Stahlwölfe 04: Hybridenbrut - Cico Cavca - E-Book

Stahlwölfe 04: Hybridenbrut E-Book

Cico Cavca

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Beschreibung

Der Kampf zwischen den Kainitern und den letzten überlebenden Nordamerikanern tobt unvermittelt weiter. Mailin bringt gegen ihren Willen die ersten Grey-Mensch-Hybriden zur Welt.Die Stahlwölfe werden gezwungen, in einem brutalen Arenakampf zur Belustigung der Morhawks gegen Erdspinnen anzutreten. Orku, der Anführer der Greys, beschwört die energiefressenden Bodhii vas Geras, um die indianischen Ghost Warriors zu vernichten. Die Lage für den Flüchtlingstreck erscheint aussichtslos.Die Print-Ausgabe umfasst 158 Buchseiten.

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Seitenzahl: 148

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STAHLWÖLFEBand 4

In dieser Reihe bisher erschienen

1501 Cico Cavca Zombie Trail

1502 Wolfgang Schroeder Freimaurerskalps

1503 Lee Quentin Indian Ghostwar

1504 Cico Cavca Hybridenbrut

Cico Cavca

HYBRIDENBRUT

Nach einer Idee vonJörg Kaegelmann

Diese Reihe erscheint in der gedruckten Variante als limitierte und exklusive Sammler-Edition!Erhältlich nur beim BLITZ-Verlag in einer automatischen Belieferung ohne ­Versandkosten und einem Serien-Subskriptionsrabatt.Infos unter: www.BLITZ-Verlag.de© 2019 BLITZ-VerlagRedaktion: Jörg KaegelmannExposé: Guido GrandtTitelbild: Mario HeyerUmschlaggestaltung: Mario HeyerLogo: Mark FreierSatz: Harald GehlenAlle Rechte vorbehaltenISBN 978-3-95719-374-2Dieser Roman ist als Taschenbuch in unserem Shop erhältlich!

31. Juli 1866; Irgendwo tief unter der Erde (Scotts Bluff)

Die Stahlwölfin Mailin Phuong lag noch immer festgeschnallt auf dem Tisch in der Brutkammer der Greys. Tränen rannen über ihr Gesicht. Gerade erst hatte das widerliche Wesen, das als Erschaffer bekannt war, sein Fortpflanzungsorgan aus ihr herausgezogen. Mailin hatte versucht, die Einzel­heiten dieser Vergewaltigung so weit wie möglich aus ihrem Gedächtnis zu verbannen. Doch noch waren die Erinnerungen daran präsent in ihrer Wahrnehmung.

Während das fremde Wesen sich langsam erhob und sich anschickte, den Raum zu verlassen, stieß Mailin ein konstantes Wimmern aus. Während des Befruchtungsaktes hatte die Halbchinesin immer wieder verzweifelte Schreie hervor gepresst. Das schroffe Glied des Erschaffers war immer wieder wie ein mechanisch angetriebener Kolben in sie eingedrungen. Mailin wand sich unter den Schmerzen der Erniedrigung und versuchte, sich irgendwie dem Zugriff des Greys zu entziehen. Letzten Endes wusste sie jedoch, dass ihre Versuche ohne Erfolg bleiben würden.

Der ganze Vorgang dürfte nicht viel länger als wenige Minuten gedauert haben, doch ihr kam es wie eine Ewigkeit vor. Als sie die warme, gallertartige Flüssigkeit in ihrem Unterleib spürte, wusste sie, dass es vorbei war. Der Erschaffer ließ während seiner Arbeit keinerlei emotionale Reaktionen erkennen, ebenso wenig wie der tätowierte Anführer der Greys. Einzig die beiden Freimaurer Albert Pike und Andrew Johnson reagierten auf den Vorgang unter ihren Augen.

Während sich auf Pikes Gesicht die Erkenntnis abzeichnete, einem notwendigen, wenngleich ihm Unbehagen bereitenden, Ereignis beizuwohnen, war Andrew Johnson unverkennbar angetan von der Szenerie. Es schien ihm sogar eine diebische Freude zu bereiten, seine Feindin leiden zu sehen. Genau beobachtete er den Vorgang und verfolgte die gleichmäßige Bewegung des Greys ebenso, wie die Abwehrversuche von Mailin. Sie kam sich nicht nur durch den Samen des Erzeugers beschmutzt vor, sondern auch durch die Blicke der um sie herum versammelten Personen.

„War es das?“, fragte Johnson in das Schluchzen der AMF-Frau hinein.

„Das Puquneh’la ist nun abgeschlossen“, erklang die Stimme des Grey-Anführers in seinem und Albert Pikes Kopf.

Langsam schritt Johnson auf die Liege zu, auf der Mailin festgeschnallt war und die ihr mehr wie eine Folterbank vorkam. Während seine Lippen ein zynisches Lächeln formten, legte er seine rechte Hand auf Mailins Bauch und betastete ihre Haut.

Hasserfüllt blickte die junge Frau dem ehemaligen Präsidenten in seine gefühlskalten Augen.

„Wie fühlt man sich als Pionierin? Schließlich bist du die erste menschliche Frau, die in den Genuss gekommen ist, sich mit einer weiter entwickelten Rasse fortpflanzen zu dürfen.“

Statt einer Antwort spuckte die Stahlwölfin ihrem Gegenüber ins Gesicht. Johnson quittierte die Reaktion der Frau lediglich mit einem breiten Grinsen, als er ihren Speichel mit dem Handrücken abwischte.

„Das wird dir auch nichts nützen. Jetzt, wo das Puquneh’la durchgeführt wurde, gibt es kein Zurück mehr. In dir wird ein neues Lebewesen heranwachsen. Ein Lebewesen, das die besten Eigenschaften von Mensch und Grey in sich vereinigen und schon bald den amerikanischen Kontinent bevölkern wird.“ Albert Pike hatte den Worten des Freimaurers aufmerksam gelauscht und wandte sich an Orku, den Anführer der Greys.

„Wie lange wird es bis zur Geburt dauern?“, fragte er das grauhäutige Wesen.

„Es beginnt bereits jetzt“, war die knappe Antwort, die der Grey in die Köpfe aller Anwesenden auf telepathischen Weg sandte.

Damit hatten weder Johnson und Pike noch Mailin selbst gerechnet. Pike war die Überraschung direkt im Gesicht abzulesen. Andrew Johnson ließ sich sogar zu einem glucksenden Lachen hinreißen, das seine Freude über den raschen Fortschritt ausdrückte.

Mailin fuhr jedoch der Schreck in sämtliche Nervenbahnen. Sollte sich die Schreckensvision ihres letzten unruhigen Schlafes schon so bald ereignen? Das Schlimmste an der Sache war, dass sie absolut keine Ahnung hatte, was mit ihrem Körper geschehen würde. Angst erfüllte sie. Auch wenn die Ereignisse der vergangenen Minuten schrecklich gewesen waren und sich für immer in ihre Erinnerung eingebrannt hatten, so hatte sie es bislang doch noch immer geschafft, die Furcht beiseitezuschieben.

Doch jetzt, in dieser grausamen Situation, nicht zu wissen, wann und wie der Geburtsvorgang stattfinden würde, überkam sie die Panik. Wild rüttelte sie an ihren eisernen Fesseln, obwohl ihr bewusst war, dass sie hierdurch nichts an ihrer Situation ändern würde. Erwartungsvoll ruhten die Blicke von Johnson, Pike und Orku auf ihrem nackten Körper. Mailin fühlte sich erniedrigt und missbraucht. Sie war ihren Peinigern völlig hilflos ausgeliefert.

„Gut, sehr gut“, kommentierte Johnson die Botschaft Orkus.

„Wird die Prozedur lange dauern?“, erkundigte sich Pike.

„Es sollte in nur wenigen Minuten ein Ergebnis vorliegen“, stellte Orku nüchtern fest, so als ob er über ein einfaches Laborexperiment referieren würde.

Mailin war sich nicht sicher, ob sie es sich vor Angst einbildete, aber sie verspürte nun tatsächlich eine Veränderung in sich vorgehen. Es kam ihr vor, als ob sich Hunderte von Aalen in ihrer Bauchhöhle winden würden. Dieses Gefühl war absolut unnatürlich und verursachte bei ihr Übelkeit. Sie begann zu würgen und ihr wurde schwindelig. Obwohl sie festgeschnallt war, hatte sie den Eindruck, jederzeit vom Tisch unter ihr herunterzufallen. Was auch immer der Erzeuger in ihren Unterleib gepflanzt hatte, bewegte sich jetzt. Mailin versuchte sich auf die mentalen Übungen zu konzentrieren, die ihr Vater ihr vor vielen Jahren beigebracht hatte. Immer wieder schirmte sie ihren Geist von den Vorgängen in und um ihren Körper herum ab. Doch es gelang ihr nur für wenige Sekunden, die schrecklichen Veränderungen zu verdrängen, die sie gerade durchlebte.

„Seid ihr sicher, dass alles nach Plan verlaufen wird?“, fragte Albert Pike in die Stille hinein, die sich gebildet hatte, als Mailin ihren inneren Kampf ausfocht.

„Unsere Vorbereitungen verliefen allesamt wunschgemäß. Es gibt keinerlei Anzeichen, dass etwas das Puquneh’la negativ beeinflusst hätte. Sie ist jung und kräftig. Das Kind sollte ebenso stark und gesund sein“, beruhigte Orku den Freimaurer.

„Sie wurde nicht umsonst ausgewählt, die Stammmutter einer neuen Rasse zu sein“, stellte Andrew Johnson fest. Im fahlen, grünen Licht der Brut­station glänzten die Schweißperlen auf der Stirn der Stahlwölfin, als sie sich verzweifelt aufbäumte. Das Gefühl in ihrem Unterleib hatte sich verstärkt und machte es ihr fast unmöglich, noch einen klaren Gedanken zu fassen. Rasend vor Wut und Verzweiflung stieß sie einen markerschütternden Schrei aus. Während Orku diesen regungslos zur Kenntnis nahm, zuckten seine beiden menschlichen Begleiter kurz zusammen.

Doch was sie sahen, ließ zumindest bei dem Ex-Präsidenten wieder ein Lächeln auf den schmalen Lippen erscheinen. Wie ein langsam aufgepumpter Ballon wölbte sich die Bauchdecke der Halbchinesin. Stoßweise schwoll ihr Unterleib an. Wie eine überreife Frucht bildeten sich auf der Haut des Bauches vereinzelte dunkle Flecken. Bei näherer Betrachtung schien es so, als bewegten sich Dutzende kaulquappenartiger Embryonen unter der transparent wirkenden Haut. Zusehends wuchsen die Flecken heran. Auch Mailin war dies nicht entgangen. Laut schrie sie auf, als unvermittelt die Wehen einsetzten und brennende Schmerzen ihre Nervenbahnen durchfuhren.

„Gleich wird es so weit sein“, kommentierte Orku das Geschehen. Seine Stimme klang hierbei genauso unaufgeregt und sachlich in den Köpfen der beiden Freimaurer wie immer. Der Geburtsvorgang, an ­dessen Ende eine neue Rasse entstehen würde, ließ ihn scheinbar absolut kalt.

„Es sind so viele. Ich dachte Greys bringen stets nur ein Kind zur Welt“, erkundigte sich Albert Pike bei dem Anführer der Außerirdischen.

„Durch die Vermischung mit menschlichem Erbgut erschien es uns notwendig, mehrere Nachkommen auf einmal in den Testkörper zu implementieren“, lautete die Antwort.

Die dunklen Flecken wuchsen rasend schnell heran. Mailin schrie während dieses Schauspiels fortwährend vor rasenden Schmerzen, die sie fast in den Wahnsinn trieben. Sie konnte kaum noch einen klaren Gedanken fassen und hoffte nur noch, dass diese Qualen endlich ein Ende haben würden. Schwarze Schleier breiteten sich vor ihrem Sichtfeld aus und das Gespräch der um sie herum stehenden Freimaurer und dem Grey-Anführer hörte sie nur noch dumpf. Einzelne Worte waren für sie nicht mehr auszumachen, auch wenn sie ahnte, worum sich der Wortwechsel dieser unheimlichen Verbündeten drehte.

„Wird sie es überleben?“, fragte der Ex-Präsident Andrew Johnson.

„Ich denke schon. Unsere Vorab-Simulationen zeigten eine Überlebenschance von 73,4%“, teilte Orku den beiden Männern auf telepathischem Wege mit.

„Sehr gut. Wir haben noch einiges mit ihr vor.“

„Wie schnell wird sie wieder für eine erneute Befruchtung zur Verfügung stehen“, wollte Pike wissen.

„Unsere Simulationen haben hierüber keine verlässlichen Ergebnisse erbracht. Die Parameter sind zu vielfältig. Zudem haben wir keinerlei Vergleichswerte für ein solches Experiment“, wiegelte Orku ab.

Dass der Grey den ganzen Vorgang als Experiment bezeichnete, zeigte den Freimaurern, wie wenig Anerkennung er für die menschliche Rasse übrig hatte. Besonders Albert Pike missfiel die herablassende Art, mit der die Greys ihnen stets gegenübertraten. Auch wenn dies nur subtil geschah, war dieser Umstand nicht zu leugnen. Die Greys wussten, dass sie den Menschen zumindest technologisch überlegen waren. Ob dies auch auf ihre gesellschaftlichen Strukturen zutraf, konnte er nicht einschätzen. Um jedoch das große, gemeinsame Ziel der Freimaurer und Greys zu erreichen, erschien es Andrew Johnson und seinem Stellvertreter jedoch unumgänglich, sich mit den Greys zu arrangieren.

„Es beginnt!“, riss die Stimme des tätowierten Greys in seinem Kopf Albert Pike aus seinen Gedanken heraus. Tatsächlich war zum ersten Mal so etwas wie Aufregung bei dem kleinen Außerirdischen zu beobachten.

Mailin spürte, dass die Geburt nun unmittelbar bevorstand. Auch wenn sie der Ohnmacht nahe war, machte sie sich Gedanken, was ihre Peiniger wohl nach der Niederkunft mit ihr anstellen würden. Sollte sie noch weitere dieser Missgeburten zur Welt bringen, oder würde man sich ihrer entledigen, wenn sie ihre Schuldigkeit getan hatte? Wie auch immer ihre Zukunft aussehen mochte, ihre Gegenwart verschwamm zu einer nicht endenden wollenden Abfolge von Schmerzen, Ekel und Wut. Wenn doch nur Brad Shannigan, der Anführer der Stahlwölfe, endlich sein Versprechen einlösen und sie befreien würde. Momentan war die Hoffnung der jungen Frau jedoch sehr gering, den Mann, für den sie so viel empfand, jemals wiederzusehen.

Die Halbchinesin versuchte sich erneut auf die Meditationstechniken zu konzentrieren, die sie vor vielen Jahren von ihrem Vater vermittelt bekommen hatte. In ihren Gedanken erhob Mailin sich von der Metallliege und bewegte sich schwebenden Schrittes auf die Tür der Brutkammer zu. Sie ließ die beiden Freimaurer und Orku links liegen und trat durch die geschlossene Tür hindurch. Dahinter lag nicht etwa der diffus beleuchtete Tunnel, durch den sie hierher gebracht worden war. Mailin tauchte gedanklich in einen hell beleuchteten Raum ein. Hier schien es keinen Schmerz mehr zu geben. Sie fühlte sich geborgen und sicher.

Plötzlich schob sich jedoch ein dunkler Schatten in ihr Sichtfeld und überdeckte das Licht um sie herum. Im nächsten Augenblick sah sie sich selbst auf der Liege, mit gespreizten Beinen, festgeschnallt an Handgelenken und Fußknöcheln. Die Schmerzen waren zu groß, sie konnte nicht mehr die nötige Konzentration aufbringen, um ihren Geist von der schrecklichen Situation zu isolieren, in der sie sich befand. Stattdessen wurde ihr in diesem Moment bewusst, dass es kein Entkommen mehr gab. Der einzige Gedanke, der ihr immer wieder ins getrübte Bewusstsein rückte, war, dass das Kind, ihr Kind, jetzt kommen würde.

*

31. Juli 1866, Nähe Plattsmouth, Nebraska Territory

Die Schlacht zwischen den Kainitern und den letzten Überlebenden des Flüchtlingstrecks dauerte unverändert an. Auch wenn die Lage für die noch lebenden Amerikaner aussichtslos erschien, wehrten sie sich verbissen gegen ihr Schicksal. Die Untoten erhielten Unterstützung von den Vampiren der Bad Gun Gang unter der Führung von Billy the Kid und den entflohenen Flederschreckspinnen aus dem Schiff der Greys. Unter dem Druck dieser vereinten Streitmacht war die Front der amerikanischen Kämpfer kurz vor dem Zusammenbrechen. Völlig unerwartet hatten sie jedoch Unterstützung durch die vereinten Stämme der Indianer erhalten und deren mächtigster Waffe, den Ghost Warriors.

Die Geister der indianischen Urahnen waren gefährliche Krieger, die das Vordringen der Kainiter noch weiter hinauszögern konnten. Zwar rechnete niemand aufseiten der Lebenden damit, dass die Geisterkrieger das Blatt zu ihren Gunsten wenden konnten, doch zumindest hielten die Erfolge der Geister ihre Hoffnung am Leben.

Cholores Dexter feuerte seinen Colt gerade in den nächststehenden Kainiterschädel, als er ein pfeifendes Geräusch über sich vernahm. Der Kopf seines Opfers zerplatzte wie eine überreife Wassermelone und verteilte seinen puddingartigen Inhalt in einem Radius von mehreren Metern. Auch Dexter selbst wurde hiervon besudelt. Mitten im Kampfgeschehen war es ihm nur kurz möglich, seinen Blick nach oben zu richten, um die Quelle des Geräuschs ausfindig zu machen. Was er zunächst sah, war lediglich eine Rauchspur, die sich in einer Parabel von dem hinter ihm gelegenen Hochplateau bis tief in die Reihen der nicht enden wollenden Masse an untoten Leibern vor ihm erstreckte.

Das musste eines dieser neuartigen Geschosse sein, die die U.S. Army erprobt hatte. Für den kahlköpfigen Zahnarzt ein Zeichen, dass die ­Verzweiflung der Befehlshaber mittlerweile so groß war, dass sie nunmehr auf experimentelle Waffen zurückgriffen. Er hatte von diesen Geschossen schon gehört. Angeblich sollten diese mit einer Art flüssigem Treibstoff erstaunliche Geschwindigkeiten erreichen und so ihre tödliche Fracht weit in die Reihen des Gegners tragen. Dort explodierten die Projektile und zerfetzten Dutzende der untoten Plage. Der Sprengstoff, der in ihnen enthalten war, war jedoch auch für die Artilleristen nicht ungefährlich. Das Nitroglyzerin war sehr stoßempfindlich und es waren Gerüchte im Umlauf, dass die als Raketen bezeichneten Geschosse dazu neigten, hin und wieder umzufallen, wenn sie gestartet werden sollten.

Während er noch darüber nachdachte, hörte er ein dumpfes Grollen und spürte, wie der Erdboden unter ihm erzitterte, als die Rakete inmitten der Kainiter einschlug. Zwar konnte er nicht ausmachen, wie viele der Kreaturen die Explosion endgültig vernichtete, doch der Detonationsblitz und die darauffolgende Rauchwolke waren beeindruckend. Die Einschlagskraft musste jedes Artilleriegeschoss übertreffen, das er je beobachtet hatte.

Sein Colt feuerte erneut auf den Kopf eines Wiedergängers, als eine weitere Rakete über seinen Kopf hinwegfauchte. Diesmal flog das Geschoss allerdings in einer viel flacheren Kurve über ihn und die übrigen Kämpfer hinweg. Zwar erreichte es sein Ziel, doch schlug es diesmal nur knapp hinter der Frontlinie der sich langsam nach vorne schiebenden Massen an Körpern ein, die mordlustig auf ihn und die übrigen Menschen zutrieb.

Dexter war überrascht von der Druckwelle der Detonation, die ihn kurz aus dem Tritt kommen ließ, sodass er sich auf seine linke Hand stützen musste, um nicht seitlich zu Boden zu stürzen. Diesen Moment nutzte eine der schrecklich entstellten Kreaturen und schlug ihm den Colt aus der Rechten. Mit so einer gezielten Aktion hatte er nicht gerechnet. Bislang waren ihm die Untoten als hirnlose Wesen ohne wirkliches Ziel, außer der Vernichtung der Lebenden, bekannt gewesen. Ohne sein zuverlässiges Schießeisen war ­Cholores Dexter seinem Feind nahezu hilflos ausgeliefert. Er nahm eine Verteidigungsstellung ein und bereitet sich darauf vor, dass der Kainiter vor ihm sich jederzeit auf ihn stürzen würde. Dieser machte jedoch zunächst keinerlei Anstalten, ihn anzugreifen. Stattdessen griff er nach einer Holzlatte, die aus einem der zerstörten Planwagen des Trecks herausragte. Dexter war nun auch noch im Nachteil bei dieser direkten Konfrontation. Der Kainiter hatte mit dem Prügel die größere Reichweite. Wegzurennen hätte auch nichts genützt. Mittlerweile war der letzte Rest der Verteidiger von allen Seiten umzingelt.

Gerade als der Zahnarzt sich seine ­Chancen ausmalte, seinen Gegenüber mit einem ­Überraschungsangriff zu entwaffnen, durchbohrte ein gefiederter Pfeil den Schädel der Kreatur. Der Kainiter blieb einen Augenblick lang regungslos stehen und ließ dann den Holzbalken aus seinen Händen gleiten. Der verständnislose Ausdruck in seinem Gesicht wich schnell, als der Untote wie ein nasser Sack in sich zusammensank und regungslos am Boden liegen blieb.

Neben Dexter gingen noch weitere Kainiter zu Boden, die von Pfeilen durchbohrt oder durch mächtige Tomahawk-Hiebe niedergestreckt wurden. Mitten durch den Pulk der Untoten hatten sich die India­ner durchgekämpft und wüteten nun an der Front gegen den gemeinsamen Feind. Mehr als ein wenig Zeit würde ihnen der Beistand der amerikanischen Ureinwohner allerdings auch nicht verschaffen, dämmerte es Dexter, der eilig seinen Colt wieder aufsammelte. Er hielt kurz inne und nutzte den Trubel um sich herum, um Patronen in die Trommel seiner Waffe nachzuladen. Mit zittrigen Fingern bugsierte er das heiße Blei in die dafür vorgesehenen Löcher.

Ein wenig verwundert war er schon, dass inzwischen nicht noch mehr Raketen von dem Plateau abgefeuert worden waren. Sein Blick streifte eher unbewusst den flachen Hügel, auf dem die Artillerie Stellung bezogen hatte. Was Dexter dort sah, ließ ihn jedoch vor Schreck fast erstarren. Die ­gigantischen Flugungetüme, die von den Stahlwölfen und den Soldaten der U.S. Army Flederschreckspinnen genannt wurden, hatten einige der Kainiter mit ihren Klauen auf das Plateau befördert. Diese wüteten nun unter den armen Artilleristen. Fast ohne Gegenwehr schlachteten die Untoten die tapferen Männer ab, ehe sich deren tote Leiber wieder erhoben, um für ihre ehemaligen Feinde zu kämpfen. Von dieser Seite aus war also keinerlei Hilfe mehr zu erwarten.

*

Der ehemalige Präsident der Vereinigten Staaten blickte mit Wonne über das Schlachtfeld, das er durch mechanische Linsen wahrnahm. George Washington war in Form eines von den Greys erschaffenen Androiden auf die Erde zurückgekehrt. Der echte George Washington war bereits seit knapp sechzig Jahren tot. Doch Orku, der Anführer der Außerirdischen, gab seinem Heerführer das Aussehen des ersten Präsidenten der unabhängigen Kolonien. In seinem positronischen Gehirn liefen permanent Berechnungen ab, um die Strategie der Kainiter auszuklügeln.