Star Trek - The Next Generation: Imzadi II - Peter David - E-Book

Star Trek - The Next Generation: Imzadi II E-Book

DAVID PETER

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Beschreibung

Als Deanna Troi und Commander Worf ihre Verlobung bekanntgeben, drängen Rykers Gefühle an die Oberfläche

"Imzadi" - dieser Begriff bedeutet für Betazoiden wie Counselor Deanna Troi mehr als "Geliebter". Er bezeichnet die Verbindung zweier Seelen, ein geistiges Band, das nie mehr durchtrennt werden kann. Commander William Ryker und Deanna Troi haben diese Bindung erfahren. Doch Ryker hat sich jahrelang bedeckt gehalten, und Deanna sich in den Klingonen Worf verliebt. Als die beiden ihre Verlobung bekannt geben, drängen Rykers Gefühle an die Oberfläche.

Er will sich mit Deanna aussprechen, auch wenn es längst zu spät scheint. Aber dann werden die Counselor und Worfs Sohn Alexander von romulanischen Terroristen entführt.

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Imzadi – dieser Begriff bedeutet für Betazoiden wie Deanna Troi mehr als »Geliebter«. Er bezeichnet die Verbindung zweier Seelen, ein geistiges Band, das nie mehr durchtrennt werden kann.

Commander William Riker und Counselor Troi von der Enterprise haben diese Bindung erfahren. Doch Riker hat sich jahrelang bedeckt gehalten. Und dann hat sich Deanna Troi in den Klingonen Worf verliebt. Als die beiden ihre Verlobung bekannt geben, drängen Will Rikers verdrängte Gefühle für Deanna an die Oberfläche.

Auch wenn es längst zu spät scheint, will Riker sich Deanna stellen. Aber dann werden die Counselor und Worfs Sohn Alexander von romulanischen Terroristen entführt …

PETER DAVID

IMZADI II

Star Trek™

The Next Generation

Meinen Lieblingsmädchen

Shana, Gwen und Ariel

Meiner Lieblingsschwester

Beth

Nach dem Schrei war er eine Weile wie betäubt gewesen.

Er hatte die Leiche seiner geliebten Jadzia Dax, seiner Frau, in den Armen gehalten und den klingonischen Totenschrei ausgestoßen. Auch wenn sie keine echte Klingonin gewesen war, hatte sie die Lehren und Normen seines Volkes mit größerem Eifer als er selbst beherzigt.

Und jetzt war alles vorbei.

Jadzia war tot. Ihr Tod war so sinnlos und vor allem so plötzlich gekommen. Zuvor am selben Tag hatten sie noch darüber gesprochen, ein Kind zu bekommen, und dann war sie mit einem Mal nicht mehr da gewesen.

Vor langer Zeit hatten die Klingonen Götter gehabt. Doch dann hatten sie ihre Götter getötet, weil sie ihnen zu viel Ärger bereitet hatten. Infolgedessen wussten Klingonen, dass sie ganz allein auf sich selbst gestellt waren, nachdem sie in dieses Universum geworfen wurden. Sie konnten sich mit ihren Fragen an keinen Gott und keine Götter wenden, denn aus dieser Richtung würden sie niemals eine Antwort erhalten. Es gab kein höheres Berufungsgericht, das für die Ungerechtigkeiten des Lebens zuständig war, es gab keine Gebete, mit denen man um persönliche Vorteile, Unterstützung oder Verständnis bitten konnte. In diesem besonderen Augenblick wünschte sich Worf mit ganzem Herzen, dass es wieder Götter gäbe …

Er stand in seinem …

… ihrem …

… seinem … Quartier … und bereitete sich auf die Bestattung vor. Und er wünschte sich verzweifelt die Götter zurück … damit er sich an einen klingonischen Gott wenden konnte, um ihm die Finger um die Kehle zu legen und eine Erklärung aus ihm herauszuquetschen, bevor er der Gottheit die Luftzufuhr abschneiden und diesmal persönlich blutige Rache an allen Verantwortlichen nehmen würde.

Er stand in ihrem gemeinsam Quartier und knurrte grollend die Worte:

»Ich habe alles richtig gemacht.«

Für jeden, der Worfs Gedanken nicht kannte, musste dieser Satz unverständlich bleiben. Der kräftige Klingone, der auf der Station Deep Space Nine diente, sprach damit keine bestimmte Person an. Die Worte richteten sich an das Universum im Allgemeinen.

»Ich habe alles richtig gemacht«, wiederholte er, während er einfach nicht begreifen konnte, warum sich die Dinge auf diese Weise entwickelt hatten. Es war weder richtig noch gerecht.

»Ich habe versucht, mich zu ändern … zu lernen … zu wachsen … all das zu tun, was man mir beigebracht hat … und es machte keinen Unterschied. ES MACHTE ÜBERHAUPT KEINEN UNTERSCHIED!« Worf verlor endgültig die Beherrschung und fegte mit den Händen über die karge Einrichtung ihres Quartiers.

Alle Sachen von Jadzia waren hier. Düfte und Schminke, Souvenirs, unersetzlicher Krimskrams, der ein Leben repräsentierte, das viele Jahrzehnte umfasst hatte. Denn Jadzia Dax war ein besonderes Wesen, die Verbindung aus einem humanoiden Wirt und einem wurmartigen Symbionten, der als Trill bezeichnet wurde. Wenn ein Trill eine neue Lebensphase begann, war ihm jeder Kontakt mit seinem alten Leben strengstens verboten. Worf war plötzlich – einfach so – zum einem Teil von Jadzia Dax' Vergangenheit geworden. Er hatte keine Ahnung, was nun geschehen würde. Ob der Trill in einen neuen Körper wechselte, ob die neue Inkarnation von Dax ihn immer noch lieben würde, ob er sie noch lieben würde …

… sie?

… oder ihn? Das hätte ihm gerade noch gefehlt!

Der Schmerz, die Wut, der Zorn, die er empfand, waren für ihn beispiellos.

Nur mit Mühe konnte er sich beherrschen, denn es trieb ihn dazu, seinem Zorn Luft zu machen, sich auszutoben, auf jeden und alles einzuschlagen, um seinen aufgestauten Gefühlen Ausdruck zu verleihen.

Er hatte noch nie zuvor solche Gefühle empfunden. Aber es war keineswegs das erste Mal, dass er unter einem großen Verlust litt.

Zuallererst seine Eltern, die ihm während seiner Kindheit beim Überfall auf den klingonischen Außenposten Khitomer entrissen worden waren. Sie waren im Feuer eines romulanischen Angriffs gestorben, während Worf unter Tonnen von Trümmern verschüttet wurde. In zahllosen Nächten hatte er wach gelegen und im Haus seiner Adoptiveltern zur Decke hinaufgestarrt und die Abfolge seiner Gedanken war immer dieselbe gewesen: Zuerst warf er seinen Eltern vor, ihn allein gelassen zu haben, dann warf er sich selbst vor, sie überlebt zu haben. Mit zunehmendem Alter hatte er diese Angewohnheit abgelegt – mehr oder weniger. Doch sogar noch als Erwachsener erlebte er gelegentliche schlaflose Nächte und das Aufflackern von Vorwürfen in die eine oder andere Richtung.

Aber Jadzia zu verlieren, war etwas ganz anderes.

Dann war da K'Ehleyr gewesen. Die klingonische Botschafterin, mit der Worf eine unstete Liebesbeziehung verbunden hatte, die recht unerwartet die Empfängnis eines Sohnes, Alexander, zur Folge gehabt hatte. Doch dann war K'Ehleyr von Duras getötet worden. Worf hatte die Sterbende in den Armen gehalten und ihren Tod beklagt. Dann hatte er – was sich recht problematisch gestaltete – sich um seinen Sohn gekümmert, der noch heute dem Klingonischen Imperium nach besten Kräften diente. K'Ehleyr, die in jeder Hinsicht die angemessene Partnerin für ihn gewesen war, wie es schien. Der er sogar einen Antrag gemacht hatte, auch wenn er letztlich von ihr abgelehnt worden war.

Aber auch das war etwas ganz anderes gewesen, als Jadzia zu verlieren.

Und dann war da Deanna gewesen …

»Deanna«, knurrte er. Allein die Erinnerung an ihren Namen genügte, um eine lodernde Wut in ihm zu entfachen. Er dachte an das letzte Mal zurück, als er Deanna Troi begegnet war, der Counselor des Raumschiffs Enterprise, und William Riker, dem Ersten Offizier. Das war während des Borg-Angriffs auf die Erde gewesen. Die Defiant war schwer beschädigt worden und Worf war unter den evakuierten Besatzungsmitgliedern gewesen. Als er an Bord der Enterprise gebracht wurde, hatte er anfangs gar nicht die Krankenstation verlassen wollen, doch sein Stolz und sein Pflichtbewusstsein erlaubten es ihm nicht. Also hatte er darauf bestanden, die Brücke aufzusuchen, obwohl er bereits die Vorstellung, Riker und Troi wiederzusehen, sie zusammen zu sehen, kaum ertragen konnte.

Natürlich hatte er sich nichts anmerken lassen. Das wäre unprofessionell, kindisch und schwach gewesen. Und Riker hatte es ihm keineswegs leichter gemacht. Obwohl er wusste, dass es böses Blut zwischen ihnen gab, hatte Riker einige unbedachte Äußerungen von sich gegeben, die offenbar humorvoll gemeint waren. Als er erfahren hatte, dass die Defiant beschädigt, aber nicht verloren war, hatte er bemerkt: »Tapferes kleines Schiff.« Worf hatte ihm sofort einen wutfunkelnden Blick zugeworfen und geknurrt: »Klein?«

Als hätte das noch nicht genügt, war Riker ein weiteres Mal zu ihm gekommen, nachdem Picard ihn an die taktische Station beordert hatte, und sich unschuldig erkundigt: »Sie wissen doch noch, wie man Phaser abfeuert?« Wenn sie nicht mitten in einer Notsituation gewesen wären, hätte Worf wahrscheinlich einen Tobsuchtsanfall bekommen. Als Riker erkannte, dass sein Versuch, die Situation aufzulockern, nach hinten losgegangen war, hatte er gegrinst, den Kopf geschüttelt und die Hände gehoben, als wollte er sagen: »War nicht böse gemeint.« Glücklicherweise – was Worf betraf – führten die folgenden Ereignisse dazu, dass er während der Auseinandersetzung mit den Borg nur sehr wenig mit Riker und Troi zu tun hatte. Und nachdem der Notfall überstanden war, konnte Worf gar nicht schnell genug nach Deep Space Nine zurückkehren. Trotz der Zeit, die Worf bei den Geistlichen im Kloster auf Boreth verbracht hatte, schien es, dass der Zorn immer noch wesentlich heißer in ihm brannte, als er vermutet hatte.

Es hätte alles anders kommen können …

Dieser Gedanke schoss ihm ungerufen durch den Kopf, aber nachdem er da war, konnte er ihn nicht mehr loswerden. Wenn die Beziehung zu Deanna nicht gescheitert wäre, wenn er sie nicht verloren hätte, wenn sie geheiratet hätten … wenn Riker nicht gewesen wäre, und die Entführung und Deannas verfluchte Mutter und der brutale Plan, der die Auslöschung von Millionen unschuldiger Lebewesen vorsah …

Es war, als hätten sich sämtliche Schicksalsmächte der Galaxis verschworen, um gemeinsam die Verwirklichung einer Beziehung zwischen Worf und Deanna Troi zu vereiteln.

Es war Trois Schuld …

Lwaxanas Schuld …

Rikers Schuld …

… die Schuld der Romulaner … des Universums … der verdammten Götter, die doch angeblich ihre Finger aus allem heraushielten …

Es war …

Er starrte in einen Spiegel, als könnte er direkt in seine Seele blicken.

»Spielt es eine Rolle?«, fragte er sich schließlich selbst. »Ich bin jedenfalls immer noch allein …«

Es spielte sehr wohl eine Rolle. Zumindest für ihn und seine Entschlossenheit, Sinn in all diese Sinnlosigkeiten zu bringen.

Dann fühlte sich Worf plötzlich all seiner Kraft beraubt und ließ sich in einen Stuhl fallen. Es war einer von Jadzias Lieblingsplätzen gewesen und er wurde immer noch von ihrem Duft umweht. Er atmete ihre Essenz tief ein …

… und dachte an vergangene Zeiten …

Kapitel 1

Für Riker gab es keine Vorwarnung, als ihn der Schockstab in den Rücken traf. Sofort war er gelähmt, vorübergehend, von der Hüfte abwärts. Er hasste es, wenn es geschah, dieses Gefühl der völligen Hilflosigkeit. Viel zermürbender und schmerzhafter als der nun folgende Sturz war das Wissen, dass der Sturz unausweichlich war.

Es gab einen schweren Aufprall, wie jedes Mal bei solchen Gelegenheiten. Er ließ seinen Erzzertrümmerer fallen, weil er hoffte, den Sturz zum Teil mit den Händen abfangen zu können, was ihm sogar in einem gewissen Ausmaß gelang – aber nicht völlig, denn nun schlugen seine Handflächen gegen den harten Boden. Er spürte die Erschütterung bis in die Ellbogen und stieß ein tiefes Keuchen aus. Dann machte er sich auf den unausweichlichen Tritt gefasst. Er kam genauso, wie er erwartet hatte, ein schmerzhafter Schlag in den Bauch. In den ersten Tagen seiner Gefangenschaft war diese Sache das Schlimmste gewesen, die Tritte in den Bauch. Doch mit der Zeit hatte er gelernt, sie vorherzusehen, und nun konnte er sich darauf einstellen. Kurz vor dem Schlag spannte er die Bauchmuskeln an, damit sie einen Teil der Wucht abfingen. In seiner Phantasie wurden seine Eingeweide so unverwundbar, dass sein Peiniger sich schließlich den Fußknöchel brach.

Es war eine nette Phantasie.

»Stehen Sie auf, Riker«, sagte sein Aufpasser und versetzte ihm einen weiteren Tritt. Diesmal stieß er nur noch ein Grunzen aus und dieser Mangel an Reaktion schien seinen Peiniger nur um so mehr anzustacheln. »Wird's bald?«

Riker brachte mühsam heraus: »Bitte, Sir … ich möchte … mehr …«

Der Wachmann starrte in totaler Verblüffung auf ihn herab. »Also gut … wenn Sie es wirklich wünschen …« Er wollte Riker gerade einen dritten Fußtritt verpassen, als ihn eine schneidende Stimme innehalten ließ.

»Das genügt«, sagte die Stimme.

Der cardassianische Wächter ließ den Fuß sinken und drehte sich zu der Person um, die ihn angesprochen hatte. Der Wächter, dessen Name Mudak lautete, war ein fülliger Mann, doch jeder, der ihn für verfettet gehalten hätte, wäre auf grausame Weise eines Besseren belehrt worden. Jedes Gramm auf seinen Knochen bestand aus reinen Muskeln und wenn er sich bewegte, geschah es mit überraschender Geschwindigkeit. Es kam vor, dass Mudak einen Meter entfernt mit hängenden Armen dastand, und plötzlich fand man sich am Boden wieder, ohne auch nur andeutungsweise geahnt zu haben, dass ein Schlag kommen würde.

Außerdem war er groß, aber sein bemerkenswertestes Kennzeichen waren seine Augen. Sie waren dunkel und erbarmungslos – ein Schwarzes Loch verströmte mehr Sympathie als diese Augen. Wenn Riker in diese Augen blickte, erinnerten sie ihn an die eines Hais. Sie betrachteten ihn und die anderen Gefangenen mit einem Ausdruck, der keinen Zweifel daran ließ, dass es ihm völlig gleichgültig war, ob sie lebten oder starben.

Jetzt betrachtete Mudak die Person, die ihm den Spaß verdorben hatte. Es war ein Romulaner, einen Kopf größer als Mudak, mit ergrautem Haar und einem düsteren, herrischen Blick. In Wirklichkeit hatte der Romulaner an diesem Ort der Folter keinen anderen Status als Riker. Doch seine Art und sein Verhalten drückten aus, dass er gar nicht daran interessiert war, seine untergeordnete Stellung im großen Plan zur Kenntnis zu nehmen. Ein unbeteiligter Beobachter hätte wahrscheinlich niemals erkannt, dass Mudak der Gefängniswärter und der Romulaner der Gefangene war.

Trotz der vorgeblichen Autorität des Cardassianers über den Romulaner schien Mudak nicht geneigt zu sein, diesen Punkt in seinem Sinne zu klären. Stattdessen sagte er mit einer Ruhe, die an Boshaftigkeit grenzte: »Diese Angelegenheit geht Sie überhaupt nichts an, Saket.«

Saket blickte von Riker, der immer noch am Boden lag, zu Mudak. »Sie geht mich sehr wohl etwas an, Mudak. Und Sie werden jetzt diesen Menschen in Ruhe lassen.«

»Er hat zu langsam gearbeitet«, gab Mudak zurück. »Er hat mit offenen Augen geträumt.«

Saket kam einen Schritt näher, bis sein Gesicht beinahe das von Mudak berührte. »Lassen Sie ihn träumen, Mudak. Schließlich sind Träume das Einzige, was uns an diesem Ort noch geblieben ist.«

Mudak dachte einen Moment über diese Worte nach, dann stieß er ein kehliges Lachen aus. Es war ein unheimlicher Laut, als hätte er einen Muskel benutzt, der durch langen Nichtgebrauch bereits stark geschrumpft war. Mit leiser Stimme erwiderte er knurrend: »Eines Tages werden Sie für meine Vorgesetzten jeden Nutzen verlieren, Saket. Und wenn dieser letzte Tag für Sie gekommen ist, werden Sie Ihre Arroganz teuer bezahlen müssen.«

»Wir alle werden an unserem letzten Tag bezahlen, Mudak«, sagte Saket, ohne die Ruhe zu verlieren. »Gefängniswärter und Gefangene, alle werden bezahlen.«

Mudaks Hände spielten lässig mit dem Schaft des Schockstabes, als würde er darüber nachdenken, ob er ihn Saket in die Kehle oder eine noch unangenehmere Körperöffnung rammen sollte. Doch anscheinend konnte er sich nicht zu einer solchen Tat aufraffen. Stattdessen tippte er sich mit dem inzwischen deaktivierten Ende des Stabes gegen die Stirn und nach diesem süffisanten Gruß ging er fort. Dann hockte sich Saket neben den gestürzten Riker. »Sie müssten allmählich wieder etwas in Ihren Beinen spüren können. Der Stab war auf eine relativ schwache Stufe eingestellt.«

»Das Gefühl hatte ich auch«, ächzte Riker. »Diesmal war es einfach nur qualvoll statt unerträglich qualvoll.«

»Na bitte! Sie haben bereits Ihren Humor wiedergefunden.«

Saket stand auf, packte Riker unter den Armen und wuchtete ihn hoch. Im ersten Moment spürte Riker praktisch nichts unter sich und Saket musste ihn eine Zeitlang wie eine Marionette bewegen, um ihn wieder in die Gänge zu bringen. »Ein Bein nach dem anderen«, riet Saket. »Mehr ist gar nicht nötig, mein Junge.«

Auf Sakets Drängen zwang sich Riker dazu, aus eigenem Antrieb die Beine zu bewegen, bis er mit jedem Schritt spürte, wie seine Kräfte zurückkehrten. »Gehen Sie weiter«, empfahl Saket und half Riker dabei, im Kreis zu laufen. Nach einigen Minuten entsprach Rikers Gang wieder einigermaßen seiner normalen Kondition. »Kommen Sie, Riker … wir machen einen Spaziergang, Sie und ich.« Damit marschierten die beiden langsam durch das Gefangenenlager. »Haben Sie vorhin den Verstand verloren? Als Sie sagten, Sie wollten mehr?«

»Es war … es war ein Zitat … aus einem Buch … über Waisenkinder, Oliver Twist, geschrieben von Dickens … Ich hielt es für passend … da ich in gewisser Weise auch keine Eltern mehr habe … Ich bin einfach nur … da …«

»Sie faseln, Riker.«

»Nein. Mir geht es gut … wirklich. Dickens … ein großartiger Autor … Sie sollten etwas von ihm lesen … Bleak House … die Darstellung meines Lebens … Eine Geschichte aus zwei Städten … über zwei Männer, die sich ähnlich sehen, von denen sich einer für den anderen opfert … als ich Dickens damals als kleiner Junge las … habe ich gar nicht gemerkt … wie viel Bedeutung er einmal für mich gewinnen würde …«

»Ganz wie Sie meinen, Riker«, entgegnete Saket kopfschüttelnd.

»Saket«, sagte Riker, »wir kennen uns noch nicht sehr lange. Aber wir sind Freunde … Sie dürfen mich Thomas nennen. Oder Tom, wenn es Ihnen lieber ist.«

»Um ehrlich zu sein, Riker ist mir lieber«, erwiderte Saket. »Hat mir schon immer gut gefallen. Klingt stark, der Name. Hat eine angemessene und angenehme Härte.«

»Wahrscheinlich haben Sie Recht«, räumte Riker ein. »Solange Sie mich weiterhin als Freund bezeichnen.«

Sie trotteten an einem der Deutronium-Verarbeitungszentren vorbei und Tom Riker war – nicht zum ersten Mal – von der geschickt fabrizierten Sinnlosigkeit beeindruckt, die die alltägliche Existenz im cardassianischen Arbeitslager auf Lazon II erfüllte.

Tom Riker, der absonderliche und perfekte Doppelgänger von William Riker, der durch einen ungewöhnlichen Transporterunfall während einer Rettungsaktion auf Nervala IV geschaffen worden war. Die Tatsache, dass es einen zweiten Riker gab, war schon für das Originalexemplar beunruhigend genug. Doch nach einer gescheiterten Starfleet-Karriere war Tom Riker – der diesen Vornamen seinem (beziehungsweise ihrem) gemeinsamen Mittelnamen entlehnt hatte – schließlich in der Widerstandsgruppe namens Maquis gelandet und hatte dort den Plan verfolgt, das Raumschiff Defiant zu stehlen. Die gegenwärtige Konsequenz dieses Vorhabens war seine Gefangenschaft auf Lazon II.

Lazon II war eine recht trostlose Welt, die zum überwiegenden Teil unbewohnbar war. Ein Stück der Oberfläche war durch Terraforming in einen Ort verwandelt worden, an dem Humanoide überleben konnten, und dort verbüßten Tom Riker, Saket und etwa fünfzig oder sechzig weitere Feinde des cardassianischen Staates ihre lebenslangen Freiheitsstrafen. Allerdings war niemals offiziell von einer lebenslangen Strafe die Rede gewesen. Normalerweise gab es eine Höchstgrenze, die bei zwanzig oder dreißig Jahren lag. Doch bedauerlicherweise war die Sterblichkeitsrate auf Lazon II recht hoch. Eine Verbannung nach Lazon II kam infolgedessen faktisch einem Todesurteil gleich.

Lazon II war ursprünglich gar nicht als Arbeitslager geplant gewesen. Ursprünglich hatte der Planet das spezielle Interesse der Cardassianer geweckt, weil er reich an Deutroniumerz war. Veredeltes Deutronium war ein begehrter Treibstoff für verschiedene cardassianische Waffensysteme und einige frühere Modelle ihrer Kriegsschiffe gewesen. Da die Cardassianer die Deutronium-Vorräte auf Welten wie Preplanus längst ausgebeutet hatten, war die Entdeckung einer beträchtlichen Deutronium-Lagerstätte auf Lazon II stürmisch begrüßt worden. Das Terraforming-Projekt war sehr bald in Angriff genommen worden …

… um dann im Sande zu verlaufen. In der Zwischenzeit hatte es Fortschritte in der cardassianischen Technologie gegeben und Deutronium wurde nur noch in peripheren Bereichen als Energiequelle eingesetzt. Der größte Teil der Waffen und anderer Dinge, die man mit Deutronium betrieben hatte, waren obsolet geworden.

An diesem Punkt war die Entscheidung gefallen, Lazon II in eine Strafkolonie und ein Arbeitslager zu verwandeln. Und dieses Vorhaben wurde auf meisterhafte Weise in die Tat umgesetzt, denn schwere Arbeit war schon schlimm genug, aber schwere Arbeit ohne wahren Sinn war noch viel schlimmer. Die Insassen des Gefängnisses auf Lazon II verbrachten einen endlosen Tag nach dem anderen damit, in einem Klima zu arbeiten, das übergangslos zwischen glühender Hitze und Eiseskälte wechselte. Die Klimakontrolle lag in den Händen der Wärter, und dank der Terraforming-Ausrüstung, die ihren kleinen Sektor der Galaxis beherrschte, konnten sie sich nach Belieben diesem angenehmen Zeitvertreib hingeben. Die Arbeit bestand darin, sich gewaltige Brocken aus Deutroniumerz vorzunehmen und sie mit Hilfe manuell eingesetzter Erzzertrümmerer in kleine, handlichere Stücke zu zerlegen. Diese Stücke wurden dann mit der Hand in glühend heiße Raffinerien befördert, die unglaublich veraltet waren. Es war so, als würde man mittels eines Impulsantriebes eine interstellare Reise unternehmen, während man sehr wohl wusste, dass es für jeden außer einem selbst die Möglichkeit gab, sich mit Überlichtgeschwindigkeit fortzubewegen. Große Mengen an Deutronium, die mit modernen Maschinen innerhalb weniger Minuten verarbeitet werden konnten, beanspruchten hier Tage oder gar Wochen. Obendrein war die Verarbeitung gefährlich, da die uralten Maschinen dazu neigten, auf spektakuläre Weise zu versagen. Dabei wurden gewöhnlich ein oder zwei Arbeiter getötet, bevor man die neueste Fehlfunktion in den Griff bekommen konnte. Und nachdem das Deutronium für den technischen Einsatz bereit war, lag es haufenweise in cardassianischen Lagerhäusern herum, denn das Angebot an Deutronium überstieg bei weitem die Nachfrage. Um es kurz zu machen: All die Anstrengungen, die die Gefangenen von Lazon II auf sich nehmen mussten, waren letztlich nur eine gigantische Zeitverschwendung. Und das wussten die Gefangenen nur zu gut. Dieser Umstand sollte zur Untergrabung ihrer Moral beitragen – und dieser Aspekt des Lagers funktionierte mit bemerkenswerter Effizienz.

Sie kamen an den furchterregenden Zwillingstürmen vorbei, die zum Verteidigungssystem von Lazon II gehörten. Das Lager war zusätzlich durch ein Kraftfeld gesichert, das jedoch nur ein passives Schutzsystem darstellte. Riker blickte auf, als Licht von den Mündungen der riesigen Pulsstrahler reflektiert wurde, die in der Lage waren, jedem angreifenden Schiff katastrophalen Schaden zuzufügen. Außerdem gab es einen Sensorenscrambler, eine recht heimtückische Vorrichtung, die es unmöglich machte, irgendeine Person auf der Planetenoberfläche mit dem Transporter zu erfassen, sei es über Kommunikator oder direkte Sensorpeilung. Zum Beispiel gab es einen Andorianer auf Lazon II. Unter normalen Umständen konnte ein andorianisches Rettungsschiff das Kraftfeld mit einem gezielten Angriff ausschalten, um dann die Zielperson ins Schiff zu beamen, während es sich außerhalb der Reichweite der Pulsstrahler aufhielt. Ein solcher Plan wurde durch den Scrambler vereitelt, denn die Retter müssten sich schon persönlich auf den Planeten begeben, um den zu Rettenden abzuholen, doch bis es dazu kam, hätten die Strahler das angreifende Schiff längst in eine Trümmerwolke verwandelt.

Da Transporter somit auf Lazon II nicht zuverlässig arbeiteten, erfolgte der Zugang zum Lager ausschließlich über Shuttles und verschiedene andere Fahrzeuge, die auf einem nicht weit entfernten Landeplatz stationiert waren. Aber dieser Landeplatz wurde natürlich streng bewacht …

… obwohl Riker aufgefallen war, dass sich dort in letzter Zeit weniger Wachen als gewöhnlich aufhielten. Er hatte den Eindruck, dass Personal von Lazon II abgezogen wurde, als hätten die cardassianischen Streitkräfte einen dringenderen Bedarf an anderer Stelle. Vielleicht bildete er es sich nur ein, aber das glaubte er nicht. In Anbetracht der zahlreichen Sicherungssysteme des Lagers fielen ein paar Männer weniger ohnehin kaum ins Gewicht.

Die kleine schäbige Hütte, die sich Riker und Saket mit fünf weiteren Insassen teilten – die zur Zeit alle im Arbeitseinsatz waren –, bot ihnen kaum irgendeine Art von Schutz. Es gab zahllose Ritzen, durch die der kalte Wind pfeifen konnte, wenn die Wärter es sich in den Kopf setzten, sie mit unangenehmem Wetter zu quälen. Wenn es dagegen heiß war, gelang es der Hütte auf rätselhafte Weise, alle Hitze zu speichern, wodurch sie zu einem Backofen wurde. Alle Hütten besaßen diese Eigenschaften.

Heute war zufällig ein kalter Tag, obwohl sich Riker nicht sicher war, in welchem Umfang die Kälte auf das Wetter oder nur seine vorübergehend geschwächte Widerstandsfähigkeit gegen harte Witterungsverhältnisse zurückzuführen war.

»Was glauben Sie, wie lange man uns hier drinnen in Ruhe lässt?«, fragte Riker verbissen.

»Lang genug, um nach Luft zu schnappen und wieder zu Kräften zu kommen«, antwortete Saket. Dann betrachtete er Tom Riker nachdenklich. »Sagen Sie mir, Riker … als Sie hier eintrafen, schienen Sie mit Ihrer Situation sehr zufrieden zu sein. Sie haben ein Föderationsraumschiff gestohlen, wenn ich mich nicht irre.«

»Die Defiant«, sagte er und nickte. »Ich hatte vor, es gegen die Cardassianer einzusetzen.«

»Weil Sie sich dem Maquis angeschlossen hatten. Richtig?«

Wieder nickte Riker.

»Und als Ihr Plan nicht aufging, beschlossen die Cardassianer, Sie zu exekutieren, doch dann erwischten Sie eine Glückssträhne und« – er deutete mit einer Geste auf ihre Umgebung – »landeten schließlich an diesem netten Plätzchen.«

»Damals erschien es mir als glückliche Fügung des Schicksals«, sagte Riker wehmütig. Er rieb sich die Schenkel, um dafür zu sorgen, dass sich die Blutzirkulation wieder normalisierte.

Saket lachte leise – das hieß, er gab ein Geräusch von sich, das unter Romulanern als leises Lachen galt. Schließlich waren die Romulaner nicht gerade für ihre ausgeprägte Heiterkeit bekannt. »Es wäre besser für Sie gewesen, wenn Sie zu jenem Zeitpunkt das Leben verloren hätten. Erheblich besser.«

»Ich werde in absehbarer Zeit von hier verschwinden.« Riker nickte entschieden, doch es war schwierig zu erkennen, ob er wirklich daran glaubte oder nur sich selbst davon zu überzeugen versuchte. »Glauben Sie mir, Saket, ich werde mein Leben nicht auf diesem öden Felsbrocken beschließen. Das weiß ich genau. Mein Schicksal hat etwas Besseres für mich vorgesehen.«

»Und das wäre …?«

»Etwas Besseres.« Dann beobachtete er Saket eine Zeitlang mit unverhohlener Neugier. Er fand es höchst merkwürdig, dass sich eine so starke Verbundenheit zwischen ihm und dem Romulaner entwickelt hatte. Riker war bislang immer der Ansicht gewesen, dass Romulaner generell hintertrieben, feige und konfrontationsscheu waren, es sei denn, die Chancen standen für sie so günstig, dass ein Fehlschlag im Grunde gar nicht möglich war.

Saket dagegen schien aus völlig anderem Holz geschnitzt zu sein. Er hatte etwas Würdevolles an sich, eine große Selbstbeherrschung und sogar etwas Nobles. Der für Riker möglicherweise erfrischendste Aspekt war Sakets Aufrichtigkeit. Saket schien nur wenig bis gar nichts für die Romulaner des modernen Imperiums übrig zu haben. Er hatte Riker irgendwann erklärt, dass das Romulanische Reich seiner Ansicht nach im Laufe seiner Entwicklung einen völlig falschen Weg eingeschlagen hatte. Insbesondere schien er die Klingonen für die gegenwärtige Situation verantwortlich zu machen.

»Unsere Allianz hatte Auswirkungen auf beide Völker«, hatte Riker einmal von Saket gehört. »Wir haben voneinander gelernt, doch bedauerlicherweise hat unsere Seite dabei nicht profitiert. Wir waren ein besseres, stärkeres und anständigeres Volk, bevor wir uns mit den Klingonen verbündeten. Eine ganze Generation unserer Führungsschicht wuchs während der Zeit der Allianz auf und lernte von den Klingonen, sich mit Diebstahl, Feigheit und Mangel an Vertrauenswürdigkeit durchs Leben zu schlagen. Den Klingonen dagegen wurde bewusst, wie wir von anderen Völkern gesehen wurden. Sie erkannten, dass unsere Ehre, unsere Strategie und unsere Erziehung uns in den Augen anderer zu etwas Besonderem machten. Also äfften sie diese Eigenschaften nach, um ihr Ansehen bei anderen Völkern zu steigern, um uns schließlich fallen zu lassen, nachdem sie uns unserer Waffen und unseres ureigenen Charakters beraubt hatten. Sie sind Parasiten, Riker, nichts als Parasiten. Merken Sie sich meine Worte: Die Klingonen werden Ihre Föderation auf genau die gleiche Weise zerstören, wie sie uns zerstört haben. Wenn Sie ihnen vertrauen, sind Sie Narren. Ich muss es wissen, denn wir haben ihnen vertraut und uns damit als Narren erwiesen.«

Riker war sich nicht völlig sicher, in welchem Umfang er Sakets Argumente akzeptieren konnte, aber auf jeden Fall waren seine Worte faszinierend genug, um ihm weiter zuzuhören. Saket wiederum schien dankbar, dass er ein Publikum gefunden hatte.

Die Taubheit schien sich größtenteils aus Rikers Beinen zurückgezogen zu haben. Als er aufstand, warf er Saket einen neugierigen Blick zu und erkundigte sich nicht zum ersten Mal: »Wie machen Sie das?«

»Wie mache ich was?«, fragte Saket zurück, während er eine Augenbraue hob.

»Wie machen Sie sich zum Unberührbaren? Ich habe es gesehen; wir alle haben es gesehen. Die Wachen legen niemals Hand an Sie, geschweige denn einen Schockstab. Sie sagen den Cardassianern offen Ihre Meinung, ohne sich um Ihre persönliche Sicherheit zu bekümmern. Die Wachen funkeln Sie wütend an, sie grollen … aber sie unternehmen nichts gegen Sie. Wie machen Sie das? Was ist Ihr Geheimnis?«

»Ich bin beliebt«, erklärte Saket.

»Niemand kann so beliebt sein – und schon gar nicht bei Cardassianern.«

Saket schien Riker eine Weile nachdenklich zu mustern. Dann blickte er nach links und rechts, als wollte er sicherstellen, dass niemand in der Nähe war und ihr Gespräch belauschte. Dann beugte er sich vor und sagte sehr leise: »Ich weiß Dinge.«

»Sie wissen Dinge?« Das entsprach nicht unbedingt der klaren Antwort, die Riker erhofft hatte. »Was für Dinge?«

»Dinge, die auch die Cardassianer gerne wüssten. Dinge über die Herrscher des Romulanischen Reichs. Und auch Dinge über wichtige Persönlichkeiten im Cardassianischen Reich.« Er lächelte dünn. »Ich bin ein Spion, Riker. Ich war es die meiste Zeit meines Lebens. Ich weiß sehr viele wichtige Dinge. Damit besitze ich für sie einen gewissen Nutzwert.«

»Tatsächlich? Nun, ich weiß nicht, ob ich sehr viele wichtige Dinge weiß … aber etwas, von dem ich mit Sicherheit weiß, ist das außergewöhnliche Geschick der Cardassianer, Informationen in ihren Besitz zu bringen. In dieser Hinsicht haben sie es sehr weit gebracht; manche behaupten sogar, es sei ihre größte Leidenschaft.«

»Das ist nur zu wahr. Ihr Ruf ist keineswegs übertrieben, sondern wohlbegründet.«

»Und wenn dem so ist«, sagte Riker mit Nachdruck, »warum haben die Cardassianer ihr Geschick dann noch nicht bei Ihnen eingesetzt?«

»Wir haben eine … Vereinbarung, die Cardassianer und ich. Von Zeit zu Zeit antworte ich ihnen auf bestimmte Fragen, gebe ihnen winzige, aber entscheidende Informationen … die in erster Linie ihr eigenes Volk betreffen. Wissen Sie, die Cardassianer sind untereinander sehr misstrauisch. Das wird irgendwann zu ihrem Niedergang führen, wie ich denke. Als Gegenleistung für diese Informationen erhalte ich zwar nicht die Freiheit … aber meine Gefangenschaft ist nach cardassianischen Maßstäben keine besonders schwere Bestrafung. Wie Sie vielleicht bemerkt haben, werden mir auf Lazon II keine wirklich schwierigen oder unangenehmen Arbeiten zugeteilt. Dazu sind, wie ich fürchte, die nicht so begabten Individuen wie Sie da.«

Riker schüttelte den Kopf. »Ich verstehe es trotzdem nicht. Warum versuchen die Cardassianer nicht, Ihnen gewaltsam jedes Stückchen Information zu entreißen, das in Ihrem Kopf steckt?«

»Weil ich weit gereist bin und einige sehr interessante Dinge gelernt habe, Riker. Und dazu gehört die Fähigkeit …« Er lächelte, was bei Romulanern immer etwas seltsam wirkte, weil ihr Aussehen so sehr dem von Vulkaniern glich. »… die Fähigkeit zu sterben.«

»Sie meinen, ehrenvoll?« Riker hatte es offensichtlich nicht verstanden.

»Ich meine …« Saket beugte sich vor, während er die Finger beider Hände verschränkte. »… dass ich meinem Leben jederzeit ein Ende setzen kann … mit einem Gedanken.«

Riker wusste nicht, was er davon halten sollte. »Nun, dazu dürfte jeder von uns in der Lage sein, Saket.«

»Nein, Sie haben es nicht verstanden. Sogar in Ihrem Volk sind Techniken bekannt, meditative Fähigkeiten, durch die man sich in einen so tiefen Zustand der Meditation versetzen kann, dass kaum noch ein Herzschlag zu registrieren ist.«

»Ja, ich weiß.«

»Was mich betrifft«, fuhr Saket fort, »so kann ich mein Herz anhalten … meine Körperfunktionen einstellen … und sterben, wenn ich es möchte. Die Cardassianer sind sich dessen bewusst, vor allem, nachdem ich es ihnen demonstriert habe.«

»Sie sind … gestorben …?«

»Fast. Ich ließ es zu, wiederbelebt zu werden. Es war ein interessanter Anschauungsunterricht für sie. Wissen Sie, Riker, die Cardassianer können manchmal sehr vernünftig sein. Tot würde ich ihnen überhaupt nichts nützen. Wenn sie mich foltern wollten, würde ich meinem Leben einfach durch reine Willenskraft ein Ende setzen. Also helfe ich ihnen bei kleinen Dingen, die dem Romulanischen Reich nicht zum Nachteil gereichen, während ich geduldig auf den Tag meiner Befreiung warte.«

»Aber wieso sind Sie dann immer noch hier? Sie könnten doch einfach damit drohen, Selbstmord zu begehen, wenn man Sie nicht freilässt.«

Saket bedachte ihn mit einem leicht mitleidigen Blick, als wäre er überrascht, dass Riker eine so dumme Frage stellte. »Wenn ich frei bin, hätte ich für sie keinen Nutzen mehr. Ich könnte ihnen vielleicht sogar schaden. Lebendig bin ich ihnen nützlicher als tot, aber sie würden mich lieber töten als mich freizulassen. Meine Begabung macht mich zum Gefangenen.«

»Ich verstehe. Also haben Sie eine Art Waffenstillstand vereinbart.«

»In gewisser Weise. Wie lange dieser Zustand andauern wird, ist schwer zu sagen. Es ist möglich, dass die Cardassianer eines Tages die Geduld verlieren oder dass ein Wechsel in den Machtverhältnissen …«

Plötzlich flog die Tür der Hütte auf. Mudak stand im Eingang und hatte die Unterlippe zu einem ungeduldigen Knurren verzogen. »Ihre Beine müssten sich inzwischen erholt haben«, sagte er barsch. »Warum sind Sie immer noch hier?«

»Kein Grund zur Besorgnis«, entgegnete Saket. »Wir sind in wenigen Augenblicken bei Ihnen, Mudak.«

»In wenigen Augenblicken. Wirklich entzückend!« Mudaks Gesicht spannte sich für einen Moment an, dann drehte er sich um und machte die Tür von draußen zu.

»Sie reizen ihn, Saket«, sagte Riker besorgt. »Früher oder später …«

»Früher oder später wird er zerbrechen«, sagte Saket, dem die Ironie keineswegs entgangen war. »Das, Riker, ist meine sehnsüchtigste Hoffnung.«

»Warum, Saket?«

»Warum es meine sehnsüchtigste Hoffnung ist?« Doch dann merkte er Rikers Tonfall an, dass er die Frage ganz anders gemeint hatte.

»Nein«, sagte Riker. »Warum ich? Manchmal habe ich das Gefühl, als hätten Sie mich zu Ihrem privaten Forschungsprojekt erwählt. Sie haben meine Nähe gesucht … sich mit mir angefreundet, sofern der Begriff ›Freundschaft‹ hier angemessen ist …«

»Und Sie möchten gerne wissen, warum.« Saket zuckte die Schultern. »Auch ich habe mir diese Frage gestellt, Riker. Aber ich habe keine klare Antwort gefunden. Manchmal spüre ich etwas in anderen Personen. Eine Ahnung, dass sie irgendwie eine wichtige Rolle im großen Plan spielen werden. Vielleicht liegt es daran, dass Sie hier als einziger Mensch die Föderation vertreten. Allein das macht Sie zu etwas Besonderem. Und wenn Sie für Starfleet eine solche Persona non grata geworden sind, dass man Sie einfach Ihrem Schicksal überlässt, hier im Herz der Finsternis … dann sind diese Umstände für mich eine gewichtige Empfehlung, Sie als möglichen Verbündeten in Betracht zu ziehen.«

»Starfleet hat mich nicht im Stich gelassen«, erwiderte Riker schroff. »Ich habe Starfleet verlassen. Ich …«

»Warum? Sie haben niemals über die wahren Gründe gesprochen und ich hatte niemals den Wunsch, Sie dazu zu drängen. Aber warum …?«

Riker starrte ins Nichts und erschauderte, als sich die kalte Luft energischer als zuvor durch die Ritzen in der Hütte drängte. »Ich bin der nicht eingeschlagene Weg.«

»Wie bitte?« Saket hob verständnislos eine Augenbraue.

»Auf Kanubus Drei gibt es eine Religion«, sagte Riker nach einer Weile, »die den totalen Hedonismus predigt.«

»Das klingt in meinen Ohren gar nicht so furchtbar«, sagte Saket lächelnd, jedoch ohne vorzugeben, er hätte verstanden, worauf Riker hinauswollte.

»Sie tun einfach, was ihnen in den Sinn kommt«, erklärte Riker, »ganz gleich, was es ist. Für sie ist nichts von Bedeutung, weil Sie an die Idee des Multiversums glauben. Sie sind überzeugt, dass nichts eine Rolle spielt, denn jedes Mal, wenn man eine bestimmte Entscheidung trifft, entscheidet man sich in einem anderen Universum, einen ganz anderen Weg zu gehen. Nun … ich bin eine Art in sich geschlossenes alternatives Universum. In einer Variante der Wirklichkeit ging ich in eine bestimmte Richtung. Ich wurde der ideale Starfleet-Offizier, pflichtbewusst und zuverlässig. Und da ich diesen Weg bereits beschritten hatte … war mir, als müsste ich etwas ganz anderes tun, um meinen eigenen Lebensweg zu verfolgen. Ich fühlte mich nicht in der Lage, einen Aufguss zu machen, mein Leben einfach nur zu wiederholen.« Er blickte in Sakets Gesicht und musste unwillkürlich grinsen. »Sie haben nicht die geringste Ahnung, wovon ich rede, nicht wahr?«

»Nein – was Sie betrifft. Nicht den blassesten Schimmer«, gab Saket zu. »Aber ich bin mit der Idee alternativer Universen vertraut. Nur zu gut. Ich kenne sogar eine Frau, die ihre Existenz einem alternativen Universum verdankt. Sie hat mir sehr viel bedeutet … das heißt, sie tut es immer noch.«

»Jetzt habe ich nicht den blassesten Schimmer, wovon Sie reden«, sagte Riker. »Wie kann jemand seine Existenz einem alternativen Universum verdanken?«

»Die Sache ist … recht kompliziert. Diese Geschichte heben wir uns für ein andermal auf. Kommen Sie. Nicht einmal ich möchte Mudaks Geduld zum gegenwärtigen Zeitpunkt zu sehr strapazieren.« Riker nickte und folgte Saket nach draußen.

Und nur wenig später war die Hölle los. Saket starb und Tom Riker starrte in die Mündung eines Phasers, während nur ein zittriger Finger am Auslöser zwischen ihm und dem sofortigen Tod stand …

Kapitel 2

»Nette Landung.« Die ersten paar Millionen Male oder so und das war nur eine leichte Übertreibung, was sie betraf , als Deanna Troi diese Bemerkung gehört hatte, war sie mehr als nur ein wenig verärgert gewesen. Sie hatte niemals behauptet, eine Befähigung zur Pilotin zu besitzen, nicht einmal unter den günstigsten Voraussetzungen, und dass sie ihre erste derartige Erfahrung mit einer angeschlagenen Enterprise machte, die sich bereits auf schlingerndem Kollisionskurs mit der Oberfläche von Veridian III befand, war nicht gerade ein fairer Test für die Befähigung eines Neulings auf diesem Gebiet. Counselor Troi war überzeugt, dass sie es unter überschaubaren Bedingungen mit genügend Zeit und Gelegenheit zum Trainieren ohne große Probleme zu einem überzeugenden Navigationsoffizier gebracht hätte. Stattdessen war sie nun mit einer Situation konfrontiert, in der selbst die erfahrenste Hand am Ruder nichts hätte unternehmen können, um die Enterprise 1701-D vor dem Sturz ins Verderben zu bewahren.

Während die mitgenommene und abgekämpfte Besatzung ein provisorisches Lager auf Veridian III aufschlug, um auf ihre Rettung zu warten, war Deanna zwischen den Leuten herumgegangen und hatte versucht, ihre Sorgen zu beschwichtigen, sie davon zu überzeugen, dass Hilfe unterwegs war, und vielen der Zivilisten geholfen insbesondere den jüngeren Kindern , die schwer mit der Tatsache zu kämpfen hatten, dass ihr Heim, das einzige Heim, das viele von ihnen jemals gehabt hatten, vom Himmel gestürzt war wie ein verwundeter Spatz nach der Attacke eines klingonischen Kampfschiffs. Der Rumpf des Schiffes war aufgrund eines Warpkern-Kollapses explodiert, während das Diskussegment in die Atmosphäre von Veridian III gestürzt war, mit Troi an der Navigation, um über die Planetenoberfläche zu schlittern, wie ein gigantischer Diskus, der von einem noch gigantischeren griechischen Olympioniken geworfen wurde. Die scheinbar endlose Bruchlandung hatte irgendwann doch geendet und nun empfand es Troi als ihre Aufgabe, sich nach besten Kräften um die geistige Gesundheit der Besatzungsmitglieder zu kümmern.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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