Star Wars™ - Nachspiel - Chuck Wendig - E-Book

Star Wars™ - Nachspiel E-Book

Chuck Wendig

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Beschreibung

Der spannende Abschluss der New-York-Times-Bestsellertrilogie, die zeitlich in den Jahren zwischen Die Rückkehr der Jedi-Ritter und Das Erwachen der Macht angesiedelt ist: Der Kampf um Endor hat das Imperium zerschmettert, doch die Rebellion hat noch längst nicht gesiegt. Rae Sloane ist die meistgesuchte imperiale Verbrecherin, auf deren Fersen Leia die ehemalige Pilotin Norra Wexley angesetzt hat. Doch die hat nicht nur Gerechtigkeit im Sinn, sondern auch ihre persönliche Rache ...

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Seitenzahl: 668

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Chuck Wendig

NACHSPIEL – DAS ENDE DES IMPERIUMS

Roman

Deutsch von Andreas Kasprzak

Die amerikanische Originalausgabe erschien 2017

unter dem Titel »Star Wars™: Aftermath: Empire’s End«

bei Del Rey/The Ballantine Publishing Group, Inc., New York.

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1. Auflage

Copyright der Originalausgabe

© 2017 by Lucasfilm Ltd. & ® or ™ where indicated.

All rights reserved.

Copyright der deutschsprachigen Ausgabe © 2017

by Blanvalet in der Verlagsgruppe Random House GmbH,

Neumarkter Str. 28, 81673 München

Redaktion: Rainer Michael Rahn

Umschlaggestaltung: Isabelle Hirtz, Inkcraft, nach einer Originalvorlage

Cover Art Copyright: © 2017 Lucasfilm Ltd. & ® or ™ where indicated.

All rights reserved.

Jacket art and design: Scott Biel

JvN · Herstellung: sam

Satz: omnisatz GmbH, Berlin

ISBN 978-3-641-20446-4V002

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www.blanvalet.de

Für Luke S.,

wo immer du bist.

Es war einmal vor langer Zeit

in einer weit, weit entfernten Galaxis …

Zum ersten Mal seit einer Generation ist die Demokratie in der Galaxis wiederhergestellt. Obwohl die Neue Republik durch einen imperialen Angriff erschüttert wurde, konnte sie die Überreste des Imperiums zurückdrängen. Doch die Gefahr weiterer Gewalt bleibt bestehen, solange der Konflikt anhält.

Auf dem abgelegenen Planeten Jakku, fernab der Republik, strebt der einst nur im Schatten agierende Gallius Rax danach, das zerfallende Imperium nach seinen eigenen Vorstellungen wiederaufzubauen. Doch seine Pläne könnten schon bald vom einstigen Großadmiral Rae Sloane gefährdet werden. Sloanes Ziel ist es, Rax zu vernichten und das Imperium von dessen finsteren Machenschaften zu befreien.

Norra Wexley und ihre Begleiter setzen unterdessen die Jagd auf die flüchtige Sloane fort, ohne etwas von Rax’ Plänen zu ahnen. Norra ist überzeugt, dass Sloane der Schlüssel zum Sieg über das Imperium ist, aber ihre Suche führt sie näher und näher an Rax’ geheime Armee heran. Denn auf Jakku trifft das Imperium Vorbereitungen für eine letzte Schlacht, die über das Schicksal der Galaxis entscheiden wird.

AuftaktAn Bord des zweiten Todessterns, über Endor

Trotz seiner unvollständigen Wiederherstellung erfüllt die Architektur des Todessterns Admiral Gallius Rax mit Ehrfurcht. Er ist eine in sich geschlossene Welt, und während Rax den Gang zum Turbolift entlangschreitet, eskortiert von zwei Gardisten mit roten Helmen, fällt ihm das Summen und Brummen der Kampfstation ringsum auf – eine subtile Schwingung, in der Rax ein wahnwitziges Lied wahrnimmt; ein Lied von Macht, von Potenzial, von Zerstörung. Eine imperiale Oper in Geräuschen und Vibrationen.

Die erste Inkarnation des Todessterns hat er nie besucht. Es war ihm nicht gestattet – seine Rolle war es, in den Schatten zu bleiben und auf eine Bestimmung zu warten, von der er überzeugt war, dass sie sich nie erfüllen würde. Doch nun ist er hier, eingeladen, sich an Bord umzusehen. Woraus er schließt, dass entweder sein Schicksal bald Realität – oder er zuvor sterben wird.

Die Gardisten treten vor und rufen einen Lift, der von rotem und weißem Licht erfüllt ist, sein Boden so glatt und dunkel, als wäre er ein Spiegel aus Obsidian, befleckt allein von moralischem Verfall. Sie bedeuten Rax einzutreten, folgen ihm aber nicht.

Er fährt alleine nach oben.

Die Türen öffnen sich.

Und dort, auf der anderen Seite des Thronsaals erwartet ihn der Imperator. Der alte Mann in seiner schwarzen Robe sitzt vor dem strahlenförmig untergliederten Fenster und betrachtet die schwach leuchtende Wölbung des Endor-Mondes. Dann dreht sich der Sessel langsam herum.

Nur die Hälfte seines Gesichts ist sichtbar. Die Falten haben sich tief in die Haut gegraben, das Fleisch hängt von seinem Kiefer, und sein Mund ist zu einer düsteren Grimasse verzerrt, die gleichzeitig ein unheilvolles Lächeln darstellt. Dieses Gesicht, dieser Mund – es sieht aus wie ein verrottendes Stück Stoff, in das jemand einen Schlitz geschnitten hat. Der Rest seiner Züge ist im Schatten der schwarzen Kapuze verborgen.

Es ist viele Jahre her, seit Rax Palpatine aus der Nähe gesehen hat. Die Widerwärtigkeit, die er einst in seiner Miene wahrnahm, ist nun dauerhaft in seine Haut gebrannt.

Der Anblick des Imperators raubt ihm den Atem, raubt ihm einen Teil seiner Kraft, und um ein Haar geben seine Knie nach.

Palpatine strahlt die Präsenz und die alles verschlingende Leere eines kollabierenden Sterns aus. Da ist eine sezierende, Furcht einflößende Macht, die jeden in sich aufsaugt, jedem etwas entzieht.

Doch Rax bleibt hoch aufgerichtet stehen, wie einst auf Jakku.

»Komm«, sagte Palpatine und winkt ihn mit einer Klaue heran, die wie in Leichenstarre gekrümmt ist.

Gallius kommt der Aufforderung nach. »Mein Imperator.« Er beugt den Kopf.

»Ein Shuttle ist auf dem Sanktuarium-Mond gelandet«, sagt der alte Mann. Rax weiß nicht, was er darauf erwidern soll; die Worte klingen beinahe wie ein Vorwurf, wenn auch wie einer, der nicht zwangsweise gegen ihn gerichtet ist. »Das Schicksal begleitet dieses Schiff. Da ist jemand an Bord, der die Zukunft, wie ich sie gesehen habe, gefährden kann.«

»Ich werde den Shuttle sofort zerstören lassen.«

»Nein, mein Junge. Ich habe andere Pläne für diese Person. Ich kann noch nicht sagen, ob sie als Exempel dienen wird, um meine Macht zu demonstrieren, oder als Sklave, um einen anderen zu ersetzen, der mich enttäuscht hat. Aber dies ist der Moment, zu dem wir hingeführt wurden, ein Moment großer Unsicherheit. Alle Dinge strömen auf diesen Augenblick zu.« Seine Stimme wird leiser, und sein Kopf zieht sich weiter unter seine Kapuze zurück. »Ich spüre … Chaos. Schwäche. Einen Bruchpunkt.«

Rax reckt Kinn und Brust vor. »Sagt mir, was ich tun kann, mein Lord.«

»Du musst dich bereithalten.«

»Ich bin immer bereit.«

»Die Zeit für unseren Ausweichplan könnte bald gekommen sein.«

Bei diesen Worten schnürt sich Rax die Kehle zu. Mein Schicksal …

Palpatine fährt fort: »Du wirst eine weite Reise antreten. Nimm die Ravager und verbirg dich im Vulpinus-Sternennebel, bis die Nachwehen dieses Bruchpunkts abgeklungen sind.«

»Woher werde ich wissen, wann es so weit ist?«

»Du wirst es wissen. Ich werde dir einen Wächter schicken.«

Rax nickt. »Ja, mein Lord.«

Palpatine mustert ihn. Seine Augen sind nicht zu sehen, aber sein Blick ist deutlich spürbar, wie tausend Nadelstiche. Er bohrt sich tief in ihn, um zu sehen, woraus er gemacht ist. »Mein Junge. Mein lieber Junge. Bist du bereit, der Ausgestoßene zu werden? Bereit, den Ausweichplan umzusetzen, sollte es nötig werden? Du wirst andere an deiner Seite brauchen.«

»Ich weiß, und ich bin bereit.« Ich bin bereit, nach Hause zurückzukehren. Denn genau das bedeutet der Ausweichplan: dass er schon bald in den Sand von Jakku zurückkehren wird. Zum Observatorium. Zu allem, was er hasst. Und doch liegt an diesem Ort sein Schicksal verborgen – und das Schicksal der gesamten Galaxis.

»Dann geh. Dir bleibt nicht viel Zeit. Schon bald wird hier eine Schlacht beginnen.«

»Ich bin sicher, Ihr werdet gewinnen.«

Ein weiteres hässliches Lächeln. »Ich werde gewinnen. Auf die eine oder die andere Weise.«

Teil I

1. Kapitel

Dieser Teil von Taris ist eine Ödnis, und Mercurial Swift huscht hindurch wie eine Ratte durch ihre Schlupflöcher. Der Kopfgeldjäger klettert durch die Trümmer eines einstigen Wohngebäudes, dessen Räume längst zerstört sind. Durch die geborstenen Mauern kann man das Chaos der verwüsteten Stadtlandschaft sehen, eine verwüstete Welt, in der neues Leben zu wachsen versucht: dahinkriechende, dreifingrige Ranken und verwirbelte Spiralen aus schleimglänzenden Pilzen. Und auch Wesen leben hier, obwohl die Ruinen sie verbergen. Sie hausen zusammengedrängt in Frachtcontainern und zerbröckelnden Korridoren, unter den aufgerissenen Straßen und auf den Dächern von Gebäuden, die so instabil sind, dass sie schon bei der leichtesten Brise wie betrunken hin und her schwanken.

Seine Beute ist hier. Irgendwo.

Vazeen Mordraw, ein Trümmermädchen, das eine Ladung ID-Karten von der Gindar-Bande gestohlen hat – Karten, die ihrerseits Würdenträgern der Neuen Republik gestohlen wurden. Mit ihnen könnte man mühelos durch die bekannten Welten reisen, ohne Alarm auszulösen oder Verdacht zu erregen. Die Gindar wollen diese Karten zurück, und als speziellen Bonus wollen sie auch das Mädchen.

Vorzugsweise lebendig. Tot, wenn es nicht anders geht.

Mercurial hat vor, sie in ersterem Zustand abzuliefern, und sei es nur weil es leichter ist, jemanden zurückzubringen, der sich selbst bewegen kann. Eine Leiche durch die Trümmer von Taris zu zerren wäre ein sicherer Weg, sich den Knöchel zu brechen. Und das würde diesen Job unnötig erschweren.

Da. Dort vorne. Ein Schrottsammler steht im Schatten einer eingestürzten Mauer und kratzt das schwammige Moos von den Steinen, vielleicht um seine Familie zu ernähren, vielleicht um es zu verkaufen. Der Junge hat einen kahlgeschorenen Schädel, schmutzverkrustete Wangen und eine geteilte Unterlippe – die Narbe zeigt an, dass er jemandes Eigentum ist. Er zuckt zusammen und wirbelt herum, um zu fliehen, aber Swift ruft ihm hinterher.

»He! Langsam, Kleiner.« Er schüttelt den kleinen Beutel in seiner Hand, und Credits stoßen klirrend aneinander. »Ich suche jemanden.«

Der Junge sagt nichts, aber zumindest bleibt er stehen. Seine Braue wandert misstrauisch in die Höhe, was Mercurial als Zeichen des Interesses deutet. Er tippt auf den Computer an seinem Handgelenk, und ein Hologramm leuchtet unvermittelt in der Luft über seinem Arm auf. Es zeigt ein Bild des Mädchens, Vazeen.

»Hast du sie gesehen?«

»Vielleicht.«

»Das ist keine Antwort.« Wieder schüttelt er den Beutel mit den Credits. »Ja oder nein?«

Der Junge zögert. »Ja.«

»Wo?«

»Ganz in der Nähe.«

Ja. Mercurial wusste, dass sie hier sein würde. Der alte Ithorianer am Raumhafen befreite sich gerade lange genug aus seiner gewürzgeschwängerten Benommenheit, um zu erklären, dass er das Mädchen kannte und dass es sich in der Nähe ihrer Familie verstecken würde. Ihr Onkel haust hier, in den Überresten des alten Talinn-Bezirks. Mit einem Mal ist Swift froh, dass Vazeen keine Verwandten auf der anderen Seite des Planeten hat – dort, wo die Reichen sich in gewaltige Türme zurückgezogen haben und von einer ganzen Armee privater Sicherheitskräfte beschützt werden.

»Wie nahe?«

Der Blick des Jungen huscht nach links und rechts, als wäre er nicht sicher, wie er darauf antworten soll. Was Mercurial zu der Vermutung führt, dass der Knabe sie tatsächlich kennt. »Ich …«

»Kleiner. Entweder ich gebe dir diese Credits, oder ich werfe dich durch das Loch in der Wand da. Du hast die Wahl: Willst du mit einer Tasche voll Geld nach Hause gehen oder mit zwei gebrochenen Beinen? Vielleicht auch zwei gebrochenen Armen.« Er entblößt seine Zähne zu einem scharfen Grinsen. »Es geht ziemlich tief runter.«

Und noch immer zögert der Junge. Er wägt seine Optionen ab, während der nach Sumpf stinkende Wind durch den zerstörten Korridor peitscht und pfeift.

»Ich werde ihr nicht wehtun«, versichert Mercurial dem Schrottsammler, und es ist nur teilweise gelogen. Er hat die Erfahrung gemacht, dass die meisten Leute egoistisch sein wollen, aber sie brauchen das Gefühl, als wären sie dabei selbstlos – sie brauchen eine Ausrede. Er hilft dem Jungen nur, sich gut zu fühlen, während er etwas Schlechtes tat. »Besser, ich finde sie als jemand anderes. Vertrau mir.«

Da ist es. Der Moment der Zustimmung. Der Junge schließt langsam die Augen; er hat seine Entscheidung getroffen, und endlich sagt er: »Sie ist ein Haus weiter. Die alte Palmyra-Gießerei. Vazeen hat da ein kleines Versteck.«

»Glückwunsch«, ruft Mercurial und wirft ihm den Beutel in die offene Hand. Gierig starrt der Junge darauf hinab. Wenn er nur wüsste, dass diese Credits kaum ihr Metall wert sind. Die imperiale Währung hat einen steilen Sinkflug hinter sich und ist zwischenzeitlich mit der Wucht eines Meteors am absoluten Tiefpunkt aufgeschlagen. Jeder sieht, dass das Imperium bald nur noch Sternenstaub sein wird. Was danach kommt?

Nun, das ist eine Sorge für einen anderen Tag.

Der Junge rennt davon.

Und Mercurial geht wieder auf die Jagd.

Stunden später liegt der Kopfgeldjäger flach ausgestreckt auf dem Bauch und hebt seinen Vierfachfeldstecher vor die Augen. Er starrt hindurch, holt die Gießerei Klick um Klick näher heran, bis er Details erkennen kann. Das Dach des Gebäudes ist flach und – wie alle hier – zerstört. Ein Ventilationsturm ist von der benachbarten Fabrik auf die Gießerei gestürzt und verbindet die beiden verfallenden Gebäude – das, so entscheidet Mercurial, wird sein Fluchtweg, falls alle Stricke reißen. Obwohl er sich nicht vorstellen kann, dass bei einer so einfachen Beute etwas schiefgehen könnte …

Plötzlich registriert er eine Bewegung auf dem Dach. Er rückt die Stelle in den Fokus und sieht, wie sich eine kleine Blechplatte zur Seite bewegt. Im sterbenden Licht des Tages kommt darunter ein Schopf pinkfarbenen Haares zum Vorschein.

Ziel entdeckt.

Ein kleiner Teil von ihm ist aufgeregt, weil er sie gefunden hat, aber gleichzeitig empfindet er Bedauern. Vor seinem geistigen Auge sieht er, wie es ablaufen wird, und alles endet mit einem wertlosen Kopfgeld. Er wird sie schnappen. Er wird sie zu den arroganten Gindars bringen. Sie werden ihm seine magere Belohnung geben – keine imperialen Credits, die benutzt niemand mehr; sondern Gutscheine, die er bei bestimmten Händlern auf bestimmten Welten gegen Ausrüstung oder Munition einlösen kann. Aber natürlich akzeptiert sie nicht jeder, und was ein solcher Gutschein wert ist, hängt ganz davon ab, wem diese Währung gehört. In diesem Fall also den Gindars. Die gehören zur frillianischen Konföderation. Die Frillianer wiederum gehören zur Schwarzen Sonne. Und die Schwarze Sonne ist ihr eigener Herr. Zumindest noch. Aber wer weiß, wie lange das so bleibt – das Imperium zerfällt, die Neue Republik befindet sich im Aufwind, und die Syndikate wissen, dass diese Zeiten des Umbruchs eine riesige Gelegenheit darstellen, wenn man nur bereit ist, sie zu ergreifen. Die Frage ist also: Wer kann diese Chance beim Schopfe packen? Es gibt bereits Spannungen zwischen den Syndikaten; sie versuchen einander zu übertrumpfen, eine Vormachtstellung zu erringen. Ein Schattenkrieg braut sich zusammen. Denn sie wollen nicht nur den Geldstrom kontrollieren, sondern über das kriminelle Schicksal der gesamten Galaxis entscheiden. Die Schwarze Sonne. Das Schattensyndikat. Die Hutten. Der Rote Schlüssel. Die Crymorah. Die Souveräne Freiheit von Maracavanya. Was für ein Chaos.

Früher oder später, das weiß Mercurial, wird auch jemand versuchen, ihn zu kontrollieren. Aber er hat nicht vor, jemandes Eigentum zu werden.

Der Kopfgeldjäger erhebt sich und steigt aus der verbogenen, zerdellten Hülle eines alten Frachters, der vor Urzeiten auf dem Dach des Wohnblocks abgestürzt sein muss und nun kaum mehr ist als eine Skulptur aus verrosteten Metallträgern. Nachdem er seine Schlagstöcke gezogen hat, geht alles ganz schnell: Er rennt los, springt vom Rand des Daches und zündet zweimal kurz nacheinander sein Jetpack. Das Knistern der Energie erfüllt die Luft hinter ihm, und er wird nach vorne katapultiert, sodass die Gießerei ihm förmlich entgegenzuspringen scheint. Swift landet, rollt sich ab, und als er wieder auf die Füße kommt, eilt er mit wirbelnden Schlagstöcken auf den behelfsmäßigen Unterstand zu, in dem Vazeen sich versteckt hat.

Sie tritt darunter hervor, sieht ihn – er kann erkennen, dass sie ihn sieht –, und doch bleibt sie reglos stehen. Im ersten Moment denkt er: Sie weiß, dass das Spiel vorbei ist, aber das ergibt keinen Sinn. Dieses Mädchen ist auf der Flucht, und das hier ist ihr Planet; sie sollte erschrecken. Sie sollte wegrennen. Jeder rennt weg.

Aber sie bleibt, wo sie ist, und starrt ihn direkt an.

Die Erkenntnis trifft Mercurial wie ein Knüppel:

Sie rennt nicht weg, weil sie ein Köder ist.

Verdammt!

Er hechtet in eine weitere Rolle, und das verzerrte Jaulen eines Betäubungsstrahls zerreißt die Luft über seinem Kopf. Als er wieder auf die Beine springt, erwartet er, einen alten Bekannten zu sehen: einen alten Feind, einen betrogenen Kumpan, eine Exfreundin mit gebrochenem Herz und geladenem Blaster. Die Frau, die stattdessen auf ihn zukommt, ist älter, mit silbernem Haar, das sich im Wind bewegt. Wer immer sie ist, sie kommt ihm vage vertraut vor, aber er hat keine Zeit, alle Gesichter durchzugehen, denen er je begegnet ist, denn ihre Pistole ist auf ihn gerichtet, und da speit sie auch schon einen weiteren Betäubungsstrahl …

Doch Swift ist schnell: Wie eine gespannte Feder, die sich plötzlich streckt, wirbelt er auf dem rechten Fußballen herum, und während er sich dreht, holt er mit einem seiner Schlagstöcke aus. Die Waffe gleitet aus seinen Fingern und pfeift durch die Luft.

Klack! Der Schlagstock triff den Blasterlauf, und ehe die Frau aufschreien kann, ist die Pistole bereits aus ihrer Hand geflogen und klappernd auf dem Dach gelandet. Sie schüttelt ihre Hand; die Vibration muss ziemlich heftig gewesen sein, und jetzt versucht sie, die Schmerzen zu lindern. Dennoch kommt sie näher, ihr Gesicht eine grimmige Maske der Entschlossenheit.

Schön für sie. Aber sie wird ihn trotzdem nicht kriegen.

Er spannt die freie Hand und presst die Finger gegen den Knopf in der Mitte seiner Handfläche. Die Extensor-Plättchen an seinen Fingerkuppen summen, der geworfene Schlagstock springt in die Luft hoch …

Und fliegt, dem Wind trotzend, geradewegs in seine Hand zurück.

Die ältere Frau bremst ab und rammt gleichzeitig die Faust vor. Ein guter, harter Schlag, aber der Kopfgeldjäger sieht ihn kommen; ihre Körpersprache hat den Angriff viel zu früh verraten. Mercurial weicht seitlich aus, und während ihr Hieb nichts als leere Luft trifft, stößt er mit seinem Schlagstock nach ihrem Arm. Ihre Zähne klacken zusammen, ihre Augen weiten sich, und jeder Zentimeter ihres Körpers verkrampft sich, als Elektrizität durch ihren Körper strömt. Dann bricht sie zusammen, aber noch währenddessen hört er das Scharren eines Stiefels hinter sich. Ich lass mich zu leicht ablenken, fährt es ihm durch den Kopf. Sein Job hat ihn bequem gemacht, zu selbstsicher, und darum rammt ihm nun jemand eine Faust in die Nieren, woraufhin er vornüber auf die Knie stürzt.

Mit einem Schrei geht Mercurial zum Gegenangriff über: Sein Schlagstock wirbelt herum und trifft den zweiten Gegner – einen hochgewachsenen Mann mit Adlernase und dunklen Augen – an der Kniekehle. Der Kerl flucht und landet auf dem Hosenboden. Auch er kommt Swift bekannt vor. Ein Imperialer? Nein. Ex-Imperialer. Jetzt arbeitet er für die Neue Republik. Geht es hier um die Sache mit Perwin Gedde? Die Erinnerung an den Auftrag kehrt schlagartig zurück. Er hat ihnen ihre Zielperson direkt unter der Nase weggeschnappt. Was wollen sie? Geld? Rache? Steht er auf ihrer Liste?

Egal. Ich habe keine Zeit für diesen Unsinn. Das Mädchen ist den Ärger nicht wert; die Bezahlung ist ohnehin ein Witz. Zeit zu verschwinden. Der Ventilationsturm ist sein Fluchtweg, also springt er auf die Füße und sprintet so schnell er kann über das Dach. Ein weiterer Betäubungsschuss verzerrt die Luft um ihn – die ältere Frau hat offensichtlich ihre Waffe wieder aufgenommen –, aber er springt und landet rutschend auf dem verrosteten Turm, der nun als Brücke fungiert. Seine Stiefel scharren über das Metall, als er sich aufrichtet, aber die Auslassschlitze in dem Durastahl bieten genug Halt, und er rennt auf ein Loch in der Wand der anliegenden Fabrik zu. Niemand folgt ihm. Seine Angreifer sind langsam – zu langsam. Schließlich, so ruft er sich ins Gedächtnis, ist niemand so schnell wie ich. Mercurial Swift lacht einmal mehr als Letzter.

Er springt durch die Lücke und …

Ein Arm schnellt vor und donnert gegen den Hals des Kopfgeldjägers. Seine Füße verlieren den Bodenkontakt, dann landet er hart auf dem Rücken, und die Luft entweicht aus seiner Brust, während seine Lunge zusammenklappt.

»Hallo«, sagt eine Stimme. Noch eine Frau. Sie erkennt er sofort.

Eine Kopfgeldjägerin wie er: die Zabrak Jas Emari. Sie steigt über ihn hinweg, und als sich sein Blick wieder klärt, sieht er, wie sie mit der Zunge einen Zahnstocher zwischen ihren Zähnen hin und her schiebt. Sie legt den Kopf schräg, sodass eine Haarsträhne von einer Seite ihres stachelbesetzten Schädels auf die andere rutscht.

»Emari«, keucht er, nachdem die Luft endlich in seine geplättete Lunge zurückgekehrt ist.

Er beschließt, keine Zeit zu verlieren, und reißt einen seiner Schlagstöcke hoch.

Aber sie ist schneller. Ein kleiner Blaster in ihrer Hand heult auf.

Und alles wird dunkel.

Es hat sie Monate gekostet, Swift zu schnappen.

Monate, um den falschen Köder auszulegen; Monate, um der Gindar-Bande ID-Karten zu stehlen und es einer jungen Frau in die Schuhe zu schieben (die glücklicherweise bereit war, ihren Beitrag zu leisten, um dem Imperium einen Schlag zu verpassen); Monate, um einen Kopfgeldauftrag im Namen der Gindars zu fälschen – und da sie nicht wie Trottel dastehen wollten, als plötzlich Kopfgeldjäger an ihre Tür klopften, taten sie natürlich, als würde der Auftrag wirklich von ihnen stammen. Alles musste perfekt sein, um jemanden wie Swift anzulocken – aber nicht zu perfekt; Jas warnte sie, dass er Verdacht schöpfen würde, falls die Sache zu gut oder zu leicht wirkt. Da ihn niemand verscheuchen wollte, sind sie es also ganz langsam und sachte angegangen und haben größte Vorsicht walten lassen. Und von Tag zu Tag haben sich Norras Eingeweide mehr angefühlt wie ein Brutknoten akivanischer Vipern. Da war dieser hässliche Gedanke, der sie einfach nicht in Ruhe lassen wollte: Während wir hier unsere Zeit vergeuden, entgleitet uns Rae Sloane immer weiter. Und ihre Chance auf Gerechtigkeit schwand dahin.

Es fühlt sich gut an, dass Mercurial endlich in ihre kleine Falle getappt ist – schließlich ist bekannt, dass er eine exklusive Geschäftsbeziehung mit Sloane hat. Gleichzeitig bleibt ein bitterer Beigeschmack, weil ihre eigentliche Beute noch immer da draußen ist. Der Kopfgeldjäger ist nur ein Trittstein auf dem Weg zu ihrem Ziel.

Bitte, denkt Norra, lass es den letzten Trittstein sein.

Sie ist müde, und der Zorn, der sie angetrieben hat, ist verblasst. Er hat sie ausgebrannt, und jetzt fühlt ihr Herz sich nur noch leer und wund an.

Doch zumindest haben sie ihn.

Mercurial Swift hängt von einem verbogenen Rohr im Innern der alten Munitionsfabrik, die Arme über dem Kopf, an den Handgelenken gefesselt. Die Nacht hat sich über Taris gesenkt, und draußen färben dunstige Blitze die Wolken ockerbraun. In der Tiefe springen schnaubende Schrotthüpfer zwischen den Trümmern dieser Welt umher und suchen nach Käfern, die sie fressen können.

»Ich hasse ihn«, sagt Sinjir Rath Velus, während er sich vorbeugt und ihre Beute mustert, seine Nase gerümpft, als würde er etwas Fauliges riechen. »Selbst bewusstlos sieht der Kerl so verflucht selbstgefällig aus. Und glaubt mir, ich kenne mich aus, was Selbstgefälligkeit angeht.«

Jas dreht einen von Swifts Schlagstöcken zwischen ihren Fingern, dann hält sie ihn hoch. »Er ist selbstgefällig, aber er ist auch clever. Diese Stöcke sind praktisch Kunstwerke. Auf einer Seite befindet sich eine Schockspitze – einstellbar auf Töten oder Betäuben. Und auf der anderen Seite sitzt ein Hypoinjektor, um seine Opfer zu vergiften.«

»Wecken wir ihn auf«, sagt Norra; sie ist mit ihrer Geduld am Ende. »Ich will Antworten, und ich bin es leid zu warten.«

»Wir haben schon so lange gewartet«, entgegnet Jas, »da werden ein paar Minuten mehr oder weniger keinen Unterschied machen.«

»Ich will Sloane. Ich will Gerechtigkeit.«

»Du willst Rache«, erklärt Jas. Sie haben dieses Gespräch bereits zuvor geführt – und zwar mehr als nur einmal. Immer wieder beginnt eine neue Runde. Sinjir seufzt nur und schüttelt den Kopf, als Norra erwidert:

»Rache und Gerechtigkeit sind zwei Seiten derselben Münze.«

»Ich glaube nicht, dass du so etwas vor Chandrila gesagt hättest.«

»Ist es nicht ein wenig heuchlerisch, dass ausgerechnet du mich verurteilst«, schnappt Norra.

Jas hebt kapitulierend die Hände. »Ich verurteile dich nicht. Mir persönlich ist Rache als Motiv viel lieber. Gerechtigkeit ist schrecklich unbeständig. Heute ist dieses gerecht, morgen jenes. Rache hingegen … Rache bleibt immer dasselbe.« Sie tippt sich gegen die Brust. »Ich bewundere Rache. Sie ist pur, rein. Einen Großteil meines Einkommens verdiene ich, weil Leute Rache wollen. Ich finde es nur wichtig, zwischen den beiden zu unterscheiden. Man sollte wissen, warum man etwas tut.«

Sie irrt sich, denkt Norra. Jener Tag auf Chandrila war ein Albtraum: Ihr eigener Ehemann und die anderen befreiten Gefangenen von Kashyyyk eröffneten, durch Gehirnwäsche manipuliert, das Feuer auf die Bühne einer öffentlichen Feier. Noch Tage später wurden Opfer des Anschlags beerdigt. Und selbst Monate später ist die Republik noch in Trauer. Dies ist einer der Momente, wenn sich der Wunsch nach Gerechtigkeit und der Drang nach Rache überschneiden, wie Kimme und Korn auf dem Lauf eines Streublasters. Und ist Gerechtigkeit nicht nur ein anderer Name für institutionalisierte Rache? Begeh ein Verbrechen, und du zahlst für dein Verbrechen. So oder so, die Strafe holt einen ein, ob nun durch ein Urteil oder einen Blaster.

Zumindest sagt sich Norra das. Und sie ist gerade im Begriff, es auch den anderen zu sagen, als Sinjir mit einem Stöhnen dazwischenfährt. »Könnt ihr beide bitte mit dieser endlosen Diskussion aufhören. Ich kriege Kopfschmerzen davon. Wecken wir einfach unseren neuen Freund auf. Was immer er zu sagen hat, es kann nur besser sein als euer Gezanke.«

Mit diesen Worten hebt er den Arm und schiebt zwei Fingerspitzen in die Nasenlöcher des bewusstlosen Kopfgeldjägers. Dann drückte er die Hand heftig nach vorne, und Mercurials Mund und Augen springen ruckartig auf. Zischend saugt er den Atem ein.

»Aufgewacht«, säuselt Sinjir fröhlich. »Der Morgen lacht.« Er dreht den Kopf. »Das hat meine Mutter früher immer gesagt. Eine reizende Frau. Aber wenn ich nicht schnell genug aus dem Bett kam, konnte sie schnell die Geduld verlieren. Dann gab’s eine Tracht Prügel mit dem Besenstiel.« Dann, wieder an Mercurial gewandt: »Bei dir werden wir doch hoffentlich keinen Besen brauchen, oder? Sind wir wach?«

»Ich bin wach, ich bin wach«, sagt der Kopfgeldjäger, wobei er den Kopf von Sinjirs nasenverstopfenden Fingern fortdreht. Seine Augen fixieren Jas. »Du.«

»Hallo, Mercurial.«

Er lacht, ein leiser, trauriger Laut.

»Was ist denn so komisch?«, erkundigt sich Jas.

»Ich musste gerade nur daran denken, was Dengar mir mal gesagt hat.« Er grinst. »Er meinte, der Tag wird kommen, wenn Kopfgeldjäger Jagd auf Kopfgeldjäger machen. Scheint, als wäre dieser Tag bereits da, hm?«

»Dengar«, wiederholt sie, und für Norra klingt es, als hätte Jas etwas Verdorbenes im Mund, während sie den Namen ausspricht. »Ich gebe es nur ungern zu, aber dieser widerwärtige Klumpen geronnenen Schweißes könnte recht haben: Schließlich wurde auf mich ein Kopfgeld ausgesetzt.«

»Richtig. Jetzt erinnere ich mich wieder. Rynscar sagte, Boss Gyuti hätte einen Preis für deinen Kopf geboten. Und der Preis wurde kürzlich verdoppelt, falls ich mich nicht irre.«

»Verdreifacht«, korrigiert Jas, fast als wäre sie stolz darauf. Vielleicht ist sie es wirklich. »Eine nette, große Summe. Für dich wird seltsamerweise kein müder Credit geboten.«

Seine Augenbrauen schießen in die Höhe. »Warum bin ich dann hier?«

»Weil wir Fragen haben«, ergreift Norra das Wort.

»Geht es um die Sache auf Vorlag? Ich dachte mir schon auf dem Dach der Gießerei, dass du mir bekannt vorkommst. Gedde zu erledigen war einer der leichtesten Aufträge, die ich je hatte.«

Jas brummt: »Ich wusste, dass du es warst. Das Mykotoxin hat dich verraten.«

»Ich habe nicht versucht, es zu verbergen.«

»Es geht nicht um Vorlag«, erklärt Norra. Es scheint Ewigkeiten her zu sein, dass sie Gedde gefangen nahmen, nur um ihn an ein langsam wirkendes Gift in seinem Gewürz zu verlieren. So viel ist seitdem geschehen. »Wir wollen die Frau, die dich damals bezahlt hat. Wir wollen Sloane, Großadmiral des Galaktischen Imperiums, und jetzt … irgendwo da draußen zwischen den Sternen untergetaucht.«

»Ich kenne niemanden, der so heißt«, entgegnet er, aber sein Mundwinkel zuckt nach oben, als hätte er einen Angelhaken verschluckt. »Tut mir leid.«

Sinjir wirft Norra einen Blick zu.

Sie nickt.

Damit tritt Jas beiseite, und der Ex-Imperiale nimmt ihren Platz vor dem baumelnden Mercurial Swift ein. Rath Velus schnalzt mit der Zunge. »Würde ich dich fragen, welcher Teil deines Körpers dir am wichtigsten ist, würdest du, als der selbstverliebte Narzisst, der du bist, sagen …«

»Mein Verstand«, antwortet Swift.

»Dein Verstand«, sagt Sinjir gleichzeitig. »Ja. Und ich würde daraufhin die Augen verdrehen, so wie ich es jetzt tue – siehst du, ich verdrehe die Augen.« Und er verdreht die Augen. »Dann würde ich sagen: ›Nein, nein, Dummerchen, deinem Verstand wird nichts passieren, den brauche ich noch. Damit du begreifst, was mit dir passiert und du alles spüren kannst.‹ Ich würde anmerken, dass dir deine Hände doch sicher auch sehr wichtig sind. Diese schnellen Hände, mit denen du deine Schlagstöcke herumwirbelst wie ein Jongleur vom Nal-Hutta-Zirkus. Und ich würde dich darüber informieren, dass die Hände so viele winzig kleine Knochen haben, von denen keiner so stabil ist wie deine Stöcke. Es ist so leicht, sie zu brechen, einen nach dem anderen, als würde man auf einem Melodium spielen. Und du würdest daraufhin vermutlich erklären …«

»Brich mir ruhig die Hände«, zischt Swift. »Nur zu. Warum schneidest du mir nicht gleich die Finger ab, wenn du dabei bist. Ich kann mir Prothesen leisten. Metallene Maschinenhände würden …«

»Dir deinen Job ohnehin erleichtern, ja. Ich weiß. Und wie recht du hast. Die Knochen in deinen Händen sind entbehrlich. Dein ganzer Körper ist entbehrlich! Was bin ich eigentlich? Ein Amateur? Oh, je. Aber dann würde ich tiefer gehen. Ich würde sagen ›Vergessen wir Fleisch und Knochen und Blut‹. Aber Moment mal. Blut. Das ist interessant.« Er beugt sich vor, bis seine Nase beinahe die des Kopfgeldjägers berührt. Swift spannt die Muskeln. Norra will Sinjir warnen, vorsichtig zu sein, aber er agiert wie eine hypnotisierende Schlange – Mercurial wird nichts tun. Noch nicht. Nicht jetzt. Er ist fasziniert. Die Neugier, welche Drohung ihn erwartet, hat sich wie ein Kragen um seinen Hals geschlossen und hält ihn zurück. »Dein Name, dein echter Name, ist nicht Mercurial Swift, oder, Geb? Geb Teldar, richtig?« Der Kopfgeldjäger zuckt vor den Worten zurück wie eine Fliege vor der Klatsche. »Ich kenne diesen Namen nicht«, sagt er. Aber er kennt ihn, das sieht selbst Norra.

»Macht nicht so viel her wie ›Mercurial Swift‹, nicht wahr?« Sinjir verzieht das Gesicht. »Stimmt doch, oder? Geb Teldar.« Als er weiterspricht, wird seine Stimme tiefer, mit einem schmallippigen, undeutlichen Akzent. »›Hallo, ich bin Geb Teldar, Rohrleger von Avast. Ich bin Geb Teldar, Stallgehilfe. Ich bin Geb Teldar, Droidenreiniger par excellence.‹ Nein, das … klingt einfach schrecklich, nicht wahr?«

»Geh zur Hölle.«

»Das Problem ist nur, Geb – sobald wir wissen, wie dein echter Name lautet, können wir auch andere Dinge über dich herausfinden. Zum Beispiel, dass du von Corellia stammst.«

Swift – beziehungsweise Teldar – erwidert nichts darauf. Ein Glanz liegt in seinen Augen, den man beinahe für Furcht halten könnte.

In Sinjirs Handfläche liegt eine flache Scheibe – ein Holoprojektor. Er tippt das Gerät an, und ein Bild erscheint in der Luft darüber: ein nettes Haus in vrenianischem Stil, kastenförmig, aber mit blütenreichen Kletterpflanzen verziert, umgeben von einem schmiedeeisernen Zaun. Die Tür ist hoch und schmal – und daneben steht ein Droide.

Ein Muskel in Mercurials Wange zuckt. »Ist das …«

»Ein B1-Kampfdroide«, nickt Sinjir. »So ist es. Ich bin sicher, er hatte irgendwann mal eine Kennnummer, aber nennen wir ihn doch einfach Mister Bones. Er hat nämlich ein Talent dafür, Leuten die Knochen aus dem Leib zu reißen. Oh, und solltest du dich gewundert haben. Ja, Geb Teldar, das ist das Haus von Tabba Teldar. Deiner Mutter, falls ich mich nicht irre.«

Das Gesicht des gefangenen Kopfgeldjägers zieht sich zusammen wie eine vertrocknende Frucht, und er bleckt wütend die Zähne. »Wie habt ihr sie gefunden?«

»Es war nicht leicht«, wirft Norra ein. »Aber auch nicht so schwer, wie du vielleicht dachtest. Du bist arrogant, und die Leute hassen dich. Da erzählt ein Rausschmeißer in einer heruntergekommenen Cantina schon mal, dass er hörte, du würdest gelegentlich Credits an jemanden in Coronet schicken. Anschließend mussten wir nur die wachsende Datenbank der Neuen Republik konsultieren. Die ist jetzt nämlich auch mit dem Corellianischen Bürgerverzeichnis verbunden. So stießen wir auf Tabba Teldar, und das reichte schon.«

»Ihr gehört zur Neuen Republik.« Mit einem Mal wirkt Swift wieder selbstgefällig, auch wenn er unter den Schmerzen in seinen überbeanspruchten Armen zusammenzuckt. »Ihr würdet ihr nichts tun. Ihr müsst euch an das Gesetz halten.«

Sinjir blickt Jas an, dann brechen beide in schallendes Gelächter aus. Norra hingegen ist nicht in der Stimmung, gespielte Belustigung vorzutäuschen. Aber die beiden sind recht überzeugend, und als Sinjir schließlich zu lachen aufhört und sich Tränen aus den Augen wischt, erklärt er mit plötzlichem, grimmigem Ernst: »Das hier ist äußerst inoffiziell, Geb, mein Freund. Die NR weiß nicht mal, dass wir überhaupt hier sind. Wir sind wie ein Protonentorpedo ohne Leitsystem – wir rasen einfach durchs All, wie es uns gefällt. Dass Jas eine Kopfgeldjägerin ist, weißt du ja bereits. Was mich betrifft – ich bin übrigens Sinjir, Sinjir Rath Velus. Und ich war einmal Loyalitätsoffizier des Imperiums. Das bedeutet, ich habe die Loyalität anderer Grauhemden geprüft – auf jede nur erdenkliche Weise, die für sie und mich motivierend war.«

»Das einzige Gesetz, dem wir folgen, ist unser eigenes«, fügt Jas an.

Mercurial schluckt sichtbar. »Tut ihr nichts.«

»Werden wir nicht«, ergreift Norra das Wort. »Falls du uns sagst, was wir wissen wollen.«

Der Damm seiner Entschlossenheit hat bereits Risse gezeigt; jetzt bricht er, und die Worte sprudeln nur so aus ihm heraus, schnell und verzweifelt. Keine Spur ist mehr von Arroganz und Egoismus geblieben, auch nicht von überbordendem Selbstvertrauen. »Ich habe seit Monaten nicht mehr mit Sloane gesprochen. Das letzte Mal, als ich von ihr hörte, hat sie mir eine Aufzeichnung geschickt. Sie suchte nach einem Schiff auf Quantxi, der Imperialis. Es hatte irgendwas mit einem, äh, einem imperialen Offizier zu tun. Einem hohen Tier namens Rax. Gallius Rax. Sie wollte die Koordinaten des Schiffes wissen, und woher es stammt – welches System, welcher Planet.«

Sinjir packt seinen Kiefer und drückt zu. »Verrate uns doch: Welcher Planet war das?«

»Jakku.«

Die drei wechseln einen Blick, und Verwirrung liegt in ihren Augen. Norra hat noch nie von Jakku gehört; nicht dass sie eine galaktische Kartografin wäre – in der Schwärze dort draußen liegen Tausende Systeme und Millionen Welten. Swift schiebt hastig weitere Informationen nach: »Er liegt in den Westlichen Gebieten. Mehr weiß ich nicht. Ich hatte nie einen Grund, weitere Nachforschungen anzustellen.«

»Ist sie dorthin geflogen?«, will Norra wissen.

»Ich … denke schon. Aber ich weiß es nicht.«

»Da ist noch mehr«, zischt Sinjir. »Du verschweigst uns etwas, das sehe ich dir an der Nasenspitze an, Geb. Möchtest du wirklich, dass wir unseren Droiden in dieses Haus schicken?«

»Sloane war nicht allein«, presst Swift hervor.

»Was du nicht sagst.«

»Sie war … verletzt und befand sich an Bord eines gestohlenen chandrilanischen Frachters, falls ich mich nicht irre. Jemand war bei ihr, ein Mensch. Keine Ahnung, wie er heißt. Ich habe ihn nur im Hintergrund gesehen.«

»Ein Imperialer?«, hakt Sinjir nach.

»Ich schwöre euch, ich weiß es nicht.«

Norra wendet sich zu Sinjir um: »Glaubst du ihm?«

»Ja.«

»Dann sind wir hier fertig. Ruf Temmin.« Der jüngere Wexley, ihr Sohn, wartet an Bord der Moth im Orbit über Taris, gemeinsam mit dem B1-Kampfdroiden Bones, seinem persönlichen Leibwächter.

»Wir könnten Swift nach Chandrila zurückbringen«, schlägt Jas vor. »Er hat für das Imperium gearbeitet. Vielleicht hat er noch weitere nützliche Informationen.«

»Nein. Dafür haben wir keine Zeit«, erwidert Norra.

»Keine Zeit? Wir fliegen ohnehin in diese Richtung, also …«

»Fliegen wir nicht. Wir brechen direkt nach Jakku auf.«

Die Kopfgeldjägerin verzieht das Gesicht. »Was immer uns dort erwartet, wir sind nicht darauf vorbereitet. Wir wissen ja nicht mal, wo Jakku ist. Norra, wir müssen diese Sache gründlich planen …«

»Nein!«, schnappt sie. »Wir haben schon genug Zeit verschwendet, um ihn hier zu schnappen.« Sie deutet mit dem Daumen auf Swift, um ihren Worten Nachdruck zu verleihen. »Ich werde nicht noch länger warten. Wir wissen nicht mal, ob Sloane noch auf Jakku ist. Falls nicht, müssen wir ihre Spur aufnehmen, bevor sie kalt wird und wir vor dem Nichts stehen.«

»Na schön«, brummt Jas in hartem Tonfall. Eine Stimme in Norras Kopf warnt sie: Beruhige dich. Jas hat vielleicht recht, und selbst falls nicht, gibt es keinen Grund, ihr Befehle an den Kopf zu werfen. Doch jede Faser ihres Körpers scheint unter Hochspannung zu stehen. Sie kann es nicht kontrollieren, es nicht unterdrücken. Jas fragt: »Was sollen wir dann mit Swift machen? Ich könnte ihn … entsorgen.«

»Emari«, fleht Mercurial. »Auf mich ist kein Kopfgeld ausgesetzt. Mich zu töten würde dir nichts bringen. Es wäre vollkommen …«

Norra sieht eine Gelegenheit: Sie reißt Jas einen von Swifts Schlagstöcken aus der Hand und wirbelt ihn herum, dann aktiviert sie mit dem Daumen die Schockspitze, die mit einem statischen Knistern zum Leben erwacht. Ein blauer Funke tanzt zwischen den beiden Zacken hin und her.

Bis sie Swift den Stab zwischen die Rippen rammt.

Der Kopfgeldjäger stößt ein stotterndes Geräusch aus, als die Elektrizität durch ihn hindurchströmt, dann sinkt sein Kopf herab, und das Kinn fällt auf seine Brust. Ein letztes, schläfriges Ächzen dringt über seine Lippen. »So«, sagt Norra. »Jetzt können wir gehen.«

Der Morgen bricht über Taris an, und während der Großteil des Planeten – die Müllsammler und Schrotthüpfer und die Schwärme von Riedfliegen – sich vor dem näher rückenden Licht des Tages zurückzieht, erwacht Mercurial aus der Bewusstlosigkeit.

Der Kopfgeldjäger braucht einige Zeit, bis er die Beine hochziehen und sie um das Rohr schlingen kann, an das seine Hände gefesselt sind. Eine Weile hängt er so da, während er hin und her schwingt und auf und ab wippt, dann, endlich, zersplittert das Plastokret, aus dem das Rohr herausragt, und es kracht auf den Boden – gemeinsam mit Swift.

Mit schmerzenden Muskeln rutscht er unter dem Rohr hervor, dann springt er in einer Bewegung, die er als junger Tänzer bei einer corellianischen Theatergruppe gelernt hat, auf die Beine.

Er sucht nach seinen Schlagstöcken – ein Schockstoß, und diese Magnafesseln sollten sich öffnen –, aber Emari muss sie mitgenommen haben.

Egal. Sobald er erst auf seinem Schiff ist, kann er den Schneidbrenner benutzen. Doch zunächst … Er tippt mit dem Daumen an sein Handgelenk und öffnet einen Kommkanal, um Unterboss Rynscar von der Schwarzen Sonne zu kontaktieren. Was vor ihm erscheint, ist ihr echtes Gesicht, nicht die Dämonenmaske, hinter der sie ihre Züge normalerweise verbirgt. Ihr echtes Gesicht ist blass, mit dunklen Augen und Lippen von der Farbe schmutziger Smaragde.

Sie rümpft die Nase. »Was ist, Swift?«

»Jas Emari.«

»Du sprichst diesen Namen aus, als wäre es ein Schlüssel, der eine Tür öffnet. Was ist mit ihr?«

»Stimmt es? Ist ein Preis auf sie ausgesetzt?«

Rynscar zieht die Braue hoch. »Ja.«

»Was hat sie getan?«

»Sie hat nichts getan. Genau das ist das Problem. Sie schuldet bestimmten Personen Geld, und nach Nar Shaddaa sind diese Schulden noch gewachsen.«

»Gyuti will ihren Kopf?«, fragt er weiter.

»Ja.«

»Und er wird gut dafür bezahlen?«

»Allerdings. Fünfzigtausend Credits.«

»Ich will keine Credits.«

Sie zögert. »Soll das heißen, dass du Emari erwischt hast?«

Noch nicht. »Ich arbeite daran.«

»Na schön, sagen wir, du schnappst sie. Was möchtest du dann?«

Er verzieht die Lippen zu einem arroganten, schiefen Grinsen. »Eine Kiste Nova-Kristalle.«

»Ein Dutzend«, kontert sie.

»Zwei Dutzend.« Als sie nichts erwidert, fährt er fort: »Ich kenne Gyuti, und ich weiß, das ist für ihn eine persönliche Angelegenheit. Dass Emari ihm immer wieder entwischt, lässt ihn vor den Hutten und den anderen wie einen Trottel aussehen, und das macht ihn wahnsinnig. Ich weiß, wo ich sie finde, und ich werde sie schnappen, aber ich brauche eine Währung, die etwas wert ist.«

»Warum so viel?«

Wieder hört er Dengars Worte in seinem Geist: Wir müssen uns zusammenschließen. Eine echte Allianz bilden. »Ich brauche ein Team für diesen Job.«

Nach einer Weile sagt sie: »Du hast besser Erfolg.«

»Dann kriege ich meine Kristalle?«

»Du kriegst deine Kristalle.«

Mercurial unterbricht die Verbindung und lacht. Es ist Zeit, eine fette Belohnung einzustreichen. Denn er weiß, wo Jas Emari hinwill:

Ins tödliche Niemandsland der Dünen von Jakku.

2. Kapitel

Leia zuckt zusammen, als jemand heftig gegen die Tür klopft, und ihr Knie stößt gegen den Tisch, über dem eine schimmernde Sternkarte in der Luft hängt. Die Karte flackert, und als eine Stimme in den Raum dringt – »Leia! Leia!« – versucht sie, auf die Beine zu springen. Aber sie hat die Rechnung ohne das lebende Gewicht um ihre Mitte gemacht. Das Kind in ihrem Leib tritt und dreht sich, während sie darum ringt, ihren Körper aufzurichten. Beruhig dich, kleiner Engel. Du wirst noch früh genug frei sein.

»Ma’am«, sagt T-2LC, ihr Protokolldroide. »Es scheint, jemand ist an der Tür.«

»Ja, ich höre es, Eltsee.« Sie verzieht das Gesicht, als sie sich endlich hinter dem Tisch hervorgekämpft hat. Eigentlich sollte das Sofa bequem sein – stattdessen hat sie das Gefühl, die Polster würden sie verschlingen wie ein Sarlacc. »Es ist nur Han.«

»Ist er in Gefahr, Ma’am? Er klingt, als wäre er in Gefahr. Soll ich die Tür öffnen? Ich möchte Sie keiner Gefahr aussetzen, aber …«

»Leia, nun mach schon auf«, ruft Han von der andren Seite. Seinen Worten folgen weiteres Klopfen und Pochen. Er tritt gegen die Tür, erkennt sie.

»Ich komme!« Dann, an den Droiden gerichtet. »Ich mach schon.«

»Aber in Ihrem besonderen Zustand, Ma’am …«

»Ich bin nur schwanger, ich sterbe nicht«, schnappt sie und öffnet die Tür. Han verliert keine Zeit; er fällt ihr förmlich entgegen, auf seinem Arm eine ausgebeulte Tasche mit … irgendetwas.

»Das hat ja lang genug gedauert«, sagt er mit einem Schmunzeln, nachdem er das Gleichgewicht wiedergewonnen hat. Er schiebt sich an ihr vorbei und gibt ihr dabei einen kurzen Kuss auf die Wange.

»Wusstest du es denn noch nicht?«, erwidert sie mit einem finsteren Blick in T-2LCs Richtung. »Ich bin in einem besonderen Zustand.«

»Eltsee, ich sagte doch, Leia möchte nicht umsorgt werden.« Dann wendet er sich ein wenig ernster und leiser an Leia: »Aber zumindest ein wenig schonen könntest du dich.« Er deutet auf die Sternkarte. »Das da ist zum Beispiel völlig unnötig.«

»Ich weiß selbst, was ich meinem Körper zumuten kann, keine Sorge.«

»Sag das mal dem kleinen Banditen.« Er legt die Tasche auf die Anrichte in der Küche. Der kleine Bandit ist sein jüngster Spitzname für das Kind, das sich gegenwärtig in ihrem Bauch regt.

»Du meinst: dem kleinen Engel.« Sie gesellt sich zu ihm, und T-2LCs surrende Servomotoren verraten ihr, dass er ihr dichtauf folgt. Jemand (Han) hat den Droiden darauf programmiert, stets in ihrer Nähe zu bleiben, für den Fall, dass sie hinfällt. Tatsächlich wäre sie während der letzten Tage ein halbes Dutzend Mal fast gestürzt – aber nur weil der Droide so dicht hinter ihr herstakst, dass sie immer wieder über seine Metallfüße stolpert. »Was hast du mitgebracht?«

Han zwinkert, schiebt die Hand in die Tasche und fördert eine Jogan-Frucht zutage. »Ta-daa.« Er drückt die Frucht auffordernd.

Leia seufzt enttäuscht. »Ist die ganze Tasche voller Jogan-Früchte?«

»Ja, wieso?«

»Die kann ich unmöglich alle essen.«

»Natürlich kannst du.«

»Lass es mich anders ausdrücken: Die will ich nicht essen.«

»Sie sind gut für dich.«

»So gut nun auch wieder nicht.«

»Die Ärzte …«

»Dr. Kalonia meinte, ich soll Jogan-Früchte in meinen Speiseplan integrieren, nicht dass ich alles andere durch Jogan-Früchte ersetzen soll.«

Er nimmt sie in den Arm und streicht mit seiner rauen Hand zärtlich über ihre Wange. »Schon gut, schon gut. Ich will doch nur das Beste für euch beide.«

»Ich weiß, Han.«

»Und wenn ich das Gefühl habe, dass ich etwas tun kann, dann tue ich es natürlich. Egal, was du oder unser Sohn braucht. Das weißt du doch, oder?«

Sie lacht. »Ja.«

Es ist nicht leicht für Han. Er wird es natürlich nicht laut aussprechen, aber sie sieht es in seinem Gesicht. Ihr Ehemann braucht eine Beschäftigung. Ihm ist langweilig. Chewbacca hält sich in seiner Heimat auf und kümmert sich um seine Familie. Luke sucht die Galaxie nach alten Jedi-Aufzeichnungen ab. Und Han Solo hat keine Ware, die er schmuggeln, keine Glücksspiele, bei denen er betrügen, und keine törichte Rebellion, für die er kämpfen kann.

Er ist wie der Falke, der irgendwo tatenlos in einem Hangar steht und darauf wartet, dass etwas – irgendetwas – passiert.

Also kauft er Früchte.

Jede Menge Früchte.

Und natürlich macht er sich Sorgen um sie. Er dreht sie an den Schultern zu dem Tisch und der Sternkarte herum. »Du arbeitest noch immer daran, nicht wahr?«

»Was?«

»Leia, Kashyyyk war ein Zufall. Wir hatten Glück, das ist alles.«

»Ich habe immer Glück, wenn du bei mir bist, du Schurke.«

Er schüttelt den Kopf. »Mach nur Witze, aber das ist verrückt.«

»Es ist nicht verrückt«, entgegnet sie, plötzlich verärgert. »Was wir auf Kashyyyk getan haben, war richtig, und das weißt du. Wir können dann – mit dem inoffiziellen Segen unserer Kanzlerin, versteht sich – anderen Planeten, die der Senat aus Feigheit nicht befreien will, vielleicht auf dieselbe Weise helfen. Wir könnten ganze Systeme retten, und diese Systeme würden sich uns dann vermutlich anschließen.«

Er seufzt. »Ich weiß nicht. Kann das nicht jemand anderes machen? Zumindest fürs Erste …«

»Hör zu«, sagt sie und geht zu der Sternkarte hinüber. »Tatooine. Kerev Doi. Demesel. Horuz. Alles Welten, die noch immer unter der Kontrolle von imperialen Restverbänden oder kriminellen Syndikaten und Banden stehen. Wir wissen, dass es funktionieren kann. Wir haben es schon einmal geschafft.«

»Du weißt, dass Mon da nicht mitspielen wird.«

»In gewisser Weise tut sie es bereits.«

Der Angriff auf Chandrila hat die Neue Republik ins Wanken gebracht. Es wird gewispert und getuschelt. Wenn sich die Neue Republik nicht mal selbst schützen kann, wie soll sie dann uns schützen? Anschuldigungen werden gegen Mon Mothma gerichtet wie Blastergewehre: Sie hat keine militärische Erfahrung, und jetzt ist sie verletzt – kann sie uns wirklich führen? Leia und Hans Neuigkeit von einem bitter nötigen – wenn auch illegalen und unerwarteten – Sieg für die Neue Republik kam da genau zum richtigen Zeitpunkt. Ja, Chandrila wurde angegriffen, aber Kashyyyk ist befreit; sie haben das Imperium vertrieben und den Wookiees die Freiheit geschenkt. Es ist ein Sieg. Und der Senat muss sich vorerst keine Sorgen mehr machen, dass loyale Senatoren das Vertrauen in die Republik verlieren.

Sie setzt noch einmal an. »Falls wir den Rebellen auf diesen Welten helfen könnten …«

»Ma’am«, plappert T-2LC dazwischen, wobei er seinen kupfern schimmernden Droidenschädel in ihr Blickfeld schiebt. »Sie haben einen Anruf.«

»Ich nehme ihn hier entgegen.« Sie setzt sich wieder auf das Sofa und wischt die Sternkarte über dem Projektor beiseite. Stattdessen erscheint ein neues Bild: das Gesicht von Norra Wexley. Einst eine Pilotin der Rebellion, führt sie nun eine Gruppe von »Imperialenjägern« an und spürt den zahlreichen Kriegsverbrechern nach, die in den unterschiedlichsten Winkeln der Galaxis untergetaucht sind. Sie half Leia auch in anderer Funktion, indem sie ihren verschollenen Ehemann fand und ihm half, Chewbacca und seinen Planeten vom Joch des Imperiums zu befreien. Jetzt ist Norra wieder dort draußen unterwegs und sucht nach dem ungreifbarsten aller Ziele: Großadmiral Rae Sloane.

Sloane ist ein Mysterium – wie ein Korn, das hartnäckig zwischen Leias Zähnen feststeckt, ganz egal, was sie auch versucht, um sich davon zu befreien. Erst meldete sich der selbsternannte Großadmiral und gestand, dass sie der sogenannte »Sympathisant« war, der geheimnisvolle Informant in der imperialen Führungsriege, der der Neuen Republik geholfen hat, mehrere wichtige Siege gegen das zerbröckelnde Imperium einzufahren. Dann stellte Sloane ihnen Friedensgespräche in Aussicht und kam zu diesem Zweck nach Chandrila. Und während ihres Besuches begannen die ehemaligen Gefangenen, die sie von demselben Gefängnisschiff befreit hatten wie Chewbacca, plötzlich um sich zu schießen. Zahlreiche hochrangige Mitglieder der Neuen Republik starben, viele andere wurden verletzt. Die Liste der Opfer ist schrecklich lang. Senatoren, Diplomaten, Berater, Generäle, Admiräle.

Ob ich wohl auch ein Ziel war? Diese Frage stellt Leia sich heute noch. Hätte eine Fügung des Schicksals – Hans hitzköpfiger Versuch, im Alleingang einen ganzen Planeten zu retten – sie nicht auf einen anderen Pfad geführt, wäre sie dann am Tag der Befreiung auch auf jener Bühne gestanden?

Sie wird es wohl nie erfahren. Die Liste der Zielpersonen war in den winzigen Kontrollchips abgespeichert, die man den zurückgekehrten Gefangenen in den Hirnstamm eingepflanzt hatte – zu klein, um bei einem regulären Scan aufzufallen, und zu böswillig, als dass irgendjemand diese Möglichkeit in Betracht gezogen hätte, bevor es zu spät war. Als sie die Chips schließlich entdeckten – Wochen nach dem Tag der Befreiung, als das Blut längst vom Steinboden des großen Platzes gewaschen war –, waren sie bereits durchgebrannt, eine Art vorprogrammierte Selbstzerstörung. Nicht einmal Conder Kyl, ein Hacker, der auf Leias Gehaltsliste stand, konnte noch etwas herausfinden. Und falls Conder nichts finden konnte, dann gab es auch nichts zu finden.

Und Sloane? Sie hat es geschafft, von Chandrila zu fliehen. Gleichzeitig hat sich das Imperium zurückgezogen. Abgesehen von ein paar Splittergruppen hie und da hat niemand mehr etwas vom Feind gehört.

Was Leia große Sorge bereitet.

»Norra«, sagt sie. Sie schuldet dieser Frau etwas. Norras eigener Mann gehörte zu den Attentätern, und Leia versucht, sich vorzustellen, was das im Herzen und dem Verstand einer Person anrichtet. Vor allem im Herzen und Verstand einer Ehefrau und Mutter. (Es ist nicht überraschend, aber viele von Leias Gedanken drehen sich in letzter Zeit um die Mutterschaft, und was Norra für die Rebellion und für ihre Familie durchgemacht hat, ist gleichermaßen bewundernswert wie einschüchternd. Könnte Leia das Gleiche tun? Könnte sie diesen schmalen Grat beschreiten? Und dann die unangenehme Frage, über die sie am liebsten gar nicht nachdenken möchte: Wofür würde sie sich im Zweifelsfall entscheiden: Sie hat eine Familie, um die sie sich kümmern möchte, aber auch eine Galaxis, die ihre Hilfe braucht …) »Bitte, sagen Sie, dass Sie gute Neuigkeiten haben.«

»Wir haben Swift gefunden.«

»Den Kopfgeldjäger. Gut. Haben Sie etwas aus ihm herausbekommen?«

»Ja. Er meinte, Sloane wäre vermutlich zu einem Planeten namens Jakku in den Westlichen Gebieten aufgebrochen. Wissen Sie etwas über diese Welt?«

Leia hört den Namen zum ersten Mal. Sie blickt zu Han, der sich räuspert und dem Hologramm zuwinkt. »Hallo Norra. Jakku, hm? Ja, ich kenne den Planeten. War vor einigen Jahren mal dort. Du weißt schon, das Übliche: verbotene Fracht an böse Buben liefern. Dort gibt es nichts. Bergarbeiter, Schrottsammler, Karawanenhändler. Im Süden folgen sie einer komischen Religion, im Norden gibt es Wheelrennen. Davon abgesehen ist es ziemlich trostlos. Verglichen mit Jakku wirkt sogar Tatooine wie das blühende Leben.«

»Warum sollte Sloane dorthin wollen?«, fragt Leia.

»Keine Ahnung«, sagt Han. »Vielleicht will sie untertauchen. Dort würde ganz sicher niemand nach ihr suchen.«

Norra neigt den Kopf. »Swift meinte, es hätte mit einem anderen Imperialen zu tun, einem Gallius Rax.«

Auch dieser Name ist Leia fremd, und das ist alles, was sie dazu sagen kann. Aber irgendetwas an dieser Sache fühlt sich falsch an. Da ist ein Unbehagen, das sich tief unter ihre Haut eingegraben hat. »Norra, kehren Sie zurück. Vielleicht können wir den Fall der Kanzlerin darlegen …«

»Bei allem Respekt«, entgegnet Wexley. »Ich würde mir erst gern den Planeten ansehen. Die Zeit läuft uns davon, und es wäre ein Fehler, noch mehr zu verschwenden. Außerdem müssen wir der Kanzlerin nach Chandrila etwas Handfesteres bieten als nur die Geschichte eines Kopfgeldjägers. Lassen Sie uns zumindest einen Überflug machen. Vielleicht finden wir ja etwas heraus.«

Leia wirft Han erneut einen Blick zu. Er verzieht den Mund zu einem schiefen Lächeln. »Sieh mich nicht an. Du weißt, was ich tun würde.«

»Ja, du würdest dich wie ein Verrückter direkt in die Gefahr stürzen.«

Er zieht die Schultern hoch. »Ich hab bis jetzt noch jedes Mal überlebt.«

Ein weiterer Grund, Wexley von ihrem Vorhaben abzuraten. Falls Han Solo einen Plan unterstützt, kann das nichts Gutes bedeuten. Andererseits: Norra ist nicht Han. Sie ist vorsichtiger, schlauer. Oder?

»Na schön«, sagt Leia schließlich. »Finden Sie heraus, was immer Sie können, und dann gehen wir damit zu Mon.«

»Wie geht es der Kanzlerin? Sind ihre Wunden verheilt?«

»Größtenteils.« Leider gibt es auch tiefere Wunden, an ihrer Seele, an ihrer Karriere, und die werden nicht so leicht heilen. »Es geht ihr gut. Ich werde ihr sagen, dass Sie nach ihr gefragt haben. Nach ihrer Rückkehr können wir dann einen vollständigen Bericht abgeben.«

»Danke, Leia. Ich weiß Ihre Unterstützung wirklich zu schätzen.«

»Ich muss Ihnen danken, Norra. Falls Sie dort draußen Sloanes Fährte aufnehmen, helfen Sie dadurch mir und der gesamten Galaxis. Aber seien Sie vorsichtig. Riskieren Sie keinen Kampf, falls Sie auf imperiale Truppen stoßen. Haben Sie verstanden?«

»Laut und deutlich«, erwidert Wexley. »Wir sehen uns.«

Dann verschwindet sie.

3. Kapitel

Die Moth schwebt über Taris.

In der hinteren Kabine sitzt der langbeinige Sinjir Rath Velus auf der unteren Koje und lässt den Griff seines Vibromessers zwischen seinen Fingern tanzen, über seine Knöchel hinweg, von einer Hand in die andere, hin und her. Rings um ihn ist das Schiff von eifriger Aktivität erfüllt: Norra kontaktiert Leia, um sie über ihren Fortschritt zu informieren (»Wir haben Swift gefunden.«); Jas geht von einem Bereich zum nächsten und sucht nach ihrem Munitionsgürtel (»Falls dieser Droide meinen Gürtel verschlampt hat, dann mache ich aus ihm Munition, das schwöre ich.«); Temmin ist draußen auf dem Korridor und beschwert sich mal wieder, weil er jedes Mal an Bord bleiben muss, wenn es gefährlich werden könnte (»Ich bin ein Erwachsener, also mehr oder weniger – und ich kann auf mich aufpassen.«); Mister Bones steht neben ihm und trommelt mit den Fingern auf seine Brust, während er ein Lied auf Huttese vor sich hin singt:

LAYAMABEESTOO, LAYAMABEESTOO

CHEESKARGOO, CHEESKARGOO

WOMPITYDUWERMO, WOMPITYDUWERMO

MIKILLIE, MIKILLIE …

Und Sinjir sitzt schweigend auf seiner Koje, während der Messergriff sich dreht und dreht. Manchmal blickt er auf seine Hände hinab und sieht Blut auf seinen Fingerspitzen glänzen. Er denkt: Ich habe mich geschnitten. Die Klinge ist ausgefahren, und ich habe mich verletzt. Aber dann ist das Blut wieder verschwunden. Es ist nur eine Illusion. Ein Traum, nur so lange real, bis er genauer hinsieht.

Schließlich geht Jas an der Tür der Kabine vorbei, den Munitionsgurt über der Schulter. Dann dreht sie um, kommt hereingestürmt und sagt: »Er war in der Küche. Warum war er in der Küche?«

Er hat keine Antwort darauf, also zuckt er nur mit den Schultern, während das Messer weiter hin und her tanzt.

Ihre Augen werden schmal. »Was hast du?«

»Ich habe nichts. Ich bin frei von jeglichen Sorgen.«

»Sicher, und ich bin ein Huttenbaby.«

»Du bist schleimig, aber so schleimig nun auch wieder nicht.«

Sie verpasst ihm einen Tritt gegen das Knie. Aber nur leicht.

»Autsch.«

»Im Ernst, wo liegt das Problem?«

»Zunächst mal habe ich nichts zu trinken.«

Sie setzt sich neben ihn. »Ich dachte, du wolltest mit dem Trinken aufhören.«

»Wohl kaum. Ich trinke nur keinen kowakianischen Rum mehr, denn obwohl das Zeug schmeckt wie der süße Glanz puren, flüssigen Sternenstaubs, bekommt man davon einen schrecklichen Kater. Man fühlt sich, als hätte man sich mit einem Rancor gerauft. Weißt du, was ich meine? Es ist die Art Kater, bei der man sich unter der Bettdecke verkriecht oder besser noch unter dem Bett und um einen schnellen Tod bittet. Darum habe ich gesagt: Nein, danke. Kein kowakianischer Rum mehr für mich.« Er schnieft. »Für alles andere bin ich weiterhin offen.«

»Du machst diese Sache.«

»Was für eine Sache?«

»Du benutzt Spott und Sarkasmus, um eine ehrliche Frage abzublocken.«

»Ah, die Sache. Eine wirklich tolle Sache, das.«

»Ich werde es dir nicht aus der Nase ziehen. Falls du nicht darüber reden willst, ist das deine …«

»Takask wallask ti dan«, sagt er. »Das hast du mal zu mir gesagt, weißt du noch? Auf Kashyyyk, nachdem unsere Arbeit dort erledigt war.«

»Ich habe es dir nicht gesagt, ich habe dich so genannt. Ein Mann ohne Stern.«

Er hört auf, das Messer zwischen seinen Händen hin und her zu wirbeln, und reibt sich stattdessen die Augen. »Ich glaube, du hast dich bei dieser Einschätzung geirrt.«

»Ich irre mich nur selten, aber falls du glaubst, mich eines Besseren belehren zu können, nur zu.«

Er blickt sie an. »Das hier ist mein Stern. Nicht dieses Schiff. Dieses Leben. Ein Leben, in dem ich Leute bedrohe und sie zwinge, Dinge zu tun, die sie nicht tun wollen. Ich sage ihnen, ich breche ihnen die Hand oder ich töte ihre Mutter oder ich ruiniere alle, die ihnen etwas bedeuten. Ich weiß, wie man bei anderen Schwachpunkte findet und sie ausnutzt. Und …« Seine Stimme verhallt, und er hat Mühe, den Satz zu beenden. »Und ich glaube, ich genieße es.«

»Falls du es genießen würdest, würdest du mir nicht davon erzählen.«

»Vielleicht.«

»Davon abgesehen hast du Swift nichts getan. Du hattest die Gelegenheit. Ich hätte dich ganz sicher nicht zurückgehalten. Aber du hast beschlossen, es mit Worten zu versuchen und nicht mit Gewalt.«

»Manchmal sind Worte Gewalt.«

Jas zieht die Schultern hoch. »Sinjir, du denkst zu viel nach. Dein Gehirn macht dir nichts als Ärger.«

»Jetzt weißt du, warum ich trinke.«

»Bist du bereit für Jakku?«, fragt sie, um das Thema zu wechseln. Er weiß, dass ihr das aktuelle Thema Unbehagen bereitet. Sie hat nicht viel übrig für Selbstreflexion, weder bei sich noch bei anderen. Die Kopfgeldjägerin ist mehr als nur eine Frau mit einem Stern – Sinjir hat den sicheren Verdacht, dass sie der Stern ist. Ehern, auf sich selbst fokussiert, ohne sich darum zu scheren, was andere für richtig oder falsch halten. Sie umkreist die anderen nicht. Die anderen umkreisen sie.

Er spielt mit und lenkt den Strom der Unterhaltung in die Richtung, die sie nehmen will. »Falls ich Norras Gespräch mit Leia richtig belauscht habe, scheint es auf Jakku nicht allzu viel zu geben, worauf man sich vorbereiten muss.«

»Ich meine auch nicht den Planeten. Ich mache mir eher Sorgen, was Norra tun wird, wenn wir Jakku erreichen.«

»Norra weiß schon, was sie tut.«

»Sie ist angespannt.«

»Sind wir das nicht alle?«

Jas erkennt, dass sie sich deutlicher ausdrücken muss. »Sie wird wie ich.«

»Niemand könnte je so sein wie du, Schätzchen. Davon abgesehen, warst es nicht du, der da unten zur Vorsicht gemahnt hat?«

»Jemand muss die Stimme der Vernunft sein, und wenn niemand anderes den Job will, dann übernehme ich ihn eben. Norra verlangt zu viel von sich. Nicht körperlich, aber emotional. Ihr Ehemann ist wieder verschwunden, unsere Zielperson ist ein Großadmiral, den sie schon über Akiva hätte vernichten sollen, ihr Sohn ist hier und deswegen theoretisch in Gefahr … Norra wird von Schuldgefühlen und Zorn angetrieben. Sie glaubt, dass das hier alles ihre Schuld ist.«

Jas kaut so fest auf ihrer Unterlippe herum, dass Sinjir jeden Moment erwartet, Blut auf ihren Zähnen zu sehen. »Ich mache mir einfach Sorgen.«

Mit einem Seufzen zieht er die Schultern hoch. »Siehst du, du bist eine gute Person, weil du dich um andere sorgst. Ich bin eine gute Person, weil ich Geb Teldar nicht wirklich verletzt habe. Norra ist eine gute Mutter, und Temmin ist ein guter Sohn, und Mister Bones ist ein guter Killerdroide. Wir sind alle gute Leute, die Gutes tun, also hören wir doch einfach auf, darüber zu reden, und erledigen stattdessen einfach unseren Job.«

»Ich weiß, du meinst es sarkastisch, aber das klang gerade erschreckend vernünftig.« Sie schlägt ihm aufs Knie. »Vielleicht hast du recht.«

»Ebenso wie du irre auch ich mich nur höchst selten, Jas Emari.«

»Hoffen wir, dass uns auf Jakku keine Überraschung erwartet«, sagt sie, während sie aufsteht.

»Darauf würde ich nicht wetten. Uns zu überraschen scheint das Lieblingshobby der Galaxis zu sein.«

»Ich kann auf mich aufpassen«, erklärt Temmin seiner Mutter. Er hat gewartet, bis das Gespräch mit Leia beendet war, aber kaum dass sie das Komm deaktiviert hat, ist er bei ihr und beginnt mit seinem Protest. »Du weißt, dass ich recht habe.«

Norra dreht sich erschrocken zu ihm herum. »Was?«

»Du weißt, was ich meine.« Temmin lässt sich auf den Sitz des Kopiloten fallen und schnallt sich fest. »Ihr habt unten auf dem Planeten die Mission erfüllt, und ich musste mal wieder mit Bones hier an Bord bleiben. Das hat auf Kashyyyk angefangen, und seitdem ist es immer schlimmer geworden. Ord Mantell, Corellia, die Jindau-Station …«

»Tem, dafür ist jetzt keine Zeit.« Ihre Finger bewegen sich über den Kontrollen, und sie gibt die Koordinaten dieses Planeten in den Westlichen Gebieten ein – Jakku.