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Auf dem Planeten Armista sitzt eine namenlose Frau. Hoch oben auf einem Berg drückt sie eine Waffe an sich, die anders ist als alles, was die Armistaner je gesehen haben. Sie wiegt sich vor und zurück und singt leise vor sich hin. Die Waffe ist ihre einzige Gesellschaft auf dem Planeten, da alle anderen nur noch kleine Aschehaufen sind. Eine Waffe, die alles Leben auf einem Planeten auslöschen konnte, könnte es erneut tun. Lieutenant Robin Leflers Mutter kam vor zehn Jahren bei einer Shuttleexplosion ums Leben. Kann sie also tatsächlich die Frau sein, die in thallonianischem Raum gefangen gehalten wird? Wenn sie es ist, welche Verbindung hat sie dann zu der mysteriösen Frau, die eine Waffe besitzt, die ganze Welten vernichten könnte? Milliarden Leben stehen auf dem Spiel, und Robin Lefler, Captain Calhoun und die Mannschaft der Excalibur müssen Antworten finden, bevor ihnen und den ums Überleben kämpfenden verbliebenen Bewohnern des einst so bedeutenden Thallonianischen Imperiums die Zeit davonläuft.
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Seitenzahl: 364
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NEW FRONTIER®
Die Waffe
PETER DAVID
Based onStar Trekcreated by Gene Roddenberry
Ins Deutsche übertragen vonBernhard Kempen
Die deutsche Ausgabe von STAR TREK – NEW FRONTIER: DIE WAFFE wird herausgegeben von Amigo Grafik, Teinacher Straße 72, 71634 Ludwigsburg. Herausgeber: Andreas Mergenthaler und Hardy Hellstern, Übersetzung: Bernhard Kempen; verantwortlicher Redakteur und Lektorat: Markus Rohde; Lektorat: Anika Klüver und Gisela Schell; Satz: Rowan Rüster/Amigo Grafik; Cover Artwork: Martin Frei.
Titel der Originalausgabe: STAR TREK – NEW FRONTIER: FIRE ON HIGH
German translation copyright © 2011 by Amigo Grafik GbR.
Original English language edition copyright © 1999 by CBS Studios Inc. All Rights Reserved.
™, ® & © 2011 CBS Studios Inc. STAR TREK and related marks are trademarks of CBS Studios Inc. All Rights Reserved.
This book is published by arrangement with Pocket Books, a Division of Simon & Schuster, Inc., pursuant to an exclusive license from CBS Studios Inc.
Print ISBN 978-3-942649-04-9 (Mai 2011) · eBook ISBN 978-3-942649-60-5 (November 2011)
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Die Handlung dieses Buches findet wenige Tage nach den Ereignissen des dritten Bandes »Märtyrer« statt.
Zur selben Zeit (Ende des Jahres 2373 / Anfang 2374) kommt es weit entfernt zum Ausbruch des Dominion-Krieges.
Der einzige Laut auf dem Planeten Ahmista ist der Gesang einer Frau.
Es gibt dort natürlich noch andere Geräusche, aber es sind lediglich die normalen Geräusche dieses Planeten. Die leichte Brise streift über die Ebenen und treibt die Asche sanft, aber unablässig fort. (Die Asche gibt es schon seit einiger Zeit, aber sie nimmt von Tag zu Tag ab, wenn sie vom Wind verteilt oder durch gelegentliche Regenschauer aus der Luft gewaschen wird.)
Außerdem sind die üblichen Geräusche der tektonischen Platten zu hören, und neben dem nächsten Kontinent liegt eine Vulkaninsel, die beträchtlichen Lärm produzieren kann. Vögel flattern mit den Flügeln, Wellen schlagen schwappend gegen die Ufer und hinterlassen bisweilen einen feinen Aschestreifen am Strand.
Doch ansonsten … ist nichts zu hören.
Aufgrund der Abwesenheit anderer Laute ist der Gesang recht auffällig. Es gibt keine Geräusche einer lebenden und atmenden Bevölkerung, keinen Industrielärm, kein Lachen oder Rufen von Menschen, kein Geschrei von Kindern, die nach Aufmerksamkeit verlangen. Es gibt weder die leisen Geräusche von Liebenden, die in der Dunkelheit flüstern, noch den lauten Krach von Bomben, die durch die Luft pfeifen.
Hier gibt es nur den Gesang der Frau.
Sie singt ein seltsames Lied, dessen Melodie sich ständig zu verändern scheint. Sie singt unentwegt und hört nur auf, wenn sie sich geistig und körperlich erschöpft fühlt und Schlaf benötigt. Sie gibt diesen Notwendigkeiten äußerst ungern nach, weil sie ihre Wachsamkeit einschränken, doch immer wieder fällt ihr Kopf einfach nach vorn, wenn sie vom Schlaf übermannt wird. In diesem Zustand kann sie mehrere Stunden verbringen, doch irgendwann wird sie plötzlich wieder wach. Sie weiß dann nie, wie viel Zeit vergangen ist, doch das kümmert sie nicht.
Selbst wenn es auf Ahmista Laute von anderen Lebewesen gäbe, wäre es unwahrscheinlich, dass die Frau sie hören würde. Sie lebt auf einem Berg, sofern ein Begriff wie »leben« ihrer Existenzweise angemessen ist. Es handelt sich keineswegs um den höchsten Berg Ahmistas, aber dafür ist es ein recht netter Berg. In dieser Höhe verspürt sie noch keine allzu unangenehme Kälte. Andererseits würde sie auch dann kaum etwas spüren, wenn die Temperaturen unter dem Gefrierpunkt lägen, da ihr Geliebter sie warm hält.
Aber ihr Geliebter tut noch viel mehr für sie. Er leistet ihr Gesellschaft und gibt ihr Nähe. Ihr Geliebter ist das A und O ihrer gesamten Existenz auf dieser Welt, in diesem Universum. Sie spürt ihn in ihrem Geist, und sie ist zufrieden.
Ihr Geliebter ist schlank und grau, von annähernd zylindrischer Grundform, aber mit Verästelungen, die in alle möglichen Richtungen abstehen. Diese Verästelungen sind an vielen Stellen direkt mit ihrem Nervensystem verbunden. In gewisser Weise ähnelt ihr Geliebter einem großen Dornbusch mit einen Gewirr aus Zweigen. Doch letztlich führen alle Zweige zu ihr. Die Frau und ihr Geliebter sind eins. Zusammen bilden sie ein Ganzes. Sie ergänzen sich gegenseitig.
Sie singt mehr für ihren Geliebten als für sich selbst.
Ihr Geliebter sagt ihr nie, was er von ihren Liedern hält. Aber das ist in Ordnung. Sie braucht seine Anerkennung nicht, da sie bereits weiß, dass er sie anerkennt. Wie könnte es anders sein? Schließlich hat sie ihrem Geliebten ihr Leben anvertraut. Ansonsten benötigt oder wünscht sie sich nichts. Ihr Geliebter gibt ihr so viel. Er gibt ihr Nahrung, Leben und die Fähigkeit, zu existieren. Dafür muss sie ihn nur zum einzigen Sinn ihres Lebens machen. Und das hat sie getan.
Plötzlich spürt sie, wie er unter ihren Fingern in einem anderen Rhythmus pulsiert. Sie war ein wenig geistesabwesend, aber die Reaktion ihres Geliebten bringt sie dazu, sich wieder zu konzentrieren. Sie streckt ihre geistigen Fühler aus – mithilfe ihres Geliebten.
Da ist ein Geschöpf.
Es ist soeben aus einem Ei geschlüpft, etwa dreißig Kilometer entfernt in einem dichten Wald, in dem es sonst kein tierisches Leben gibt. Das Geschöpf ist klein, trägt ein Fell und sucht nach einer Mutter, die schon lange tot ist. Es hat keine Krallen – noch nicht. Es ist recht hilflos – zumindest zu diesem Zeitpunkt. Ohne Mutter wird es vielleicht sehr bald sterben. Es könnte aber auch genügend Geschick entwickeln, um zu überleben und erwachsen zu werden – und eines Tages möglicherweise eine Gefahr darzustellen.
Vögel waren noch nie eine Gefahr, und aus einem unerfindlichen Grund hat sie die Geräusche ihrer schlagenden Flügel stets als angenehm empfunden. Doch bei diesem Geschöpf darf sie kein Risiko eingehen. Sie weiß es, und ihr Geliebter weiß es ebenfalls. Oder zumindest weiß sie es jetzt, nachdem ihr Geliebter es ihr gesagt hat, aber sie ist mit seiner Einschätzung natürlich völlig einverstanden.
Auf ihr Drängen erzeugt ihr Geliebter eine knisternde Energiekonzentration. Er erzittert und stößt die Ladung aus. Es ist kein besonders großer Energieball, weil ein kleiner völlig ausreicht. Die Energie, die ihr Geliebter abgeben kann, ist direkt proportional zur jeweiligen Aufgabe. Und in diesem Fall ist es nur eine kleine Sache.
Der Energieball überwindet die Entfernung in kürzester Zeit. Das neugeborene Geschöpf bemerkt, dass sich etwas nähert, es spürt eine Quelle aus Licht und Wärme. Seine kleinen Augen sind noch blind, sodass es nicht sehen kann, was sich nähert. Daher zieht es die falsche, wenn auch verständliche Schlussfolgerung, dass seine Mutter kommt. Es reißt das Maul weit auf und gibt ein leises Fiepen von sich.
Eine Sekunde später wird es von der Energie eingehüllt. Dem Geschöpf blieb nicht einmal die Zeit, sich seiner Existenz vollständig bewusst zu werden, bevor diese Existenz schon wieder vorbei ist. Im nächsten Augenblick ist es nur noch ein Häufchen Asche. Lediglich ein paar verwehende Fellhaare sind übrig geblieben. Der Wind hat die Asche bald über eine große Fläche verstreut. Ansonsten gibt es keinen Hinweis mehr, dass das Geschöpf jemals existiert hat.
Die Frau auf dem Berg erzittert. Sie drängt sich näher an ihren Geliebten, weil sie weiß, dass er durch diese Aktion ihr Leben beschützt hat. Dieses Wissen ist aufregend und stimulierend für sie, und sie zittert noch heftiger.
Sie streicht mit den Händen über die Oberfläche ihres Geliebten. Jetzt singt sie nicht mehr. Sie ist jedes Mal so aufgeregt, wenn ihr Geliebter für sie seine Stärke demonstriert. Und ihr Geliebter weiß, dass es ihr gefällt, was wiederum für ihn ein aufregendes Gefühl ist.
Sie denkt seinen Namen … einen Namen, der nur ihr und ihrem Geliebten bekannt ist. Ein Name, der noch nie laut ausgesprochen wurde, der nicht durch das unbeholfene Mittel der Sprache kommuniziert werden kann. Der Name ist ein Geheimnis ihrer tiefsten gemeinsamen Seele, denn ihr Geliebter war ohne Seele, bevor sie sich mit ihm vereinigte.
Es ist schon so lange her, seit sie zuletzt das Feuer in sich spürte, dass sie sich für einen kurzen Moment der Vorstellung hingibt, ihr Geliebter hätte nach etwas gesucht, das er für sie töten kann. Weil er sie nur auf diese Weise genügend stimulieren kann, um ihre – und seine – Bedürfnisse zu befriedigen.
Doch dann verdrängt sie diese Vorstellung. So etwas würde ihr Geliebter niemals tun, weil es völlig unnötig wäre. Ihr Geliebter ist keineswegs die Verkörperung der Zerstörung. Nein. Ihr Geliebter ist ihre Quelle des Lichts und Glücks.
Die Wärme strahlt von ihrem Geliebten aus und erfüllt ihren Geist. Sie spürt, wie ihr Herz schneller klopft und mit solcher Heftigkeit gegen ihre Brust pocht, dass es ihre Rippen zu durchbrechen droht. Wenn das geschähe, würde sie natürlich sterben, aber sie macht sich keine Sorgen. Sie vertraut ihrem Geliebten uneingeschränkt. Sie weiß, dass er ihr niemals wehtun würde.
Ihr Geliebter ist nicht sterblich. Dessen ist sie sich auf elementare Weise bewusst. Ihr Geliebter ist von anderer Art, er ist etwas Besonderes, das über alles hinausgeht, was sie jemals zuvor erfahren hat.
Und während sie von Liebe durchströmt wird, gelangt sie zur Erkenntnis, dass sie niemals zu dem zurückkehren kann, was sie einmal war.
Ihr Geliebter zieht die Stille vor, denn so kann er viel besser hören, wie sie aus ungetrübtem Glück über ihre Verbindung schluchzt.
Früher, als es noch mehr Leben auf dem Planeten gab, geschah das wesentlich häufiger. Alles, was eine Gefahr für sie darstellte, wurde von ihrem Geliebten beseitigt, und jeder Akt der Tötung erfüllte sie mit orgiastischer Ekstase. Nun geschieht es nur noch selten, aber das ist in Ordnung. Sie hat ihre Erinnerungen und ihren Geliebten, der ihr Wärme, Sicherheit und Liebe gibt.
Ganz langsam versucht sie, ihr pochendes Herz zu beruhigen. Sie klammert sich erschlafft an ihren Geliebten, ihre Finger öffnen und schließen sich krampfartig. Leise lacht sie in sich hinein und genießt das Gefühl der Wärme und Sicherheit, das ihr Geliebter ihr gibt.
»Danke«, flüstert sie – die ersten Worte, die seit langer Zeit auf diesem Planeten gesprochen wurden. »Ich danke dir … für alles. Danke, dass du bei mir bist. Danke … dass du mich erwählt hast.«
Ihr Geliebter antwortet nicht, aber das ist auch gar nicht nötig. Er pulsiert einfach nur unter ihrer Berührung. Ob er zufrieden ist, sie glücklich gemacht zu haben, oder Missfallen über ihre Reaktion empfindet, oder ob es ihm völlig gleichgültig ist, lässt sich unmöglich sagen. Er bleibt still, unverändert und regungslos. Wieder streichelt sie ihn und spürt, wie ihr Bewusstsein abdriftet. Sie möchte wach bleiben, möchte sich nicht einem nebulösen Glücksgefühl hingeben, das sie nur immer schläfriger macht. »Ich bin … nicht müde«, stöhnt sie wie ein trotziges Kind, das nicht zu Bett gehen will. Sie bemüht sich, Widerstand zu leisten.
Doch letztlich gelingt es ihr nicht. Ihre Augenlider flattern und schließen sich, ihr Kopf kippt langsam gegen die Metallverkleidung, die die Oberfläche ihres Geliebten bildet. Die sanfte Ekstase wärmt sie immer noch, als sie kurz darauf friedlich einschläft. Sie schnarcht nicht und gibt auch keine anderen Laute von sich. Daher gibt es – zumindest für einige Zeit – kein auch nur annähernd humanoides Geräusch auf dem Planeten Ahmista, abgesehen von ihren leisen, gleichmäßigen Atemzügen. Doch früher oder später wird sie wieder erwachen. Und dann wird sie wieder singen, auf ihre seltsame, ziellose Art, während sie sich an ihre letzte Ekstase erinnert und sich fragt, wann sich die nächste Gelegenheit ergeben wird …
Commander Elizabeth Shelby spielte das Video-Logbuch von der Brücke der Excalibur ab und konnte nicht fassen, was sie sah.
In der Nähe stand Dr. Maxwell und beobachtete sie mit bedauerndem Gesichtsausdruck. Hinter ihm gingen die Mitarbeiter der Krankenstation ihrer Arbeit nach. Shelby saß im Büro, das normalerweise von Dr. Selar benutzt wurde, und verfolgte die letzten Augenblicke, bevor sie vor einigen Tagen das Bewusstsein verloren hatte. Sie war überzeugt gewesen, sich inzwischen vollständig erholt zu haben. Doch als sie die Aufzeichnung mit zunehmender Bestürzung betrachtete, fragte sie sich, ob sie sich vielleicht für längere Zeit krankschreiben lassen sollte.
Mittels ihrer aus dem Handgelenk geschüttelten Strategie war es ihr gelungen, mit einem Kriegsschiff der Erlöser fertigzuwerden, indem sie buchstäblich die Energie einer Sonne zu seiner Vernichtung einsetzte. Doch während dieser Aktion litt sie immer noch unter den Kopfverletzungen, die sie sich im Verlauf einer katastrophalen Expedition zum Planeten Zondar zugezogen hatte. Sie erinnerte sich nur noch daran, dass sie kurz nach der Rettung der Excalibur weggetreten war, und nun beobachtete sie erstmals, was sich unmittelbar danach zugetragen hatte.
Sie sah, wie sie aufsprang und überschwänglich die Faust in die Luft reckte. Triumphierend rief sie: »Ha! Beeindruckend! Maschinenraum, hervorragende Arbeit! McHenry, Sie ebenfalls! An alle ein dickes Lob! – Oh, was ist das …?« Sie zeigte auf einen Punkt in der Luft.
»Was ist was, Sir?«, fragte McHenry.
»Die Farben!«, rief Shelby aufgeregt – dann kippte sie um. Si Cwan konnte sie gerade noch rechtzeitig auffangen, bevor sie auf dem Boden aufgeschlagen wäre.
Aber das war noch gar nicht das Schlimmste.
Sie war nicht bewusstlos, keineswegs. Nein, das wäre zu gnädig gewesen. Stattdessen starrte sie in die Luft. Und Si Cwan fragte besorgt: »Ist alles in Ordnung, Commander?«
»Es sind ganz unterschiedliche Farben!«, antwortete Shelby. »Blau, grün, rosa …«
Si Cwan blickte sich verdutzt zum übrigen Brückenpersonal um, doch die Leute wirkten genauso verblüfft wie er. »Wovon reden Sie, Commander?«
»Von den Farben!«, entgegnete Shelby begeistert. Dann fiel sie in Ohnmacht.
Shelby schaltete die Videoaufzeichnung ab und bemühte sich, ihre Empfindungen nicht zu deutlich zu zeigen. Allerdings war sie damit nicht besonders erfolgreich.
»Sie haben darauf bestanden, es zu sehen, Commander«, rief Maxwell ihr ins Gedächtnis, als befürchtete er, sie könnte ihre Verärgerung an ihm auslassen. »Ich habe davon abgeraten. Erinnern Sie sich noch?«
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