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Der Krieg der Sterne geht weiter …
Der Planet Lanteeb besitzt weder strategischen Wert noch politische Macht – trotzdem wurde er völlig unerwartet von Separatisten okkupiert. Die Jedi-Ritter Obi-Wan Kenobi und Anakin Skywalker finden heraus, dass auf dem unscheinbaren Planeten Material für eine schreckliche biologische Waffe abgebaut wird. Als die Kommunikation zum Jedi-Orden abbricht und sich weit entfernt, im Herzen der Republik, ein Verräter bereit macht, lastet das Schicksal ganzer Welten auf den Schultern der beiden Jedi.
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Seitenzahl: 645
Joe Schreiber:Darth Scabrous
John Jackson Miller:Knight Errant – Jägerinder Sith
Drew Karpyshyn:Darth Bane – Schöpfer der Dunkelheit ∙ Darth Bane – Die Regel ∙ Darth Bane – Dynastie des Bösen
James Luceno:Schleier der Täuschung
Michael Reaves:Darth Maul – Der Schattenjäger ∙ Terry Brooks:Episode I. Die dunkle Bedrohung ∙ Greg Bear:Planet der Verräter ∙ T. Zahn:Die Kundschafter ∙ Alan D. Foster:Ein Sturm zieht auf ∙ R. A. Salvatore:Episode II. Angriff der Klonkrieger ∙ Karen Traviss:Clone Wars ∙ Karen Miller:Clone Wars – Wilder Raum ∙ Karen Traviss:Clone Wars – Keine Gefangenen ∙ Karen Miller:Clone Wars – Im Verborgenen ∙ Michael Reaves:MedStar – Unter Feuer ∙ Michael Reaves & Steve Perry:MedStar – Jedi-Heilerin ∙ Matthew Stover:Mace Windu und die Armee der Klone ∙ Steven Barnes:Obi-Wan Kenobi und die Biodroiden ∙ David Sherman & Dan Cragg:Die Feuertaufe ∙ Sean Stewart:Yoda – Pfad der Dunkelheit ∙ James Luceno:Labyrinth des Bösen ∙ Matthew Stover:Episode III. Die Rache der Sith ∙ James Luceno:Dunkler Lord. Der Aufstieg des Darth Vader
George Lucas:Eine neue Hoffnung [Episode IV] ∙ Michael Reaves & Steve Perry:Die Macht des Todessterns ∙ Joe Schreiber:Der Todeskreuzer ∙ Timothy Zahn:Treueschwur ∙ Donald F. Glut:Das Imperium schlägt zurück [Episode V] ∙ Kevin J. Anderson (Hrsg.):Kopfgeld auf Han Solo ∙ James Kahn:Die Rückkehr der Jedi-Ritter [Episode VI] ∙ Matthew Stover:Luke Skywalker und die Schatten von Mindor ∙ Troy Denning:Der Geist von Tatooine
Timothy Zahn:Erben des Imperiums ∙ Die dunkle Seite der Macht ∙ Das letzte Kommando
Peter Schweighofer (Hrsg.):Flucht der Rebellen ∙ Peter Schweighofer & Craig Carey (Hrsg.):Kampf um die Neue Republik
Aaron Allston:Operation Eiserne Faust
DAS ERBE DER JEDI-RITTER:R. A. Salvatore:1. Die Abtrünnigen ∙ Michael Stackpole:2. Die schwarze Flut ∙ 3. Das Verderben ∙ James Luceno:4. Der Untergang ∙ 5. Die letzte Chance ∙ Kathy Tyers:6. Planet der Verlorenen ∙ Greg Keyes:7. Anakin und die Yuuzhan Vong ∙ 8. Die Verheißung ∙ Troy Denning:9. Das Ultimatum ∙ Elaine Cunningham:10. Jainas Flucht ∙ Aaron Allston:11. Rebellenträume ∙ 12. Aufstand der Rebellen ∙ Matthew Stover:13. Verräter ∙ Walter Jon Williams:14. Wege des Schicksals. Mit Bonus-Roman Ylesia ∙ Sean Williams & Shane Dix:15. Die Ruinen von Coruscant ∙ 16. Der verschollene Planet ∙ 17. Wider alle Hoffnung ∙ Greg Keyes:18. Die letzte Prophezeiung ∙ James Luceno:19. Vereint durch die Macht
DUNKLES NEST:Troy Denning:1. Die Königsdrohne ∙ 2. Die verborgene Königin ∙ 3. Der Schwarmkrieg
WÄCHTER DER MACHT:Aaron Allston:1. Intrigen ∙ Karen Traviss:2. Blutlinien ∙ Troy Denning:3. Sturmfront ∙ Aaron Allston:4. Exil ∙ Karen Traviss:5.Opfer ∙ Troy Denning:6. Inferno ∙ Aaron Allston:7. Zorn ∙ Karen Traviss:8. Enthüllungen ∙ Troy Denning:9. Sieg
Paul S. Kemp:Gegenwind · James Luceno:Millennium Falke
DAS VERHÄNGNIS DER JEDI-RITTER:Aaron Allston:1. Der Ausgestoßene ∙ Christie Golden:2. Omen ∙ Troy Denning:3. Abgrund ∙ Aaron Allston:4. Rückschlag ∙ Christie Golden:5. Die Verbündeten ∙ Troy Denning:6. Im Vortex ∙ Aaron Allston:7. Verurteilung
Geschichten sorgen dafür, dass die Welt sich dreht.Dies ist für alle, die eine gute Geschichte zu schätzen wissen.
AHSOKA TANO; Jedi-Padawan (Togruta) ANAKIN SKYWALKER; Jedi-Ritter (Mensch) BAIL ORGANA; Senator von Alderaan (Mensch) BANT’ENA FHERNAN; Wissenschaftlerin erster Klasse (Mensch) GRETI; Kind (Lanteebanerin) JAKLIN; Lehrerin (Lanteebanerin) LOK DURD; Separatistengeneral (Neimoidianer) OBI-WAN KENOBI; Jedi-Ritter (Mensch) PADMÉ AMIDALA; Senatorin von Naboo (Mensch) PALPATINE; Oberster Kanzler der Republik (Mensch) RIKKARD; Minenvorarbeiter (Lanteebaner) TARIA DAMSIN; Jedi-Meisterin (Mensch) TRYN NETZL; Biochemiker (Mensch) YODA; Großmeister des Jedi-Ordens (Fremdweltler)
Anakin konnte es nicht fassen. Mehr als drei – eigentlich fast schon vier – Standardstunden waren seit ihrer wilden Flucht vor Lok Durds Droidenarmee vergangen, und sie waren noch immer nicht abgestürzt. Zu schade, dass Obi-Wan nicht wach war – Anakin hätte ein wenig nicht ganz ungerechtfertigter Prahlerei jetzt gutgetan. Doch obwohl er verbissen gegen seine Müdigkeit angekämpft hatte, war sein ehemaliger Meister vor knapp zwei Stunden eingeschlafen. Im schwachen Schein der Armaturenbeleuchtung wirkte Obi-Wan ausgezehrt, der völligen Erschöpfung gefährlich nahe. Die verzweifelte Schlacht in der Basis der Separatisten hatte ihn jedes bisschen Kraft gekostet – und noch ein wenig mehr.
Ein Glück, dass ich der Auserwählte bin, andernfalls müssten wir uns jetzt wirklich Sorgen machen.
Doch ihre Probleme schienen zahllos, und ein Blick auf die Anzeige der Energiezelle brachte seine Zuversicht wieder ins Wanken. Falls sie Glück hatten – und wann hatten sie zum letzten Mal Glück gehabt? –, würde der gestohlene Gleiter in spätestens einer Stunde den Geist aufgeben. Danach …
Die lanteebanische Nacht um sie herum war dicht und dunkel. Um möglichst viel wertvolle Energie zu sparen – und vor neugierigen Augen verborgen zu bleiben – hatte Anakin davon abgesehen, die Scheinwerfer des umfunktionierten Bodenwagens einzuschalten. Stattdessen verließ er sich auf seine Instinkte und die Macht. Obi-Wan hatte entschieden, dass sie so weit wie möglich von der Stadt fortfliegen und den Gleiter dann verstecken sollten, und da Anakin nichts an dieser Strategie auszusetzen hatte, würde er genau das tun. Während die Stadt weiter und weiter hinter ihnen zurückgefallen war, hatten sie ihre überbeanspruchten Sinne ausgestreckt und versucht herauszufinden, welche Richtung sie einschlagen sollten. Wo würden sie Sicherheit finden auf diesem Planeten, der so plötzlich zu einem feindseligen Ort geworden war?
Bant’ena.
Dass die entführte Wissenschaftlerin sie betrogen hatte, quälte ihn, und obwohl er versuchte, sich einzureden, dass dieser Verrat nur ein weiteres Stechen im Chor seiner Schmerzen war, wusste er doch, dass das nicht stimmte. Dieser spezielle Schmerz brannte heller und heißer als all die anderen zusammen.
Bant’ena, wie konnten Sie das nur tun? Ich habe Ihnen vertraut. Ich habe versucht, Sie zu retten.
Obi-Wan, der neben ihm auf dem Beifahrersitz zusammengesunken war, hob den Kopf. »Tu das nicht«, sagte er mit undeutlicher Stimme. »Was geschehen ist, ist geschehen, Anakin. Akzeptiere es. So … und wie steht es um unseren umgebauten Bodenwagen?«
»Er fliegt noch.«
»Wohl wahr«, nickte Obi-Wan. »Und das haben wir allein dir zu verdanken. Aber irre ich mich, oder quietscht das Hauptkühlventil?«
Stang! Obi-Wan entging nie ein Fehler. »Das Ventil wird schon halten.«
»Wenn du das sagst.« Mit einem gequälten Ächzen auf den Lippen setzte Obi-Wan sich auf. »Wo sind wir?«
Anakin seufzte. »Soll das ein Scherz sein?«
»Nein, nicht wirklich«, murmelte der ältere Jedi und unterdrückte ein Gähnen. »Wie lange habe ich geschlafen?«
»Oh, nicht sehr lange«, meinte Skywalker vage.
»Anakin!« Obi-Wan blickte ihn finster an. »Ich bin kein seniles Relikt.«
Oh, oh. Dünnes Eis. »Das habe ich auch nicht behauptet. Aber Rex sagt immer, ein schlauer Soldat isst und schläft, wann immer er die Gelegenheit dazu bekommt. Falls Ihr Euch also bei jemandem beschweren wollt, beschwert Euch bei ihm. Ich befolge nur seinen Ratschlag.«
»Tja, von nun an könntest du auch mal meine Ratschläge befolgen«, schnappte Obi-Wan. »Das ist das zweite Mal auf dieser Mission, dass du mich hast schlafen lassen, während du wach geblieben bist. Sollte das noch ein drittes Mal passieren, wird das Konsequenzen haben.«
Konsequenzen hin oder her, Anakin würde es jederzeit wieder tun, falls es nötig wäre – doch jetzt und hier waren weder der Ort noch die Zeit für diesen Streit, und so nickte er nur. »Was immer Ihr sagt.«
Das brachte ihm einen weiteren stechenden Blick ein – aber an stechende Blicke war er gewöhnt.
Obi-Wan strich sich mit den Fingern durchs Haar. »Haben wir irgendwelche Dörfer passiert?«
»Seitdem Ihr eingeschlafen seid? Ja, zwei. Aber ich hatte ein ungutes Gefühl, also bin ich weitergeflogen.«
»Gut«, sagte Kenobi. »Lass dich von deinen Gefühlen leiten, Anakin, und du wirst dein Ziel erreichen.« Er gähnte ein zweites Mal. »Ich fürchte aber, dass die Umstände uns bald eine Entscheidung aufzwingen werden.«
»Da habt Ihr recht«, meinte Skywalker und tippte mit dem Finger auf die Anzeige der Energiezelle. »Heiße Gase sind alles, was uns noch in der Luft hält. Wie lange sollen wir unser Glück noch herausfordern?«
»Bis es uns im Stich lässt. Ich weiß, wir haben Lantibba schon weit hinter uns gelassen, aber in unserer gegenwärtigen Lage können wir gar nicht weit genug von der Stadt fliehen.«
Da bin ich mir nicht mehr so sicher. »Ich weiß nicht. Es wird ein langer Marsch zurück zu unserem Schiff – sofern es überhaupt noch am Raumhafen ist und nicht von irgendeinem Beamten abgeschleppt wurde. Ich finde, wir sollten darüber nachdenken, wie …«
»Ich denke bereits darüber nach«, unterbrach ihn Obi-Wan forsch. »Und jetzt sei bitte einen Moment still. Ich möchte herausfinden, wer und was vor uns liegt.« Selbst todmüde und völlig erschöpft setzte Obi-Wan die Macht noch mit derselben Präzision ein, mit der ein Chirurg ein Laserskalpell bedient. Zielgerichtet und geschickt schnitten seine Sinne durch die Nacht. »Da vorne«, murmelte er schließlich. »Kannst du es fühlen?«
Anakin nickte. »Das ist das größte Dorf, an dem wir bislang vorbeigekommen sind, denke ich.«
»Und je mehr Bewohner es gibt, desto leichter können wir in der Menge untertauchen«, erklärte Obi-Wan, während er die Augen wieder aufschlug. »Ich spüre keine unmittelbare Bedrohung an diesem Ort. Was denkst du?«
Anakin hatte den Bodenwagen bereits in die Richtung des fernen Dorfes gewendet. »Es scheint sicher zu sein.« Das Steuer fühlte sich in seinen Händen entsetzlich träge an, und die Instrumente reagierten nur mit großer Verzögerung auf seine Eingaben. Einen Moment später kippte das Fahrzeug plötzlich nach steuerbord, dann stürzte es wie ein Stein in die Tiefe. Fluchend rang Anakin mit den Instrumenten, bis er den Gleiter wieder unter Kontrolle hatte.
»Verdammt!«, stieß Obi-Wan hervor. Er blickte auf die Anzeige der Energiezelle. »Bist du sicher, dass dieser Wert korrekt ist, Anakin?«
Der Gleiter drohte, erneut auszubrechen, und Skywalker stemmte sich mit zusammengebissenen Zähnen und schmerzenden Armen gegen das Steuer. »Kommt darauf an, was Ihr unter korrekt versteht – und unter sicher.«
Ein drittes Mal sackte das modifizierte Fahrzeug nach unten, und als Anakin versuchte, es weiter in der Nachtluft zu halten, legte der Gleiter sich mit einem jähen Ruck auf die Seite. Obi-Wan hielt sich am Türgriff auf der Beifahrerseite fest. »Ich nehme an, wir stürzen ab.«
So ungern Anakin es auch zugab … »Ja, ich fürchte, so ist es.«
»Wundervoll«, brummte Obi-Wan. Er seufzte. »Aktiviere die Scheinwerfer. Wenn wir schon auf dem Boden zerschellen, möchte ich dem Tod wenigstens ins Gesicht sehen.«
»Pessimist«, murmelte Anakin mit einem wilden Grinsen, dann drückte er einen Knopf, und helles Licht teilte die endlose Dunkelheit. »Haltet Euch fest, Meister Kenobi. Das könnte jetzt etwas ruppig werden.«
Anakin war ein brillanter Pilot, aber das bedeutete nicht, dass er keine Hilfe brauchte, und so verdrängte Obi-Wan die bleierne Erschöpfung, den warnenden Schmerz in seinen Knochen und das träge Rauschen seines Pulses. Zum zweiten Mal in dieser Nacht vergaß er jegliche Regeln der Selbsterhaltung und verlor sich vollständig in der Macht. Ihre Energie heulte um ihn herum, entzündete lohende Feuer in seinen Nerven. Eingebettet in dieses Fauchen war eine schrille Warnung: Vorsicht, Jedi! Vor dir liegen Gefahren. Überall um dich sind Gefahren.
Schwitzend und fluchend rang Anakin mit dem angeschlagenen Gleiter. Die Energiezelle war nun vollends erschöpft, und das Fahrzeug verwandelte sich in ein manövrierunfähiges Stück Metall. Die Scheinwerfer verblassten schnell und mit ihnen jede Hoffnung auf eine kontrollierte Notlandung. Dunkelheit ballte sich um sie zusammen, bereit, sie zu verschlingen, und in ihr lauerte der Tod, falls es ihnen nicht schnellstmöglich gelang, das Gefährt wieder unter Kontrolle zu bekommen.
Vielleicht bin ich ein Pessimist, aber ich habe allen Grund dazu.
Da stoben plötzlich Funken rings um das Fahrzeug auf, als wären sie in ein Feuerwerk geraten – die Schilde segneten das Zeitliche.
Als hätte ich’s geahnt. Wundervoll!
»Tut mir leid«, murmelte Anakin, seine Hände so fest um den Steuerknüppel geschlossen, dass die Knöchel weiß und blutlos hervortraten. »Ich dachte, wir hätten noch ein wenig mehr Energie.«
Obi-Wan brachte ein aufmunterndes Lächeln zustande. »Schon gut. Du schaffst das. Wir müssen nur …«
Begleitet vom unheilvollen Quietschen überbeanspruchter Metallverbindungen sackte der Bug des Bodenwagens nach unten, dann stürzte er steil in die Tiefe. Mit einem verzweifelten Keuchen zog Kenobi die Macht um sie zusammen. Er wickelte den Gleiter in die unsichtbare Kraft ein, so wie er einst Bails Raumschiff in die Macht eingehüllt hatte, als es ohne Energie auf das Dock einer Raumstation zugetrieben war. Doch diesmal war er sich seiner Sache nicht so sicher. Bails kleines Schiff mochte so manövrierfähig gewesen sein wie ein fliegender Ziegelstein, doch zumindest hatte es sich in einem kontrollierten Gleitflug befunden. Ihr provisorisch von einem Boden- in ein Flugfahrzeug umgewandelter Gleiter hingegen glitt nicht dahin, er fiel wie ein Ziegelstein – und wenn Ziegelsteine aus großer Höhe auf den Boden fallen, hatten sie die beunruhigende Angewohnheit, in tausend Teile zu zerbersten.
»Gut so!«, stieß Anakin hervor. »Ihr habt den Gleiter. Haltet ihn fest, Obi-Wan. Wenn Ihr dieses Stück Barvenschrott nur noch kurz auf dieser Höhe halten könnt …«
»Vergiss es, Anakin! Dieser Gleiter fliegt nicht mehr. Alles, was wir tun können, ist, den Aufprall abzufedern.«
»Nein, nein, ich krieg das hin. Ich schaff das. Haltet dieses Stück Metall nur noch ein wenig in der Luft, Obi-Wan. Was immer Ihr tut, hört bloß nicht auf damit!«
Wäre es jemand anderes als Anakin gewesen … Aber es war Anakin, und so setzte er seine ganze Willenskraft ein, um das Fahrzeug zu stützen, während sein ehemaliger Schüler versuchte, dem Steuer eine Reaktion abzugewinnen. Die Lichter der Konsole erloschen, und dann verblasste auch der letzte Schimmer der Scheinwerfer. In dem Moment, bevor die Dunkelheit über ihnen zusammenschlug, konnte Obi-Wan einen kurzen Blick auf den vereinzelt mit Bäumen bewachsenen Boden erhaschen, der ihnen entgegensprang, und er hörte das Rascheln, mit dem hohe Äste über den Bauch des Gleiters kratzten. Die Energiezelle gab endgültig den Geist auf.
»Anakin?« Er riss den Blick von der ungeschützten Frontscheibe los. »Wir haben keine Zeit mehr.«
Jedes weitere Wort war überflüssig. In perfektem, vertrautem Einklang versetzten sie sich in eine Trance und zwangen das manövrierunfähige Fahrzeug unter die Kontrolle der Macht, um ihren tödlich steilen Sturzflug abzuflachen, eine Sekunde, bevor es mit einem lauten Krachen und Kreischen durch die Baumwipfel der stockfinsteren Landschaft pflügte. Der Gleiter rammte einen dicken Baumstamm und wurde heftig zur Seite geschleudert. Das Blut rauschte in den Schläfen der Jedi, das Bild vor ihren Augen verwandelte sich in einen Wirbel verschwommener Flecke, aber sie blieben in ihrer Trance und setzten ihre letzten Kraftreserven ein, um den Gleiter noch stärker in die Macht zu hüllen. Sie war das Einzige, das zwischen ihnen und einem blutigen Tod stand.
Schließlich prallten sie auf dem Boden auf, und wie ein flacher Stein, der über einen Teich geworfen wird, hüpfte der Bodenwagen mehrmals wieder in die Luft hoch. Der Lärm war ohrenbetäubend. Metall ächzte und kreischte, verbog sich und barst. Sie stießen gegen ein unnachgiebiges Hindernis, einen Fels vielleicht oder einen Baumstumpf oder die Begrenzung eines Kanals – in jedem Fall überschlug der Gleiter sich und schlitterte in einer fortwährenden Seitwärtsrolle über den Boden. Da die Energiezelle des teuren Fahrzeugs erschöpft war, konnten auch seine Schutzsysteme nicht aktiviert werden, und so wurden die Jedi in seinem Innern umhergeschleudert wie Murmeln in einer Flasche …
… bis der zur Unkenntlichkeit zerbeulte Bodenwagen sich ein letztes Mal überschlug und mit einem Quietschen zerreißenden Metalls auf der linken Seite liegen blieb. Reglos saß Obi-Wan in der plötzlichen Stille. Er war benommen, in seinem Kopf drehte sich alles, und er konzentrierte sich ganz auf seine Atmung, während er darauf wartete, dass der rasende Herzschlag sich wieder beruhigte.
Wir leben noch. Kaum zu glauben! Wir sind besser, als ich dachte.
Seine Ohren klingelten. Er schmeckte Blut in seinem Mund, und er konnte es im Gesicht und auf Armen und Beinen spüren. Die frische Nachtluft, die durch die Risse in der zerborstenen Gleiterhülle hereinblies, fühlte sich auf der schweißbedeckten Haut angenehm kühl an. Sie roch kalt und sauber, nichts deutete auf Lebewesen in der Gegend hin, ob nun intelligent oder nicht. Durch die zersplitterte Frontscheibe konnte Kenobi nichts sehen, aber wo immer sie auch sein mochten, das Dorf, das er und Anakin durch die Macht gespürt hatten, war viele, viele Kilometer entfernt. Wunderbar, dachte er. Es gab schließlich nichts, was ihm mehr Spaß machte, als in der Dunkelheit durch eine unbekannte Wildnis zu stapfen. Jetzt fehlte wirklich nur noch ein Sith-Holocron.
Wenn Bail Organa das nächste Mal sagt, dass er ein paar Informationen hat, die mich interessieren könnten, werfe ich ihn aus dem Flitzer, das schwöre ich.
Anakin neben ihm ließ sich benommen in den Pilotensitz zurücksinken, dann musste er plötzlich erleichtert lachen. »Obi-Wan … Ihr scheint Bruchlandungen magisch anzuziehen.«
»Warst es nicht du, der sagte, jeder Mensch braucht ein Hobby?«
»Ich? Unmöglich«, entgegnete Anakin. »Da müsst Ihr mich mit einem anderen Padawan verwechseln.« Wieder dieses aufgekratzte Lachen. »Im Ernst, Obi-Wan. Ihr habt jetzt schon einen Düsenschlitten, ein Raumschiff und nun diesen Bodenwagen auf dem Gewissen. Falls Ihr nicht aufpasst, werdet Ihr bald in dem Ruf stehen, alles, was fliegen kann, zum Absturz zu bringen.«
Da es nicht so aussah, als würde der Gleiter jeden Moment in Flammen aufgehen – und weil er zu große Schmerzen litt, um sich zu bewegen –, ließ Obi-Wan den Kopf gegen die Lehne des zerknautschten Beifahrersitzes sinken und gestattete sich einen Moment der Erholung. »Ich muss deiner Hypothese widersprechen«, sagte er dann mit gespielter Affektiertheit. »Der Düsenschlitten ist nicht abgestürzt, er wurde durch eine Bombe vernichtet, und es waren die Sith, die Bails Schiff zerstörten, nicht ich. Was diesen Gleiter hier anbelangt, da bin ich genau genommen nur ein Fahrgast. Ich trage also nicht die geringste Verantwortung an diesem Absturz.«
Anakins Amüsement leuchtete noch heller in seinen Augen. »Ihr müsst aber zugeben, dass Ihr der gemeinsame Nenner bei allen drei Zwischenfällen seid, Meister Kenobi.«
»Da kann ich leider nicht widersprechen«, nickte Obi-Wan. »Vielleicht sollte ich mich auf Grievous’ Flaggschiff schleichen. Wenn ich schon die geheimnisvolle Gabe besitze, Raumschiffe zum Absturz zu bringen, könnte ich sie schließlich auch für einen guten Zweck einsetzen.«
»Ein großartiger Plan«, meinte Anakin. »Ich werde Euch daran erinnern, ihn dem Rat zu unterbreiten, wenn wir wieder auf Coruscant sind.«
Wenn wir wieder auf Coruscant sind. Die Erheiterung wich aus Obi-Wans Zügen, und er schloss seine Augen. Ja, die Rückkehr nach Coruscant. Nun, da sie Lok Durds Hinterhalt überlebt hatten, war das ihre nächste Herausforderung – und sie würden sie ganz sicher nicht meistern, indem sie hier in der Dunkelheit herumsaßen.
Schritt eins: Sie mussten raus aus dem Gleiter. Vorsichtig, mit angehaltenem Atem richtete er sich auf seinem deformierten Sitz auf. Es tat weh, aber zumindest rieben keine gebrochenen Knochen aneinander, und es schoss auch kein Blut aus tiefen Wunden. Ein kleines Wunder, für das er wohl der Macht danken musste. »Wir müssen hier raus. Ist mit dir alles in Ordnung?«
»Ich denke, schon«, erwiderte Anakin. »Und mit Euch?«
»Sieht ganz danach aus.«
Ein erleichtertes Seufzen. »Wir sind echte Glückspilze. Vielleicht sollten wir uns auf die Suche nach einem Casino machen.«
»Ich würde mich schon mit einer schlichten Hütte und ein paar freundlichen, einheimischen Gesichtern zufriedengeben.« Nach wie vor mit langsamen, vorsichtigen Bewegungen überprüfte er die Beifahrertür des Bodenwagens. »Ich komme hier nicht raus. Lässt sich die Tür auf deiner Seite öffnen?«
Stoff raschelte, gefolgt von einem gemurmelten Fluch, als Anakin den Öffner für die Fahrertür betätigte. »Nein«, brummte er schließlich. »Wartet einen Moment.«
Die Dunkelheit schreckte vor einem Blitz blauen Lichts zurück, als Anakin sein Lichtschwert aktivierte.
Obi-Wan presste sich flach gegen die Beifahrertür. »Pass auf! Du schneidest mich mit dem Ding noch in zwei Hälften, wenn du nicht aufpasst!«
Anakin stieß ein tadelndes »Ts, ts« aus. »Ihr unterschätzt mich noch immer. Schirmt Eure Augen ab. In ein paar Sekunden wird geschmolzenes Metall von der Decke tropfen.«
Langsam, behutsam und immer wieder fluchend, wenn es ihm nicht gelang, in dem zusammengestauchten, stickigen Innenraum des Gleiters den Tropfen zähflüssigen Durastahls auszuweichen, schnitt Anakin ein rot glühendes Rechteck in das Dach des Fahrzeugs, dann setzte er die Macht ein, um das Metallstück nach draußen zu schleudern.
Obi-Wan, dessen Haut ebenfalls von zahlreichen kleineren Verbrennungen schmerzte, nickte seinem ehemaligen Schüler zu. »Gut. Jetzt nichts wie raus aus diesem Blechsarg, in Ordnung? Ich gehe zuerst.«
Ausnahmsweise erhob Anakin keinen Einspruch.
Als es Obi-Wan gelungen war, aus dem Gleiter zu klettern, warjeder Bluterguss, jeder Kratzer, jeder Schnitt und jede Blasterverbrennung wieder zu neuem, pochendem Leben erwacht. Er ließ die Schmerzen ungehindert durch den Körper fließen, dann machte er einen Schritt von dem abgestürzten Fahrzeug fort, hob den Kopf zur mondlosen Nacht hinauf und atmete schaudernd, voller Erleichterung ein. Doch einen Moment später suchten seine Sinne die Umgebung bereits wieder nach einer unmittelbaren Gefahr ab. Er spürte nichts, aber lag das nun daran, dass da wirklich nichts war, oder war er einfach nur zu erschöpft, um es noch zu registrieren?
Von einem Machtschub angetrieben, sprang Anakin aus dem Bodenwagen. Auf unsicheren Beinen landete er neben Kenobi. »Ich glaube, wir sind fürs Erste sicher, Obi-Wan.«
Er schüttelte den Kopf. »Wohl kaum. Das Chaos unter den Separatisten wird nicht von langer Dauer gewesen sein. Bald schon werden Droiden auf unserer Fährte sein, sofern sie uns nicht bereits verfolgen. Darauf gehe ich jede Wette ein – auch ohne Casino.«
»Sicher, sie werden uns Droiden auf den Hals hetzen«, meinte Anakin ohne echte Überzeugung. »Aber sie wissen nicht, welche Richtung wir genommen haben. Sie fliegen blind, Obi-Wan. Die Chancen, dass sie uns aufspüren werden, sind gleich null.«
»Aber was, wenn Durd Dooku um Hilfe bittet?«
»Durd wird Dooku nicht von uns erzählen«, erklärte Anakin höhnisch. »Er wird versuchen, es geheim zu halten. Sollte die Sache bekannt werden, könnte ihn das schließlich den Kopf kosten.«
»Vielleicht. Aber davon dürfen wir nicht ausgehen«, entgegnete Obi-Wan. »Wir sollten keine Möglichkeit ausschließen. Zu große Selbstsicherheit kann nämlich uns den Kopf kosten, vergiss das nicht.«
Anakins brodelnde Ungeduld echote durch die Macht. »Das mag ja sein, aber zu lange über jede Entscheidung nachzugrübeln kann uns auch das Leben kosten – ebenso wie ein Mangel an Entschlossenheit oder ein Übermaß an Ängstlichkeit …«
»Ängstlichkeit? Was hat das Ganze denn mit Ängstlichkeit zu tun?« Obi-Wan atmete tief ein, und Schmerzen stachen in seine Brust. Bleib ruhig. Du kennst ihn. Du weißt, wie er ist. »Ich denke nur, wir sollten mit Bedacht vorgehen, Anakin. Es gibt eine Zeit für mutiges Handeln und eine Zeit für besonnene Vorsicht, und unter den gegebenen Umständen denke ich, dass jetzt Zeit für Letzteres ist.«
Schweigen, dann ein leises Seufzen. »Ja, Ihr habt recht. Also, was sollen wir tun?«
»Nun …« Er kratzte sich am Bart und dachte über ihre Möglichkeiten nach. Es gab nicht sehr viele. »Ich stimme dir zu, die Chancen stehen vermutlich zu unseren Gunsten, zumindest im Augenblick. Ich schlage vor, wir verbessern sie noch, indem wir den Gleiter verstecken, dann gehen wir in das Dorf, das wir gespürt haben.«
»Zu Fuß?« Anakin seufzte erneut. »Wunderbar. Ich dachte mir gerade noch: Das Einzige, was mir jetzt noch fehlt, sind Blasen an den Füßen.«
Oh, Anakin. »Nicht so pessimistisch! Es hätte viel schlimmer kommen können.«
»Ja, ich weiß«, murmelte Skywalker. »Ich könnte jetzt schon Blasen an den Füßen haben.«
Ihre Situation war alles andere als komisch, aber Obi-Wan konnte nicht anders – er musste lachen. Anakins unerschöpfliches Reservoir an respektlosem Humor war eine seiner sympathischsten Eigenschaften. »Komm schon«, sagte er. »Der Gleiter wird sich nicht von selbst verstecken.«
Einmal mehr arbeiteten sie in wortlosem Einklang, während sie das zusammengestauchte Fahrzeug mithilfe der Macht anhoben, ein Stück nach vorne schoben und dann wieder auf dem Boden absetzten, immer und immer wieder, bis sie eine Gruppe von Bäumen erreichten, deren Laubkronen sie bei ihrem Absturz gestutzt hatten. Es war eine schrecklich anstrengende Aufgabe. Sie waren beide müde und völlig erschöpft, und selbst Anakins beeindruckenden Kräften waren Grenzen gesetzt. Doch sie hatten keine Wahl.
Als der Gleiter schließlich unter den Ästen verborgen war, stützte Anakin die Arme auf die Knie und atmete schwer, dann hob er den Kopf. »Ich weiß nicht, ob das reichen wird. So verbeult es auch ist, das Ding sieht noch immer wie ein Bodenwagen aus, und es gibt nicht genügend Laub, um ihn vor einem vorbeifliegenden Spionagedroiden zu verstecken.«
Obi-Wan lehnte sich gegen einen Baumstamm. Es gab an seinem ganzen Körper keinen Fingerbreit Fleisch oder Knochen mehr, der nicht höllisch schmerzte. »Ich weiß.«
Langsam richtete Anakin sich auf. »Wir werden ihn in kleine Einzelteile zerschneiden müssen, die können wir dann verstreuen und mit Erde bedecken. So besteht auch keine Gefahr, dass sie das Sonnenlicht reflektieren.«
Anakins ewiger Einfallsreichtum war beeindruckend. »Gute Idee. Und wo wir gerade von der Sonne reden …«
Weit entfernt am Horizont breitete sich eine schmale, helle Linie aus wie verschüttetes Plasma – die Morgendämmerung. Sie mussten sich beeilen. Keiner von ihnen vermochte zu sagen, wie viele Spionagedroiden auf der Suche nach ihnen waren, oder wie lange es dauern würde, ehe der erste von ihnen die Absturzstelle erreichte. Also aktivierten sie ihre Lichtschwerter und hackten und schnitten den Wagen in kleine Schrotthaufen, die sie anschließend mittels der Macht verstreuten und verdeckten. Als sie damit fertig waren, brachen sie beide auf dem harten Boden zusammen. Nicht einmal die Furcht vor Spionagedroiden konnte sie noch auf den Beinen halten.
»Weckt mich in ungefähr einem Jahr wieder auf«, murmelte Anakin, der der Länge nach ausgestreckt auf der Erde lag. Die Augen in seinem schmutzigen, blutverschmierten Gesicht waren geschlossen.
Obi-Wan saß mit überkreuzten Beinen an den Baumstamm gelehnt und presste sich die Finger an die schmerzenden Schläfen. »Ich wünschte, das wäre möglich. Aber wir dürfen nicht hierbleiben, Anakin.«
»Ich weiß.« Sein ehemaliger Padawan ächzte. Das zunehmende Licht des Morgens enthüllte einen tiefen Schnitt auf seiner Stirn und einen schwarz-lila verfärbten Bluterguss auf der Wange. Seine schlichte lanteebanische Arbeitskleidung war verschmutzt und zerrissen, außerdem schien er Schmerzen in der linken Schulter zu haben. Auf dieser Seite zog sich eine schwarze Brandspur über den Körper, wo ein Blasterstrahl ihn gestreift hatte. »Ich …« Er öffnete ein Auge. »Ich muss nur wieder zu Atem kommen.«
Obi-Wan blickte ihn beunruhigt an. Anakin gestand niemals seine Erschöpfung ein. Ich glaube, er ist seit Maridun nicht mehr so gefordert worden. »Ja, in Ordnung. Ein paar Minuten. Aber dann müssen wir los.«
Von frühester Kindheit an wurde einem Jedi beigebracht, dass die Macht benutzt, aber nie missbraucht werden durfte. Dass sie, in besonnenem Maße eingesetzt, Schmerzen lindern und die Sinne schärfen konnte, dem Benutzer Kraft und Energie zu schenken vermochte.
Die Betonung liegt dabei natürlich auf in besonnenem Maße. Anakin und ich hingegen …
Er fühlte sich, als würde sein Körper in Zeitlupe auseinandergerissen. Die Macht sollte nicht so exzessiv benutzt werden, wie er es während der vergangenen Tage getan hatte. Während der vergangenen Monate. Eigentlich schon seit dem Tag, an dem dieser Krieg begonnen hatte.
Bail hat recht. Wir sind auch nur Wesen aus Fleisch und Blut, keine Maschinen. Wir können nicht ewig so weiterkämpfen. Eines Tages wird der Preis, den wir dafür zahlen müssen, einfach zu hoch sein.
»He«, meinte Anakin. »Ist alles in Ordnung?«
Obi-Wan streckte den Rücken und zuckte vor Schmerz zusammen. »Um die Wahrheit zu sagen, es ging mir schon besser. Anakin …«
»Ja, ich weiß«, brummte Skywalker resignierend. »Wir müssen los.« Er zog die Knie an. »Stang! Sogar meine blauen Flecken haben blaue Flecken.«
»So ähnlich fühle ich mich auch«, entgegnete Obi-Wan, um sein Verständnis zu zeigen. »Aber wir werden uns besser fühlen, wenn wir erst wieder unterwegs sind.«
»Sicher …« Anakin blickte ihn an. »Wer hat Euch eigentlich den Spitznamen ›der Unterhändler‹ gegeben? Ihr habt nicht einmal genug Überzeugungskraft, um einem Verdurstenden Wasser zu verkaufen.«
Kenobi lächelte. »Autsch.«
»Entschuldigt«, seufzte Anakin. »Aber das Einzige, was mich im Augenblick aufmuntern könnte, wäre …«
»Was?«
»Lok Durds Kopf auf einem Teller.«
Bildete Obi-Wan sich das nur ein, oder hatte Anakin eigentlich etwas anderes sagen wollen? Es war schwer zu erkennen. Er legte den Unterarm über seine Augen. »Wir schnappen ihn uns, Anakin«, sagte er leise. »General Durds Tage sind gezählt.«
»Unser aller Tage sind gezählt, Obi-Wan«, meinte Skywalker. »Nicht einmal Yoda wird ewig leben. Der Punkt ist: Wir haben es vermasselt. Ich habe es vermasselt. Ich habe Bant’ena vertraut – habe Euch gedrängt, ihr ebenfalls zu vertrauen –, und jetzt seht Euch an, wohin es uns geführt hat.« Er setzte sich auf und rieb sich mit den Händen das Gesicht. »Wir hätten das Labor zerstören sollen, als wir die Gelegenheit dazu hatten. Diese biologische Waffe hätte vernichtet werden müssen.«
Es schmerzte Obi-Wan, seinen Freund so desillusioniert und voller Selbstvorwürfe zu sehen. »Sei nicht zu hart mit dir selbst, Anakin. Du bist deinen Gefühlen gefolgt, hast getan, was du für das Beste hieltest. Das ist nichts, wofür man sich schämen muss.«
»Ach nein?« Anakins Augen waren gerötet vor Müdigkeit und Erschöpfung. »Obi-Wan, wir hätten beinahe unser Leben verloren, weil ich dieser Frau vertraute. Ihr hattet recht. Sie hat mich an meine Mutter erinnert, und davon habe ich mich blenden lassen. Es tut mir leid.«
Anakin war ein stolzer junger Mann, der es hasste, einen Fehler zugeben zu müssen – es aber dennoch tat. Vielleicht nicht immer sofort und direkt … eigentlich fast nie sofort oder direkt. Dennoch …
Besser spät als nie.
Er zuckte mit den Schultern. »Das ist jetzt unwichtig. Was zählt, ist die Mission, und die ist noch längst nicht vorbei. Wenn wir schnell handeln, können wir Durds Pläne noch immer durchkreuzen, bevor seine Waffe einsatzbereit ist. Vielleicht können wir ihn sogar gefangen nehmen.«
Mit hochgezogenen Augenbrauen blickte Anakin sich um. Sie befanden sich wirklich mitten im Nirgendwo. Weder singende Vögel noch surrende Flitzer oder brummende Bodenwagen waren zu hören. Nichts, was auch nur auf primitives, in irgendeiner Weise intelligentes Leben in der Nähe hingedeutet hätte. Die Stille war vollkommen. Nur am äußersten Rand seiner Wahrnehmung konnte Obi-Wan ein geflüstertes Echo des Dorfes erfühlen, das sie sich als Ziel gewählt hatten. Sie hatten keine Nahrung, kein Wasser, keine Kommunikationsgeräte, kein Fahrzeug und abgesehen von ihren Lichtschwertern auch keine Waffen. Keine Verbündeten, keine Verstärkung, welcher Art auch immer.
»Tja«, brummte er. »Ich habe nicht gesagt, dass es einfach werden würde.«
Anakin schnitt eine Grimasse. »Es ist nie einfach.« Stolpernd kam er auf die Beine und blickte zu Kenobi hinunter. »Aber diesmal stecken wir wirklich tief in Schwierigkeiten.«
»Ich weiß.«
»Ihr glaubt, dass sich eine Lösung offenbaren wird? Vielleicht. Doch es kann nicht immer so sein. Der Tag wird kommen, an dem diese Offenbarung ausbleibt.« Er streckte den Arm aus. »Das wisst Ihr doch hoffentlich, oder?«
Obi-Wan griff nach Anakins Hand und zog sich vom Boden hoch. »Ja, aber heute ist nicht dieser Tag.«
Einen kurzen Augenblick lang war Anakin nicht General Skywalker, der Auserwählte, der Schrecken der Separatisten und der Held der Republik. Stattdessen war er wieder der kleine Junge, der in der Nacht von Qui-Gons Beerdigung bei einem Fremden nach Zuversicht suchte. »Seid Ihr sicher?«
Obi-Wan klopfte ihm auf die heile Schulter. »Ganz sicher … und jetzt lass uns hier verschwinden.«
Sie hielten ein stetes Tempo ein und gelangten schließlich an den Rand dieser öden, unbebauten Landschaft, wo sie eine Straße aus Ferrobeton entdeckten. Sie war schmal, aber in gutem Zustand. Weder in der einen noch in der anderen Richtung war Verkehr auszumachen, aber die Macht drängte sie nach links, und so setzten sie ihren Weg in dieser Richtung fort. Ringsum wuchsen kaum noch Bäume, und das wenige an Vegetation, das aus dem verdorrten Boden ragte, war braun, verwelkt und verdörrt. In dem Bericht der Sondereinsatzbrigade, den Agentin Varrak ihnen zur Verfügung gestellt hatte, war von einer Dürre die Rede gewesen, und das war der Beweis dafür. Einst hatten sich hier Getreidefelder erstreckt, doch heute ließ sich nichts mehr anbauen. Hie und da lagen ausgebleichte Knochen und Fetzen vertrockneten Fells, vermutlich die traurigen Überreste lange toter Farmtiere. Spuren eines Wohlstands, der vielleicht für immer verloren war – ganz sicher sogar, falls es ihnen nicht gelang, Lanteeb von Dooku zu befreien – von den Sith.
Eine Stunde verging. Ihr folgte eine zweite, dann eine dritte. Die Sonne kroch am fahlen, wolkenlosen Himmel empor, und das flache Land rings um sie begann sich zu heben und zu senken wie eingefrorene Wellen. Die beiden Jedi waren sich der Gefahr, in der sie schwebten, mit zermürbender Klarheit bewusst, und sie wiederholten immer und immer wieder ihre falschen Lebensläufe und stellten einander Fragen über ihre lanteebanischen Tarnidentitäten, bis ihnen die Antworten ohne Zögern oder Fehler über die Lippen kamen. Sie konnten sich keine Ausrutscher leisten. So erschöpft, wie sie waren, mochten sie Warnsignale der Macht ignorieren. Vielleicht befanden sich Spione der Separatisten im Dorf – in dem Fall wäre jeder noch so kleine Fehler zweifelsohne ihr letzter.
»Also gut«, sagte Obi-Wan schließlich. »Genug davon. Ich glaube nicht, dass wir unsere neuen Lebensläufe so bald wieder vergessen.«
»Nein«, stimmte Anakin zu. »Ich bin mir sogar ziemlich sicher, dass ich noch von Teeb Markl träumen werde, wenn ich neunzig bin.«
Lass mich so alt werden, und ich werde liebend gerne von ihm träumen. »Genau so soll es auch sein.«
Vor ihnen zeigten sich erste Schlaglöcher in der Fahrbahn, und als sie einen Bogen darum machten, spähte Anakin aus zusammengekniffenen Augen in die Ferne. »Verflucht! Ich dachte, es wäre vielleicht nur eine optische Täuschung, aber es ist noch immer da.«
Obi-Wan folgte seinem Blick. »Ja, das sind echte Hügel.«
Anakin rieb sich den Nacken und schüttelte frustriert den Kopf. »Na toll! Seit Stunden schleppen wir uns durch diese Einöde – und jetzt sollen wir auch noch Berge erklimmen?«
»Na, wohl eher kleine Anhöhen«, meinte Kenobi. »Es ist wirklich ein Glück, dass Ahsoka nicht bei uns ist. Was würde sie wohl davon halten, dass ihr Lehrmeister die ganze Zeit nur herumnörgelt? Und wenn Rex dich erst hören könnte …«
Verärgert klappte Anakin den Mund zu, und die beiden Jedi gingen weiter. Sie ignorierten die Blasen an den Füßen, den Hunger, den Durst, die Schmerzen, und trotz ihrer Erschöpfung tauchten sie immer wieder kurz in die Macht ein, um ihre Umgebung nach Anzeichen von Gefahr abzusuchen. Die Straße, auf der sie dahinschritten, blieb verlassen. Kein Fahrzeug kam in Sicht, und auch Droiden konnten sie nirgends erspähen: keine Arbeitseinheiten, keine Überwachungskameras und auch keine Kampfdroiden. Doch das konnte sich schnell ändern, vor allem falls das Dorf, dem sie sich näherten, für die Separatisten von Wert war. Eine Handvoll bewaffneter Droiden reichte aus, um die wehrlose Zivilbevölkerung eines solchen Ortes zu kontrollieren, das hatten die Jedi nicht nur auf Naboo gesehen, sondern seit dem Ausbruch des Krieges auch auf über einem Dutzend anderer, noch größerer Planeten.
Nach einer Weile verlangsamte Anakin seine Schritte, dann blieb er schließlich ganz stehen. »Fühlt Ihr das? Ich glaube, das Dorf ist direkt auf der anderen Seite dieser – wie nanntet Ihr es doch? – Anhöhe.«
Obi-Wan verharrte neben ihm und nickte. Das Dorf war jetzt nur noch ein paar Kilometer entfernt, und durch die Macht konnte er die Betriebsamkeit von intelligentem Leben spüren. Da waren weder Furcht noch Schmerz, auch kein überwältigendes Gefühl der Bedrohung oder des Schreckens, nur ein Teppich trister, gedämpfter Trauer, durchbrochen von hellen Flecken tiefer Besorgnis.
»Das bedeutet aber nicht, dass wir sicher sind«, meinte Anakin und blickte sich um. »Bei unserem Glück wimmelt es dort von Droiden der Seps. Wie sollen wir in dem Fall vorgehen?«
»Vorsichtig«, meinte Obi-Wan. »Aber ich bin sicher, solange wir uns an unsere Geschichte halten, wird niemand Grund haben, misstrauisch zu werden.«
»Es sei denn, man hat sie bereits in Alarmbereitschaft versetzt.«
Und du nennst mich einen Pessimisten? Obi-Wan fuhr sich mit dem zerrissenen Ärmel über das verschwitzte Gesicht. »Das halte ich für unwahrscheinlich. Es ist, wie du selbst gesagt hast, Anakin: Das Letzte, was Durd will, ist, dass Dooku von unserer Flucht erfährt.«
Ächzend presste Anakin die Fäuste in seinen Rücken. »Hoffen wir es. Keiner von uns beiden würde nämlich noch einen Kampf überstehen.«
»Wir müssen nur einen kühlen Kopf bewahren, dann wird es keinen Grund für einen Kampf geben«, entgegnete Kenobi. »Wir sind einfache Arbeiter, die nach drei langen Jahren in der galaktischen Wildnis auf ihre Heimatwelt zurückgekehrt sind – mit Betonung auf einfach.«
»Ja, ja«, murmelte Anakin, dann wanderte sein Blick wieder über die trostlose, hügelige Landschaft rings um sie. »Es ergibt keinen Sinn. Warum sollte jemand in dieser Einöde eine Siedlung errichten? Selbst in der Jundland-Wüste würde man mehr Leben finden. Dort gibt es zumindest Herden wilder Banthas. Aber hier – hier gibt es nichts außer toten Bäumen und vertrocknetem Gras.«
»Tja, ich weiß nicht«, brummte Obi-Wan matt.
Anakin warf ihm einen irritierten Blick zu. »Macht Euch das denn gar nicht stutzig?«
Oh, um der Galaxis willen … »Ja, Anakin, natürlich macht es mich stutzig, aber ich habe im Moment nicht die Kraft, um mir über so etwas den Kopf zu zerbrechen. Also werde ich mir auch nicht den Kopf darüber zerbrechen – sofern du nichts dagegen hast, natürlich!«
Anschließend gingen sie schweigend weiter. Ungefähr drei Kilometer später hatten sie den Fuß des Hügels erreicht. Mürrisch und zermürbt senkten sie die Köpfe und begannen mit dem Aufstieg. Sie keuchten heftig, Schweiß rann über ihre Gesichter, die geschundenen Muskeln protestierten, und jeder Schnitt, Kratzer oder Streifschuss füllte sich mit neuem Schmerz. Sie suchten Hilfe in der Macht, und sie spürten, wie die unsichtbare Energie Feuer gleich durch ihre Adern brannte und den Vorhang der Schmerzen teilte, sodass sie weitergehen konnten. Erst als sie die abgerundete Spitze des Hügels erreicht hatten, blieben sie wieder stehen. Unter ihnen plagten sich Männer und Frauen im Schein der Sonne ab – und der Zweck des Dorfes wurde schlagartig offensichtlich.
»Das ist eine Damotit-Mine«, sagte Anakin und deutete auf eine von starken Schilden umgebene Ansammlung von Schächten und Kratern am Ortsrand auf der rechten Seite. »Oder?«
Ja, falls die Informationen, die Bant’ena Fhernan gesammelt hatte, zutrafen, dann war das eine Damotit-Mine. Was auch die einsame Lage des Ortes erklärte. In seinem Rohzustand war dieses Material so hochgiftig, dass in einem kilometerweiten Umkreis überhaupt keine anderen Siedlungen errichtet werden durften.
Obi-Wan seufzte. »Wie konnte mir das nur entgehen. Ich hätte wissen müssen, dass wir hier draußen auf eine Mine stoßen würden.«
»Ja, Ihr habt recht«, schmunzelte Anakin. »Ihr seid ein echter Einfaltspinsel, Obi-Wan. Ich habe es schon immer geahnt, ich wollte es nur nicht so direkt sagen.«
Ha, ha. Kenobi schirmte seine Augen ab und spähte hinab in das Dorf. Nirgends waren Separatisten zu sehen, zumindest nicht im Freien. Ein paar alte Bodenwagen bewegten sich von der Mine fort oder zu ihr hin und passierten dabei eine kleine Fabrik, die zwischen den Überresten des Dorfes und den Schächten aufragte. Weißer Rauch stieg dort aus einer Reihe niedriger Schornsteine. Wurde das Rohdamotit dort raffiniert, bevor man es abtransportierte? Vermutlich. Direkt neben der Fabrik befand sich eine Art Lagerhaus, außerdem gab es ein kleines, primitives Kraftwerk und eine Bewässerungsanlage, Letztere für zwei Felder, auf denen Getreide angebaut wurde. Seine hellen Grün-, Gelb- und Rottöne bildeten einen krassen Kontrast zu dem öden Braun ringsum. Auf einem weiteren Fleck grünen Bodens graste eine Handvoll einheimischer Tiere. Weitere Gebäude säumten etwas, das wohl einmal der zentrale Platz des Dorfes gewesen war, und dort konnten sie sogar ein paar Kinder sehen, die mit einem Ball spielten. Sofern Obi-Wan sich nicht irrte, waren nirgends Kampfdroiden postiert …
»Ist es sicher?«, fragte Anakin, plötzlich verunsichert. »Ich spüre keine Bedrohung. Fühlt Ihr etwas?«
»Nein. Stehen wir hier nicht länger herum. Mischen wir uns unter die Menge.«
Sie waren inzwischen so müde, dass sie mehr stolperten als gingen, dennoch stapften sie weiter, die Flanke des Hügels hinunter, wobei sie sich dicht am zerbröckelnden Rand der schmalen Straße hielten, für den Fall, dass plötzlich ein Fahrzeug von hinten heranrasen sollte. Ihre brennenden Augen fest auf das Dorf gerichtet – auf ihre Rettung –, setzten sie jeden Jedi-Trick ein, den sie kannten, um auf den Beinen zu bleiben.
Sie erreichten die Ortsgrenze, ohne dass jemand sich ihnen in den Weg oder ihnen Fragen stellte, und sie gingen ungehindert weiter, vorbei an der Mine und der Raffinerie. Doch als sie sich dem Herzen des Dorfes näherten, erblickten die Kinder die beiden Männer. Schreiend rannten sie zu einem Erwachsenen hinüber, und kurz darauf glitt auch schon ein Schwebefahrzeug die Hauptstraße entlang auf sie zu. Am Steuer stand eine hochgewachsene, dünne Frau, gekleidet in eine weite braune Tunika, eine gleichfarbige Hose und Synthfaserstiefel. Der Großteil ihres grauen Haares wurde von einem verblassten, roten Schal bedeckt. Dicht vor den beiden Jedi bremste sie ab, sodass das Schwebefahrzeug ihren Weg blockierte.
Vorsichtig, argwöhnisch, mit einem langen Metallrohr in der Hand, musterte die Frau die Neuankömmlinge von Kopf bis Fuß. »Was wollt ihr?«
Obi-Wan atmete tief ein. Du bist ein einfacher Arbeiter. Gib ihr keinen Grund zum Misstrauen. »Helfen Sie uns«, sagte er dann mit hoher, verstellter Stimme. »Bitte, Teeba? Mein Cousin und ich, wir brauchen Ihre Hilfe.«
Count Dooku erwachte aus unruhigem Schlaf. Ein dunkler Gedanke vibrierte durch seinen Geist, seine Knochen, sein Blut.
Irgendwas stimmt nicht.
Er setzte sich auf. Die Vorhänge vor dem gepanzerten Fenster in seiner Kabine waren nicht zugezogen, sodass Sternenlicht die Schatten erhellte und auf den Falten seiner prächtigen, golddurchwirkten Bettdecke schimmerte. Dooku streckte die Hand aus und beobachtete, wie das Licht seine Haut mit einem silbrigen Glanz überzog. Was für eine einfache, elegante Schönheit. Einen Moment später kontaktierte er die Brücke. »Warum sind wir nicht mehr im Hyperraum?«
»Mein Lord, in der Konversionskammer des Hyperantriebs wurde eine Unregelmäßigkeit entdeckt. Wir kümmern uns gerade darum.«
»Beeilt euch«, sagte Dooku, und ein Lächeln huschte über seine Lippen, als er das Spiel von Licht und Schatten zwischen seinen Fingern beobachtete. »Eine Verzögerung würde mir missfallen.«
»Ja, mein Lord.«
Die Angst des Brückenoffiziers ließ sein Lächeln noch breiter werden, als er die Verbindung unterbrach. Man musste dafür sorgen, dass Untergebene nicht zu selbstgefällig wurden. Doch dann runzelte er die Stirn. War es dieses Problem mit dem Hyperantrieb gewesen, das ihn aus dem Schlaf gerissen hatte, oder braute sich vielleicht an anderer Front Ärger zusammen? Er verschloss die Augen vor dem Sternenlicht und streckte seine übermenschlich scharfen Sinne aus.
Energie summte unhörbar durch das Durastahlskelett des Kreuzers, als er auf den Sternenwinden durch die Territorien des Mittleren Randes der Galaxis schweifte. Leise Melancholie berührte Dooku, und er seufzte. Das war nun sein Leben: kein richtiges Zuhause, kein zivilisierter Planet, den er Heimat nennen könnte. Auf Coruscant war er nicht erwünscht, zumindest im Moment nicht. Doch das würde sich ändern, wenn erst die Pestbeule des Jedi-Ordens ausgebrannt und die Republik ein für alle Mal von dieser heuchlerischen Tyrannei befreit wäre, die Yoda und seine Lakaien repräsentierten … und am Leben erhielten.
Nur die Klarheit der Sith kann uns jetzt noch retten.
Doch bis diese Klarheit sich durchgesetzt hatte, war er gezwungenermaßen ein Vagabund, dazu verflucht, zwischen den Sternen zu wandern und mit dem unwürdigen Gesindel der Separatistenallianz zusammenzuarbeiten. Mit General Grievous und Nute Gunray und all ihren verkommenen, gierigen, korrupten Gefolgsleuten. Allein, dieselbe Luft wie diese Kreaturen atmen zu müssen, bereitete ihm Übelkeit. Doch Lord Sidious hatte es ihm befohlen, also würde er ihre Gegenwart auch weiterhin ertragen. Der Schmerz dieser unwürdigen Aufgabe wurde allein durch seine Vorfreude auf den Tag gelindert, an dem er sie alle abschlachten würde.
»Gräme dich nicht«, hatte sein Meister gesagt. »Sie dienen einem Zweck und müssen am Leben bleiben, bis dieser Zweck erfüllt ist. Du musst mir vertrauen, Tyranus. Sobald sie nicht mehr von Nutzen für uns sind, werde ich sie alle vernichten lassen.«
Das war ein kalter Trost, aber besser als nichts – und doch …
Etwas stimmt nicht.
Da war etwas, das seinem Bewusstsein entfloh. Dooku zog sich aus der Macht zurück und öffnete die Augen. Das Chrono auf dem Beistelltisch glühte in schwachem Blau und zeigte an, dass es kurz nach Mitternacht Schiffszeit war. Er hatte nicht lange geschlafen. Gehüllt in kostbare Seide erhob er sich von seinem Bett und ging hinüber zum Fenster, um herauszufinden, wo genau sie sich befanden. Er kannte die Republik in- und auswendig, und dieses Wissen hatte ihn nie verlassen, darum war die sternenbesprenkelte Leere jenseits des Transparistahls für ihn wie ein offenes Buch. Im Moment flogen sie dicht an Kothlis vorbei, dessen Bewohner wie aufgeschreckte Ameisen umherwuselten und sich auf einen weiteren Angriff der Separatisten vorbereiteten.
Dass er die Bothaner-Kolonie und die Zentrale ihres Spionagenetzes nicht eingenommen hatte, war bedauernswert, doch einmal mehr hatte Palpatine es geschafft, eine klare Niederlage in einen hauchdünnen Sieg zu verwandeln. Zusätzliche republikanische Streitkräfte zum Schutz des Planeten abzustellen, war ein Geniestreich gewesen. Sofern sie diese Karte richtig ausspielten, konnten sie die ohnehin schon wankende Große Armee der Republik im Kampf um den Äußeren Rand noch weiter destabilisieren. Auch der Jedi-Rat war geschwächt: Mace Windu musste sich um die Panik auf Kothlis und Bothawui kümmern, Yoda konnte sich also nicht länger auf seinen Rat und seine unerschütterliche Präsenz stützen. Ein schwacher Yoda war ein Segen für Dooku.
Warum bin ich dann so sicher, dass etwas nicht stimmt?
Noch einmal schloss er die Augen, um in der Macht nach dem Grund für seine Unruhe zu suchen – in der wahren Macht, der Macht von Stärke und Erhabenheit. Die Jedi nannten es die Dunkle Seite, wie verängstigte Kinder, die sich unter ihren Betten zusammenkauerten, doch natürlich war nichts Dunkles an dieser Seite der Macht.
Die wahre Macht blendet sie. Sie sind zu schwach, sie einzusetzen oder auch nur zu begreifen.
Also, was für Probleme waren es, die er spürte? Hatten sie mit seiner gegenwärtigen Mission zu tun? Sein Kreuzer, die Sieger, war unterwegs nach Umgul im Darglum-System. Da die Kosten des Krieges tagtäglich stiegen, hatte Palpatine gerade eine Reihe von Steuererhöhungen beschlossen, um die ruinösen militärischen Ausgaben zu finanzieren. Umgul, das durch den Tourismus ein Vermögen scheffelte, stand dabei ganz oben auf der Liste, und die Regierung des Planeten war alles andere als glücklich über die Entscheidung des Obersten Kanzlers. Also hatte sie sich an Count Dooku gewandt, den politischen Brandstifter, der für die Rechte der einzelnen Systeme eintrat und der Gier der Republik den Kampf angesagt hatte, und um ein Treffen gebeten. Nur zu gern hatte Darth Tyranus ihre Einladung angenommen.
Doch rührte seine Unruhe wirklich daher? War das Kabinett von Umgul vielleicht nicht mehr so sicher, ob es sich von der Republik abwenden und der Separatistenallianz beitreten wollte? Hoffentlich nicht, denn der Verlust des hedonistischen Umgul mit seinen berühmten Rennstrecken, Casinos, Vergnügungspalästen, Luxushotels und dekadenten Kurbädern würde die Reichen und Eitlen der Republik hart treffen … ebenso wie die vielen ärmeren Bürger, die ihr ganzes Leben lang sparten und feilschten, um sich wenigstens einmal dieses Erlebnis puren Luxus leisten zu können. Ihre Enttäuschung würde bis in den Versammlungssaal des Senats dringen und noch mehr Proteste, noch mehr Unzufriedenheit, noch mehr Uneinigkeit hervorrufen. Im HoloNet würde man natürlich darüber berichten, und so würden die Wellen immer größere Kreise ziehen – durch die gesamte Republik.
Doch falls Umgul es sich anders überlegt hat …
Er wartete darauf, dass die Macht ihm eine Antwort zeigte, ermahnte sich aber gleichzeitig, dass er mit Bedacht vorgehen und diese Antwort nicht gleich blind akzeptieren durfte. Die Galaxis war in Aufruhr, und selbst hier, im Mittleren Rand, herrschte so viel Chaos, dass die Zeichen der Macht nicht immer verlässlich waren. Nicht einmal seine gewaltigen Fähigkeiten und seine enorme Erfahrung konnten ein klares Bild garantieren. Das war der Preis, den er und Sidious dafür zahlen mussten, dass sie diesen Krieg anfachten.
Nein, die Quelle seiner Unruhe lag nicht auf Umgul. War es dann vielleicht Grievous? Dookus verabscheuungswürdiger General schlachtete gerade über Eriadu die Klone der Republik ab, und laut jüngsten Berichten lief die Operation genau nach Plan. Nein, Grievous war es auch nicht. Doch wo sonst könnte es Probleme geben? Welche seiner vielen Operationen kochte gerade über?
Lanteeb.
Natürlich, Lanteeb … und General Lok Durd. Beim Gedanken an den neimoidianischen Wissenschaftler mahlten Dookus Zähne, und ein Schauder rann ihm über den Rücken. Alle Neimoidianer widerten ihn an, aber Durd war der Schlimmste von allen. Er war sogar noch abstoßender als Gunray, und das wollte etwas heißen. Bei ihrem letzten Treffen vor drei Tagen hatte Durd vor ihm gekniet und geschworen, dass seine biologische Waffe beinahe schon einsatzbereit war. Nur noch ein kleines Problem musste gelöst werden. »Eine Woche. Höchstens eine Woche, mein Lord, dann werdet Ihr sie haben, das garantiere ich. Eine Woche.« Er hatte keinen Verrat in diesem verzweifelten Versprechen wahrgenommen. Hatte er sich vielleicht getäuscht? Hatte man ihn vielleicht hintergangen?
Der Gedanke bescherte ihm eine Gänsehaut. Sein Meister wollte diese Waffe so bald wie möglich fertiggestellt sehen. Eine weitere Verzögerung würde ihm missfallen, und niemand, der noch ganz bei Verstand war, wollte den Zorn von Sith-Lord Darth Sidious auf sich ziehen.
Durd, falls du mich belogen hast, werde ich dir eigenhändig die fettige Haut vom Leib schneiden und dich zwingen, sie zu essen.
Er richtete seine ganze Aufmerksamkeit auf Lanteeb, auf Lok Durd und auf die corellianische Wissenschaftlerin, Dr. Fhernan, die der Neimoidianer zur Zusammenarbeit gezwungen hatte. Seine Sinne schnitten zielstrebig durch die Macht, um die Wahrheit zu enthüllen.
Ja … die Quelle seiner Unruhe lag tatsächlich dort. Lanteeb und Lok Durd. Die Furcht war ein schwaches Echo, aber dennoch unverkennbar. Sie unterschied sich von der allgegenwärtigen Angst der nutzlosen Bevölkerung dieses Planeten, sie schmeckte anders.
Etwas stimmt nicht.
Lok Durds Biowaffe war von zentraler strategischer Bedeutung für den Kampf gegen die Republik. Falls der Neimoidianer diese wichtige Aufgabe vermasselt hatte …
Neben der standardmäßigen Kom-Ausrüstung der Sieger gab es in Dookus Kabine noch eine private Holoeinheit für vertrauliche Unterhaltungen, und nun, wo seine Brust sich vor mühsam zurückgehaltenem Zorn zusammenzog, griff er nach dem Projektor, stellte ihn auf den Tisch in der Mitte seiner Kabine und öffnete eine Verbindung zu Durd.
Es dauerte eindeutig zu lange, bis der Neimoidianer antwortete. »Mein Lord!«, rief die verabscheuungswürdige Kreatur aus. »Was für Ehre! Wie kann ich Euch heute zu Diensten sein?«
Es war nicht leicht, in Durds Gesicht zu lesen, aber das lag weniger an der gewaltigen Entfernung, die sie trennte, oder an der Tatsache, dass es generell schwierig war, in einem Hologramm zu lesen, sondern vielmehr daran, dass seine ganze Spezies aalglatt und schleimig war – eine Herausforderung selbst für einen erfahrenen Sith wie ihn.
»Welche Fortschritte macht unser Projekt, General? Falls ich mich nicht irre, sollten Sie der Fertigstellung inzwischen vier Tage näher gekommen sein. Und so ist es doch, oder?«
Durds Nickhäute schoben sich über seine hässlichen Augen. »Näher, mein Lord? Ja, wir sind der Fertigstellung näher. In der Tat, mein Lord. Der Durchbruch ist schon in Reichweite.«
Dooku zeigte dem Neimoidianer in einem Lächeln die Zähne. »Wenn er in Reichweite ist, wie viele Finger, würden Sie sagen, haben Sie schon darumgelegt, General?«
»Finger, mein Lord? Ich bin nicht sicher, ob ich … also … menschliche Redewendungen erschließen sich mir nur schwer, und …«
»General Durd!« Die Dunkle Seite loderte in ihm auf. »Ich habe Sie gewarnt – ich bin niemand, den man sich zum Feind machen sollte. Sie werden fürstlich für das Privileg entlohnt, der Separatistenallianz dienen zu dürfen. Und obwohl Sie uns bereits einmal enttäuscht haben, haben wir Nachsicht gezeigt. Glauben Sie, ein weiteres Versagen würde Ihnen ebenso leicht nachgesehen? Denn falls ja, dann …« Er schüttelte den Kopf. »Dann sind Sie leider einem grausamen Irrtum erlegen. Verstehen Sie, was ich sage, General? Oder verwirren Sie meine Redewendungen noch immer?«
»Nein, mein Lord«, sagte der Neimoidianer leise. »Ich verstehe.«
»Ausgezeichnet. Dann kann ich also in spätestens vier Tagen mit der frohen Nachricht vom Abschluss dieses Projekts rechnen?«
»Ja, mein Lord«, ereiferte sich Durd. Er griff nach seinem Kragen, als würde er keine Luft mehr bekommen. »Vier Tage, mein Lord. Ich werde mich in vier Tagen bei Euch melden.«
Der unverwechselbare Gestank von Furcht wallte durch die Dunkle Seite. Dooku strich sich über den Bart und kniff die Augen zu Schlitzen zusammen. »Was verschweigen Sie mir, Durd? Die Wahrheit! Oder, ich schwöre, Sie werden gleich meine Finger um Ihren Hals spüren!«
Der Neimoidianer presste seine fetten, kalten Hände gegeneinander. »Es ist … Es ist nichts, mein Lord. Ihr habt mein Wort. Die Frau hat uns ein paar Probleme gemacht. Die Wissenschaftlerin, Doktor Fhernan. Ich musste sie bestrafen. Natürlich nicht so schwer, dass sie nicht mehr arbeiten kann, aber doch hart genug, damit sie ihre Lektion lernt.«
Ohne die Wissenschaftlerin wäre ihr Plan ruiniert. Falls Durd die Lage falsch eingeschätzt hatte. »Wie haben Sie sie bestraft, General?«
»Ich habe Schritte gegen eine der Geiseln unternommen, mein Lord. Sie hat die Lektion gelernt und tut jetzt genau, was wir sagen.«
Schritte unternehmen bedeutete töten. Zähneknirschend neigte Dooku den Kopf. »Und Sie sind sicher, dass sie keine Schwierigkeiten mehr machen wird?«
»Absolut, mein Lord«, erklärte Durd mit einem eifrigen Nicken. »Sie ist so folgsam, wie es nur geht. Ihr bekommt Eure Waffe, Count Dooku. Die Separatistenallianz wird obsiegen.«
Er konnte noch immer Durds Furcht spüren, aber jetzt waren da auch Stolz, Arroganz und Wahrheit. Der Neimoidianer glaubte an seine Worte, so viel war sicher. »Und die anderen Geiseln? Sie sind noch immer in unserer Kontrolle?«
»Wir verfolgen jeden ihrer Schritte, mein Lord. Doktor Fhernan muss tun, was ich ihr sage.«
»Dann bin ich beruhigt«, brummte Dooku. »Fürs Erste. Machen Sie sich wieder an die Arbeit, General. Ich erwarte Ihren endgültigen Bericht in vier Tagen.«
Er unterbrach die Verbindung, noch während Durd seine überschwänglichen Versprechungen machte. Im selben Moment spürte er, wie die Sieger einen Satz nach vorne machte. Die Sterne jenseits des Fensters blinkten auf und zogen sich in die Länge, und eine Sekunde später war der Kreuzer schon wieder im Hyperraum.
Nun, da seine Sorge zerstreut war, legte Dooku sich wieder auf das Bett. Der Schlaf kam schnell, und als die warmen Wogen der Dunklen Seite über seinem Kopf zusammenschlugen, spürte er, dass er lächelte.
Ah, der süße Geschmack des Triumphes. Der Sieg ist fast schon nahe genug, um ihn zu kosten.
Count Dookus flimmerndes Hologramm löste sich auf, und Lok Durd übergab sich auf sein Gewand.
Ich habe Count Dooku angelogen. Ich habe Count Dooku angelogen. Stockmutter, bewahre mich, ich habe Count …