Future Work und Megatrends - Sascha Rauschenberger - E-Book

Future Work und Megatrends E-Book

Sascha Rauschenberger

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Beschreibung

Der demographische Wandel ist in aller Munde und das, was sich seit über dreißig Jahren abzeichnet wird nun eintreffen. Erste Indikatoren sind schon da: Fachkräftemangel, alternde Belegschaften und offene Debatten über Einwanderung. Doch was bedeutet das für Unternehmen? Megatrends werden gerne lösungsversprechend angeführt und Future Work wird zum Inbegriff der Lösung. Doch was ist Future Work und wie wirkt er sich auf die Unternehmen aus, wie könnte es umgesetzt werden und was ist zu beachten? Dieses Kompendium greift in Themen strukturiert auf, was sich alles verändern wird, wenn in zehn Jahren 50 Prozent der Arbeitnehmer über 50 Jahre alt sein werden. Es wird auch versucht zu beschreiben, wie sich die Gesellschaft verändern wird, ihre Sicht zur lebenslangen Arbeit und ihre Ansprüche daraus. Auch, oder gerade auch, an die Unternehmen gerichtet, die sich darauf individuell einzustellen haben. Das Buch beschreibt hier auch das Aufeinandertreffen älter werdender Belegschaften und das Zusammentreffen mit der Genertaion Y und ihren Sichtweisen und Ansprüchen. Future Work und Megatrends soll Impulse geben, Aufgabenfelder verdeutlichen und Lösungsansätze aufzeigen helfen, die individuell auf die Unternehmen zugeschnitten werden müssen. Es soll beim Projektaufbau unterstützen sowie opportune Herangehensweisen dafür aufbauen helfen und insgesamt zum Nachdenken anregen. Dieses Buch ist nicht das "Ei des Kolumbus" an sich. Es ist aber ein Schritt in die richtige Richtung ...

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Inhaltsverzeichnis

VORWORT

KAPITEL 1 –GRUNDLAGEN DER FUTURE WORK

Thema 1.1–Was ist Future Work?

Thema 1.2 – Konfliktpotentiale in der Future Work: Dimensionen und Herausforderungen in der Arbeitswelt der Zukunft

KAPITEL 2–MEGATRENDS

Thema 2.1 – Megatrends und Future Work:Teil 1 – Herausforderungen an die Arbeitswelt der Zukunft

Thema 2.2 – Megatrends und Future Work:Teil 2 – Herausforderungen an die KMUs

Thema 2.3 – Megatrends und Future Work:Teil 3 – Herausforderungen an Kommunen, Kammern und Verbände für die Arbeitswelt der Zukunft

KAPITEL3–PARADIGMENWANDEL IM HRM

Thema 3.1 – Future Work und Tsunami: Paradigmenwandel im HRM durch Kosten – Vom Uberfluss zur Ressourcenknappheit im Arbeitsmarkt der Zukunft

Thema 3.2 – Future Work und die vernachlässigte Ressourcen im Arbeitsmarkt der Zukunft

KAPITEL 4 – FUTURE WORK ALS PROJEKT

Thema 4.1 – Future Work ist Organisationsentwicklung – mit Hindernissen

Thema 4.2 – Future Work und Fehlermôglichkeiten zu Projektanfang – Business Intelligence: Die Datenbasis muss stiimmen!

Thema 4.3 – HR und Arbeitsflexibilisierung – Chance und Risiko in der Arbeitswelt der Zukunft

Thema 4.4 – Umsetzungsplan Future Workforce: 12 Schritte in die Arbeitswelt der Zukunft – Step 1 bis 5: Die erfolgskritische Vorbereitung des Projektes

Beitrag von Dr. Michael A. LeuthnerCPA, CFE "Gedanken zu einer begleitenden Revision bei der IST–Analyse Future Workforce"

Thema 4.5 – Exkurs: Der verkannte menschliche (Kostenstellen–)Faktor in Projektprozessen

KAPITEL 5 – FUTURE WORK UND CORPORATE IDENTITY

Thema 5.1 – Unternehmenskultur: Chance und Risiko der Corporate Culture für das HRM in der Arbeitswelt der Zukunft

Thema 5.2 – CI für HR: Marketing für das Recruiting

Thema 5.3 – CI: der Schlüssel für die Mitarbeiterbindung an die Unternehmensgemeinschaft

KAPITEL 6–RECRUITING

Thema 6.1 – Future Recruiting – Die Dimensionen des „War for Talents" in der Arbeitswelt der Zukunft

KAPITEL 7 – PARADIGMEN WANDEL BEI MITARBEITERN

Thema 7.1 – Future Work und Work Life Cycle: Zusammenhang von Arbeit und Altersvorsorge unter der Lupe

Thema 7.2 – Die Arbeitswelt der Zukunft und die Hürde Gesundheitsvorsorge

KAPITEL 8–SCHLUSSGEDANKEN

Thema 8.1 –Glosse: Future Work und die 7 Liebestöter– Ideen für die „Ablage rund"!

Thema 8.2–Schlussgedanken

AUTOR

VORWORT

Immer wenn neue Fachbücher auf den Markt kommen, ist das als Zeichen zu verstehen, dass da etwas im Busch ist und da jemand ist, der das verstanden hat. Aber jeder weiß, dass kaum jemand wirklich Zeit hat, das alles zu lesen. Weder so ein Fachbuch noch alles, was sonst noch zu seinem Arbeitsfeld erscheint. Dafür ist schlicht und einfach gar keine Zeit.

Ergo müssten diese Bücher anders aufgebaut sein. Damit man sie auch mal weglegen kann, wenn man das, was einen interessiert, gelesen hat. Oder Zeitmangel herrscht.

Dieses Buch folgt der Regel „Aus der Praxis für die Praxis". Nicht was den Inhalt an sich angeht, obwohl auch der pragmatisch gehalten ist, sondern für das Lese– und Arbeitsverhalten.

Das Buch ist in Kapitel gegliedert, in denen Themen als Einzelartikel so gestaltet sind, dass Sie ohne Probleme im Buch da anfangen können, wo Sie wollen, ohne den Faden zu verlieren. Dieser lässt sich mühelos über die Querverweise in den Fußnoten wiederfinden, vertiefen oder auch zurücksetzen. Dabei ist es völlig unerheblich, ob Sie das Buch auch mal zwei Wochen weglegen (müssen ...). Sie finden wieder rein. Die Artikel überschneiden sich, sodass Sie immer wieder zum Thema und Ihrem Interessengebiet zurückfinden werden. Dennoch würde ich empfehlen, zuerst das Kapitel 1 komplett durchzulesen. Das schafft eine gute Grundlage für alle weiteren Betrachtungen und sensibilisiert hinreichend.

Es soll Sie sensibilisieren und Ihnen helfen, in Ihrem beruflichen Umfeld Anknüpfungspunkte zu finden. Daher ist nach jedem Thema eine Leerseite für Notizen freigelassen worden. Nehmen Sie sich bitte nach jedem Kapitel die Zeit, die Sie brauchen, und denken einfach über die Relevanz für Ihre Arbeit nach. Diese Punkte sollten Sie notieren, damit sie nicht in Vergessenheit geraten, wenn Sie die Lektüre unterbrechen müssen/wollen. Dafür ist der Platz gedacht.1

Ich hoffe, einen Schreibstil gewählt zu haben, der nicht akademisch knochentrocken ist. Die Lektüre soll auch einen gewissen Unterhaltungswert haben und beispielsweise die Mittagspause bereichern können. Oder den Weg zur Arbeit/nach Hause zu verkürzen helfen.

Es würde mich freuen, wenn Sie nach der Lektüre ein paar neue Aspekte von Future Work erfahren haben, ohne dass Sie es gemerkt haben. Dann hätte ich mein Ziel mit diesem Buch erreicht.

Mit freundlichen Grüßen

Sascha Rauschenberger

Gotha/Köln, im Oktober 2014

1 Anm.: Zumindest in der Printversion. Wer nun ein E-Book hat, muss eine unnütze Seite umblättern. Nach jedem Thema ... Manchmal haben digitale Medien auch Nachteile.

.01 GRUNDLAGEN DER FUTURE WORK

Thema 1.1 Was ist Future Work?

Future Work, oder die Arbeitswelt der Zukunft, ist eine aus einem Megatrend resultierende Aufgabe, die sowohl die Wirtschaft wie auch die sie umgebende Gesellschaft berührt.

Der Begriff „Megatrend" wurde 1982 vom US-amerikanischen Futurologen John Naisbitt geprägt.2 Der studierte Politologe John Naisbitt, der auch den Begriff „Globalisierung" bekannt machte, ist einer der bekanntesten Trendund Zukunftsforscher, beriet die US-Präsidenten John F. Kennedy und Lyndon B. Johnson, ist Professor an diversen Universitäten. Naisbitt wurde in Mitteleuropa durch seine Bücher Megatrends (1982), Megatrends 2000 (1990) und Megatrend Asia (1996) bekannt.

Und eben „Future Work" war einer der Megatrends, der zu den ursprünglichen und grundlegenden Betrachtungen zur Zukunft der Gesellschaft von Naisbitt gehörte.3 Wichtig ist an dieser Stelle, zu wissen, dass ein Megatrend, anders als Modeerscheinungen und Trends, sich nur von großen Teilen einer Gesellschaft über einen langen Zeitraum verändern lässt und keinen kurzfristigen Strömungen unterliegt. Sie daher kurzfristig oder auch nur mittelfristig zu verändern, bedarf einschneidender–schon historisch zu nennender – Ereignisse (z. B. 9/11 für das Sicherheitsdenken in den USA).

In Mitteleuropa ist der Megatrend Future Work deshalb zu einer Aufgabe geworden, weil er mit einem zweiten Megatrend in Kontakt kam und sich überschnitt: der Überalterung/dem demographischen Wandel.

Das, was als auditartige Fragestellung nach anderen zukünftigen Arbeitsmethoden und Arbeitsmöglichkeiten begann, IT-technisch in den letzten Jahrzehnten seinen Weg in die Gesellschaft, ihre Arbeit und ihr Zusammenleben fand, wurde durch die zunehmende und sich deutlich abzeichnende Überalterung der Gesellschaft an sich zu einer Aufgabe! Hier weiter von einem Megatrend zu sprechen wäre inzwischen völlig falsch. Denn wir erleben gerade, dass viele Indikatoren etwas klar aufzeigen: nämlich dass der Trend zur Realität geworden ist. Mit all den daraus resultierenden Folgen.

Sich darauf als Unternehmen einzustellen ist schwer. Denn alle Maßnahmen müssen ganzheitlich geplant, konzipiert, implementiert und dann auch weitergeführt werden. Denn anders als andere neue Arbeitsmethoden, wie beispielsweise die Einführung der Fließfertigung, wird dieser demographische Wandel unsere Gesellschaft noch für mindestens ein bis zwei weitere Generationen prägen. Und damit die Arbeitsbedingungen in der Wirtschaft zum Teil – aufgrund des innerpolitischen Drucks aus der Gesellschaft – diktieren.

Die Gesellschaft, und damit ihr Einfluss auf die Politik über Wahlen, wird maßgeblich zu verhindern wissen, dass einfache und auf den ersten Blick kostengünstigere Lösungen für die nächsten 20 Jahre möglich sein werden. Der Mangel an Arbeits- und Fachkräften wird, anders als zum Ende der 60er, als es um den Ausgleich der Kriegsverluste ging, eben nicht (nur) durch ausländische Fachkräfte gedeckt werden können. Nicht gedeckt werden dürfen.

Warum?

Weil die Altersabsicherung der geburtenstarken Jahrgänge im Vordergrund stehen wird. Die Generation, die heute 45–50 Jahre alt ist und noch bis zu zwanzig Jahre zu arbeiten haben wird: nach momentaner Planung! Diese Generation wird den real erlebten demographischen Wandel auslösen und ihr bisheriges Leben wird ursächlich dafür sein, dass das kein Welleneffekt sein wird, sondern unsere Gesellschaft noch zwei bis drei weitere Generationen prägen wird (wie später noch ausgeführt werden wird). Unsere Kinder, die sog. Generation Y, machen das schon.

Wo ist das Problem?

Die geburtenstarken Jahrgänge kamen zu Beginn bis Ende der 80er auf den Arbeitsmarkt. In einer Zeit, wo die Wirtschaft nicht mehr die bisher angenommene Vollbeschäftigung gewährleisten konnte, diese eigentlich zur Illusion wurde, der anzuhängen aber weiter in vielen Köpfen präsent ist. Die Stahl- und Kohlekrise und der Umbruch ganzer Industrielandschaften, das Ende des kalten Krieges und die Freisetzung Hunderttausender aus dem militärisch-industriellen Komplex, schuf einen Arbeitsmarkt, der nur von einem geprägt war: dem Überfluss an Ressourcen. Daher war es in den 90ern üblich, so viele Beschäftigte wie möglich früh zu verrenten, um die Arbeitslosigkeit in den Griff zu bekommen. Auch das prägte unser Bild von Arbeit & Beruf sowie unsere Lebensplanung. Die gewerkschaftliche Forderung nach einer 35-Stunden-Woche ist auch so ein Beispiel.

Doch das hat sich gewandelt. Lebensqualität wurde zunehmend zu einem festen Bestandteil in unserem gesellschaftlichen Denken. Umwelt wurde wichtiger als prosperierende Industrielandschaften. Bildung zum Allgemeingut, und damit die auch zu finanzierenden Bildungszeiträume der Kinder. Wo in den 60ern noch 2–4 Kinder üblich waren, ist durch die Generation der geburtenstarken Jahrgänge das (umsorgte, verwöhnte, behütete ...) Einzelkind schon fast normal geworden. Diese Kinder bilden nun die Masse der Generation Y, über die man gerne spricht. Nur einmal kurz dazu: Die haben wir gemacht! – Kein anderer! – Wir!

Aus den gesamtwirtschaftlichen Umbrüchen, die zum Teil den politischen Entwicklungen folgten, und auch der Globalisierung wurde etwas, was der Personalmarkt zu nutzen verstand: die Auslese der Besten und Jungen! Es gab (damals) einen Pool von jungen Menschen, die als sinnbildliche Vertreter der neuen Generation von Spezialisten und Managern angesehen wurde. Die, die aufgrund ihrer vornehmlichen Jugend schon als Garant für einen besseren Zugang zu neuen Technologien (in aller Regel IT) und dynamischeren Prozessen (z. B. Projektmanagement) angesehen wurden.

Die daraus resultierenden Folgen sind gravierend. Einerseits veränderte es unser Bewusstsein, wie lange man zu arbeiten hat, und natürlich das Bild davon, wer eingestellt, gefördert wird und karrieretechnisch im Fokus steht. Andererseits hat gerade die technisch-globale Entwicklung eine immer größer werdende Bandbreite von Spezialisierungen nötig gemacht, die in völlig neue oder alte aufgespaltete Berufsbilder mündeten. Das war bei der Masse von Arbeitskräften möglich; führt aber jetzt zu Engpässen, da fachlich redundante Ausbildungen immer weniger vorkommen. Und bei sinkender Masse an verfügbaren Arbeitskräften wird uns das dann auch doppelt treffen, zumal wir in den letzten Jahren extrem dazu neigten, Spezialisierungen zu fördern, um möglichst schnell junge Menschen aus der Ausbildung heraus in „wirtschaftliche Tätigkeiten" zu bringen. Auch das ist selbst verschuldet. Durch uns und nicht (nur) durch fehlenden Weitblick. Sondern eher durch konkrete kurzfristige Gewinnerwartungen durch hochdynamische renditefixierte Finanzmärkte.

Und hier ist eine weitere Ursache dessen, was man nur als Wahrnehmungslücke bezeichnen kann: Personalkosten sind (waren bis dato) Optimierungskosten. Weniger geht immer!

So konnten Gehälter über Jahre niedriger gehalten werden, als es möglich gewesen wäre. Lohnnebenkosten wurden abgewälzt. Ausbildungen reduziert – inhaltlich und zeitmäßig. Der Kostendruck hinlänglich genutzt, um die Konkurrenz bei Freelancern und externen Spezialisten zu immer geringeren Tagessätzen zu treiben, bis hin zu dem Punkt, wo die Festangestellten teurer wurden als externe Mitarbeiter, von denen man – meist unerkannt – abhängig geworden ist. Als Unternehmen, aber auch als Wirtschaft. Und das ausufernde Spezialistentum macht diesen Trend fast unumkehrbar. Mittelfristig...

Mit dem schnellen Wegbrechen der geburtenstarken Jahrgänge beginnend in zehn Jahren wird es zu einem politischen Spagat kommen. Zwischen gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Gesamtverantwortung. Denn die „Alten" werden eben nicht durch neue Mitarbeiter ersetzt werden können. Denn die Alten müssen weiterarbeiten.

Die Sozialkassen sind die treibende – die verhindernde – Kraft!

Anders als zu Beginn der 70er sind die Kassen nicht voll. Auch ist der Verschuldungsgrad nicht bei nahezu null. Daher sind alle Lösungen, die darauf bauen, etwas „auf Pump" zu tun und später zu bezahlen, nicht mehr möglich. Dieser gedankliche Aspekt ist das wichtigste Moment für die Planung der Future Work in Unternehmen. Alles andere wäre grob fahrlässig. Nein, eher vollkommen blöd, um es mal deutlich zu sagen!

Abb. 1: Future Work

Stellen wir uns mal vor, was passieren würde:

Die älteren Mitarbeiter werden so, wie jetzt schon gern gemacht, wie auch immer „freigesetzt". Und damit sind alle Methoden gemeint, wie sie letztlich nicht mehr vollumfänglich wie gewohnt in ihre Rente einzahlen können. Damit verringert sich ihr Anspruch und sie fallen in eine Progressionsfalle. Denn gerade Renten bauen sich erst nach hinten vollumfänglich auf. Dazu kommt, dass man heutzutage sehr lange die Kinder unterstützen muss, wenn diese studieren. Das fällt, zum Teil durch deutlich spätere Erfüllung des Kinderwunsches an sich, dann in einen Lebensabschnitt, der fast mit dem Beginn der normalen Rente zusammenfällt. Das wird gerne übersehen ... Dazu kommen in aller Regel Verpflichtungen aus dem urdeutschen Traum des „Häuslebau'ns". Des Schaffens von Eigentum zur Altersvorsorge. Etwas, was auch aus den 70ern kommt und zum Teil unserer mobilen Arbeitsflexibilisierung zuwiderläuft. Immobilien heißen nicht umsonst so. Sie sind immobil. Und damit ist der Mensch dann auch – zumindest emotional – nicht mehr allzu flexibel. Das auf das Alter zu schieben ist falsch. Es hängt an finanziellen Gründen. Daher ist der oft gehörte Satz, dass ältere Mitarbeiter/Bewerber/Kandidaten unflexibel seien, nur schlichtes Unverständnis ausdrückend! – Diese Menschen haben nur Verpflichtungen. Und das macht sie für jedes Austauschprojekt gegen Neue höchst aggressiv.

Denn ihnen fehlt das Geld dafür!

Und damit gehen sie zu Betriebsräten. Diese sind in Gewerkschaften. Da sitzen sich „sozialverpflichtet fühlende" Politiker im Rahmen des Bestrebens, sich einen gleichgesinnten Wählerpool zu schaffen, um wiedergewählt zu werden. Letzteres ist für das Berufspolitikerklientel existenziell. Und da ist es naheliegend, die gemeinsame Existenzfrage zu verknüpfen. Und davon wird die Gewerkschaft als Bindeglied gestärkt. Ganz besonders, wenn sie sich der allgemeinen Spezialisierung folgend in Spartengewerkschaften (siehe Luftfahrt, Eisenbahn, ...) organisiert hat.

Was immer da rauskommen wird (nicht könnte!), wird für Unternehmen, die nicht wahlberechtigt sind, mitunter anders verlaufen als in den 90ern. Es wird auch keine staatlichen Hilfen geben. Einmal aus Mangel an Masse in den Kassen und dann auch nicht, weil der Politiker eines fürchtet: den wütenden Wähler, der sich schon jetzt erkennbar in Splitterparteien flüchtet und sein Unbehagen zunehmend dokumentiert. Auch das wird zunehmend Folgen haben. Regierungen werden in Zukunft extremere Vorstellungen mittragen müssen, um Mehrheiten zu haben. Und diese kommen vom Wähler. Auch das wird dem Interesse der Unternehmen zuwiderlaufen, so weitermachen zu können wie gehabt.

Doch was Future Work jetzt wirklich zu einem ganzheitlichen Problem macht, ist der Umstand, dass auch nichts nachkommt, viele Unternehmenskulturen nicht in der Lage sind, interkulturell und multilingual zu arbeiten und/oder es auch gar nicht wollen, weil es beispielsweise nicht in die Region passt.

Somit wird das Recruiting zur besonderen Aufgabe. Nur darf sie nicht zur alleinigen Aufgabe werden, wenn es um Future Work geht. Denn jeder Jäger weiß, dass wenn viele Jäger im gleichen Revier schießen, jeder dann weniger Erfolg hat als wenn man alleine ist. Wenn dann noch gewildert wird, wird es schwierig. Und wenn das Wild weggeködert wird, oder gar verscheucht, dann wird es mitunter unmöglich und sinnlos, weiter auf die Jagd zu gehen. Doch was ist, wenn man hungert und nicht weg kann?4

Ebenso wie die Natur nicht zwischen Richtig und Falsch unterscheidet und nur Folgen kennt, wird es auch bei der Ausgestaltung dieses Gesamtansatzes von Future Work letztlich nur Folgen geben. Manche sind aber vorhersehbar und könnten damit gemildert oder ganz umgangen werden.

Ein weiterer Aspekt wird sein, dass Future Work mit allgemein steigenden Kosten zu kämpfen haben wird. Das sind zu einem die Personalkosten an sich, wie in späteren Themen noch zu sehen sein wird. Aber es werden auch Kosten sein, die durch die desolaten öffentlichen Haushalte entstehen werden. Zurzeit planen drei von vier Kommunen Leistungseinschnitte und/ oder höhere Gebühren. Das treibt Standortkosten einerseits in die Höhe, aber auch die ortsansässigen Mitarbeiter werden davon betroffen sein. Oder neue Bewerber werden davon abgeschreckt, wie denn die Lebenshaltungskosten vor Ort im Vergleich zu sonst wo sind. Gerade wenn immer mehr Eigenvorsorge zur Alters- und Gesundheitsabsicherung nötig sein wird. Letzteres wird auch immer gern bei Bruttolohnbetrachtungen übersehen. Der Eigenanteil der Mitarbeiter steigt ständig, um Lohnnebenkosten gering zu halten. Was Unternehmen als normal ansehen, rückt zunehmend in den Fokus derer, die am Ende vielleicht weniger bis gar nichts mehr bekommen. Und wenn sie dann noch in leistungsreduzierten Standorten hängen (weniger Schulen und Krankenhäuser, aber dafür höhere Müllgebühren als anderswo), dann werden hier zusätzliche Investitionen auf Unternehmen zukommen, wenn sie Standorte halten wollen.

Auch die Wohnungsfrage (und deren Kostenentwicklung) wird, wenn nicht zu Zeiten der Beschäftigung, dann aber im Alter zu einer Frage werden. In Ballungsräumen mit geringeren Wohnungsraumzuwächsen findet schon jetzt ein Verdrängungswettbewerb zu lasten der Rentner statt. Das mag vordergründig nicht in den Fokus von Unternehmen gehören, doch es ist im Fokus der älteren Mitarbeiter. Ganz besonders dann, wenn sie drohen, ihre Arbeit im hohen Alter nicht mehr bewältigen zu können oder ggf. über Immobilien verfügen, die mit steigenden kommunalen Abgaben behaftet sind.

Die daraus sich schon jetzt abzeichnenden Konfliktpotentiale sind vielschichtig und weitreichend. Und sie werden zunehmend immer mehr von außen dominiert werden. Hier gilt es, vorbereitend tätig zu werden. Als Unternehmen nach innen, da sonst Handlungsoptionen von außen kommend Potentiale verschließen. Das Thema Meinungsführerschaft bei der Information der Mitarbeiter zu erlangen ist hier ein wesentlicher Aspekt.

Daher wird Future Work letztlich auf einen Aspekt beschränkt werden können: Wie gestalte ich das alles ganzheitlich, synergetisch und individuell? Future Work wird keinem eine Standardvorgehensweise ermöglichen. Unternehmen, selbst der gleichen Branche am gleichen Standort, haben andere Unternehmenskulturen, andere Prozesse und auch – und das ist nie zu vergessen – andere und anders agierende Menschen. Nicht nur Manager, sondern auch Gesellschafter und Mitarbeiter. Andere soziale Umfelder, individuelle Bedürfnisse und daher auch völlig andere Handlungsalternativen. Als Beispiel können hier Puma und Adidas angesehen werden. Beide sind nur eine Straßenbreite voneinander entfernt, produzieren beide Sportartikel, sind aber beide anders. Warum hätten sich damals die Brüder sonst geschäftlich trennen sollen?

Future Work ist die Kunst, aus eben diesem demographischen Wandel, der aus vielen älter werdenden Mitarbeitern und wenigen nachkommenden Youngstern besteht, die völlig andere Lebensweisen/Ansichten haben, das Bestmögliche zu machen. Nicht das Beste. Das Bestmögliche reicht schon. Auch wenn es „undeutsch" klingt. Denn es ist schwierig genug.

Thema 1.2 Konfliktpotentiale in der Future Work: Dimensionen und Herausforderungen in der Arbeitswelt der Zukunft

Viele Megatrends zeigen utopisch anmutende Entwicklungen auf, die wir uns zum Teil nur schlecht vorstellen können. Andere, die für uns greifbarer sind, mit unserer Erfahrung eher begreifbar sind, nehmen wir fast schon als gegeben hin. Andere Gedanken möchten wir am liebsten verdrängen, schon gar nicht als real mögliche Entwicklung ansehen. Und dann gibt es da Trends, wo wir insgeheim hoffen, dass sie nie wahr werden und – hoffentlich – noch etwas passiert, was ausgerechnet das verhindern wird. Doch das alles hat einen Haken: Megatrends sind alles andere als „an den Haaren herbeigezogen". Sie begründen sich statistisch verifizierbar basierend auf Verhaltensweisen, die wir schon vor Jahrzehnten in Gang gesetzt haben.5

Durch eine von uns geänderte Sicht der Dinge, durch unsere Lebensweise und unser Verhalten als Einzelindividuum in einer Gesellschaft, die zunehmend durch individualisierte gesellschaftliche Entwicklungen immer schneller in ihrer Grundeinstellung divergierte. Differenzierter wurde und so in kurzer Zeit, auch durch die technische Entwicklung geprägt, sich stark verändert hat und weiter verändert.

„Schöne neue Welt" ist ein 1932 erschienener dystopischer Roman von Aldous Huxley, der eine Gesellschaft beschreibt, in der Stabilität, Frieden und Freiheit gewährleistet scheinen – wenn nur ein paar Ideen umgesetzt werden. Neben George Orwells „1984? gehört dieser Roman zu den utopischen Romanen, die eine futuristische Diktatur beschreiben. Das hat natürlich nichts mit Future Work zu tun, wird aber von manchen ähnlich wahrgenommen werden, und zwar...

... als den (Um-)Verteilungskonflikt der nächsten Jahre!6

Und dieser Konflikt wird parallel auf verschiedenen Ebenen und in verschiedenen Dimensionen ausgetragen werden. Warum? Weil sehr viel umverteilt werden wird. Eigentlich wird die gesamte Gesellschaft neu überdacht werden müssen. Dabei ist es wichtig, zu begreifen, dass das, was uns allen lieb und teuer ist, grundsätzlich anders verteilt oder angegangen werden muss und es weniger darum geht, dem einen etwas zu geben, was man einem anderen abgenommen hat. Ihm abnehmen muss, damit der Gesamtrahmen all das umfassen kann, was es umfassen muss.

Abb. 2: Konfliktdimensionen Future Work

Und hier beginnen die verschiedenen Dimensionen, die jede für sich Herausforderungen bergen. Wen das nun beunruhigt, der hat zu kurz gedacht. Denn jede solch gravierende und querschnittliche Veränderung in einer Gesellschaft bleibt auf individueller Ebene niemals ohne Opfer. Damit das insgesamt funktionieren kann, wird es wie immer „Gewinner und Verlierer" geben.

Oder zumindest Menschen, die sich so sehen. Erstere schweigen und Letztere kämpfen um ihre Rechte, Vorteile und Privilegien. Und da die Politik dieses Thema eher nervös angeht, denn da will ja jemand (wieder-)gewählt werden, haben Unternehmen nun die Herausforderung zu stemmen, ohne wirkliche (gesetzliche) Rahmenbedingungen, schon jetzt etwas steuernd beeinflussen zu müssen, was erst in zehn Jahren wahrnehmbar erfolgskritisch werden wird. In einigen Branchen und Regionen ist dies schon Realität. Andere Unternehmen ärgern sich zurzeit über die Qualität des Personals auf dem Markt oder über deren quantitativ eingeschränkte örtliche Verfügbarkeit und sehen noch keinen akuten Handlungsbedarf. Das sieht der Vogel Strauß auch nicht, wenn er den Kopf in den Sand steckt.

Doch diese Anzeichen sagen uns eines: Es hat etwas begonnen, was weitergehen wird. Wir stehen fast am Ende des Recognition Lags. Der Zeitraum innerhalb der Timelag-Spanne, der die Spreu vom Weizen trennt. Eben die, die erkennen, dass sich etwas getan hat (Vergangenheit, denn die Aus-Wirkung ist schon sichtbar und folgt nur der Ursache), von denen, die gerne den Strauß imitieren und lieber noch warten. Auf was?– Diese Frage können sie nur selbst beantworten. Aber die Tendenz, sich vor gravierenden Veränderungen so lang wie möglich zu drücken, ist weit verbreitet und findet zahlreiche Argumente.7

Die, die etwas tun sollten, müssen nun etwas tun, während sich die Situation, der Markt und die Gesellschaft weiter verändern. Also etwas planen, aktiv angehen und womöglich unter Konflikten vorantreiben, das dann auch wieder zeitversetzt umgesetzt werden muss (action lag) – ohne Sofortprofit. Und das auch noch auf eine Langzeitachse– also keine kurzfristige Durststrecke. Und bis die Maßnahmen tatsächlich greifen, dauert es auch noch einmal und wird ggf. durch die Gesamtentwicklung konterkariert. Oder aber auch unterstützt...

Inwieweit das eine oder das andere eintrifft, hängt im Wesentlichen von den Grundannahmen ab, auf die man sich zum Planungsbeginn verständigt. Nur so macht Planung Sinn. Ein Szenario habe ich hier insgesamt aufgezeigt. Es ist ein Szenario, nicht das Szenario. Es ist eine Grobannahme. Bestenfalls die Basisversion, die es individuell, branchen- und lokal-/regionalspezifisch für jedes Unternehmen zu verfeinern gilt.89

Und warum soll das kompliziert sein?

Da reicht doch einer, der das mal tut.

Leider nein, denn das ist keine Einzelaufgabe und in meiner recht böszüngigen Glosse der „7 Liebestöter" auch so beschrieben.10

Und exakt hier beginnt die Herausforderung, und hier ist der sich entwickelnde Konflikt. Es müssen verschiedene Sichtweisen, Ansätze, Wünsche/ Ideen/Ideologien, Forderungen, Befindlichkeiten und Fakten in eine Form gegossen und dann umgesetzt werden. Ganzheitlich. Und schnell ... denn sonst hängt die Planung der Entwicklung hinterher. Und folglich muss die Planung weit vorausgreifen, damit sie nicht überholt wird. Und alleine die Vorbereitung der Planungsphase ist schon ein besonderes Projekt – mit eigenen Herausforderungen und Herangehensweisen.11

Wie „einfach" das ist, zeigt die Agenda 2010 von Altkanzler Schröder und was ihn dieser Mut zur Verantwortung gekostet hat. Und wie oft sie nachgebessert werden musste. Und wie sie das Land trotz aller Kritik und Aufweichungen wieder auf die Beine gestellt hat. Uns als Volkswirtschaft wieder konkurrenzfähig gemacht hat.

Aber unter welchen Opfern? Denn diese gab es. Jeder kennt mindestens ein Beispiel: Hartz IV, Riesterrente, Abbau des Sozialstaats, Flexibilisierung des Arbeitsmarktes, Berufsunfähigkeitseinschränkungen, Erhöhung des Renteneintrittsalters ...

Hier ging es aber lediglich (!) ursächlich darum, die ausufernden Sozialkassen in den Griff zu bekommen und den Staat vor einer Pleite zu bewahren, die andere in Europa ein paar Jahre später exakt so getroffen hat. Griechenland, Portugal, Italien ... Das war die „dolce vita" des Vogel Strauß. Hätte ja auch klappen können ...

Andererseits verwundert es schon, dass eben diese Staaten, denen es nun schlecht geht, weil sie zu spät kamen und sie nun das Leben bestraft, dass Deutschland nun weniger (!) tut, Reformen zurückdreht, höhere Gehälter zahlt und endlich zu sparen aufhört. Erst am 25.08.14 ist aus Unfähigkeit, dieses nach innen kommunizieren zu können, und dem Unwillen, sich mit der Wählerschaft auseinanderzusetzen, die französische Regierung zurückgetreten. Das sollte klar aufzeigen, welche Konflikte in der politischen Dimension zu bewältigen sein werden. Dann auch, irgendwann, hier bei uns.

Was heißt das für Unternehmen?

Unternehmen sind eben nicht der Staat. Hier wird Verantwortlichkeit eingefordert und notfalls auch konsequent abgestraft. Eben immer dann, wenn es nicht mehr funktioniert. Den Geldgebern (Investoren) sei einerseits Dank, andererseits aber müssen auch sie ein paar Punkte lernen, die schwer zu verdauen sind. Und auch das wird nicht leicht werden.

Doch welche Dimensionen werden betroffen sein. Welche gibt es überhaupt? Und auf weiche kann ich als Unternehmen Einfluss nehmen?

1) Die Dimension des Unternehmens

Die Unternehmen agieren in einem kommunalen Umfeld, das durch Infrastruktur, öffentliche Versorgungsleistungen und (auch dort ansässige) Mitarbeiter definiert ist. In seinen Gremien treffen Gesellschafter (Investoren), das Management und die Belegschaft gesetzlich geregelt aufeinander. Alle diese drei Mitspieler sind in aller Regel sehr heterogen hinsichtlich Zielen, Herangehensweisen, Ideologie, Glauben und Befindlichkeiten aufgestellt. Man kann sogar so weit gehen, zu sagen, dass ein Unternehmen einen wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Mikrokosmos bildet. Und dieser Mikrokosmos muss nun insgesamt in seinem über die Jahre fein ausgewogenen Geflecht von heterogenen Beziehungen an mehreren Stellschrauben gleichzeitig drehen; unter der ständigen Prämisse, dass äußere Interessen und Gesichtspunkte zunehmend das eigene Handeln zumindest begleiten. Bestenfalls ...

2) Die kommunale Dimension 12

Diese Dimension bestimmt den gesellschaftlichen wie auch den versorgungstechnischen Rahmen, in dem das Unternehmen besteht. In ihm wird die Kernleistung des Unternehmens erbracht. Nicht als Produktionsort an sich, sondern als dem Umfeld, das die Produktion erst möglich macht, diese begründet (z. B. bei Minen/Bergbau) oder besonders unterstützt. Allgemein bezeichnet man das dann gerne als Standortvorteile. Doch diese sind nicht fix, sondern unterliegen einer ständigen, inzwischen auch globalen, Konkurrenz hinsichtlich Kosten. Diese soll aber hier nicht vordergründig betrachtet werden. Es reicht zu wissen, dass Kommunen untereinander schon in Konkurrenz um Standortvorteile liegen. Nicht aus Bürgerfreundlichkeit, aber mit Sicherheit aus gewerbesteuerlichen Gründen zur Finanzierung kommunaler Aufgaben, die natürlich wieder eine Standortrelevanz für Unternehmen einerseits, aber auch als Entscheidungskriterium für die Ansiedlung neuer Bürger andererseits ausmachen.

Diese Konkurrenz um (hier zunächst kommunale) Einnahmequellen zieht sich durch den gesamten staatlichen Aufbau hindurch. Kreise konkurrieren miteinander um die bestmögliche Bereitstellung von Leistungen für ihre Kommunen, damit auf Kreisebene relevante Leistungen erbracht werden können (z. B. Krankenhäuser). Und dabei geht es genauso um steuerliche Aspekte wie auch um Fördermittel, Zuschüsse und Subventionen.

Diese Gedanken sind nicht neu, nur erfahren sie durch Megatrends und den demographischen Wandel ein völlig neues Element: gesteigerte Dynamik. Und das ist kein Begriff, den man mit kommunalem Handeln, einer dortigen politischen Entscheidungsfindung und den dort gewachsenen Herangehensweisen gewöhnlich gebrauchen würde.

Die dort anzutreffenden Konflikte werden drei Aspekte umfassend und schnell offensichtlich werden lassen:

Einnahmenverteilung

Jede Gemeinde muss sich letztlich selbst finanzieren können, um langfristig bestehen zu können. Über diverse anderswo finanzierte Fördertöpfe/-programme, Subventionen und Hilfsmittel wird gern geredet und gestritten. Bisher bot sich hier auf Kommunalebene oft ein großer Spielraum zur politischen Profilierung. In den 70er-Jahren waren es Frei- und Hallenbäder, ein paar Jahre später Freizeitbäder und Eisstadien und egal, was sonst noch die Bürger erfreuen (und letztlich zur Stimmabgabe bringen) soll, es wird alles auch im Betrieb finanziert werden müssen. Dann langfristig.

Die Finanzierung der Betriebsausgaben wurde in den letzten 20 Jahren insgesamt zum Problem, da neue Verpflichtungen in Verwaltung und kommunaler Versorgung die Kommunen oft über die Grenze dessen getrieben haben, was machbar und bei vernünftiger wirtschaftlicher Betrachtung eigentlich schon von Anfang an auszuschließen war. Auch die Verkaufslösungen von städtischer Infrastruktur (z. B. Kanalisation in Großstädten wie Bochum) und deren langfristiges Leasing vom Käufer waren nur eine Lösung, die kurzfristig Haushalte hatte sanieren können. Am langen Ende wird sich das als kostentreibend herausstellen und zusätzliche Mittel notwendig machen, die gegenfinanziert werden müssen.

Dass somit ein ausgeglichener Haushalt in Deutschlands Kommunen immer seltener der Fall ist, verkompliziert das Problem und hat direkte Auswirkung auf das, was das Gemeinwesen als Standort für Unternehmen erbringen sollte: Infrastruktur.

Die Konkurrenz von Gemeinden als Wirtschaftsstandort ist daher folgerichtig. Ein Verteilungskampf absehbar.

In den nächsten Jahren planen drei von vier Kommunen ihre Einnahmeseite über Gebühren- und Abgabensteigerungen zu verbessern und gleichzeitig Leistungen abzubauen oder einzuschränken. So soll zum Beispiel die Grundsteuer zum Teil drastisch steigen.

Leistungserbringung

Die Leistungserbringung erfolgt in zwei Teilschritten. Einerseits müssen öffentliche Leistungen/kommunale Aufgaben erbracht werden, andererseits müssen sie sowohl für die Bürger als auch für die Unternehmen kostengünstig/marktüblich sein. Dass kostengünstig nicht kostendeckend heißt, ist ein Aspekt, der die kommunale Verschuldung hochgetrieben hat und nun die Einnahmenseite zusätzlich mit Tilgung und Zinsen schmälert. Am langen Ende wird die Leistungserbringung aber im Rahmen dessen sein müssen, was finanzierbar ist.

Bürger

Dies alles hat direkten Einfluss auf die Bürger. Einerseits wollen sie orts- und wohnungsnahe Arbeitsplätze, Einkaufsmöglichkeiten, Freizeiteinrichtungen und öffentliche Versorgungsleistungen, andererseits muss das alles in einem erschwinglichen Rahmen dessen bleiben, was man als Gemeinschaft finanzieren kann. Dass es hier zu thematischen Stellungswechseln und individualgeprägten Interessenlagen gekommen ist, die nichts mehr mit dem zu tun hatten, was der öffentliche Rahmen auch gestalten und gewährleisten muss – eine wirtschaftlich und finanzierbare Infrastruktur (!) –wurde im allgemeinen Wohlstand auf Pump gerne übersehen.

Nie gesehene Molche verhinderten schon seit 30 Jahren den Ausbau der BAB Marburg-Kassel, seltene Gräser ließen Brückenbauten im Nichts enden und Offshore-Windparks aus dem Wattenmeer sprießen, ohne diese zugehörigen magnetfeldträchtigen und hässlichen Leitungsanbindungen auch zu bauen. Umweltschutz ist wichtig. Und ohne Frage die Beteiligung der Bürger an notwendigen Entscheidungen auch. Doch waren diese zunehmend freizeit- und gesundheitsorientiert. Und das auf Pump.

Damit sind die nun für den demographischen Wandel anstehenden, notwendigen und mitunter existenziellen Investitionen schon jetzt absehbar kaum noch zu stemmen. Einerseits müssen öffentliche Versorgungsleistungen immer mehr den Aspekt berühren, einer immer größer werdenden alternden Bevölkerung gerecht zu werden und andererseits die örtlichen Unternehmen dabei zu unterstützen, für neue Mitarbeiter attraktiv zu bleiben. Wenn hier erkennbare Defizite entstehen, dann kann es schnell zu Abwanderungsbewegungen im großen Stil kommen, die insgesamt dann Regionen als „Leerflächen" zurücklassen. Das ist schon jetzt entlang der BAB 4 in Ostdeutschland zu beobachten, wo Kommunen mit einem jährlichen Bevölkerungsschwund von 1–2 % zu kämpfen haben.

Es wird die Frage zu stellen sein, wie die daraus notwendigen Maßnahmen in einem Umfeld umzusetzen sind, das individuelle Freiheiten und Forderungen über Jahrzehnte so gefördert hat, dass Verzicht, Leistungsabbau und Einschränkungen zu Fremdworten wurden.

Der sich abzeichnende Spagat zwischen Wählerschaft und real notwendiger Wirtschaftspolitik wird die kommunale Entscheidungsfin– dung mit Sicherheit so beeinflussen, dass die Resultate und die daraus erwachsenen Befindlichkeiten mit großer Wahrscheinlichkeit auch auf ansässige Unternehmen zukommen werden. Sehr direkt von den Gemeinden wie auch von den Mitarbeitern, die neben dem Interesse an einer alterssicheren Arbeit auch noch arbeitsnah leben wollen.

Wenn man raten soll, wird das daraus hinauslaufen, dass Unternehmen in Zukunft kommunale Aufgaben in gewissen Rahmen mitfinanzieren sollen/ müssen. Auch wenn es abwegig klingt, wird dieser Konflikt auf die Unternehmen zukommen und dann zu Standortüberlegungen führen.13

Für Unternehmen ist neben der Infrastruktur und den öffentlichen Versorgungsleistungen zu marktüblichen Preisen ein anderer Aspekt von entscheidender Bedeutung: die notwendigen Mitarbeiterzahlen mit entsprechender Qualifikation aus dem Umfeld rekrutieren und halten zu können. Sinken diese Möglichkeiten bei sich verschlechternden kommunalen Umfeldern, ist die Standortfrage nur noch akademisch, da allein wirtschaftlich determiniert.

3) Die politische Dimension

Die Weisheit, dass der Mensch nicht nicht kommunizieren kann, zeigt schon recht deutlich, dass in Zeiten von möglicher Umverteilung, Wandel und Veränderung Prozesse entstehen werden, wo aus unterschiedlichen Richtungen und Beweggründen kommuniziert werden wird. Mitunter sehr kontrovers...

Die Politik ist das Bindeelement unserer Gesellschaft. Über sie definiert sich die Meinungsbildung, Entscheidungsfindung und Durchsetzung des Mehrheitswillens. So die Theorie.

Praktisch aber kann jeder Bürger mit geschickten Anwälten so ziemlich jede öffentliche Entscheidung gerichtlich anfechten, Bürgerinitiativen können auf nahezu ewig dem dokumentierten Mehrheitswillen zuwiderhandeln und sich wandelnde Mehrheiten auf der Zeitachse das ihrige tun, notwendige Maßnahmen zu verzögern/zu verhindern.

Einerseits zeigt dies unser demokratisches Verständnis, mit Minderheiten kommunizieren zu wollen, aber andererseits werden so kritische Entscheidungen von der Realität schnell eingeholt. Rousseau sprach da auch schon mal gerne vom „Terror der Minderheiten". Demnach ist die politische Dimension im Kontext der Arbeitswelt der Zukunft eher eine Herausforderung, mit Kommunikation umzugehen als mit der Entscheidungsfindung an sich.

Jede Überlegung eines Unternehmens, die über die Legislaturperiode der jeweiligen Kommune hinausgeht, ist in den meisten Fällen dort von wenig Interesse. Das hängt nicht mit Desinteresse zusammen, sondern mit der Wertschöpfung politischen Kapitals für die Wählerschaft. Sozusagen mit persönlicher Vorteilhaftigkeit. Oder noch anders: Opportunismus.

Letzteres ist nicht unbedingt schlecht, wenn es mit Engagement, einer Vision oder einem Ziel verbunden ist. Wird aber zu einem erfolgskritischen Faktor, wenn man es mit trägen und wenig vorausschauenden Umfeldern zu tun hat. Wenn dann noch eine ideologische Richtung die Wahrnehmung beeinflusst, wird es schwierig. Es liegt in der Natur der Sache, dass in politischen Umfeldern Handelnde solcher Couleur existent sind.

Wenn für solche Personenkreise Themen aus der Wählerschaft kommend interessant werden, wird der demographische Wandel auch ihre Befindlichkeiten erreichen und zu Kommunikation führen. Mitunter wenig zielgerichtet und wenig hilfreich.

Aber wahrnehmbar und leider auch mit Auswirkungen. Wie schon an anderer Stelle aufgezeigt, ist die kommunale und damit auch politische Dimension nötig, damit ein unternehmen Future Work so gestalten kann, dass die Arbeitswelt der Zukunft auch real in die Standortwirklichkeit eingebettet ist. Aus ihr schöpfen kann. Im Idealfall sich gegenseitig stützt, fördert und ein Lebensumfeld garantiert, das symbiotisch wachsen kann. Synergien erzeugt. Zukunftsorientiert und kooperativ aufgestellt ist. Die organisatorischen/prozessualen Voraussetzungen liegen vor Ort in aller Regel vor.14

Daher ist die innerbetriebliche Politik hier das entscheidende Erfoigskriterium. Warum?

Jedes Unternehmen unterscheidet sich vom nächsten, selbst bei gleicher Branche und nur eine Hausnummer weiter, durch seine prozessual gewachsene Struktur, die von seinen Mitarbeitern gelebt wird. In der gearbeitet, miteinander geredet und auch miteinander gestritten wird. Die handelnden Gremienvertreter sind auch verschieden. Damit auch aufgrund anderer Persönlichkeit, Erfahrung, Ausbildung und Charakter die Zusammenarbeit unterschiedlich. All das wird aber bei der Ausgestaltung der Arbeitswelt der Zukunft von entscheidender Bedeutung sein.

Die Fähigkeit der Gremien mit ihren jeweiligen Vertretern, den aktuellen tagespolitischen Rahmen ignorieren, über den fachlichen Tellerrand hinwegsehen zu können und zu wollen, ist das erfolgskritische Moment. In der Planung; die Kommunikation, proaktiv, offensiv und umfänglich halten (zu können). Darauf basiert der abschließende und entscheidende Umsetzungserfolg. Warum?

Der zeitliche Aspekt noch zu weit weg ist. Future Work, demographischer Wandel und Rente mit 45 Beitragsjahren betrifft erst einmal wenige. In zehn Jahren sind jedoch schon 50 % der Mitarbeiter über 50 Jahre alt. Das sind oberflächlich betrachtet nur drei Zahlen. Erst wenn man darüber nachdenkt, die Ist-Workforce hochrechnet auf das Jahr 2020/2025, wird das interessant. Dazu fehlen aber den meisten verlässliche Zahlen. Und es ist zeitlich eben noch weit weg ...

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Daher ist es aufgrund der politischen Dimension, die schon bald das Thema für sich entdecken wird, wichtig, die innerbetriebliche Politik so zu gestalten, dass sich alle Beteiligten vom Unternehmen gut und ausreichend informiert fühlen. Nur dadurch ist sichergestellt, dass die Planung, Konzeption und Umsetzung nur von denen beeinflusst wird, die es angeht: den Angehörigen des Unternehmens!

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4) Die Kommunikationsdimension

Recht bekommt der, der seine Auffassung am besten transportieren kann, nicht der, der sachlich am besten aufgestellt ist!

Anders als die Agenda 2010; und hier wurde von ganz oben etwas beschlossen und umgesetzt, wo keinerlei Umsetzungshilfe in Unternehmen nötig war. Keine Organisationsanpassungen, Prozessänderungen, keine Abstimmungsrunden mit den Gremienvertretern und auch keine Auseinandersetzung mit der Belegschaft. Es kam einfach von oben herab. Und wir alle erinnern uns an den Spalt, der bis heute durch die Gesellschaft geht: flächendeckend!