Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Die Enterprise-A empfängt ein fremdes Signal. Bei der Untersuchung müssen Spock, Doktor McCoy und Chekov notlanden, ohne Kontakt zum Schiff. Nun ist der Landetrupp auf einer feindseligen Welt gestrandet … Der Nexus hat seinen Kurs geändert. Er steht kurz davor, in den Raum der Kinshaya, einem Mitglied des Typhon-Paktes, einzutreten. Nun liegt es an Captain Picard, zu verhindern, dass die Gegner der Föderation die Macht über ihn erlangen. Die U.S.S. Titan wird nach Garadius IV beordert. Der Planet ist Riker gut von einer misslungenen Friedensmission zu Zeiten, als er noch auf der U.S.S. Enterprise war, bekannt. Doch dieses Mal ist eine der Kriegsparteien schlicht verschwunden …
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 436
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
MIASMA
GREG COX
THE NEXT GENERATION™
DER STOFF, AUS DEM DIE TRÄUME SIND
JAMES SWALLOW
ABWESENDE FEINDE
JOHN JACKSON MILLER
Based onStar Trek andStar Trek: The Next Generationcreated by Gene Roddenberry
Ins Deutsche übertragen vonSusanne Picard
Die deutsche Ausgabe von STAR TREK: 3 CAPTAINS, 3 GESCHICHTEN
mit den Geschichten STAR TREK: MIASMA, STAR TREK – THE NEXT GENERATION: DER STOFF, AUS DEM DIE TRÄUME SIND und STAR TREK – TITAN: ABWESENDE FEINDE wird herausgegeben von Amigo Grafik, Teinacher Straße 72, 71634 Ludwigsburg.
Herausgeber: Andreas Mergenthaler und Hardy Hellstern, Übersetzung: Susanne Picard; verantwortlicher Redakteur und Lektorat: Markus Rohde; Lektorat: Katrin Aust und Gisela Schell; Satz: Rowan Rüster/Amigo Grafik, Print-Ausgabe gedruckt von CPI Moravia Books s.r.o., CZ-69123 Pohorelice. Printed in the Czech Republic.
German translation copyright © 2016, 2019 by Amigo Grafik GbR.
Dieser Sammelband enthält die Originalausgaben (bislang nur als E-Book-only Ausgaben erschienen):
STAR TREK: MIASMAOriginal English language edition copyright © 2016 by CBS Studios Inc. All rights reserved.
STAR TREK – THE NEXT GENERATION: THE STUFF OF DREAMSOriginal English language edition copyright © 2013 by CBS Studios Inc. All rights reserved.
STAR TREK – TITAN: ABSENT ENEMIESOriginal English language edition copyright © 2014 by CBS Studios Inc. All rights reserved.
™ & © 2019 CBS Studios Inc. STAR TREK and related marks and logos are trademarks of CBS Studios Inc. All Rights Reserved.
This book is published by arrangement with Pocket Books, a Division of Simon & Schuster, Inc., pursuant to an exclusive license from CBS Studios Inc.
Print ISBN 978-3-95981-384-6 (November 2019) · E-Book ISBN 978-3-95981-385-3 (November 2019)
WWW.CROSS-CULT.DE · WWW.STARTREKROMANE.DE · WWW.STARTREK.COM
STAR TREK – THE ORIGINAL SERIESMIASMA
von Greg Cox
STAR TREK – THE NEXT GENERATIONDER STOFF, AUS DEM DIE TRÄUME SIND
von James Swallow
STAR TREK – TITANABWESENDE FEINDE
von John Jackson Miller
MIASMA
GREG COX
Based onStar Trekcreated by Gene Roddenberry
Ins Deutsche übertragen vonSusanne Picard
Die deutsche Ausgabe von STAR TREK: MIASMA wird herausgegeben von Amigo Grafik, Teinacher Straße 72, 71634 Ludwigsburg. Herausgeber: Andreas Mergenthaler und Hardy Hellstern, Übersetzung: Susanne Picard; verantwortlicher Redakteur und Lektorat: Markus Rohde; Lektorat: Katrin Aust und Gisela Schell; Satz: Rowan Rüster/Amigo Grafik.
Titel der Originalausgabe: STAR TREK: MIASMA
German translation copyright © 2015 by Amigo Grafik GbR.
Original English language edition copyright © 2016 by CBS Studios Inc. All rights reserved.
™ & © 2016 CBS Studios Inc. STAR TREK and related marks and logos are trademarks of CBS Studios Inc. All Rights Reserved.
This book is published by arrangement with Pocket Books, a Division of Simon & Schuster, Inc., pursuant to an exclusive license from CBS Studios Inc.
ISBN 978-3-95981-270-2 (September 2016)
WWW.CROSS-CULT.DE · WWW.STARTREKROMANE.DE · WWW.STARTREK.COM
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Danksagungen
Logbuch des Captains, Sternzeit 8715,3
Die Enterprise transportiert eine Abordnung von Diplomaten der Föderation zu einer wichtigen Konferenz auf Musgrave IV. Obwohl die Diplomaten viele Verhandlungen mit dringenden Themen führen müssen, erwarte ich keine ernsthaften Schwierigkeiten oder Komplikationen auf der Reise nach Musgrave. Andererseits … wenn vier Jahrzehnte in der Sternenflotte mich etwas gelehrt haben, dann, dass man nicht wissen kann, was einen hinter dem nächsten Sonnensystem erwartet.
„Captain auf der Brücke!“
Ein Yeoman kündigte James T. Kirks Ankunft an, als der Captain auf die Brücke schlenderte. Er trug immer noch seine beste rote Galauniform. Er hatte gerade an einem Lunch für die illustren Gäste teilgenommen, als man ihm mitgeteilt hatte, dass seine Anwesenheit in der Kommandozentrale erforderlich sei. Um ehrlich zu sein, war er dankbar für die Entschuldigung, sich so früh verabschieden zu können. Man konnte das in feine Worte verpackte Herumgestreite über zu hohe Zölle oder uralte juristische Probleme nur eine gewisse Zeit ertragen, bevor man eine klingonische Invasion herbeisehnte.
„Mr. Spock, Bericht“, bat Kirk knapp.
Der Vulkanier stand auf, um Kirk Platz zu machen. „Ich bitte um Verzeihung, dass ich Sie stören musste, Captain, aber …“
„Das ist nicht nötig“, unterbrach ihn der Captain. „Glauben Sie mir.“
Spock nickte verständnisvoll. „Wie auch immer es sich damit verhalten mag, Commander Uhura hat ein fremdartiges Signal aufgefangen, dessen Ursprung wohl in einem nahe gelegenen System liegen dürfte.“
„Welche Art von Signal?“, wollte Kirk wissen und wandte sich zu Uhuras Station um.
„Das kann ich nicht genau sagen, Captain“, berichtete Uhura. „Neben dem Signal empfange ich auch viele Interferenzen, die die Signalquelle stören und eine Übersetzung erschweren. Das Signal wurde in keiner der Föderation bekannten Sprachen verfasst, aber die Tatsache, dass es in Schleife läuft, lässt darauf schließen, dass es sowohl künstlichen Ursprungs ist, als auch automatisiert gesendet wird.“ Sie fingerte an ihrem Ohrhörer herum. „Ich versuche, das Signal zu filtern, damit der Universalübersetzer mehr Material für eine Übersetzung bekommt, aber das wird etwas dauern.“
„Verstanden“, bestätigte Kirk. „Dann mal los.“
„Aye, Sir.“
Kirk hatte keine Zweifel daran, dass Uhura in der Lage sein würde, die Transmission schließlich zu entschlüsseln, sie war die beste und erfahrenste Kommunikationsoffizierin der Flotte. Aber seine Neugier war geweckt. Eine unbekannte Sprache implizierte einen möglichen Erstkontakt, eine Aussicht, die er auch nach all den Jahren immer noch aufregend fand. Neues Leben und neue Zivilisationen zu entdecken war immerhin die wichtigste Mission der Sternenflotte, es hatte höchste Priorität.
„Also, womit könnten wir es hier zu tun haben?“, dachte er laut. „Einem Notruf? Einem Gruß? Einer Einladung?“
„Einer Warnung, näher zu kommen?“, schlug Chekov vor. Er saß an der Navigationsstation vor Kirk. „Oder einer Falle?“
„Auch das ist möglich“, gestand Kirk ein. Chekov war nun sowohl der Steuermann des Schiffs als auch der Sicherheitschef, und so konnte Kirk dem Russen keinen Vorwurf machen, dass er die Möglichkeit aussprach, die Botschaft sei vielleicht nicht freundlich. Kirk sah hinüber zu Spock, der wieder seinen Posten an der wissenschaftlichen Station eingenommen hatte.
„Was halten Sie davon, Spock?“
„Die Daten reichen nicht aus, um eine haltbare These zu formulieren.“ Der Vulkanier konsultierte eine Anzeige auf seiner Konsole. „Das Signal scheint vom zweiten Planeten des Varba-Systems auszugehen, das ungefähr sechs Komma sieben vier Lichtjahre von unserer gegenwärtigen Position entfernt liegt.“
„Das System kenne ich nicht“, musste Kirk zugeben.
„Es gibt auch wenig Grund, es zu kennen.“ Spock sah auf. „Eine unbemannte Sonde hat vor mehreren Jahrzehnten keinerlei Anzeichen für intelligentes Leben entdecken können, und so blieb es weitgehend unerforscht.“
Kirk konnte sich das gut vorstellen. Die Galaxis war groß, und allein in diesem Quadranten waren weite Bereiche noch nicht einmal kartografiert. Selbst wenn man ein ganzes Leben lang durch das Universum reiste, reichte das nicht, all die Welten und Wunder hier draußen in der Weite zu entdecken.
Nicht, dass er sich nicht trotzdem bemühte, genau das zu schaffen.
„Wie lange brauchen wir zum Varba-System?“, fragte er.
Spock hatte die nötigen Berechnungen bereits angestellt. „Mit Warp sechs schätzungsweise sieben Komma neun zwei Stunden.“
„Darf ich Sie daran erinnern, Captain, dass die Enterprise auf Musgrave IV erwartet wird?“, meldete sich Saavik an der taktischen Konsole zu Wort.
Der junge vulkanische Lieutenant war erst vor Kurzem wieder zur Besatzung gestoßen und hatte Sulu als taktischen Offizier ersetzt, nachdem dieser zum Captain der Excelsior befördert worden war. Kirk vermisste Sulu, aber er war froh darüber, dass Saavik an Bord war und wie immer bereit schien, direkt und geradeheraus ihre Bedenken auszusprechen. Er wusste ihre offene und ehrliche Art zu schätzen.
„Zur Kenntnis genommen, Lieutenant“, antwortete er. „Aber bei allem gebotenem Respekt vor dem diplomatischen Dienst würde ich mich doch nur ungern von einer Routinemission, bei der ich Bürokraten von A nach B schippere, davon abhalten lassen, ein unbekanntes Signal zu untersuchen, das möglicherweise von einer unbekannten Spezies stammt.“
„Ich neige dazu, Ihnen zuzustimmen, Captain“, sagte Spock. „Die bevorstehende Konferenz auf Musgrave IV ist bedeutsam, aber nicht von oberster Priorität. Je nachdem, was wir möglicherweise entdecken, oder auch nicht entdecken, werden keine Kriege ausbrechen, wenn wir etwas verspätet eintreffen.“
„Wir wären vielleicht sogar in der Lage, etwas von der verlorenen Zeit aufzuholen“, schlug Saavik vor. „Wir müssten nur unsere gegenwärtige Geschwindigkeit etwas erhöhen und die Maschinen etwas strapazieren.“
„Lassen Sie das Mr. Scott nicht hören, Lieutenant“, riet ihr Kirk und war dankbar dafür, dass Scott sich derzeit im Maschinenraum aufhielt. „Aber Sie haben recht. Uns steht eine neue und verbesserte Enterprise zur Verfügung, und unsere Maschinen sind in einem ganz hervorragenden Zustand. Zumindest versichert Scotty mir das immer wieder. Wir können vielleicht sogar mit Bleifuß fliegen, wenn wir müssen.“
Saavik warf ihm einen verständnislosen Blick zu. „‚Bleifuß‘?“
„Eine archaische menschliche Redensart“, erklärte Spock. „Sie bezieht sich auf primitive Landfahrzeuge, die von internen Explosionsmotoren angetrieben wurden.“ Die Andeutung eines Lächelns huschte über sein Gesicht. „Ich kann selbst aus schmerzhafter Erfahrung berichten, dass der Captain gelegentlich einen solchen Bleifuß anwendet.“
Kirk verstand die scherzhafte Anspielung auf ihr Abenteuer auf Iotia. Es war Jahrzehnte her, damals hatte er, zunächst sehr ungeschickt, versucht, selbst ein solch altmodisches Automobil zu fahren. Irgendwann hatte ich dann den Bogen raus, dachte er fast schon trotzig. Mehr oder weniger jedenfalls.
„Ich verstehe“, bemerkte Saavik und hob eine Augenbraue.
Kirk lächelte. Saavik glich ihrem vulkanischen Mentor in vielen Dingen. Der Captain war sich beinahe sicher, dass sie, wenn er das Thema das nächste Mal ansprach, genau darüber Bescheid wissen würde.
„Irgendwelche Hinweise darauf, wie alt das Signal ist?“, fragte er und kehrte damit zum eigentlichen Thema zurück. „Oder wie lange es schon gesendet wird?“
„Tut mir leid, nein, Captain“, antwortete Uhura. „Wenigstens noch nicht.“
„Mit anderen Worten, es könnte ein dringender Notruf sein. Oder es kann noch eine Weile warten.“
„Eine akkurate Schlussfolgerung“, bestätigte Spock. „Wir haben ebenso keine Anhaltspunkte dafür, wie lange das Signal noch gesendet wird.“ Er sah mit nachdenklicher Miene zum Captain hinüber. „Es wäre ein großer Verlust, wenn die unbekannten Entitäten, die für das Signal verantwortlich sind, sterben oder einfach an einen anderen Ort gehen, bevor wir die Gelegenheit haben, es zu untersuchen.“
„Ein Verlust, in der Tat“, sagte Kirk.
Dann traf er eine Entscheidung. Nach allem, was sie bisher wussten, verlangte das Signal nach einer umgehenden Antwort. „Mister Chekov, nehmen Sie Kurs auf das Varba-System.“
„Aye, Sir“, erwiderte Chekov.
Kirk erhob sich und ging zum Turbolift auf der Steuerbordseite. „Mr. Spock, die Brücke gehört Ihnen. Ich muss unsere Passagiere darüber informieren, dass sich ihre Reise ein wenig verzögert.“ Er zog eine Grimasse angesichts dieser Vorstellung. „Wünschen Sie mir Glück.“
„Vulkanier glauben nicht an Glück“, gab Spock trocken zurück. „Auch wenn unsere Erfahrungen oft das Gegenteil beweisen.“
Kirk hielt vor der Tür zum Turbolift inne. Er hatte es nicht eilig damit, einer Schiffsladung unzufriedener Diplomaten zu begegnen. Besonders die troyianische Botschafterin würde wohl Schwierigkeiten machen. „Wollen Sie damit andeuten, dass wir all die Jahre nur mit Glück überstanden haben?“
„Überhaupt nicht“, antwortete Spock. „Nur, dass Sie ein beachtliches Talent an den Tag gelegt haben, jeglicher Wahrscheinlichkeit zu trotzen.“
Kirk gefiel diese Ansicht. „Nun, dann hoffen wir mal, dass dieses Talent anhält, wenn wir Varba II erreichen und in Erfahrung bringen, was es mit diesem mysteriösen Signal genau auf sich hat.“
Kirk warf einen letzten nachdenklichen Blick auf den Hauptschirm der Brücke, auf dem die fernen Sterne in den gewaltigen Tiefen des Weltraums lockten. Er wusste, dass das Unbekannte immer potenziell gefährlich war, besonders, wenn es um Erstkontakte ging.
Dieser Ausflug war nicht ohne Risiko, wie Chekov sie so richtig erinnert hatte. Sie führten das Schiff in unbekannte Gewässer, um einen Ruf zu beantworten, dessen Ursprung und Bedeutung ein Rätsel war. Es war sogar möglich, dass sie nach einem Köder schnappten und direkt in eine Falle liefen.
Hoffen wir also, dass der Umweg das Risiko wert ist, dachte er.
Und die Gefahr.
„Wir nähern uns Varba II“, kündigte Spock an. „Wir werden in einer Minute in die obere Atmosphäre eintreten.“
Die Galileo befand sich im Sinkflug auf den Planeten, dessen nördliche Hemisphäre nun weitgehend das Sichtfeld aus der vorderen Windschutzscheibe des Shuttles ausfüllte. Eine dichte, wirbelnde senffarbene Atmosphäre verdeckte alle Meere und Kontinente, die sich auf der Planetenoberfläche befinden mochten. Der undurchdringliche Nebel, der eine seltsame subtile Leuchtkraft besaß, bedeckte den gesamten Planeten und war offenbar die Quelle der merkwürdigen elektromagnetischen Interferenzen, die das Signal, das hier auf Varba II seinen Ursprung hatte, so verzerrten. Sie stellten auch eine erhebliche Herausforderung für die Sensoren und Transporter der Enterprise dar. Deshalb hatte man sich entschieden, eher ein Shuttle zu nehmen, als sich blindlings auf den Planeten zu beamen.
„Und ich dachte, Argelius wäre neblig.“ Doktor Leonard McCoy beäugte die schimmernden Wolken aufmerksam. „Sind wir sicher, dass sich da unten irgendwo fester Boden befindet?“
McCoy hatte auf einem der Passagiersitze im Cockpit Platz genommen, neben Spock, der das Shuttle selbst hatte steuern wollen, um so das Signal bis zu seinem Ursprungsort zurückzuverfolgen. Ein Medikit der Sternenflotte stand zu Füßen des Doktors, einerseits für den Fall, dass sie tatsächlich auf irgendeine Art Notruf antworteten, andererseits, falls sich das Außenteam irgendwelche Verletzungen zuzog. Spock hoffte, dass sich diese Vorsichtsmaßnahme als unnötig erweisen würde, aber er war sich auch durchaus der Tatsache bewusst, dass die Landung auf einem unbekannten Planeten oft Risiken beinhaltete, die Leib und Leben gefährdeten. Er hatte mittlerweile an mehr Begräbnissen der Sternenflotte teilgenommen, als ihm lieb war … einschließlich seinem eigenen. Und inadäquate Daten erhöhten nur die Anzahl der Variablen in einer Berechnung.
„Wir können uns über nichts sicher sein“, begann Spock. „Die ungewöhnliche Atmosphäre des Planeten macht detaillierte Sensoranzeigen problematisch, aber es gibt auch Anzeichen für ein annähernd der M-Klasse entsprechendes Landschaftsszenario unter der schweren Wolkendecke.“ Der wissenschaftliche Offizier überprüfte eine Anzeige auf der Konsole vor sich. „Ich versuche, den Ursprungsort des Signals genauer zu erfassen. Ich konnte den Suchradius bereits auf ein Areal von fünfhundert Kilometern einschränken.“
„Fünfhundert, sagen Sie?“, gab McCoy zurück und schnaubte. „Sie werden schlampig, Spock. Ich hatte etwas präzisere Angaben von Ihnen erwartet, zumindest ein paar Stellen hinter dem Komma.“
„Ich versichere Ihnen, Doktor, dass meine Fähigkeiten durchaus nicht eingeschränkt sind. Je näher wir dem Ursprungsort kommen, desto effektiver werden wir den Suchradius eingrenzen können, da bin ich sicher.“
„Das hoffe ich doch sehr“, erwiderte McCoy. „Bitte vergessen Sie nicht, dass wir nicht mehr so jung und knusprig sind wie früher. Ich hätte nichts gegen ein wenig gesunde Bewegung einzuwenden, aber ich will auch nicht auf der Suche nach diesem verflixten Signal über den ganzen Planeten wandern.“ Er streckte sich unbehaglich in seinem Sitz. Muskeln und Gelenke knackten. „Die meisten von uns altern nicht so langsam wie ihr Vulkanier.“
„Mein Beileid, Doktor. Das muss wirklich unbequem für Sie sein.“
„Ja ja, legen Sie nur den Finger in die Wunde!“, grummelte McCoy und wechselte dann das Thema. „Es muss Jim umbringen, dass er bei dieser Expedition nicht dabei ist.“
„Es war eine logische Entscheidung“, antwortete Spock. „Der Captain kann schwerlich die Würdenträger im Stich lassen, für die er verantwortlich ist, nur um eine möglicherweise gefährliche Mission auf die Oberfläche anzuführen. Er hatte kaum eine andere Wahl, als auf der Enterprise zu bleiben.“
„Oh, ich verstehe schon, warum er uns nicht begleiten konnte“, erwiderte McCoy. „Irgendjemand muss die Wogen der Empörung dieser VIPs ja glätten. Aber Sie und ich wissen, dass Jim lieber mit uns in diese Suppe da unten fliegen würde.“
Spock musste dieser Einschätzung zustimmen. „Da haben Sie zweifellos recht, Doktor.“
Außer ihm selbst und Dr. McCoy bestand das Außenteam noch aus Chekov und einem dreiköpfigen Sicherheitsteam. Saavik hatte ebenfalls mitkommen wollen, aber ihre besonderen Fähigkeiten wurden bei dieser speziellen Mission nicht gebraucht. Darüber hinaus fühlte sich Spock als ihr Mentor verpflichtet, jeden Anschein von Bevorzugung zu vermeiden, den eine Bewilligung ihres Wunsches ohne guten Grund wohl dargestellt hätte. Sie war zweifellos enttäuscht, aber Enttäuschung war eine Emotion und daher etwas, mit dem ein Vulkanier rasch fertigwurde.
Zumindest nahm Spock das an.
Varba II wurde vor ihnen immer größer. Nun blinkte auch ein Annäherungsalarm auf dem Kontrollfeld vor ihnen.
„Wir treten in die Atmosphäre des Planeten ein“, meldete Spock und hob seine Stimme, damit es auch die hören konnten, die im Passagierbereich des Shuttles saßen. „Es ist möglich, dass es in dieser Atmosphäre zu Turbulenzen kommt. Bitte bereiten Sie sich darauf vor.“
„Oh Mann.“ McCoy überprüfte noch einmal seinen Sicherheitsgurt. „Ich wusste, ich hätte heute nichts frühstücken sollen.“
Spocks Warnung erwies sich als durchaus begründet. Auch wenn das Shuttle in einem sehr flachen Winkel und mit moderater Geschwindigkeit in die schimmernden gelben Wolken eintauchte, um die Hülle der Galileo möglichst wenig Stress auszusetzen, stellte sich die obere Atmosphäre des Planeten doch als entschieden stürmischer heraus als das Vakuum des Weltalls. Der schlanke Schiffskörper der Galileo war wesentlich aerodynamischer als die alten, eher kastenförmigen Shuttles, die in Spocks jungen Jahren dem Standard entsprochen hatten, aber dessen ungeachtet waren die Wetterbedingungen eine Herausforderung. Heftige Winde, die den Anzeigen nach Geschwindigkeiten von über hundert Stundenkilometern erreichten, prallten auf das Shuttle und stießen es hin und her. Spock brauchte seine ganze Konzentration und all seine Fähigkeiten als Pilot, um die Galileo unter Kontrolle und auf Kurs zu halten. Was nicht befestigt war, rollte lautstark im hinteren Kabinenteil herum. Chekov ließ prompt einen russischen Fluch vom Stapel.
„Ich hätte nie gedacht, dass ich so etwas mal sage“, meinte McCoy mit einer Stimme, die von den Turbulenzen immer wieder erschüttert wurde. „Aber da bevorzuge ich doch den Transporter.“
Spock musste McCoy wieder einmal zustimmen, doch er sprach es nicht aus, und konzentrierte sich lieber auf die immer schwieriger werdende Aufgabe, das Shuttle zu steuern. Der Ausläufer eines Zyklons traf die Backbordseite der Galileo wie ein Phaserschuss und ließ die Landefähre trudeln. McCoy schrie erschrocken auf, und Spock war dankbar für die beiden Sicherheitsgurte, die sie in ihren Sitzen festhielten, und die schiffseigene künstliche Schwerkraft, die half, die schwindelerregenden Auswirkungen des Stoßes zu dämpfen. Kühl, aber rasch bediente er die Kontrollen, um den Flug trotz der wilden Stürme, die aus jeder Richtung auf die Galileo eindroschen, zu stabilisieren. Das grimmige Heulen der Sturmböen konnte man selbst durch die schallisolierte Hüllenpanzerung des Shuttles hören. Der Klang erinnerte Spock an das Jaulen eines Packs hungriger Le-matyas zu Hause auf Vulkan.
„Schilde hoch“, rief er über den kreischenden Lärm hinweg. „Schalte Deflektoren ein.“
Er hoffe gehofft, dass die Schilde zusätzlichen Schutz vor dem Sturm bieten würden, aber stattdessen entstand ein grellweißer Blitz direkt außerhalb der Galileo. Spocks inneres Augenlid reagierte auf der Stelle. Eine donnernde Explosion erschütterte das Shuttle. Funken brachen aus dem Steuerpult hervor, lebenswichtige Systeme hatten Kurzschlüsse. Staub und Trümmer regneten aus der Decke herab, Risse breiteten sich beunruhigend schnell über die Windschutzscheibe hinweg aus. Die Lichter der Landefähre flackerten und erfüllten das Innere mit stroboskopartigem Licht. Schotten bogen sich nach innen, das strapazierte Metall protestierte kreischend. Der Geruch von Qualm und brennenden Stromkreisläufen verpestete die Atmosphäre der Fähre. Spocks Ohren klingelten, und er sah, wie Teile der äußeren Hülle des Shuttles abgerissen wurden und davonflogen.
„Was zur Hölle …“, schrie McCoy. „Spock!“
„Später, Doktor.“ Spock formulierte in Gedanken bereits eine Theorie, die den unerwarteten Energieausbruch erklären konnte, aber seine Aufmerksamkeit wurde von wichtigeren Dingen beansprucht. Die Explosion hatte die Galileo von ihrem Kurs abgebracht und ließ sie nun mit hoher Geschwindigkeit steil der Oberfläche entgegenstürzen. Wie ein Meteor schoss die Fähre nun der unsichtbaren Oberfläche Tausende Meter unter ihnen entgegen. Spock schätzte, dass er nur noch Sekunden hatte, um einen unweigerlich tödlichen Crash zu verhindern. Höhe mal Beschleunigung ergab eine Katastrophe.
Es sei denn, ich ändere die Gleichung, dachte er.
Vulkanisches Training und Disziplin schlossen die Panik aus. Er überbrückte schnell und effizient die ausgebrannten Kreisläufe zu den Hilfssystemen, um die Kontrollfelder wieder zu aktivieren. Ein rascher Blick auf die Monitore des Cockpits überzeugte ihn davon, dass die Explosion die Galileo ernsthaft beschädigt hatte. Die Schilde waren kollabiert (was wahrscheinlich noch das geringste Problem darstellte, wie er befürchtete), unaufhörlich blinkende rote Lichter und Anzeigen meldeten Fehlfunktionen und Ausfälle in allen Bereichen, auch kritische Systeme waren betroffen. Die künstliche Schwerkraft und die Trägheitsdämpfer waren ausgefallen und hatten die Galileo zum Spielball von Varba IIs eigener erbarmungsloser Schwerkraft werden lassen, die ungefähr zwischen der der Erde und der des Vulkan rangierte. Auch die strukturelle Integrität war betroffen und legte die unwillkommene Möglichkeit eines baldigen Hüllenbruchs nahe, während das wrackgeschlagene Shuttle seiner sicheren Zerstörung entgegenstürzte.
Eines nach dem anderen, sagte sich Spock.
Der primäre Impulsantrieb war ausgefallen. Offenbar hatte er schwere Schäden davongetragen, also versuchte er, die Landedüsen zu zünden. Zu seiner Erleichterung aktivierten sich die Düsen tatsächlich und erlaubten ihm, die Galileo auf ihrem Sturz kopfüber in Richtung Planetenoberfläche wenigstens etwas zu kontrollieren. Die Steuerung reagierte träge und sperrig, aber wenigstens schienen die wilden Stürme nachzulassen, als sich das Shuttle immer schneller der Oberfläche näherte. Auch der allgegenwärtige Nebel begann sich langsam auszudünnen und ermöglichte zumindest eine wenn auch geringe Sichtweite. Obwohl er noch mit den Kontrollen zu kämpfen hatte, schaffte Spock es, das Trudeln der Galileo auszugleichen und das Shuttle parallel zur Oberfläche des Planeten auszurichten, die nun allzu schnell sichtbar wurde.
Durch die Lücken im phosphoreszierenden gelben Nebel war nun ab und an ein nächtlicher Sumpf zu erkennen, der teilweise von einem dicken Teppich aus Laub und Ranken bedeckt war. Die Marschen schienen ihnen wie ein klingonischer Schlachtkreuzer auf Kollisionskurs entgegenzurasen. Die Düsen gaben alles, aber sie konnten die Beschleunigung des Shuttles nur abbremsen, nicht aber umkehren.
„Spock“, ließ sich McCoy nun ängstlich vernehmen.
„Ich sehe es, Doktor. Halten Sie sich fest. Eine sanfte Landung ist nicht mehr möglich.“
„Ich hatte befürchtet, dass Sie das sagen.“
Die Düsen stotterten und zündeten unregelmäßig. Wild aufblinkende rote Lichter auf den Armaturen warnten vor einem totalen Systemversagen. Spock bedauerte kurz, dass Sulu nicht hier war, um seine überlegenen Künste als Pilot in dieser Krise unter Beweis stellen zu können. Es kam nun hauptsächlich darauf an, wie das Shuttle die nächsten Minuten durchhielt.
„Bereiten Sie sich auf den Aufprall vor!“, rief er laut.
Er blieb dabei geistesgegenwärtig genug, um ein Notrufsignal an die Enterprise zu schicken. Der Erste Offizier war nicht sicher, ob das Signal die intensiven atmosphärischen Störungen durchdringen konnte, aber er glaubte, es sei das Risiko wert. Captain Kirk musste Bescheid wissen, dass das Außenteam Hilfe benötigte.
Immer vorausgesetzt, sie überlebten die Landung …
Die Galileo stieß mit der Nase zuerst krachend durch das dichte Laubdach in den Sumpf hinein. Splitternde Äste und Baumstämme kratzten laut an der Hülle des Shuttles. Die Düsen bemühten sich, den Aufprall zu mildern, aber sie hatten gegen die üble Verbindung von Schwerkraft und Beschleunigung, die das Shuttle im Griff hatte, keine Chance. Trübe schwarze Wasser von unbekannter Tiefe rasten auf sie zu. Spock riss die Steuerung der Galileo herum, um sie ins Wasser zu lenken, und verfehlte dabei nur knapp das nahe liegende Ufer.
Man konnte nur hoffen, dass das Wasser tief genug war.
Die Galileo platschte in den Sumpf. Auch wenn sie im Wasser gelandet waren, war der Aufprall selbst doch beachtlich. Nur die Sicherheitsgurte bewahrten Spock und McCoy davor, aus den Sitzen gerissen zu werden. Die bereits von Rissen durchzogene Windschutzscheibe splitterte endgültig und überschüttete Spock mit winzigen, scharfen Scherben, sodass er einen Arm hochriss, um sich zu schützen. Im Tumult der Bruchlandung fiel ihm der scharfe Schmerz in seiner rechten Schulter zuerst gar nicht auf. Das Überleben und die Pflicht hatten Vorrang.
Schließlich kam das Shuttle zu einem plötzlichen Halt.
Für einen Augenblick war Spock benommen. Er verlor einige wertvolle Sekunden, bevor er angemessen auf die Katastrophe reagierte. Er blinzelte und schüttelte den Kopf, um wieder klar denken zu können, dann analysierte er hastig die Situation und das Personal, für das er verantwortlich war. Er begann mit der Person, die im Sessel neben ihm zusammengesunken war.
„Doktor?“
„Ich bin noch in einem Stück“, murmelte McCoy und versuchte probeweise, sich zu bewegen. Er stöhnte und zog eine Grimasse. „Glaube ich zumindest.“
„Commander Chekov?“, rief Spock und sah über seine Schulter hinweg in den hinteren Teil des Shuttles. Dieser füllte sich nun rasch mit Qualm, dessen Ursprung in mehreren kleinen elektrischen Feuern lag. Er musste seine Augen anstrengen, um durch die beißenden Rauchschwaden hindurch etwas zu sehen. Auch seine Nase und seine Kehle reagierten nun gereizt.
„Keine Verluste, Sir“, meldete Chekov und hustete dabei. „Oder besser gesagt, noch nicht.“
Es blieb keine Zeit, um genauer nachzuforschen. Brackiges Wasser rauschte durch die gesplitterte Windschutzscheibe und flutete bereits das Cockpit. Die Galileo sank mit dem Bug zuerst in etwas, das offenbar eine waschechte Lagune zu sein schien. Das Gewicht des hereinströmenden Wassers sorgte dafür, dass die Fähre noch schneller kippte und sich das Heck hob, während Chekov und seine Leute sich mühsam aus den Sitzen aufrappelten. Husten und hastige Rufe mischten sich in den Tumult.
„Schneller!“, drängte Chekov seine Gefährten heiser. „Bewegt euch!“
Das Wasser war schon knietief ins Cockpit eingedrungen und stieg immer höher. Inmitten des Rauchs und der Flut analysierte Spock die Lage und rief dann den einzig logischen Befehl: „Das Schiff evakuieren!“
Er löste seine Gurte, sicherte seinen Trikorder und wandte sich an McCoy, der sich ebenfalls bereits aus den Sicherheitsgurten kämpfte. Der Doktor verzog dabei das Gesicht, als schmerzten ihn die raschen Bewegungen. Spock kannte das Gefühl. Die Bruchlandung hatte auch ihn nicht unversehrt gelassen.
„Können Sie laufen, Doktor?“, fragte Spock.
„Darauf können Sie wetten.“ McCoy erhob sich aus dem Sitz und wollte gerade das Cockpit verlassen, als er sich umwandte, als habe er etwas vergessen. „Warten Sie! Mein medizinischer Notfallkoffer.“
Die Bruchlandung hatte den Koffer aufplatzen lassen. Sein Inhalt hatte sich im gefluteten Cockpit verteilt. Hastig versuchte McCoy, so viel vom Kofferinhalt wie möglich zusammenzuraffen, und warf dabei Hyposprays und Medikamente wieder in die Tasche hinein. Aber die Zeit war gegen ihn. Es würde nur noch wenige Minuten dauern, bis das Shuttle völlig untergegangen war. Das Wasser selbst war zwar unangenehm kalt, aber nicht eisig. Spock schätzte seine Temperatur auf ungefähr vierzehn Grad Celsius.
„Wir müssen gehen, Doktor“, drängte er. „Wir haben keine Zeit mehr.“
„Aber meine Ausrüstung …“
„… ist es nicht wert, dafür zu ertrinken.“ Spock packte McCoy. Halb schob er ihn, halb führte er ihn in den hinteren Teil des Shuttles. Mittlerweile stand die backbordseitige Luke ebenfalls teilweise unter Wasser, und so bahnten sie sich platschend einen Weg durch die steigenden Fluten und eine sich immer steiler neigende Fähre zum Heck. Der Boden unter ihren Füßen war nicht zuletzt durch die Neigung des Shuttles immer rutschiger geworden, die Stiefelsohlen fanden kaum noch Halt. Durch den beißenden Qualm hindurch konnte Spock Chekov und seine Leute sehen, die sich schon an der Luke am Heck der Fähre zu schaffen machten. Erneut quoll Rauch aus einem Stauraum über ihnen, einzelne Ausrüstungsgegenstände trieben an ihnen vorbei. Ein herabgefallener Gaskocher sank unter die Oberfläche, was ihnen wohl wenigstens eine potenzielle Explosion ersparen würde. Eine einzelne Spielkarte schwamm an Spocks Schienbein vorbei. Es war die Pik-Dame.
„Aufgepasst!“ Chekov betätigte mit der Hand den Notfallhebel. Die Luke öffnete sich mit lautem Knall und entließ einen Teil des beißenden Qualms nach draußen.
„Na los doch, raus mit Ihnen! Beeilen Sie sich!“, drängte er.
Er hielt das Schott mit einer Hand fest, sodass es nicht wieder in das überschwemmte Shuttle hineinrutschte, und scheuchte die drei Sicherheitsoffiziere, Fisher, Yost und Darwa, aus der Fähre heraus, während er selbst noch auf Spock und McCoy wartete. Feuchte Luft und gelblicher Nebel drangen nun in den Innenraum des Shuttles und mischten sich mit dem entweichenden Qualm. Chekov beugte sich zu ihnen herab und streckte seine freie Hand aus, um McCoy das letzte Stück hinaufzuziehen.
„Hier entlang, Doktor. Etwas schneller, bitte.“
„Das müssen Sie mir nicht sagen“, grummelte McCoy, aber er schlug die entgegengestreckte Hand nicht aus. Er hatte sich den ramponierten Notfallkoffer unter den Arm geklemmt. „Ich weiß sehr wohl, wann ich ein sinkendes Schiff verlassen muss.“
Er kletterte aus der Fähre hinaus in die Lagune. Spock hörte den Platsch, mit dem er ins Wasser sprang. Eine Fontäne leicht salzigen Wassers folgte dem Doktor.
Auch der Vulkanier ließ sich von Chekov helfen. Ein letzter Blick über die Schulter überzeugte ihn davon, dass das Wasser auch den Passagierraum erreicht hatte und sein Gewicht das Shuttle hinabzog. Die Galileo stand mittlerweile in einem beinahe rechten Winkel zur Oberfläche der Lagune. Spock wandte sich wieder der offen stehenden Luke zu.
„Nach Ihnen, Mr. Chekov.“ Er hob eine Hand, um etwaige heroische Proteste abzuwehren. „Das ist ein Befehl, Commander.“
Chekov nickte und sprang vom Rahmen der Luke ins Wasser. Spock versicherte sich, dass sein Trikorder immer noch über seiner Schulter hing, bevor er selbst die Fähre verließ. In diesem Augenblick ging die Galileo endgültig in dem aufgewühlten Wasser unter. Spock musste also gar nicht in die Lagune springen, sondern nur abwarten, bis das Shuttle unter ihm versank. Die von der untergehenden Fähre verursachte Strömung drohte zwar, ihn unter die Oberfläche zu ziehen, doch Spock hatte nicht das Bedürfnis, dem Gefährt auf den Boden der Lagune zu folgen. Seine Verantwortung lag woanders.
Die fremden Wasser umgaben ihn. Er ruderte mit Armen und Beinen, um sich über der Oberfläche zu halten, und nahm dabei ihre Umgebung in Augenschein. Durch den unheimlich glühenden Nebel erspähte er ein schlammiges Ufer, das nur wenige Meter von ihnen entfernt war. Dahinter schloss sich ein nicht gerade einladend aussehender Wald an, der aus exotischen Bäumen, Büschen, Ranken, Moos und Pilzen zu bestehen schien. Die Vegetation war natürlich planetenspezifisch, doch sie schien den Mangroven, Farnen und der üblichen Flora zu ähneln, die man auch in den irdischen Feuchtgebieten fand. In den Lücken zwischen dem üppig wuchernden Laubwerk lagen Nebel und Schatten, in denen besorgniserregend rasche Bewegungen zu sehen waren. Dass diese Schatten die Form änderten, war kein gutes Zeichen. Die Sonden hatten seinerzeit kein intelligentes Leben festgestellt, aber das schloss feindlich gesinnte Flora und Fauna nicht aus. Unidentifizierbare Quiekser und Schreie ertönten in den Tiefen des dichten Regenwalds, auch das Brummen und Summen von Insekten erfüllte die Luft. Und wer wusste schon, welche Arten von nachtaktivem Getier dieses Biotop durchstreifen mochten?
Nicht gerade ein sehr einladender Ort, urteilte Spock, aber wie Captain Kirk wohl sagen würde, immerhin ein Hafen im Sturm. „Schwimmen Sie an Land“, befahl er, vielleicht unnötigerweise.
„Das ist ja mal eine tolle Idee“, ließ sich McCoy vernehmen. „Warum hab ich daran nicht selbst gedacht?“
„Ich bin sicher, dass Sie auch darauf gekommen wären, Doktor. Irgendwann.“
Die Mitglieder des Außenteams strampelten, schwammen und wateten schließlich ans Ufer. Nur für einen Augenblick wurde Spock an eine ähnlich wässrige Notlandung erinnert, als er und seine Schiffskameraden dazu gezwungen gewesen waren, einen gekaperten klingonischen Bird-of-Prey in der Bucht von San Francisco zu landen, direkt nach ihrer Reise ins zwanzigste Jahrhundert. Aber das war ein freudiges, ja, beinahe triumphales Erlebnis gewesen, das vom Erfolg der Mission geprägt war, die Erde vor einer rätselhaften außerirdischen Sonde gerettet zu haben.
Diese Bruchlandung in kaltes, brackiges Wasser war hingegen alles andere als ein Grund zum Jubeln.
Er zog sich auf den schmalen Strand und blickte erneut über die Lagune, deren dunkle Oberfläche nun wieder still und unberührt dalag. Von der Galileo war keine Spur mehr zu sehen.
Und wieder auf die Enterprise gebeamt zu werden, stand nicht zur Debatte.
Wir sind gestrandet, schlussfolgerte Spock. Und vom Schiff abgeschnitten.
Jetzt stand Überleben ganz oben auf der Tagesordnung.
„Bleiben Sie still sitzen, damit ich Sie in Ruhe behandeln kann, Spock. Für den Fall, dass Sie es nicht bemerkt haben: Sie sind verwundet.“
McCoy war triefnass und nicht gerade glücklich darüber. Jetzt versuchte er, Spocks Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, während das gestrandete Außenteam sich daran machte, sich auf dem Trockenen, das diesen Namen kaum verdiente, einzurichten. Ein schlammiger Hügel, der sich über einigen Tümpeln, Teichen und seichten Bächen erhob, schien nur eine geringfügige Verbesserung im Vergleich zu der Lagune zu sein, die die Galileo verschlungen hatte. Die Luft war feucht und dünn und durchdrungen vom Geruch schimmeliger, fauliger Vegetation … und vom Gestank einiger anderer Dinge, die McCoy nicht näher definieren wollte. Winzige, mückenartige Insekten summten unablässig um sie herum. Ein bedeckter Himmel, der durch das dichte grüne Laub kaum zu sehen war, machte es schwierig, den Tag von der Nacht zu unterscheiden. Das bisschen Licht, das es gab, hatte seinen Ursprung hauptsächlich in den schimmernden Nebelschwaden, die durch den übel riechenden Dschungel zogen wie Irrlichter. An einigen Stellen hingen sie dicht über dem Boden und wirbelten um die Knöchel des Doktors. Seine Stiefelsohlen gaben ein schmatzendes Geräusch von sich, als er hinter Spock herhastete.
„Ich mein’s ernst, Spock. Sie müssen mir gestatten, das zu untersuchen.“
Ein Splitter transparenten Aluminiums, ungefähr drei Zentimeter breit, steckte in Spocks rechter Schulter. Eine Flüssigkeit, die aussah wie grünes, dunkles Blut, was aber im dämmrigen Licht nicht gut zu erkennen war, rann aus der Wunde und ließ vermuten, dass die Scherbe eine Vene und keine Arterie durchtrennt hatte. Vulkanisches arterielles Blut war in der Regel von einem leuchtenderen Grün und hätte gesprudelt, es wäre nicht langsam geflossen. McCoy dankte seinem Glücksstern, dass das Fragment Spock nicht ein paar Zentimeter weiter links getroffen hatte.
Der Vulkanier blickte auf die Verletzung hinab, als habe er sie tatsächlich erst in diesem Augenblick bemerkt.
„Kümmern Sie sich nicht um mich“, sagte er kurz angebunden. „Bitte versorgen Sie zuerst die anderen.“
„Kommt gar nicht infrage.“ McCoy konnte Spock nicht vorwerfen, dass er sich zuerst um die anderen kümmern wollte, aber die Wunde benötigte sofortige medizinische Versorgung. „Wir dürfen nicht zulassen, dass Sie noch mehr von diesem kupfrigen, grünen Zeug verlieren, das Sie Blut nennen. Es ist ja nicht so, als würden hier Blutspender für Sie Schlange stehen, um Ihnen eine Transfusion zu verabreichen.“
Spock gab missmutig nach. „Diesmal ist Ihre Logik in der Tat nicht zu widerlegen, Doktor.“
Er setzte sich mit deutlich sichtbarem Widerwillen auf einen Baumstumpf, der mit feuchtem Moos und Pilzen überzogen war. Das aufgequollene Holz gab unter seinem Gewicht nach. Aufgestört flitzten kleinere Insekten und Vielfüßer davon. „Fangen Sie an.“
„Wird ja auch Zeit, dass Sie auf mich hören.“ McCoy wickelte ein wenig feuchten Stoff um seine Finger, damit er sich nicht an den scharfen Kanten der Aluminiumscherbe schnitt, dann packte er den Splitter, der aus Spocks Schulter ragte, während seine andere Hand auf die Wunde seines Patienten drückte. „Normalerweise hätte ich Ihnen zuerst etwas gegen die Schmerzen gegeben, aber ein Großteil der Analgetika ist mit der Galileo untergegangen.“
„Sie brauchen sich nicht zu bemühen, Doktor. Physische Unbequemlichkeiten sind derzeit meine geringste Sorge.“
Das glaubte McCoy gern. Selbst als er die Scherbe mit einem Ruck aus Spocks Schulter zog, entlockte er seinem Patienten nicht mehr als eine Grimasse. Der Doktor war sich der katastrophalen Lage bewusst, in der sie sich befanden. Chekovs Sicherheitsteam sicherte gerade mit gezückten Phasern die Umgebung, während Chekov selbst mit seinem Kommunikator versuchte, Kontakt zur Enterprise herzustellen. Unglücklicherweise schien der verdammte Nebel den Funkverkehr immer noch zu stören.
„Chekov an Enterprise“, rief der Russe und klang dabei verständlicherweise frustriert. Wie McCoy hatte er seine durchnässte Jacke ausgezogen, aber die Kleidung darunter war genauso vollgesogen und voller Schlammflecke. Er hielt den Kommunikator dicht vor die Lippen: „Ich wiederhole: Chekov an Enterprise. Bitte melden.“
McCoy warf die blutige Scherbe weg und half Spock aus seiner eigenen triefend nassen Jacke, damit er besser an die Wunde herankam. Er führte Spocks Hand auf die verletzte Schulter. „Drücken Sie fest auf die Wunde. Ich suche derweil nach irgendeinem Antibiotikum, damit sich die Wunde nicht entzündet.“
„Danke, Doktor“, sagte Spock und gehorchte. Er nickte Chekov und den anderen zu. „Bitte geben Sie mir eine Meldung, inwieweit Sie verletzt sind.“
„Angeschlagen und blaue Flecke, aber immer noch arbeitsfähig“, sagte McCoy, der das gesamte Außenteam bereits kurz untersucht hatte. Ein Hypospray zischte, als er Spock ein sterilisierendes Breitbandantibiotikum verabreichte, das die Bruchlandung irgendwie überlebt hatte. McCoy wollte lieber nicht darüber nachdenken, welche Arten von Keimen in dieser Lagune herumschwimmen mochten. „Ein paar gebrochene Rippen, ein Hauch von Schleudertrauma, kleinere Schrammen und gezerrte Muskeln. Und ich bin ein wenig steif, danke der Nachfrage. Insgesamt nichts Lebensbedrohliches, auch wenn ich wünschte, ich hätte nicht die Hälfte meiner Ausrüstung bei der Bruchlandung verloren.“
Er schauderte beim Gedanken an die sogenannte Landung. „Das hätte wesentlich schlimmer ausgehen können. Wir haben Glück, noch am Leben zu sein.“
„Vulkanier glauben nicht an Glück“, erwiderte Spock.
„Das hat man mir schon öfter gesagt.“ McCoy rief sich die Explosion ins Gedächtnis, die die Ursache für den Absturz gewesen war. Seine Ohren klingelten allein beim Gedanken an den Knall.
„Was zum Geier ist da oben eigentlich passiert? Wurden wir vom Blitz getroffen oder etwas in der Art?“
Spock schüttelte den Kopf. „Nichts so Prosaisches, Doktor. Gewöhnliche Blitze hätten unsere Schilde nicht zusammenbrechen lassen oder eine Explosion von diesen Ausmaßen auslösen können. Die Shuttles der Sternenflotte sind vorschriftsmäßig so gebaut, dass die meisten atmosphärischen Störungen ihnen nichts anhaben können.“
„Das will ich doch schwer hoffen.“ McCoy war kein Ingenieur, also nahm er Spock beim Wort. Sie waren schon zuvor durch so manch schwere Wetterlage geflogen, ohne deshalb gleich abzustürzen. Er erinnerte sich an einen besonders enervierenden Flug über einer Kette von ausbrechenden Vulkanen auf Kaskadia IV, der nichtsdestotrotz damit endete, dass die Galileo sicher bei der wissenschaftlichen Station ankam, die die Föderation eingerichtet hatte und die die einzigartige geologische Struktur des Planeten untersuchte. „Was war es dann? Es fühlte sich an, als wäre um uns herum ein Photonentorpedo detoniert.“
„Die Daten sind nicht eindeutig, aber ich glaube, dass eine volatile Komponente oder Energie in der Planetenatmosphäre explosiv auf unsere Schilde reagiert und somit die Katastrophe ausgelöst hat.“
McCoy blinzelte überrascht. „Sie meinen, unsere eigenen Schilde waren die Ursache für die Kettenreaktion? Ist das überhaupt möglich?“
„Ich hätte das ebenfalls nicht gedacht, aber dennoch sitzen wir jetzt hier.“ Spock begann mit weiteren Erläuterungen seiner Theorie, möglicherweise in einem Versuch, sich selbst von McCoys Bemühungen, seine Wunde zu reinigen, bevor er sie verband, abzulenken. „Weitere Tests und Analysen unter kontrollierteren Bedingungen wären notwendig, um diese Hypothese zu untermauern, aber nach einiger Überlegung sind solche Vorfälle nicht ohne Präzedenz. Es gibt gut dokumentierte Beispiele dafür, dass bestimmte Gase und Mineralien inkompatibel auf Transporterstrahlen reagieren, Dilithiumkristalle ungünstig von bestimmten Frequenzen elektromagnetischer Strahlung beeinflusst werden …“
„Wenn Sie das sagen.“ McCoy war an technischen Details nicht sonderlich interessiert. Weil ihm kein Protoplaser zur Verfügung stand, um Spocks Wunde zu versiegeln, und nicht einmal ein Hautpflaster in Sprayform, beschränkte er sich darauf, sie mit einem (relativ) sauberen Streifen Stoff zu verbinden, den er aus dem Innenfutter seiner abgelegten Jacke geschnitten hatte. „Ich nehme an, das alles verhält sich ähnlich wie das Mischen von Medikamenten oder wenn man Heilmittel an verschiedenen humanoiden Spezies ausprobiert, von denen jeder einen eigenen Metabolismus und spezielle körperchemische Eigenschaften hat. Manchmal kann einem eine falsche Reaktion um die Ohren fliegen.“
„Ein angemessener Vergleich, Doktor.“ Spock inspizierte McCoys sorgfältige Handarbeit und bewegte seine Schulter vorsichtig. „Wir sollten die mysteriösen gelben Nebel dieses Planeten näher in Augenschein nehmen.“
Er zuckte kurz zusammen, dann griff er nach seinem wasserdichten Trikorder und begann, eine vorbeiziehende Nebelschwade zu scannen. Er studierte die Anzeigen des kleinen Monitors eingehend.
„Das ist interessant. Ich entdecke hier eine bestimmte Menge einer ungewöhnlichen Art von Plasma, das sich einer eindeutigen Klassifikation entzieht. Die Atmosphäre enthält scheinbar große Mengen von versteckten plasmoiden Strukturen, die darin freigesetzt sind und ein unwahrscheinlich verzerrtes Verhältnis von Energie und Materie aufweisen. Es ist möglich, dass diese Konzentration von Plasmoiden durch die Überschneidung des Magnetfelds des Planeten mit speziellen Wellenlängen der solaren Strahlung, kombiniert mit der Anwesenheit einzigartiger Komponenten in der Atmosphäre entsteht. Das alles ist mit den Kräften vergleichbar, die auf der Erde zu Kugelblitzen oder auf Vulkan zu Sandfeuerstürmen führen, allerdings sind die Auswirkungen hier ungleich massiver.“
Seine Stimme war von rein wissenschaftlicher Neugier geprägt. „Es ist zu schade, dass wir dieses Phänomen nicht unter weniger bedrohlichen Umständen untersuchen können.“
McCoy hatte kaum die Hälfte von Spocks Ausführungen verstanden. Ihn interessierten weniger die Bestandteile des Nebels als vielmehr die Tatsache, wie zum Teufel sie sich aus dieser misslichen Lage befreien konnten. Er starrte hinauf zu den herabhängenden Ästen der Bäume, als versuche er, hinter dem dichten Laub die Enterprise in ihrer Umlaufbahn hoch über dem Planeten zu entdecken. Doch das Schiff und seine Krankenstation schienen sehr weit entfernt zu sein.
„Jim wird jetzt jeden Augenblick eine Rettungsmission losschicken“, sagte er voller Hoffnung. „Selbst wenn wir keinen Kontakt mit dem Schiff herstellen können.“
„Irgendwann wird er das sicher tun, Doktor, aber vielleicht nicht sofort. Wir hatten erwartet, dass das Außenteam die Verbindung zur Enterprise für die Dauer der Mission verliert. Ich habe kurz vor dem Absturz ein Notsignal ausgesendet, aber ich kann nicht garantieren, dass es den Captain auch erreicht hat.“
McCoy klammerte sich an die Vorstellung, dass irgendwann Hilfe eintreffen würde. „Trotzdem. Wenn wir nicht innerhalb einer bestimmten Zeit zurückkommen, wird Jim bemerken, dass etwas nicht stimmt und …“
Dann schoss ihm ein grauenvoller Gedanke mit der Kraft eines Disruptorschusses durch den Kopf. „Spock, was ist, wenn die Rettungsmission den gleichen Fehler macht wie wir und da oben in den Wolken die Schilde aktiviert?“
„Das wäre bedauerlich“, sagte Spock mit ernster Stimme und sah von seinen Trikorderanzeigen auf. „Allen Anzeichen nach zu urteilen, sind diese Dämpfe extrem explosiv.“
Ein paar Meter weiter hatte Chekov ein wenig feuchten Zunder angehäuft. Offenbar wollte er versuchen, ein Feuer zu entzünden. Er hob den Phaser und zielte auf den Haufen aus Stöcken, Moos und Blättern. Der irisierende Nebel glitt über die Stelle hinweg und wogte zwischen der Waffe und dem Ziel. Chekov rieb sich die Nackenmuskeln, die er sich bei der Bruchlandung gezerrt hatte.
Spock riss alarmiert die Augen auf und sprang auf die Füße. „Chekov! Warten Sie!“
Seine Warnung kam zu spät. Ein rubinrot glühender Strahl schoss aus dem Phaser und bohrte sich durch eine vorbeiziehende Nebelschwade … die beim Kontakt prompt detonierte. Ein greller Blitz warf Chekov in eine Pfütze mit stehendem Wasser, während alle anderen in Deckung gingen. McCoy spürte trotz der Entfernung von einigen Metern die Hitze auf seinem Gesicht. Für einen Augenblick befürchtete er, der ganze Sumpf könnte in Flammen aufgehen, aber der Feuerball brannte ebenso schnell aus, wie er entstanden war, und hinterließ nichts als ein verkohltes Stück Sumpfland und ein verwirrtes und betäubtes Außenteam.
Chekov setzte sich unsicher auf. Verständlicherweise machte er einen erschütterten Eindruck. „Bozhe moi“, murmelte er.
McCoy rannte zu ihm hinüber. „Chekov, sind Sie in Ordnung?“
Auf den ersten Blick schien der Russe in annehmbarer Verfassung zu sein. Sein Gesicht war gerötet, als habe er Sonnenbrand, und seine Augenbrauen waren angesengt, doch McCoy erkannte keine ernsthaften Verbrennungen oder offenen Brüche. Gott sei Dank stand er der Explosion nicht noch näher, dachte McCoy und wünschte sich, dass er wenigstens einen medizinischen Trikorder gerettet hätte.
„Ich glaube schon, Doktor.“ Chekov blinzelte und schüttelte vorsichtig den Kopf, während er seine Glieder probeweise bewegte. Seine Pupillen schienen normale Größe zu haben. Er griff nach seinem Phaser, den er während der Explosion hatte fallen lassen. „Das … was auch immer es war, es hat mir einfach nur einen ganz schönen Schrecken eingejagt.“
„Eine unglückliche Kombination von Energiestrahlen und hochexplosiven Dämpfen“, stellte Spock so laut fest, dass alle es hören konnten. „Ich empfehle dringend, dass wir uns bemühen, die Phaser nicht zu benutzen, solange uns dieser Nebel umgibt. Wir dürfen nicht riskieren, eine noch größere Explosion auszulösen.“
McCoy wandte den Blick von Chekov ab, um ihn auf den allgegenwärtigen Nebel zu richten. Sie saßen in der Patsche … und das auf mehr als eine Art.
„Sie sagten ‚leicht entzündlich‘, Mr. Spock“, rief einer der Sicherheitsoffiziere. Ensign Fisher war ein drahtiger junger Mann mit roten Haaren und einem deutlich erkennbaren britischen Akzent. Zahllose Sommersprossen ließen sein jungenhaftes Gesicht einer Sternenkarte gleichen. Beim Absturz hatte er sich eine Wunde an der Lippe zugezogen. „Bedeutet das, dass wir weder Fackeln noch ein Lagerfeuer entzünden können?“
„Ich befürchte, genau so ist es“, erwiderte Spock. „Diese Atmosphäre ist zu instabil. Eine offene Flamme könnte die Nebel entzünden, und das hätte womöglich katastrophale Folgen.“
„Na großartig“, meldete sich McCoy mit säuerlicher Miene zu Wort. „So viel zum Thema trockene Kleidung.“
„Ich fürchte, Doktor, feuchte Kleidung ist etwas, das wir …“
Spock unterbrach sich abrupt und wandte seinen Kopf einem düsteren Winkel des Sumpfs zu, als hätte sein überaus feines Gehör etwas wahrgenommen, das sein Misstrauen errege. McCoy folgte seinem Blick, doch er konnte nur dichten Nebel und Unterholz erkennen. Seine menschlichen Ohren hörten nur, dass eine Brise durch das Laub und das Dickicht raschelte. Befand sich in dem undurchdringlichen Grün irgendetwas?
„Fisher!“, rief Spock. „Passen Sie auf!“
Etwas kam aus dem Nebel, dem Gehölz, der Dunkelheit gerast und wurde nun sichtbar: eine große, sechsbeinige Lebensform, die ungefähr die Größe eines Tigers oder eines Löwen hatte und wie eine albtraumartige Kreuzung zwischen einem gigantischen Aal und einem wilden Dschungelraubtier aussah. Statt reißzahnbewaffneter Kiefer besaß es ein rundes Maul, in dem mehrere konzentrische Kreise rasiermesserscharfer Zähne saßen. Schuppige Hornplatten bedeckten seinen in Segmente geteilten Körper, es sah schleimig aus und die gelb-grün gefleckte Färbung war perfekt geeignet, um sich in dieser Umgebung zu tarnen. Wenigstens sechs Paar tiefdunkler Augen waren über dem Maul auf dem Kopf aufgereiht. Die Glieder, zwei Vorder- und vier Hinterläufe, waren mit kraftvollen Muskeln bepackt und trieben die Bestie mit erschreckender Geschwindigkeit auf das Außenteam zu. Ein hohes Kreischen, das klang wie ein überladener Phaser, bohrte sich in McCoys Trommelfelle und jagte ihm einen eisigen Schauer über den Rücken.
Bevor auch nur irgendeiner von ihnen reagieren oder Fisher sich umdrehen konnte, griff ihn das Monster schon von hinten an. Das hungrige Maul fraß sich in den Rücken des Sicherheitsoffiziers und zerriss hörbar seine Jacke, um an das zarte Fleisch darunter zu gelangen. Schock und Schmerz verzerrten Fishers Gesicht, und ein erstickter Schrei kam ihm über die Lippen, bevor sich sein ganzer Körper verkrampfte. Die Kreatur hob Fisher von den Füßen und schüttelte ihn wie ein Hund einen Knochen. McCoy hörte einen grauenvollen knirschenden Laut.
„Fisher!“
Chekov zückte seinen Phaser, genau wie Darwa und Yost, aber er zögerte mit dem Schuss. Er war nicht bereit, Fisher zu seiner Rettung in die Luft zu jagen. Der Nebel war überall und machte so die Phaser nutzlos. „Mr. Spock! Was sollen wir …“
Bevor Spock antworten konnte, sprang die Kreatur mitsamt Fisher (oder seiner Leiche) wieder unter die herabhängenden Äste. Das Raubtier und seine menschliche Beute verschwanden aus dem Sichtfeld der anderen. Blätter und Ranken raschelten noch einmal laut, bevor sie wieder zur Ruhe kamen.
Dann war wieder nur der Nebel zu sehen.
Unter den Überlebenden breitete sich Schweigen aus. Nur das Brummen der Insekten war noch zu hören. Das alles war so schnell passiert, dass McCoy ein paar Augenblicke brauchte, um zu verarbeiten, dass Fisher tot war. Er hatte den Ensign abgesehen von gelegentlichen Routineuntersuchungen nicht gut gekannt, aber er war ihm immer als ein vielversprechender junger Offizier erschienen, der eine großartige Zukunft vor sich hatte. Hatte er nicht einmal erwähnt, dass er eine Schwester hatte, die Kolonistin auf New Lancaster oder irgendeiner anderen neuen Kolonie war?
Wenn McCoy sich richtig erinnerte, hatte sie gerade ihren Bruder verloren.
Verwirrte Ausrufe und ein allgemeines Atemholen verrieten die Reaktion der anderen darauf, dass sie gerade einen Kameraden verloren hatten … und nun begriffen, dass ihnen allen ein ähnliches Schicksal drohte. Chekov und sein Team richteten ihre Phaser wieder auf das nun sehr bedrohlich wirkende Blätterdach über ihnen, auch wenn das Abfeuern der Waffen wohl so gefährlich war wie alles, was in den Bäumen auf sie lauern mochte. Misstrauische Blicke suchten in den Nebeln und Schatten wachsam nach Anzeichen eines neuen Angriffs. Nur Spock behielt seine wie immer stoische Miene bei, auch wenn die Sorge in seiner sonst so nüchternen Haltung nun kaum noch zu übersehen war. McCoy konnte das Bedauern und die Unruhe im Gesicht des Vulkaniers deutlich erkennen, auch wenn sie den meisten Leuten in der Regel verborgen blieb. Er dagegen kannte Spock mittlerweile gut genug.
„Es hat ihn einfach so geschnappt. Einfach so“, sagte Chekov völlig fassungslos. „Ich wollte ihn retten, aber ich wusste nicht wie. Ich hatte keine Zeit dafür.“
„Geben Sie sich nicht die Schuld dafür, Commander“, sagte Spock freundlich. „Die Bestie hat sehr schnell zugeschlagen. Es gab nichts, was Sie hätten tun können.“
„Er hat recht“, fügte McCoy hinzu. „Dieses Monster hat uns alle überrascht.“
Chekov sah aus, als könne er es nach wie vor nicht glauben, und starrte zornig auf seinen nutzlosen Phaser hinab. „Wenn ich ihn nur hätte verteidigen können … auf dieses Ungeheuer hätte schießen können …“
„Aber das konnten Sie nicht“, stellte Spock klar „Geben Sie den Umständen die Schuld, nicht sich selbst.“
„Das ist leichter gesagt als getan, Mister Spock“, gab der Russe bitter zurück.
Spock nickte. „Ich weiß, Mr. Chekov. Ich weiß.“
„Sollten wir ihnen nicht folgen?“, wollte Lieutenant Darwa wissen. Sie war eine durchtrainierte junge Frau, die vorher mit Chekov an Bord der Reliant gedient hatte. Ein leichter Akzent verriet ihre indischen Wurzeln, die in Mumbai lagen. Ihr üppiges schwarzes Haar war so kurz geschnitten, dass man in einem Kampf nicht ohne Weiteres hineingreifen konnte. Auf ihrer Stirn waren die ersten Anzeichen eines üblen Blutergusses zu sehen, ein Überbleibsel von der Bruchlandung. „Glauben Sie, dass Fisher noch am Leben ist?“
„Unwahrscheinlich“, erwiderte Spock. „Das ist keine gefühllose, sondern eher eine realistische Einschätzung. Nach allem, was wir gesehen haben, müssen wir annehmen, dass diese Kreatur sich an Fisher bereits gütlich getan hat.“
McCoy erinnerte sich an den grauenvoll knirschenden Laut und die rasiermesserscharfen Zahnreihen im kreisrunden Maul des Ungeheuers. Die Chancen, dass Fisher in diesem Augenblick starb oder sogar bereits tot gewesen war, bevor die Kreatur ihn in den Dschungel geschleppt hatte, standen sehr hoch. McCoy wollte nicht darüber nachdenken, was wohl mit ihm passierte. Nach allem, was sie bisher wussten, fraß sich das Monster in diesem Augenblick an Fishers Überresten satt. Um ehrlich zu sein, hoffte er inständig, dass der unglückliche Ensign schnell gestorben war.
„Was war das überhaupt für ein Vieh?“, fragte Lieutenant Yost und kam damit direkt auf den Punkt. Er war ein stämmiger, hellhäutiger Kerl mit kurz geschnittenem blondem Haar und einer muskulösen Statur und entsprach damit ganz dem Klischee eines Sicherheitsoffiziers, der eine große Karriere vor sich hatte. Er war in dritter Generation Offizier der Sternenflotte – seine Großmutter hatte bereits unter dem legendären Sternenflottenkapitän Jonathan Archer gedient –und hatte während seiner Zeit auf der Akademie hin und wieder als Türsteher gejobbt. Jetzt steckte er seinen Phaser weg und hob einen Ast auf, um ihn als Lanze oder als Keule zu benutzen. „Ich hab es ja nur kurz gesehen, aber …“
Sein sonst ein wenig phlegmatisch wirkendes Gesicht verzog sich angeekelt.
„Es war offensichtlich ein Raubtier“, sagte Spock. „Schnell und wendig und gut an diese Umwelt angepasst. Teile von Kopf und Maul ähnelten denen eines terranischen Blutegels oder Neunauges, während die Glieder eher denen gleichen, die man an Großkatzen oder auch Sehlats findet.“
McCoy runzelte grimmig die Stirn. „Mit anderen Worten sprechen wir hier von einem gigantischen Blutegel, der sich fortbewegt wie ein Tiger?“
„Es scheint so.“ Spock richtete seinen Blick wieder auf den nebligen Sumpf hinaus. „Wir müssen darauf achten, wenn wir uns von hier fortbewegen.“
„Von hier fortbewegen?“, echote McCoy und warf Spock einen verwunderten Blick zu. Er hatte keine Ahnung, was Spock damit sagen wollte. „Wohin denn?“
„Zu unserem ursprünglichen Ziel: der Quelle des unbekannten Signals.“ Er überprüfte kurz seinen Trikorder und wies geradeaus, mehr oder weniger in die Richtung, in die der katzenartige Blutegel verschwunden war. „Meiner Schätzung nach befindet es sich rund hundertsechzig Kilometer von uns entfernt in dieser Richtung.“
McCoys Temperament ging mit ihm durch. „Um Himmels willen, Mann, Sie denken doch wohl nicht immer noch an die Durchführung der Mission? Glauben Sie nicht, dass wir im Augenblick wichtigere Probleme haben?“
„Zweifellos“, stimmte Spock zu. „Aber dort wird Captain Kirk als Erstes nach uns suchen.“
„Oh“, sagte McCoy. Nun war er ein wenig verlegen angesichts seines Ausbruchs. „Daran hatte ich nicht gedacht.“
McCoy fand, dass es nicht wenig über den Ernst der Lage sagte, dass Spock sich eines spitzen Kommentars über dieses Zugeständnis enthielt.
Stattdessen zuckte er entschuldigend die Schultern. „Wir sind weit vom Kurs abgestürzt. Es tut mir leid, Doktor, aber wir haben einen ordentlichen Fußmarsch vor uns.“
„Durch diesen gottverlassenen Sumpf, in dem gigantische, menschenfressende Blutegel hausen?“
„Eine alles andere als ideale Aussicht“, gestand Spock. „Aber dennoch die logische Vorgehensweise.“
McCoy wünschte sich brennend, dass er eine bessere Idee gehabt hätte.
„Wie viele von diesen Viechern sind da im Dschungel wohl unterwegs?“, wollte Darwa wissen.
Spock starrte auf die Stelle, an der nur Minuten zuvor noch Fisher gestanden hatte.
„Das, Lieutenant, bleibt abzuwarten.“