Star Wars. Die Feuertaufe - David Sherman - E-Book

Star Wars. Die Feuertaufe E-Book

David Sherman

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Beschreibung

Ein Weltraumabenteuer voller Emotion, Dramatik und technischer Finessen!

Während der Krieg zwischen der Republik und den Abtrünnigen sich immer weiter erhitzt, wird der Jedi-Ritter Nejaa Halcyon mit einem Trupp Klonkrieger ausgesandt, um auf einem von den Separatisten eroberten Planeten die einheimische Widerstandsgruppe zu unterstützen. Sie werden von dem Jedi-Schüler Anakin Skywalker begleitet, den auf dieser Mission seine bislang größte Bewährungsprobe erwartet: die Meisterprüfung auf seinem Weg zum Jedi-Ritter. Anakin lernt nun die Größe der Macht und ihr wahres Potenzial kennen …

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Seitenzahl: 406

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Inhaltsverzeichnis

PrologKapitel 1Kapitel 2Kapitel 3Kapitel 4Kapitel 5Kapitel 6Kapitel 7Kapitel 8Kapitel 9Kapitel 10Kapitel 11Kapitel 12Kapitel 13Kapitel 14Kapitel 15Kapitel 16Kapitel 17Kapitel 18Kapitel 19Kapitel 20Kapitel 21Kapitel 22Kapitel 23Kapitel 24Kapitel 25Kapitel 26Kapitel 27Kapitel 28Kapitel 29Kapitel 30EpilogCopyright

Prolog

»Obi-Wan!«, rief Anakin Skywalker, als das holographische Bild des Jedi-Ritters Obi-Wan Kenobi vor ihm erschien. Anakin war in seiner Unterkunft auf und ab geschritten und hatte über der Frage gebrütet, warum man ständig seine Jedi-Prüfung verschob, die Chance, seine Qualitäten als vollwertiger Jedi-Ritter unter Beweis zu stellen. Der höchst willkommene Anblick seines Lehrers verbesserte seine Laune erheblich.

»Anakin«, sagte Obi-Wan und begrüßte seinen Padawan mit einem Lächeln. »Wie hast du dich eingelebt?«

Anakin zuckte mit den Schultern. »Recht gut, denke ich.«

Obi-Wans Lächeln wurde schwächer. Sie waren erst vor zwei Standardtagen nach Coruscant zurückgekehrt, doch war sich der Jedi-Ritter bewusst, wie lang diese zwei Tage Anakin erschienen waren, wenn er untätig herumsitzen musste. Die Neuigkeit, die er seinem Padawan nun mitteilen musste, würde Anakin nicht gefallen. »Ich bin gerade von einem Treffen mit dem Jedi-Rat in mein Quartier zurückgekehrt«, sagte er.

Anakins Augen leuchteten auf: Ein Treffen mit dem Jedi-Rat deutete auf eine neue Mission hin.

»Ich habe einen Einsatz …«

»Schon?«, unterbrach ihn Anakin aufgeregt. »Wir haben ja noch nicht einmal Bericht über den letzten Einsatz erstattet! Muss ja äußerst wichtig sein.« Er wandte sich ab und begann, seine Ausrüstung und Kleidung einzusammeln.

»Anakin …«

»Ich habe noch gar nicht alles ausgepackt – in einer Stunde kann ich Euch am Raumhafen treffen.«

»Anakin!«, versuchte Obi-Wan es erneut. »Anakin!«

Anakin drehte sich nicht um. »Wo soll ich zu Euch stoßen?«

»ANAKIN!«

Jetzt, da er brüllte, gelang es Obi-Wan endlich, Anakins Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, und der junge Mann fuhr herum, erschrocken über den scharfen Ton.

»Meister?«

»Tut mir Leid, dass ich geschrien habe, aber du hast nicht zugehört.«

»Meister? Ich bin ganz Ohr.« Anakin musste seine gesamte Selbstbeherrschung aufbringen, um still zu stehen und zu warten.

»Ich habe eine Mission, Anakin. Nicht wir. Der Jedi-Rat schickt mich allein. Es ist ein Einsatz nur für mich. Schnell eingreifen und schnell wieder zurückziehen.«

Anakin gab sich alle Mühe, nicht die Stirn zu runzeln. »Was soll ich denn in der Zwischenzeit anfangen?« Die Frage entschlüpfte ihm einfach so.

»Du wirst zunächst den Bericht über unsere letzte Mission anfertigen. Diese Aufgabe vertraue ich dir an.« Obi-Wan seufzte. »Wenn ich zurück bin, werde ich dem Rat vorschlagen, dich deine Prüfung absolvieren zu lassen.«

»Meint Ihr nicht, erneut vorschlagen?«

Obi-Wan schüttelte den Kopf. »Zuerst hatte es keinen Zweck, und dann blieb keine Zeit. Sobald ich zurückkehre, werde ich mir die Zeit nehmen – und der Rat wird mich anhören.«

»Warum sollten sie diesmal zustimmen, wenn sie bisher nichts davon wissen wollten?«

»Weil du dich während meiner Abwesenheit wie ein Musterbild von einem Jedi-Ritter benehmen wirst. Zuerst wirst du Bericht erstatten und alle Fragen beantworten, die sie dir stellen, und dann, falls ich noch nicht zurück sein sollte, vergräbst du dich im Archiv und suchst alle Strategien heraus, die uns bei der Planung der bevorstehenden Schlachten von Nutzen sein können. Du wirst ihnen zeigen, dass deine Fähigkeiten nicht nur auf dem Gebiet des Kampfes liegen, sondern dass du die einfachsten Pflichten eines Ritters mit Bravour erledigst«, meinte Obi-Wan zuversichtlich.

»Studieren«, gab Anakin trocken zurück. »Also gut, ich werde studieren.«

»Ich verlasse mich auf dich, Anakin – das weißt du.«

»Ja.« Anakins Miene hellte sich auf. »Das weiß ich, Obi-Wan. Möge die Macht mit Euch sein.«

Drei Tage später legte Anakin Skywalker seinen Datenblock zur Seite. Er hatte seit Obi-Wans Aufbruch die Zeit in der Bibliothek verbracht und die bisherigen Feldzüge und Schlachten der Klonkriege studiert – und er hatte einige wenige interessante Möglichkeiten entdeckt. Rastlos machte er sich zum Trainingsbereich auf. Vielleicht würde er einen Übungspartner finden und seine körperliche Untätigkeit ausgleichen können.

Der Krieg zerrte an den Ressourcen der Jedi, und so gut wie alle einsatzfähigen Jedi hatten Coruscant verlassen und waren in einer Mission unterwegs oder in den Krieg gezogen. Im Trainingsbereich fand Anakin lediglich einen einzigen Jedi vor, der mit dem Lichtschwert übte, Nejaa Halcyon.

Anakin hatte Halcyon schon einmal getroffen und schätzte ihn als nicht übermäßig intelligenten und geistreichen Jedi ein, der jedoch über ein gesundes taktisches Potenzial verfügte. Obi-Wan hatte diesen Eindruck bestätigt. Meister Halcyon war in Ungnade gefallen, seit er sein Schiff, die Plooriod Bodkin, an einen Verbrecher verloren hatte, den er eigentlich in Gewahrsam nehmen sollte. Anakin fragte sich, wie Halcyon so dumm hatte sein können, sich sein Schiff von diesem Schurken stehlen zu lassen, den er verhaften sollte; allerdings hatte er das Gefühl, sich besser nicht danach zu erkundigen.

Halcyon bewegte sich vollkommen versunken und konzentriert, und es war ein Vergnügen, ihm zuzuschauen. Anakin wollte ihn nicht unterbrechen und wartete am Rande des Raums, bis der Jedi-Meister eine Pause einlegte.

Endlich schaltete Halcyon sein Lichtschwert aus und richtete sich auf. Er entdeckte Anakin und grinste. »Anakin Skywalker? Suchst du einen Trainingspartner?«

Anakin zuckte zusammen. »Es wäre eine Ehre für mich«, sagte er und verneigte sich leicht.

Halcyon lachte. »Eine Ehre? Weil ich mich an deinen Namen erinnere, oder weil du überrascht bist, dass ein Jedi-Meister sich so bereitwillig herablässt, mit einem Padawan zu trainieren, den er kaum kennt?«

»Beides vielleicht?« Anakin erwiderte das Grinsen des älteren Mannes.

»Natürlich erinnere ich mich an deinen Namen. Hier halten sich in letzter Zeit so wenige Jedi auf, da fällt es leicht, sich an jeden zu erinnern. Und natürlich würde ich gern mit dir trainieren. Du kommst gerade aus dem Einsatz, dein Reaktionsvermögen ist geübt. Ich sitze schon seit einer Weile herum – ich brauche eine Herausforderung.« Er lud ihn mit einer Geste ein, und Anakin betrat den Kreis.

Sie sahen sich an und salutierten, dann nahmen sie Position ein und aktivierten die Lichtschwerter.

Anakin griff an, ließ seinen Hieb oben beginnen und zog das Schwert dann nach unten, um unter der Abwehr durchzutauchen. Die Klingen der Lichtschwerter knisterten, als Halcyon den Hieb mit Leichtigkeit zurückschlug und lachte, während er zur Seite tänzelte.

»Du überraschst mich«, sagte Halcyon halb spöttisch. »Das ist ein Standardangriff. Ich habe gedacht, du hättest ein paar neue aus dem Kampf mitgebracht.« Er begann mit einer Serie verschiedener Hiebe; Anakin parierte mit Leichtigkeit und wehrte alle ab.

»Meister Halcyon«, sagte Anakin, als sie voneinander abließen, »in einem Kampf findet man selten Zeit, neue Taktiken zu erfinden. Die erprobten und einstudierten Bewegungen sind für gewöhnlich die effektivsten.« Er brachte sein Lichtschwert nach vorn, sodass es Halcyons berührte, dann drehte er die Spitze der Klinge in einer unorthodoxen Rückhandbewegung, die Halcyon die linke Schulter aufgeschlitzt hätte, wenn Anakin nicht kurz davor gestoppt hätte – und Halcyon gelang es nicht, sich rechtzeitig zurückzuziehen.

»Sehr gut, Padawan.« Halcyon nickte beifällig. »Das war so dicht dran, dass ich nicht sicher bin, ob es als Treffer zählt oder nicht.«

Anakin grinste. »In einem Kampf hat man keine Zeit für Neuentwicklungen, aber manchmal muss man improvisieren.«

Nun begannen sie ernsthaft zu trainieren.

Die beiden Lichtschwerter der Jedi blitzten und sirrten im Spiel von Angriff und Parade. Als erst einer und dann der andere einen Weg durch die Defensive des Gegners fand, verharrten die leuchtenden Klingen kurz vor den Körpern. Bei jedem guten Zug freuten sich die Jedi.

Nach einer Stunde beendeten sie das Training in unausgesprochenem Einverständnis. Bei beiden glänzte Schweiß auf der Haut, und sie lachten.

»Ach ja«, sagte Halcyon glücklich, »mit einem guten Trainingspartner sind die Übungen viel, viel effektiver.« Er sah Anakin an. »Du bist trotz deines jugendlichen Alters schon sehr gut.«

Anakins Augen funkelten. »Meister Halcyon, ich muss im Gegenteil Euch zu Eurem Können gratulieren, denn Ihr seid sehr gut für einen so alten Mann, der so lange untätig herumsitzen musste.«

»Du undankbarer Bursche!«, knurrte Halcyon und lachte augenblicklich los. »Wiederholen wir das Gleiche morgen?«

»Meinetwegen gern.«

»Gleiche Zeit, gleicher Ort.«

»Mit Vergnügen.«

Jedi-Meister und Padawan salutierten, ehe sie getrennte Wege gingen, um sich Schweiß und Salz von den erschöpften Körpern zu waschen.

1

Von General Khamar war noch keine Nachricht eingetroffen.

Eiskalt kroch die Angst über die Rückseite von Reija Momens Armen hinauf bis zu ihrem Kopf und dann den Rücken hinunter. Sie zitterte und schüttelte sich unbehaglich. Dies ist nicht der rechte Augenblick für Panik, dachte sie.

Alle schauten auf sie, darauf, ob sie die Ruhe bewahren würde. Deshalb war sie früh in den Garten gegangen, um sich zu entspannen, ihre Gedanken zu sammeln und sich zu beruhigen, ehe sie zum Treffen mit ihrem Stab ging. Leider hatte sie keinen Erfolg. Der gepflegte und friedliche kleine Garten im Hof wurde von den umgebenden Gebäuden und einer Sonnenkuppel vor den Elementen geschützt, die Kuppel konnte bei gutem Wetter geöffnet werden. Heute stand die Kuppel offen und ließ frische Luft herein, die belebend hätte wirken sollen, doch die innere Anspannung ließ nicht nach. Ihr Stab hatte Angst; dass es keine Nachrichten aus dem Süden gab, so glaubte man, verhieß nichts Gutes.

Mit geschlossenen Augen versuchte Reija, an zu Hause zu denken. In fünf Jahren würde ihr Vertrag auslaufen, und dann würde sie nach Alderaan zurückkehren. Vielleicht. Eine Brise wehte durch die geöffnete Kuppel herein. Sie trug den Duft der einheimischen Gräser heran, die so üppig auf dem Tafelberg wuchsen, auf dem das Intergalaktische Kommunikationszentrum gelegen war. Während des ersten Monats ihres Aufenthalts hatte sie geglaubt, sie sei allergisch gegen den Beifuß, da sie hustete und schniefte, wann immer sie aus dem Kontrollkomplex trat, um die außerhalb liegenden Einrichtungen zu inspizieren, doch längst hatte sie sich einigermaßen an den alles durchdringenden Geruch gewöhnt. Inzwischen fand sie ihn sogar angenehm. Körperlich hatte sie sich jedenfalls nie besser gefühlt. Es war eine ihrer Lieblingstheorien, der allerdings noch die Bestätigung durch die medizinische Forschung fehlte, dass ein fortwährender Kontakt mit den Gräsern von Praesitlyn gut für die menschliche Physiologie war.

Reija Momen hatte den Posten als Verwaltungschefin des Intergalaktischen Kommunikationszentrums angenommen, weil ihr die Arbeit gefiel – das stattliche Gehalt betrachtete sie als hübschen Bonus. Jemand anderes in ihrer Lage hätte vermutlich an das Ende des Vertrags gedacht, an einen behaglichen Ruhestand auf Alderaan und vielleicht daran, eine Familie zu gründen. Obwohl sie bereits das mittlere Alter erreicht hatte, war sie jung und durchaus attraktiv genug, um solche Pläne zu schmieden. Aber sie war mit ihrer Tätigkeit zufrieden. Mit ihrer Herzlichkeit, ihrem Verstand und ihren soliden Managementfähigkeiten hatte sie rasch eine gute Beziehung zu ihrem Technikerstab hergestellt, der sich aus Menschen und Sluissi zusammensetzte. Sie gehörte zu diesem seltenen Typ von Vorgesetzten, der seine Autorität aus Verantwortungsgefühl und nicht zum reinen Vergnügen einsetzte. Sie arbeitete hart, weil sie es genoss, und sie behandelte die ihr unterstellten Mitglieder des Stabs eher wie Partner und nicht wie Untergebene. Und im Gegensatz zu vielen Bürokraten, die sich für unersetzlich hielten, wusste sie, wann und wie sie sich entspannen konnte.

Eine Familie gründen? Nun, aus praktischen Gründen hatte ihr Stab auf Praesitlyn in den vergangenen sieben Jahren die Familie für sie dargestellt; man mochte sie und nannte sie »Mama Momen«.

Nach Hause? Sie war längst zu Hause! Ich werde meinen Vertrag verlängern, dachte sie. Wenn ich so lange lebe.

Ein Arbeitsdroide, der darauf programmiert war, Bäume und Büsche im Garten zu pflegen, wühlte zwischen Sträuchern herum, die unter den verkümmerten und von einem früheren Verwaltungschef aus Talasea importierten Kaha-Bäumen wuchsen. Für gewöhnlich hätte das Geräusch des arbeitenden Droiden sie aufgemuntert, heute jedoch blieb diese Wirkung aus. Reija schlug die Augen auf und seufzte. Die innere Ruhe wollte einfach nicht einkehren. Die ersten Mitglieder ihres Stabes kamen bereits in den Garten und suchten sich einen Sitzplatz – nicht um das informelle Mittagessen einzunehmen, wie es üblich geworden war, seit sie auf dem Posten des Verwaltungschefs saß, sondern um sich nach Neuigkeiten zu erkundigen und Aufgaben abzuholen. Reija ärgerte sich kurz über diese Störung im routinemäßigen Ablauf. Diese Mittagspausen waren sicher nichts Besonderes – Freunde und Kollegen genossen die Gesellschaft der anderen und führten lockere Gespräche beim Essen –, doch waren sie für den Stab ebenso angenehm wie die regelmäßigen Fahrten nach Sluis Van.

Heute unterhielten sich alle in besorgtem Flüsterton, alle waren auf Nachrichten aus dem Süden erpicht. Was konnte Reija ihnen berichten? Nicht zu wissen, was vor sich ging, war schlimmer als schlechte Neuigkeiten. Vor mehreren Standardstunden war eine Invasionsflotte ungefähr 150 Kilometer südwestlich des Zentrums gelandet.

»Verehrte Momen«, hatte General Khamar in seinem letzten Bericht gesagt, »zwei unserer Sternjäger wurden auf einer Routinepatrouille in der Nähe der Küste über dem Ozean in Kämpfe mit einer großen Anzahl feindlicher Schiffe verwickelt. Das Kontrollschiff, das die Patrouille überwacht hat, wurde abgeschossen, aber ehe der Kontakt abbrach, berichtete die Mannschaft von einer großen Droidenarmee, die landen würde. Die Invasoren scheinen meinen Truppen zahlenmäßig zwar unterlegen zu sein, doch handelt es sich möglicherweise nur um eine Vorhut, die eine Basis für eine größere Truppe schaffen soll. Wie dem auch sei, wir müssen unverzüglich und hart gegen sie durchgreifen. Ich werde mit meiner Armee von Land aus gegen sie vorgehen.«

»Wie groß ist die Flotte?«, hatte sie gefragt.

»Es handelt sich um mehrere Transport- und Großkampfschiffe, nichts, was uns in irgendeiner Weise überfordern sollte. Falls wir Verstärkung brauchen, werden wir sie gewiss aus Sluis Van erhalten.«

»Wäre es nicht klug, sie gleich anzufordern, nur für alle Fälle?«

Khamar grunzte. »Wir werden es machen, falls es notwendig wird, aber es wäre taktisch unklug, Verstärkung zu rufen, ehe wir die Bedrohung durch den Feind genauer abschätzen können. Ich lasse eine Abteilung unter dem Befehl von Kommandant Llanmore hier, um die Sicherheit des Zentrums zu gewährleisten.« Der ruppige Corellianer Khamar war Berufssoldat, und Reija vertraute seinem Urteil. Den jungen Kommandanten Llanmore mochte sie gern; stets musste sie über seine militärische Akkuratheit lächeln, die er in ihrer Gegenwart an den Tag legte. Natürlich durchschaute sie ihn. Für Reija war er einer der vielen Söhne, die sie nie gehabt hatte.

Aber in den vergangenen Stunden hatte sie keine Nachricht von General Khamar erhalten. Sollte es sich um einen Großangriff der Separatisten handeln, mit der Absicht, das Kommunikationszentrum zu besetzen, wäre es mit der Gemütlichkeit in ihrer kleinen Welt auf Praesitlyn vorüber.

Die Sonnenkuppel, die den Garten überdachte, schloss sich ohne Vorwarnung. Auf einen grellen Blitz folgte ohrenbetäubender Donner. Mit klopfendem Herzen sprang Reija auf und rannte ins Innere zum Hauptkontrollraum. Slith Skael, ein Sluissi und Chef des Kommunikationsstabes, gesellte sich zu ihr. Nie zuvor hatte sie gesehen, dass dieses methodische Wesen sich so hektisch bewegte oder eine solch besorgte Miene zur Schau trug.

»Kehrt Khamar zurück?«, erkundigte sich Reija eilig. Sie blickte sich im Kontrollraum um. Sonst herrschte hier Ruhe, wenn Techniker konzentriert an ihren Stationen arbeiteten und Droiden ihren Aufgaben nachgingen. Jetzt allerdings nicht.

»Nein«, antwortete Slith. »Es sind Fremde.« Er schwankte nervös hin und her. »Ich glaube, es ist eine weitere Invasionstruppe. Als das erste Schiff landete, habe ich die Kuppel schließen lassen. Bitte um Verzeihung, wenn ich Sie erschreckt habe. Wie lauten Ihre Befehle?«

Reija hatte Slith in ihren gemeinsamen Jahren auf Praesitlyn schätzen gelernt. Unter der ruhigen, unerschütterlichen Oberfläche steckte ein anhängliches und mitfühlendes Wesen. Auf ihn konnte sie sich verlassen. Im Kontrollraum war Chaos ausgebrochen. Die Techniker unterhielten sich aufgeregt und arbeiteten hektisch an ihren Instrumenten. Ein tiefes Grollen ließ die Einrichtung erbeben. Sie konnte die Vibrationen im Boden spüren.

»Unterhalb des Tafelbergs landet eine große Anzahl Schiffe«, sagte ein Techniker mit schriller Stimme, die Reija verriet, dass er der Panik nahe war.

»Ruhe, alle zusammen. Hören Sie mir zu«, rief sie laut und energisch. Es war an der Zeit, Ordnung in dieses Durcheinander zu bringen. »Jeder nimmt seinen Platz ein und hört zu.« Ihr ruhiges, kontrolliertes Auftreten erzielte die beabsichtigte Wirkung. Die Leute unterbrachen ihre Gespräche und setzten sich. »Also«, sagte sie und wandte sich an Slith, »setzen Sie einen Alarm an Coruscant ab und …«

»Ist bereits geschehen«, antwortete der Sluissi. »Die Übertragung wurde abgeblockt.«

»Das ist unmöglich!«, sagte sie bestürzt.

»Aber eine Tatsache«, antwortete Slith nüchtern. Er berichtete nur und wollte nicht diskutieren. »Wie lauten Ihre Befehle?«, fragte er erneut.

Reija schwieg einen Moment lang. »Kommandant Llanmore?«

»Hier, Chefin.« Llanmore, der seine Kampfrüstung und sämtliche Waffen trug, trat heran und nahm neben ihr Haltung an.

»Was geht dort draußen vor sich?« Im Kontrollraum war absolute Stille eingekehrt, alle Anwesenden starrten die beiden an.

»Eine große Armee Droiden ist unterhalb des Tafelbergs gelandet«, antwortete Llanmore präzise und knapp. »Wir dürfen nicht hoffen, unsere Stellung zu halten, solange wir nicht Verstärkung bekommen, und …« Er zögerte kurz. »… das wird nicht geschehen.«

»Irgendwelche Nachrichten von General Khamar?«

»Nein, Chefin, und …« Llanmore versagte die Stimme. »Wir müssen davon ausgehen, dass er … dass er besiegt wurde.«

Reija dachte einen Augenblick lang nach. »Also gut. Irgendwie blockieren die Invasoren unseren Funkverkehr. General Khamar kann uns nicht helfen. Wir können keinen Widerstand leisten. Hören Sie mir bitte alle zu! Wir dürfen diesen Komplex dem Feind nicht in die Hände fallen lassen.« Sie hielt inne, um sich zu sammeln, bevor sie jenen Befehl erteilen musste, den zu geben sie sich nicht einmal im schlimmsten Albtraum vorgestellt hätte. »Zerstören Sie die Anlagen.« Rasch begann sie, den einzelnen Technikern Anweisungen zu geben, welche spezifischen Teile der Einrichtung als Erste vernichtet werden sollten. Aber sie würden Zeit brauchen; auf einen solchen Notfall waren sie nicht vorbereitet, und es mangelte ihnen zudem an den Mitteln, eine rasche und vollständige Zerstörung, wie sie die Situation nun verlangte, herbeizuführen. »Kommandant.«

»Ja, Chefin?«

Der einzige Hinweis auf Reijas Nervosität war ein schmales Rinnsal Schweiß, das unter dem Haaransatz neben ihrer rechten Augenbraue hervortrat. »Können Sie die Invasoren aufhalten? Wir brauchen nur ein paar Minuten.«

»Ich kann es versuchen.« Llanmore schwitzte ebenfalls leicht, doch er machte auf der Hacke kehrt und verließ den Kontrollraum. Das Letzte, was sie von ihm sah, war sein gerader Rücken, als er ohne Zögern zu seinem Kommando zurückmarschierte. Sie fürchtete, den jungen Mann direkt in den Tod geschickt zu haben.

»Machen Sie sich an die Arbeit!«, befahl sie den Technikern, von denen viele ihre Tätigkeit unterbrochen hatten, um zuzuhören, während sie mit Llanmore sprach. Warum, dachte sie sich, hat niemand einen Plan für die Zerstörung in einer Notsituation wie dieser gemacht? Das Intergalaktische Kommunikationszentrum war von lebenswichtiger Bedeutung für die Republik, und seine Anlagen durften dem Feind auf gar keinen Fall in die Hände fallen.

Draußen vom Tafelberg her hörte sie den Donner von Waffen. Llanmore hatte die Invasoren angegriffen. Die Verzweiflung in Reija wuchs. Mit der Behaglichkeit in ihrer kleinen Welt war es endgültig vorüber.

2

»Graf Dooku wünscht einen Lagebericht, Tonith.«

Der Muun-Kommandant der Invasionstruppe, Admiral Pors Tonith, nippte in aller Ruhe an seinem Dianoga-Tee, lächelte und ignorierte scheinbar die Respektlosigkeit in der Art und Weise, wie Kommandantin Assaj Ventress ihn ansprach. »Er hat den gesamten Schlachtplan, Ventress«, erwiderte er locker und ebenso respektlos. Er setzte die Tasse auf einem Beistelltisch ab. »Den hat er vor meinem Aufbruch von mir bekommen. Er weiß, dass ich einen Plan, wenn ich ihn erst einmal entworfen habe, eins zu eins in die Tat umsetze. Aus diesem Grund hat er mich für diesen Feldzug ausgewählt.« Tonith lächelte liebenswürdig, seine purpurn gefleckten Lippen teilten sich und enthüllten ebenfalls purpurfarbene Zähne und schwarzes Zahnfleisch – eine Nebenwirkung des Tees. Diese zeitweiligen Flecken waren eine Unannehmlichkeit, die Tonith gern hinnahm, um das exquisite Aroma, den Geschmack und die milde narkotische Wirkung des Tees zu genießen, der mit einer chemischen Substanz aufgebrüht wurde, die in der Milz der Dianoga enthalten war. Außerdem war er Kommandant einer riesigen Invasionsflotte: Kein empfindungsfähiges Wesen würde es wagen, über ihn zu lachen, und Droiden hatten keinen Sinn für Lächerlichkeit.

Ventress’ Miene veränderte sich nicht, doch in der Darstellung des HoloNet-Transceivers blitzten ihre dunklen Augen auf und glühten wie heiße Kohlen. »Ein Plan ist kein Lagebericht«, gab sie seelenruhig zurück. Sie war es nicht gewohnt, dass man so mit ihr redete, und insbesondere nicht ein so blutleerer Finanzier, der sich über Nacht in einen Militärkommandanten verwandelt hatte.

Tonith seufzte dramatisch. Er betrachtete die Meuchelmörderin als Eindringling in strategische Angelegenheiten, die sich ihrem primitiven Verständnis der wahren Kunst militärischer Befehlsgewalt und Planung entzogen. Aber sie war Dookus Protegé, und er musste sie umsichtig behandeln. »Wirklich, ich kann diese Expedition nicht kommandieren, wenn ich gestört werde wegen eines … eines …« Er zuckte mit den Schultern und langte nach seiner Teetasse.

»Eines Berichts?«, beharrte sie.

»Ich bin gerade außerordentlich beschäftigt.«

»Erstatten Sie Bericht. Mir. Jetzt.« Ihre Stimme war so scharf wie die Klinge des Lichtschwertes, das sie angeblich mit solcher Bravour führte.

Tonith richtete sich auf und faltete die Hände im Schoß. Eigentlich fand er diese Ventress recht attraktiv. Er fühlte, dass sie etwas gemeinsam hatten: Sie war eine gnadenlose Kriegerin; er ein gnadenloser Planer und Ränkeschmied. Wenn Tonith an Frauen dachte, was nicht häufig vorkam, bevorzugte er Exemplare mit Haaren, doch Ventress’ Glatzkopf hatte ohne Frage etwas Anziehendes. Sie strahlte Macht und Selbstvertrauen aus, selbst über den Transceiver. Das respektierte er. »Wir würden ein gutes Team bilden«, sagte er. »Ich könnte Ihre Hilfe gebrauchen.«

Sie lächelte höhnisch. »Mein Lieber, wenn ich zu Ihnen dort hinten hinauskommen sollte, dann bestimmt nicht, um Ihnen zu helfen, sondern um Sie als Kommandant zu ersetzen. Aber der Graf braucht mich im Augenblick für dringlichere Aufgaben. Verschwenden Sie nicht länger meine Zeit, und erstatten Sie Bericht.«

Tonith zuckte träge mit den Achseln und ergab sich dem Unvermeidlichen. »Während wir uns hier so schön unterhalten, schließt eine Flotte von einhundertsechsundzwanzig Schiffen – davon fünfundsiebzig Großkampfschiffe – Sluis Van ein, um Verstärkung für die hiesigen Verteidiger aus jenem Sektor den Weg abzuschneiden. Zudem landet in diesem Augenblick eine Flotte von fünfzigtausend Kampfdroiden auf Praesitlyn, um vorzutäuschen, wir wollten den Kontakt zwischen dem Intergalaktischen Kommunikationszentrum und den hiesigen Truppen unterbrechen. Wenn diese Operation in vollem Gange ist, werde ich meine Hauptstreitmacht landen lassen, die aus etwa einer Million Kampfdroiden besteht, und das Zentrum besetzen. Meine Invasionsflotte besteht aus zweihundert Schiffen. Diese Operation kann überhaupt nicht schief gehen. Ich garantiere Ihnen, innerhalb von vierundzwanzig Standardstunden nach Beginn der Operation wird Praesitlyn uns gehören. Die Kommunikationszentrale, die die Welten der Republik verbindet, wird fest in unserer Hand sein. Unsere Streitkräfte werden diesen strategischen Punkt halten und nun gegen jeden Verbündeten der Republik zuschlagen können, ohne dass dieser eine Warnung erhält. Wichtiger noch, mit der Übernahme von Praesitlyn setzen wir gewissermaßen Coruscant selbst das Vibromesser an die Kehle.« Er richtete den Zeigefinger auf sie. »Mit diesem Zug gewinnen wir den Krieg«, schloss er und verzog die purpur gefleckten Lippen zu einem selbstzufriedenen Lächeln. »Sie werden nie erfahren, was eigentlich los war, diese Techniker und Sicherheitskräfte dort unten. In Kürze sind sie alle tot – oder arbeiten für uns.« Er lehnte sich zurück und nippte an seinem Tee.

Ventress wirkte keineswegs beeindruckt. »Die elektronischen Maßnahmen?«

»Funktionieren. Das Zentrum versuchte erst vor kurzem, einen pan-galaktischen Notruf abzusetzen, aber der wurde erfolgreich blockiert.« Er lächelte und enthüllte abermals die purpurnen Zähne und das schwarze Zahnfleisch.

»Die Tarnung? Ist Ihre Flotte noch unentdeckt? Wird die Überraschungstaktik gelingen?«

»Ja. Es ist nicht nur eine Überraschungstaktik, sondern eine Überraschungsstrategie, obwohl ich nicht zu detailliert darauf eingehen will.«

»Sehr gut. Graf Dooku wird regelmäßige Lageberichte über den Fortgang der Operation brauchen. Die werden Sie mir erstatten, also gewöhnen Sie sich schon mal an den Gedanken.«

»Ja«, antwortete Tonith, und in seiner Stimme schwang falsche Resignation mit, als wollte er klarstellen, dass er auf dieses Ärgernis auch gut verzichten könnte. Persönlich hatte er Ventress noch nie getroffen, doch hatte er gehört, was für eine tödliche Gegnerin sie im Kampf war. Das allerdings bereitete ihm keine Sorgen. Nur Dummköpfe verloren Kämpfe. Er war nicht dumm. Während eine Kriegerin wie Ventress ihre Feinde mit Schnelligkeit überwand, setzte Tonith auf Listen und Tricks. Deshalb hatte Graf Dooku ihm dieses Kommando übertragen. Er würde seine Zeit nicht mit einem Zweikampf verschwenden oder sich gar einer Gefahr aussetzen – dafür gab es schließlich Droiden. Er würde Befehle erteilen und siegen.

»Übrigens finde ich Ihren Zahnschmuck ausgesprochen beeindruckend«, sagte Ventress.

Damit hatte sie ihn auf dem falschen Bein erwischt, und Tonith fiel im ersten Moment keine Erwiderung ein. Machte sie sich lustig, oder meinte sie es ernst? Er hatte ihre Intelligenz vielleicht doch unterschätzt. »Danke vielmals«, sagte er schließlich und verbeugte sich leicht vor dem Hologramm. »Und meinen Glückwunsch zu Ihrem ungewöhnlichen Haarschnitt.«

Ventress nickte, und ihr Bild verschwand.

Pors Tonith war einer der erfolgreichsten Sprösslinge aus einer Familie des InterGalaktischen Bankenclans. Für ihn bestand das Leben aus ständigem Kampf und Wettbewerb. Er betrachtete das Geschäft wie einen Krieg. Seit Generationen gehörte es zur Praxis seiner Familie, sich Firmen durch feindliche Übernahme einzuverleiben, ganze Welten, wenn es sein musste, durch die Verwendung von Gewalt. Tonith hatte diese Vorgehensweise zu einer Kunst entwickelt – einer militärischen Kunst.

Doch rein äußerlich gab Tonith keinen beeindruckenden Krieger ab. Aufgrund seiner Größe – er war über zwei Meter groß –, seiner entsetzlich dürren Figur und seiner blassen Haut wirkte er wie ein Toter; sein langes Pferdegesicht und die glühenden schwarzen Augen saßen in einem totenschädelförmigen Kopf, der diese leichenhafte Erscheinung noch unterstützte, und oft, wenn er durch die dunklen Gänge an Bord der Corpulentus, seines Flaggschiffs, schlich, erschreckte er seine Mannschaft.

Graf Dooku hatte Tonith als Anführer seiner Streitmacht für den Angriff auf Praesitlyn ausgewählt, weil er seine Fähigkeiten als Planer mehrfach unter Beweis gestellt hatte. Eine Armee Droiden zu befehligen, ähnelte eher einem Spiel als einem tatsächlichen Kampf. Lebendige Soldaten bluteten und starben, mussten versorgt werden, litten unter moralischen Problemen und unter Angst und all den anderen Gefühlen, die für empfindungsfähige Wesen normal waren. Und obwohl mancher vielleicht dachte, es sei eine andere Sache, mit Hilfe einer Droidenarmee Leid und Tod über eine aus empfindungsfähigen Wesen zusammengestellte Armee zu bringen, schaute Tonith nicht nur ohne jegliche Rührung auf das Schlachtfeld, sondern fand Halt, Bedeutung und einen hehren Sinn in der Zerstörung seiner Feinde.

Pors Tonith sah nicht nur wie eine Leiche aus, sondern tief in seinem Inneren, wo bei anderen Lebewesen das Gewissen wohnte, war er tot.

3

Nejaa Halcyon beschäftigte sich mit Dehnübungen, als Anakin Skywalker den Trainingsbereich betrat.

»Ich hoffe, du bist bereit, dich ein wenig zu verausgaben«, sagte Halcyon zur Begrüßung.

»Nachdem ich mich geistig schon völlig verausgabt habe, steht mir der Sinn nach körperlicher Betätigung, Meister Halcyon«, antwortete Anakin. »Ich würde mich gern mit jemandem messen.«

Halcyon lachte, beendete das Stretching und zog das Lichtschwert aus dem Gürtel. »Ehe du dir irgendjemanden vornimmst, solltest du dich ein bisschen lockern, sonst wird es dir zu stark wehtun, dich zu verteidigen.« Er grinste. »Oder vielleicht legst du es ja darauf an, dass es dir morgen zu schlecht geht, damit du dich wieder in die Bibliothek setzen kannst.«

»Ich habe meine Dehnübungen auf dem Weg hierher erledigt«, sagte Anakin, legte den Mantel ab und zog das Lichtschwert.

Halcyon war heute besser als am ersten Tag, aber das Gleiche galt für Anakin. Am Ende verneigte sich der Jedi-Meister vor dem Padawan.

»Du bist sehr gut. Offensichtlich brauche ich dringender einen Sparringspartner, als ich gedacht habe.« Er schüttelte traurig den Kopf. »Wer hätte geglaubt, dass mich ein Padawan mit dem Lichtschwert übertrumpfen kann?« Dann lächelte er. »Sollen wir das Ganze morgen wiederholen?«

»Ich freue mich noch mehr darauf als auf heute«, erwiderte Anakin und grinste breit.

Auch am nächsten Tag trainierten sie wieder, und am darauf folgenden und dann an dem Tag danach. Jeden Tag machten beide Fortschritte, und beide überraschten den anderen mit neuen Finten und Tricks.

Nach den ersten Tagen trennten sie sich eines Abends nicht mehr sofort nach dem Training, sondern saßen anschließend noch zusammen und unterhielten sich. Am folgenden Tag dauerte das Gespräch ein wenig länger. Und am Tag danach gingen sie gemeinsam aus zum Essen.

»Obi-Wan lobt dich in höchsten Tönen, weißt du das?«, berichtete Halcyon beim Nachtisch.

»Ihr kennt Obi-Wan?«, fragte Anakin überrascht.

»Wir sind alte Freunde«, meinte Halcyon und nickte. »Er ist ein großer Jedi, der Obi-Wan. Und sehr stark in der Macht. Eines Tages wird er bestimmt Mitglied des Jedi-Rates. Du hast Glück, ihn als Meister zu haben.«

Anakins Brust schwoll vor Stolz an, fiel allerdings genauso schnell wieder in sich zusammen. »Vielleicht ist er zu groß.«

Halcyon legte den Kopf schief. »Was meinst du damit?«

»Er denkt, ich würde manchmal zu langsam vorankommen. Vielleicht ist er ein zu großer Jedi, der zu beschäftigt ist, um mich ordentlich auszubilden.«

Halcyon brüllte vor Lachen, und an den Nebentischen drehte man sich zu ihm um, doch als die anderen Gäste sahen, dass er ein Jedi war, verschwanden die missbilligenden Mienen, und man wandte sich wieder dem eigenen Teller zu.

»Vielleicht bist du aber auch nur zu ungeduldig. Doch vor allem kommst du deshalb nicht so schnell voran, wie es sein sollte, weil du in einem Krieg kämpfen musst. Für dich wäre es wichtig, dass wieder Frieden herrscht. Dann würdest du dich wundern, wie schnell du Fortschritte machst.«

»Glaubt Ihr wirklich?«

»So sicher, wie ich weiß, dass nie jemand Obi-Wan so stark mit seinem Potenzial beeindruckt hat wie du.«

Anakin schüttelte den Kopf. »Und warum bin ich dann immer noch ein Padawan? Wir fechten einen großen Krieg aus, und ich könnte helfen, ihn zu gewinnen! Ich bin gut genug für kleinere Missionen, ich bin gut genug, um unter dem Kommando anderer zu kämpfen, aber sie denken, ich sei nicht gut genug, mein eigenes Kommando zu führen!«

»Oh, gut genug bist du«, sagte Halcyon. »In den letzten Tagen habe ich dich beobachtet und dir zugehört, und ich halte dich ganz bestimmt für gut genug.«

Anakin streckte seine Handprothese aus und umklammerte Halcyons Unterarm. »Würdet Ihr im Rat ein Wort für mich einlegen, Meister Halcyon?«, fragte er in vollem Ernst.

Halcyon ließ die Schultern sinken. »Anakin, momentan würde der Rat doch nur gegen alles entscheiden, was ich empfehle.« Er schüttelte den Kopf. »Nein, ich wäre dir als Fürsprecher bestimmt nicht förderlich.« Er räusperte sich. »Bestimmt weiß man im Rat über deine Fähigkeiten Bescheid. Du wirst mit deinen Prüfungen beginnen, wenn du so weit bist, Anakin.«

»Nun, wir werden sehen«, antwortete Anakin und war nicht überzeugt davon.

4

Glück ist die große Unbekannte im Krieg. Oft hängt der Ausgang von Schlachten und das Schicksal ganzer Welten von einem Quäntchen Glück ab.

Es war Glück, dass Lieutenant Erk H’Arman von den Verteidigungsstreitkräften Praesitlyns und sein Torpil T-19-Sternjäger sich auf einem Patrouillenflug an der Südküste jenes Kontinents befanden, auf dem auch das Intergalaktische Kommunikationszentrum gelegen war, ungefähr hundertfünfzig Kilometer vom Zentrum entfernt, und zwar zu dem Zeitpunkt, als die Invasion begann. Er und sein Geschwaderkamerad bewegten sich gemächlich in zwanzigtausend Metern Höhe bei einer Geschwindigkeit von sechshundertfünfzig Kilometern pro Stunde. Für den Torpil T-19 bedeutete das beinahe Stillstand.

»Sieht wie ein großer Staubsturm dort unten aus«, meinte Erks Geschwaderkamerad, Fähnrich Pleth Strom. Keiner der beiden Piloten machte sich die Mühe, das Gelände unter dem Sturm mit den bordeigenen Überwachungsgeräten zu scannen. Ein Sturm ist ein Sturm – beide hatten schon oft einen gesehen. »Gefällt mir gar nicht, darin zu landen.«

Sternjägerpiloten betrachteten Flüge in der Atmosphäre als entsetzliche Verschwendung ihrer Fähigkeiten, und beide Männer beteuerten bei jeder Gelegenheit, dass ihr Dienst in der Verteidigung von Praesitlyn eine Form von Bestrafung für ein nicht offen genanntes Vergehen darstellte. Das stimmte natürlich nicht, sondern eher lag die Ursache an der Zufallsauswahl des Einsatzplanes: Ihre Kennziffern waren ausgespuckt worden, das war alles, und sie wussten es genau. Aber wenn Fliegerasse wie Erk und Pleth nicht zeigen konnten, wozu sie in der Lage waren, indem sie es mit der gesamten Flotte der Separatisten aufnahmen, beschwerten sie sich, von ihren Kommandanten falsch eingesetzt worden zu sein.

Einen dieser hoch entwickelten Jäger in der Atmosphäre zu fliegen, war schon etwas ganz anderes, als die gleiche Maschine im Vakuum des Weltraums zu steuern, und es erforderte eine Reihe durchaus beeindruckender Fähigkeiten. Innerhalb der Atmosphäre war der Pilot der Gravitation ausgesetzt, Luftströmungen wirkten auf seine Maschine ein, und leicht wurden tödliche Fehlfunktionen durch hoch fliegende Lebewesen ausgelöst, die in den Antrieb des Jägers gesaugt wurden und diesen abwürgten.

Das Schlimmste beim Kampf in der Atmosphäre war jedoch, dass die große Geschwindigkeit und Manövrierfähigkeit oft überhaupt nicht voll eingesetzt werden konnte, weil es sich bei den meisten Kampfeinsätzen um Luftunterstützung für Bodentruppen handelte. Sogar die bunten Malereien, mit denen die Flieger ihre Jäger verzierten, mussten bei Luftunterstützungsflügen entfernt werden. Während im Weltraum alle möglichen Tarnvorrichtungen benutzt werden konnten, mussten die Sternjäger in der Atmosphäre vor allem für das nackte Auge unsichtbar sein; deshalb waren die Fluggeräte mit selbst tarnenden Substanzen überzogen, damit sie für Beobachter vom Boden oder aus größeren Höhen mit dem Himmel oder dem Boden verschmolzen.

Erk und Pleth waren nicht nur einfach gute Piloten, die unter allen Bedingungen fliegen konnten. Andere waren sicherlich auch gute Piloten, die die Wissenschaft des Fliegens beherrschten und die gleiche Anzahl Starts und Landungen hinter sich gebracht hatten. Aber Männer wie Erk und Pleth waren herausragende Piloten, die ihre Fluggeräte wie bequeme alte Stiefel »trugen«, wie eine zweite Haut, und ihre Maschinen als Teil ihres Körpers und ihres Willens einsetzten. Kurz gesagt, sie waren Meister in der Kunst des Fliegens.

»Mir gefällt es überhaupt nicht, auf diesem verdammten Felsen landen zu müssen«, sagte Erk und lachte. Er schaute auf die Navigationskarte des Planeten. »Die Gegend hat nicht einmal einen Namen! Dies ist ›Bereich Zweiundsechzig, Südkontinent‹. Man möchte doch meinen, irgendwer hätte sich die Mühe gemacht, den Orten Namen zu geben. Das da unten könnte man ›Wüste der Wonnen‹ nennen, und die Basis könnte …«

»Jenth Grek Fünf Eins, lassen Sie das Geschwätz. Sie befinden sich auf einer Kampfpatrouille. Und bitte, benutzen Sie diesen Kanal nicht! Wechseln Sie auf acht Komma sechs vier.« Tausend Kilometer entfernt und hoch über dem Ozean – einem weiteren geographischen Phänomen ohne Namen – lächelte »Waterboy«, der zierliche weibliche Fähnrich an Bord des Kontrollschiffes. Sie kannte sowohl Erk als auch Pleth sehr gut und wusste, die beiden unterhielten sich absichtlich über den offenen Kanal, damit sie sich einmischen würde. Bei Kanal 8,64 handelte es sich um eine verschlüsselte Frequenz, die hoffentlich kein möglicher Feind abfangen konnte. Die Vorschriften verboten es Piloten streng, während eines Kampfeinsatzes den offenen Kanal zu verwenden, es sei denn, sie befanden sich in einer Notlage, was niemals vorkam, da auf Praesitlyn nie etwas passierte. Und weil der Dienst so langweilig war, drückten die Kommandanten sozusagen beide Ohren zu, wenn Fliegerasse wie Erk und sein Geschwaderkamerad gegen das militärische Protokoll verstießen.

»Wiederhole, wechseln auf acht Komma sechs vier«, sagte Erk lakonisch, »und flehen dich an, heute Abend ein Bier mit uns zu trinken, Waterboy.«

»Sie hat gesagt, Sie sollen das Geschwätz lassen, JG Fünf Eins«, unterbrach ihn eine kräftige Männerstimme.

»Wiederholen Sie das bitte, Sir«, meinte Erk und versuchte, seiner Stimme den richtigen Ton zu geben, scheiterte jedoch.

»… nähern sich!«, schrie die Frauenstimme im nächsten Moment.

»Waterboy, wiederhole das Letzte«, bat Erk und runzelte die Stirn. Während er den Kanal gewechselt hatte, war ihm der erste Teil ihrer Mitteilung entgangen, doch er glaubte, aus der Stimme der Flugaufsicht Panik herausgehört zu haben.

»Zielpunkte, und zwar viele!«, rief Pleth im gleichen Augenblick, als Erks Vorwarnsystem zu piepsen begann.

Jetzt sah Erk sie, ein Geschwader Tri-Droiden, die sich mit großer Geschwindigkeit aus der »Staubwolke« auf der Oberfläche lösten. Sofort verschmolz Erk mit seinem Jäger, als wäre er ein Funktionselement. »Bordwaffen in Bereitschaft«, meldete er beiläufig. »Nach Steuerbord«, befahl er Pleth. Er zog seine Maschine in eine halbe Rolle und ging auf Backbord in den Sturzflug. Der T-19 konnte eine Spitzengeschwindigkeit von zwanzigtausend Stundenkilometern erreichen, doch so schnell musste er nicht werden, um das Manöver durchzuführen, das ihm jetzt in den Sinn kam.

Erks Jäger preschte durch die Formation der feindlichen Schiffe. Mehrere feuerten auf ihn, während er auf den Boden zuraste. Auf zweitausend Metern, als die feindlichen Schiffe hoch über ihm und sonst keine Ziele zu sehen waren, brachte Erk sein Schiff in den steilen Steigflug. Sein Anti-G-Sitz schützte ihn davor, das Bewusstsein zu verlieren. Sobald sein Zielsystem sich auf die feindlichen Jäger eingestellt hatte, pumpten seine Blasterkanonen tödliche Blitze in deren Bäuche, derweil er von achtern herankam. Ihm blieb kaum eine Sekunde, um ein Ziel anzuvisieren und zu feuern, und trotzdem gelang es ihm, überall um ihn herum feindliche Schiffe explodieren zu lassen, als er erneut durch ihre Formation flog und im Anschluss hoch über sie aufstieg. Er rollte sein Schiff nach Steuerbord und stürzte sich wieder durch die Jäger, wobei abermals etliche von ihnen in Flammenbälle aufgingen. Pleth hatte er aus den Augen verloren.

Verwirrt durch Erks Blitzangriff bildeten die Tri-Droiden rasch eine Kreisformation in fünfzehntausend Meter Höhe. Erk lachte nur laut. Er stieg unter ihnen auf und feuerte aus der Nahdistanz, während das erste Ziel unter der Nase seines Jägers verschwand. Er setzte den Steigflug fort, rollte nach hinten und kam hinter dem nächsten Ziel heraus, das ebenfalls in einem Feuerball aufging.

»Deine Sechs!«, warnte Pleth plötzlich. Hochenergieblitze schossen von achtern auf Erks Cockpit zu. Entweder hatten sich einige Jäger aus der Kreisformation gelöst, oder weitere gesellten sich zu der ersten. Erk ging sofort in eine Rolle rückwärts, brachte die Maschine in einen vertikalen Sturzflug und kam aus der anderen Richtung auf die Angreifer zu. Erneut stieg er auf und griff von hinten an. Die beiden explodierten.

»Zu viele!«, rief Pleth.

»Wiederhole das«, erwiderte Erk ruhig.

»… abbrechen … Waterboy …«

»Sag es noch mal, Waterboy«, verlangte Erk nach dem verstümmelten Ruf von dem Kontrollschiff. Er wechselte auf den geschlossenen Kanal. »Waterboy, wiederhole deine letzte Übermittlung auf dem geschlossenen Kanal.« Irgendjemand auf dem Schiff würde den geschlossenen Kanal überwachen.

»… gehen ein«, erwiderte die weibliche Stimme ruhig, dann folgte nur noch statisches Rauschen.

Erk schaltete auf die zerhackte Frequenz zurück. »Auf nach Hause, Pleth. Waterboy ist weg, wiederhole, Waterboy ist weg.«

Da sie nur hundertfünfzig Kilometer von zu Hause entfernt waren, ging Erk in den Tiefflug nur wenige Meter über der Oberfläche, wo die feindlichen Schiffe Schwierigkeiten haben würden, sie aufzuspüren, und gab volle Energie auf seine Triebwerke. In kaum sechzig Sekunden würden sie die Basis erreichen, den Rest des Geschwaders abholen und dann zurückkehren, um den feindlichen Jägern und ihren Landemannschaften ordentlich zuzusetzen. Wenigstens passierte mal etwas auf Praesitlyn!

Erk hatte zehn der feindlichen Jäger in einem Luftkampf abgeschossen, der weniger als eine Minute dauerte, eine imposante Leistung für jeden Piloten. Aber Leutnant H’Arman war verwegen, wenn es verlangt wurde, und vorsichtig, wenn Vorsicht geboten war, und Vorsicht war nun ganz bestimmt angebracht. Er musste zur Farm zurückkehren, sich neu bewaffnen und mit Verstärkung zurückkehren. Allerdings hatte ihn der Kampf so beschäftigt, dass er sonst kaum etwas über die Stärke der feindlichen Streitmacht oder über ihre Absichten wahrgenommen hatte.

»Waterboy hat kein Glück gehabt«, sagte Pleth. Beide dachten an den jungen Fähnrich.

Ja, schoss es Erk durch den Kopf. Ganz und gar kein Glück.

Durch Geschicklichkeit und nicht aufgrund von Glück hatte Odie Subu ihr Speederbike zu einem Punkt direkt hinter einem Bergkamm gebracht, wo sie die feindlichen Landetruppen auf der Ebene unter sich beobachten konnte. Sie gehörte zu einem Aufklärungszug, den General Khamar seiner Armee vorausgeschickt hatte, um Erkenntnisse über die feindlichen Landetruppen zu sammeln. Das orbitale Überwachungssystem war entweder vernichtet oder wurde elektronisch gestört, und die Aufklärungsdrohnen der Verteidigungskräfte, die zuvor ausgesandt worden waren, hatten keinen Bericht erstattet. Sogar die Kommunikation mit der Hauptstreitmacht war erfolgreich unterbrochen worden – nur Kurzstreckenkommunikation über das taktische Netz war noch möglich. Deshalb sah sich General Khamar gezwungen, sich ausschließlich auf seine lebenden Aufklärer zu verlassen.

Odie lag auf dem Bauch neben ihrem Speeder, knapp unter dem Kamm des Bergzugs. Sie schob das Visier nach oben und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Ihr Gesicht war durch die ständige Einwirkung von Wind, Sonne und Sand dunkelrot gebrannt, doch der Bereich um ihre Augen, der vom Visier geschützt wurde, leuchtete weiß. Sie fuhr sich mit der Zunge über die wettergegerbten Lippen. Wasser? Nein, dafür hatte sie jetzt keine Zeit.

In ihrem Helm hörte sie eine leise Stimme. »Droiden.« Die Stimme gehörte einem anderen Soldaten ihres Zugs, der weiter unten am Hang positioniert war. Der Aufklärer war zu aufgeregt, um sich an das vorgeschriebene Kommunikationsprotokoll zu halten, und wegen der Verzerrung, die durch die eingesetzten Störgeräte entstand, erkannte sie nicht, um wen es sich handelte. Vermutlich Tami, dachte sie. Alle waren aufgeregt. Für die meisten – außer Sergeant Makx Maganinny, dem Anführer des Aufklärungstrupps – war dies ihr erster Kampfeinsatz. Offensichtlich hatte Tami bereits sein Elektrofernglas benutzt und beobachtete die Armee, die sich am Fuß der Hügelkette versammelte. Von ihrer Position aus konnte Odie deutlich das Dröhnen der Landeschiffe und das Poltern und Krachen hören, mit dem das schwere Gerät in Stellung gebracht wurde.

Vorsichtig kroch sie zum Kamm, setzte ihr Elektrofernglas an die Augen und nahm die Feineinstellung vor. Plötzlich sah sie in aller Schärfe tausende und abertausende Kampfdroiden vor sich. Das kleine Display zeigte eine Entfernung von tausendzweihundertfünfzig Metern an. Odies TT-4-Fernglas, das einzige des Trupps, zeichnete Bilder auf, die für General Khamar von unschätzbarem Wert sein würden, wenn sie zu ihrer Einheit zurückkehrte – falls sie zurückkehrte. In Anbetracht der Kosten dieser Datenkarten, mit denen die Hologrammbilder festgehalten wurden, hatte jeder Zug nur ein TT-4 bekommen. Sergeant Maganinny hatte ihr dieses überlassen, weil sie seine beste Speederfahrerin war.

»Vermutlich wird es dazu niemals kommen«, hatte er ihr gesagt, »doch falls die Kommunikation zusammenbricht oder in einer strategisch wichtigen Situation gestört wird, brauchen wir jemanden, der wie der Wind fahren kann, um die Neuigkeiten zum Bataillon zu bringen, und dieser Jemand sind Sie, junge Soldatin.« Der alte Unteroffizier hatte gelächelt und ihr die Hand auf die Schulter gelegt. »Merken Sie sich eins: Eines Tages werden Sie mit Ihrem Speeder vielleicht die ganze Armee retten.«

»Unglaublich viele!«, flüsterte Tami.

Odies Herz begann zu klopfen. Nie zuvor hatte sie eine echte Kampfmaschine aus solcher Nähe gesehen. Der Schweiß rann ihr über die Stirn und tropfte von der Nase. Ihr wurde übel, dennoch hielt sie das Elektrofernglas auf die Szene unten gerichtet und schwenkte es langsam von einer Seite zur anderen, wie man es ihr beigebracht hatte.

»Denken Sie an die Vorschriften, und lassen Sie das Kom offen!«, grunzte Sergeant Maganinny.

Solange auch nur ein Teil von Odies Kopf über den Kamm schaute, bestand die Chance, dass feindliche Überwachungsgeräte sie entdecken und auf sie schießen würden. Ihr Herz raste wie ein Strahlenbohrer. Ein weiteres Schiff landete auf einem Bett aus Feuer und Rauch. Riesige Staubwolken stiegen auf und schränkten die Sicht auf das Schiff ein. Sie stellte die Vergrößerung höher ein, um möglicherweise ein Abzeichen zu erkennen.

Kra-wumm! Eine Druckwelle, die von einer Explosion hundert Meter von ihrer Position entfernt ausging, traf sie wie die Hand eines Wookie an der linken Seite des Helms. Kurz verschwamm das Bild in ihrem Elektrofernglas. Eine riesige Staubwolke erhob sich von der Einschlagstelle, und selbst in dieser Entfernung wurde sie mit Erde und Steinen überschüttet. Überall um sie herum folgten weitere Explosionen, und dann wurde sie von links und rechts durchgerüttelt. Ihr Körper schüttelte sich wie ein Papierfetzen; die starken Druckwellen trieben ihr die Luft aus den Lungen. Überall an der Hügelkette spritzten Feuer und Staub auf. In ihrem Helmlautsprecher gellten Schreie und Rufe. Sie hörte ein schrilles Jammern, und plötzlich stellte Odie fest, dass es von ihr selbst stammte! Trotzdem nahm sie keine Sekunde lang das Elektrofernglas von den Augen. Auch wenn sie nichts erkennen konnte, wurden vielleicht dennoch wertvolle Daten aufgezeichnet. Sie spürte Feuchtigkeit in ihrer Kleidung. Blut oder …?

Über das Kom fluchte jemand auf übelste Weise. Nur Sergeant Maganinny redete auf diese Weise. »Raus hier!«, schrie er. Die Übertragung endete mit einem gequälten Grunzen. Das genügte Odie, um sich davonzumachen. Sie rutschte den Hügel hinunter, verstaute das teure Fernglas mit den unschätzbar wertvollen Daten in seinem Futteral und richtete ihren Speeder auf. Der war von den Explosionen umgeworfen, ansonsten jedoch nicht beschädigt worden.

Bei den Speeders der Aufklärungstruppe handelte es sich nicht um speziell für den militärischen Einsatz hergestellte Fahrzeuge, sondern um zivile Modelle, die Militärtechniker der Verteidigungsstreitkräfte von Praesitlyn umgebaut hatten – eine weitere Sparmaßnahme, die man der Truppe auferlegt hatte. Wenn der Feind über Speeder-Aufklärer wie den 74-Z verfügte und damit die Verfolgung aufnahm, würde sie ernsthafte Schwierigkeiten bekommen – ihr Speeder konnte mit dem 74-Z, seiner hohen Manövrierbarkeit, der Geschwindigkeit, Panzerung und der Waffenausstattung nicht mithalten. Zu ihrer Verteidigung stand ihr lediglich ein Handblaster zur Verfügung. Aber Odie kannte das Gelände zwischen hier und General Khamars Armee, und diesen Vorteil musste sie nutzen, wenn sie von Bodentruppen oder gar aus der Luft verfolgt wurde.

Außerdem hatte sie einen weiteren Vorteil: Sie konnte fast jedem in der gesamten Galaxis davonfahren. Sobald sich Odie in den Sattel eines Speeders setzte, verwandelte sie sich in eine andere Person. Wenn sie bei Übungen mit Höchstgeschwindigkeit dahinraste, konnte sie sich hinterher kaum an Kurskorrekturen erinnern, weil sie die wie im Schlaf vornahm. Ihre Kameraden bewunderten sie wegen ihrer Fahrkunst. In den vielen langen Monaten, die sie nun schon hier auf Praesitlyn stationiert war, hatte sie ihren natürlichen Fähigkeiten den letzten Feinschliff gegeben. Bei der Armee wird geübt und geübt, damit die Kampffähigkeit erhalten bleibt. Soldaten beschweren sich bitterlich über die ständigen Wiederholungen, selbst wenn sie Manöver durchführen, die ihnen im Kampf das Leben retten werden. Odie hingegen liebte diese Trainings.

Sie nutzte die Hügelkette hinter sich als Deckung und donnerte mit Höchstgeschwindigkeit bei zweihundertfünfzig Stundenkilometern davon, wobei sie stets im Abstand von weniger als einem Meter über dem Boden blieb. Bei dieser Schnelligkeit würde jeder kleine Fehler eine Katastrophe nach sich ziehen. Ungefähr einen Kilometer vom Bergzug entfernt fuhr sie in einem tiefen Cañon und reduzierte die Geschwindigkeit. Plötzlich stand ihr Herz still: Direkt über sich, doch außer Sicht über den Rändern des Cañons, hörte sie das Dröhnen eines anderen Speederbikes. Ihr geübtes Ohr verriet ihr eine schlechte Nachricht: Der Speeder war keiner von ihren. Sie hielt im tiefen Schatten der Cañonwand an und nahm den Helm ab, um besser zu hören. Das einzige Geräusch war das Pulsieren ihres Blutes in den Adern: Der andere Speeder hatte ebenfalls angehalten.

Vorsichtig zog sie den Blaster aus dem Holster. Wegen ihrer kleinen Hände hatte Odie die Waffentechniker gebeten, die Waffe für ihren Griff zu optimieren. Sie hatten das Fernrohr und die Emittermündung entfernt, damit Odie schneller ziehen konnte, und außerdem die Länge des Laufs verkürzt, was das Gewicht der Waffe erheblich verkleinerte. Zudem hatten sie den Griff verschmälert und ein kleineres Energiepack eingesetzt, damit sie mit ihren Fingern die Waffe besser halten konnte. Ein Dreipunkt-Visiersystem ersetzte das klobige Fernrohr.

Durch diese Maßnahmen war der Blaster wesentlich leichter und einfacher zu ziehen, doch die effektive Reichweite in den Händen eines gewöhnlichen Schützen schrumpfte von fünfundzwanzig auf zehn Meter – allerdings war Odie auch keine gewöhnliche Schützin. Die anderen Angehörigen ihres Zuges hatten sich über Odie und ihre »Knallpistole« lustig gemacht, weil das kleinere Energiepack die Anzahl der möglichen Schüsse verminderte, und sie rieben ihr diese Tatsache immer wieder unter die Nase. Aber ein alter Sergeant aus der Waffenkammer hatte ihr erklärt: »Wenn die ersten Schüsse zählen, braucht man die Feuerkraft der größeren Modelle gar nicht. Sollen die anderen Jungs doch ihre Handkanonen mit sich herumschleppen.«

Die Techniker hatten ihr weismachen wollen, ihr modifizierter Blaster würde lediglich auf kurze Distanz von Nutzen sein. Doch Odie hatte gelernt, selbst mit einer Hand Ziele aus einer Entfernung von sechzig Metern erstaunlich präzise zu treffen, und danach hatte sich der Hohn ihrer Kameraden in Respekt verwandelt. Exakte Schüsse mit einer Handwaffe erforderten eine gute Koordination von Hand und Auge, und mit diesem Talent war Odie reichlich gesegnet. Allerdings sollten sich Aufklärer sowieso nicht in Kampfhandlungen verwickeln lassen, und deshalb war die modifizierte Pistole genau das, was sie brauchte, um beim Fahren nicht gestört zu werden.

Odie nahm den Helm ab und schüttelte das kurze brünette Haar, das vom Schweiß feucht und mit Staub durchsetzt war. Sie brauchte jetzt dreihundertsechzig Grad Sichtbereich, und da sie vermutlich vollständig auf sich selbst gestellt war, benötigte sie das Komgerät nicht mehr. Sie entsicherte den Blaster und nahm den Finger vom Abzug. So steuerte sie den Speeder mit einer Hand und fuhr vorsichtig weiter. Vor ihr stieg das Gelände steil an. Sie hielt an, schaute den Hang hinauf und über ein Gewirr heruntergefallener Felsen hinweg zum oberen Rand des Cañons.