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Die Galaxie ist im Umbruch. Die Streitkräfte des Imperiums gewinnen mehr und mehr an Boden während die Rebellenallianz verzweifelt Widerstand leistet. Und es gibt neue schlechte Nachrichten: Versteckt in den Ruinen des Jedi-Tempels von Dantooine soll sich ein Holocron befinden mit den Namen aller hochrangigen Sympathisanten der Allianz. Ein mörderischer Wettlauf beginnt ...
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Seitenzahl: 347
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AUSSERDEM BEI PANINI ERHÄLTLICH
Star Wars: CORUSCANTNIGHTS Band 1 – Im Zwielicht
Michael Reaves – ISBN 978-3-8332-2906-0
Star Wars: THEOLDREPUBLIC – Eine unheilvolle Allianz
Sean Williams – ISBN 978-3-8332-2036-4
Star Wars: THEOLDREPUBLIC – Betrogen
Paul S. Kemp – ISBN 978-3-8332-2249-8
Star Wars: THEOLDREPUBLIC – Revan
Drew Karpyshyn – ISBN 978-3-8332-2373-0
Star Wars: THEOLDREPUBLIC – Vernichtung
Drew Karpyshyn – ISBN 978-3-8332-2608-3
Star Wars: THEFORCEUNLEASHED – Roman zum Game
Sean Williams – ISBN 978-3-8332-1737-1
Star Wars: THEFORCEUNLEASHEDII – Roman zum Game
Sean Williams – ISBN 978-3-8332-2129-3
Star Wars: IMPERIALCOMMANDO Band 1 – Die 501.
Karen Traviss – ISBN 978-3-8332-1935-1
Star Wars: REPUBLICCOMMANDO Band 1 – Feindkontakt
Karen Traviss – ISBN 978-3-8332-1199-7
Star Wars: REPUBLICCOMMANDO Band 2 – Triple Zero
Karen Traviss – ISBN 978-3-8332-1366-3
Star Wars: REPUBLICCOMMANDO Band 3 – True Colors
Karen Traviss – ISBN 978-3-8332-1653-4
Star Wars: REPUBLICCOMMANDO Band 4 – Order 66
Karen Traviss – ISBN 978-3-8332-1735-7
Nähere Infos und weitere Bände unter:
www.paninicomics.de
GALAXIES
AusdenTrümmernDantooines
VoronicaWhitney-Robinson
zusammenmitHadenBlackman
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Deutsche Ausgabe 2014 Panini Verlags GmbH, Rotebühlstraße 87,
70178 Stuttgart. Alle Rechte vorbehalten.
© 2014 Lucasfilm Ltd. & TM. All Rights Reserved.
Titel der Amerikanischen Originalausgabe: „Star Wars Galaxies: The Ruins of Dantooine“ by Voronica Whitney-Robinson with Haden Blackman, A Del Rey ® Book, published in the US by The Random House Publishing Group.
No similarity between any of the names, characters, persons and/or institutions in this publication and those of any pre-existing person or institution is intended and any similarity which may exist is purely coincidental. No portion of this publication may be reproduced, by any means, without the express written permission of the copyright holder(s).
Übersetzung: Jan Dinter
Lektorat: Andreas Kasprzak für Grinning Cat Productions
Redaktion: Mathias Ulinski, Holger Wiest
Chefredaktion: Jo Löffler
Covergestaltung: tab indivisuell, Stuttgart
Satz und eBook: Greiner & Reichel, Köln
ISBN 978-3-8332-2988-6
Gedruckte Ausgabe:
ISBN 978-3-8332-2907-7
www.starwars.com
www.paninicomics.de
Für meine Mutter Inge M. Whitney,
die im Sommer ’77 zu mir sagte:
„Hast du von diesem Film Star Wars gehört?
Ich glaube, der wäre was für dich.“
Es war einmal vor langer Zeit
in einer weit, weit entfernten Galaxis …
PROLOG
Ein leichter Regen hing als Schleier über den Hügeln. Neben dem steten Plätschern durchbrach nur der plötzliche Ruf eines Peko-Peko die Abendruhe. Das jämmerliche Kreischen des großen, blauhäutigen Reptavians hallte über den See und brach dann ebenso schnell wieder ab.
„Sind wohl Stoßzahnkatzen auf der Jagd“, murmelte Inquisitor Loam Redge und lächelte bei dem Gedanken daran, wie die beige-braunen Jäger in weiten Kreisen um die Residenz streiften. Die großen Raubtiere konnten nicht nur Peko-Pekos töten; die stellten lediglich die Vorspeise dar.
Der Mensch in dem dunklen Mantel stand allein auf dem steinernen Balkon, der einen Ausblick auf den ruhig daliegenden See und die Hügel dahinter bot. Gerade eben noch hatte er zugesehen, wie das letzte Schimmern der untergehenden Sonne die Welt in ein kurzes, leuchtendes Rosa tauchte, doch kaum war die flüssige Kugel verschwunden, hatte der Himmel verschiedene Grautöne von schmutzig weiß bis stählern angenommen. Die Farbtöne überlagerten einander, sodass man unmöglich sagen konnte, wo einer anfing und ein anderer aufhörte, und dann hatte schließlich der Regen eingesetzt.
Mit einem letzten Blick auf die funkelnden Lichter von Moenia im Osten ging der Inquisitor hinein, wo er seinen Mantel heftig abklopfte, so als hätte der plötzliche Guss ihn irgendwie besudelt. Er strich sich das dichte braune Haar zurück und richtete sich kerzengerade auf.
Niemand wusste, wie alt der Inquisitor war, und Redge zog es vor, dass es auch dabei blieb. Im Imperium gab es herzlich wenig Geheimnisse, und er wollte so viele wie möglich bewahren.
Inquisitor Loam Redge gehörte zu den seltenen Individuen, die große Freude an ihrer Arbeit empfanden. Jene zu finden, die für die Macht empfänglich waren, sie zu foltern und zugrunde zu richten gehörte zu seinen obersten Prioritäten, und sie bereiteten ihm auch das höchste Vergnügen. Er war sehr gut in seinem Tätigkeitsbereich, und selbst in seinen geschäftigsten Momenten wirkte er immer, als würde er über einen Witz schmunzeln, den nur er verstand. Die bizarre Freude hatte über die Jahre ihre Spuren in Form winziger Fältchen in den Winkeln seiner erdfarbenen Augen hinterlassen. Abgesehen davon war sein Gesicht nahezu faltenlos. Er hätte dreißig sein können, aber auch fünfzig.
Nachdem er sich überzeugt hatte, ordentlich frisiert zu sein, begab sich Inquisitor Redge hinaus auf den Korridor. Lautlos ging er über den dort ausgelegten braunen Plüschteppich mit der Goldkante, der so dick war, dass er beinahe nicht den MSE-6-Droiden gehört hätte, der zu seinen Füßen vorbeihuschte. Die kleinen schwarzen, rechteckigen Droiden bevölkerten die Ferienresidenz des Imperators, wie es auch auf imperialen Raumschiffen und Bodenstationen in der gesamten Galaxis der Fall war. Als die schwächelnde Firma Rebaxan Columni vor dem unmittelbaren Konkurs stand, war man mit einem Billigangebot für Millionen dieser Dinger auf das Imperium zugekommen, das wegen der allgemeinen Droidenknappheit in der Flotte angenommen wurde. Jetzt wimmelte es im Imperium von diesen kleinen Automaten.
Der mickrige Droide blieb ein paar Meter vor dem Inquisitor stehen und fuhr seinen kräftigen Arbeitsarm aus, der einen Lappen hielt. Dann begann er, fieberhaft an einem unsichtbaren Fleck an der hellbraunen Marmorwand zu schrubben. Einen Augenblick beobachtete Redge den Droiden dabei, wie er die ohnehin schon blank polierte Oberfläche wienerte, dann raffte er seinen Mantel ein Stück und ging an ihm vorbei. Ihm fiel auf, dass ihn der Anblick des Apparates vage an eine Art Ungeziefer erinnerte, was er als leicht störend empfand.
Außer ihm befand sich niemand auf dem Korridor, und er ergötzte sich weiterhin an dem stillen Luxus von Imperator Palpatines Urlaubsresidenz auf Naboo. Den Heimatplaneten des Imperators prägte harmonisches Grün, mit Gebieten dicht bewucherter Sümpfe, durchbrochen von weitläufigen Ebenen und grasbewachsenen Hügeln. Redge fand das Panorama beruhigend, und er wusste, dass Imperator Palpatine den Ort aus eben jenem Grund ausgewählt hatte, statt aus irgendeinem rührseligen Gefühl der Heimatliebe heraus. Nach Theed, Moenia, Kaadara, Dee’ja Peak und in die meisten kleineren Städte des relativ friedlichen Planeten war Inquisitor Redge in der Vergangenheit bereits aufgebrochen. Zu den Flüssen und Kanälen, die den Kern des Planeten durchzogen, hatte er sich jedoch noch nicht vorgewagt. Aus verlässlicher Quelle hatte er gehört, dass es möglich sei, Naboo von einem Ende bis zum anderen zu durchqueren, ohne dabei auch nur einmal den Kopf über die Oberfläche zu strecken. Gleichwohl würde er die Höhlenwelt irgendwann einmal erkunden müssen, sei es persönlich oder mithilfe verlässlicher Mitarbeiter an seiner Stelle. Man konnte einfach nicht wissen, wer oder was sich dort unten verbarg. Naboo konnte nicht nur für Künstler und Architekten eine Oase sein, sondern auch für anderes, weniger wünschenswertes Allerlei.
Der Imperator hatte seit der Errichtung der Residenz vonseiten des Planeten keine Schwierigkeiten bekommen, und auch für die Anwesenheit der Rebellion gab es, soweit Redge wusste, keinerlei Anzeichen. Königin Kylantha hatte ihre Loyalität gegenüber Palpatine schon viele Male beschworen und bewiesen. Dennoch ärgerte es den Inquisitor, dass sie sich nie die Mühe gemacht hatte, den Königlichen Beirat von Naboo aufzulösen oder irgendwelche nennenswerten Änderungen an den demokratischen Strukturen der Regierung vorzunehmen. Wenn sie wirklich so loyal war, wieso hatte sie sich dann nie der simplen öffentlichen Geste bemüßigt, diese Pseudoregierung aufzuheben? War es bloß ihre Eitelkeit, damit sie ihren bedeutungslosen Titel behalten konnte, oder steckte mehr dahinter? Solche Fragen nagten am Inquisitor, wenn er nachts in finsteren Stunden wach lag.
Redge bog um eine Ecke und erreichte den Eingang zu einem höhlenartigen, überkuppelten Vorraum, in dem bequem mehrere Garnisonen Platz gefunden hätten. Wie der Korridor, der hierherführte, war auch dieser Saal ganz in rosafarbenem und braunem Marmor gehalten. An den Wänden und von der gewölbten Decke hingen Banner, die in ihrem Rotbraun und Gold den Teppichen entsprachen, die sich durch die Unzahl von Korridoren in der Residenz zogen. Zylindrische goldene Lampen hingen von der Decke und warfen schimmernde Lichtpfützen auf den polierten Boden. Vor der gegenüberliegenden Wand standen, ganz in Rot gehüllt, zwei Mitglieder der imperialen Ehrengarde und bewachten die Tür, die, wie der Inquisitor wusste, zum Allerheiligsten des Imperators führte. Wie Rachegeister standen sie unerschütterlich in Ausübung ihrer Pflicht da und rührten nicht einen Muskel. Dennoch war der Saal nicht völlig frei von Bewegung.
Entlang der geschwungenen Seitenwand, neben einem kleinen Computerterminal, standen zwei Sturmtruppler. Im Gegensatz zu Redge war ihre Körperhaltung entspannt. Der eine lehnte zwanglos an der Wand – fast schon ein Kunststück in Anbetracht der Tatsache, dass er von Kopf bis Fuß in einer blitzblanken weißen Rüstung steckte. Sein Kollege bemühte sich nur wenig mehr um militärisches Auftreten. Keiner der beiden blickte in Redges Richtung, daher bemerkten sie ihn auch nicht. Während er lautlos näher kam, konnte der Inquisitor ihre abgehackt klingende Unterhaltung mithören.
„Ich sag dir“, schnarrte der, der an der Wand lehnte, „wenn die jetzt noch nicht angefangen haben, einen neuen zu bauen, tun sie’s auch nicht mehr.“
„Ist doch erst ein Jahr her“, erwiderte der andere mit stärkerem statischen Rauschen in der Stimme. Sein Transmitter war offenbar überholungsbedürftig. „So überragende Ausrüstung repariert man nicht von heute auf morgen.“
„Glaub’s mir einfach“, hielt der Erste dagegen. „Wenn die den Todesstern bis jetzt noch nicht repariert oder ersetzt haben, dann tun sie’s auch in Zukunft nicht. Und das will was heißen.“
„Und was genau?“, antwortete sein Kamerad, und selbst Redge konnte dabei ein leichtes Unwohlsein aus der automatisierten Stimme des Mannes heraushören.
Der erste Sturmtruppler verlagerte sein Gewicht etwas. „Ich habe Gerüchte gehört, dass die Rebellion weiter wächst und mächtiger wird. Wenn die eine Waffe von der Größe des Todessterns ausschalten können, dann kann niemand sagen, wie stark sie wirklich sind. Ich glaube, der Imperator will uns das verschweigen.“ Dafür, dass er über einen Transmitter sprach, hatte er seine Stimme erstaunlich tief gesenkt. „Ich glaube, er verschweigt uns eine ganze Menge.“
„So zu reden, kann dich leicht umbringen“, warnte ihn sein Freund.
„Oder Schlimmeres“, fügte Redge mit sanfter, melodischer Stimme hinzu.
Eindeutig überrascht drehten sich beide Soldaten ruckartig um. An dieser Methode erfreute sich Redge am meisten: Den Gegner aus dem Gleichgewicht bringen und zuschlagen, solange er noch im Wanken war.
„Sir, i… ich wusste nicht, dass Sie zugegen sind“, stammelte der Erste.
„Offensichtlich“, erwiderte Redge lässig und genoss das unübersehbare Unbehagen des Mannes. Er beschloss, ihn noch ein Weilchen zappeln zu lassen, also schwieg er, damit der Soldat versuchen musste, sich aus diesem Fettnäpfchen herauszuwinden.
„Es tut mir leid, Sir, ich wollte sicherlich nicht querschießen. Ich erklärte nur gerade meinem …“
„Machen Sie sich nicht die Mühe, mir irgendetwas zu erklären, Soldat“, unterbrach Redge ihn ungerührt. „Ich weiß genau, was Sie ihrem ‚Freund‘ hier erklären wollten.“ Er nickte in die Richtung des anderen Mannes. „Sie glauben, der Imperator würde Ihnen etwas verheimlichen, würde Sie sozusagen im Dunkeln lassen?“
„Es ist nur …“
„Es ist nur gar nichts“, warnte ihn Redge mit finsterer Miene. „Sie wissen, was Sie wissen müssen, nicht mehr und nicht weniger. Wie der Rest von uns. Dem Imperator zu dienen bedeutet, ihm vollkommen zu vertrauen und nichts infrage zu stellen.“
Die Sturmtruppler schwiegen, und der Inquisitor wusste, beide fürchteten sich, auch nur einen Ton zu sagen. Ihre Angst wärmte sein Herz. Die Winkel seines dünnen Mundes zuckten mit wachsendem Vergnügen. Er liebte diese Art sarkastischer Spielchen. Sein Körper entspannte sich um eine Winzigkeit.
„Aber“, gestand er großzügig ein, „auf Ihre simple Art und Weise haben Sie nicht völlig unrecht.“
„Sir?“, fragte der zweite Soldat, und Redge war klar, dass beide nun nach Strohhalmen griffen, um sich reinzuwaschen.
„Dieser Krieg ist alles andere als beendet“, räumte er ein. „Wir haben die Macht und die Stärke, die Rebellen zu vernichten; so viel steht außer Frage. Doch die Rebellen sind verschlagen und wissen sich wie Wedelrawls bestens zu verstecken und Schlupfwinkel und Nester in den höchsten Etagen der Macht anzulegen. Nur wenn wir jene aufscheuchen und ausmerzen, die sich mitten unter uns verbergen, wird der Sieg wirklich unser sein“, erklärte Redge und verlor sich für einen Augenblick in seinem Eifer.
Doch bevor er die Diskussion vertiefen konnte, spürte er eine kaum wahrzunehmende Veränderung des Luftdrucks im Saal. Redge wusste, dass wer die Tür zur Kammer des Imperators geöffnet hatte.
Er kehrte den beiden Sturmtrupplern, deren Anwesenheit nun völlig belanglos war, den Rücken zu und beobachtete, wie sich eine schwarze Gestalt aus dem tiefen Schatten des Durchgangs löste. Als sie sich näherte, spürte Redge, wie sich sein Magen zusammenzog, und für einen Moment wurde ihm schwindelig. Empfänglich, wie er für die Macht war, wurde der Inquisitor von der Stärke des Mannes, der nun auf ihn zukam, schier überwältigt.
Die riesige Gestalt steckte von Kopf bis Fuß in einer schwarz glänzenden Rüstung. Eine Reihe von Vorrichtungen an seinem Brustpanzer blinkte rot und blau im Takt von Atmung und Herzschlag. Sein Gesicht wurde von einer bizarren, helmartigen Atemmaske verdeckt, die an den Schädel irgendeiner dunklen Gottheit erinnerte. Mit raschen aber nichtsdestotrotz wohlüberlegten Schritten kam er auf den Inquisitor zu, während sich sein schwarzer Umhang hinter ihm bauschte und ihm das Aussehen eines geflügelten Raubtiers verlieh.
Nur sehr vage, aus den Augenwinkeln, sah Redge, dass die beiden Soldaten gegenüber der ominösen Erscheinung noch strammer Haltung annahmen als ihm selbst gegenüber. Viel mehr registrierte er nicht, da er in einer tiefen, unterwürfigen Verbeugung elegant auf ein Knie niedersank.
„Lord Vader“, hauchte er mit dem genau richtigen Anteil an Ehrfurcht in der Stimme.
„Erheben Sie sich, Inquisitor“, befahl Lord Vader mit tief dröhnender Stimme, die von der unverkennbaren mechanischen Atmung begleitet wurde. „Erheben Sie sich und begleiten Sie mich.“
Redge stand ebenso elegant auf, wie er sich hingekniet hatte, und unterdrückte den Drang, erneut seinen Mantel abzuklopfen, um vor einem Dunklen Sith-Lord auf keinen Fall geckenhaft zu wirken. Obwohl er sich kerzengerade hinstellte, musste er immer noch zu dem Sith-Lord aufblicken, der über zwei Meter maß. Bevor er sich Vader anschloss, wandte er sich noch einmal den beiden Soldaten zu.
„Da Sie beide so viel freie Zeit zum Nachdenken haben, werde ich mich um Ihre Versetzung auf einen Posten kümmern, den Sie zweifellos … herausfordernd finden werden“, sagte er zu ihnen. „Vielleicht etwas im Hoth-System“, grübelte er laut. „Ich glaube, bislang haben wir noch nicht sehr viele Satelliten dort hinausgeschickt. Melden Sie sich wegen neuer Befehle bei Ihrem Garnisonskommandanten. Ihre hiesige Stationierung ist hiermit vorbei.“ Damit drehte er sich um und marschierte an Vaders Seite davon, wobei er noch kurz dem Gedanken nachhing, in welche höllische Ecke die beiden letzten Endes wohl entsandt werden würden.
Nach einer kurzen Weile des Schweigens, die Redge ausgesprochenes Unbehagen bereitete, wandte er sich dem dunklen Schatten zu. „Ja, mein Lord?“
„Der Imperator will wissen, wie Sie vorankommen“, hob Lord Vader an.
Redge bemühte sich, nicht aus dem Gleichgewicht zu kommen. Die dunkle Kraft der Macht ging in erdrückenden Wellen von Vader aus.
„Inquisitor?“, forderte die verzerrte Stimme und Redge wusste, dass er kein zweites Mal fragen würde.
„Mein Lord“, begann er, „mir ist der Ernst bewusst, der dieser Mission innewohnt.“
„Ist er das? Ich fühle mich geehrt, dass Sie mir zustimmen“, entgegnete Vader. Fast meinte Redge, Sarkasmus aus der Stimme des Sith-Lords herauszuhören.
„Ich wollte nur sagen, Lord Vader, dass ich meine Rolle dabei voll und ganz verstehe.“
„Tun Sie das, Inquisitor?“, fragte ihn Vader und blieb stehen, bevor die beiden Männer den nächsten Korridor erreichten. In dem widerhallenden Saal war nur Vaders mechanischer Atem zu hören. Für einen Moment war Redge ratlos, wie es weitergehen sollte. Darth Vader war das einzige Wesen, das je diese Wirkung auf den Inquisitor erzielt hatte.
„Ist Ihnen wirklich klar, was es bedeutet“, fuhr der Sith-Lord schließlich fort, „falls das Holocron wieder in die Hände der Rebellen fällt?“
Redge schluckte schwer. „Ja, mein Lord, ich meine einschätzen zu können, was dann geschehen würde. Sollten die Rebellen dieses Gerät zurückgewinnen – und damit unter anderem die darin enthaltene Liste hochrangiger Rebellen-Sympathisanten – und jene Spione einschalten, könnte das Imperium sehr wohl von innen heraus zerfallen.“
Wie eine Steinstatue sah Vader ihn an, bevor er einen behandschuhten Finger hob und ihn anklagend auf den Inquisitor richtete. „Und was unternehmen Sie dagegen?“, wollte er wissen.
„Lord Vader, gerade in diesem Moment ist mein bester Agent diesem Gegenstand auf der Spur. Ich habe ihn über viele Jahre ausgebildet und glaube, er ist besser als jeder andere für diese Mission geeignet. Wir werden nicht scheitern“, versprach er und konnte dabei das Zittern in seiner Stimme kaum unterdrücken.
Vader starrte ihn noch einen Augenblick länger an, dann wandte er sich ab und ging den Korridor hinunter, dessen dicker Teppich seine schweren Schritte dämpfte. Der Inquisitor beeilte sich, Schritt zu halten.
„Der Todessternvorfall wird sich nicht wiederholen“, erklärte Vader. Dem Inquisitor war klar, dass der Sith-Lord ihn nicht ins Vertrauen zog, sondern vielmehr nur laut nachdachte. Dennoch tat er, eingeschüchtert wie er war, nichts, um Vader zu unterbrechen.
„Die Tatsache, dass uns diese Pläne entglitten und den verfluchten Rebellen in die Hände gefallen sind …“ Vaders Stimme schweifte ab, und die Finger seiner linken Hand krümmten sich.
Während sie das taten, spürte Redge einen wachsenden Druck auf sein Herz. Sein Atem ging schneller, und am Rand seines Blickfelds tanzten schwarze Punkte. Er verlangsamte seinen Schritt und sah undeutlich, dass Vader weiterging, ohne zu bemerken, dass sein Begleiter zurückblieb. Redge legte eine Hand auf seine Brust. Sie fühlte sich an, als hätte sich ein Fambaa daraufgesetzt. Ihm schwirrte der Kopf. Dann verschwand der Druck so plötzlich, wie er gekommen war. Er legte eine Hand an die Marmorwand und versuchte, wieder zu Atem zu kommen, bevor er geschwächt hinter Vader hertrottete, der seine Schritte nicht unterbrochen hatte.
„Inquisitor?“, sagte Vader fordernd.
„J… ja, mein Lord?“, stammelte Redge, der sich von Vaders unbewusstem Angriff kaum erholt hatte.
„Ihr bester Agent, sagen Sie?“
„Ja, mein Lord“, erwiderte Redge, und seine Stimme gewann mit jedem Augenblick wieder an Kraft. „Dieser Agent wird nicht versagen.“
Darth Vader drehte sich um und starrte Redge erneut an. „Inquisitor, Sie sollten sich darüber im Klaren sein, dass es so etwas wie Versagen im Imperium nicht gibt. Ich schlage vor, Sie vergessen das nicht.“ Er hob einen Finger, deutete damit Unheil verkündend auf den Inquisitor, dann wandte er sich wieder ab und ging. Das Zischen seiner automatisierten Atmung verhallte zusammen mit seinen Schritten am Ende des Korridors. Erst als sich Redge nicht mehr in der Gegenwart des Sith-Lords befand, bemerkte er, dass er den Atem angehalten hatte. Langsam atmete er aus.
Redge trat vom Korridor zu einer Nische, von der aus die Privatfähre des Imperators zu sehen war und neben der zur Bewachung ein AT-ST stand. Er legte den Kopf an den kühlen Marmor und seufzte. Seine Gedanken wanderten von dem Holocron zu seinem Agenten und zurück zu Vaders unverhohlener Todesdrohung. Er wusste nur allzu gut, wie viel vom Erfolg dieser Mission abhing. Redge seufzte noch einmal und starrte hinaus in die Nacht. Der Regen hatte zugenommen.
Die junge Frau schaute hinauf in den klaren Nachthimmel. Sie saß auf dem Waldboden, hatte die Arme um die angezogenen Knie geschlungen, und ihr zu Zöpfen geflochtenes Haar fiel ihr in den Nacken. Auf den ersten Blick hatte sie nichts Außergewöhnliches an sich. In dem weiten Hemd und den in den Farben des Waldes gefleckten Hosen hätte sie einfach nur irgendeine junge Frau sein können, die nach einem langen Tag ein wenig die Sterne betrachtete. Erst ihr Gesicht ließ ihre Selbstbeherrschung erkennen, auch wenn sie nur am Boden saß. In ihrem Blick lag eine ungewöhnliche Reife.
Als Senatorin einer aufgelösten Regierung und Prinzessin eines vernichteten Planeten hatte Leia Organa weder ihr Selbstvertrauen noch ihre Vorsätze verloren, auch wenn ihre Titel nichts mehr bedeuteten. Ihr Wille war wie aus härtestem Metall geschmiedet, und dieser Wille hatte sie durch die vielen dunklen Zeiten getragen, die die Allianz hatte durchstehen müssen. Auch wenn sie noch keine dreißig war, besaß sie größere Weisheit als mancher in höherem Alter. Sie trug den Mantel ihrer Verantwortung mit einer Stärke, die der Vernunft trotzte. Die vielen Soldaten und Kommandanten, die ihr folgten, bewunderten diese Frau, die niemals irgendwem gegenüber Furcht zeigte. Und Leia zeigte dieses Selbstvertrauen gegenüber jedem. Sie wusste, dass sie sich etwas anderes gar nicht leisten konnte. Und dennoch gab es Momente, meistens mitten in der Nacht, in denen sie Zweifel und Furcht überkamen. In solchen Momenten war es möglich, dass sie sich, egal wo sie war, hinausschlich, um echte Luft einzuatmen, nicht die künstliche Atmosphäre irgendeiner Geheimbasis oder eines Raumschiffes, um den Erdboden zu berühren und in die Sterne zu blicken. Diese einfache Handlung schenkte ihr wieder Bodenständigkeit und Frieden. Sie erinnerte sie wieder daran, dass sie Teil eines größeren Ganzen war und dass es eine Ordnung der Dinge gab, die es zu befolgen galt. Das Wissen, ein Teil dieser Ordnung zu sein, baute sie wieder auf und gab ihr die Stärke weiterzumachen. So hatte sie es schon immer getan, seit sie ein Kind war, und immer allein. Doch dies hatte sich vor Kurzem geändert.
Leia hörte ein leises Rascheln hinter sich, aber sie griff nicht nach ihrer Pistole. Sie zog den Kopf ein, schloss die Augen und lächelte. Sie wusste, wer es war.
Der blonde junge Mann ging neben ihr in die Knie. Er war auf die gleiche Art gekleidet wie Leia. Im Licht der Sterne konnte Leia sehen, dass auch er lächelte. Der Blick in seinen blauen Augen war allerdings nicht mehr so unschuldig, wie er damals, vor vielen Monaten, gewesen war, als sie ihm das erste Mal begegnet war. Ein Hauch verblasster Traurigkeit lag darin und noch etwas anderes. Sie wusste, dass Luke Skywalker mit jedem Tag, der verging, mehr und mehr über die geheimnisvollen Gebräuche der Jedi lernte. Und diesem Wissen zu folgen, veränderte ihn.
„Es ist spät“, sagte er, und ihr fiel auf, dass er gar nicht fragte, weshalb sie sich außerhalb des geheimen Rebellenbunkers befand. In den vergangenen Monaten hatte Leia entdeckt, dass er wie sie dieses Bedürfnis empfand, die Planeten, auf denen sie sich aufhielten, zu spüren, und sei es auch nur für eine kurze Weile. Es hatte Leia überrascht, seine Gegenwart nicht als Zudringlichkeit zu empfinden, sondern als willkommene Gesellschaft. Manchmal saßen sie stundenlang in freundschaftlichem Schweigen beieinander. Die Verbundenheit, die sie zu ihm verspürte, war etwas Neues für die Prinzessin.
„Ich weiß“, flüsterte sie mit belegter Stimme.
„Was macht dir heute Nacht zu schaffen?“, fragte er.
Leia seufzte. Sie nahm ihm die Frage nicht übel. In letzter Zeit versank sie tatsächlich des Öfteren tief in Gedanken. Und wahrscheinlich gab es ansonsten nur einen anderen, mit dem sie ihre Befürchtungen geteilt hätte, aber der befand sich auf einer Mission weit weg von ihrer Übergangsbasis auf Corellia. Und wenn sie ehrlich zu sich selbst war, musste Leia zugeben, dass sie in Gegenwart des Exschmugglers-und-jetzt-Rebellen manchmal nervös wurde, so als würde eine unbestimmte Spannung zwischen ihnen fließen. Bei Luke fühlte sie sich einfach zu Hause.
„Wir haben noch so viel vor uns“, erwiderte sie schließlich und versuchte, den Überdruss in ihrer Stimme zu verbergen.
„Aber wir haben schon so viel erreicht“, sagte er sanft. „Allein die Vernichtung des Todessterns war ein Riesensieg.“
„Ich weiß“, stimmte sie zu. „Das war ein bedeutsamer Erfolg und hat der Allianz enorme Anziehungskraft gegeben. Die Hoffnungen von so vielen Unentschlossenen und Verängstigten kristallisierten sich heraus. Aber es war nur ein einziger Sieg, und er hat uns viele Leben gekostet“, bekannte sie mit müder Stimme.
„Du hast in allem recht“, gab er zu. „Aber das Imperium wird scheitern, weil sie auf Technologie setzen statt auf die Leute. Sie begreifen nicht, dass all die Leben, die sie unterdrücken wollen, etwas bewirken und letztlich den Ausgang dieses Krieges bestimmen werden.“
Leia sah ihn genauer an. Für einen Augenblick strahlte er die gleiche Überschwänglichkeit und Naivität aus wie bei ihrer ersten Begegnung, als sie ihm angesehen hatte, dass er sich fühlte, als könne er im Alleingang das gesamte Imperium aus den Angeln heben. Sie lächelte und spürte, wie sich ihre Stimmung besserte.
„Auch das weiß ich, Luke“, sagte sie. „Ich glaube, gerade deshalb lastet diese neue Mission so schwer auf mir.“
„Das Holocron?“, fragte Luke, obwohl er die Antwort bereits kannte.
„Ja. Die Namen, die darauf gespeichert sind, könnten das Blatt für uns wenden“, räumte Leia ein. „Wie du sagst: Unsere Stärke liegt in denen, die auf dasselbe Ziel zuarbeiten wie wir. Falls diese Liste in imperiale Hände fallen sollte, würde das nicht nur den sicheren Tod für diese Sympathisanten bedeuten, sondern auch für uns das Ende einläuten. So wie wir Hilfe aus dem Imperium heraus gebraucht haben, um den Todesstern zu vernichten, brauchen wir diese Leute und die Einblicke, die sie uns in das Imperium geben können, jetzt umso mehr.“
Luke rückte etwas näher zu ihr. „Du hast einen deiner besten Agenten losgeschickt, um es zu holen, oder?“
„Ja“, erwiderte Leia und bemühte sich nun nicht mehr, den Überdruss in ihrer Stimme zu verbergen. „Ja, ich habe wieder jemanden hinaus ins Nichts geschickt, vielleicht wieder in den Tod. Wieder einer …“ Sie legte ihren Kopf auf die Knie und schloss die Augen. Und nicht einmal Lukes tröstender Arm um ihre Schulter konnte die Last lindern, die die Prinzessin von Alderaan allein zu tragen hatte.
EINS
„Wo soll ich hin?“, rief Dusque Mistflier ihrem Kollegen zu. Sie wandte den Kopf, um zu ihm aufzublicken, und konnte wegen des Lärms der Menge kaum die eigene Stimme hören.
„Ich glaube, unsere Plätze sind weiter links“, antwortete er.
Trotz der lärmenden Atmosphäre drehten sich mehrere Leute in dem Wirrwarr beim Klang von Tendau Nandons Stimme um. Es waren schwer auszumachende Laute, und Dusque hatte Monate gebraucht, um die ungewöhnlichen Obertöne seiner Sprache zu verstehen.
Nandon war ein Ithorianer, Angehöriger jener Spezies, die man auch „Hammerköpfe“ nannte. Er war zwei Meter groß, und sein gewölbter Kopf saß auf einem langen, nach vorn gekrümmten Hals. Was seiner Stimme diesen seltsamen Klang verlieh, waren die zwei Münder, die an den Seiten des langen Halses saßen und immer, wenn er sprach, für einen sonderbaren Stereoeffekt sorgten, den manche als äußerst befremdlich empfanden, wenn er Basic sprach, und als völlig unverständlich, wenn er in seiner Muttersprache kommunizierte.
Dusque nickte ihm zu und wandte sich in die Richtung, in die er gezeigt hatte. Sie strich sich eine Strähne ihres beinahe hüftlangen sandfarbenen Haars aus den Augen und verfluchte sich dafür, es nicht zurückgebunden zu haben. Aber solches Getue an sich selbst war Dusque zuwider, denn sie empfand es als zu feminin. Eine Frau zu sein, das lernte sie gerade, war im Imperium nicht der Idealfall, daher gab sie sich alle Mühe, so unweiblich wie möglich aufzutreten. Sie spielte sogar mit dem Gedanken an einen Kurzhaarschnitt. Tief in ihrem Herzen war sie sich sicher, dass sie wegen ihres Geschlechts ausgebremst und nicht entsprechend ihren Fähigkeiten eingesetzt wurde. Ihr derzeitiger Job, so hatte sie das Gefühl, war Beweis genug dafür.
Natürlich, sagte sie sich, bin ich jetzt erst ein paar Monate beim imperialen Bioingenieurskorps, aber trotzdem sollte mir ein gewisses Maß an Respekt entgegengebracht werden, das ich bislang noch vermisse.
Stattdessen befand sie sich auf dem relativ friedlichen und hübschen Planeten Naboo, auf einer Veranstaltung für Tierabrichter, die auch noch ausgerechnet von einem Kasino gesponsert wurde. Nicht gerade ein Traumjob, und Dusque hatte das Gefühl, man hätte sie nur deshalb mit der Aufgabe betraut, genetische Gewebeproben zu sammeln und tierisches Verhalten aufzuzeichnen, weil die meisten anderen Kollegen, die im Rang allesamt höher gestellt waren, diese Tätigkeit für ihrer unwürdig erachteten. Zugegeben, von tierischem Verhalten in Gefangenschaft gab es immer Wertvolles zu lernen, und Dusque wäre die Erste gewesen, diesen Standpunkt gegen jedermann zu verteidigen, aber gerade fragte sie sich zum unzähligen Mal, was man aus diesem Debakel lernen könnte.
Das Aerie war ein neues Kasino, das erst vor Kurzem nahe der Stadt Moenia seine Eröffnung gefeiert hatte und sich schon jetzt darum bewarb, eine der exklusivsten Glücksspieleinrichtungen in der Galaxis zu werden. Und als Dusque ihren Blick über das Gedränge aus Bothanern, Rodianern, Menschen, corellianischen Tierhändlern und anderen wandern ließ, konnte sie nicht abstreiten, dass es ziemlich viele Besucher anzog, die der Bewerbung durchaus Glaubwürdigkeit attestierten. Nahe dem Kasino hatte man eine spezielle Arena mit Sitzplätzen errichtet, in der für die Veranstaltung eilfertig provisorische Wetttische aufgestellt worden waren. Hunderte Gäste waren erschienen. Dusque sah, dass beinahe jeder Sitzplatz ausgebucht war und sich eine Menge weiterer Gäste außerhalb des offiziellen Zuschauerbereichs herumtrieben. Als imperiale Wissenschaftler hatten Dusque und der Ithorianer Plätze am Ring.
Ganz vorn erblickte Dusque zwei leere Plätze, und vorsichtig bahnte sie ihnen einen Weg dorthin. Sie wusste, dass es Nandon unangenehm war, sich planetengebunden fortzubewegen, also passte sie das Tempo ihrer Schritte entsprechend an, ohne ihn darauf aufmerksam zu machen. Sie wollte ihm nicht das Gefühl geben, ihn zu bemuttern, aber sie wusste um seine Mühen. Im Allgemeinen verbrachten Ithorianer den Großteil ihrer Zeit in den schwebenden Städten über Ithor und betraten niemals die Oberfläche ihres wunderschönen Heimatplaneten, daher fühlten sich die meisten von ihnen nur auf Schiffen oder anderen künstlichen Konstruktionen wohl. Ein paar eher abenteuerlustig Veranlagte dieser friedliebenden Spezies waren jedoch zu den Sternen aufgebrochen. Auch Tendau Nandon gehörte zu diesen Pionieren. Aber das änderte nichts an seinem Unbehagen.
Dusque hatte immer noch viel über seine Spezies zu lernen, aber sie wusste, wie sehr sie die Natur verehrten. Tatsächlich war es so, dass sie die Natur ihres Planeten anbeteten und sie als Mutter Dschungel bezeichneten. Wenn man bedachte, wie sehr sie die Ökologie achteten, war es kein Wunder, dass viele Ithorianer in ihrer Faszination für alle Formen des Lebens schließlich Karrieren als Biologen und Bioingenieure einschlugen. Und Nandon gehörte zu den besten Biologen, denen Dusque jemals begegnet war. Der einzige Grund, der ihr den jetzigen Auftrag überhaupt erträglich machte, lag darin, dass er als Einziger beantragt hatte, sie zu begleiten.
Dusque war sich nicht bewusst, was für einen Anblick sie selbst in dieser bunt gemischten Menge in der Arena boten. Dusque war einen ganzen Menschenkopf kleiner als Nandon und eine schlanke Frau, aber sie verbarg ihre drahtige Figur geschickt unter langen Hosen und einem übergroßen Oberteil. Nandon hatte beim Anblick ihres Aufzugs missbilligend geschnalzt. Selbst er hatte die vorgeschobene Wichtigkeit des Abends anerkannt und sich entsprechend gekleidet, mit einem besonderen Umhang, den er sonst nur zu feierlichen Anlässen trug. Er hatte sie gedrängt, etwas Förmlicheres anzuziehen, und sie hatte kichern müssen bei seiner Überraschung, als sie ihm erklärte, dass sie keine Kleider besaß.
„Wozu sollten die gut sein?“, hatte sie ihn gefragt und mit ihren grauen Augen gezwinkert. „Man kann in den verdammten Dingern nicht richtig rennen oder klettern, also weshalb sich welche zulegen?“
„Dazu sind sie auch nicht gedacht“, hatte er entgegengesetzt.
„Du trägst doch auch keins, obwohl ich zugeben muss, dass dieser Umhang deine silbrige Haut hervorragend zur Geltung bringt“, lautete ihre Antwort, und beide hatten lachen müssen. Wieder einmal war sie froh gewesen, unter ihren stoischen Kollegen einen Verbündeten zu haben. Trotz der stetig wachsenden Freundschaft zu dem Ithorianer fühlte sich Dusque in der sterilen Umgebung ihres Arbeitsplatzes immer noch als Außenseiterin.
„Da wären wir“, sagte sie und versuchte, nicht zu entmutigt zu klingen, als sie sich setzte.
„Es könnte schlimmer sein“, raunte er ihr zu.
„Wie das?“, seufzte Dusque.
„Es könnte immer noch regnen“, stellte er fest und zauberte damit immerhin ein schiefes Lächeln auf Dusques Gesicht. Sie atmete auf und begriff, dass er wohl immer auf einen positiven Gesichtspunkt hinweisen würde. Und er hatte recht. In der vorangegangenen Nacht hatte es stark geregnet, und auf ihrem Weg durch die Zuschauermenge hatte sie bei jedem Schritt ein schmatzendes Geräusch begleitet. Aber ihre Stühle sanken nicht allzu tief im Boden ein, als sie es sich bequem machten, um sich auf eine zweifellos lange Nacht einzustellen.
Tendau hat recht, dachte sie. Wir sind Bioingenieure, und das hier ist unser Job.
Schicksalsergeben wandte sie sich ihrer Aufgabe zu und zog Datapad und Stift hervor, um ihre Beobachtungen zu notieren. Sie war jedoch nicht mit dem Herzen bei der Sache. Nicht zum ersten Mal fragte sie sich, wohin ihre Entscheidungen in ihrer Jugend sie geführt hatten.
Dusque war die Jüngste in einer Großfamilie gewesen und die einzige Tochter ihrer Eltern. Während ihrer Kindheit auf Talus war sie abwechselnd das Wickelkind und das Nesthäkchen gewesen, immer unter den wachsamen Augen ihrer vier Brüder. Sie war ihnen bei ihren kindlichen Abenteuern nachgelaufen, bis sie schließlich groß und stark genug war, um mit ihnen mitzuhalten, wenn sie rannten, kletterten und sich Lager bauten. Ihre Tricks und Streiche hatten Dusque zäher als die meisten anderen gemacht, weil sie sich von ihren Hänseleien unter keinen Umständen unterkriegen lassen wollte. Ihre Brüder weinten nicht, also weinte sie auch nicht.
Ihr Vater hatte sich fleißig für eine kleine Firma abgerackert, die Raumschiffteile herstellte. Nicht ganz so renommiert wie die großen Unternehmen über Corellia, aber dennoch ein guter Arbeitsplatz. Und er hatte hart gearbeitet. Ihre Mutter hatte den Haushalt geführt und den Kindern Pflaster aufgeklebt, wenn sie sich geschnitten oder geschürft hatten. Sie hatten ein einfaches, aber gutes Leben geführt. Leider dauerte es nicht lange.
Auch wenn sie damals noch ein kleines Kind gewesen war, erinnerte Dusque sich noch gut daran, wie das Imperium anfing, Einfluss auf das Leben derjenigen zu nehmen, die auf Talus arbeiteten. Und sie hatte noch das Bild ihres Vaters vor Augen, wie er abends erschöpft nach Hause kam und sich besorgt fragte, wozu die Schiffe, bei deren Bau er half, eingesetzt wurden. Oft hatte er bis spät in die Nacht mit ihrer Mutter darüber gesprochen und Dusque erinnerte sich, wie sie sich dann ab und zu aus dem Bett geschlichen und gelauscht hatte. Wann immer es um dieses Thema ging, gab es Anschuldigungen, und es flossen Tränen. Vor allem aber herrschte Furcht. Selbst sie hatte gespürt, dass ihre Eltern Angst hatten. Die Spannungen in ihrem bescheidenen Zuhause nahmen zu. Und dann kam der Tag, an dem ihr Vater nicht von der Arbeit heimkehrte.
Ihre Mutter wurde benachrichtigt, er sei im Betrieb zusammengebrochen, und bis ihn seine Arbeitskollegen zum Arzt gebracht hatten, war es schon zu spät gewesen. Sein Herz hatte einfach versagt. Damit änderte sich für Dusque alles. Ohne ihren Vater begann der Zusammenhalt der Familie zu bröckeln, bis er schließlich ganz zerbrach. Ihre Mutter erholte sich nie richtig vom Verlust ihres Mannes und wurde zu einem Schatten ihrer selbst. Sie versorgte die Söhne, bewegte sich aber wie ein Geist, als hätte sie ihre Substanz verloren und aufgehört zu existieren. Das war der Zeitpunkt, an dem Dusque sich etwas geschworen hatte: Sie würde niemals so enden, koste es, was es wolle. Und nie wieder würde sie für irgendetwas solche Wertschätzung aufbringen, wie sie es für ihre Familie getan hatte, denn der Preis des Verlusts war zu hoch.
Ihre beiden ältesten Brüder brachen ihre Studiengänge ab und traten als Arbeiter in die Fußstapfen ihres Vaters. Dusque sah zu, wie sie früh alterten, also steckte sie ihre Nase umso tiefer in ihre Schularbeiten, fest entschlossen, einen anderen Weg einzuschlagen. Wenn sie abends mit dem Lernen fertig war und es ihr zu Hause zu trist wurde, schlich sie sich aus der kleinen Wohnung hinaus in den Wald, wo sie mit ihren Brüdern glücklichere Zeiten erlebt hatte. Immer mehr zog sie sich von den Menschen zurück und verbrachte Stunde um Stunde damit, die Tiere zu beobachten, die um ihre Stadt herum heimisch waren. Sie fing an, deren Gesellschaft der anderer Menschen vorzuziehen, und begann, ihr Verhalten und ihre Gewohnheiten besser zu verstehen als die ihrer Mitmenschen. Ihr jüngster Bruder trat den imperialen Streitkräften bei, um Pilot zu werden, genauso fest entschlossen, ihr Zuhause hinter sich zu lassen, wie Dusque es war. Ein paar Monate nach seiner Einschreibung starb er bei einem Trainingsunfall. Zum ersten Mal seit dem Tod ihres Vaters zeigte Dusques Mutter eine Wut und ein Feuer, wie sie es gar nicht von ihr kannte.
Für eine kurze Zeit glich ihre Mutter einem tobenden Tier, und Dusque bekam einen flüchtigen Eindruck davon, wie tief ihr Hass auf das Imperium saß. Sie gab ihm die Schuld am Tod ihres Jüngsten und dem ihres Mannes. Doch ihr Zorn verlosch recht schnell, und wieder einmal verwandelte sie sich in die leere Hülle jener Frau, die sie einmal gewesen war. Es war dasselbe Jahr, in dem Dusque ihr Studium mit Auszeichnungen beendete und beschloss, eine Karriere als Bioingenieurin einzuschlagen. Ihrer Ansicht nach verband diese Entscheidung zwei ihrer größten Wünsche: Sie konnte sich weiterhin mit Tieren beschäftigen, und ihr bot sich die Möglichkeit, ihren Heimatplaneten zu verlassen. Da dieser Beruf jedoch unter imperialer Verwaltung stand, wusste sie nie genau, wie sehr ihre Entscheidung wohl das bisschen zerbrach, das vom Herzen ihrer Mutter noch übrig geblieben war.
Die darauffolgenden Jahre verbrachte sie mit weiterführenden Studiengängen, um als Bioingenieurin promovieren zu können. Die einzigen Anstrengungen, die ihre Kurse ihr dabei bescherten, lagen im medizinischen Verständnis der organischen Chemie. Es zeigte sich, dass sie ihre liebe Mühe mit diesem Fach hatte, weil sie kein Gefühl für den Stoff hatte. Der Feldforschungsaspekt ihrer Berufswahl war ihr in Fleisch und Blut übergegangen. Überlebenstechniken ebenso wie Fallenstellen, Jagen und Erkundungen beherrschte sie instinktiv, und sie tat sich unter ihren Kommilitonen hervor, bis sie schließlich als Zweitbeste promovierte. Ihre hervorragenden Ergebnisse erregten die Aufmerksamkeit einiger prominenter Wissenschaftler des Imperiums und brachten ihr eine ausgezeichnete Empfehlung ihres Ausbilders ein, sodass ihr schließlich eine Stellung als Bioingenieurin zugesprochen wurde.
Schon bald fand Dusque es jedoch frustrierend, sich gegenüber ihren männlichen Kollegen profilieren zu müssen, wo es nun nicht mehr um Studienergebnisse und Examensnoten ging. Sie unterstand einem älteren Vorgesetzten namens Willel, der ihr offenbar nie ein Projekt von Bedeutung anvertrauen wollte, ganz gleich, wie sehr sie sich ins Zeug legte. Eine langweilige Aufgabe folgte der nächsten, die sie alle gewissenhaft erledigte. Sie fand sogar Wege, auf denen sie die ihr übertragenen Aufgaben aufregender gestalten konnte, wobei ihre Vorgesetzten niemals von ihren kleinen Extratouren erfuhren. Trotzdem erhielt sie immer nur die einfachsten Untersuchungsaufträge, und das einzige Ergebnis, zu dem sie kam, war die Erkenntnis, in einer Männerwelt gefangen zu sein. Die meisten anderen, mit denen sie zusammenarbeitete, besetzten ihre jeweilige Stellung über Jahrzehnte, und für ein Vorankommen innerhalb des Systems gab es scheinbar keinen Platz. Was ihr mit ihrer Familie wie ein Leben in der Sackgasse vorgekommen war, hatte sie eingetauscht gegen eine Karriere in der Sackgasse des Imperiums. Und ihr momentaner Aufenthaltsort festigte nur diese Gewissheit.
„Ich glaube, es geht los“, weckte Tendau sie aus ihrer depressiven Tagträumerei. Dusque kehrte in die Gegenwart zurück und schaute in die Richtung, in die der Ithorianer gezeigt hatte.
Eine schmächtige, humanoide Gestalt in grellbunter Robe betrat durch einen Seiteneingang die Arena und begab sich in die Mitte. Anhand der grünen Haut, den Fühlern und der biegsamen Schnauze erkannte Dusque in ihr einen Rodianer. Es überraschte sie nicht, einen Angehörigen dieser Spezies sozusagen im Mittelpunkt zu sehen. Sie wusste von mehreren Klans, die sich dem wachsamen Auge des Großen Beschützers entzogen und die heruntergewirtschaftete Dschungelwelt Rodia hinter sich gelassen hatten. Die meisten von ihnen wandten sich der Bühnenkunst zu, wobei viele zu Dramatikern von höchstem Format aufstiegen. Erst kürzlich hatte Dusque eine ausgezeichnete Darbietung einer Wandertruppe gesehen. Irgendetwas kam ihr jedoch immer durchtrieben an ihnen vor, an diesen Facettenaugen, aus denen man beinahe nichts herauslesen konnte. Dusque legte großen Wert auf das, was sie in den Augen anderer sah.
Der Ansager räusperte sich, bevor er kurz auf den Transmitter an seinem Mantel tippte. „Ich darf Sie alle hier an diesem wunderschönen Abend aufs Herzlichste begrüßen. Mein Name ist Eban Trey, und ich werde sie als Moderator durch die heutigen Festlichkeiten führen“, sagte er mit überschwänglicher Geste.
„Gestatten Sie mir, der Erste zu sein, der Sie im vorzüglichsten Glücksspieletablissement des Mittleren Rands begrüßt: im Aerie Kasino. Als Startschuss für die offizielle Neueröffnung des Kasinos bieten wir Ihnen zu Ihrer Unterhaltung eine Nacht voll außergewöhnlicher Spektakel. In Kürze werde ich die Bühne freigeben für eine unglaubliche Vielfalt exotischer Tiere, wie sie der Großteil von Ihnen noch nie gesehen haben dürfte und wohl auch nie wieder an einem Ort versammelt sehen wird.
Begleitet von ihren Dompteuren und Trainern werden diese Tiere gegeneinander antreten, bis das Geschickteste von ihnen übrig bleibt. Aber …“, fügte er in dramatischem Ton hinzu, „… damit nicht genug! Nachdem der Gewinner seinen oder ihren Preis erhalten hat, werden wir offiziell die Pforten des Kasinos öffnen und die ersten hundert, die den Eingang durchqueren, erhalten einhundert Credits!“
Bei dieser Ankündigung geriet das Publikum völlig außer sich. Der Rodianer, eindeutig ein Meister des Timings, verbeugte sich tief und flitzte aus der Arena. Dusque rutschte auf ihrem Platz herum und seufzte enttäuscht. Die Flutlichter, die die provisorische Arena umringten, wurden dramatisch gedämpft, und die Zuschauer verstummten. Nur aus den nahe gelegenen Sümpfen hallten noch Geräusche herüber. Als die Lichter wieder angingen, leuchteten sie in einem pulsierenden Rhythmus. Am östlichen Ende der Arena sah Dusque die ersten Teilnehmer den Ring betreten.
Angeführt wurde die Parade von einem seltenen Paar. Eine blassblauhäutige Twi’lek saß auf einem Cu-Pa und ritt auf der blau-rosa-bepelzten Kreatur in die Arena. Cu-Pas waren auf Tatooine heimisch, wie Dusque wusste; sie ähnelten Tauntauns, waren jedoch träger und nicht annährend so intelligent. Die bloße Tatsache, dass eine Frau das Tier besteigen und dirigieren konnte, war schon eine faszinierende Darbietung. Dusque fiel auf, dass die Twi’lek ihre Kopftentakel fest um den Hals des Cu-Pas geschlungen hatte, und sie fragte sich, ob ihr das half, das Tier zu lenken. Sie zeichnete ihre Beobachtungen auf und sparte sich ihre Folgerungen für später auf, wenn sie, wie sie hoffte, über weitere Informationen verfügte.