Ruderdeck hinunter. „Ich will keine weiteren Bemerkungen hören“, befahl er, und blickte Galba nach, der ein paar seiner Seesoldaten ins Ruderdeck hinunter befahl.
Lucius fragte sich, wie lange er wohl noch die Männer im Zaum halten konnte. Nicht wenige waren der Piratenhölle als Rudersklave entronnen, waren befreit worden oder hatten fliehen können. Daher war es nicht verwunderlich, dass viele auf Rache hofften. Und sei sie noch so klein und unbedeutend.
Leider war das Wort „unbedeutend“ in einem diplomatischen Auftrag ein Wort, das so nicht vorkam.
Lucius war am Abend der Ehrengast des Königs und saß neben ihm bei dem Festgelage. Er hatte nicht erwartet hier die Unterhaltung zu finden, die auch Crassus seinen Gästen geboten hatte und war daher auch positiv überrascht worden. Es gab Sänger, Tänzerinnen und auch Akrobaten. Der künstlerische Anspruch war hoch. Der des Publikums mit Masse allerdings nicht.
Die Sitten am Hofe Königs Tauros als barbarisch zu bezeichnen wäre nicht zutreffend, denn es wäre zu weit gegangen. Immerhin war bisher noch niemand getötet worden.
Zum Klang diverser Instrumente tönten im Saal fernöstliche Melodien, die aber im Getöse der Trommeln nicht so recht durchdringen konnten.
Der Sänger hatte das Publikum auch nicht erfreuen können und war unter Gejohle und Schlägen vertrieben worden.
Schanksklavinnen waren überall zu sehen, doch komischerweise wurden sie nicht belästigt oder auch nur grob behandelt, während die jungen Frauen ohne Sklavenarmbänder am Oberarm hemmungslos für allerlei Vergnügungen missbraucht wurden.
Nach nur zwei Stunden war kaum noch einer nüchtern und immer neue Platten mit gebratenem Fleisch und Fisch sowie allerlei Spezialitäten wurden herumgereicht.
Der König schenkte ihm persönlich aus einer silbernen Karaffe ein, deren feine Kunstfertigkeit einen sehr begabten Silberschied vermuten ließ.
„Na, Trierarch. Wie gefällt dir unser kleines Fest zu Ehren des Crassus, den die Götter ach so lieben?“
Lucius überhörte den Spott und sagte: „Du hast hier einen ausgezeichneten Wein, Herr. Einen besseren habe ich nie getrunken.“ ‚Und schon gar nicht unverdünnt‘, fügte er im Geiste hinzu und hielt sich maßvoll zurück, was dem König nicht entging.
„Er muss gut sein. Er stammt von einem Schiff, das Nachschub für den edlen Konsul Lucullus an Bord hatte.“ Er lachte und winkte eine Sklavin heran. „Und wohl auch seine Großnichte, die nun auch mein Gast ist.“ Er griff nach ihr und zog sie auf seinen Schoß. „Sag dem ehrenwerten Trierarchen wer du bist mein kleiner Vogel“, verlangte er.
„Ich bin Drusilla Petronia Tosca, Herr.“ Sie hatte Tränen in den Augenwinkeln ließ aber nicht zu dass sie rollten.
„Du hältst sie als Geisel um Lösegeld zu erlangen?“
„Ach Blödsinn. Geld habe ich genug. Hatte ich dir nicht schon mehrmals gesagt, wie reich mich die Götter beschenkt haben? – Nein, Lucius Portus. Die behalte ich für mich.“
Lucius betrachtete die junge Frau, die nicht gerade eine Schönheit war. Noch nicht mal Durchschnitt. Etwas größer und dafür auch etwas korpulenter als andere Frauen ihrer sozialen Klasse. Mit Sicherheit nicht die erste Wahl eines jungen Patriziers, wenn man nicht an den politischen Verbindungen interessiert war, die ihre Familie wohl hatte.
„Du hast einen erlesenen Geschmack, Herr“, sagte Lucius. „Der Konsul wird sie aber wohl vermissen.“
„Nicht so wie ich sie vermissen würde, wenn ich sie gehen ließe. Schau dir mal ihre Titten an.“ Er riss ihr das Kleid herunter und Drusilla bedeckte sofort ihre riesigen Brüste mit den Händen. Doch der König schlug sie weg. Jetzt weinte sie wirklich, da der ganze Saal johlte.
„Lass sie für uns tanzen, mein König“, hörte Lucius immer mehr Feiernde rufen, während Drusilla ihn flehentlich ansah.
„Du hast Recht. Ein Anblick, den man nicht oft sieht und den du hüten solltest, Herr.“ Er machte eine Handbewegung auf die Betrunkenen. „Nicht jeder ist deiner Wahl würdig sie auch zu betrachten.“
Tauros blickte ihn an und Lucius sah, dass er trotz seines Weinkonsums nicht betrunken war. Sogar ausgesprochen nüchtern wirkte.
„Du bist ein intelligenter junger Mann, Lucius Portus. Gute Manieren, Zurückhaltung und gute Ausdrucksweise gepaart mit einer blitzschnellen Auffassungsgabe und Mut. Eine Kombination, die die Götter neidisch macht.“ Er trank wieder, während seine andere Hand Drusilla entkleidete. „Und bei mir nicht verfängt“, fügte er hinzu. „So wie Griechen und Hebräer im Handel ihre gespaltenen Zungen betätigen, so seid ihr Römer in der Politik und bei Verhandlungen. Langsam komme ich dahinter, warum Crassus dich geschickt hat.“
Er schob die nackte Drusilla vor die Feiernden. „Tanz für uns deinen Tittentanz und lass die Möpse hüpfen“, sage er und der Festsaal bebte unter dem Jubel. „Musik. Etwas Flottes für unsere Künstlerin, die edle Drusilla Tosca aus Rom.“
Lucius blickte beschämt zu Boden und biss die Zähne zusammen. War er das nun schuld? Wurde Drusilla wegen ihm und der Idee ihr weitere Peinlichkeiten zu ersparen nun so gedemütigt?
„Na los, Mädchen. Beweg dich, sonst hole ich die Peitsche“, sagte der König und der Saal jubelte wieder, während Drusilla zu tanzen begann.
„Ich frage mich, was dieses Kind an Bord des Schiffes nach Byzantium zu suchen hatte. Sie sagte mir, dass ihr Vater sie nach Athen geschickt hatte, um dort ein Priesteramt zu übernehmen.“
„Dann wird es wohl so sein, Herr“, sagte Lucius und versuchte die junge Frau zu ignorieren, die nun von fast hundert lüsternen Kerlen angegafft und angefeuert wurde.
„Ich hoffe doch, dass dazu nicht Jungfräulichkeit von Nöten ist, denn damit kann sie nun nicht mehr aufwarten, wenn Du verstehst was ich meine“, sagte der König und schaute Drusilla an.
Lucius schaute in die entzückte Miene des Königs und dann Drusilla, wie sie weinend ihr Bestes gab, um der Peitsche zu entgehen, die schon ein oder zwei sichtbare Striemen auf ihrem Rücken hinterlassen hatte.
„Was strebst Du im Abkommen mit Crassus an, Herr?“ Lucius sah den König an, dessen Kopf sich ihm irritiert zuwandte.
„Bei Aphrodite und allen Göttern mit Schwänzen. Kannst Du nicht einen Augenblick einfach nur Mann sein, Römer? Den Augenblick genießen?“ Er zeigte auf Drusilla.
Lucius zuckte die Schultern. „Herr,… Dir ist doch klar, dass es in Rom nicht gut ankommt, wenn Du Dir eine hochrangige Patrizierin zur Lustsklavin nimmst, oder?“
„Und was wollen die tun?“ Tauros blickte ihn spöttisch an. „Ihr Römer seid momentan nicht in der Lage Forderungen zu stellen. Dein Konsul Lucullus, der hier der Hauptbetroffene wäre, wagt keine Schlacht gegen König Mithradates, weil dieser über eine gute und zahlreiche Kavallerie verfügt.
Zur See sieht es auch schlecht aus, denn meine Brüder, egal ob Freunde, Konkurrenten oder Rivalen, denn bei Rom sind wir uns alle einig, kommen auf ungefähr tausend Schiffe aller Größen.