Star Wars™ Darth Plagueis - James Luceno - E-Book
SONDERANGEBOT

Star Wars™ Darth Plagueis E-Book

James Luceno

0,0
9,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 9,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Der Roman, auf den jeder Star-Wars-Fan gewartet hat …

»Darth Plagueis war ein Dunkler Lord der Sith, derart mächtig und weise, dass er die Macht nutzen konnte, um Leben zu erschaffen. Er hatte ein so ungeheures Wissen um die Dunkle Seite, dass er sogar dazu in der Lage war, das Sterben derjenigen, welche ihm nahestanden, zu verhindern. Was für eine Ironie. Er konnte andere vor dem Tod bewahren, aber sich selbst konnte er nicht retten.« Imperator Palpatine (Star Wars: Episode III – Die Rache der Sith)

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 657

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



James Luceno

DARTH PLAGUEIS

Aus dem Englischen von Andreas Kasprzak

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.
Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.
Die amerikanische Originalausgabe erschien unter dem Titel»Star Wars™ Darth Plagueis«bei Del Rey/The Ballantine Publishing Group, Inc., New York.
Deutsche Erstveröffentlichung Dezember 2012bei Blanvalet, einem Unternehmen derPenguin Random House Verlagsgruppe GmbH, München.Copyright © 2012 by Lucasfilm Ltd. & ® or ™ where indicated.All rights reserved. Used under authorization.Translation Copyright © 2012 byPenguin Random House Verlagsgruppe GmbH,Neumarkter Str. 28, 81673 MünchenUmschlaggestaltung: Birgit Gitschier, München, nach einer OriginalvorlageCover Art Copyright: © 2012 by Lucasfilm Ltd.Cover Art: Torstein NordstrandCover Design: Scott BielRedaktion: Marc WinterHS · Herstellung: samSatz: omnisatz GmbH, BerlinISBN 978-3-641-07776-1V002
www.blanvalet.de

Für Howard Roffman, dessen Intelligenz, kritischer Scharfsinn und unerschütterliche Marschrichtung dabei halfen, diese Geschichte zu formen.

Es war einmal vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis …

Prolog

Ein Beben erschütterte den Planeten. Aus Tod geboren, kam es einer mächtigen Woge gleich über das Gestirn, die sich nicht nur tief in den Kern der Welt bohrte, sondern auch von ihrer lieblichen Atmosphäre ausstrahlte, um die Sterne selbst erzittern zu lassen. Im Epizentrum des Bebens stand Sidious, eine elegante Hand auf dem polierten Sims eines riesigen Fensters ruhend, er selbst ein Gefäß, das mit einem Mal bis zum Bersten voll war. Die Macht war so stark in ihm, dass er fürchtete, womöglich darin zu verschwinden, um niemals wieder zurückzukehren. Gleichwohl stellte der Augenblick nicht so sehr ein Ende, sondern vielmehr einen wahrhaftigen, lange überfälligen Anfang dar. Es war weniger eine Transformation als eine Steigerung des bereits Bestehenden – eine grundlegende Veränderung.

Ein Wirrwarr von Stimmen, nah und fern, aktuell und Äonen alt, überflutete seine Gedanken. Lobpreisend erhoben verkündeten die Stimmen seine Herrschaft und bejubelten den Anbeginn einer neuen Ordnung. Mit gelben Augen blickte Sidious zum Nachthimmel empor und sah, wie die bebenden Sterne aufloderten, und in den Untiefen seines Selbst spürte er, wie die Kraft der Dunklen Seite ihn salbte.

Langsam, beinahe widerstrebend, kehrte er in seinen Körper zurück, den Blick auf die manikürten Hände gerichtet. Als er sich wieder in der Gegenwart befand, bemerkte er seinen rasch gehenden Atem, während der Raum hinter ihm sein Bestes tat, den Eindruck zu vermitteln, alles sei wie gehabt. Luftreiniger brummten – kostbare Wandteppiche wogten in der so heraufbeschworenen Brise. Teure Teppiche versiegelten ihre Fasern, damit sich verschüttete Flüssigkeiten nicht ausbreiten konnten. Der Droide wuselte in offenkundiger Verwirrung umher. Sidious drehte sich einmal um sich selbst, um die Unordnung in Augenschein zu nehmen: antike Möbel – umgeworfen; gerahmte Gemälde – schief an den Wänden hängend. Als wäre ein Wirbelsturm durch den Raum gefegt. Auf dem Boden lag, mit dem Gesicht nach unten, eine Statue von Yanjon, einem der vier gesetzgebenden Weisen von Dwartii – ein Kunstwerk, das Sidious insgeheim innig begehrt hatte.

Und auch Plagueis lag dort hingestreckt: seine schlanken Gliedmaßen von sich gereckt und den länglichen Kopf zur Seite gedreht. Er hatte sich herausgeputzt wie für einen festlichen Abend in der Stadt. Nun war er tot … oder etwa nicht?

Unsicherheit durchfuhr Sidious, und der Zorn kehrte in seine Augen zurück. War dieses Zittern sein eigenes Werk oder eine Vorwarnung? War es möglich, dass der hinterlistige Muun ihn getäuscht hatte? Hatte Plagueis den Schlüssel zur Unsterblichkeit gefunden und am Ende doch überlebt? Ganz gleich, dass das für jemand so Weisen ein kleinlicher Schachzug gewesen wäre – für jemanden, der behauptete, den Großen Plan über alles andere zu stellen. Hatte sich Plagueis in einem selbst gewobenen Netz aus Neid und Habgier verfangen? War er zu einem Opfer seiner ureigenen Machenschaften geworden, in seine eigene Grube gefallen?

Wäre Sidious nicht so um seine eigene Sicherheit besorgt gewesen, hätte er Plagueis vielleicht bedauert.

Als er sich dem Leichnam seines einstigen Meisters vorsichtig näherte, nutzte er die Macht, um den betagten Muun auf den Rücken zu drehen. Aus diesem Blickwinkel sah Plagueis beinahe genauso aus wie damals, als Sidious ihm zum ersten Mal begegnet war, Jahrzehnte zuvor: ebenmäßiger, haarloser Schädel; eine krumme Nase, deren Sattel wie von einem Schockballtreffer abgeflacht wirkte und deren scharf zulaufende Spitze fast gegen die Oberlippe drückte; ein weit vorstehender Unterkiefer; tief eingesunkene Augen, die noch immer vor Gefährlichkeit überquollen – eine physische Eigenschaft, auf die man bei einem Muun nur selten traf. Andererseits war Plagueis weder ein gewöhnlicher Muun noch ein gewöhnliches Wesen gewesen, ganz gleich welcher Spezies.

Sidious sah sich vor und streckte weiterhin seine Machtsinne aus. Bei näherer Betrachtung stellte er fest, dass sich Plagueis’ bereits zyanotisches Fleisch glättete, seine Gesichtszüge entspannten sich.

Sidious war sich des Surrens der Luftreiniger und der Geräusche der Außenwelt, die in die luxuriöse Suite drangen, vage bewusst, während er seine Totenwache fortsetzte. Dann richtete er sich erleichtert zu voller Größe auf und stieß den Atem aus. Dies war keine Sith-List. Dies war kein Fall von vorgetäuschtem Tod, vielmehr hielt selbiger Plagueis fest in seiner kalten Umklammerung. Das Wesen, das ihn an die Macht geführt hatte, war nicht mehr.

Die Ironie der Situation ließ Sidious erheitert die Augen zusammenkneifen. Der Muun hätte noch hundert Jahre unbehelligt weiterleben können. Womöglich hätte er sogar ewig gelebt, wenn sein Streben von Erfolg gekrönt gewesen wäre. Letzten Endes jedoch war es ihm nicht gelungen, sich selbst zu retten, auch wenn er andere vor dem Tod bewahren konnte.

Ein triumphales Gefühl der Überlegenheit ließ Sidious’ Brust anschwellen, und seine Gedanken schweiften fort.

Nun, das ist nicht annähernd so übel gelaufen, wie wir angenommen hatten …

Überhaupt entwickelten sich Ereignisse nur selten tatsächlich so, wie man es sich vorstellte. Die Ordnung künftiger Geschehnisse war vergänglich. Auf dieselbe Weise, wie die Vergangenheit durch ausgewählte Erinnerungen »angepasst« wird, waren auch künftige Ereignisse in stetem Wandel. Man konnte bloß instinktiv handeln, sich bewusst an einen vollkommenen Moment klammern und die Initiative ergreifen. Einen Herzschlag später, und das Universum hätte sich neu zusammengefügt. Dann wäre keine Willensanstrengung mehr groß genug gewesen, um die Strömungen des Wandels zu verhindern. Man konnte bloß beobachten und reagieren. Überraschung war das Element, das man in keinem Periodensystem fand. Ein Schlüsselelement, eine fehlende Ingredienz. Die Art und Weise, wie sich die Macht selbst amüsierte. Eine Mahnung an alle empfindungsfähigen Wesen, dass einige Geheimnisse niemals gelüftet werden würden.

Zuversichtlich, dass dem Willen der Dunklen Seite Genüge getan worden war, kehrte er zur Fensterwand der Suite zurück. Zwei Lebewesen in einer Galaxis voller ungezählter Billionen, doch das, was in diesen Räumen geschehen war, würde Einfluss auf ihrer aller Leben haben. Die Galaxis war bereits durch die Geburt von einem von ihnen geformt worden und würde nun durch den Tod des anderen umgestaltet werden. Doch war die Veränderung anderswo gespürt und wahrgenommen worden? Waren sich seine verschworenen Feinde darüber im Klaren, dass sich das Gleichgewicht der Macht unwiderruflich verschoben hatte? Würde das ausreichen, um sie aus ihrer Selbstgerechtigkeit aufzurütteln? Er hoffte, dass dem nicht so war. Denn jetzt konnte das Werk der Vergeltung erst wahrhaft beginnen.

Sein Blick suchte und fand eine aufsteigende Sternenkonstellation, eine voller Macht und Tragweite, die neu am Firmament erstrahlte, selbst wenn sie in Kürze vom ersten Licht der Morgendämmerung überwältigt werden würde. Tief am Horizont über dem Flachland hängend, nur sichtbar für jene, die wussten, wo und wie sie danach Ausschau halten mussten, strebte dieses System einer kühnen Zukunft entgegen. Auf einige mochten die Sterne und Planeten wirken, als würden sie sich genauso bewegen wie seit jeher, dazu bestimmt, sich in Formationen auszurichten, die schon lange vor ihrer feurigen Geburt bestimmt worden waren. In Wahrheit jedoch war der Himmel in Unruhe gestürzt worden, von dunkler Materie in neue, einzigartige Bahnen gezwungen. Sidious hatte den intensiven Geschmack von Blut im Mund. Er spürte, wie das Ungeheuer in seiner Brust emporkroch, aus schattigen Tiefen an die Oberfläche kam und seine Perspektive zu etwas Furchteinflößendem verzerrte, kurz davor, sich der Welt zu offenbaren.

Die Dunkle Seite hatte ihn vereinnahmt, und nun machte Sidious sich seinerseits die Dunkle Seite zu eigen.

Atemlos – nicht vor Anstrengung, sondern wegen des plötzlichen Beseeltseins durch die Macht – kehrte er dem Fenster den Rücken und erlaubte dem Ungetüm, sich durch seinen Körper zu winden wie ein freilaufendes Weide- oder Prärietier. War die Macht schon jemals so stark in jemandem gewesen?

Sidious hatte niemals erfahren, wie Plagueis’ eigener Meister sein Ende gefunden hatte. War er durch Plagueis’ Hand gestorben? Hatte auch Plagueis einst ein ähnliches Hochgefühl erfahren, als er zum einzigen Sith-Lord in der Galaxis aufstieg? Hatte sich das Ungeheuer der Endzeit damals ebenfalls erhoben, um die Welt zu beschnüffeln, in der es bald wüten würde, in dem Wissen, dass seine Entfesselung unmittelbar bevorstand?

Sidious hob seinen Blick zur Ekliptik. Die Antworten auf diese Fragen waren irgendwo da draußen, verschlüsselt im Licht, durch Raum und Zeit reisend. Flüssiges Feuer durchströmte ihn, Visionen aus Vergangenheit und Zukunft durchzuckten sein Bewusstsein, und er öffnete sich der neu geformten Galaxis wie in dem Bestreben, die Jahrzehnte fortzuschälen …

Teil I

Anwärter

67–65 Jahre vor der Schlacht von Yavin

2. Kapitel

INNENLEBEN

Plagueis war sich nicht sicher, wie lange er an Tenebrous’ Seite verweilte. Lange genug jedenfalls, dass seine Beine zitterten, als er sich erhob, und sich der Staub der Explosion etwas gelegt hatte. Erst, als er einige Schritte zurücktrat, wurde ihm bewusst, dass auch er die jüngsten Ereignisse nicht unbeschadet überstanden hatte. Irgendwann – vermutlich, als er mit Tenebrous’ Ermordung beschäftigt gewesen war – hatte ein Stein oder irgendein anderes Geschoss einen Gutteil seines Kreuzes verletzt, und nun war die dünne Tunika, die er unter dem Schutzanzug trug, blutgetränkt.

Trotz des wirbelnden Staubs atmete er tief ein, was stechende Schmerzen im Brustkorb und ein Husten nach sich zog, bei dem Blut in die heiße Luft sprühte. Mithilfe der Macht betäubte er sich gegen die Pein und trug seinem Körper auf, die Schmerzen nach besten Kräften einzudämmen. Als die Verletzung ihn schließlich nicht mehr voll beanspruchte, schaute er sich in der Grotte um, ohne dass er sich dabei von der Stelle rührte. Stattdessen drehte er sich einmal komplett im Kreis. Überall auf dem harten Boden verstreut lagen Fledermausfalken, die in ihrer Not zirpten und sich mit ihren Krallen einen Weg durch die eigenen Reihen bahnten. Weit über ihm fiel ein schräger Balken staubschwangeren Tageslichts durch das große Loch in der Höhlenkuppel herein, das seinerseits das Resultat eines früheren Einsturzes war. Unweit des Wirrwarrs von Gestein, das das Beben auf dem Grottenboden angehäuft hatte, stand Tenebrous’ kleines, aber einzigartiges Raumschiff – ein Modell, das Rugess Nome selbst entworfen hatte. Die Verbundmetallflügel und der kleine Bug ragten aus dem kunstlosen Mausoleum hervor, das die Explosion dafür geschafften hatte. Und schließlich, nur wenige Meter entfernt, lag Tenebrous, auf ähnliche Weise begraben.

Als sich Plagueis dem Schiff näherte, sah er sich die Schäden an, die die Deflektorschild- und Navigationseinheiten, die Kühlleitungen, die Sensoren und die Antennen davongetragen hatten. Gewiss wäre es Tenebrous möglich gewesen, einige der Bauteile zu reparieren, aber Plagueis hatte von derlei keine Ahnung. Ihm mangelte es nicht nur an den feinmotorischen Fähigkeiten des Bith, sondern auch an seinem Wissen über die Systeme des Schiffs. Obgleich einmalig, ein Wunder der Ingenieurskunst, konnte das Schiff dennoch nicht mit Tenebrous in Verbindung gebracht werden, da sowohl die Registrierung als auch der Name falsch waren. Es bestand die Möglichkeit, dass der Notfallpeilsender noch funktionierte, doch Plagueis widerstrebte es, ihn zu aktivieren. Sie waren heimlich auf Bal’demnic gelandet, und er hatte vor, genauso wieder von hier zu verschwinden. Aber wie?

Wieder blickte er mit zusammengekniffenen Augen in das Licht empor, das durch die Scheitelöffnung hereinströmte. Nicht einmal seine Machtkräfte genügten, um ihn vom Boden der Grotte bis ganz hinauf zu diesem starren Auge zu katapultieren. Dazu brauchte man schon einen Raketenrucksack, und das Schiff hatte keinen an Bord. Sein Blick schweifte von der Öffnung in der Decke zu den geschwungenen Wänden der Grotte. Er nahm an, dass er an der gewölbten Unterseite der Kuppel entlangklettern konnte, um zu dem Auge zu gelangen, doch jetzt sah er einen besseren Weg. Mehr noch: Er sah einen Weg, um zwei Aufgaben gleichzeitig zu erledigen.

Von einer Stelle mittig zwischen dem Schiff und dem Trümmerhaufen unter der Scheitelöffnung aus öffnete er sich der Macht und begann mit Gesten, die jenen nicht unähnlich waren, die Tenebrous und er eingesetzt hatten, um den Deckeneinsturz hinauszuzögern. Doch nun ließ er Felsbrocken vom Schiff in die Höhe schweben, um sie dem Schutthaufen hinzuzufügen. Er hörte erst auf, als er sowohl die Einstiegsluke des Schiffs freigelegt hatte als auch zuversichtlich war, vom Gipfel des vergrößerten Haufens aus mit einem Machtsprung durch die Deckenöffnung zu gelangen.

Gleichwohl, als er die Luke zu öffnen versuchte, stellte er fest, dass sie sich nicht rührte. Am Ende gelang es ihm, sich durch das Cockpit Zutritt ins Innere des Schiffs zu verschaffen, indem er die Transparistahlkanzel mit einer Reihe von Machthieben traktierte. Nachdem er hineingeklettert war, holte er seine Reisetasche, in der sich unter anderem ein Komlink, sein Lichtschwert und Wechselkleidung befanden. Außerdem nahm er Tenebrous’ Komlink und Lichtschwert an sich und löschte den Speicher des Navigationscomputers – für alle Fälle. Sobald er das Schiff wieder verlassen hatte, streifte er den Schutzanzug und die blutgetränkte Tunika ab und tauschte beides gegen eine dunkle Hose, ein Überhemd, leichte Stiefel und ein Gewand mit Kapuze ein. Er hakte beide Lichtschwerter an seinen Gürtel, aktivierte das Komlink und rief eine Karte von Bal’demnic auf. Mit nur wenigen Satelliten in der Umlaufbahn verfügte der Planet über kein nennenswertes globales Ortungssystem, aber die Karte verriet Plagueis auch so alles, was er über das Gebiet wissen musste, in dem er sich momentan befand.

Er schaute sich ein letztes Mal um. Es war nicht allzu wahrscheinlich, dass irgendein Eingeborener Grund dazu hatte, die Grotte zu erkunden, und sogar noch unwahrscheinlicher war es, dass ein anderer interstellarer Besucher diesen Ort aufsuchen würde. Dessen ungeachtet verwandte er einen Augenblick darauf, die Szene objektiv zu betrachten.

Ein teilweise zerschmettertes, aber teures und ausschlachtenswertes Schiff. Der verfaulte Leichnam eines Bith-Raumfahrers. Die Folgen einer Explosion … All das wies auf einen Unglücksfall in einer Galaxis hin, die vor derlei schier überquoll.

Zufrieden sprang Plagueis oben auf den Trümmerhaufen und dann durch die Decke hinaus in das, was von diesem Tag noch übrig war.

Die sengende Hitze von Bal’demnics Hauptgestirn knallte auf seine bloße Haut hernieder, und eine hartnäckige Brise vom Meer her zerrte an seinem Gewand. Im Westen und im Süden breitete sich der azurblaue Ozean aus, so weit sein Auge reichte, um dort weiße Schaumkronen zu bilden, wo das Wasser gegen das Ufer hämmerte. Zerklüftete, entblößte Hügel verschwanden in der Gischt der See. Plagueis malte sich eine Zeit aus, als Wälder die Landschaft beherrscht hatten, damals, bevor die einheimischen Kon’me die Bäume gefällt hatten, um Baumaterial und Feuerholz daraus zu machen. Jetzt wurde das, was an Vegetation überlebt hatte, von den steilen Schluchten begrenzt, die die braunen Hügel voneinander trennten. Es war ein Anblick von düsterer Schönheit. Möglicherweise, sinnierte er, barg dieser Planet doch mehr als nur Cortosis-Erzvorkommen.

Plagueis, der den Großteil seines Erwachsenenlebens auf Muunilinst verbracht hatte, war mit Wasserwelten durchaus vertraut. Allerdings hatte er im Gegensatz zu den meisten Muun ebenso Erfahrung mit abgelegenen, primitiven Planeten, nachdem er seine Kindheit und die Jugendjahre auf einer Unzahl ähnlicher Welten und Monde zugebracht hatte.

Während sich diese Hemisphäre von Bal’demnic rasch der Nacht entgegendrehte, gewann der Wind an Stärke, und die Temperatur sank. Die Karte, die er auf dem Komlink aufgerufen hatte, zeigte, dass sich der Hauptraumhafen des Planeten bloß ein paar Hundert Kilometer weiter südlich befand. Tenebrous hatte den Raumhafen absichtlich gemieden, als sie auf dem Planeten runtergegangen waren. Deshalb waren sie über die nördliche Polkappe hergekommen, nicht über das Meer. Plagueis berechnete, dass er die Entfernung zum Raumhafen bis zum morgigen Abend hinter sich gebracht haben konnte, womit ihm immer noch eine Standardwoche Zeit blieb, um rechtzeitig nach Muunilinst zurückzukehren, um der Zusammenkunft auf Sojourn vorzustehen. Allerdings wusste er ebenfalls, dass die Route dorthin ihn durch Gebiete führen würde, die von elitären und pöbelhaften Kon’me gleichermaßen besiedelt wurden. Deshalb beschloss er, nachts zu reisen, um den Kontakt mit diesen widerlichen, fremdenfeindlichen Reptilienwesen zu vermeiden. Es hatte wenig Sinn, eine Spur von Toten hinter sich herzuziehen.

Er schnallte die Robe fester um die Hüfte und setzte sich in Bewegung. Anfangs ging er langsam, dann immer schneller, bis er auf jedes Wesen, das ihn zufällig entdeckte, wie ein verworrener, vager Schemen gewirkt hätte – wie ein umherziehender Staubteufel, der über das baumlose Terrain schwirrte. Er brauchte nicht lange zu laufen, bevor er auf einen rudimentären Pfad stieß, in den sich hier und da die Fußspuren der Eingeborenen eingegraben hatten, und er blieb stehen, um sie näher in Augenschein zu nehmen. Barfüßige Kon’me der Unterschicht hatten diese Spuren hinterlassen, vermutlich Fischer, deren schilfgedeckte Behausungen die Uferlinie säumten. Plagueis kalkulierte die Größe und das Gewicht der Reptilien, von denen die Abdrücke stammten, und schätzte, wie viel Zeit verstrichen war, seit sie hier durchgekommen waren. Er richtete sich auf und ließ den Blick über die dunklen Hügel schweifen, ehe er in den Wind schnüffelte und sich wünschte, auch nur einen Funken von Tenebrous’ scharfem Geruchssinn zu besitzen. Weiter vorn würde er zweifellos auch noch auf die Oberschicht der Kon’me stoßen oder zumindest auf ihre kuppelgekrönten Hütten auf den Klippen.

Während er seinen Weg fortsetzte, brach die Nacht herein. Im Sternenlicht funkelte das Meer silbern, und nachtblühende Pflanzen schwängerten die feuchte Luft mit ihren berauschenden Gerüchen. Auf den nördlichen Inselkontinenten waren die Raubtiere bis zur Ausrottung gejagt worden, doch die tiefen Schluchten waren die Heimat unzähliger Arten unersättlicher Insekten, die in wahren Schwärmen über ihn herfielen, als er sich seinen Weg durch das dichte Unterholz bahnte. Seine Körpertemperatur zu senken und die Atmung zu verlangsamen, um die Geruchsmischung seiner Ausdünstungen zu verändern, trug nur wenig dazu bei, die Insekten von ihm fernzuhalten, sodass er nach einer Weile alle Versuche einstellte, sie zu verscheuchen, und sich ihrem Durst nach Blut ergab, an dem sie sich eifrig an Gesicht, Hals und Händen labten.

Sollen sie den alten Plagueis ruhig verschlingen, dachte er.

In dem dunklen Wald dieser abgelegenen Welt, wo eine salzige Brise durch die Bäume pfiff und man die fernen Laute der Wellen wie Trommeln vernahm, würde er der Unterwelt entfliehen, in der die Sith gehaust hatten. Aus einem Jahrtausend zweckmäßigen Schlafs erwacht würde die Kraft der Dunklen Seite wiedergeboren werden, und er, Plagueis, würde den lange geschmiedeten Plan vollenden.

Er lief die Nacht über durch und suchte dann Schutz in einer flachen Höhle, während der Morgennebel, der sich in den Senken gesammelt hatte, verdunstete. Selbst so früh waren die blau geschuppten Eingeborenen bereits auf. Sie kamen aus ihren Hütten, um in der tosenden Brandung Netze auszuwerfen oder mit ihren Booten zu Riffen oder zu nahe gelegenen kleinen Inseln zu paddeln. Die besten Stücke ihres Fangs würden sie in die Hügel tragen, um die Mägen der Wohlhabenden zu stopfen, auf deren Schultern die Verantwortung für Bal’demnics politische und wirtschaftliche Zukunft lastete. Ihre gutturalen Stimmen drangen bis in die Höhle, die Plagueis wie ein Grabmal vorkam, und er konnte sogar einige der Worte verstehen, die sie wechselten.

Er versuchte zu schlafen, jedoch ohne Erfolg, und bedauerte dann den Umstand, dass er immer noch Schlaf brauchte. Tenebrous hatte niemals geschlafen, aber andererseits galt das für fast alle Bith.

Während er in der drückenden Hitze wach lag, ließ er die Ereignisse des vergangenen Tages noch einmal Revue passieren, nach wie vor ein wenig überrascht über das, was er getan hatte. Die Macht hatte ihm zugeraunt: Dein Augenblick ist gekommen. Erhebe deinen Anspruch auf die Dunkle Seite. Handle jetzt und bring es hinter dich. Doch die Macht hatte ihm bloß einen Ratschlag erteilt; weder hatte sie seine Taten diktiert noch seine Hände geführt. Das war allein sein Werk gewesen. Durch seine Reisen mit und ohne Tenebrous wusste er, dass er nicht der Einzige in der Galaxis war, der die Künste der Dunklen Seite praktizierte – noch der einzige Sith, was das betraf, da die Galaxis voller Heuchler war –, aber er war jetzt der einzige Sith-Lord, der direkt von der Bane-Linie abstammte. Ein wahrer Sith, und diese Erkenntnis rüttelte die rohe Kraft wach, die sich in ihm wand. Und doch …

Als er seine Machtsinne ausstreckte, konnte er die Präsenz von etwas oder jemandem von nahezu ebenbürtiger Kraft spüren. War das die Dunkle Seite selbst oder bloß ein Überbleibsel seiner Unsicherheit? Er hatte die Sagen über Bane gelesen, wie er von den nachhallenden Präsenzen jener heimgesucht worden war, die er bezwungen hatte, um den Sith-Orden von internen Machtkämpfen zu befreien, und den Orden durch die Einführung der Regel der Zwei wieder zu einer echten Hegemonialmacht geformt hatte: Es gab einen Meister, der die Macht verkörperte, und einen Schüler, der danach trachtete. Wie man hörte, wurde Bane sogar von den Geistern von Sith-Lords verfolgt, die zwar seit Generationen tot waren, deren Gräber und Mausoleen er jedoch auf seiner inbrünstigen Suche nach Holocronen und anderen uralten Geräten, die Weisheit und Führung boten, entweiht hatte.

War Tenebrous’ Seele die Quelle der Kraft, die er spürte? Gab es nach dem Tode eine kurze Phase, in der man fortdauerte und die es einem wahren Sith erlaubte, weiterhin Einfluss auf die Welt der Lebenden auszuüben?

Es war, als habe sich die Last der gesamten Galaxis auf ihn herabgesenkt. Ein geringeres Wesen als er hätte womöglich seine Schultern dagegen gestemmt, doch Plagueis, eingezwängt in sein verstecktes Grab, fühlte sich so schwerelos, wie er es in der Tiefe des Alls getan hätte. Er würde alle überdauern, die sich ihm in den Weg stellten.

Stunden später, als die Stimmen verklungen waren und die Fressgier der Insekten von Neuem eingesetzt hatte, weckte Schmerz Plagueis aus seinem gequälten Schlummer. Die Tunika lag so eng um sein geschwollenes Fleisch wie ein Druckverband, doch Blut war aus der Wunde gesickert und hatte das Gewand durchnässt.

Er glitt lautlos in die Nacht hinaus und humpelte, bis er den Schmerz unterdrückt hatte, dann verfiel er in Laufschritt. Schweiß, der auf seinem kahlen Haupt perlte, verdunstete, und die dunkle Robe flatterte hinter ihm her wie ein Banner. Ausgehungert überlegte er, eine der Hütten der Einheimischen zu überfallen und sich an den Eiern irgendeiner Unterkasten-Kon’me gütlich zu tun, oder vielleicht an ihrem Blut und dem ihres Gefährten. Doch er zügelte seine Impulse, Entsetzen zu verbreiten, zügelte das Verlangen nach Zerstörung, um sich stattdessen an Fledermäusen und den fauligen Fischresten zu sättigen, die die Wellen ans Ufer gespült hatten. Als er auf dem schwarzen Sandstrand dahineilte, kam er dicht an Behausungen vorbei, die aus Blöcken von verkrustetem Riffgestein erbaut worden waren, doch er erhaschte nur einen flüchtigen Blick auf einen Eingeborenen, der seine Hütte nackt verlassen hatte, um sich zu erleichtern, und reagierte, als habe er einen Geist gesehen. Andernfalls wäre er wohl in Erheiterung ausgebrochen angesichts des jämmerlichen Anblicks, den Plagueis in Robe und Stiefeln gegenwärtig bieten musste. Auf den Klippen hoch über dem Strand brannte künstliches Licht, das von den Heimstätten der Oberschicht und von der Nähe des Raumhafens kündete, dessen Atmosphärenschein einen großen Bereich des südlichen Küstenstreifens erhellte.

Jetzt, wo sein Ziel so nah war, vibrierte jede heranrollende Meereswoge durch sein Innerstes, um eine beispiellose Flut dunkler Energie heraufzubeschwören. Die verknoteten Tentakel der Zeit lockerten sich, und er erhaschte einen flüchtigen Blick in Bal’demnics Zukunft. In einen Mehrfrontenkrieg verwickelt, in einen galaktischen Krieg, der teilweise um die reichen Cortosis-Vorkommen des Planeten geführt wurde, tatsächlich jedoch mehr ein Versatzstück in einem komplizierten Spiel war, wandten sich die unterworfenen Kon’me gegen jene, die sie seit Äonen beherrschten …

In Tagträume versunken entging Plagueis beinahe, dass dem Uferverlauf jetzt ein gewaltiger Hafendamm folgte. Steinerne Landungsbrücken ragten in eine breite, ruhige Bucht, und hinter dem Damm breitete sich eine Stadt bis in die umliegenden, entwaldeten Gebirgsvorläufer aus. Kon’me beider Klassen gingen ihren Angelegenheiten nach, doch unter ihnen waren auch Außenweltler vieler verschiedener Spezies verstreut, die meisten aus angrenzenden Sternensystemen, einige jedoch auch aus so weit entfernten Gegenden wie dem Kern. Der Raumhafen beherrschte den südlichsten Vorort der Stadt, eine Ansammlung von bausteinartigen Modulargebäuden, Lagerhäusern und Hangars in Fertigbauweise sowie erleuchteten Landezonen für Fracht- und Passagierschiffe. Für jemanden, der wenig Erfahrung mit abgelegenen Welten hatte, hätte ein Rundgang durch den Raumhafen wohl große Ähnlichkeit mit einer Zeitreise in die Vergangenheit gehabt, doch Plagueis fühlte sich zwischen den einfachen Hotels, den trübe erhellten Tapcafés und den verwahrlosten Cantinas, in denen Unterhaltung teuer und ein Leben nicht viel wert war, wie zu Hause. Er streifte die Kapuze über seinen Kopf und hielt sich im Schatten, da schon allein seine Größe genügte, um Aufmerksamkeit zu erregen. Dank der nachlässigen Sicherheitsvorkehrungen war es ihm ohne Schwierigkeiten möglich, sich zwischen den gelandeten Schiffen umherzubewegen. Er ignorierte die kleineren systeminternen Schiffe und konzentrierte sich stattdessen auf Langstrecken-Raumfrachter, und hier auch nur auf jene, die sich in gutem Zustand zu befinden schienen. Muunilinst war mehrere Hyperraumsprünge entfernt, und bloß ein Schiff mit ausreichend Sprungleistung konnte ihn ohne allzu große Verzögerungen dorthin bringen.

Nachdem er sich eine Stunde lang gründlich umgeschaut hatte, fand er eins, das ihm zusagte. Der Frachter, ein Werk von Kern-Ingenieurskunst, musste schon ein halbes Jahrhundert alt sein, aber das Schiff war gut gewartet und mit modernen Sensoreinheiten und Subraumtriebwerken nachgerüstet worden. Dass es keine Kennung aufwies, deutete darauf hin, dass der Kapitän nicht daran interessiert war, dass das Schiff auffiel. Der LS-447–3 war länger als breit, besaß einen schmalen Hecküberhang, ein unter dem Rumpf angebrachtes Cockpit und große Frachtraumtore, die es dem Raumfrachter ermöglichten, große Lasten aufzunehmen. Nachdem er die Registrierungsnummer in seinem Komlink gespeichert hatte, bahnte sich Plagueis seinen Weg zum Gebäude der Raumhafenbehörde. Zu dieser späten Stunde war das heruntergekommene Bauwerk so gut wie verwaist, abgesehen von zwei stiernackigen Kon’me-Wachleuten, die im Dienst schliefen. Plagueis lockerte die Schärpe seiner Robe, um ohne Mühe an die Lichtschwerter heranzukommen, schlich an den Männern vorbei und verschwand durch die Haupteingangstür. Aus unbesetzten Büros ergoss sich schwacher Lichtschein in die dunklen Flure. Im zweiten Stock fand er das Büro des Registrierbeamten, von dem aus man die größten der Landezonen und die ruhige Bucht dahinter überblickte.

Auf dem Schreibtisch in einem kleineren Privatbüro stand ein Computer, der schon zwanzig Jahre zuvor eine Antiquität gewesen war. Plagueis stöpselte sein Komlink in das Gerät ein, und einen Moment später hatte er sich in das Raumhafen-Kontrollnetzwerk gehackt. Eine Suchanfrage nach dem Raumfrachter ergab, dass das Schiff tatsächlich unter einem Namen lief – es war die Wehklage – und von Ord Mantell stammte. Das Schiff sollte planmäßig mit einer Besatzung von acht Mann einschließlich eines Droiden am nächsten Morgen starten und würde Kurs auf mehrere Welten im Auril-Sektor nehmen, mit einer Ladung Frischfisch an Bord. Den Frachtpapieren zufolge war die Ladung bereits vom Zoll freigegeben und wurde in einem Kühlhangar gelagert, wo sie darauf wartete, zum Schiff transportiert zu werden. Die gute Neuigkeit war, dass das finale Ziel der Wehklage Ithor war, am anderen Ende der Hydianischen Handelsstraße, weshalb ein Abstecher nach Muunilinst für die Besatzung keinen allzu großen Umweg bedeuten mochte.

Plagueis rief ein Bild des Raumfrachterkapitäns auf, einer Frau, deren Name mit Ellin Lah angegeben wurde. Er öffnete sich gänzlich der Macht und studierte das Bild einen langen Moment, dann stand er langsam ausatmend auf, beseitigte sämtliche Hinweise auf sein technisches Eindringen und schob das Komlink in die Innentasche des Gewands zurück. Die Wehklage hatte nur auf ihn gewartet.

3. Kapitel

DIE WEHKLAGE

Plagueis’ instinktiver erster Eindruck von Bal’demnic erwies sich als zutreffend. Die zerklüftete Schönheit des Planeten sprach die hedonistische Seite der menschlichen Natur an und würde eines Tages die wohlhabendsten Vertreter dieser Spezies anlocken, um sich im warmen Schein seines Hauptgestirns zu aalen, die Zehen in den makellosen Sand zu wühlen, in den sanft wogenden Fluten zu schwimmen und sich an den köstlichen Fischen zu laben, die die riesigen Ozeane füllten. In jenen Tagen jedoch waren Menschen in diesem Teil des Äußeren Rands noch relativ selten, und die meisten Besucher, die es nach Bal’demnic verschlug, kamen aus dem Hutt-Raum oder den fernen Gebieten entlang der Perlemianischen Handelsstraße. Dementsprechend war Captain Ellin Lah eine Togruta und ihr Erster Steuermann ein Zabrak namens Maa Kaap. Der Pilot der Wehklage war ein Balosar, der Navigator ein Dresselianer und die übrigen drei Besatzungsmitglieder ein Klatooinianer, ein Kaleesh und ein Aqualishaner von der Quara-Rasse. Allesamt »Nichtmenschen«, um jenen Begriff zu verwenden, der zur damaligen Zeit im Kern favorisiert wurde, wo Chauvinismus zur Kunstform erkoren worden war. Das einzige Nichtlebewesen war ein zweibeiniger, mehrgliedriger Droide, der nach seiner Modellnummer »EinsEins-VierDe« genannt wurde.

Bal’demnic war bloß einer der Planeten, die sie ansteuerten. Ebenso häufig sichtete man sie auf Vestral, Sikkem IV oder Carlix’ Torheit. Allerdings ähnelten sich alle in der Hinsicht, dass Captain Lah und ihre Schiffskameraden von diesen Planeten selten mehr sahen als das, was sich in einem Umkreis von fünf Kilometern um die wichtigsten Raumhäfen herum befand, und ihre Kontakte zu den Einheimischen beschränkten sich auf Raumhafenangestellte, Händler, Informanten und Vergnügungspersonal.

Sie waren in einer gefährlichen Branche tätig, zu einer Zeit, als Piraten die Handelsrouten zwischen den Systemen heimsuchten, Hyperraum-Signalfeuer rar gesät waren und eine Fehleinschätzung zu einer Katastrophe führen konnte. Die Treibstoffkosten waren exorbitant hoch, man musste korrupte Zollbeamte bestechen, und die Import-Export-Steuern änderten sich ohne Vorwarnung. Verspätungen bedeuteten, dass Nahrungsmittelladungen die Frische einbüßten, die ihren Reiz ausmachte, oder – noch schlimmer – gänzlich verdarben. Die Gefahren waren mannigfaltig und die Gewinne dürftig. Wer diese Arbeit machte, liebte sie entweder oder befand sich auf der Flucht – vor dem Gesetz, vor sich selbst oder vor wem auch immer sonst.

Als Folge davon, sich zu viel vom hiesigen Grog genehmigt und viel zu viele hart verdiente Credits verspielt zu haben – und womöglich als Buße für derart ausschweifendes Gezeche –, waren unvermittelt gewisse Zweifel bezüglich der bevorstehenden Reise an die Oberfläche von Captain Lahs Verstand emporgestiegen, wie ein aufgeblasener Ballon, der unter Wasser gedrückt und dann losgelassen wurde.

»Diesmal bitte keine Versehen«, warnte sie die Mannschaft auf behutsame Weise, während sie sich durch die Landezone ihren Weg zum wartenden Schiff bahnten.

Der Umstand, dass sie denselben Euphemismus verwendet hatte, dessen sich Blir’ bediente, um die Auswirkungen der Beinahekatastrophe herunterzuspielen, die er zu verantworten hatte, ließ sie alle auflachen – alle bis auf den Balosar, der in gespielter Scham den Kopf senkte; seine zwei Fühler nahmen eine dunklere Färbung an.

»Wir verstehen, Captain«, sagte Maa Kaap. »Keine unvorteilhaften Versäumnisse …«

»Unwiderrufliche Irrtümer«, warf der Kaleesh, PePe Rossh, ein.

»Idiotenfehler«, erklärte Doo Zuto nachdrücklich. Seine dicht beieinanderstehenden, nach innen geschwungenen Stoßzähne bedurften dringend einer gründlichen Konkremententfernung.

Der Captain gestand ihnen einen Moment der Heiterkeit zu. »Ich mein’s ernst«, sagte sie dann, als sie sich der runtergelassenen Einstiegsrampe der Wehklage näherten. »Ich sage es gern noch mal: Auf diesem Schiff geht es zu wie in einer Demokratie. Ich bin euer Captain, weil ich einfach ein Händchen dafür habe zu wissen, wer worin gut ist.« Sie sah Blir’ an. »Habe ich dir je vorgeschrieben, wie du zu fliegen hast?« Und dann zu Semasalli: »Stelle ich je deine Entscheidungen in Bezug auf Sprungpunkte infrage?«

»Nein, Captain«, sagten die beiden wie einstudiert.

»Deshalb sage ich das jetzt auch einfach als Mitglied eines fähigen Teams, und nicht als eure Kommandantin.« Sie ließ ihren Atem auf eine Weise entweichen, dass ihre drei gestreiften Kopftentakel schwankten. »Entweder fahren wir bei diesem Trip Gewinn ein, oder wir müssen uns mit dem Gedanken anfreunden, bei den Hutts noch einen weiteren Kredit aufzunehmen.«

Selbst Wandau, der mehr Geschäfte mit diversen Hutts gemacht hatte als jeder andere, beklagte die bloße Aussicht darauf.

»Das stimmt«, sagte Lah zu dem großen Klatooinianer. »Und keiner von euch sollte sich der törichten Annahme hingeben, dass wir dabei anständige Zinsbedingungen aushandeln können. Schließlich wird keine Bank, die ihr Geld wert ist, die Wehklage als Pfand akzeptieren.«

Maa Kaap und Blir’ wechselten einen raschen Blick, bevor der Zabrak meinte: »Verzeihung, dass ich das sage, Captain, aber letzte Nacht schienen Credits keine besondere Rolle zu spielen …«

»Pass auf, was du sagst!«, wies Lah ihren Steuermann zurecht, doch es gelang ihr kaum, ihr Lächeln zu zügeln.

»Ich dachte schon, wir müssten diesem jungen Burschen noch das Schiff überlassen«, sagte PePe, um sich den Frotzeleien anzuschließen.

Lah machte eine abtuende Handbewegung. »Ich habe doch bloß mit ihm gespielt.«

»Wobei die Betonung hierbei wohl eindeutig auf Spielen liegt«, sagte Maa Kaap. »Immerhin war er jung genug, um einfach damit weiterzuspielen.«

Der Captain stemmte die Hände in die Hüften. »Wenn ich will, kann ich sehr überzeugend sein.«

»Oh, daran zweifelt niemand«, sagte Zuto, was einen Chor von Gelächter nach sich zog, das sie in die Hauptkabine der Wehklage begleitete, wo 11-4D auf sie wartete.

»Alles in Ordnung?«, fragte Lah den Droiden.

Der Droide hob im Äquivalent eines Saluts drei seiner Gliedmaßen. »Alles tipptopp, Captain.«

»Ist die gesamte Fracht an Bord und quittiert?«

»An Bord und quittiert, Captain.«

»Hast du die Thermo-Anzeigen überprüft?«

»In jeder Ladebucht, Captain.«

Sie schenkte ihm ein zufriedenes Nicken. »Na, dann ist ja alles bestens.«

Die Besatzungsmitglieder teilten sich auf; jeder hatte seine eigenen Aufgaben zu erledigen. Blir’ und Semasalli gingen ins Cockpit; Zuto, Wandau und PePe mussten überprüfen, ob die Ladung ordentlich verstaut worden war; Maa Kaap und 11-4D machten sich daran, die Schotten dicht zu machen; und Captain Lah kümmerte sich um die Startfreigabe der Bal’demnic-Raumhafenkontrolle.

Ohne viel Trara ließ das Schiff den warmen Planeten hinter sich und sprang aus kaltem Äther in die jenseitigen Gefilde des Hyperraums. Lah saß noch immer an der Kommunikationskonsole, als Blir’ sie aus dem Cockpit über die Gegensprechanlage rief.

»Wir haben hier etwas, zu dem wir gern die Meinung des Captains hätten.«

»Seit wann denn das?«, fragte sie.

»Ernsthaft.«

Sie ging nach vorn und hatte sich kaum ins Cockpit geduckt, als Semasalli auch schon auf ein blinkendes Licht bei den Statusanzeigen des Schiffs wies. Auf einem kleinen Metallplättchen unter dem Lämpchen stand: FRACHTRAUM 4 ATMOSPHÄRE.

»Zu warm oder zu kalt?«, fragte Lah den Dresselianer.

»Zu kalt.«

Lah klopfte mit dem Zeigefinger gegen die Anzeige, die jedoch weiterhin blinkte. »Komisch, für gewöhnlich funktioniert das.« Sie betrachtete Semasallis Stirnrunzeln. »Was hältst du davon?«

Er schniefte und fuhr sich mit einer Hand über seinen haarlosen, von tiefen Furchen durchzogenen Schädel, der vom Aussehen her das verschachtelte Gehirn widerspiegelte, das er enthielt. »Nun, es könnte am Frachtraumthermostat liegen.«

»Oder?«

»Oder einer der Transportcontainer wurde geöffnet.«

»Wie das?«

»Vielleicht während des Sprungs«, sagte Blir’ vom Pilotensessel aus.

»In Ordnung, dann werden wir die Sache überprüfen.« Sie blickte von Blir’ zu Semasalli hinüber und schüttelte leicht genervt den Kopf. »Was verschweigt ihr mir?«

Blir’ antwortete für sie beide. »Noch den Zabrak in Erinnerung, mit dem sich Maa in der Cantina unterhalten hat?«

»In welcher Cantina?«, fragte Lah, dann fügte sie hinzu: »Doch, ich erinnere mich an ihn. Er war auf der Suche nach einer Mitfluggelegenheit.«

Semasalli nickte. »Der letzte Frachter, auf dem er war, hat ihn einfach hier zurückgelassen. Er hat nicht gesagt, warum, aber Maa glaubte, Ärger zu wittern, und meinte, wir könnten ihn nicht mitnehmen.«

Lah machte sich ihren Reim auf die Hinweise, die sie ihr gaben, und nickte. »Ihr denkt, wir haben einen blinden Passagier an Bord.«

»Ist bloß so ein Gedanke«, meinte der Dresselianer.

»Was auch der Grund dafür ist, warum ihr mit mir Rücksprache halten wolltet, bevor ihr nach achtern geht.«

»Exakt.«

Lahs Gesicht legte sich in beinahe ebensolche Falten wie Semasallis. »Das Schiff hätte uns darüber informiert, wenn sich irgendjemand am Eindringlingsabwehrsystem zu schaffen gemacht hätte.«

»Es sei denn, er ist zusammen mit der Fracht reingekommen«, sagte Blir’.

»Du meinst, in einem der Container?«

Blir’ nickte.

»Dann wäre er mittlerweile so steif gefroren wie ein Eiszapfen.« Lah wandte sich an Semasalli. »Haben wir eine Videokamera in Frachtraum vier?«

»Auf dem Bildschirm«, sagte Semasalli und schwang im Sessel herum, um sich den Statusanzeigen zuzuwenden.

Lah legte ihre Hände flach auf die Konsole und beugte sich zum Monitor vor, während der Dresselianer grobkörnige Aufnahmen aus dem Frachtraum aufrief. Schließlich fand die ferngesteuerte Kamera, wonach sie suchten: einen geöffneten Transportcontainer, von Wolken von Kühlmittel in Nebel getaucht, während die Fracht aus teuren Fleischfinnen bereits auftaute.

»Verfluchter Mist …«, begann Lah, ehe das nächste Bild aus dem Frachtraum sie so verblüffte, dass ihr die Kinnlade runterklappte.

Blir’ blinzelte mehrfach, bevor er fragte: »Ist es das, wofür ich es halte?«

Lah schluckte schwer und fand ihre Stimme wieder. »Nun, der Zabrak ist das jedenfalls mit Sicherheit nicht.«

Plagueis saß oben auf einem der kleineren Transportcontainer, als sich das Schott zu drehen begann. Vollkommen wach, seit die Wehklage in den Hyperraum gesprungen war, hatte er während der verschiedenen Scans, die die Mannschaft durchgeführt hatte, reglos dagekauert. Jetzt streifte er die Kapuze des leichten, blutbefleckten Mantels ab. Als die Luke aufglitt, sah er sich der Togruta gegenüber, die das Schiff befehligte, sowie einem muskulösen Zabrak, einem bunt gefleckten Klatooinianer, der so groß war wie ein normaler Muun, einem Aqualishaner von der zweiäugigen Sorte und einem scharlachroten Kaleesh mit schuppiger Haut, dessen Antlitz denen der Fledermäuse ähnelte, die Plagueis auf Bal’demnic verspeist hatte, und der den Geruch starker Pheromone ausdünstete. Alle fünf waren mit Blastern bewaffnet, aber bloß der des Klatooinianers war feuerbereit und auf Plagueis gerichtet.

»Du stehst nicht im Ladeverzeichnis, Fremder«, sagte Captain Lah, als sie in den Frachtraum trat. Mit jedem Wort kamen ihr Atemwölkchen über die Lippen.

Plagueis breitete in einer unschuldigen Geste die Hände aus. »Ich gestehe, ein blinder Passagier zu sein, Captain.«

Lah kam vorsichtig näher und wies auf den offenen Container einige Meter entfernt. »Wie konntest du da drin überleben?«

Plagueis ahmte den Wink ihrer Hand nach. »Diese Meeresviecher eignen sich hervorragend als Bettstatt – überaus bequem.«

Der Zabrak stürmte vor, sein Haupt vor Zorn in Falten gelegt. »Mit diesen Viechern verdienen wir unseren Lebensunterhalt, Muun! Und jetzt sind sie keinen verfluchten Credit mehr wert.«

Plagueis sah ihm in die Augen. »Ich entschuldige mich dafür, einen Teil eurer Fracht ruiniert zu haben.«

»Das Kühlmittel«, sagte Lah barscher. »Wie hast du das überlebt?«