Star Wars™ Der Aufstieg der Jedi-Ritter - - Tim Lebbon - E-Book

Star Wars™ Der Aufstieg der Jedi-Ritter - E-Book

Tim Lebbon

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Beschreibung

Die Wahrheit über die Herkunft der Jedi-Ritter

Auf dem Planeten Tython wurde der Orden der Je‘daii gegründet, und Lanoree Brock folgt ihren weisen Meistern, um die Beherrschung der Macht zu erlernen. Da erfährt der noch junge Orden, dass der Anführer eines fanatischen Kults für die Erreichung seiner ehrgeizigen Ziele bereit ist, die Galaxis zu vernichten. Lanoree ist von Stolz erfüllt, als sie ausgewählt wird, ihn aufzuhalten. Doch noch größer ist ihr Schock, als sie begreift, warum sie ausgesucht wurde: Der Wahnsinnige, den sie um jeden Preis aufhalten muss, ist ihr eigener Bruder!

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Tim Lebbon

Der Aufstieg der Jedi-Ritter

INS NICHTS

Aus dem Englischen

von Andreas Kasprzak

Die amerikanische Originalausgabe erschien unter dem Titel

»Star Wars™ Dawn of the Jedi: Into the Void«

bei Del Rey/The Ballantine Publishing Group, Inc., New York.

1. Auflage

Deutsche Erstveröffentlichung Juni 2014

bei Blanvalet, einem Unternehmen der Verlagsgruppe

Random House GmbH, München.

Copyright © 2013 by Lucasfilm Ltd. & ® or ™ where indicated.

All rights reserved. Used under authorization.

Translation Copyright © 2014 by Verlagsgruppe

Random House GmbH, München

Umschlaggestaltung: Isabelle Hirtz, Inkcraft,

nach einer Originalvorlage von Scott Biel

Cover Art Copyright: © 2013 by Lucasfilm Ltd.

Jacket illustration: Torstein Nordstrand

Redaktion: Marc Winter

HK · Herstellung: sam

Satz: omnisatz GmbH, Berlin

ISBN 978-3-641-12949-1

www.blanvalet.de

Für Ellie und Dan, meinen jungen Padawan

Es war einmal vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis …

»Im Herzen jeder armen Seele, die nicht eins ist mit der Macht, wohnt nur Leere.«

– Unbekannter Je’daii, 2545 ATY (nach Ankunft der Tho Yor)

Dramatis Personae

LANOREE BROCK; Je’daii-Rangerin (Mensch)

DALIEN BROCK; Träumer (Mensch)

TRE SANA; Schurke (Twi’lek)

DAM-POWL; Je’daii-Meisterin (Cathar)

LHA-MI; Je’daii-Tempelmeister (Dai Bendu)

KARA; Unruhestifterin (Mensch)

LORUS; Polizeichef von Kalimahr (Sith)

MAXHAGAN; Gangster (Mensch)

1. Kapitel

DUNKLE MATERIE

Schon zu Beginn unserer Reise fühle ich mich wie ein Stein im Fluss der Macht. Lanoree ist ein Fisch, der von diesem Fluss dahingetragen wird, sich davon nährt, darin lebt, das Wasser für sein Wohlergehen braucht. Ich hingegen bin reglos, ein Hindernis im Wasser, solange ich verweile. Und langsam, ganz langsam werde ich zu Nichts ausgewaschen.

– Dalien Brock, Tagebücher, 10651 ATY

Sie ist ein kleines Mädchen, der Himmel wirkt weit und endlos, und Lanoree Brock nimmt die Wunder von Tython in sich auf, während sie dahinläuft, um ihren Bruder zu finden. Dalien ist wieder unten am Meeresarm. Er ist gern allein, weg von all den anderen Kindern von Bodhi, dem Je’daii-Tempel der Künste. Ihre Eltern haben sie geschickt, um ihn zu suchen, und obwohl für diesen Nachmittag noch etwas Unterricht auf dem Plan steht, haben sie versprochen, dass sie heute Abend hoch zum Rand des Klingenwaldes gehen werden. Lanoree ist gern dort oben, und ein bisschen Angst macht es ihr auch. Dicht beim Tempel, nah am Meer, kann sie die Wogen der Macht fühlen, die alles durchdringt – die Luft, die sie atmet, die Landschaft, die sie sieht, und einfach alles, was die wunderschöne Umgebung ausmacht. Oben am Waldrand besitzt die Macht eine urtümliche Wildheit, die ihr Blut in Aufruhr versetzt.

Ihre Mutter würde lächeln und sagen, dass sie alles darüber erfahren wird, zu gegebener Zeit. Ihr Vater würde stumm in den Wald schauen, als würde er sich insgeheim danach sehnen, ihn zu erkunden. Und ihr kleiner, erst neun Jahre alter Bruder würde anfangen zu weinen. Beim Klingenwald weint er immer.

»Dal!« Sie streift durch das hohe Gras dicht am Ufer, die Hände zu den Seiten ausgestreckt, sodass das Gras ihre Handflächen streichelt. Sie hat nicht die Absicht, ihm etwas von dem für den Abend geplanten Spaziergang zu erzählen. Täte sie das, würde er mürrisch werden und wäre vielleicht nicht bereit, mit ihr nach Hause zu kommen. Manchmal konnte Dal ein ziemlicher Dickkopf sein, und ihr Vater sagt, das sei ein Zeichen dafür, dass jemand seinen eigenen Weg sucht.

Dal scheint sie nicht gehört zu haben. Als sie sich ihm nähert, verlangsamt sie den Gang und denkt sich: Wäre ich das, hätte ich meine Gegenwart schon vor einer Ewigkeit gespürt.

Dals Kopf bleibt gesenkt. Neben sich hat er mit den Steinen von Meppeln, seiner Lieblingsfrucht, einen perfekten Kreis gelegt. Das macht er oft, wenn er nachdenkt.

Der Fluss fließt schnell vorüber, angeschwollen von den jüngsten Regenfällen. Die Kraft, die dem Wasser innewohnt, ist einschüchternd, und als sie die Augen schließt, fühlt Lanoree die Macht und nimmt eine Unzahl von Lebewesen wahr, die den Fluss ihr Zuhause nennen. Einige sind so klein wie ihr Finger, andere, die vom Meer her stromaufwärts schwimmen, fast halb so groß wie ein Wolkenjäger-Schiff. Dank ihrer Studien weiß sie, dass viele von ihnen Zähne haben. Sie beißt sich zögerlich auf die Lippen. Dann streckt sie forschend ihren Geist aus und …

»Ich habe dir gesagt, du sollst das niemals bei mir machen!«

»Dal …«

Er steht auf und dreht sich mit zornigem Blick um. Einen flüchtigen Moment lang ist da ein Feuer in den Augen, das seiner Schwester nicht gefällt. Sie hat diese Flammen schon früher gesehen – das knotige Narbengewebe an ihrer Unterlippe ist eine Erinnerung daran. Dann vergeht seine Wut, und er lächelt. »Tut mir leid. Du hast mich erschreckt, nichts weiter.«

»Zeichnest du?«, fragt sie, als sie sein Skizzenbuch entdeckt.

Dal schließt das Buch. »Das sind bloß Kritzeleien.«

»Das glaube ich nicht«, meint Lanoree. »Du bist wirklich gut. Das sagt sogar Tempelmeister Fenn.«

»Tempelmeister Fenn ist ein Freund von Vater.«

Lanoree ignoriert die in den Worten versteckte Anspielung und tritt näher an ihren Bruder heran. Sie erkennt bereits, dass er sich einen guten Platz ausgesucht hat, um die Landschaft zu zeichnen. Der Fluss macht hier eine Biegung, und von den Hügeln des Klingenwaldes mündet ein kleinerer Zufluss in das Gewässer, was zu einem Wirrwarr von Strudeln führt. Das Unterholz am anderen Ufer ist bunt und voller Leben, und es gibt einen riesigen alten Akbaum, dessen hohler Stamm einem Schwarm Webervögel als Zuhause dient. Ihr goldenes Gefieder schimmert in der Nachmittagssonne. Der Vogelgesang wetteifert mit dem Tosen des Flusses. »Lass mich mal sehen«, sagt Lanoree.

Dal sieht sie zwar nicht an, klappt jedoch den Block auf.

»Das ist großartig«, sagt sie. »Die Macht hat deine Finger geführt, Dal.« Doch eigentlich ist sie sich da nicht so sicher.

Dal zieht einen Stift aus der Tasche und streicht seine Zeichnung mit fünf dicken Strichen durch, von links nach rechts, ehe er das Papier zerreißt und das Bild für immer ruiniert. Dabei verändert sich seine Miene ebenso wenig wie seine Atmung. Fast ist es, als empfände er nicht den geringsten Groll. »So«, sagt er. »Das ist besser.«

Einen Moment lang sehen die Striche wie Kratzer von Krallen aus, und als Lanoree Atem holt und blinzelt …

Ein leiser, hartnäckiger Weckruf riss Lanoree aus dem Schlaf. Sie seufzte, setzte sich auf und rieb sich die Augen, um den Traum fortzuwischen. Ihr lieber Dal. Sie träumte häufig von ihm, doch normalerweise träumte sie dabei von jenen späteren Zeiten, als alles bergab ging. Nicht von den Tagen, als sie noch Kinder waren, für die Tython so voller Möglichkeiten steckte. Vielleicht lag es daran, dass sie sich auf dem Heimweg befand.

Lanoree war seit über vier Jahren nicht mehr auf Tython gewesen, denn als Je’daii-Rangerin kam sie viel herum. Einige Ranger hatten Gründe dafür, regelmäßig nach Tython zurückzukehren. Familienbande, die Fortsetzung ihrer Ausbildung, persönliche Nachbesprechungen von Einsätzen – letztlich lief alles auf dasselbe hinaus: Sie waren nicht gern von zu Hause fort. Zudem glaubte sie, dass es Je’daii gab, die schlicht die Notwendigkeit verspürten, von Zeit zu Zeit in die machtreiche Umgebung Tythons einzutauchen, als seien sie nicht sicher, dass ihre Verbundenheit zur Macht sonst stark genug wäre.

Lanoree indes quälten solche Zweifel nicht. Sie war mit ihrer Kraft und ihrem Gleichgewicht in der Macht zufrieden. Die kurzen Zeitspannen, die sie zusammen mit anderen auf Ashla und Bogan zugebracht hatte – als freiwillige Maßnahme im Rahmen der Padawanausbildung –, hatten ihre Zuversicht diesbezüglich noch bestärkt.

Sie stand von ihrer Koje auf und streckte sich, reckte die Hände zur Decke und packte die Streben, die sie selbst dort angeschweißt hatte. Dann zog sie sich in die Höhe, atmete behutsam, hob die Beine und streckte sie aus, bis sie sich horizontal zum Boden befanden. Ihre Muskeln zitterten, und sie atmete tief durch, als sie fühlte, wie die Macht sie durchströmte wie ein vibrierendes, lebendiges Etwas. Mentale Übungen und Meditation waren zwar gut und schön, doch manchmal bereitete es ihr die größte Freude, sich physisch zu verausgaben. Sie war der Meinung, dass man einen starken Körper brauchte, um stark in der Macht zu sein.

Der Weckruf ertönte noch immer.

»Ich bin wach«, sagte sie und ließ sich langsam wieder zu Boden sinken. »Für den Fall, dass du es noch nicht bemerkt hast.«

Das Alarmsignal verstummte, und der schmutzig gelbe Wartungsdroide ihres Kreuzers der Friedenshüter-Klasse marschierte auf gepolsterten Metallfüßen in das kleine Wohnquartier. Der Droide war Teil der vielen Anpassungen, die sie im Laufe der Jahre, die sie draußen im Tython-System verbrachte, an dem Schiff vorgenommen hatte. Die meisten Friedenshüter hatten einen ganz einfachen Droiden an Bord, doch sie verfügte nun über einen holgorianischen IM-220, der eingeschränkt dazu in der Lage war, mit einem menschlichen Herrn zu kommunizieren und diverse andere Pflichten zu erfüllen, die nicht notwendigerweise etwas mit der Wartung des Schiffs zu tun hatten. Außerdem hatte sie ihn mit einer starken Panzerung versehen, was ihn zwar doppelt so schwer machte, seinen Nutzen in riskanten Situationen jedoch deutlich erhöhte.

Lanoree sprach mit dem Droiden, auch wenn seine Erwiderungen von einer gewissen Begriffsstutzigkeit zeugten. In ihren Augen war es so, als würde man versuchen, sich daheim mit einem Graskapir zu verständigen. Sie hatte dem Droiden sogar einen Namen gegeben. »He, Eisenholg! Wäre besser gewesen, wenn du mich nicht so früh geweckt hättest.«

Der Droide piepste und knatterte. Ob er wohl auf seine alten Tage allmählich launisch wurde?

Lanoree sah sich in dem beengten, aber gemütlichen Wohnquartier um. Sie hatte den Kreuzer einem Jäger wegen seiner Größe vorgezogen. Noch bevor sie ihre erste Mission als Je’daii-Rangerin flog, wusste sie bereits, dass sie einen Großteil ihrer Zeit im All verbringen wollte. Ein Jäger der Aufspürer-Klasse war zwar schnell und wendig, aber zu klein, um darin zu leben. Beim Friedenshüter hingegen musste sie zwar Abstriche bei der Manövrierfähigkeit in Kauf nehmen, doch da sie über weite Strecken hinweg allein auf dem Schiff gehaust hatte, war es so einfach am besten.

Wie die meisten Ranger hatte Lanoree ihr Schiff zahlreichen Modifikationen unterzogen, die dem Friedenshüter ihren ganz persönlichen Stempel aufdrückten. Sie hatte den Tisch und die Stühle entfernt und durch eine Kraftmaschine ersetzt, um sich fit zu halten. Jetzt saß sie auf ihrer schmalen Pritsche und aß etwas. Das HoloNet-Unterhaltungssystem war einem älteren Flachbildschirm gewichen, der zugleich als Kommunikationszentrum diente und so das Leergewicht des Schiffs reduzierte. Ursprünglich gab es neben dem großen Triebwerksabteil eine kleine Kammer, in der sich eine zweite Koje für Gäste oder Gefährten befand, doch da es ihr an beidem mangelte, hatte sie in diesem Raum stattdessen weitere Laserladestationen, eine Wasseraufbereitungsanlage und Nahrungsmittelvorräte untergebracht. Die vier Laserkanonentürme des Schiffs waren ebenfalls aufgerüstet worden und jetzt überdies mit Plasma- und Drohnenraketen für den Fernkampf bestückt. Dank der geschickten Hände des legendären Cathar-Waffenmeisters Gan Corla waren die Kanonen nun dreimal so stark wie die Geschütze, mit denen Friedenshüter standardmäßig ausgestattet waren, zudem besaßen sie nun die doppelte Reichweite. Darüber hinaus hatte sie die Funktionen und Positionen vieler Steuerkontrollen im Cockpit geändert und angepasst, weshalb sie nun die Einzige war, die das Schiff effektiv fliegen konnte. Es gehörte ihr, es war ihr Zuhause, und genauso gefiel es ihr. »Wie lange noch bis Tython?«, fragte sie.

Der Droide stieß eine Reihe von Quietsch- und Klicklauten aus.

»In Ordnung«, sagte Lanoree. »Dann sollte ich mich wohl besser frisch machen, schätze ich.« Sie strich mit dem Finger über ein Bedienfeld, und die abgedunkelten Bildschirme vorn im Cockpit klärten sich, um den Blick auf das sternengesprenkelte Panorama freizugeben, bei dem es ihr stets so schwer ums Herz wurde. Die Entfernungen und die schiere Größenordnung dessen, was sie dort draußen sah, besaßen etwas zutiefst Bewegendes, und die Macht sorgte dafür, dass sie niemals vergaß, dass sie Teil von etwas unvergleichlich Gewaltigem war. Sie nahm an, dass diese Erkenntnis einer religiösen Offenbarung näher kam als alles andere, das ihr diesbezüglich je zuteilwerden würde.

Wieder berührte sie das Bedienfeld, und ein rotes Leuchten erschien, das einen Punkt in der Ferne umgab. Tython. In drei Stunden würde sie dort sein. Dass der Je’daii-Rat sie nach Tython zurückbeordert hatte, konnte bloß eins bedeuten. Sie hatten eine Mission für sie, und zwar eine, die sie von Angesicht zu Angesicht mit ihr besprechen mussten.

Gewaschen, angekleidet und mit einer Mahlzeit im Bauch, saß Lanoree im Cockpit des Schiffs und verfolgte, wie sie sich Tython zusehends näherte. Ihr Schiff hatte Kontakt zu den Wächterdrohnen aufgenommen, die in einer Höhe von dreißigtausend Kilometer im Orbit des Planeten kreisten, und die Flugbahn des Friedenshüters beschrieb eine elegante Parabel, die ihn unmittelbar über dem Äquator in die Atmosphäre eintauchen lassen sollte. Nach Tython zurückzukehren machte sie nervös, doch zugleich war ein Teil von ihr auch aufgeregt. Es würde schön sein, ihre Mutter und ihren Vater wiederzusehen, wie kurz auch immer. Sie meldete sich viel zu selten bei ihnen. Jetzt, wo Dal tot war, hatten sie keine Kinder mehr außer ihr.

Ein leises Signal wies auf eine eingehende Übertragung hin.

Lanoree schwang den Sitz herum und wandte sich just in dem Moment dem Flachbildschirm zu, als das verrauschte Bild langsam klarer wurde. »Meisterin Dam-Powl«, sagte Lanoree überrascht. »Es ist mir eine Ehre.« Und das war es tatsächlich. Sie hatte erwartet, dass die Begrüßungsübertragung von einem Je’daii-Ranger oder vielleicht sogar von einem Reisenden kommen würde, den sie nicht kannte. Gewiss nicht von der Cathar.

Die Je’daii-Meisterin neigte das Haupt. »Lanoree, es ist schön, dich wiederzusehen. Wir haben deine Ankunft bereits voller Ungeduld erwartet. Dringende Angelegenheiten müssen besprochen werden – düstere Angelegenheiten.«

»Das dachte ich mir bereits«, entgegnete Lanoree. Sie rutschte ungewohnt nervös hin und her.

»Ich fühle dein Unbehagen«, entgegnete Meisterin Dam-Powl.

»Vergebt mir. Es ist schon eine Weile her, seit ich zuletzt mit einem Je’daii-Meister sprach.«

»Macht deine Verunsicherung nicht einmal vor mir Halt?«, fragte Dam-Powl lächelnd. Doch das Lächeln schwand rasch. »Wie auch immer. Stell dich darauf ein, heute mit insgesamt sechs Meistern zu sprechen, darunter auch Lha-Mi, der Tempelmeister von Stav Kesh. Ich habe deinem Schiff die Landekoordinaten für unseren Treffpunkt dreißig Kilometer südlich von Akar Kesh geschickt. Wir erwarten dich in Kürze.«

»Wir treffen uns nicht in einem Tempel, Meisterin?« Doch Dam-Powl hatte die Verbindung bereits unterbrochen, und Lanoree starrte auf den leeren Bildschirm – dort konnte sie ihr Spiegelbild sehen. Rasch sammelte sie sich und atmete ein paarmal tief durch, um das Gefühl der Überraschung zu vertreiben. Sechs Je’daii-Meister? Und Lha-Mi noch dazu? »Dann geht es um irgendetwas Großes.«

Sie überprüfte die übermittelten Koordinaten und schaltete den Flugcomputer auf Handsteuerung um, begierig darauf, den finalen Anflug selbst zu übernehmen. Sie liebte das Fliegen und die Freiheit, die es einem schenkte, seit jeher. Ungebunden, beinahe sein eigener Herr … Lanoree schloss kurz die Augen und atmete im Einklang mit der Macht. So nah bei Tython war sie außerordentlich stark, urgewaltig, und erweckte die Sinne zu neuem Leben.

Als der Friedenshüter schließlich in Tythons äußere Atmosphäre drang, wuchs Lanorees Aufregung zusehends. Die Landezone schmiegte sich in ein kleines Tal mit riesigen Menhiren, die auf den umliegenden Hügeln thronten. Sie konnte mehrere andere Schiffe wie Aufspürer und noch einen weiteren Friedenshüter ausmachen. Dies war ein seltsamer Ort für ein solches Treffen, doch der Je’daii-Rat hatte gewiss seine Gründe dafür.

Lanoree zog das Schiff in einen eleganten Bogen und landete fast ohne jedes Ruckeln beim Aufsetzen. »Fester Boden«, flüsterte sie. »Eisenholg, ich weiß zwar nicht, wie lange wir hier sein werden, aber nutze die Gelegenheit, um einen kompletten Systemcheck durchzuführen. Stell fest, ob wir irgendetwas brauchen, das wir in Akar Kesh besorgen können, bevor wir wieder aufbrechen.«

Der Droide stieß ein mechanisches Seufzen aus.

Lanoree streckte zaghaft ihre Machtsinne aus, und als sie fühlte, dass sich der Luftdruck angeglichen hatte, öffnete sie die untere Luke im Rumpf. Die Gerüche, die hereinfluteten – wogendes Gras, fließendes Wasser, dieser sonderbar aufgeladene Duft, der die Atmosphäre rings um die meisten Tempel zu durchdringen schien –, sorgten dafür, dass sie ein Anflug von Heimweh nach dem Planeten überkam, dem sie den Rücken gekehrt hatte. Doch für derlei persönliche Grübeleien war jetzt keine Zeit.

Drei Reisende warteten auf sie, aufgeregt und mit großen Augen. »Willkommen, Rangerin Brock!«, sagte der Größte der drei.

»Danke«, erwiderte sie. »Wo warten sie auf mich?«

»An Bord von Meister Lha-Mis Friedenshüter«, erklärte ein anderer Reisender. »Wir sind hier, um Euch dorthin zu geleiten. Bitte, folgt uns.«

»Ich bin hier, um den Rat der Meister zu repräsentieren«, sagte Tempelmeister Lha-Mi. »Verzeih, dass wir dich nicht in einem zuträglicheren Umfeld auf Tython willkommen heißen. Doch die Umstände erfordern, dass dieses Treffen geheim bleibt.« Das lange, weiße Haar des Taliden glänzte im künstlichen Licht des Raumes.

Lanoree freute sich, den alten und weisen Meister wiederzusehen. »Es ist schön, wieder hier zu sein«, sagte sie und verbeugte sich.

»Bitte, bitte.« Lha-Mi wies auf einen Platz, und Lanoree setzte sich ihm und den übrigen fünf Je’daii-Meistern gegenüber hin. Das Wohnquartier dieses Friedenshüters war so umgebaut worden, dass es einem kreisrunden Tisch mit acht Sitzgelegenheiten darum Platz bot – und nicht viel mehr.

Lanoree bedachte Lha-Mi, Dam-Powl und den Cathar Tem Madog mit einem stummen Nicken zur Begrüßung, doch die anderen drei kannte sie nicht. Wie es schien, hatte sich in der Zeit, die sie fort gewesen war, einiges geändert, vor allem im Hinblick auf Ernennungen zum Meister.

»Rangerin Brock«, sagte Meisterin Dam-Powl lächelnd. »Es ist wunderbar, dich endlich in Fleisch und Blut wiederzusehen.« Sie war eine Meisterin von Anil Kesh, dem Je’daii-Tempel der Wissenschaft, und während Lanorees Ausbildung hier hatte sich zwischen ihr und Dam-Powl ein enges Band entwickelt. Mehr als alle anderen hatte Dam-Powl ihrer Überzeugung Ausdruck verliehen, dass Lanoree eines Tages eine großartige Je’daii sein würde. Ebenso war es Dam-Powl gewesen, die die Bereiche des Machtnutzens erkannt und gefördert hatte, für die Lanoree das meiste Talent besaß: Metallurgie, Elementarmanipulation, Alchemie.

»Gleichfalls, Meisterin Dam-Powl«, entgegnete Lanoree.

»Wie gehen deine Studien voran?«

»Sie machen Fortschritte«, sagte Lanoree. In ihrem Friedenshüter-Schiff gab es ein Versteck mit einem Behältnis, in dem sie ein überaus persönliches Experiment durchführte, an dem sie manchmal viele Stunden am Stück arbeitete. Zuweilen schienen ihre alchemistischen Fähigkeiten zwar nach wie vor allenfalls rudimentär zu sein, doch das damit einhergehende Gefühl der Macht und das Bewusstsein, tatsächlich etwas zu leisten, waren beinahe süchtig machend.

»Du bist eine talentierte Je’daii«, sagte Meister Tem Madog. »Ich kann spüren, wie deine Erfahrung und Kraft im Laufe der Jahre gewachsen sind.«

Das Durastahlschwert, das an Lanorees Seite hing, stammte aus den Händen dieses meisterhaften Waffenschmieds. Die Klinge hatte ihr schon viele Male das Leben gerettet und bei anderen Gelegenheiten Leben genommen. Sie war ihr dritter Arm, ein Teil von ihr. In den vier Jahren, seit sie Tython verlassen hatte, war die Waffe nie weiter als eine Armlänge entfernt gewesen, und auch jetzt fühlte sie sie, kühl und solide, geschärft durch die Gegenwart ihres Schöpfers. »Ich ehre die Macht, so gut es mir möglich ist«, entgegnete Lanoree. »Ich bin das Mysterium der Dunkelheit, im Gleichgewicht mit Chaos und Harmonie.« Sie lächelte, als sie die Zeile aus dem Je’daii-Schwur rezitierte, und einige der Meister erwiderten ihr Lächeln. Einige von ihnen. Die drei, die sie nicht kannte, blieben ausdruckslos, und sie streckte behutsam ihre Machtsinne aus, obschon sie wusste, dass sie damit eine Zurechtweisung riskierte, jedoch außerstande, ihre alte Gewohnheit abzulegen. Sie zog es seit jeher vor zu wissen, mit wem sie es zu tun hatte. Und da sie sich ihr nicht vorgestellt hatten, hielt sie es nur für fair.

Sie verschlossen sich ihr, und einer von ihnen, ein Wookiee, stieß ein dumpfes Knurren aus, das tief aus seiner Kehle drang.

»In deinen vier Jahren als Rangerin hast du den Je’daii und Tython gute Dienste geleistet«, sagte Lha-Mi. »Und jetzt, wo du vor uns sitzt, muss dir klar sein, dass wir dir nichts Böses wollen. Mir ist bewusst, dass diese Zusammenkunft dir seltsam vorkommen muss – und dass es entmutigend sein kann, sich uns gegenüberzusehen, vielleicht sogar einschüchternd. Doch es besteht kein Anlass, die Privatsphäre anderer Anwesender zu verletzen, Lanoree, besonders nicht die eines Meisters – nicht der geringste Anlass.«

»Verzeiht mir, Meister Lha-Mi«, sagte Lanoree und wand sich innerlich. Du warst vielleicht einige Zeit lang draußen in der Wildnis, schalt sie sich. Doch jetzt gilt es, der Förmlichkeit der Je’daii Genüge zu tun.

Der Wookiee lachte.

»Ich bin Xiang«, sagte eine der Fremden, eine Frau, die der Sith-Spezies angehörte. »Dein Vater hat mich unterwiesen, und jetzt lehre ich unter ihm im Bodhi-Tempel. Er ist ein weiser Mann – und versiert im Umgang mit Zaubertricks.«

Einen Moment lang spürte Lanoree eine Flut an Emotionen, die sie überraschte. Sie entsann sich von damals an die Tricks ihres Vaters, als sie und Dal Kinder waren – wie er Sachen mitten aus der Luft fischte und das eine in etwas anderes verwandelte. Seinerzeit hielt sie ihn einfach für einen meisterhaften Machtnutzer, doch er hatte ihr erklärt, dass zu gewissen Dingen nicht einmal die Macht imstande wäre. Tricks, hatte er gesagt. Ich halte lediglich deine Sinne zum Narren, ohne sie mit meinen eigenen zu beeinflussen. »Und wie geht es ihm?«, fragte Lanoree.

»Bestens«, antwortete Xiang, deren rote Haut sich zu einem Lächeln verzog. »Deine Mutter und er übermitteln ihre besten Wünsche. Eigentlich hatten sie gehofft, du würdest sie besuchen, doch in Anbetracht der Umstände haben sie Verständnis dafür, dass das schwierig wäre.«

»In Anbetracht der Umstände?«

Xiang warf Lha-Mi einen Seitenblick zu und richtete die Aufmerksamkeit dann wieder auf Lanoree. Als sie erneut das Wort ergriff, tat sie dies jedoch nicht, um ihre Frage zu beantworten. »Wir haben eine Mission für dich. Sie ist heikel – und extrem wichtig.«

Lanoree spürte eine Veränderung in der Atmosphäre des Raums. Einige Sekunden lang saßen sie in fast völliger Stille da – Tempelmeister Lha-Mi, fünf weitere Je’daii-Meister und sie selbst. Der Luftaufbereiter brummte, und durch den Stuhl konnte sie das dumpfe, hartnäckige Vibrieren der Energiequellen des Friedenshüters fühlen. Ihr eigener Atem klang laut in ihren Ohren. Ihr Herz klopfte heftig. Die Macht floss durch sie hindurch und um sie herum, und sie spürte instinktiv, dass die Historie in diesem Moment an einem Scheideweg stand – ihre eigene Historie und Geschichte und auch die der Je’daii-Zivilisation. Irgendetwas Bedeutendes stand bevor. »Warum habt Ihr mich dafür ausgewählt?«, fragte sie leise. »Es gibt viele andere Ranger, überall im System. Viele davon viel näher als ich. Ich habe neunzehn Tage gebraucht, um von Obri hierherzukommen.«

»Aus zwei Gründen«, sagte Xiang. »Erstens: Du bist für die erforderlichen Nachforschungen besonders gut geeignet. Während deiner Zeit auf Kalimahr hast du das Hang-Layden-Abkommen vermittelt und dabei deine Feinfühligkeit im Umgang mit den Bewohnern besiedelter Welten unter Beweis gestellt. Dein Handeln auf Nox rettete zahlreiche Leben. Und durch dein erfolgreiches Eingreifen bei den Wookiee-Landkriegen auf Ska Gora wurde vermutlich ein Bürgerkrieg abgewendet.«

»Als ›erfolgreich‹ kann man das wohl kaum bezeichnen«, meinte Lanoree.

»Die Toten waren bedauerlich«, sagte Lha-Mi. »Doch nur so ließen sich unzählige weitere verhindern.«

Lanoree dachte an die riesigen, lichterloh in Flammen stehenden Gipfelbäume, an ungezählte brennende Blätter, die in den heftigen Böen wirbelten, die den Dschungel dort manchmal aufwühlten, an das Geräusch, mit dem jahrtausendealte Baumstämme in dem gewaltigen Feuersturm barsten und zersplitterten, und an die Schreie sterbender Wookiees. Und sie dachte an die eigenen Finger am Abzug ihrer Laserkanonen, erhoben und dennoch mehr als bereit, erneut zu feuern. Es galt: sie oder ich, dachte sie, wann immer der Traum sie heimsuchte, und sie wusste, dass das die Wahrheit war. Sie hatte alles andere versucht – alles –, doch letzten Endes wich die Diplomatie dem Blut. Dennoch war die Macht in ihr jedes Mal, wenn sie träumte, in hellem Aufruhr. Die Helle und die Dunkle Seite wetteiferten um die Vorherrschaft. Die Helle Seite quälte sie mit diesen Erinnerungen. Die Dunkle Seite raunte, sie solle das Ganze nicht so schwer nehmen.

»Du hast Zehntausenden das Leben gerettet«, sagte Xiang. »Vielleicht noch mehr. Der Wookiee-Kriegsherr Gharcanna musste aufgehalten werden.«

»Ich wünschte bloß, er hätte nicht bis zum bitteren Ende gekämpft.« Lanoree warf dem Wookiee-Meister einen raschen Blick zu, und er nickte langsam, ohne den Blick von ihr abzuwenden. Er hatte enormen Stolz und war ob seiner Trauer gefasst. »Ihr spracht von zwei Gründen«, fuhr Lanoree fort.

»Ja.« Mit einem Mal schien Xiang unbehaglich zumute zu sein, und sie rutschte hin und her.

»Vielleicht sollte ich dir zunächst die übrigen Informationen geben«, sagte Lha-Mi. »Kommen wir zunächst zu deiner Mission – zu der Gefahr, die sich gegen die Je’daii und vielleicht sogar gegen Tython selbst richtet. Wenn du diese Dinge erst weißt, wirst du auch verstehen, warum wir dich ausgesucht haben.«

»Natürlich«, sagte Lanoree. »Es ist mir eine Ehre, hier zu sein, und ich bin begierig darauf, alles zu erfahren. Jede Gefahr für Tython ist eine Gefahr für alles, was ich liebe.«

»Für alles, das wir alle lieben«, sagte Lha-Mi. »Zehntausend Jahre lang haben wir die Macht studiert und unsere Gesellschaft mit ihr und um sie herum entwickelt. Kriege und Konflikte kamen und gingen. Wir streben danach, Dunkelheit und Licht, Bogan und Ashla, auf ewig im Gleichgewicht zu halten. Doch jetzt … Jetzt gibt es da etwas, das uns alle zerstören könnte. Einen Mann – und seine Träume. Seine Träume davon, das Tython-System zu verlassen und durch die Galaxis zu reisen. Natürlich haben viele Leute dieses Verlangen, das ich im Grunde sogar verstehe. Wie sesshaft wir in diesem System auch immer sein mögen, so weiß doch jedes gebildete Wesen, dass unsere Geschichte dort draußen liegt, jenseits von allem, das wir wissen und begreifen. Dieser Mann jedoch ist entschlossen, einen anderen Weg einzuschlagen, um sein Ziel zu erreichen.«

»Was für einen Weg?«, fragte Lanoree. Die Haut kribbelte ihr vor Furcht.

»Ein Hypertor«, sagte Lha-Mi.

»Aber auf Tython gibt es kein Hypertor«, erwiderte Lanoree. »Lediglich Geschichten über eins in den Tiefen der Alten Stadt. Doch diese Geschichten sind eben auch nichts weiter als das: Geschichten.«

»Geschichten«, wiederholte Lha-Mi mit schweren Augen. Sein Bart hing schlaff herab, als er den Kopf senkte. »Doch es gibt Leute, die einer Geschichte mit allen Mitteln auf den Grund zu gehen versuchen, damit sie Wirklichkeit wird. Uns liegen Informationen vor, dass dieser Mann genau das tut. Er glaubt, dass tief unter den Ruinen der Alten Stadt auf dem Kontinent Talss ein Hypertor existiert, und er hat vor, es zu aktivieren.«

»Wie?«, fragte sie.

»Mit einem bestimmten Gerät«, erklärte Lha-Mi. »Über seine Herkunft und Bauweise wissen wir nichts. Allerdings berichten unsere Quellen, dass es von dunkler, mit arkanen Mitteln nutzbar gemachter Materie angetrieben wird. Verboten, gefürchtet – das gefährlichste Element, das uns bekannt ist. Kein Je’daii würde es jemals wagen, auch nur den Versuch zu unternehmen, diese Kraft einzufangen oder zu erschaffen.«

»Aber wenn es kein Hypertor gibt …«

»Geschichten«, wiederholte Lha-Mi. »Er jagt einer Legende nach. Doch ob das Tor nun existiert oder nicht, ist irrelevant. Die wahre Gefahr geht von der dunklen Materie aus, die er dazu benutzen will, das vermeintliche Tor zum Laufen zu bringen. Das könnte …« Er brach ab und blickte zur Seite.

»Das könnte Tython zerstören«, sagte Dam-Powl. »Dunkle Materie normaler Materie auszusetzen könnte eine katastrophale Kettenreaktion auslösen. Dadurch entstünde ein Schwarzes Loch, das Tython im Handumdrehen verschlingen würde – und den Rest des Systems gleich mit.«

»Und was, wenn es tatsächlich ein Hypertor gibt und es funktioniert?«

Einen Moment lang herrschte Schweigen. Dann meldete sich einer der drei Meister zu Wort, die sie nicht kannte, eine Frau. Es war das Erste und das Letzte, das sie während dieses Treffens sagte. »In diesem Fall wäre die Gefahr für die Je’daii eine vollkommen andere, jedoch nicht weniger ernste.«

»Jetzt erkennst du vielleicht die schreckliche Bedrohung, mit der wir uns konfrontiert sehen«, sagte Lha-Mi.

»Bloß ein Mann? Macht ihn einfach dingfest.«

»Wir wissen nicht, wo er ist. Wir wissen nicht einmal, auf welchem Planeten er sich befindet.«

»Sind die begrenzten Informationen, die Ihr habt, zuverlässig?«, fragte Lanoree, obwohl sie die Antwort darauf bereits kannte. Andernfalls hätte eine solche Zusammenkunft von Je’daii-Meistern, um die Angelegenheit zu besprechen, niemals stattgefunden.

»Wir haben keinen Grund, daran zu zweifeln«, sagte Lha-Mi, »und jeden Grund, auf der Hut zu sein. Falls sich dann herausstellt, dass die Gefahr doch nicht so ernst ist, wie es auf den ersten Blick scheint, ist das eine gute Sache. Dann ist alles, was wir dadurch verlieren, etwas Zeit.«

»Aber das Hypertor«, wandte Lanoree ein. »Bewacht es. Sichert es.«

Lha-Mi beugte sich über den Tisch nach vorn. Mit einem Blinzeln schottete er die Kabine ab: Der Luftaufbereiter verstummte, die Tür schlug zu und verriegelte sich. »Das Hypertor ist eine Legende«, sagte er. »Das ist alles.«

Lanoree nickte. Doch ebenso wusste sie, dass eine derartige Vorsicht und solche Sicherheitsmaßnahmen, wie sie hier getroffen wurden, sicherlich nicht nötig gewesen wären, wenn das Ganze wirklich bloß eine Geschichte wäre. Darum kümmere ich mich später, dachte sie, ihre Gedanken vor den anderen abschirmend.

»Kommen wir jetzt dazu, warum wir dich für die Mission ausgewählt haben«, sagte Xiang. »Der Mann, um den es geht, ist Dalien Brock – dein Bruder.«

Lanoree wankte. Sie litt nie an Weltraumübelkeit – die Macht festigte sie, genau wie alle Je’daii –, doch jetzt schien sie zu schwanken, obwohl sie sich gar nicht rührte. Schwindel überkam sie, obgleich der Friedenshüter so reglos verharrte wie der Boden unter ihren Füßen. »Unmöglich«, sagte sie mit finsterer Miene. »Dalien ist vor neun Jahren umgekommen.«

»Du hast keine Leiche gefunden«, entgegnete Xiang.

»Aber seine Kleidung – zerfetzt, blutig.«

»Wir haben keinen Grund, an unseren Quellen zu zweifeln«, sagte Lha-Mi.

»Und ich habe keinen Grund, ihnen Glauben zu schenken!«, erwiderte Lanoree.

Schweigen senkte sich über den Raum. Angespannte Stille.

»Dein Grund, es zu glauben, ist, dass wir es dir befehlen«, erklärte Lha-Mi. »Dein Grund ist auch noch das geringste Maß an Zweifel, das bezüglich des Todes deines Bruders besteht. Dein Grund ist, dass er eine Bedrohung für Tython darstellen könnte, wenn unsere Informationen stimmen und er noch am Leben ist. Dein Bruder könnte alles zerstören, was du liebst.«

Er ist geflohen, ich fand seine Kleidung, weit, weit unten in den Tiefen der … der Alten Stadt.

»Siehst du?«, fragte Lha-Mi, als würde er Lanorees Gedanken lesen.

Vermutlich hatte er das tatsächlich, aber Lanoree stellte ihn deswegen nicht zur Rede. Immerhin war er ein Tempelmeister und sie bloß eine Rangerin. So verwirrt, wie sie war, konnte sie ohnehin nicht verhindern, dass ihre Gedanken sie verrieten. »Er hat stets zu den Sternen aufgeschaut«, sagte sie leise.

»Uns sind Gerüchte über eine gewisse Organisation zu Ohren gekommen, über eine lose Vereinigung von Leuten, die sich selbst die Sternseher nennen.«

»Ja«, sagte Lanoree, die sich entsann, dass ihr kleiner Bruder seinen Blick stets in die Weiten des Alls hinaus gerichtet hatte, während sie eher nach innen schaute, in sich hinein.

»Finde deinen Bruder«, sagte Lha-Mi. »Bring ihn nach Tython zurück. Bereite seinen törichten Plänen ein Ende.«

»Er wird nicht mit zurückkommen«, meinte Lanoree. »Wenn er es wirklich ist, wird er nach so langer Zeit niemals freiwillig hierher zurückkehren. Als er starb, war er noch so jung, doch schon damals fing er an …«

»… die Je’daii zu hassen«, beendete Xiang den Satz für sie. »Umso mehr ein Grund dafür, ihn zu uns zurückzubringen.«

»Und wenn er sich weigert?«

»Du bist eine Je’daii-Rangerin«, sagte Lha-Mi.

In gewisser Weise, wusste Lanoree, war das Antwort genug. »Ich brauche sämtliche Informationen, die Ihr habt.«

»Alles Relevante wurde bereits auf den Computer deines Schiffs geladen.«

Lanoree nickte, nicht überrascht von ihrem Übereifer. Sie wussten genau, dass sie nicht ablehnen konnte.

»Dies ist eine verdeckte Operation«, erklärte Xiang. »Die Gerüchte über das Hypertor halten sich hartnäckig, doch das Wissen, dass jemand versucht, es zu aktivieren, könnte eine Panik auslösen. Zwar könnten wir ein wesentlich größeres Team gegen Dalien ins Feld führen, doch das würde das Risiko erhöhen, Aufmerksamkeit zu erregen.«

»Und das ist noch nicht alles«, sagte Lha-Mi.

»Ihr wollt nicht, dass andere Leute ihn in seiner Sache unterstützen«, mutmaßte Lanoree. »Sollte die Kunde davon, was er vorhat, die Runde machen, könnten noch viele andere versuchen, das Tor zu initiieren – mit noch mehr Geräten und noch mehr dunkler Materie.«

Lha-Mi lächelte und nickte. »Du bist scharfsinnig und klug, Lanoree. Die Gefahr ist ernst. Wir verlassen uns auf dich.«

»Schmeichelt Ihr mir etwa, Meister?«, fragte Lanoree mit lockerem Tonfall. Gelächter erklang von den versammelten Je’daii.

»Nein«, sagte Lha-Mi, »das ist mein voller Ernst.« Dann wurde auch seine Miene wieder ernst, und das war eine wahre Schande. Zu lächeln stand ihm gut.

»Wie immer werde ich mein Bestes tun«, versprach Lanoree.

»Möge die Macht mit dir sein«, sagte Lha-Mi.

Lanoree stand auf, verneigte sich, und als sie sich der geschlossenen Tür näherte, öffnete Lha-Mi sie mit einer kurzen Handbewegung. Unmittelbar vor dem Hinausgehen blieb sie stehen und drehte sich noch einmal um. »Meisterin Xiang, bitte richtet meiner Mutter und meinem Vater aus, dass ich sie liebe. Sagt ihnen – dass wir uns bald sehen.«

Xiang nickte lächelnd. Als Lanoree den Raum verließ, konnte sie die Hand ihres Bruders beinahe in ihrer eigenen fühlen.

Auf dem Rückweg zum Friedenshüter tobte in Lanoree ein Aufruhr von Emotionen, unter denen eine Erkenntnis brodelte, die sie nicht weiter überraschte – sie war froh, dass Dal noch lebte. Und das, das wusste sie, war auch der Grund, warum man sie für diese Mission ausgewählt hatte. Gewiss, sie hatte in der Vergangenheit einiges erreicht, und obgleich sie erst Mitte zwanzig war, hatte sie den Je’daii bereits gute Dienste geleistet. Ihre Verbundenheit zur Macht wie auch ihr Vertrauen in die Ziele und Ansichten der Je’daii waren nicht zu leugnen. Allerdings konnte sich ihre persönliche Verstrickung in die Angelegenheit als ihr größter Pluspunkt erweisen.

Da es ihr einmal nicht gelungen war, ihrem Bruder das Leben zu retten, würde sie ihn nicht wieder gehen lassen. Sie würde alles tun, was in ihrer Macht stand, um Dal zu retten – vor drohender Gefahr genauso wie vor dem Verderben –, und diese Entschlossenheit würde ihr bei dieser Mission sehr zugutekommen. Allerdings wusste sie auch, dass diese Entschlossenheit ihren Auftrag ebenso gut kompromittieren konnte. Sie atmete tief durch und beruhigte sich, in dem Wissen, dass sie ihre Gefühle im Zaum halten musste.

Zwei junge Je’daii-Schüler gingen an ihr vorbei. Ein Junge und ein Mädchen, bei denen es sich gut um Bruder und Schwester handeln konnte, und einen flüchtigen Moment lang fühlte sie sich an Dal und sich selbst erinnert. Die beiden verbeugten sich respektvoll, was sie mit einem Nicken quittierte. Sie sah die Hochachtung in ihren Augen und vielleicht auch einen Anflug von Ehrfurcht. Lanoree trug eine lockere Hose, ein Wickelhemd, eine Schimmerseidejacke, Lederstiefel und einen Ausrüstungsgürtel. Ihre fließenden roten Schals stammten aus einem der besten Bekleidungsgeschäfte auf Kalimahr. Die silbernen Armreifen am linken Handgelenk zierten kostbare Steine aus den tiefen Minen von Ska Gora – ein Geschenk der Wookiee-Familie, mit der sie sich während ihrer Zeit dort angefreundet hatte. Ihr Schwert steckte in einer Lederscheide, die aus der hellgrünen Haut einer Kreischechse von einem der drei Monde von Obri gefertigt war. Rechnete man dieser exotischen Ausstattung noch ihre ein Meter achtzig, die durchdringenden grauen Augen und das lange, rotbraune Haar hinzu, das von einem Dutzend Metallklammern im Zaum gehalten wurde, war sogar Lanoree selbst klar, dass sie eine beeindruckende Gestalt abgab.

»Rangerin«, sagte das junge Mädchen.

Lanoree hielt inne, und als sie sich umdrehte, sah sie, dass die beiden Kinder ebenfalls stehen geblieben waren. Sie sahen sie an, doch in ihren Blicken lag mehr als Faszination. Sie hatten eine Aufgabe zu erledigen. »Kinder«, sagte Lanoree und hob eine Augenbraue.

Das Mädchen trat vor, eine Hand in der Tasche ihrer Webhose. Lanoree konnte die Macht spüren, die stark in den beiden war, und ihre Bewegungen bargen eine Selbstsicherheit, die sie mit Schwermut erfüllte. Bei ihr und Dal war alles so anders gewesen. Er hatte die Macht nie verstanden, und während sie zusammen aufwuchsen, verwandelte sich diese Verwirrung in Ablehnung, in wachsenden Hass – und dann in etwas noch viel Schlimmeres. »Meisterin Dam-Powl bat darum, dass ich Euch dies gebe«, sagte das Mädchen. Sie hielt ihr eine kleine Nachrichtenkapsel von der Größe ihres Daumens hin. »Sie sagte, die Botschaft sei allein für Euch bestimmt.«

Eine Privatnachricht von Meisterin Dam-Powl, jenseits der Augen und Ohren der übrigen Je’daii? Das war überraschend. Lanoree nahm die Kapsel entgegen und steckte sie ein. »Vielen Dank«, sagte sie. »Wie heißt ihr?«

Der Junge und das Mädchen eilten jedoch bereits in Richtung von Lha-Mis Friedenshüter davon – eine sanfte Brise zerwuschelte ihr Haar. Die Triebwerke des Schiffs fuhren bereits hoch, und Eisenholg stand am Fuß der Einstiegsrampe. Der Droide klackerte und ratterte, als Lanoree näher kam.

»Alles in Ordnung?«, fragte sie gedankenverloren, und der Droide bestätigte dies knapp. An der Rampe blieb Lanoree stehen und schaute sich um. Die Friedenshüter der Meister und mehrere kleinere Begleitschiffe hoben bereits ab, und weiter entfernt dräuten bloß noch die Hügel und die uralten Menhire, die vor unzähligen Jahrtausenden zu Ehren längst vergessener Götter dort aufgestellt worden waren. Das Gefühl, beobachtet zu werden, kam von anderswo – von den Je’daii-Meistern. Sie warteten darauf, dass sie aufbrach. »Also gut«, sagte Lanoree und marschierte die Rampe in die beruhigende, vertraute Enge des eigenen Schiffs hinauf. Doch sie war abgelenkt. Kaum auf Tython angekommen, ließ die Aussicht auf Dals rätselhaftes Überleben auch ihre beunruhigenden Erinnerungen an ihn wiederauferstehen.

2. Kapitel

DIE GROSSE REISE

Wenn man jung ist, kann der Fluss der Macht Furcht einflößend und erschütternd wirken. Doch findet man ein Gleichgewicht zwischen ihren hellen und dunklen Aspekten, wird der Fluss zu einer machtvollen Größe. Wehrst du dich gegen die Macht, rebelliert dein Körper; kämpfe mit der Macht, und du hast das Universum auf deiner Seite.

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