Staatsanwalt vermisst seinen Polizisten - N. Schwalbe - E-Book

Staatsanwalt vermisst seinen Polizisten E-Book

N. Schwalbe

5,0

Beschreibung

Nach bezaubernden Flitterwochen auf Bali holt Marten und Thorsten das Leben mit einem Paukenschlag in die Wirklichkeit zurück: Katja, Martens Schwester, und ihr Mann werden bei einem Autounfall schwer verletzt, sodass Marten und Thorsten deren zwei Kinder zu sich holen. Erst nach eine Vierteljahr ist Katja wieder hergestellt und kann die Kinder wieder zu sich nehmen.Nach der ersten Erleichterung stellen Marten und Thorsten fest, dass ihre große Villa verdammt leer ist ohne die beiden Racker und so entschließen sie sich, über eine illegale Organisation die rassige Brasilianerin Maria als Leihmutter zu buchen. Was anfänglich ein guter Plan zu sein scheint, entpuppt sich als komplettes Desaster: Maria verliebt sich in Thorsten, bekommt Zwillinge und überredet Thorsten, sie nach Amerika zu begleiten, während Marten eine bizarre Erbschaft aus Australien namens Stevie ins Haus flattert und sein neues Single-Leben gehörig auf den Kopf stellt.

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N. Schwalbe

Staatsanwalt vermisst seinen Polizisten

Roman

 

Himmelstürmer Verlag

 

eBookMedia.biz

   

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Copyright © by Himmelstürmer Verlag

Originalausgabe, Herbst 2010

Coverfoto: (c) http://www.shutterstock.de

Umschlaggestaltung: Olaf Welling, Grafik-Designer AGD, Hamburg. www.olafwelling.de

Das Modell auf dem Coverfoto steht in keinen Zusammenhang mit dem Inhalt des Buches und der Inhalt des Buches sagt nichts über die sexuelle Orientierung des Modells aus.

Hergestellt mit IGP:FLIP von Infogrid Pacific Pte. Ltd.

Staatsanwalt vermisst seinen Polizisten

„Würdest du mir bitte den Cocktail reichen, Schatz!“ Neckisch zwinkerte ich Thorsten zu und streckte meine Hand nach meinem Glas aus. Ich suhlte mich in meinem frischgebackenen Glück, nichtsahnend, dass mein Leben bald Kopf stehen würde.

„Gerne, du knackiger Staatsdiener. Hast du heute schon was vor?“

Ich grinste und tat so, als müsste ich erst noch darüber nachdenken. Thorsten lüftete meine Badehose und küsste meinen Bauchansatz. Dann gab er mir meinen alkoholfreien Fruchtcocktail.

„Danke ... Nun, ich wüsste da schon was, allerdings fällt es mir schwer, meine müden Gehirnwindungen anzustrengen, wenn du versuchst, mich zu verführen.“

„Tue ich das?“ Thorsten blickte mich über meinen Bauch hinweg an und schmunzelte. Gott, er war wirklich mein absoluter Traummann und ich konnte es immer noch nicht fassen, dass wir schon zwei ganze Wochen verheiratet waren und unsere Flitterwochen ganz feudal auf Bali verbrachten - der Insel der Götter. Eigentlich hatten wir die erste Hälfte unserer Flitterwochen nur in unserem Hotelbungalow verbracht, das Bett, jeden Tisch, die Sessel und sogar die Hängematte genutzt, um das Kamasutrabuch durchzuarbeiten, das unsere engsten Freunde, Klaus und Jürgen, in einem kleinen Laden gefunden und uns zur Hochzeit geschenkt hatten. Natürlich ein Kamasutrabuch für Männer!

Klaus und Jürgen waren schon ein sonderbares Paar. Eigentlich waren beide schon seit vierzig Jahren, seit ihrem Jurastudium, miteinander befreundet und hatten sich ihre Liebe erst vor wenigen Monaten eingestanden. Und da beide aus einer Zeit stammten, in der man sich nicht einfach so mal eben outete, wussten beide auch lange nichts von ihren gleichgesinnten, gleichgeschlechtlichen sexuellen Neigungen.

Aber nun zurück zu uns - auch unser eigener kleiner Pool, in dem ich gerade meine nackten Füße badete, musste die letzten zwei Wochen für Liebesakte herhalten, wobei ich zugeben musste, dass ich mich nicht zu den Fischen zählte und das gute, alt bewährte - trockene - Bett zum Vögeln vorzog.

Thorsten setzte sich aufrecht hin und leerte sein Glas. „Okay, schieß los! Was willst du heute machen?“

„Also, unseren Hotelbungalow haben wir ja nun schon von vorne bis hinten inspiziert. Ich dachte mir, wir schauen zur Abwechslung mal etwas von der Insel an und verschieben die Romantik und den wilden Sex auf die Abendstunden bei Kerzenschein und einem Gläschen Wein.“

„Hört sich gut an. Wo ist denn der Reiseführer, den Klaus uns mitgegeben hat?“

Ich erhob mich und stellte meinen Fruchtcocktail auf einen kleinen Glastisch neben den Pool. „Warte, ich hole ihn!“

Eine Minute später ließ ich mich neben Thorsten auf die Liege fallen und schlug den Reiseführer auf.

„Also, ich schlage vor, wir fahren heute mit dem Bus nach Lovina. Das liegt im Norden der Insel ...“

„Nee, Schatz. Das sollten wir auf morgen früh verschieben und uns einen Leihwagen nehmen. Siehst du? Hier steht, man kann dort im Morgengrauen mit einem Boot aufs Meer rausfahren und Delphine beobachten. Jetzt ist es schon fast Mittag.“

Stirnrunzelnd schaute ich auf die Uhr. Ich hatte das Gefühl, seitdem wir auf dieser Insel waren, flog die Zeit davon, als ob irgendeiner der Götter mit den Zeigern spielte, um uns so schnell wie möglich wieder loszuwerden. „Okay“, seufzte ich ergeben, „was hältst du dann von Ubud? Das ist ein kleines Künstlerdorf im Landesinneren und gilt als Kulturzentrum der Insel. Wir könnten ein paar schöne Bilder angucken und nette Mitbringsel einkaufen. Ich bin sicher, Klaus und Jürgen würden sich darüber freuen.“

Thorsten nickte und nahm mir das Buch aus der Hand.

„Hey, warte, ich war noch nicht fertig!“ Ich versuchte, ihm das Buch wegzureißen, rutschte auf der nassen Fliese aus und plumpste in den Pool. Lachend stand Thorsten am Beckenrand und hielt sich den Bauch.

„Na, warte ...“ Bevor er sich versah, hatte ich ihn am Fußgelenk gepackt und ins Wasser gezogen. Prustend tauchte er wieder auf und packte mich - aber nicht, um mich unterzutauchen, sondern um mir einen leidenschaftlichen Kuss aufzudrücken, dass mir die Luft wegblieb. Er riss mir die Badehose herunter und packte meinen Schwanz.

„Ich dachte ... wir wollten ...“ Weiter kam ich nicht.

„Klar, geht auch gleich los, mein Schatz. Aber vorerst muss ich meinen ehelichen Pflichten nachkommen.“ Er tauchte ab und nahm meinen Schwanz in den Mund.

Ich versuchte, ihn zum Auftauchen zu bewegen, doch er wehrte ab. Nach wenigen Sekunden musste er allerdings doch hochkommen, um Luft zu holen.

„Komm mit an Land, du Fisch“, neckte ich ihn.

„Wieso? Ist doch schön im Wasser“, beschwerte er sich.

Ich schüttelte den Kopf. „Für Fische vielleicht, aber ich bin eindeutig eine Landratte. Ich habe ja nichts dagegen, dass du mir einen bläst, aber ...“

Thorsten packte mich und tauchte mich nun doch unter. Als ich nach Luft schnappend wieder auftauchte, drängte er mich an den Beckenrand und sah mir tief in die Augen. „So, du hast also nichts dagegen, dass ich dir einen blase ... wie nett!“ Verschmitzt griente er mich an.

Verlegen drehte ich den Kopf zur Seite. „Naja, ich ... ich finde es halt im Trockenen am schönsten.“

„Okay“, Thorsten hievte sich aus dem Wasser, „dann auf ins Rattennest, Staatsmacht.“

Das warme Nass tropfte von seinem durchtrainierten, braungebrannten Körper und ließ seine Muskeln in der Sonne glitzern. Gott, war der Mann sexy! So schnell ich konnte, folgte ich ihm und warf ihn aufs Bett, bevor er im Bad verschwinden konnte, um ein großes Handtuch zu holen. Ich zog ihm die nasse Badehose herunter und drang, ohne groß abzuwarten, in ihn ein. Leise stöhnte er auf und streckte mir seinen knackigen Arsch entgegen, damit ich ihn besser vögeln konnte. Seitdem wir hier waren, fühlte ich mich wie eine Nymphe. Ständig verlangte mein Körper nach Sex - im Trockenen, versteht sich.

Kaum war ich gekommen, ließ ich mich neben ihm in die weichen Kissen fallen und grinste ihn an. „Ich kann das auch!“

Mit großen Augen betrachtete Thorsten mich. „So ... kannst du das“, hauchte er und küsste mich innig. Dann schubste er mich auf die andere Seite und fickte mich von hinten - ohne akrobatische Kamasutra-Übungen.

 Gott, ich liebte diese klassische Stellung, auch wenn viele sie vielleicht für die langweiligste hielten. Wie oft traf man schon einen Mann, der sowohl aktiv als auch passiv war? 

Nach einer halben Stunde standen wir angezogen und leicht erschöpft an der Rezeption unseres Hotels und fragten nach einem Mietwagen. Die kleine, hübsche Indonesierin - oder auch Balinesin - schaute Thorsten sehnsüchtig in den offenen Hemdausschnitt. Sein Körper war einfach perfekt, wie der eines griechischen Gottes. Seine männlichen Gesichtszüge ließen jedes Frauenherz höher schlagen und so manche hatte schon ihr Bedauern ausgedrückt, dass Thorsten der Männerwelt verfallen war - beziehungsweise mir, denn ich hatte ihn mir schließlich geangelt, meinen Fisch.

„Heute sind alle Wagen bereits vergeben, Sir“, piepste die Rezeptionistin mit ihre zarten Stimme und lächelte uns freundlich an. „Aber morgen früh ist einer frei. Ein Kleinwagen, gut für zwei Personen.“

„Prima“, entgegnete Thorsten, „dann nehmen wir den Wagen morgen früh. Und was machen wir jetzt?“ Fragend drehte er sich zu mir um.

Ratlos zuckte ich mit den Schultern.

Die junge Frau räusperte sich. „Sie können ein Taxi nehmen, Sir. Taxis sind nicht so teuer auf Bali.“

„Gerne. Dann fahren wir eben mit dem Taxi. Danke.“ Thorsten nickte ihr zu und legte seinen Arm um meine Schultern. In einem ersten Impuls wollte ich mich aus seiner Umarmung herauswinden - schließlich befanden wir uns in einem fremden Land - aber dann fiel mir ein, dass wir Bali nicht nur ausgesucht hatten, weil man hier als schwules Pärchen Urlaub machen konnte, ohne sich verstecken zu müssen, sondern vor allem, weil das Gay Friendly Hotel, in dem wir wohnten, genau das hielt, was der Name versprach - das Personal war uns gegenüber absolut zuvorkommend und wir waren nicht die einzigen Homosexuellen in dieser Anlage. Also kuschelte ich mich an meinen Gatten und legte meinen Arm um seine Hüften. Arm in Arm verließen wir die Eingangshalle und schlenderten zum Taxistand vor dem Hotel. Auf Englisch sagten wir dem dunkelhäutigen Fahrer, wo wir hinwollten und stiegen ein. Offenbar passten auch die Taxifahrer zum Hotel, denn unser schnurrbarttragender Chauffeur lächelte uns immer wieder an - Thorsten insbesondere.

Wir fuhren an grünbewachsenen Reisterrassen vorbei und sahen ein paar Arbeiter, die mit der Ernte beschäftigt waren. Die Landschaft war wunderschön und so bedauerte ich eine halbe Stunde später, dass die Fahrt schon vorüber war. Wild gestikulierend zeigte der Fahrer auf ein paar Häuser.

„Ubud.“

Thorsten bezahlte die Taxifahrt und wir kletterten aus dem Auto. Zur besseren Orientierung schlug ich die Landkarte in meinem Reiseführer auf. „Das muss die Hauptstraße von Ubud sein. Sollen wir einfach mal in den Dorfkern wandern?“

Thorsten nickte und ergriff meine Hand. Gemeinsam liefen wir an den Bäumen vorbei und machten Halt an einem kleinen Kunsthandelsgeschäft.

„Sieh nur, die vielen Tonfiguren. Wie findest du die hier?“ Ich zeigte auf ein dickes, rundes, männliches Ding mit zwei Löchern in der Brust und dünnen Armen, die dem Männchen scheinbare Hängebrüste verliehen.

„Also, ich weiß nicht“, zögerte Thorsten. „Was soll das denn sein?“

Eine junge Frau schaute heraus und begrüßte uns lächelnd. „Das sein Bali-Hausgeist“, erklärte sie in gebrochenem Deutsch.

Beeindruckt von ihren Bemühungen, unsere Sprache zu sprechen, beschloss ich, diesen Hausgeist zu kaufen. „Wir könnten eine davon vor unsere Haustür stellen und die andere schenken wir Jürgen und Klaus. Als Mitbringsel von der Reise. Die freuen sich bestimmt darüber.“

Obwohl Thorsten von meiner Idee nicht sonderlich überzeugt war, zückte er sein Portemonnaie.

„Hausgeist bringen Frieden und Glück“, sagte die Verkäuferin leise lächelnd.

„Super.“ Entschlossen schob ich Thorsten nach vorne. „Wir nehmen zwei. Two, please!“ Die Frau nickte und ging mit zwei Hausgeistern in die Hütte. Ich folgte ihr und beobachtete sie dabei, wir ihre kleinen Finger die Figuren geschickt und flink verpackten. Nach mehreren Schichten dünnem Papier ließ sie sie in eine Plastiktüte rutschen - die ich besser von unten stützen sollte, damit sie den Rückweg überhaupt überlebte - und nahm von Thorsten das Geld entgegen.

Hochzufrieden verließ ich das Geschäft mit meiner ersten balinesischen Errungenschaft und hüpfte ausgelassen auf den Fußweg. „Danke, mein Schatz!“ Ich küsste Thorsten auf die Wange und grinste triumphierend.

„Bitte, mein Schatz! Du hättest dir diese hässlichen Dinger zwar auch selbst kaufen können, aber es war mir eine außerordentliche Freude, mein hart verdientes Geld für diesen Mist auszugeben. Wohin gehen wir jetzt?“

Ich zeigte bergaufwärts und ignorierte seine spitze Bemerkung. Langsam trotteten wir ins Dorf. Hier und da passierten wir kleine Läden, die Massen von diesen Tonfiguren verkauften. Offenbar wurden die hier am Fließband gefertigt. Egal, in Hamburg wusste das ja niemand. An einem Stand blieb Thorsten stehen.

„Sieh dir das an! Sind das Elfen?“

Unsicher schielte ich meinen Göttergatten an. Fand er diese putzigen Fabelwesen jetzt gut oder schlecht? 

Thorsten lachte auf. „Mann, das ist echt absoluter Kitsch! Wer kauft denn Elfen? Bestimmt irgendwelche vertrottelten Tussis, deren Männer brav wie Schoßhündchen jeglichen Schnickschnack im Haus erdulden.“

Ich räusperte mich verlegen. Zufälligerweise stand ich nämlich total auf solch einen Kitsch. Andächtig betrachtete ich die vielen bunten Elfen und überlegte, ob ich mir eine davon kaufen sollte. Es gab welche mit blauen Kostümen, mit rosa- und orangefarbenen oder auch weinroten, einige hatten lange Haare, andere kurze Locken. Und alle hatten diese typischen spitzen Ohren.

Thorsten, der mittlerweile schon beim nächsten Stand war, drehte sich verwundert nach mir um. Als er meinen sehnsüchtigen Blick vernahm, kam er lachend zurück. „Sag bloß, du stehst auf diese Püppchen ...?“

„Tue ich gar nicht“, entgegnete ich etwas zu schroff.

Prüfend sah Thorsten mich an. „Ach, nee?“ Er lachte lauthals los.

Ich drehte mich zur Seite und beschloss, ihn zu ignorieren. Nur weil ich ein Mann war - und noch dazu schwul - hieß das ja nicht, dass ich diese possierlichen, halbnackten, weiblichen Fabelwesen blöd finden musste. Fantasyfiguren übten einfach einen gewissen Reiz auf mich aus.

Mein Augenmerk fiel auf eine etwa vierzig Zentimeter große Elfe, ganz in weinrot gekleidet - meine Lieblingsfarbe - an deren Füßen eine große, runde Lampe lag. Mein Herz schlug schneller. Gott, die Lampe war perfekt und würde sich hervorragend auf meinem Nachttisch machen. Vorsichtig nahm ich sie in die Hand und betrachtete sie eingehend von allen Seiten. Jeder Pinselstrich saß, sogar das zarte Gesicht war vollkommen. Auch, wenn ich nicht auf Frauen stand, so gab es doch einige Exemplare unter ihnen, die so schön waren, dass man sie einfach angucken musste. Zärtlich strich ich über die Figur.

Thorsten hatte aufgehört zu lachen und stand nun etwas pikiert da. Mit verschränkten Armen baute er sich neben mir auf. „Das glaube ich jetzt nicht ...“, brummte er. Er sah aus wie ein trotziges Kind.

Nun musste ich grinsen. „Bist du etwa eifersüchtig?“

„Pah! Wegen dieser lächerlichen Puppe da?“ Thorstens linke Augenbraue verabschiedete sich in die entgegengesetzte Richtung, als wollte sie sein Gesicht verlassen.

Ich spürte, wie der Schalk langsam in mir hochkroch und darauf wartete, dass ich ihn freiließ. „Du bist ei-fer-süch-tig“, fing ich leise an zu singen. Thorsten blinzelte und schwieg. „Du-u bi-ist ei-fer-süch-tig“, sang ich etwas lauter. Ich freute mich ungemein. Mein frisch angetrauter Ehemann regte sich doch tatsächlich darüber auf, dass ich eine kleine, harmlose Elfe aus Stein anhimmelte. Köstlich!

Ich ließ Thorsten stehen und ging zu der jungen Verkäuferin. Auf Englisch fragte ich sie, was die Elfe kosten sollte.

„Six hundred thirty-nine thousand two hundred twenty-five“, antwortete die Frau.

Was? 693.225 indonesische Rupiah? Guter Gott, wie viel war das denn? Ich kramte nach meinem Handy und drückte ein paar Tasten, um den Rechner zu aktivieren.

„Das sind fünfzig Euro, Schatz“, wisperte Thorsten mir ins Ohr. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass er aus seiner Schmollecke herausgekommen war. Dankbar lächelte ich ihn an.

„Fünfzig Euro ist ’ne Menge Kies für so eine Lampe, findest du nicht? Zumal das hier sicherlich ziemlich viel Geld für einen Balinesen sein dürfte.“

Meine Dankbarkeit wich dem Groll. Ich ließ ihn stehen und wandte mich wieder an die Frau. „Ich zahle Ihnen ... ähm, sorry ... I pay you five hundred forty-five thousand five hundred seventy-five Rupiah ... das wären dann vierzig Euro“, fügte ich leise hinzu.

Die Frau nickte und streckte mir ihre Hände entgegen. Ich reichte ihr die Lampe und holte mein Portemonnaie aus dem Rucksack. Sie wickelte die Elfe ein, nahm das Geld entgegen und gab mir meine Errungenschaft zurück.

Gott, war ich stolz! Ich liebte Elfen - Mann sein, hin oder her - und gehandelt hatte ich auch noch. Männer durften schließlich auch mal verrückt sein, das war schließlich kein Privileg für Frauen. Entschlossen drehte ich mich um und prallte gegen Thorstens muskulöse Brust. Er hielt mich an der Schulter fest und sah mir tief in die Augen.

„Ich weiß zwar nicht, warum du diese Figuren so toll findest, aber ich respektiere das, weil ich dich respektiere und ... weil ich dich liebe. Wenn dich diese kleinen Fabelwesen glücklich machen, sollst du sie haben. Ich bin auch nur ein ganz kleines bisschen eifersüchtig.“

Verschmitzt zwinkerte er mir zu und küsste mir auf die Nasenspitze. Dann sah er sich nach allen Seiten um und gab mir einen kurzen, leidenschaftlichen Zungenkuss.

„Geh du schon mal weiter. Ich habe noch was zu erledigen ...“ Thorsten schob mich zum nächsten Stand und verschwand im Elfenladen.

Nach einer halben Ewigkeit - mein Zeiteisen zeigte immerhin ganze fünf Minuten an - kam er grinsend wieder heraus und schlenderte auffällig gut gelaunt und mit leeren Händen zu mir. Leise pfiff er vor sich hin und ließ mich grübelnd stehen. Auf unserem restlichen Einkaufsbummel versuchte ich, ihn dazu zu bewegen, mir zu erzählen, was er im Laden gemacht hatte, aber er weigerte sich strikt, mir sein kleines Geheimnis zu verraten.

Wir schauten hier und da noch ein paar Bilder an und legten in einem Straßencafé eine Pause ein. Meine kostbare Elfentüte klemmte ich mir zwischen die Beine, während Thorsten die Tüte mit den beiden Hausgeistern auf einen Stuhl stellte und für uns einen Kaffee bestellte. Die Bedienung brachte uns vorweg balinesische Erdnüsse. Sie waren nur minimal gesalzen - dachte ich - und schmeckten hervorragend - zugegeben, sie schmeckten so lecker, dass ich gleich noch einen halben Liter Cola hinterher schütten musste, weil das Zeug salziger war, als ich ursprünglich angenommen hatte. Nicht schlecht, diese balinesische Verkaufstaktik. Merkwürdig, dass die Kneipiers sowas in Hamburg nicht nachahmten. Was könnten die verdienen, wenn die etwas Knabbergebäck auf den Tischen verteilen würden, um ihre Gäste durstig zu machen!

„Wollen wir noch an den Strand und etwas baden gehen?“, fragte Thorsten, nachdem die Cola bereits in meinem halbleeren Magen blubberte und die Erdnussmassen angriff.

Im ersten Moment war der Gedanke sehr verlockend, doch dann fiel mir wieder meine kleine Elfe ein und ich verneinte. „Vielleicht könnten wir unsere Einkäufe erst einmal ins Hotel bringen und dort an den Strand gehen“, schlug ich stattdessen vor.

Thorsten nickte. „Okay. Ist mir auch recht. Hast wohl Angst um deine neue Lampe, was?“

Wir bezahlten und machten uns auf die Suche nach einem Taxi. „Du hast ja noch gar nichts für dich gekauft ... und Stoffe haben wir auch noch keine“, stellte ich plötzlich fest.

Thorsten zuckte mit den Schultern. „War wohl nix für mich dabei.“

Auf dem Weg zur Hauptstraße winkte uns ein Mann in seinen Laden. Zögernd kamen wir der Aufforderung nach und lugten neugierig in die Hütte. In einer Ecke standen doch tatsächlich Bilder und Statuen mit nackten Männern beim Liebesakt. Überrascht schaute ich den Verkäufer an. Dieser stand mit stolz geschwellter Brust neben seiner Ware und zeigte darauf. Ich bückte mich und hob eines der Bilder hoch. „Vier Männer beim erotischen Liebesspiel“, feixte ich und hielt Thorsten das Bild hin.

„Hm.“

„Nicht schlecht, oder?“ Grinsend drängte ich ihm den Schinken auf. Dann bückte ich mich und sah die anderen Bilder durch. Alle Gemälde zeigten mehr oder weniger nackte Männer beim Sex - fast so, wie in unserem Kamasutrabuch. „Die sind ganz gut. Was meinst du?“ Ich richtete mich wieder auf und machte Thorsten Platz.

Dieser sah sich die Bilder an und zog zwei weitere heraus. „Die nehmen wir.“

Erstaunt stellte ich fest, dass die Bilder in Öl gemalt waren. Ich suchte das Bild nach einem Künstlerzeichen ab. Der Verkäufer schien meine Gedanken zu erraten und zeigte in die andere Ecke des Ladens. Dort saß sein junges Ebenbild und schwang einen Pinsel. Die Bilder waren also nur auf alt gemacht.

Plötzlich hatte ich eine Idee. Teils auf Englisch, teils mit Händen und Füßen fragte ich den Mann, ob sein Sohn uns beide malen könnte. Sein Sohn nickte und antwortete in perfektem Deutsch. „Gerne, Sir. Wenn Sie ein Foto haben, male ich es in ein bis zwei Tagen fertig. Wenn nicht, setzen Sie sich hin und ich male es sofort.“

„Sie sprechen Deutsch?“ Überrascht lächelte ich ihn an.

Thorsten gab die beiden Bilder unterdessen dem älteren Herrn und nahm eine Statue in die Hand. Sie zeigte zwei knackige Männer, die ineinander verschlungen waren.

„Die nehmen wir auch gleich noch mit“, flüsterte ich ihm zu. Zufrieden nickte Thorsten und trug die Figur dem Verkäufer hinterher. Ich sah in meiner Tasche nach, ob ich ein Foto von uns dabei hatte. Die Hochzeitsfotos waren noch nicht entwickelt und das Foto von uns beiden vom Polizeiball war schon reichlich zerknickt. Unsicher hielt ich es dem Künstler hin.

„Ein schönes Foto. Möchten Sie eine gemalte Kopie oder ein Aktbild mit Ihren Gesichtern?“

„Ein Aktbild“, antwortete ich.

Thorsten rief gleichzeitig aus der anderen Ecke „eine Kopie, bitte.“

Verstört schaute der junge Mann zwischen uns hin und her.

„Beides“, berichtigte ich.

„Gut“, nickte er, „dann können Sie die Bilder in drei Tagen abholen. Wenn Sie wollen, male ich dieses Bild hier mit Ihren Köpfen zu Ende.“

Neugierig beugte ich mich vor. Auf dem Bild waren zwei äußerst muskulöse Männer abgebildet - ohne Kopf. Der eine lag auf dem Rücken und streckte die Beine nach oben, die vom anderen festgehalten wurden, während er darauf zu warten schien, dass der Schwanz endlich in ihn eindrang. Mir gefiel das Bild. „Super. Dann vervollständigen Sie das Bild mit unseren Köpfen und malen dieses Foto hier ab. Ich habe auch eine Visitenkarte von unserem Hotel, falls Sie uns erreichen möchten.“

Thorsten hatte die beiden Bilder und die Statue bezahlt und kam zu uns herüber. Er musterte das angefangene Ölbild und nickte schließlich. Offenbar war es ihm etwas peinlich, dass der Maler unsere Köpfe auf die nackten Körper malen wollte. Mir war das egal.

Beim Hinausgehen bemerkte ich einen Ständer mit Seidentüchern. Ich sah etwas genauer hin und stellte fest, dass die kleinen Blumen in Wirklichkeit kleine, ineinander verschlungene Männer waren. Aus einem spontanen Impuls heraus griff ich nach allen zehn Tüchern und kaufte sie auch noch. Man konnte ja nie wissen, zu welchen Gelegenheiten man sie tragen oder verschenken wollte.

Wir verabschiedeten uns und winkten einem Taxifahrer zu. Als wir im Taxi saßen, rutschte ich näher zu Thorsten heran. „Du?“, flüsterte ich ihm zu.

„Hm.“ Thorstens grüne Augen bohrten sich in meine. Gott, das war meiner ... mein Mann! Den hatte ich geheiratet.

„Was hältst du davon, wenn wir dieses Bild ... also ich meine ... den Akt auf diesem Bild im Hotel gleich mal ausprobieren? Die Stellung hatten wir noch nicht ...“

Die letzten Worte waren so leise gesprochen, dass Thorsten sich ganz dicht zu mir beugen musste, um mich überhaupt zu verstehen. Mit einem Seitenblick auf den Fahrer stellte ich fest, dass er Thorstens Hose unmöglich im Spiegel sehen konnte. Also legte ich meine Hand ganz zufällig auf seinen Schwanz und fing an, ihn sanft zu massieren. Leise stöhnte Thorsten auf und fing sofort an zu husten, um seinen Fauxpas zu übertünchen. Der Fahrer drehte sich besorgt um, doch Thorsten winkte ab. Dann packte er meine Hand und hielt sie fest, bis wir das Hotel erreicht hatten. Mit unseren Tüten beladen liefen wir ins Hotel und flitzten zu unserem kleinen, abgeschirmten Bungalow. Um unseren Pool herum wuchsen so hohe Palmen, dass man weder unser Zimmer, noch unseren Poolbereich von außen einsehen konnte. Kaum fiel die Tür ins Schloss, schmissen wir die Tüten weg und jagten zum großen Doppelbett. Ich war hungrig wie ein Wolf - obwohl ich mir nicht ganz sicher war, ob ich zuerst meinen Magen oder den Rest meines Körpers zufrieden stellen sollte. Aber Thorsten war schon dabei, mir die Entscheidung abzunehmen. Er riss mein Hemd auf, dass die Knöpfe in alle Himmelsrichtungen sprangen und begann, sanft in meinen Oberkörper zu beißen. Gott, das ging mir durch und durch. Stöhnend ließ ich mich zurückfallen. Wie ein Käfer in der Sonne lag ich auf dem Rücken und genoss das Gefühl, das seine Zähne auf meiner Haut hinterließen. Langsam aber sicher arbeitete er sich nach unten vor und zog meine Hose mit den Zähnen herunter. Seine Zunge umspielte meine Hüften und näherte sich meinem Schwanz nur bis auf wenige Millimeter.

„Gott, Thorsten! Du machst mich ganz verrückt. Kannst du nicht endlich meinen Schwanz in den Mund nehmen?“

Thorsten schüttelte den Kopf und ließ seine Zunge über meine Innenschenkel gleiten. Das Feuer brannte mir in den Lenden und kostete mich unglaublich viel Kraft, geduldig liegen zu bleiben.

Endlich wanderte er mit dem Mund wieder nach oben. Doch er umkreiste meinen Schwanz nur und leckte meine Eichel lediglich für den Bruchteil einer Sekunde. Ein Stöhnen entfuhr meinem Mund. Ich war kurz vorm Explodieren. Thorsten glitt wie eine Schlange über meinen Körper und streifte meinen harten Schwanz. Er biss mir in die Brustwarzen und küsste mich leidenschaftlich auf den Mund. Seine Zunge war warm und süß. Schwer atmend erwiderte ich den Kuss und wünschte, ich könnte jetzt in ihn eindringen. Doch den Gefallen tat Thorsten mir nicht. Er rutschte wieder nach unten und biss mir hier und da in den Bauch. Er umkreiste meinen Schwanz erneut und spielte mit der Zunge genau drum herum.

„Du machst mich wahnsinnig“, schrie ich ihn fast an.

„Ich weiß“, entgegnete er mit rauer Stimme und leckte völlig relaxt um den Schaft meines Gliedes. Dann endlich packte er ihn und steckte ihn sich tief in den Mund.

Gott, ich war auf Wolke siebenhundertachtzig gelandet ... Immer wieder hob und senkte Thorsten seinen Kopf und blies mir einen, bis ich schließlich in seinem warmen Mund explodierte. Ich hatte das Gefühl, tausend Sterne flogen durch meinen Kopf und benebelten meine Sinne. Für einen Moment schloss ich die Augen. Thorsten küsste mich auf den Mund und hob dann meine Beine hoch. Genau wie auf dem Ölbild, das gerade von uns angefertigt wurde, drang er in mich ein und fickte mich. Ach, Flitterwochen waren doch was Grandioses!

Nach unserem Liebesspiel lagen wir glücklich auf der kuscheligen Bettdecke und starrten an die Zimmerdecke. „So, nun kann uns der Künstler auch in dieser Position malen“, bemerkte Thorsten trocken. Dann stützte er sich auf seinen Ellenbogen und zeichnete mit dem Finger auf meiner Brust herum.

„Und immer, wenn wir das Bild anschauen, denken wir an unsere tollen Flitterwochen zurück“, fügte ich grinsend hinzu und küsste seine Finger.

   

* * *

   

Am nächsten Morgen machten wir uns noch vor Sonnenaufgang mit unserem Mietwagen auf den Weg in den Norden. Am dunkelsandigen Strand von Lovina bezahlten wir einen Fischer, der uns mit seinem Miniboot aufs Meer hinausbrachte, wo wir ein paar Delphine beim Schwimmen beobachten konnten. Zwei von den putzigen Tieren kamen sogar ganz dicht ans Boot und steckten neugierig ihre Köpfe aus dem Wasser. Sie gaben merkwürdige Geräusche von sich, als lachten sie uns an - oder aus - und zeigten dabei ihre vielen kleinen Zähne. Als ich meine Hand nach ihnen ausstreckte, tauchten sie ab, kamen jedoch kurz darauf wieder und ließen sich doch tatsächlich streicheln. Ich war überwältigt.

„Jetzt verstehe ich, warum es so viele Kinder gibt, die man mit Hilfe von Delphinen therapiert“, bemerkte Thorsten mit glänzenden Augen.

Ich nickte. „Delphine sind wahrlich wundersame Wesen.“

„Du Poet“, feixte Thorsten.

Ich nahm eine Handvoll Wasser und spritzte ihn lachend nass. „Na, warte! Komm du mir erst nach Hause ...“, scherzte ich.

Thorsten machte noch ein paar Fotos, dann brachte uns der Fischer wieder an Land.

„Und was machen wir jetzt mit dem angebrochenen Tag? Ins Hotel zurück, habe ich keine Lust.“

„Ich auch nicht“, pflichtete Thorsten mir bei. Also zückten wir unseren Reiseführer und blätterten wahllos darin herum.

„Was hältst du davon, wenn wir nach Jimbaran fahren und den Fischmarkt unter die Lupe nehmen? Früh genug ist es dafür.“ Fragend sah Thorsten mich an.

„Ehrlich gesagt, esse ich nicht so gerne Fisch - schon gar nicht am Morgen“, erwiderte ich schulterzuckend.

„Was? Du bist doch ein ... ach nee, du bist kein waschechter Hamburger. Ich vergaß!“ Thorsten seufzte und blätterte weiter. „Gut, also keinen Fisch, du Landratte! Hier ...“, er zeigte mit dem Finger auf einen Punkt in der Mitte der Landkarte. „Das ist Be-sa-kih ... Was steht hier? Pura Besakih ist das bedeutendste, hinduistische Heiligtum auf der Insel, gegründet vermutlich im achten Jahrhundert. Wow, sieh mal! Der Tempel liegt auf einem hohen Berg am Südwesthang des Gunung Agung, einem noch aktiven Vulkan. Ich war noch nie auf einem echten Vulkan. Meine Neffen flippen aus, wenn wir ihnen die Bilder zeigen.“

„Also auf nach Besakih.“ Ich packte den Reiseführer ein und stieg in den Wagen. Thorsten, mein Polizist auf heißen Rädern, hatte sich bereit erklärt, den Wagen zu steuern und uns sicher über die Insel zu bringen.

Es dauerte nicht lange, bis wir Besakih erreichten. Thorsten parkte den Wagen und schaltete den Motor aus. „Hoffentlich spuckt der Vulkan nicht ausgerechnet heute Schutt und Asche aus, wenn wir uns den Tempel ansehen“, bemerkte ich ängstlich, als wir ausstiegen.

Thorsten winkte ab. „Glaub ich nicht. Und wenn, können wir sagen, dass wir ein schönes Leben hatten.“

„Ich hätte aber gerne noch ein etwas längeres Leben, vor allem mit dir, mein Schatz!“

Grinsend kam Thorsten ums Auto herum und küsste mich. Gemeinsam liefen wir einen schmalen Sandweg entlang, vorbei an Häusern mit kleinen Tempeln, die teilweise von einer Mauer umgeben waren. Nach einer Stunde strammem Fußmarsch erreichten wir endlich den heiligsten Tempel Pura Besakih. Andächtig blieben wir vor dem hohen Portal der Tempelanlage stehen.

„Ist schon beeindruckend, was die früher so alles gebaut haben, was?“ Thorsten zückte den Fotoapparat und machte ein paar Bilder.

Ich holte unterdessen noch einmal den Reiseführer heraus. „Wusstest du, dass der Vulkan zuletzt im März 1963 ausgebrochen ist und dabei fast zweitausend Menschen gestorben sind? Hier steht, dass die Lava den Tempel nur knapp verfehlt hat. Der Lavastrom soll sich auf den Muttertempel zubewegt haben, hat sich aber kurz vorher geteilt und hat die ganze Anlage verschont. Das grenzt echt an ein Wunder.“

„Da hatte doch bestimmt einer der Inselgötter seine Finger im Spiel“, erwiderte Thorsten, noch immer damit beschäftigt, den Tempel zu fotografieren.

Eine üppige Frau und ein ziemlich korpulenter Mann mit Hut kamen schnaufend herbeigelaufen. Trotz seiner kurzen Hosen trug er weiße Tennissocken in schwarzen Sandalen. An seinem Schnurrbart hingen diverse Schweißperlen. Vollkommen erschöpft nahm er den Hut von seinem dichten Haar und fegte sich über die klatschnasse Stirn. Die Frau schrie empört auf. „Mensch, Rudi! Pass doch auf. Du machst mich ja ganz nass!“

„Stell dich nicht so an, Berta. Ist doch nur Wasser.“

„Schweiß, meinst du, mein Lieber. Schweiß!“ Sie rümpfte die Nase und warf ihre blondgefärbten Locken über die Schulter. Ihr weißes Hosenkostüm mit den riesigen knallroten Punkten und dem roten Hut wirkte doch ein wenig lächerlich. Ihre Füße wurden von hauchdünnen Sandalen mit noch dünneren Riemchen gehalten, die auf hohen Absätzen steckten, gerade mal so dünn wie eine Bleistiftmiene. Wie konnte man bloß auf solchen Schuhen laufen? Wackelig stolperte sie über das Pflaster.

„Oh, sieh mal, Rudi! Hier ist der Aufstiegspfad zum Vulkan. Siehst du, hab ich doch recht gehabt.“ Sie stemmte die Hände in die Hüften und schaute ihren Begleiter triumphierend an.

Dieser winkte lässig ab. „Ja, ja ... schon gut. Du hast doch immer recht, Berta!“

Ob die wohl verheiratet waren?

„Also, wenn du mich fragst, sollten wir hier unten bleiben und uns den Tempel angucken. Hier gibt es sogar ein paar Schreine. Die interessieren mich brennend“, ereiferte sich der dicke Rudi.

Vergnügt beobachtete ich die zwei. Auch Thorsten konnte seinen Blick nicht von den beiden abwenden.

„Och du, nu lass doch mal die Arbeit ruhen. Zuhause ha’m wir schon nix anderes als deine doofen Särge. Jetzt muss ich mir die Dinger auch noch im Urlaub angucken? Ich würde mir lieber den Krater ansehen. Das ist Abenteuer pur.“

„Auf den Schuhen?“ Zweifelnd zog Rudi die Augenbrauen hoch und musterte sein Weib. „Berta, in all den Jahren, die wir jetzt schon verheiratet sind ...“

Aha!

„Zehn, Rudi, zehn Jahre ...“

„Gut, Berta! In den zehn Jahren, die wir schon verheiratet sind, ist kaum ein Tag vergangen, an dem du nicht über meine Arbeit gemeckert hast. Warum hast du mich überhaupt geheiratet?“

„Weil du Kohle hattest“, giftete sie ihn an.

„Ist das alles?“, entgegnete er enttäuscht.

„Naja“, abschätzend fixierte sie seinen Bauch, „vom Leichengeruch mal ganz abgesehen, den ich seit zehn Jahren Abend für Abend an dir ertragen muss, warst du damals - ich betone, damals - ja auch noch ganz attraktiv ... bevor du diese Bierwampe bekommen hast.“

„Ich esse halt gerne, Berta.“ Verlegen schaute er mich an und zuckte entschuldigend mit den Schultern.

„Wir hätten Kinder bekommen sollen. Obwohl ... vielleicht ist es ja besser so. Wer weiß, was die gedacht hätten, wenn der Papa jeden Tag totes Fleisch schminkt und die Ruhestätte der toten Kundschaft selbst schnitzt.“ Abfällig schnipste sie etwas Dreck von ihrem Fingernagel auf den Weg und warf mir einen giftigen Blick zu.

Ich zog erschrocken die Augenbrauen hoch und wandte mich ab. Thorsten kam zu mir und überprüfte unsere Wasservorräte.

„Gott, dass diese Schwuchteln hier frei herumlaufen dürfen“, zischte sie so laut, dass wir sie unmissverständlich hören konnten.

Ich verdrehte die Augen. Solche Feindseligkeiten war ich bisher nur von meiner Arbeit als Staatsanwalt gewohnt, wenn ich mal wieder eine Anzeige wegen Beleidigung auf dem Tisch liegen hatte. Ich persönlich war bisher davon verschont geblieben.

„Diese Kinderschänder sollte man alle einsperren“, fügte sie noch eine Spur bissiger hinzu.

Wütend fuhr Thorsten herum und stapfte auf die Frau zu.

Alarmiert streckte Rudi seinen Bauch heraus und näherte sich den beiden, um seiner Frau zur Hilfe zu eilen.

„Jetzt hören Sie mir mal gut zu, Sie unverschämte Person, Sie! Wenn Sie nicht ...“, begann Thorsten.

„Sprechen können Sie auch? Ich dachte, Affen können das nicht.“ Hochmütig spitzte sie ihre Lippen.

Ich ging auf die beiden zu, um schlimmeres zu verhindern, doch bevor ich Thorsten erreicht hatte, hatte er die Frau auch schon am Handgelenk gepackt und herumgewirbelt. Im professionellen Polizeigriff hielt er sie vor sich. Atemlos schnaufte die blonde Berta und versuchte, sich laut kreischend zu befreien.

„Rudi, hilf mir! Der Mann will mir an den Kragen!“