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Die Hochzeit von Jean-Luc Picard und Doctor Beverly Crusher war eine kleine, unaufgeregte Angelegenheit. Zumindest hatte das Paar seinen Freunden das immer erzählt. Doch an ihrem Hochzeitstag quetschen Worf und Geordi La Forge die wahre Geschichte aus den beiden heraus und stoßen auf eine Geschichte über einen mystischen Schatz und eine verlorene Zivilisation im Delta Quadranten. Alles beginnt damit, dass das omnipotente Wesen Q die Hochzeit sprengt und sich selbst zum Trauzeugen ernennt - einen widerwillen Überraschungsgast für den Bräutigam im Schlepptau...
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Seitenzahl: 146
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RUDY JOSEPHS
Based onStar Trek: The Next Generationcreated by Gene Roddenberry
Ins Deutsche übertragen vonSusanne Picard
Die deutsche Ausgabe von STAR TREK – THE NEXT GENERATION: Q SIND HERZLICH AUSGELADEN wird herausgegeben von Amigo Grafik, Teinacher Straße 72, 71634 Ludwigsburg.
Herausgeber: Andreas Mergenthaler und Hardy Hellstern, Übersetzung: Susanne Picard; verantwortlicher Redakteur und Lektorat: Markus Rohde; Lektorat: Katrin Aust und Gisela Schell.
Titel der Originalausgabe: STAR TREK – THE NEXT GENERATION: Q ARE CORDIALLY UNINVITED
German translation copyright © 2017 by Amigo Grafik GbR.
Original English language edition copyright © 2014 by CBS Studios Inc. All rights reserved.
™ & © 2017 CBS Studios Inc. STAR TREK and related marks and logos are trademarks of CBS Studios Inc. All Rights Reserved.
This book is published by arrangement with Pocket Books, a Division of Simon & Schuster, Inc., pursuant to an exclusive license from CBS Studios Inc.
ISBN 978-3-86425-906-7 (Februar 2017)
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Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Während seiner Dienstjahre in der Sternenflotte hatte Jean-Luc Picard, Captain des Raumschiffs Enterprise, einige der schönsten Welten der Föderation besucht. Er war einer der wenigen Menschen, die die großartigen Eishöhlen Andors während der Mittagszeit zu Gesicht bekommen hatten, wenn das Sonnenlicht durch die tiefen Spalten in die Höhlen hineinfiel und die Stalaktiten und Stalagmiten in den brillantesten Farben funkeln ließ. Er hatte sich auf Empfehlung seines ehemaligen Ersten Offiziers die kühle Gischt der Janarianischen Fälle auf Betazed ins Gesicht wehen lassen. Und die Schönheit Risas wurde nur übertroffen von dem außergewöhnlichen Abenteuer – und ein klein wenig mehr –, das ihm dort widerfahren war. Aber gleichgültig, wie viele Planeten in wie vielen Sonnensystemen Captain Jean-Luc Picard besucht hatte, keine der spektakulären Landschaften, die er während seiner Zeit in der Sternenflotte gesehen hatte, ließ sich mit der atemberaubenden Schönheit eines Sonnenuntergangs in der Heimat seiner Vorfahren vergleichen, La Barre, Frankreich, auf der Erde.
Die Weinberge der Familie Picard zu besuchen glich einem Ausflug in vergangene Jahrhunderte. Sie mochten alle modernen Bequemlichkeiten aufweisen, mit denen man den Weinanbau leichter machen konnte, aber die metallenen Silos und das komplexe Bewässerungssystem traten in den Hintergrund. Alles, was er sehen konnte, war das Land. Die endlosen Reihen der Weinreben mit den tiefvioletten Trauben und den smaragdgrünen Blättern, die sich so wenig ähnelten wie eine Schneeflocke der anderen. Der fruchtbare Boden, auf dem sie wuchsen, fühlte sich weich, ja sogar federnd unter seinen Füßen an. Der Geruch von Trauben ließ in Jean-Luc regelmäßig Kindheitserinnerungen wach werden, in denen er und sein Bruder Robert in den Weinreben Verstecken gespielt hatten.
Gerade heute war es besonders einfach, sowohl die schillernden Farben in den Eishöhlen, als auch das dramatische Donnern der betazoidischen Wasserfälle und den einzigartigen Charme Risas zu vergessen. Das hatte jedoch nur wenig mit der Aussicht auf die Landschaft zu tun. Heute wurde gefeiert. Es war eine kleine Feier, aber eine sehr wichtige, die hoffentlich half, die Trauer der Vergangenheit vergessen zu machen.
Picards Besuche zu Hause waren schwierig geworden, seit sein Bruder Robert und besonders sein kleiner Neffe René gestorben waren. Er hatte ihre Gräber besucht, wann immer er nach La Barre gekommen war, hatte aber den Teil des Hauses, in dem die beiden im Feuer umgekommen waren, nach Möglichkeit gemieden. Das Haus war neu aufgebaut worden, am Gebäude waren keine Spuren zurückgeblieben, doch Picard spürte die Tragödie in jeder neu replizierten Holzplanke und in der viel zu perfekten Wandfarbe.
Aber das hier war kein Wochenende, um sich mit denen zu beschäftigen, die man verloren hatte. Heute war es Zeit, in kleinem Rahmen zu feiern, was er viel zu lange vor sich hergeschoben hatte. Es war an der Zeit, neue Erinnerungen zu schaffen und in die Zukunft zu sehen.
In Gedanken versunken wandte sich Picard vom Fenster des Standesamts des kleinen Rathauses ab. Von diesem Fenster aus konnte er sein Elternhaus sehen, ganz dort hinten, wo sich die Hügel in der Ferne verloren. Wie die Weinberge der Picards gab es das kleine Rathaus von La Barre schon seit Jahrhunderten. Hier wurden die Geschäfte des kleinen, provinziellen Ortes geleitet, angefangen von den kleinen Streitereien der Landbesitzer bis zu den fröhlichen Hochzeiten der Bewohner. Und es war Letzteres, das Picard heute hierher gebracht hatte.
Streichmusik übertönte das leise Rascheln der Vorhänge in der Abendbrise, Kanon und Gigue für drei Violinen und Basso Continuo. Ein Lächeln huschte über Picards Gesicht, als er sich daran erinnerte, dass René einst vorgeschlagen hatte, Lautsprecher in den Feldern zu installieren. Er hatte geglaubt, dass die Reben so besser wachsen würden. Es war ihm ernst gewesen mit diesem Plan und er hatte so fest daran geglaubt, dass er, als Robert das rundheraus abgelehnt hatte, geschworen hatte, es selbst zu tun, wenn ihm der Weinberg erst einmal gehörte. Picard musste sich eingestehen, dass ein paar Erinnerungen vielleicht doch am heutigen Tag akzeptabel waren. Roberts Witwe, Marie, hatte die Musik ausgesucht. Picard hatte nicht einmal das für die einfache Zeremonie gewünscht, aber sie hatte darauf bestanden. Marie saß zusammen mit Rose Bonnaire, einer Freundin, die Picard schon seit Jahren nicht mehr gesehen hatte, in der ersten der wenigen Reihen aufgestellter Stühle.
Picard lächelte sie beide von seiner Position vorne im Raum an. Er trug einen einfachen, aber eleganten Anzug, der aussah, als stamme er aus dem gleichen Zeitalter, in dem man auch das Rathaus gebaut hatte. Das war einfach keine Gelegenheit für Gardeuniformen. Hier in La Barre war Picard kein Offizier der Sternenflotte, sondern einfach nur Jean-Luc.
Der Bürgermeister von La Barre, Henri Bonnaire, der gleichzeitig auch Rose’ Ehemann war, stand neben ihm. In weiten Teilen Frankreichs war es für den Bürgermeister nicht üblich, die standesamtlichen Trauungen zu leiten. Aber La Barre war nicht gerade eine große Stadt und Picard und er hatten eine gemeinsame Vergangenheit. In der Schule waren sie Freunde gewesen. Nicht die besten Freunde, aber man kannte sich. Ihre Freundschaft hätte sich wahrscheinlich im Laufe der Jahre verloren, aber die Tatsache, dass Henri die meiste Zeit seines Lebens Ortsvorsteher dieses Dorfs gewesen war, hatte das verhindert. Es war nur natürlich, dass er den Captain des Flaggschiffs der Föderation bei Picards allzu seltenen Besuchen in der Heimat willkommen hieß, wie Robert nicht müde wurde festzustellen, wenn Lean-Luc zu Besuch kam. Immerhin war unmöglich zu ignorieren, dass Picard ein Offizier der Sternenflotte war. Aber diese Würdigung durch Henri hatte dazu geführt, dass Jean-Luc und Bonnaire sich über die Jahrzehnte hinweg nicht aus den Augen verloren hatten, und so war es nur richtig, dass der Bürgermeister heute anwesend war.
Die Musik erreichte ein Crescendo, als ein Anblick zur Tür hereinschwebte, der Jean-Luc schöner vorkam als der Anblick des Anwesens seiner Familie in der Ferne. Doktor Beverly Crusher trug ein beiges Kleid und dazu einen Strauß magentafarbener Dahlien und schritt den kurzen Gang zwischen ihren Trauzeugen hinab, die nun bei der Ankunft der Braut aufstanden. Auch das war nicht unbedingt Teil einer gewöhnlichen standesamtlichen Trauung, aber Marie hatte auf etwas Eleganz und Tradition bestanden.
Es war nicht das erste Mal, das Jean-Luc Beverly einen solchen Gang zu sich hinabschreiten sah. Vor Jahrzehnten hatte er zu den Trauzeugen von Jack Crusher und Beverly Howard gehört und neben Walker Keel, der das Paar miteinander bekannt gemacht hatte, gestanden. Jean-Lucs enge Freundschaft mit Jack hatte ihn davon abgehalten, seine Gefühle auch Jahre nach dessen Tod auszusprechen. Doch als er sie nun sah, in diesem Kleid mit dem einnehmenden Lächeln auf dem Gesicht, hasste er sich dafür, dass er so viele Jahre verschwendet hatte. Es schien weitere Jahre zu dauern – auch wenn es wohl nur Sekunden waren –, bis Beverly neben Jean-Luc trat. Sie nahm seine Hände in ihre und sah ihm in die Augen. Plötzlich war die Zeit vergessen, als der Bürgermeister mit der kurzen Zeremonie begann.
„Willst du, Jean-Luc Picard, die hier anwesende Beverly Crusher zur Frau nehmen?“, fragte er in der ursprünglichen Landessprache, die von den Universalübersetzern in Föderationsstandard übersetzt wurde.
„Oui“, erwiderte Picard.
„Und willst du, Beverly Crusher, den hier anwesenden Jean-Luc-Picard zum Mann nehmen?“
Sie legte den Kopf leicht auf die Seite und warf Picard ein kurzes Lächeln zu. „Oui“, erwiderte auch sie.
„Dann bitte ich euch nun, die Ringe zu tauschen“, erklärte der Bürgermeister, nahm die Ringe vom Tisch hinter ihm und präsentierte sie dem Paar.
Picard nahm den Ring von Beverly entgegen und ergriff dann ihre Hand. Wortlos ließ er den Ring auf ihren Finger gleiten, als hätte er schon immer dort hingehört. Ohne zu zögern tat Beverly das Gleiche. Auf Crushers Vorschlag hin hatten sie beschlossen, die gegenseitigen Versprechen zu überspringen. Sie drückten ihre Liebe jeden einzelnen Tag auf tausend verschiedene Arten aus, sei das nun in Wort oder Tat. Es schien einfach nicht angebracht, sich in blumigen und formellen Worten die gegenseitige Zuneigung zu versichern, wenn es sich doch eigentlich nur um eine rechtliche Prozedur handelte.
Henri wandte seine Aufmerksamkeit den Trauzeugen zu, stellte eine rasche Frage und erklärte dann das Paar für verheiratet. Damit war die offizielle Zeremonie beendet. Sie war kurz gewesen. Effizient. Genau, wie das Paar es sich gewünscht hatte. Aber Henri sah Picard an und wies ihn so darauf hin, dass es noch etwas zu erledigen gab. Picard konnte dem nur beipflichten. Marie und Rose erhoben die Hände zu einem höflichen Applaus, als das Paar nun den ersten offiziellen Kuss als Ehemann und Ehefrau austauschte. Das Klatschen wurde lauter, als sich weitere Gäste dem Beifall anschlossen. Pfiffe und Jubelschreie kamen hinzu. Und ein gutturales feierliches Heulen riss Picard aus der zärtlichen Erinnerung, in der er gerade geschwelgt hatte.
„Computer“, sagte eine Stimme, als das Heulen verstummt war. „Programm einfrieren.“
Jean-Luc und Beverly erstarrten plötzlich mitten in ihrem Kuss.
„Ich weiß ja nicht“, begann Geordi La Forge und trat unter den Rosenbogen neben das eingefrorene Paar. „Es war eine wunderbare Zeremonie … keine Sperenzchen, wie Sie es wollten. Aber … das soll ein Kuss gewesen sein? Da habe ich doch etwas mehr Leidenschaft erwartet, Captain.“
„Leidenschaft fehlte definitiv“, pflichtete Commander Worf ihm bei. „Nicht ein einziger Knochen wurde gebrochen.“
„Ich hätte eher gedacht, dass er sie in seine Arme reißt und hintenüber fallen lässt, sodass ihr der Atem wegbleibt, aber gebrochene Knochen wären auch interessant gewesen“, gab La Forge zu. „Und auch kein einziges bat’leth“, fügte Worf kritisch hinzu. „Sie befanden sich in einer Stadt voller Weinberge. Wenigstens eine Mistgabel hätte man sehen müssen.“
„Eine Mistgabel, Worf?“ La Forge rümpfte die Nase. „In diesem Jahrhundert waren Sie wohl noch nicht in vielen Weinbergen, oder?“
Auf Worfs Gesicht breitete sich etwas aus, das für seine Verhältnisse wohl ein Lächeln genannt werden konnte. „Das ist sicher richtig. Klingonischer Blutwein wird auf dem Schlachtfeld gekeltert.“
Eine lebendigere Version von Captain Jean-Luc Picard trat neben sein erstarrtes Ebenbild. Der echte Picard war in seine Sternenflottenuniform gekleidet und wirkte beträchtlich reservierter als sein formell gekleideter holografischer Doppelgänger.
„Nummer Eins, eine menschliche Heirat wird wohl nie an die Aufregungen eines klingonischen Hochzeitsrituals heranreichen.“
„Der Ansicht bin ich auch“, meldete sich Doktor Crusher zu Wort. Sie trug ebenfalls ihre Uniform, denn alle Anwesenden hatten sich nach ihrer Schicht auf dem Holodeck verabredet. „Aber wir sind ja auch nur ein langweiliges altes Ehepaar.“
„Ich habe keinen von Ihnen ‚alt‘ genannt“, rechtfertigte sich Worf.
„Womit Sie also feststellen, dass wir langweilig sind“, konterte Picard und warf seiner Frau ein Lächeln zu. Ein humorvolles Funkeln lag in seinem Blick.
„Ja“, antwortete Worf schlicht.
„Dann werden Sie jetzt auch verstehen, dass wir Ihnen dieses Programm nie gezeigt haben“, erklärte Crusher. „Wir hatten schon befürchtet, Sie könnten glauben, dass unsere Zeremonie sich mit dem Bacchanal, das Sie mit Jadzia gefeiert haben, nicht vergleichen ließe.“ Sie wandte sich an Picard und erwiderte das Zwinkern. „Du hattest recht. Wir hätten das nur Wesley zeigen dürfen. Offenbar hatten wir recht damit, die anderen nicht einzuladen. Sie hätten an unserer einfachen, stillen standesamtlichen Trauung keine Freude gehabt.“
Das Ganze war Worf offenbar sehr peinlich. „Es tut mir leid, wenn ich Sie beleidigt habe“, sagte er. „Meine herzlichsten Glückwünsche zum Hochzeitstag.“
La Forge lächelte. „Die nehmen Sie auf den Arm, Worf.“
Picard sah übertrieben schockiert drein. „Aber Mr. La Forge, ich habe keine Ahnung, was Sie damit meinen könnten.“
„Ich habe diese kleinen Zwinkerer bemerkt, die Sie beide ausgetauscht haben“, erklärte der Chefingenieur. „Meine Okularimplantate haben außerdem den leichten Anstieg Ihres Blutdrucks und der Pulsfrequenz registriert. Sie verbergen etwas vor uns. Etwas an dieser Zeremonie stimmt nicht ganz.“
„Es handelte sich hier nicht um Ihre Hochzeit?“, wollte Worf wissen und sah dabei noch finsterer aus als sonst.
„Nein, es war unsere offizielle Hochzeitszeremonie“, sagte Crusher mit einem weiteren Lächeln in Richtung ihres Ehemannes.
„Da!“ La Forge wies mit dem Finger auf ihr Gesicht. „Diese leichte Röte in Ihrem Gesicht! Was erzählen Sie uns nicht?“
Wieder sah Crusher ihren Ehemann an. Der Captain lächelte breit und holte tief Luft. „Mr. La Forge, was wir Ihnen gerade gezeigt haben, war tatsächlich unsere Hochzeit. Die einzige Hochzeit, die wir als wirklich offiziell betrachten. Aber ja, wir haben auch etwas verschwiegen. Denn vielleicht war das an diesem Wochenende nicht unsere einzige Hochzeit.“
Die Offiziere der Enterprise wechselten einen Blick, doch im Gegensatz zu dem, den das Ehepaar untereinander getauscht hatte, sprach dieser von Verwirrung und Neugier. Beide beugten sich vor und lauschten fasziniert der Geschichte …
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„Du musst mich wirklich nicht in mein Zimmer bringen“, sagte Crusher, als sie beide über den Flur schlenderten. „Ich glaube, Marie hätte gern noch ein wenig mit dir zusammengesessen und in Erinnerungen geschwelgt.“
„Genau das habe ich auch befürchtet“, gestand Picard. „Um ehrlich zu sein, nimmt mich das alles doch ein wenig mehr mit, als ich gehofft hatte. Hier, in den Weinbergen, habe ich gehofft, ich käme wieder etwas zu mir selbst. Morgen wartet ein anstrengender Tag auf uns.“
Crusher ließ einen Finger über die Kante seines Revers gleiten. Sie hatten mit Marie ihren Polterabend in der Stadt gefeiert, in einem Restaurant, das für sich selbst mit dem Slogan „alltägliche Gourmetgenüsse“ warb, und hatten sich entsprechend angezogen. „Bist du sicher, dass du den Abend allein verbringen willst?“, fragte sie. „Mein Zimmer ist groß genug für zwei. Und ich verspreche, ich werde nicht in Erinnerungen schwelgen. Wir könnten neue Erinnerungen schaffen.“
Sie hatten immer gerne miteinander geflirtet. Jahre der Freundschaft hatten spielerische Wortgefechte mit sich gebracht, die immer auch einen tieferen Hintersinn hatten. Aber seit Picard sich endlich eingestanden hatte, welche Gefühle er für sie hegte, war Crusher manchmal geradezu leidenschaftlich zärtlich geworden. Es war eine willkommene Veränderung.
Picard nahm ihre Hand. „Das ist ein durchaus verführerisches Angebot, aber du warst diejenige, die vorgeschlagen hat, dass wir unsere letzte Nacht als Singles getrennt voneinander verbringen.“
„Ja, das war einer meiner undurchdachteren Pläne“, gab Crusher zurück.
„Nein, ich mag ihn“, widersprach Picard. „Umso mehr freue ich mich nun auf die Hochzeitsnacht. Außerdem würde ich gern ein paar Geister aus dem Weinberg vertreiben, bevor du und ich in den Bund der Ehe treten.“
Crushers zärtlicher Tonfall wurde ernster. „Bist du denn sicher, dass du das allein tun willst? Ich bin hier, wenn du reden willst.“
„Mir wird es gut gehen“, sagte Picard. „Es wäre sicher das Beste, wenn du zu Bett gehst. Ich bin hier, wenn du mich brauchen solltest.“
Wieder erschien dieses kokette Funkeln in Crushers Blick. „Jean-Luc, sei nicht überrascht, wenn ich dich mitten in der Nacht rufe. Große, alte Häuser können manchmal ganz schön angsteinflößend sein.“
„Ich bin jederzeit bereit, dich zu beschützen“, versicherte ihr Picard. „Auch wenn ich ganz offen gesagt gedacht hätte, du wärst in der Lage, auf dich selbst aufzupassen.“
„Trotzdem. Lass einfach die Tür für alle Fälle einen Spalt offen.“ Sie drückte ihm einen schnellen Kuss auf die Lippen, bevor sie in ihr Zimmer schlüpfte. Zu seiner Erleichterung stellte er fest, dass sie die Tür nicht ganz schloss.
Er wünschte ihr leise eine gute Nacht, während er sich umdrehte und den Korridor hinabging. Picards Kinderzimmer war im Feuer zerstört worden. Marie hatte sich außerordentliche Mühe gegeben, das Haus wieder in seinen ursprünglichen Zustand zu versetzen, doch es würde nie wieder dasselbe sein. Bei einem seiner vorherigen Besuche hatte er es kaum ertragen, auch nur wenig Zeit in seinem Zimmer zu verbringen.
Vor ihrer Ankunft hatte Picard mit Marie deshalb ausgemacht, dass er und seine Verlobte im Gästehaus wohnen würden. Er hatte sich dabei auf die bevorstehende Hochzeit und darauf, dass ihnen deshalb eine gewisse Privatsphäre zustand, berufen, aber Marie wusste natürlich Bescheid. Sie musste schließlich jeden Tag mit genau den gleichen Erinnerungen fertigwerden. Für sie jedoch war es schlimmer, denn sie konnte nicht einfach ins Gästehaus umziehen. Das neue Oberhaupt des Picardschen Weinguts musste den Anschein wahren.
Das Gästehaus war der perfekte Ort für Picard, um sich vor den Teilen der Vergangenheit zu verstecken, denen er sich noch nicht stellen wollte. Es war vom Feuer unberührt geblieben und war in genau dem gleichen Zustand, in dem es sich schon während seiner Kindheit befunden hatte. Er hatte, während er aufgewachsen war, nicht viel Zeit hier verbracht, also beherbergte es weniger Geister.
Doch nun stand in seinem Zimmer eine riesige Torte mit grellpinkem Zuckerguss.