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Der Beginn einer neuen Ära für das Star-Wars-Universum
Der zweite Todesstern ist zerstört worden. Das Galaktische Imperium befindet sich in völligem Chaos. Der Imperator und Darth Vader sind tot. Innerhalb der Galaxis wird diese Entwicklung von einigen Systemen gefeiert, während in anderen die imperialen Fraktionen brutal durchgreifen. Die Rebellenallianz macht sich auf, die angeschlagenen Streitkräfte des feindlichen Imperiums zur Strecke zu bringen, ehe diese sich neu gruppieren und zurückschlagen können. Da macht ein einsamer Kundschafter der Rebellen eine folgenschwere Beobachtung …
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Seitenzahl: 523
Chuck Wendig
NACHSPIEL –
DER KRIEG IST NICHT VORBEI
Deutsch von Michaela Link
Die amerikanische Originalausgabe erschien unter dem Titel
»Star Wars™ Aftermath«
bei Del Rey/The Ballantine Publishing Group, Inc., New York.
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1. Auflage
Deutsche Erstveröffentlichung Mai 2016 bei Blanvalet,
einem Unternehmen der Verlagsgruppe Random House GmbH,
Neumarkter Str. 28, 81673 München
Copyright © Chuck Wendig 2015
Copyright © 2015 by Lucasfilm Ltd. & TM where indicated.
All rights reserved. Used under authorisation.
Excerpt from Star Wars: Battlefront: Twilight Company by
Alexander Freed copyright © 2015 by Lucasfilm Ltd. & ™ where indicated.
All rights reserved. Used under authorisation.
Translation Copyright © 2016 by Verlagsgruppe Random House GmbH, München
Umschlaggestaltung: Isabelle Hirtz, Inkcraft, nach einer Originalvorlage
Cover Art Copyright: © 2015 by Lucasfilm Ltd.
Jacket Design: Scott Biel
Redaktion: Rainer Michael Rahn
JvN · Herstellung: sam
Satz: omnisatz GmbH, Berlin
ISBN: 978-3-641-19075-0V001
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Für Tracy, die mich zu meinem ersten StarWars-Film mitgenommen hat
(Das Imperium schlägt zurück in einem Autokino).
Für Mom, die mir all das nette Kenner-Spielzeug gekauft hat.
Für Michelle und Ben, die mich bei diesem verrückten Speeder-Rennen begleitet und es zehnmal verrückter gemacht haben, als es schon war.
Es war einmal vor langer Zeit
in einer weit, weit entfernten Galaxis …
Der zweite Todesstern ist zerstört. Der Imperator und sein mächtiger Vollstrecker, Darth Vader, gelten als tot. Im Galaktischen Imperium herrscht Chaos.
Einige Systeme in der Galaxis feiern, doch in anderen verstärken imperiale Fraktionen ihren Zugriff. Optimismus und Furcht herrschen Seite an Seite.
Und während sich die Rebellenallianz den zersplitterten Streitmächten des Imperiums stellt, deckt eine einsame Rebellenspäherin ein geheimes imperiales Treffen auf …
Vorspiel
Heute ist ein Tag zum Feiern. Wir haben über Schurkerei und Unterdrückung triumphiert und unserer Allianz – wie auch der gesamten Galaxis – eine Chance gegeben, aufzuatmen und den Fortschritt zu bejubeln, weil wir uns unsere Freiheit von dem Imperium zurückgeholt haben, das sie uns geraubt hat. Wir wissen von Commander Skywalker, dass Imperator Palpatine tot ist und sein Vollstrecker Darth Vader mit ihm.
Doch auch wenn wir feiern, dürfen wir uns nicht auf unseren Erfolgen ausruhen. Wir haben dem Imperium einen schweren Schlag versetzt, und jetzt kommt die Zeit, in die Bresche, die wir geschaffen haben, vorzustoßen. Die Waffe des Imperiums mag zerstört sein, aber das Imperium selbst lebt weiter. Überall in der Galaxis schließt sich seine Unterdrückerhand um die Kehlen guter, frei denkender Bürger, von Coruscant im Zentrum bis in die entlegensten Systeme im Äußeren Rand. Wir dürfen nicht vergessen, dass unser Kampf weitergeht. Unsere Rebellion ist vorüber. Aber der Krieg – der Krieg fängt gerade erst an.
– Admiral Ackbar
Coruscant
Damals:
Monument Plaza.
Ketten klirren, als sie gegen den Hals von Imperator Palpatine schlagen. Dann kommen die Seile – Lassos, die sich um die Mitte der Statue schlingen. Die Menge jubelt wie wahnsinnig, während sie zieht und zieht und zieht. Ein enttäuschtes Aufstöhnen macht sich Luft, weil der Stein einfach nicht nachgibt. Aber dann wuchtet jemand die Ketten um das Heck zweier schwerer Speeder, und die Motoren erwachen summend zum Leben. Die Speeder lassen ihre Motoren aufheulen, und wieder zieht die Menge …
Ein Geräusch ertönt, als würde ein riesiger Knochen brechen.
Ein Riss erscheint am Fuß der Statue.
Noch mehr Jubel kommt auf, Geschrei ist zu hören. Und …
Applaus brandet auf, als die Statue fällt.
Der Kopf der Steinfigur bricht ab, rollt über den Boden und knallt in einen Springbrunnen. Dunkles Wasser spritzt hoch. Die Menge johlt. Und dann ertönt das Aufheulen von Sirenen. Rote Lichter blinken, als drei Airspeeder aus den oberen Flugkorridoren nach unten geschossen kommen – imperiale Polizei mit ihren rot-schwarzen Helmen, die das Licht ihrer Scheinwerfer widerspiegeln.
Es gibt keine Warnung, keinen Befehl zurückzutreten.
Die Laserkanonen vorn in den Airspeedern feuern. Rote Blitze versengen die Luft. Die Menge wird auseinandergetrieben, Körper fallen, von Schüssen durchsiebt.
Aber immer noch lassen sich die hier Versammelten nicht einschüchtern. Sie sind nicht länger eine bloße Menge, jetzt sind sie ein Mob. Sie fangen an, von der Palpatine-Statue abgebrochene Steinbrocken aufzuheben und sie nach den Airspeedern zu werfen. Einer der Speeder zieht zur Seite, um einem heranfliegenden Stein auszuweichen. Er stößt mit einem anderen Speeder zusammen und bringt so dessen Kanone zum Schweigen. Bürger von Coruscant klettern hinter beiden Speedern auf den steinernen Turm – einen Turm, auf dem die imperialen Werte von Ordnung, Kontrolle und der Herrschaft des Gesetzes geschrieben stehen – und versuchen, von dort aus auf die Polizeikreuzer zu springen. Einer der behelmten Polizisten wird aus seiner Maschine geschleudert. Der andere kriecht auf die Motorhaube seines Speeders und schießt mit zwei Blastern, da trifft ihn ein Stein am Helm und bringt ihn zu Fall.
Die beiden anderen Airspeeder steigen höher und feuern weiter.
Schreie, Flammen und Rauch.
Zwei aus der Menge – Vater und Sohn, Rorak und Jak – ducken sich schnell hinter die eingestürzte Statue. Der Lärm des Kampfes, der sich hier auf der Monument Plaza entfaltet, endet nicht. In der Ferne hört man weitere Kämpfe, eine Flammensäule und Blasterfeuerblitze sind zu sehen. Eine Werbefläche hoch oben am Himmel zwischen den Flugkorridoren zeigt plötzlich nur noch Schneegestöber.
Der Knabe ist jung, nur zwölf Standardjahre, und nicht alt genug, um zu kämpfen. Noch nicht. Flehend sieht er seinen Vater an. Über das Getöse hinweg schreit er: »Aber die Kampfstation ist zerstört worden, Dad! Der Kampf ist doch vorbei!« Sie haben es erst vor einer Stunde beobachtet. Das angebliche Ende des Imperiums. Der Beginn von etwas Besserem.
Die Verwirrung in den glänzenden Augen des Jungen ist offenkundig: Er versteht nicht, was gerade passiert.
Aber Rorak versteht es. Er hat Geschichten über die Klonkriege gehört, Geschichten, die ihm sein eigener Vater erzählt hat. Er weiß, wie es im Krieg zugeht. Es sind gar nicht viele Kriege, es ist nur ein einziger, immer wieder verlängert und in Abschnitte unterteilt, sodass er beherrschbarer erscheint.
Lange Zeit hat er seinem Sohn nicht die Wahrheit, sondern die idealisierte Hoffnung weitergegeben: Eines Tages wird das Imperium fallen, und wenn du einmal Kinder hast, hat sich die Situation verändert. Und das könnte auch immer noch eintreten. Aber jetzt ist eine stärkere, bitterere Wahrheit vonnöten: »Jak, der Kampf ist noch nicht vorbei. Der Kampf fängt gerade erst an.«
Er drückt seinen Sohn fest an sich.
Dann legt er ihm einen Steinbrocken von der Statue in die Hand.
Und er hebt selbst einen Stein auf.
Teil I
1. Kapitel
Jetzt:
Sternlinien durchziehen das samtene Schwarz.
Ein Schiff, ein kleiner Starhopper, fällt aus dem Hyperraum. Es handelt sich um ein Ein-Mann-Schiff, bevorzugt von vielen der weniger wünschenswerten Fraktionen hier draußen im Äußeren Rand – Piraten, Buchmacher, Kopfgeldjäger und jene, auf deren Kopf ein Preisgeld ausgesetzt ist. Dieses spezielle Schiff war schon in Kämpfe verwickelt; es zeigt durch Plasma verursachte Schäden an den Flügeln und auf den Heckflossen sowie eine Delle am Bug, als habe ein imperialer Läufer hineingetreten. Damit fügt sich das Schiff nur umso besser in seine Umgebung ein.
Voraus liegt der Planet Akiva. Ein kleiner Planet – von hier aus sind nur braune und grüne Streifen erkennbar, teilweise von dicken, weißen Wolken verdeckt.
Wedge Antilles, der Pilot – einst Rot Eins und jetzt … nun, jetzt etwas anderes, eine Rolle ohne offiziellen Titel, denn die Situation ist so neu, so anders, so völlig in der Schwebe –, sitzt da und nimmt sich einen Augenblick Zeit.
Es ist schön hier oben. Still.
Keine TIE-Jäger, keine Explosionen über dem Bug seines X-Wing. Tatsächlich hat er ja auch keinen X-Wing, und obwohl er sehr gerne einen fliegt, ist es schön, mal in etwas anderem zu sitzen. Kein Todesstern – und hier schaudert Wedge, denn er hat geholfen, zwei dieser Dinger zu erledigen. An manchen Tagen erfüllt ihn das mit Stolz, an anderen Tagen mit etwas anderem, etwas Schlimmerem. Als würde es ihn wieder dahin zurückziehen. Um ihn herum geht der Kampf immer noch weiter. Aber das ist nicht heute.
Heute ist es still.
Wedge mag die Stille.
Er öffnet seinen Datenblock, scrollt durch eine Liste, indem er auf einen Knopf an der Seite tippt. (Er muss einige Male darauftippen, damit überhaupt etwas passiert – wenn das alles hier vorbei ist, würde er sich wirklich freuen, vielleicht mit neuen technischen Geräten ausgestattet zu werden. Aus irgendwelchen Gründen ist echter Sand in diesem Datenblock, und deshalb klemmen auch die Knöpfe.) Er klickt sich durch die Liste von Planeten.
Er war also bisher auf fünf von diesen Planeten. Florrum, Ryloth, Hinari, Abafar, Raydonia. Akiva ist der sechste auf der Liste von vielen, zu vielen.
Diese Aktion war seine Idee. Irgendwie verstärken die verbliebenen Fraktionen des Imperiums ihre Kriegsanstrengungen noch immer, selbst Monate nach der Zerstörung ihrer zweiten Kampfstation. Wedge vermutete, dass sie sich in den Äußeren Rand zurückgezogen haben. Wenn man sich mit der Geschichte beschäftigt, ist leicht zu erkennen, dass die Saat des Imperiums hier draußen zuerst aufgegangen ist, fernab der Kernsysteme, fernab der neugierigen Augen der Republik.
Wedge hat zu Ackbar und Mon Mothma gesagt: »Könnte sein, dass sie wieder dort sind. Sich irgendwo da draußen verstecken.« Ackbar hat entgegnet, dass das durchaus zutreffen könne. Hat nicht zum Beispiel Mustafar eine gewisse Bedeutung für die imperiale Führung gehabt? Gerüchte besagten, das sei der Ort, an den Vader vor langer Zeit die Jedi gebracht und sie vor ihrer Hinrichtung gefoltert habe, um ihnen Informationen abzupressen.
Und jetzt ist Vader tot. Genau wie Palpatine.
Fast da, denkt Wedge. Wenn sie die Versorgungsrouten gefunden haben, auf die die Imperialen sich stützen, wird er sich erheblich besser fühlen.
Er ruft das Komm auf, versucht, einen Kanal zu öffnen, um einen Befehl zu senden, und …
Nichts.
Vielleicht ist es kaputt. Das hier ist schließlich ein altes Schiff.
Wedge tastet nach seinem eigenen Komm, das an seinem Gürtel hängt – er klopft dagegen, versucht, ein Signal zu bekommen.
Wieder nichts.
Das Herz sackt ihm in die Hose. Einen Moment lang fühlt es sich an, als würde er fallen. Denn darauf läuft das hier hinaus:
Der Funkspruch wird blockiert. Einige der kriminellen Syndikate, die hier draußen operieren, haben die Technologie, um das lokal zu tun, aber im Weltall über ihrem Planeten, nein, auf keinen Fall. Nur eine einzige Gruppe besitzt diese Technologie.
Sein Kiefer verkrampft sich. Das ungute Gefühl in seinen Eingeweiden bewahrheitet sich nur zu bald, als vor ihm ein Sternzerstörer das Weltall durchbohrt wie eine Messerspitze, als er aus dem Hyperraum fällt. Wedge jagt die Motoren hoch. Ich muss hier weg.
Ein zweiter Sternzerstörer gleitet neben den ersten.
Die Konsolen auf dem Armaturenbrett des Starhoppers blinken rot.
Sie haben ihn gesehen. Was soll er jetzt machen? Was hat Han immer gesagt? Flieg einfach ganz lässig. Das Schiff ist aus gutem Grund so getarnt: Es sieht aus, als könne es jedem miesen Schmuggler hier draußen am Rand des Weltalls gehören. Akiva ist eine Brutstätte krimineller Aktivitäten. Korrupte Satrapen, verschiedene Syndikate, die um Ressourcen und günstige Gelegenheiten miteinander konkurrieren. Ein florierender Schwarzmarkt – einmal, vor Jahrzehnten, hatte die Handelsföderation hier eine Droidenproduktionsstätte. Das bedeutet, wenn man einen inoffiziellen Droiden braucht, kann man hierherkommen und einen kaufen. Tatsächlich hat auch die Rebellenallianz hier viele ihrer Droiden erworben.
Die Frage bleibt: Was jetzt? Runtergehen auf den Planeten, um aus der Luft Aufklärung zu betreiben, wie es der ursprüngliche Plan war – oder Kurs zurück auf Chandrila nehmen? Irgendetwas ist hier los. Zwei Sternzerstörer, die aus dem Nichts auftauchen? Blockierte Komms? Das ist schon etwas. Es bedeutet, dass ich gefunden habe, wonach ich suche. Vielleicht sogar noch etwas viel Besseres.
Das heißt, es ist Zeit einen Kurs einzugeben, der ihn von hier wegbringt.
Das wird jedoch ein paar Minuten dauern – vom Äußeren Rand nach innen zu fliegen heißt nicht einfach, eine lange Strecke von A nach B zurückzulegen. Es ist ein gefährlicher Sprung. Endlose Variablen erwarten einen dabei: Nebelwolken, Asteroidenfelder, umhertreibender Schrott, übrig geblieben von allerlei Scharmützeln und Schlachten. Wedge will keinesfalls um den Rand eines schwarzen Loches fliegen müssen oder durch einen Stern, der gerade zur Supernova wird.
Das Komm knistert.
Sie rufen ihn.
Eine forsche imperiale Stimme dringt aus dem Lautsprecher.
»Hier ist der Sternzerstörer Vigilance. Sie sind in imperialen Raum eingedrungen.« Woraufhin Wedge denkt: Das hier ist kein imperialer Raum. Was ist hier los? »Identifizieren Sie sich.«
Furcht durchfährt ihn, scharf und grell wie ein Elektroschock. Das Reden und Lügen ist nicht sein Gebiet. Ein Schlitzohr wie Solo könnte einen Java dazu bringen, einen Sack Sand zu kaufen. Wedge ist Pilot. Aber es ist auch nicht so, als hätten sie für diesen Fall keine Pläne gemacht. Calrissian hat für ihn eine Geschichte ausgearbeitet. Er räuspert sich und drückt den Knopf …
»Hier ist Gev Hessan. Am Steuer des HH-87 Starhoppers Rover.« Er übermittelt seine Datenkarte. »Ich schicke Ihnen meine Legitimation.«
Eine Pause. »Erklären Sie den Grund Ihres Besuchs.«
»Leichte Fracht.«
»Was für Fracht?«
Die übliche Antwort lautet: Droidenzubehör. Aber das zieht hier möglicherweise nicht. Er denkt schnell nach – Akiva. Heiß. Nass. Überwiegend Dschungel. »Ersatzteile. Für Luftentfeuchter.«
Es folgt eine quälende Pause.
Der Navigationscomputer lässt seine Berechnungen durchlaufen.
Gleich hat er es …
Eine andere Stimme kommt durch den blechern klingenden Lautsprecher. Eine Frauenstimme, in der Stahl liegt. Weniger forsch und ohne den singenden Tonfall. Das hier ist jemand mit Autorität – oder zumindest jemand, der denkt, er besitze sie.
Die Frau sagt: »Gev Hessan. Pilot Nummer vier fünf zwei drei sechs. Devaronianer. Richtig?«
Das kommt hin. Calrissian kennt Hessan. Der Schmuggler – Verzeihung, der »ehrenwerte Pilot und Geschäftsmann« – hat Waren geschmuggelt, um Lando zu helfen, die Wolkenstadt aufzubauen. Und er ist wirklich Devaronianer.
»Das haben Sie richtig verstanden«, sagt Wedge.
Eine weitere Pause.
Der Computer ist mit seinen Berechnungen fast fertig. Er braucht höchstens noch zehn Sekunden. Zahlen werden verarbeitet, flackern über den Bildschirm …
»Merkwürdig«, erwidert die Frau. »Nach unseren Unterlagen ist dieser Gev Hessan in imperialem Gewahrsam verstorben. Erlauben Sie uns bitte, unsere Unterlagen zu korrigieren.«
Der Hyperraumcomputer beendet seine Berechnungen.
Er gibt mehr Schub mit dem Handballen …
Aber das Schiff wird nur etwas durchgeschüttelt. Dann erbebt der Starhopper abermals und beginnt vorwärtszutreiben, auf die beiden Sternzerstörer zu. Das kann nur heißen, dass sie die Traktorstrahlen aktiviert haben.
Er wendet sich der Waffensteuerung zu.
Wenn er aus dieser Sache heil herauskommen will, heißt es: jetzt oder nie.
Admiral Rae Sloane starrt auf die Konsole und dann wieder aus dem Fenster in die schwarze Leere mit den weißen Sternen. Wie Nadelstiche in einer Decke. Und dort, wie ein Kinderspielzeug auf der Decke: ein kleiner Langstreckenjäger.
»Scannen Sie das Schiff«, sagt sie. Lieutenant Nils Tothwin schaut hoch und schenkt ihr ein unterwürfiges Lächeln.
»Natürlich«, antwortet er, seine zynische Miene angespannt von diesem Grinsen. Tothwin ist ein Sinnbild dessen, was heute mit den imperialen Streitkräften nicht stimmt: Viele von ihren Besten sind tot. Was übrig geblieben ist, wenigstens größtenteils, ist der Bodensatz. Die Blätter und Zweige auf dem Grund einer Tasse Gewürztee. Trotzdem, er tut, was man ihm sagt, das ist immerhin etwas – Sloane fragt sich, wann wohl der Zerfall des Imperiums richtig beginnen wird. Wann verschiedene Kräfte tun, was sie wollen, wann sie es wollen. Chaos und Anarchie. Sobald das passiert, sobald jemand Prominentes sich von der Herde losreißt, um seinen eigenen Weg zu gehen, sind sie wahrhaft alle dem Untergang geweiht.
Tothwin scannt den Starhopper, während der Traktorstrahl ihn langsam, aber unausweichlich näher heranholt. Der Bildschirm vor ihm flackert, und ein Hologramm des Schiffs stabilisiert sich wie von Geisterhand vor ihm. Am unteren Rand des Bildes blinkt ein rotes Licht. Nils sagt mit Panik in der Stimme: »Hessan lädt seine Waffensysteme.«
Sie runzelt die Stirn. »Beruhigen Sie sich, Lieutenant. Die Waffen eines Starhoppers reichen nicht aus, um …« Moment. Sie blinzelt. »Ist es das, wofür ich es halte?«
»Was denn?«, fragt Tothwin. »Ich weiß nicht …«
Ihr Finger driftet zum vorderen Ende des Hologramms – umkreist den breiten, geschwungenen Bug des Jägers. »Hier. Werferrohr. Protonentorpedo.«
»Aber der Starhopper wird damit nicht ausgerüstet – oh. Oh.«
»Da hat sich jemand auf einen Kampf vorbereitet.« Sie beugt sich vor und schaltet das Komm wieder an. »Hier spricht Admiral Rae Sloane. Ich sehe, was Sie da machen, kleiner Pilot. Sie bereiten zwei Torpedos vor. Lassen Sie mich raten: Sie glauben, ein Protonentorpedo wird unseren Traktorstrahl lange genug unterbrechen, damit es Ihnen gelingt zu fliehen. Das könnte zutreffen. Aber ich möchte Sie daran erinnern, dass wir genug Artillerie auf der Vigilance haben, um nicht nur Schrott, sondern Feinstaub aus Ihnen zu machen. Ihr Timing stimmt nicht. Sie werden Ihre Torpedos abschießen. Dann schießen wir unsere ab. Selbst wenn unser Strahl sie loslassen sollte, wenn Ihre Geschosse uns treffen …« Sie schnalzt mit der Zunge. »Nun, wenn Sie das Gefühl haben, es versuchen zu müssen, dann versuchen Sie es.«
Sie weist Nils an, den Starhopper ins Visier zu nehmen.
Nur für den Fall des Falles.
Aber sie hofft, dass der Pilot klug ist und nicht irgendein Narr. Wahrscheinlich ein Rebellenscout, ein Spion, was für sich genommen schon töricht genug ist – wenn auch mittlerweile etwas weniger töricht, da der neu gebaute zweite Todesstern wie sein Vorgänger zerstört wurde.
Ein Grund mehr für sie, wachsam zu bleiben, wie der Name dieses Schiffes es nahelegt. Das Treffen auf Akiva darf nicht fehlschlagen. Es muss stattfinden. Es muss ein Ergebnis erzielt werden. Alles scheint auf Messers Schneide zu stehen, das ganze Imperium befindet sich am Rand des Abgrunds, dessen Kante gerade zu Geröll und Stein zerbröselt.
Der Druck wächst. Ein fast spürbarerer Druck – wie eine Faust, die sich ihr in den Rücken presst und ihr die Luft zum Atmen nimmt.
Ihre Chance, sich auszuzeichnen.
Ihre Chance, die Geschicke des Imperiums umzulenken.
Vergesst den alten Weg.
Allerdings.
Wedge zuckt zusammen, und das Herz rast ihm in der Brust wie ein Ionenpuls. Er weiß, dass sie recht hat. Das Timing ist nicht zu seinen Gunsten. Er ist ein guter Pilot, vielleicht einer der besten, aber er hat nicht die Macht auf seiner Seite. Wenn Wedge seine beiden Torpedos abschießt, werden sie ihm alles geben, was sie haben. Und dann spielt es keine Rolle mehr, ob er sich von dem Traktorstrahl lösen kann. Er wird nur eine Sekunde Zeit haben, um von dem, was sie in seine Richtung schicken, wegzukommen.
Irgendetwas geht vor hier im Weltraum über Akiva. Oder vielleicht auch da unten auf der Oberfläche des Planeten.
Wenn er jetzt hier stirbt, wird niemand erfahren, was es ist.
Das heißt, er muss die Sache richtig anpacken.
Er schaltet die Torpedos ab.
Er hat eine andere Idee.
Andockbucht 42.
Rae Sloane steht auf der verglasten Galerie, unter sich das versammelte Bataillon der Sturmtruppler. Diese Leute sind genau wie Nils unvollkommen. Diejenigen, die an der Akademie die besten Noten bekommen haben, sind zum Dienst auf den Todesstern gegangen oder auf Vaders Kommandoschiff, die Executor. Die Hälfte von denen hier hat die Akademie nicht einmal abgeschlossen – sie wurden frühzeitig aus der Ausbildung genommen.
Doch sie müssen erst einmal genügen. Vor ihnen befindet sich der Starhopper – er treibt durch die Leere des Weltraums, gefangen im unsichtbaren Griff des Traktorstrahls. Unten, hinter den aufgereihten TIE-Jägern (die Hälfte von dem, was sie brauchen, ein Drittel von dem, was sie bevorzugen würde), driftet er langsam auf die versammelten Sturmtruppler zu.
Sie wissen, womit sie es zu tun haben. Im Starhopper befindet sich höchstwahrscheinlich nur ein Pilot, dazu vielleicht noch ein zweites oder drittes Besatzungsmitglied.
Er driftet näher und näher heran.
Sie überlegt: Wer bist du? Wer sitzt in dieser kleinen Blechdose?
Dann: Ein greller Blitz und ein Rütteln – der Starhopper leuchtet plötzlich vom Bug blau auf.
Er explodiert in einem Regen aus Feuer und Schrott.
»Wer immer das war«, bemerkt Lieutenant Tothwin, »wollte nicht entdeckt werden. Ich nehme an, er bevorzugte einen schnellen Abgang.«
Sloane steht inmitten der schwelenden Trümmer des Langstreckenjägers. Es stinkt nach Ozon und Qualm. Zwei glänzende schwarze Astromechs versprühen sirrend Löschschaum, um die letzten Flammen zu ersticken. Sie müssen um die sechs oder sieben toten Sturmtruppler herumnavigieren, die reglos zwischen aufgeplatzten Helmen, verkohlten Brustpanzern und verstreuten Blastergewehren auf dem Boden liegen.
»Seien Sie kein naives Kalb«, sagt sie und bedenkt ihn mit einem finsteren Blick. »Nein, der Pilot wollte nicht entdeckt werden. Aber er ist immer noch hier. Wenn er nicht wollte, dass wir ihn da draußen vom Himmel sprengen, glauben Sie wirklich, er wäre erpicht darauf gewesen, hier drinnen zu sterben?«
»Könnte ein Selbstmordangriff gewesen sein. Mit größtmöglichem Schaden …«
»Nein. Er ist hier. Und er kann nicht weit sein. Finden Sie ihn.«
Nils antwortet mit einem zackigen, nervösen Nicken. »Ja, Admiral. Unverzüglich.«
2. Kapitel
»Wir müssen umkehren«, sagt Norra. »Berechnen Sie einen anderen Kurs …«
»Nun mal langsam, nein«, erwidert Owerto halb lachend. Er schaut zu ihr hoch – eine Hälfte seines dunklen Gesichtes ist von einem Flickenteppich aus Brandnarben verdeckt, über die er jedes Mal eine andere Geschichte erzählt: Lava, Wampa, Blasterfeuer, er hätte sich mit corellianischem Rum volllaufen lassen und sei in einen Campingkocher gefallen. »Miss Susser …«
»Jetzt, da ich zu Hause bin, werde ich wieder meinen Ehenamen annehmen. Wexley.«
»Norra. Sie haben mich dafür bezahlt, Sie auf die Oberfläche dieses Planeten zu bringen.« Er zeigt aus dem Fenster. Da liegt ihr Zuhause. Das war es wenigstens früher einmal. Der Planet Akiva. Wolken kreiseln in trägen Spiralen über den Dschungeln und Bergen. Darüber befinden sich zwei Sternzerstörer, die wie Schwerter über dem Planeten hängen. »Und was noch wichtiger ist, Sie sind nicht die einzige Fracht, die ich geladen habe. Ich bringe diesen Job zu Ende.«
»Man hat uns angewiesen, dass wir umkehren sollen. Das ist eine Blockade …«
»Und Schmuggler wie ich sind sehr gut darin, sie zu umgehen.«
»Wir müssen zur Allianz zurück …« Sie korrigiert sich. Das ist altes Denken. »Zur Neuen Republik. Sie muss davon erfahren.«
Ein dritter Sternzerstörer durchschneidet plötzlich den Weltraum und bildet jetzt eine Linie mit den anderen.
»Haben Sie Familie da unten?«
Sie nickt steif. »Deshalb bin ich hier.« Deshalb komme ich nach Hause.
»Mit diesem Risiko war immer zu rechnen. Das Imperium ist seit Jahren hier auf Akiva. Nicht so wie jetzt, aber … sie sind hier, und wir werden uns ihnen stellen müssen.« Er beugt sich vor und fügt hinzu: »Wissen Sie, warum ich dieses Schiff Moth getauft habe?«
»Nein, weiß ich nicht.«
»Haben Sie je versucht, eine Motte zu fangen? Die Hände heben, ihr nachjagen, sie fangen? Eine weiße Motte, eine braune Motte, irgendeine Motte? Sie schaffen es nicht. Motten entkommen immer. Sie fliegen Zickzack, hoch und runter, nach links und rechts, wie eine Marionette, die an irgendjemandes Fäden hängt. Das bin ich. Das ist dieses Schiff.«
»Die Sache gefällt mir trotzdem nicht.«
»Mir gefällt sie auch nicht, aber das Leben ist voller Dinge, die einem nicht gefallen. Wollen Sie Ihre Familie wiedersehen? Dann machen wir das. Und zwar genau jetzt. Sieht so aus, als würden sie sich gerade erst einrichten. Es könnte sein, dass noch mehr hierher unterwegs sind.«
In seinem unversehrten Auge glitzert es fast wahnsinnig. Sein anderes ist nur eine unversöhnliche, rote Linse, umrahmt von einem schlecht sitzenden Ring, der an die vernarbte Haut geschraubt ist. Er grinst und lässt dabei schiefe, weit auseinanderstehende Zähne sehen. Das hier gefällt ihm tatsächlich.
Schmuggler, denkt sie.
Also, sie hat für das Ticket bezahlt.
Es ist Zeit für die Spazierfahrt.
Der lange, schwarze Tisch glänzt in dem Licht, das von ihm nach oben abstrahlt – es ist ein holografisches Schaubild der Andockbucht der Vigilance und deren Umgebung. Darin integriert ein frischer Droidenscan, auf dem die Schäden an zweien der TIE-Jäger zu sehen sind, ganz zu schweigen von den Leichen der Sturmtruppler – die man dort liegen gelassen hat, um andere daran zu erinnern, was passieren kann, wenn man sich mit Rebellen einlässt.
Und der Pilot des Starhoppers? Bei ihm handelt es sich definitiv um einen Rebellen. Jetzt die Frage: War das ein Angriff? Wusste er, dass sie hier sind? Oder handelt es sich bei dem Ganzen um ein zufälliges Zusammentreffen von Ereignissen?
Das ist ein Problem für später. Das Problem jetzt besteht darin herauszufinden, wo genau er abgeblieben ist. Denn wie sie schon vermutet hatte, fand sich im Schiff keine Leiche.
Soweit sie herausfinden kann, hat er die Protonentorpedos so manipuliert, dass sie explodiert sind. Bevor sie das jedoch getan haben, hat er … was gemacht? Sie tippt auf eine Taste, wendet sich wieder dem Starhopperschaubild zu, das sie aus den imperialen Datenbanken gezogen hat. Da. Eine Heckklappe. Klein, aber ausreichend, um kleine Frachtpakete ein- und auszuladen.
Ihr neuer Pilotenfreund hat die Hintertür genommen. Das wäre ein beträchtlicher Sprung gewesen. Jedi? Nein, kann nicht sein. Von denen gibt nur noch einen einzigen da draußen – und null Chance, dass die Rebellen Skywalker, ihren Goldjungen, hierherschicken würden.
Zurück zum Schaubild der Andockbucht …
Sie dreht es. Hebt die Eingangsschächte hervor.
Das ist es. Sie zieht ihr Komm heraus. »Tothwin. Unser Pilot ist in den Schächten. Ich setze meine gesamten Credits darauf, dass Sie einen offenen Lüftungsschacht finden we…«
»Wir haben ein Problem.«
Das Problem ist, dass Sie mich unterbrochen haben, denkt sie, spricht es aber nicht aus. »Was denn?«
»Jemand hat unsere Blockade durchbrochen.«
»Noch ein Terrorist?«
»Könnte sein. Sieht aber eher aus wie ein stinknormaler Schmuggler. Er fliegt einen kleinen corellianischen Frachter – eine, äh, mal sehen, eine MK-4.«
»Schicken Sie die TIEs. Sollen die sich darum kümmern.«
»Natürlich, Admiral.«
Plötzlich läuft alles wie in Zeitlupe. Norra sitzt erstarrt auf dem Navigatorsitz neben Owerto Naiucho, dem narbengesichtigen Schmuggler – Lichtblitze spiegeln sich auf seinem Gesicht wider, grünes Licht von den auf sie abgefeuerten Lasern, orangefarbenes Licht, in dem ein TIE-Jäger erblüht und sein vorzeitiges Ende erlebt. Draußen vor ihnen ein Schwarm von TIEs wie eine Insektenwolke – das grässliche Kreischen, wenn sie vorbeifliegen und den Stuhl vor ihrer Konsole vibrieren lassen, die sie mit weißen Fingerknöcheln umklammert. Wenn sie blinzelt, sieht sie keine Dunkelheit. Sie sieht einen anderen Kampf sich entfalten.
»Das ist eine Falle!«, kommt Ackbars Stimme durch das Komm. Es ist ein schreckliches Gefühl, als imperiale TIEs auf sie herabstoßen wie rote Wespen aus einem von einem Stein getroffenen Nest. Der dunkle Weltraum wird von einem knisternden Strahl viridiangrünen Lichts erhellt – es geht von dem erst halb fertigen Todesstern aus, nur noch eine Schippe voll Erde auf dem Grab der Allianz, während eins ihrer eigenen Großkampfschiffe verloren ist, ausgelöscht von einem Einschlag aus Licht, Blitz und Feuer …
Der Frachter rast im Sturzflug auf die Oberfläche des Planeten zu. Dreht sich wie eine Schraube. Das Schiff erbebt, als Laserbeschuss seine Seitenwand versengt. Die Schilde werden nicht ewig halten. Owerto brüllt ihr zu: »Sie müssen die Waffen bedienen! Norra! Die Waffen.« Aber sie kommt nicht von diesem Sitz hoch. Ihre blutleeren Hände weigern sich sogar, die Konsole zu verlassen. Ihr Mund ist trocken, ihre Achselhöhlen sind nass. Ihr Herz hämmert wie ein Pulsar, bevor er erlischt.
»Wir wollen, dass Sie mit uns fliegen«, sagt Captain Antilles. Sie erhebt natürlich Einspruch – sie arbeitet jetzt schon seit Jahren für die Rebellen, seit der Zeit vor der Zerstörung des ersten Todessterns, aber als Frachterpilotin. Sie hat Nachrichtendroiden transportiert, Waffen geschmuggelt oder einfach nur Leute von einem Planeten zum anderen, von einem Stützpunkt zum anderen gebracht. »Und das ändert nichts daran, dass Sie eine fantastische Pilotin sind«, fügt er hinzu. »Sie sind einem Todesstern entkommen. Sie haben zwei TIE-Abfangjäger zum Zusammenstoß gebracht. Sie waren schon immer eine großartige Pilotin. Und wir brauchen Sie jetzt für die Zeit, in der General Solo die Schildgeneratoren herunterfährt.« Er fragt sie noch einmal: Ist sie dabei? Wird sie mit den Roten und den Goldenen fliegen? Ja. Sie sagt Ja. Wie könnte sie auch etwas anderes sagen?
Ihr ist schwindlig. Lampen in der Kabine blinken. Irgendwo hinter ihren Sitzen regnet es Funken. Hier in der Moth scheint alles auf der Spitze einer Nadel zu balancieren. Durch die Scheibe sieht sie den Planeten. Die Wolken, die näher kommen. TIE-Jäger schlagen Löcher durch sie hindurch, Dampf kreiselt hinter ihnen. Sie steht mit zitternden Händen auf.
Im Innern der Bestie. Rohre und zischender Dampf. Skelettartiges Gebälk und Bündel von Schnüren und Kabeln. Das Innere des wiederauferstandenen Todessterns. Die Schilde sind unten. Dies ist ihre einzige Chance. Aber die TIE-Jäger sind überall. Tauchen hinter ihnen auf, Habichte, die an ihren Schwanzfedern zupfen. Sie weiß, worauf das hinausläuft: Es bedeutet, dass sie sterben wird. Aber so lässt sich etwas erreichen. Staffelführer Gold meldet sich über das Komm – Landos Stimme in ihrem Ohr, und sein sullustanischer Kopilot direkt dahinter. Sie sagen ihr, was sie tun soll. Und wieder denkt sie: Das war’s, so werde ich sterben. Sie beschleunigt ihren Jäger. Die Wärmesignatur des Kerns zeigt nach links. Sie zieht ihren Y-Wing nach rechts – und eine Handvoll TIEs brechen weg und folgen ihr weiter hinein. Weg vom Millennium-Falken. Weg von den X-Wings. Laserbeschuss grillt ihre Triebwerke. Lässt den Deckel ihres Astromechs aufspringen. Rauch füllt die Kabine. Der Geruch von Ozon …
»Ich bin kein Schütze«, sagt sie. »Ich bin Pilotin.«
Dann zieht sie Owerto aus seinem Pilotensitz. Er protestiert, aber sie wirft ihm einen Blick zu – einen Blick, den sie geübt hat und bei dem sich ihr Gesicht verhärtet wie abkühlender Stahl, der Blick eines Raubvogels, bevor er einem die Augen aushackt. Der Schmuggler nickt kaum merklich, und es ist gut, dass er das tut. Denn sobald sie im Sitz ist und nach Steuerknüppel und Hebel fasst, sieht sie zwei TIE-Jäger, die sich rasch von vorn nähern …
Sie beißt so fest die Zähne zusammen, dass sie fürchtet, ihr Kiefer könne brechen. Laser wie Dämonenfeuer versengen den Himmel vor ihnen und kommen direkt auf sie zu.
Sie zieht den Steuerknüppel zurück. Die Moth bricht den Sturzflug auf die Planetenoberfläche ab – die Laser verfehlen um Haaresbreite ihr Ziel, rasen unter dem Heck des Frachters hindurch …
Peng.
Sie erledigen zwei der TIE-Jäger, die ihnen dicht auf den Fersen waren. Und noch während sie den Steuerknüppel weiter nach hinten zieht, tauschen ihr Magen und ihr Herz die Plätze. Das Blut rauscht laut in ihren Ohren, sie fliegt einen Looping, gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie die beiden letzten TIEs sich berühren. Vertikale Flügelflächen krachen aneinander, werden abgerissen – beide imperiale Kurzstreckenjäger trudeln plötzlich weg und drehen eine wilde Runde durch den Weltraum wie zwei Feuerwerkskörper am Tag der Republik.
»Wir kriegen noch mehr!«, ruft Owerto von irgendwo hinter ihr – und dann hört sie das Getriebe der Zwillingskanonen der Moth knirschen, während der Geschützturm herumfährt und sein Feuer eröffnet.
Wolken peitschen vorbei.
Das Schiff knallt und bebt, als es ein Loch in die Atmosphäre schlägt.
Das hier ist mein Zuhause, denkt sie. Oder das war es mal. Sie ist auf Akiva aufgewachsen. Und was noch wichtiger ist, die Norra von damals war wie die Norra heute: Sie machte sich nicht viel aus Leuten. Sie ist lieber herumgestreift und hat die Wildnis außerhalb der Hauptstadt Myrra erkundet – die alten Tempel, die Höhlensysteme, die Flüsse, die Canyons.
Sie kennt diese Orte. Jede Serpentine, jede Biegung, jeden Winkel. Wieder denkt sie: Das hier ist mein Zuhause, und mit diesem Mantra in Wiederholungsschleife bringt sie ihre zitternden Hände dazu, ruhig zu werden, und dreht hart nach steuerbord, lässt das Schiff trudeln, während Laserfeuer daran vorbeischießt.
Die Oberfläche des Planeten kommt schnell auf sie zu. Zu schnell, aber sie sagt sich, dass sie weiß, was sie tut. Dort unten gehen die üppigen Hügel und glatten Klippen in den Canyon von Akar über, ein enges, vielfach gewundenes Tal. Dorthin lenkt sie die Moth. Zur Bresche im Regenwald. Regentröpfchen besprenkeln ihr Sichtfeld und laufen daran herunter. Die Flügel des Frachters schneiden Äste ab, wirbeln einen Haufen Blätter auf, während sie im Zickzack nach links fliegt und das Steuer nach rechts herumreißt und dafür sorgt, dass die Moth ein höllisch schwer zu treffendes Ziel abgibt.
Laserfeuer versengt das Blätterdach über ihr.
Dann ist da plötzlich eine Nebelbank.
Sie drückt den Steuerknüppel nach vorn und lenkt den Frachter noch tiefer. Hier ist der Canyon enger. Bäume strecken sich aus wie gierige Hände, schießen aus Felsvorsprüngen. Norra streift sie bewusst. Die Geschütztürme der Moth sprühen Kanonenfeuer, und plötzlich kommt ein TIE kopfüber herangerollt wie ein durch die Luft geworfener Felsbrocken – sie muss scharf abdrehen, um ihm auszuweichen. Er kracht in einen Baum und geht in Flammen auf.
Der Frachter erbebt.
Noch mehr Funken. In der Kabine wird es dunkel. Owerto ruft: »Wir haben die Geschütztürme verloren!«
Norra denkt: Wir brauchen sie nicht.
Denn sie weiß, was jetzt kommt. Eine der ältesten Tempelanlagen – verlassen, ein architektonisches Meisterwerk aus alter, lange vergangener Zeit, als das Volk der Ahia-Ko noch hier lebte. Aber davor war hier nicht mehr als ein in die Tiefe stürzender Wasserfall, ein silberner Wasserwirbel, der über einen Klippenrand springt. Die Klippe wird Hexenfinger genannt, weil sie aussieht wie ein gekrümmter und anklagender Finger. Da gibt es eine Lücke unter der steinernen Brücke, einen schmalen Kanal. Zu schmal, denkt sie. Aber vielleicht auch nicht. Vor allem jetzt nicht, da der Geschützturm weg ist. Es ist jetzt ohnehin zu spät, um etwas anderes zu machen …
Sie legt den Frachter auf die Seite …
Vor ihr öffnet sich die Lücke unter dem Felsen. Der Wasserfall befindet sich auf einer Seite, die gezackte Klippenwand auf der anderen. Norra hört auf zu atmen. Reißt die Augen weit auf.
Das Mantra kommt ein letztes Mal, diesmal laut ausgesprochen:
»Das hier ist mein Zuhause.«
Der Frachter passiert den Kanal.
Er zittert wie ein alter Säufer – was vom Geschützturm übrig ist, bricht ab. Er wirbelt mit einem Klirren weg und verschwindet in der Gischt des Wasserfalls …
Aber sie sind draußen. Sie haben es lebend geschafft.
Auf der Konsole blinken zwei rote Punkte.
TIE-Jäger. Hinter ihnen.
Warte darauf. Warte … darauf …
Zwei Explosionen erschüttern die Luft.
Die beiden Punkte flackern und sind weg.
Owerto brüllt und klatscht in die Hände. »Wir sind raus!«
Verdammt richtig, das sind wir.
Sie wendet den Frachter und nimmt Kurs auf die Vorstädte von Myrra.
Nils Tothwin schluckt hörbar und steigt über das zersplitterte Glas und die Pfütze zischenden Alkohols – er stammt aus einer Zeremonienflasche mit lothalianischem Johannisbeerwein, dessen tiefes Violett beinahe schwarz wirkt. Die Pfütze auf dem Boden hätte man tatsächlich mit einem Loch im Boden verwechseln können.
Tothwin knetet seine Hände. Er ist nervös.
»Sie haben ihn nicht gefunden«, sagt Rae Sloane.
»Nein.«
»Und ich habe gesehen, dass auch das Schmugglerschiff verschwunden ist.«
»Verschwunden im Sinne von entkommen.«
Sie kneift die Augen zusammen. »Ich weiß, was ich gemeint habe.«
»Natürlich, Admiral.«
Die Pfütze schäumt. Diese Flasche, die man ihr zur Feier ihrer Beförderung zum Admiral geschenkt hat. Dann passt es ja, dass es eine Zeremonienflasche war, denn das war auch aus ihrer Rolle geworden – reine Zeremonie. Jahrelang hatte man sie an den Rand gedrängt. Ja, man hatte ihr das Kommando über die Vigilance gegeben. Aber die Vigilance durfte nicht einmal eine annähernd bedeutende Rolle im Kampf gegen die wieder aufkeimende Rebellion spielen. Belanglose Aufgaben. Überwiegend Patrouillen im Äußeren Rand. Verteidigung und Eskorte von Bürokraten, Moffs, Würdenträgern, Botschaftern.
Das teilt man ihr zu. Sie hat sich von Anfang an zu viele Feinde gemacht. Sloane war immer jemand gewesen, der seine Meinung sagt. Sie wusste nicht, wo ihr Platz war. Und das hat ihr geschadet.
Aber jetzt ist der Moment für eine zweite Chance gekommen.
Sie bricht das Schweigen: »Dies ist keine gute Zeit für Chaos, Lieutenant. Zwei unserer geschätzten Gäste sind da draußen bereits eingetroffen.« Moff Valco Pandion in dem Sternzerstörer Vanquish, und in der Ascent eine der ältesten Strateginnen und Taktikerinnen des Galaktischen Imperiums: General Jylia Shale. »Bald treffen auch die anderen ein. Ich werde nicht zulassen, dass wir ausgerechnet jetzt Schwäche demonstrieren. Wir dürfen uns nicht unfähig zeigen, unsere eigene Umgebung zu kontrollieren, denn wenn das geschieht, wird es – vor allem Pandion – beweisen, dass wir nicht einmal diese Zusammenkunft kontrollieren können. Und was diese Zusammenkunft angeht: Sie muss unter Kontrolle gehalten werden.«
»Absolut, Admiral. Wir werden den Eindringling finden …«
»Nein. Ich werde die Verantwortung dafür übernehmen, unseren ungebetenen Gast aufzuspüren. Sie stellen ein Team zusammen. Begeben Sie sich vor der Zusammenkunft auf die Oberfläche. Spüren Sie den Schmuggler und den Frachter auf, die uns entwischt sind. Nur um sicherzugehen, dass sie nicht Teil einer größeren Sache sind. Das hier muss richtig laufen. Und wenn es falsch läuft, mache ich Sie persönlich dafür verantwortlich.«
Die wenige Farbe, die sein Gesicht aufweist, verschwindet.
»Wie Sie wünschen, Admiral.«
Dampf steigt von der Oberfläche der Moth auf wie aufgeschreckte Gespenster – es hat aufgehört zu regnen, und jetzt scheint hell und heiß die Sonne. Die Luft ist schwer vor Feuchtigkeit. Schon jetzt spürt Norra, wie ihr Haar – normalerweise glatt und silbern wie der Wasserfall, den sie vor nur einer Stunde passiert haben – anfängt, sich an den Spitzen zu locken und zu verheddern. Ein seltsamer Gedanke kommt ihr: Habe ich eine Bürste mitgenommen? Hat sie überhaupt die richtigen Kleider eingepackt? Was wird Temmin von ihr denken?
Sie hat ihren Sohn nicht mehr gesehen seit … Es ist schon zu lange her. Drei Standardjahre? Bei dem Gedanken zuckt sie zusammen.
»Sie sind eine wilde Pilotin«, bemerkt Owerto und kommt auf ihre Seite. Er schlägt gegen die Schiffswand: Peng, peng, peng. »Ich bin Manns genug zuzugeben, dass Sie der Moth da draußen wahrscheinlich den Arsch gerettet haben.«
Sie reagiert mit einem gequälten Lächeln. »Nun, ich hatte einen guten Moment.«
»So zu fliegen ist nicht nur Glück. Das ist Talent. Sie sind eine Rebellenpilotin, richtig?«
»Richtig.«
»Dann sieht es so aus, als gehörten Sie zum Gewinnerteam.«
Noch nicht, denkt sie. Aber alles, was sie sagt, ist: »Das hoffe ich.«
»Sind sie wirklich weg? Der Imperator? Dieser Maschinenmann Vader? Ist der ganze Todesstern wirklich in klitzekleine Stücke zerschossen?«
»Das ist richtig. Ich war dabei. Tatsächlich war ich … mittendrin.«
Er stößt einen leisen, langen Pfiff aus. »Das erklärt die raffinierte Flugtechnik.«
»Vielleicht.«
»Glückwunsch. Sie sind eine Heldin. Das muss unglaublich gewesen sein.«
»Das war es wirklich.« Selbst jetzt, wenn sie darüber nachdenkt, schießt trotz der drückenden Hitze noch ein kalter Schauder ihr Rückgrat hinunter. Andere mögen sich während dieses Kampfes berauscht gefühlt haben. Aber für sie existiert er in ihren Albträumen weiter. Denn sie hatte beobachten müssten, wie gute Piloten der Oberfläche dieses gewaltigen Konstrukts entgegentrudelten, und ihre Schreie über das Komm gehört. »Ihr Geld«, sagt sie abrupt. Sie zieht einen kleinen Beutel aus ihrer Reisetasche. Wirft ihn ihm zu. »Zehntausend bei der Ankunft, wie versprochen. Danke. Das mit Ihrem Schiff tut mir leid.«
»Ich werde es reparieren lassen. Viel Glück bei Ihrer Familie.«
»Eigentlich ist es nur mein Sohn. Ich bin hier, um ihn abzuholen, und fliege dann wieder zurück.«
Er zieht die Braue über seinem gesunden Auge hoch. »Das wird bei der Blockade eine heikle Angelegenheit werden. Haben Sie sich schon überlegt, wie Sie von dem Planeten runterkommen?«
»Nein. Bieten Sie sich an?«
»Wenn Sie mir die gleiche Summe bezahlen und mir versprechen, das Schiff wieder zu fliegen, wenn alle Stricke reißen, dann kommen wir ins Geschäft.«
Sie schütteln sich die Hand.
»Oh«, fügt er, schon im Gehen, hinzu. »Willkommen zu Hause, Norra Wexley.«
3. Kapitel
Auf Akiva gab es schon immer Imperiale. Aber nicht als Besatzer. Wie bei vielen Welten im Äußeren Rand – die an den Rändern des bekannten Weltraums um ihre Achsen kreisen – nutzten Imperiale zwar den Planeten, konnten oder wollten vielleicht auch niemals offiziell Anspruch darauf erheben. Diese Exoplaneten waren zu raue, wilde und eigenartig Bestien, um jemals unter das Joch des Galaktischen Imperiums gebracht zu werden. Wenn die Imperialen hierherkamen, geschah es meistens aus eher persönlichen Gründen: Alkohol, Spice, Tabak, Glücksspiel und Waren vom Schwarzmarkt. Oder auch nur, um sich die wilden Gesichter und unbekannten Aliens anzusehen, deren Wege sich auf diesem Außenposten voller Schurken und Abweichlern kreuzen. Das, all das, hat auch ihn hierhergeführt.
Sinjir Rath Velus. Imperialer Loyalitätsoffizier.
Na ja. Ex-Loyalitätsoffizier des Imperiums.
Die galaktischen Gezeiten haben ihn hierhergetragen und ihn auf diesem Planeten aus wilden Dschungeln und schroffen Bergen an Land gespült, an diesem Ort schwarzer Vulkane und mit Quarzsand bedeckter Strände. Hier sitzt er. Immer auf demselben Platz in derselben Bar, im selben schäbigen Quadranten von Myrra mit demselben Mon-Calamari-Barkeeper, der die Drinks über die Okaholztheke schiebt.
Da sitzt er mit einem Glas Sashinblattmet in der Hand – er schmeckt golden und süß wie eine Kreuzung zwischen einer Jybbukfrucht und Oi-Ois, diesen kleinen roten Beeren, die seine Mutter immer gepflückt hat. Das ist sein dritter heute, und die Sonne ist erst vor wenigen Stunden aufgegangen. Schon jetzt fühlt sich sein Kopf an wie eine Fliege in einem klebrigen Spinnennetz, die sich müht freizukommen, bevor sie schließlich aufgibt und sich der fatalen Erstarrung anheimgibt.
Sein Kopf fühlt sich gummiartig an, verschwommen, aufgeweicht.
Sinjir hält das Glas hoch und betrachtet es, wie man vielleicht eine Geliebte betrachten würde. Mit inbrünstiger Leidenschaft teilt er ihm mit: »Du kannst dich auf mich verlassen. Ich bin mit vollem Einsatz dabei.« Dann kippt er seinen Drink hinunter. Es fließt leicht durch seine Kehle. Er schüttelt sich genüsslich. Dann klopft er mit dem Glas auf die Holzplatte. »Barkeeper. Getränkehüter. Gebieter seltsamer Schnäpse! Noch einen, bitte.«
Der Mon Calamari mit Namen Pok schlurft herbei. Er ist alt, dieser Mon Cal; seine Kinntentakel – oder was immer das ist – sind lang und dick geworden, ein fransiger Bart aus roter Haut, zuckenden Saugern und glänzenden Seepocken. Ihm fehlt ein Arm, der durch das glänzende, silberne Glied eines Protokolldroiden ersetzt wurde. Das hat man allerdings hastig und schlecht ausgeführt – die Drähte ohne große Umstände in das blasige Fleisch seiner roten Schulter gesteckt. Ein unappetitlicher Anblick, aber das ist Sinjir in diesem Moment herzlich egal. Er hat nichts Besseres verdient.
Pok gurgelt und grunzt ihn in der Sprache der Mon Cals an. Sie führen jedes Mal das gleiche Gespräch:
Pok macht seine Geräusche. Sinjir bittet erst und fordert dann, der Barkeeper möge Basic sprechen.
Pok sagt auf Basic: »Ich spreche kein Basic«, bevor er wieder auf seine fremdartige Weise zu brabbeln beginnt.
Und dann bringt Sinjir seine Bitte vor, und Pok füllt das Glas.
Am Ende des heutigen Austauschs äußert Sinjir eine neue Bitte: »Ich nehme … bei allen Sternen an allen Himmeln, es ist heiß, nicht wahr? Ich sollte mal etwas Erfrischendes nehmen, oder? Was ist erfrischend, mein tintenfischgesichtiger Freund? Gib mir das.«
Der Barkeeper zuckt die Achseln, seine gallertartigen Froschlaichaugen zittern, bevor er einen Holzbecher holt, in dem ein paar Eiswürfel klappern. Pok nimmt eine obskure Flasche aus dem Regal, worauf in einer Schrift, die kein Basic ist, etwas gekritzelt steht. Ebenso wenig wie er die Worte des Mon Cals verstehen kann, kann Sinjir lesen, was auf der Flasche steht. Im Imperium hatte man wenig Interesse daran, die Gebräuche und Sprachen anderer Kulturen zu erlernen. Es ist nicht einmal erwünscht, dass die Leute es in ihrer Freizeit tun.
(Sinjir muss an die Zeit denken, als er den jungen Offizier entdeckt hat, der ausgerechnet Ithorianisch lernte. Ein blutjunger Bursche, der im Schneidersitz auf seiner Pritsche saß und mit einem langen Zeigefinger die Zeilen der fremdartigen Schrift nachzeichnete. Sinjir hat ihm diesen Finger gebrochen. Gesagt, es sei besser als jede administrative Bestrafung – und ginge auch schneller.)
(Sinjir fällt außerdem wieder ein: Ich bin eine schreckliche Person. Schuldgefühle und Scham duellieren sich in seinen Eingeweiden wie zwei fauchende Lothkatzen.)
Pok gießt aus der Flasche ein.
Sinjir lässt die Flüssigkeit in seinem Becher kreisen. Der Geruch, den sie verströmt, könnte das Schwarz aus dem Helm eines TIE-Piloten saugen. Er kostet und erwartet, dass das Getränk seine Zunge und seine Kehle in Brand steckt, aber es ist das genaue Gegenteil. Nicht süß. Blumig. Ein Geschmack, der nicht zum Geruch passt. Faszinierend.
Er seufzt.
»Hey«, flüstert jemand neben ihm.
Sinjir ignoriert das. Nimmt einen langen, geräuschvollen Schluck von seinem seltsamen Gebräu.
»Hey.«
Die Person spricht mit ihm, wie? Pfui. Er legt den Kopf schräg und zieht erwartungsvoll beide Augenbrauen hoch, sieht dann aber nur einen Twi’lek dasitzen. Der hat eine Haut so rosig wie die eines Neugeborenen. Einer seiner Kopfschwänze entspringt seiner zu hohen Stirn und ist um seine Schulter und seinen Unterarm gewunden, so wie ein Arbeiter vielleicht ein zusammengerolltes Seil oder einen Schlauch tragen würde.
»Kumpel«, sagt der Twi’lek. »Hey.«
»Nein«, antwortet Sinjir knapp. »Das ist nicht … nein. Ich rede mit niemandem. Ich bin nicht hier, um zu reden. Ich bin deswegen hier.« Er hält den Holzbecher hoch und schwenkt ihn ein wenig, sodass man das Eis darin hört. »Nicht dafür.« Er gestikuliert und wedelt mit den Fingern in Richtung Twi’lek.
»Hast du schon das Holovid gesehen?«, fragt der Twi’lek und lässt damit durchblicken, dass er einer dieser aufdringlichen, streitsüchtigen Typen ist, die nur dann einen Fingerzeig verstehen, wenn er mit einer Faust oder einem Blastergewehr erfolgt.
Trotzdem, Holovid? Er ist neugierig. »Nein. Was ist denn damit?«
Der Twi’lek schaut nach links, schaut nach rechts und zieht dann eine kleine Scheibe hervor – größer als seine Handfläche, kleiner als ein vernünftiger Essteller. Ein Metallring mit blauem Glas in der Mitte. Der Alien leckt sich seine spitzen, kleinen Zähne und drückt dann auf einen Knopf.
Ein Bild erscheint, das über der Scheibe schwebt.
Eine Frau in majestätischer Haltung, das Kinn hoch erhoben. Selbst in dem verschwommenen Hologramm kann er erkennen, dass ihre Augen leuchten und eine scharfe Intelligenz in ihnen flackert. Natürlich liegt das möglicherweise daran, dass er bereits weiß, wer das ist:
Prinzessin Leia Organa von Alderaan, jetzt eine Heldin und Anführerin der Rebellenallianz.
Das aufgezeichnete Bild der Prinzessin spricht:
»Hier ist Leia Organa, ehemalige Prinzessin von Alderaan, ehemaliges Mitglied des Galaktischen Senats und Anführerin der Allianz zur Wiederherstellung der Republik. Ich habe eine Nachricht für die Galaxis. Die Umklammerung unserer Galaxis und seiner Bürger durch das Galaktische Imperium hat sich gelockert. Der Todesstern vor dem Waldmond von Endor ist verschwunden und mit ihm die imperiale Führung.«
An dieser Stelle wechselt das Hologramm zu einem Bild, das Sinjir nur allzu vertraut ist:
Der Todesstern, der am Himmel über Endor explodiert.
Er weiß es, weil er dort war. Er hat den großen Blitz gesehen, das pulsierende Feuer, die dicken Wolken, wie Gehirnmasse, die aus dem aufgeplatzten Schädel eines Narren quillt. Seine Einzelteile schweben immer noch da oben als Trümmer herum. Das Bild flackert. Dann ist Leia wieder da.
Der Tyrann Palpatine ist tot. Aber der Kampf ist noch nicht vorüber. Der Krieg geht weiter, auch wenn die Macht des Imperiums deutlich geschwächt ist. Aber wir sind für euch da. Ihr sollt wissen, dass die neue Republik euch zu Hilfe kommt, wo immer ihr seid, ganz gleich, wie weit draußen im Äußeren Rand ihr lebt. Schon jetzt haben wir Dutzende imperiale Großkampfschiffe und Zerstörer erbeutet …« Jetzt wandelt sich das Bild zu einer dreidimensionalen Aufnahme von Imperialen, die in Handschellen von der Rampe des Schiffs geführt werden. »Und in den Monaten seit der Zerstörung der gefürchteten Kampfstation des Imperiums haben wir im Namen der Allianz bereits unzählige Planeten befreit.« Ein neues Bild mit Rebellen, die von einer jubelnden Menge als Retter und Befreier begrüßt werden, erscheint – was sind das für Leute? Naboo? Es könnten Naboo sein. Zurück zu Leia: »Habt Geduld. Seid stark. Setzt euch zur Wehr, wo ihr könnt. Die imperiale Kriegsmaschine fällt auseinander, eine Ausrüstung, eine Waffe, ein Sturmtruppler nach dem anderen. Die Neue Republik kommt. Und wir brauchen eure Hilfe, um den Kampf zu Ende zu bringen.«
ENDE DER LESEPROBE