Stoizismus für Dummies - Tom Morris - E-Book

Stoizismus für Dummies E-Book

Tom Morris

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Beschreibung

Die Kunst der stoischen Ruhe

In einer hektischen Welt geprägt von Reizüberflutung und endlosen To-Do-Listen gibt es ein jahrhundertealtes Gegenmittel: Stoizismus. Entdecken Sie eine zeitlose Philosophie, die Ihnen einen Weg zur inneren Ruhe und mehr Gelassenheit aufzeigt. Spannendes Hintergrundwissen und zahlreiche Lebensweisheiten helfen Ihnen, mit den Herausforderungen des Alltags gelassener umzugehen. Mit Gelassenheit und „stoischer Ruhe“ lassen sich Hürden, aber auch Sinnfragen viel besser bewältigen. Lernen Sie mit Stoizismus für Dummies wertvolle Weisheiten kennen, die sich schon jahrhundertelang bewährt haben und Ihnen einen Leitfaden für ein erfülltes und glückliches Leben bieten.

Sie erfahren

  • Wie Ihnen Stoizismus durch den Dschungel des Lebens helfen kann
  • Wie Sie stoische Prinzipien einfach und effektiv anwenden
  • Warum Stoizismus aktueller denn je ist

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Stoizismus für Dummies

Schummelseite

Der Stoizismus ist eine antike Philosophie, die sich in den letzten Jahren weltweit erstaunlicher Beliebtheit erfreut. Philosophie – beliebt? Ja, das ist schon erstaunlich. Aber es stimmt tatsächlich. In der Wirtschaft, im Sport und in der Unterhaltung findet der Stoizismus große Beachtung.

Der Stoizismus begann sich um das Jahr 300 v. Chr. im griechischen Athen zu etablieren. Von dort aus wanderte diese Philosophie nach Rom, wo sie als beliebte und äußerst praktische Lebensweise eine Blütezeit erlebte. Doch wie bei so vielen einst beliebten Philosophien schwand ihr öffentlicher Einfluss allmählich. Im Laufe der Jahrhunderte und vor allem in Zeiten von Turbulenzen und Aufruhr scheint es jedoch, als hätten die Menschen diese uralte Weisheit wiederentdeckt, die sich perfekt für Zeiten des Umbruchs und der Unsicherheit eignet.

WORUM GEHT ES BEIM STOIZISMUS?

Sie haben wahrscheinlich in den sozialen Medien vom Stoizismus gehört, aber was bedeutet es wirklich, ein Stoiker zu sein? Die folgenden stoischen Thesen sollen Ihnen den Einstieg erleichtern:

Es gibt zwei Arten von Dingen auf der Welt: die Dinge, die wir kontrollieren können, und die, die wir nicht kontrollieren können. Nichts kann uns aus der Fassung bringen, wenn wir es nicht zulassen. Ein weiser Mensch konzentriert sich auf das, was er kontrollieren kann, und kümmert sich nicht um den Rest.Für ein glückliches Leben braucht man nur sehr wenig. Versuchen Sie, gut zu sein. Moralische Vortrefflichkeit allein reicht schon aus.Es sind nicht die materiellen Dinge in der Welt, die uns stören, sondern die Art und Weise, wie wir über sie denken.Das einzig wahre Gute ist die Tugend (das griechische Wort arete, das mit Tugend übersetzt wird, bedeutet »innere Stärke«). Das einzig wirklich Schlechte ist das Laster (eine Art moralisches Versagen oder Schwäche).Ein guter Mensch braucht von nichts und niemandem Schaden zu befürchten. Das Einzige, was uns wirklich schaden kann, sind unsere eigenen, freien Entscheidungen, die falsch sind.Die beiden wichtigsten Eigenschaften des Menschen sind sein Verstand und seine Beziehungsfähigkeit. Wir können auf kraftvolle, komplexe Weise denken und erstaunliche, komplexe Gemeinschaften bilden.Wir alle haben in der Welt Bereiche, die wir beeinflussen können und denen wir zugehörig sind. Wenn wir sie gut nutzen und mit unserem unmittelbaren Umkreis beginnen, können wir auch die weiteren Umkreise verbessern.Wir müssen keine Angst vor dem Tod haben.

NÜTZLICHE STOISCHE PRAKTIKEN

Bevor Sie sich in Stoizismus für Dummies vertiefen, sollten Sie einige der folgenden Übungen ausprobieren, um sich in die stoische Grundhaltung einzufühlen:

Beginnen Sie jeden Tag damit, sich daran zu erinnern, dass das Leben schwierig ist, dass die Menschen schwierig sind und dass das in Ordnung ist. Sie können damit umgehen.Beenden Sie jeden Tag mit den folgenden Fragen: Was habe ich heute gut gemacht, was schlecht, und was hätte ich noch tun können?Seien Sie denjenigen dankbar, die Ihnen geholfen haben. Erinnern Sie sich an all das Gute in Ihrem Leben.Wenn etwas passiert, das Ihnen nicht gefällt, relativieren Sie es. Treten Sie einen Schritt zurück. Stellen Sie es sich in der Unendlichkeit von Raum und Zeit vor und betrachten Sie es als winzig kleines Detail im großen Rahmen des Universums. Regen Sie sich nicht über Kleinigkeiten auf. Sie werden sich besser fühlen.Wenn etwas richtig Erfreuliches passiert, verlieren Sie nicht gleich die Fassung. Beruhigen Sie sich. Genießen Sie Ihr Glück, ohne auszuflippen.Wenn Sie merken, dass Sie sich ärgern oder wütend werden, halten Sie inne, atmen Sie durch und gönnen Sie sich eine Minute. Denken Sie daran, dass das Leben hart ist, dass jeder seine Kämpfe und schlechten Tage hat, und dass Freundlichkeit immer die bessere Option ist.Ein stoisches Hilfsmittel, um innere Ruhe und Tugendhaftigkeit zu bewahren, ist die Vorwegnahme möglicher zukünftiger Schwierigkeiten wie Armut, Krankheit oder Misserfolg, so als ob sie bereits jetzt einträten oder in Zukunft mit Sicherheit eintreten würden.Die Hälfte der Weisheit besteht darin zu erkennen, worauf man sich einlassen und was man loslassen soll. Loslassen lernen ist eine der zentralen Weisheiten des Stoizismus.

Lernen Sie, mit Schicksalsschlägen umzugehen und aus allem das Beste zu machen. Betrachten Sie Hindernisse als Chance und als Treibstoff für mehr Erfolg.

 

Stoizismus für Dummies

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2024 Wiley-VCH GmbH, Boschstraße 12, 69469 Weinheim, Germany

Original English language edition Stoicism for Dummies © 2024 by Wiley Publishing, Inc. All rights reserved including the right of reproduction in whole or in part in any form. This translation published by arrangement with John Wiley and Sons, Inc.

Copyright der englischsprachigen Originalausgabe Stoicism for Dummies © 2024 by Wiley Publishing, Inc.

Alle Rechte vorbehalten inklusive des Rechtes auf Reproduktion im Ganzen oder in Teilen und in jeglicher Form. Diese Übersetzung wird mit Genehmigung von John Wiley and Sons, Inc. publiziert.

Wiley, the Wiley logo, Für Dummies, the Dummies Man logo, and related trademarks and trade dress are trademarks or registered trademarks of John Wiley & Sons, Inc. and/or its affiliates, in the United States and other countries. Used by permission.

Wiley, die Bezeichnung »Für Dummies«, das Dummies-Mann-Logo und darauf bezogene Gestaltungen sind Marken oder eingetragene Marken von John Wiley & Sons, Inc., USA, Deutschland und in anderen Ländern.

Das vorliegende Werk wurde sorgfältig erarbeitet. Dennoch übernehmen Autoren und Verlag für die Richtigkeit von Angaben, Hinweisen und Ratschlägen sowie eventuelle Druckfehler keine Haftung.

Print ISBN: 978-3-527-72217-4ePub ISBN: 978-3-527-84816-4

Coverillustration: © egor - stock.adobe.comKorrektur: Frauke Wilkens, München

Über die Autoren

Tom Morris ist seit Langem einer der aktivsten öffentlichen Philosophen und Top-Wirtschaftsredner der Welt. Nach einem Stipendiat an der Universität von North Carolina in Chapel Hill mit anschließender Promotion in Philosophie und Religionswissenschaften in Yale war Tom Morris fünfzehn Jahre lang Professor für Philosophie an der University of Notre Dame, bevor er sich in ein neues Abenteuer als unabhängiger Denker, Berater und Reiseführer durch die Weisheit aller Zeitalter stürzte.

Er hat mehr als dreißig Bücher verfasst, darunter bahnbrechende akademische Werke und internationale Bestseller und andere populäre Titel, darunter Philosophie für Dummies (Wiley-VCH, 2021), If Aristotle Ran General Motors, The Stoic Art of Living, If Harry Potter Ran General Electric, Socrates in Silicon Valley, The Oasis Within, Plato's Lemonade Stand und The Everyday Patriot. Seine Arbeit wurde im amerikanischen Fernsehen, in führenden Zeitungen und Magazinen auf der ganzen Welt sowie in vielen großartigen Podcasts unserer Tage vorgestellt. Auf seiner Website, www.TomVMorris.com, finden Sie weitere Ressourcen, die Ihnen helfen können, die Welt zu verstehen und sie ein wenig besser zu machen.

Gregory Bassham ist ein ehemaliger Professor für Philosophie am King's College in Pennsylvania. Er erwarb seinen BA und MA an der University of Oklahoma und seinen PhD an der University of Notre Dame. Zu seinen zahlreichen Büchern gehören: Das Philosophiebuch: 250 Meilensteine in der Geschichte der Philosophie, Der Herr der Ringe und die Philosophie, Die Philosophie bei Harry Potter (Wiley-VCH, 2010), Die Philosophie bei »Der Hobbit« (Wiley-VCH, 2013). Bassham ist ein begeisterter Wanderer und Langstreckenläufer und ist zweimal den Boston-Marathon gelaufen. Bevor er sich in den Ruhestand zurückzog, um hauptberuflich als Schriftsteller zu arbeiten, unterrichtete er fast drei Jahrzehnte lang Stoizismus in seinen Collegekursen.

Widmung

Tom Morris widmet dieses Buch seiner Frau und Partnerin Mary, mit der er seit fünfzig Jahren zusammenlebt und die es geschafft hat, ihren stoischen Kontrollbereich auf ihn auszudehnen, zumindest an den meisten Tagen.

Gregory Bassham widmet dieses Buch seiner Frau Mia für ihre Liebe, Ermutigung und epiktetische Geduld und Nachsicht.

Danksagungen

Zunächst möchten wir Jennifer Yee, der hervorragenden Lektorin der … for Dummies-Reihe, dafür danken, dass sie die Idee zu diesem Buch hatte und uns beiden dann das Vertrauen schenkte, es in Rekordzeit zu schreiben. Unser Dank gilt auch unserem wunderbaren begleitenden Lektor Tim Gallan, dem stoischsten und wohlwollendsten Lektor auf der ganzen Welt, und, wie wir vermuten, auch darüber hinaus. Zu Dank verpflichtet sind wir auch Amy Handy, unserer scharfsinnigen Textlektorin, Kristie Pyles, unserer großartigen Cheflektorin, und dem Weltklasseprofessor, Mountainbiker und Camper Aaron Simmons für seine fachliche Unterstützung. Sie alle bekamen während der Arbeit an diesem Manuskript genau das, was sie von den Stoikern brauchten, um mit Menschen wie uns umzugehen.

Inhaltsverzeichnis

Cover

Titelblatt

Impressum

Über die Autoren

Widmung

Danksagungen

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Über dieses Buch

Törichte Annahmen über den Leser

Symbole, die in diesem Buch verwendet werden

Wie es weitergeht

Teil I: Stoizismus in der Antike

Kapitel 1: Stoizismus: Eine Philosophie für die heutige Zeit

Eine Denkweise für die heutige Zeit

Was bedeutet »Philosophie« eigentlich?

Was ist Weisheit und was nicht?

Die Weisheit der Stoiker nutzen

Kapitel 2: Die ersten Stoiker

Die grundlegenden Lehren des Zenon und der Anhänger der Stoa

Warum der Stoizismus im antiken Griechenland und Rom seine Blütezeit hatte

Kapitel 3: Der Stoizismus erobert Rom

Seneca und Epiktet

Seneca: Wohlhabend, aber genügsam

Epiktet: Vom Sklaven zum Philosophen

Kapitel 4: Mark Aurel: Philosoph und Kaiser

Ein stoischer Philosoph besteigt den Thron

Zwei Aspekte der Philosophie des Mark Aurel

Der Niedergang des antiken Stoizismus

Teil II: Die stoische Weltanschauung

Kapitel 5: Die stoische Sichtweise der Realität

Alles besteht aus Materie

Gott und Natur

Der Platz des Menschen im Kosmos

Kapitel 6: Vorsehung, Schicksal und freier Wille

»Alles ist vom Schicksal bestimmt«

Ist Gott schuld am Bösen?

Stoisches Schicksal und Passivität

Teil III: Stoische Ethik

Kapitel 7: Tugend als Lebensziel

Virtus

und

arete

Die Tugend im Mittelpunkt

Glück und Tugend

Das Gute, das Schlechte und das Gleichgültige

Kapitel 8: Was wir kontrollieren können

Die Dichotomie der Kontrolle

Ihre Wünsche und Ihre Macht

Das Konzept der Kontrolle

Das Problem der äußeren Ziele

Unser Bestes geben

Eine alternative Strategie

Kapitel 9: Verlangen und das glückliche Leben

Klarheit über das Verlangen gewinnen

Verlangen und Glück

Eine Gelegenheit für Hoffnung

Kapitel 10: Lust und Schmerz

Die Anziehungskraft der Lust nach Epikur

Lust und Schmerz bei den Stoikern

Empfindungen und Situationen nutzen

Kapitel 11: Das Naturgesetz

Was ist das Naturgesetz?

Moderner Stoizismus und Naturgesetz

Kapitel 12: Starke Gemeinschaften aufbauen

Die zwei Wurzeln der Gemeinschaft

Platon und Aristoteles stecken hinter allem

Kreise der Gemeinschaft und Fürsorge

Teil IV: Leidenschaften und Emotionen

Kapitel 13: Stoische Apathie: Warum sie für uns interessant ist

Die zwei Konzepte der Apathie

Tiefere Einblicke in die stoische Apathie

Die Disziplin, die wir brauchen

Die Natur der Emotionen

Apathie und Ataraxie

Sinnvollen Frieden finden

Abschließende Überlegungen zur Apathie

Kapitel 14: Liebe und Freundschaft

Zwei große Ideen für Freundschaft und Liebe

Wahre Freundschaft

Die sich gegenseitig durchdringende Einheit der Seelen

Die Stoiker und die Liebe

Sex und Liebe bei den Stoikern

Teil V: Stoische Tugenden

Kapitel 15: Die Primärtugenden

Das Wesen der Tugend

Die stoische Sicht der Tugend

Die vier Primärtugenden

Kapitel 16: Resilienz und innerer Frieden

Resilienz: Die Kunst, wieder auf die Beine zu kommen

Das stoische Streben nach innerem Frieden

Teil VI: Stoizismus heute

Kapitel 17: Der moderne Stoizismus

Was ist der moderne Stoizismus?

Hauptunterschiede: Antike und Moderne

Moderner Stoizismus: Für und Wider

Teil VII: Der Top-Ten-Teil

Kapitel 18: Zehn weitere Quellen zur Information

Zeno

Philosophie der Stoa

Stoizismus heute

Stoiker-Gruppen

Stoa-Blog von Stoizismus heute

stoic.tägliches tagebuch

Blog von

stoiker.net

Stoiker Podcast

Derwildestoiker Podcast

Weg der Stoa Podcast

Stoizismus für Dummies – Übersetzungen

Stichwortverzeichnis

End User License Agreement

Tabellenverzeichnis

Kapitel 9

Tabelle 9.1: Drei spirituelle Disziplinen

Illustrationsverzeichnis

Kapitel 9

Abbildung 9.1: Die Gläser zeigen an, ob Ihr Verlangen befriedigt oder unbefriedi...

Orientierungspunkte

Cover

Titelblatt

Impressum

Über die Autoren

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Fangen Sie an zu lesen

Stoizismus für Dummies – Übersetzungen

Stichwortverzeichnis

End User License Agreement

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Einleitung

Wenn man weiß, worauf man sich im Leben einlassen und wovon man sich trennen sollte, hat man bereits sehr gute Chancen auf ein gutes und glückliches Leben. Die meisten von uns scheinen das überwiegend falsch zu sehen – wir halten an Dingen fest, von denen wir uns trennen sollten, und schieben weg, worauf wir uns einlassen sollten. Es gibt eine wunderbare uralte Weisheit, die sich gerade jetzt in der Welt verbreitet und das Leben vieler Menschen zum Besseren wendet. Sie kann uns zeigen, wie wir diese Balance besser herstellen können und was es bedeutet, die richtige und sinnvolle Balance zu finden.

Eine Gruppe von Philosophen im antiken Griechenland und in Rom, die als Stoiker bekannt waren, beschäftigte sich intensiv mit der Frage, wie man sein Leben in einer Welt voller Herausforderungen und Veränderungen am besten gestaltet. Sie hatten ganz eigene Ansichten über Glück und das gute Leben, das ihrer Meinung nach aus gelebter persönlicher Exzellenz und moralischer Tugend in gesunden Gemeinschaften erwächst. Ihre besten Einsichten haben die Jahrhunderte überdauert, um in unserer Zeit neu aufzublühen. Sie bieten tiefgründige und praktische Perspektiven bei der Suche nach echtem Sinn, nach beglückender Widerstandsfähigkeit, nach persönlicher Kraft inmitten von Turbulenzen und nach einem Gefühl der inneren Ruhe angesichts von Ungewissheit. Das ist vielleicht genau das, was wir in unserer Zeit brauchen.

Über dieses Buch

Dieses Buch ist für Sie das richtige, wenn Sie in einem Podcast oder durch Freunde vom Stoizismus gehört haben und mehr darüber erfahren möchten. Oder wenn Sie eines der Bestsellerbücher gelesen haben, die diese unverwechselbare Philosophie in unsere Zeit zurückbringen, und Sie die Gelegenheit haben möchten, die wirkungsvollen und faszinierenden Ideen dieser Denk- und Lebensweise genauer unter die Lupe zu nehmen. Die Lektüre lohnt sich jedoch auch, wenn Sie kaum etwas über die Stoiker wissen, aber bereit sind für neue Perspektiven in Ihrem Leben, wenn Sie neue Wege suchen, mit Herausforderungen und Schwierigkeiten umzugehen, und vielleicht sogar, wenn Sie sich von so vielen Einflüssen lösen wollen, die Menschen davon abzuhalten scheinen, ihr Bestes zu geben, sich wohlzufühlen und ihre Fähigkeiten optimal zu entfalten.

Die fähigsten Philosophen versuchen, das Leben besser zu verstehen und es sinnvoller zu leben. Sie wollen möglichst tiefe Einblicke in diese Welt gewinnen, um ihre eigenen Lebenserfahrungen zu erweitern und zu verbessern. Sie nehmen nichts als selbstverständlich hin, sondern hinterfragen und erforschen auf der Suche nach Erleuchtung und Perspektiven. Und dann bemühen sie sich, ihre Entdeckungen an den Rest der Menschheit weiterzugeben.

Wir alle wollen weise Erkenntnisse verstehen, die uns sagen, wie wir leben, uns entfalten und weiterentwickeln können. Sie haben Glück, denn dieses Buch soll Ihnen zumindest in dieser Hinsicht einen guten Einstieg ermöglichen. Wir machen Sie mit den wichtigsten Hintergründen und den bedeutendsten Gedanken einiger der interessantesten praktischen Denker der Geschichte bekannt. Diese Denker waren in vielerlei Hinsicht ganz normale, kluge Menschen, die ihre Neugier und ihre Talente ausgiebig nutzten und in ihrem Nachdenken darüber, was ein gutes Leben ausmacht, und in der Umsetzung dieses Denkens in das tägliche Leben außergewöhnliche Höhen erreichten. Jetzt können sie uns helfen, dasselbe in unserem eigenen Leben zu verwirklichen.

Man muss kein Akademiker oder ausgesprochener Visionär sein, wenn man von der Beschäftigung mit den grundlegenden Fragen des Lebens profitieren will, wie sie einige der weisesten Ratgeber formuliert haben, die sich vor uns mit diesen Fragen beschäftigt haben. In diesem Buch geht es vor allem um die Herausforderungen, denen Sie im Alltagsleben begegnen. Und jedes Quäntchen mehr an Verständnis, das Sie klugen Menschen abgewinnen können, die sich vor Ihnen mit diesen Fragen auseinandergesetzt haben, ist ein Schritt in die richtige Richtung, der zu praktischen und vielleicht sogar lebensverändernden Ergebnissen führt. Vielleicht werden Sie feststellen, dass Sie mit den stoischen Philosophen in jeder Hinsicht übereinstimmen. Oder Sie können sich die Ideen herauspicken, die Ihnen für Dinge nützlich erscheinen, die Ihnen am meisten bedeuten. Letztendlich geht es bei einem Buch wie diesem weniger um die Informationen, die es enthält, als um die Veränderungsmöglichkeiten, die es aufzeigt.

In unserem Blick auf die antike und praktische Philosophie des Stoizismus werden wir grundlegende und eingehende Fragen dazu stellen, was es bedeutet, als Mensch in dieser Welt zu existieren, was das Leben ausmacht und wie wir jeden Tag auf möglichst befriedigende Weise leben können. Wir werden über einige der wichtigsten Aspekte nachdenken, die für unser persönliches Selbstverständnis von Bedeutung sind. Wir werden sogar einige der grundlegendsten Fragen des Lebens direkt angehen, um die wir allzu oft nur herumtanzen und selten direkt ansprechen. Dieses Buch wird sich mit einigen der grundlegendsten menschlichen Fragen und Einsichten beschäftigen.

Törichte Annahmen über den Leser

Wir gehen bei der Darstellung der Ideen in diesem Buch davon aus, dass die Philosophie als Denk- und Lebensweise für Sie neu ist, nicht aber die Fragen und Themen, über die Philosophen nachdenken. Wir gehen nicht davon aus, dass Sie in der antiken Geschichte bewandert sind oder gar Latein und Griechisch beherrschen und die Klassiker im Original lesen. Und wir erwarten auch nicht, dass Sie bereits ein Stoizismus-Experte sind und jedes neue Buch über diese faszinierende Philosophie lesen wollen, wie das bei einigen Anhängern der Stoiker der Fall zu sein scheint.

Sollten Sie jedoch ein stolzer und ausgewiesener Vertreter einer solchen Gruppe sein, sind Sie hier ebenfalls herzlich willkommen. Wir haben Ihnen eine Menge zu bieten. Wir behandeln die Grundlagen, betreten aber auch Neuland. Wir werden uns bemühen, Sie zu motivieren und sogar zu unterhalten und Ihnen die Möglichkeit zu geben, sich mit Themen, die für Ihr Leben wichtig sind, auseinanderzusetzen und darüber nachzudenken. Und schließlich setzen wir nicht voraus, sondern hoffen inständig, dass Sie bei der Erforschung dieser wichtigen und interessanten Philosophie genauso viel Spaß und eine ebenso inspirierende Erfahrung machen werden, wie wir sie gemacht haben und weiterhin machen werden, wenn wir über all diese Dinge auf neue Weise nachdenken.

Symbole, die in diesem Buch verwendet werden

In diesem Buch weisen Symbole neben Textpassagen auf bestimmte wertvolle Informationen hin, die Ihre Aufmerksamkeit verlangen. Im Folgenden finden Sie die Symbole und eine kurze Beschreibung dazu.

Dieses Symbol kennzeichnet Vorschläge und Perspektiven, die Ihnen helfen können, ein Problem zu durchdenken.

Dieses Symbol weist auf Informationen hin, die Sie unbedingt kennen und im Gedächtnis behalten sollten.

Dieses Symbol steht neben anspruchsvolleren Informationen hervor, die Sie außen vor lassen können, wenn Sie möchten.

Gelegentlich verwenden wir eine interessante Geschichte, um einen Punkt zu verdeutlichen. Darauf macht dieses Symbol aufmerksam.

Dieses Symbol sagt Ihnen, dass Sie Vorsicht walten lassen sollten! Es verweist auf wichtige Warnhinweise, die Ihnen intellektuelle Verunsicherung, unnötige Mühe oder einen Fauxpas ersparen können.

Wie es weitergeht

Wir beginnen mit einem Überblick über das erstaunliche Wiederaufleben des Stoizismus in unserer Zeit, vor allem bei Menschen, die sich normalerweise nicht mit der Bedeutsamkeit antiker Ideen für das moderne Leben beschäftigen oder sich mit Eifer in die Philosophie stürzen, um sie sinnvoll anzuwenden. Danach gehen wir zurück zu den Anfängen des antiken Denkens, um Ihnen in aller Kürze einen vollständigen Kontext für das Verständnis der Entstehung und des Wesens des Stoizismus zu geben. Das soll Ihnen helfen, sich zurechtzufinden, wenn wir in späteren Kapiteln die wichtigsten Ideen des Stoizismus untersuchen.

Wir hoffen zwar, dass Sie das Buch auf die übliche Art und Weise lesen werden, also der Reihe nach, von der ersten bis zur letzten Seite, so wie wir es hier dargelegt haben, aber Sie müssen nicht so vorgehen. Sie können es lesen, wie Sie wollen! Jedes Kapitel wurde so geschrieben, dass es im Grunde genommen für sich allein stehen kann. In den ersten Kapiteln werden große Ideen vorgestellt, die in späteren Kapiteln wieder aufgegriffen und weiterentwickelt werden. Das bedeutet, dass bestimmte Ideen an mehreren Stellen wieder auftauchen werden. Sie werden jedoch jedes Mal auf unterschiedliche Weise entwickelt und aus verschiedenen Blickwinkeln in verschiedenen Zusammenhängen beleuchtet.

Sie können das Inhaltsverzeichnis überfliegen und überall dort einsteigen, wo Sie etwas für Sie Interessantes vermuten. So können Sie Ihren Appetit auf das Thema stillen, das Sie gerade beschäftigt, oder ein existenzielles Bedürfnis befriedigen. Doch wie in allen philosophischen Belangen stehen die Ideen hier alle miteinander in Beziehung, und die Perspektive eines jeden Kapitels lässt sich am besten und tiefgreifendsten im Zusammenhang mit dem verstehen, was vorher war und was danach behandelt werden soll. Wir wollen Sie da aber nicht festlegen. Stöbern Sie nach Lust und Laune. Wir möchten, dass Sie hier ein Abenteuer erleben und eine großartige Erfahrung machen. Der Stoizismus ist in vielerlei Hinsicht eine Philosophie der Befreiung, und deshalb möchten wir, dass Sie sich frei fühlen, dieses Buch so zu lesen, wie es Ihnen gefällt. Und dann sagen Sie uns, was Sie denken. Wir meinen es ernst! Philosophie ist ein ausgedehntes Gespräch über Raum und Zeit hinweg. Wir würden uns freuen, Ihre Gedanken zu hören. Aber lassen Sie uns Ihnen zunächst unsere mitteilen.

Teil I

Stoizismus in der Antike

IN DIESEM TEIL …

Erfahren Sie, warum der Stoizismus in unserer Zeit so beliebt ist.Tauchen Sie ein in die Geschichte des Stoizismus der Antike.Treffen Sie einige griechische und römische Philosophen und einen erstaunlichen Imperator.

Kapitel 1

Stoizismus: Eine Philosophie für die heutige Zeit

IN DIESEM KAPITEL

Einführung in eine Philosophie für die heutige ZeitErläuterung des antiken Begriffs der PhilosophieWeisheit mithilfe der Stoiker anwenden

Während wir diese Zeilen schreiben und Sie sie lesen, macht sich KI auf, die Welt im Sturm zu erobern. Klar, KI steht für »künstliche Intelligenz« – aber auch für »klassische Ideen«. Genauer gesagt verbreiten sich einflussreiche Perspektiven der stoischen Philosophen aus längst vergangenen Zeiten plötzlich gleichzeitig in den zeitgenössischen Kulturen zahlreicher Länder und stoßen große Veränderungen im Leben und Arbeitsumfeld der Menschen an. Der antike Stoizismus, der in Griechenland entstand und dann im kaiserlichen Rom aufgefrischt und gewissermaßen neu »vermarktet« wurde, kann Ihnen dabei helfen, auf neue und überzeugende Weise über die Herausforderungen und Chancen nachzudenken, mit denen Sie täglich konfrontiert sind. Ziel dieser Perspektiven ist es, Sie von allem zu befreien, was Sie belastet und zurückhält. Sie sollen Ihnen neue Kraft und Mut verleihen, die in unserer turbulenten und unsicheren Welt von entscheidender Bedeutung sind. Und sie wurzeln in der größten Energiequelle des Guten, über die Sie verfügen: in Ihrem Charakter.

In diesem Kapitel gehen wir der Frage nach, was diese sehr alte und doch revolutionäre Art des Denkens, Fühlens und Handelns heute so attraktiv macht. Und ganz nebenbei können wir die vielleicht nützlichste Sichtweise der Philosophie, die je entwickelt wurde, wiederentdecken.

Eine Denkweise für die heutige Zeit

In den letzten Jahren hat die stoische Philosophie schlagartig in der ganzen Welt an Popularität gewonnen und in so unterschiedlichen kulturellen Bereichen wie Wirtschaft, Sport und Unterhaltung große Aufmerksamkeit erlangt. Bücher über die Stoiker und ihre Ideen werden millionenfach verkauft und landen immer wieder auf den Bestsellerlisten. Podcasts, Websites, Onlinediskussionsgruppen und sogar der Verkauf von T-Shirts, Medaillons und Kaffeebechern mit Stoiker-Motiven steigt rasant an. Tätowierer entwerfen Darstellungen griechischer und lateinischer Wörter, die auf den Körpern von Anhängern dieser antiken Philosophie verewigt werden. Auch in Vorträgen und Reden wird dieser Trend aufgegriffen. Und mittlerweile finden stoische Ideen auch Eingang in geschäftliche Treffen, Versammlungen von Profimannschaftssportlern und militärische Schulungen. Topmanager in Banken, Krankenhäusern, Technologieunternehmen und Produktionsbetrieben entdecken zunehmend die Möglichkeiten, die ihnen stoische Ideen eröffnen. Und die an vielen Universitäten angebotenen Vorlesungen und Seminare zum Thema Stoizismus sind schnell überfüllt und finden auch Interesse bei den jüngeren Studierenden.

Es mag sein, dass dieser überraschende Trend zum Teil eine Reaktion auf ein weitverbreitetes Gefühl der kulturellen Not ist, und vielleicht auch auf eine mit ihr in dynamischer Wechselwirkung stehende Unterhaltungsindustrie, die in vielerlei Hinsicht im Laufe der Jahre immer grober, lauter und oberflächlicher geworden ist. Es könnte sich auch um eine Reaktion auf die toxischen Aspekte der sozialen Medien handeln, oder auf die stetig zunehmenden Stressfaktoren des modernen Arbeits- und Familienlebens, den Rückgang der organisierten Religion und die wachsenden politischen Abscheulichkeiten, die überall auf der Welt zu sehen sind. Und natürlich darf man auch nicht die rasanten wirtschaftlichen und technologischen Umwälzungen außer Acht lassen, die sich noch zu beschleunigen drohen, sowie die sich abzeichnenden Bedrohungen für die Demokratie und den Weltfrieden, einen immer deutlicher werdenden und katastrophalen Klimawandel und natürlich die erschreckende und massiv destabilisierende Covid-19-Pandemie.

Während künstliche Intelligenz als großes Versprechen und zugleich große Gefahr über uns schwebt, ist es verständlich, dass die Menschen sich orientieren, zur Ruhe kommen und Wege finden wollen, mit den zahlreichen Gefahren und Herausforderungen um uns herum umzugehen. Was auch immer die Ursachen für diesen neuen Hunger nach Sinnhaftigkeit, persönlicher Bedeutung, innerer Stärke, geistiger Ausgeglichenheit und Widerstandsfähigkeit im Leben sein mögen, der Stoizismus wird dadurch zu einem regelrechten Virus. In vielen Teilen der Welt gibt es ein riesiges neues Verlangen nach mehr Informationen über die Ideen dieser Schule des antiken griechischen und römischen Denkens, die große Denker von der Antike bis heute beeinflusst hat.

Die stoische Theorie

Im Kern dreht sich die Philosophie des Stoizismus um persönliche Freiheit, individuelle Exzellenz, innere Kraft, die Gleichheit der Menschen, gesunde Gemeinschaften, lebendige Gesellschaften und ein radikales Rezept für innere Ruhe und die Möglichkeit äußeren Friedens angesichts von Herausforderungen, Bedrohungen, Widrigkeiten, massiver Unsicherheit und noch nie da gewesenen Chancen. Offensichtlich leben wir in einer Zeit großer Ängste, die in der gesamten Bevölkerung verbreitet sind. Während die Gefahren um uns herum in einem noch nie da gewesenen Ausmaß zuzunehmen scheinen, sehen wir unsere vertrauten Institutionen, die uns bei der Bewältigung der Herausforderungen des Lebens helfen sollen, straucheln und zerbröckeln. Wir haben das Gefühl, zunehmend auf uns selbst gestellt zu sein. Wohin können wir uns wenden, um Hilfe und Ressourcen zu erhalten?

Die stoische Philosophie scheint Antworten auf die heutigen vielfältigen Bedürfnisse nach Lebensberatung zu geben. Was die Motive der meisten Menschen für ihr Interesse an diesem Thema angeht, kann man wohl eine grobe Verallgemeinerung wagen. Manche Menschen fühlen sich vom Stoizismus als einem Mittel zur Bewältigung angezogen, während andere ihn als einen Weg zur Überwindung sehen. Beide Optionen beruhen jedoch auf der Entwicklung des inneren Charakters.

Wenn der Stoizismus ein allgemeines Motto hätte, dann könnte es folgendermaßen lauten:

Bewältigen und überwinden durch Charakter.

Viele Menschen tragen diese beiden Wünsche in sich, nämlich zu bewältigen und zu überwinden, sich nicht als Opfer empfinden zu müssen und siegreich aus dem irrsinnigen Hexenkessel moderner Herausforderungen hervorzugehen. Für diese beiden Interessen findet sich in der antiken Philosophie des Stoizismus eine Reihe überraschend neuer Ressourcen, die viele nie im antiken Denken zu finden vermutet oder für heutzutage praktisch relevant gehalten hätten. An der Oberfläche des Stoizismus finden sich viele Tipps und Techniken für ein neues Denken und Handeln, die erstaunlich hilfreich sein können, um die Belastungen zu bewältigen, denen wir heute ausgesetzt sind. Sie geben uns ein neues Gefühl der Ruhe und Zuversicht, während wir unsere täglichen Schwierigkeiten meistern und der Zukunft entgegeneilen.

Was bedeutet »Philosophie« eigentlich?

Das Wort »Philosophie« stammt von zwei griechischen Stammwörtern ab: philo (Liebe) und sophia (Weisheit). In ihren Ursprüngen wurde Philosophie einfach als »die Liebe zur Weisheit« betrachtet. Und natürlich ist ein Objekt der Liebe immer etwas Besonderes: Wenn es nicht da ist, sucht man es, und wenn man es hat, gibt man sich ihm hin. Philosophie ist also etymologisch gesehen das Streben nach und die Hingabe an die Weisheit, in der sich die Erkenntnis ausdrückt, wie man ein gutes Leben führt.

Der römische Jurist, politische Berater und prominente stoische Autor Seneca (4 v. Chr. bis 65 n. Chr.) hat diese Einsicht einmal so formuliert:

Zuerst also will ich, dein Einverständnis vorausgesetzt, dir klarmachen, worin der Unterschied zwischen Weisheit und Philosophie besteht. Weisheit ist das vollendete Gut des menschlichen Geistes. Philosophie ist die Liebe zur Weisheit und das Streben nach ihr. (

Briefe an Lucilius

89,4)

An einer anderen Stelle sagt Seneca, was Philosophie seiner Meinung nach nicht ist und was sie tatsächlich ist. Seine Worte sind heute so aktuell wie zu seiner Zeit:

»Die Philosophie ist keine handwerksmäßige Kunstfertigkeit und bietet nichts zur Schaustellung Geeignetes. Ihr Wesen liegt nicht im Wort, sondern in der Handlung. Sie dient nicht dazu, einen Tag in angenehmer Unterhaltung zu verbringen und die Qual der Langeweile loszuwerden: Sie formt und bildet den Geist, ordnet das Leben, regelt unsere Handlungen, zeigt uns, was zu tun und zu lassen ist, sitzt am Steuerruder und lenkt das Schiff durch die Fährnisse des Wogenschwalles. Ohne sie kann niemand ohne Zagen, ohne Sorge leben. Jede Stunde bringt Unzähliges, was Rat erfordert, der nur von ihr geholt werden kann.« (Briefe an Lucilius 16,3)

Als er später darüber nachdenkt, warum er oder die Menschheit die Philosophie als Hilfe in dieser Welt brauchen, formuliert derselbe stoische Denker die folgenden Worte, als ob er sich mit seinen drängenden Bedürfnissen an die Philosophie selbst wenden würde:

»Was soll ich tun? Der Tod verfolgt mich, das Leben flieht. Gegen dieses Übel gib mir einen heilsamen Rat. Bringe es dahin, dass ich den Tod nicht fliehe, das Leben mir nicht entfliehe. Ermutige mich gegen das Schwere, verleihe mir Gleichmut gegen das Unvermeidliche. Gib den engen Grenzen meiner Zeit eine weitere Ausdehnung. Zeige mir, dass des Lebens innerer Wert nicht auf seiner Dauer beruhe, sondern auf dem, was wir durch unsere Kraft aus ihm machen.« (

Briefe an Lucilius

49,9,10)

Er schätzt die Philosophie und die Weisheit, die sie mit sich bringt, weil sie uns hilft, alle anderen Dinge gut zu nutzen. Nach Weisheit zu streben und sie zu praktizieren, ist der Schlüssel zu allem anderen. Aber was genau ist Weisheit? Wie sollen wir sie gedanklich erfassen? Viele Menschen in unserer Zeit scheinen falsche Vorstellungen davon zu haben.

Was ist Weisheit und was nicht?

Es geht nicht um einfache Aussagen oder Sätze über die Welt oder gar über das Leben darin, sondern vielmehr um eine innere Realität in der Seele, eine allmählich realisierte Fähigkeit zu tiefer Einsicht in eine gute Lebensführung. Wenn wir ein gewisses Maß an echter, authentischer Weisheit erlangen, werden wir in ihr stärker, oder sie wird in uns stärker. Es ist ein lebenslanges bereicherndes Abenteuer, das jedem anderen Abenteuer zu einem besseren Verlauf verhilft.

Einige Aspekte dieser Lebenserkenntnis lassen sich in Sprichwörtern, Aphorismen oder Epigrammen festhalten. Aber solche Aussagen regen im besten Fall nur zu einer Erinnerung, einer neuen Einsicht, einer besseren Orientierung, einem ruhigen Innehalten oder einer richtigen Handlungsweise in der Welt an, aber sie sind niemals der Kern dessen, was Weisheit wirklich ist. Weisheit ist ein Zustand des Herzens und des Geistes. Und wenn wir das sagen, dann verwenden wir die alte Metapher des Herzens, die sich auf das Zentrum oder den Kern unserer Seele oder unseres Selbst in seiner ganzen Fülle und Komplexität bezieht.

Im eigentlichen Sinne ist Weisheit eine Form des Seins in der Welt, die nicht in Sätzen existiert, sondern in uns, wenn wir weise sind. Weisheit ist eine Geistes- und Herzenshaltung, die sich auf unsere Gedanken, Gefühle, Einstellungen, Entscheidungen und Handlungen auswirkt und diese so formt und gestaltet, dass sie besser zu dem passen, was wir sind und was die Welt ist.

Der bekannte stoische Philosoph Epiktet (circa 55 bis 135 n. Chr.) sagte einmal Folgendes über die Philosophie und die Weisheit, die sie bringt:

»Wie ist es, Philosophie zu praktizieren? Bedeutet es nicht, dich vorzubereiten auf das, was kommen mag?« (

Unterredungen

3,10,6)

Der römische Kaiser Mark Aurel (121 bis 180 n. Chr.), ein weiterer bedeutender stoischer Denker, der die Gedanken von Epiktet studiert hatte, drückt es kurz und bündig so aus:

»Was vermag denn nun dem Menschen sicheres Geleit zu geben? Einzig und allein die Philosophie.« (

Selbstbetrachtungen

2,17)

Im Wesentlichen bietet Weisheit zweierlei: Orientierung und schützende Leitplanken. Sie manifestiert sich auf zwei Arten. Stellen Sie sich zunächst ein helles Licht vor, das in der Dunkelheit auf der Spitze eines weit entfernten, steilen Hügels aufleuchtet und Ihnen signalisiert, wo der Schlüssel zu einer optimalen Lebensführung zu finden ist. Weisheit ist Ihre Fähigkeit, dieses Licht zu sehen und ihm zu folgen. Oder stellen Sie sich Weisheit als die Fähigkeit vor, ein Satellitenortungssystem zu nutzen, das Ihnen den Weg zu diesem beleuchteten Berggipfel weist. Der Weg dorthin wird steil und kurvenreich sein, und es werden dort viele Gefahren lauern.

Die Orientierung vermittelnde Funktion der Weisheit wird ergänzt und verstärkt durch die schützenden Leitplanken, die sie bietet. Wie die niedrigen Metallbarrieren, die man entlang moderner Straßen in bergigem Gelände findet, werden die Leitplanken der Weisheit Sie auf Ihrem Weg schützen und Sie davor bewahren, vom Straßenrand in einen Abgrund zu stürzen und zu zerschellen. Die Weisheit weist uns die richtige Richtung und schützt uns auf unserem Weg. In der Philosophie geht es ganz einfach darum, die kraftvolle innere und äußere Transformation, die echte Weisheit in unserem Leben bewirken kann, anzustreben und anzunehmen.

Seit der Antike entwickelten die Stoiker Theorien über die Welt und unser Leben. Sinn und Zweck der Theorie war jedoch, eine Grundlage für das praktische Leben zur Verfügung zu stellen und Ideen für das tägliche Leben zu präsentieren.

Wenn man so will, kann man über die Jahrhunderte hinweg eine grobe Einteilung in zwei sich gegenüberstehende Formen der Philosophie vornehmen:

die theoretische Philosophie, in deren Mittelpunkt die Analyse, Diskussion und Weiterentwicklung unserer Ideen stehtdie praktische Philosophie, in deren Mittelpunkt die Analyse, Diskussion und Verbesserung unseres Lebens steht

In gewissem Sinne ist das Resultat von Analyse und Diskussion im einen Fall eine Bewertung, die unserem intellektuellen Verständnis eine neue Wendung gibt, und im anderen Fall eher eine neue Orientierung oder eine Art Ratschlag, der wie eine neue Wendung beim Interpretieren, Fühlen und Handeln aussieht. Aber beide Bemühungen gelten als echte Philosophie, und jede sollte sich auf die andere beziehen, denn alles ist letztlich irgendwie eins.

Übrigens sehen die besten und tiefgründigsten Ratschläge für ein gutes Leben oft eher wie theoretische Überlegungen aus als wie Gebote, Anstöße oder gar hilfreiche Vorschläge. Die beste Theorie empfiehlt uns neue Denkweisen in Bezug auf etwas, das uns Rätsel aufgibt, die sich dann sowohl auf das harte Alltagsleben als auch auf die theoretischen Rätsel im Seminarraum anwenden lassen können. Die ersten stoischen Philosophen haben viel theoretisiert, aber ihre Absicht und ihr Ziel waren letztlich praktischer Natur. Wie Seneca schreibt:

»Die Philosophie hat es sowohl mit der Erkenntnis wie mit dem handelnden Leben zu tun: In ihr vereinigen sich forschende Beobachtung und Handlung.« (

Briefe an Lucilius

95,10)

Philosophie und Leben

Wir sollten nebenbei auch darauf hinweisen, dass lautstarke Kritiker der Philosophie – die oft nicht wirklich wissen, wovon sie reden, weil sie sich nie ernsthaft damit beschäftigt haben – sich häufig darüber beschweren, dass das Studium der Philosophie, insbesondere ihrer theoretischen Seite, über die Jahrhunderte hinweg keine Fortschritte gemacht hat. Das ist schlichtweg falsch. Die Denker der Antike, die Philosophen des Mittelalters, die Aufklärer, die Intellektuellen des 19. und 20. Jahrhunderts und viele Professoren des Fachbereichs in unserer Zeit haben in vielerlei Hinsicht enorme Fortschritte beim Verständnis sehr schwieriger Fragen gemacht. Aber es gibt natürlich einige Themen und grundlegende Aspekte, die enorme theoretische Fortschritte extrem schwierig machen. Mark Aurel sagt dazu etwa:

»Die Dinge in der Welt sind gleichsam mit einer solchen Fülle umgeben, dass viele und zwar nicht alltägliche Philosophen der Meinung waren, alles ohne Ausnahme sei unbegreiflich.« (

Selbstbetrachtungen

5,10)

Dann fügt er an derselben Stelle hinzu:

»Selbst die Stoiker halten sie wenigstens für schwerbegreiflich.«

Wir alle stoßen irgendwann an intellektuelle Grenzen. Aber Mark Aurel wendet sich schnell von der Beschäftigung mit den Grenzen des theoretischen Verständnisses ab und der eher praktischen Seite der Philosophie zu und sagt zu sich selbst, in seiner Eigenschaft als Kaiser:

»Hüte dich, dass du kein Tyrann werdest. Bleibe vielmehr ein Schlichter, Guter, Unverfälschlicher, Ehrbarer, Prunkloser, Gerechtigkeitsliebender, Religiöser und Sanfter. Kämpfe, dass du der Mann bleibst, den die Philosophie aus dir bilden wollte. Ehre die Götter. Nimm dich der Menschen an. Das Leben uns kurz und edle Gesinnung und gemeinnützige Taten sind des Lebens einzige Frucht.« (

Selbstbetrachtungen

6,30)

Viele Studierende melden sich für einen ersten Philosophiekurs an, weil sie hoffen, sich besser in der Welt zurechtzufinden. Zu ihrer Überraschung stellen sie dann fest, dass der Professor die meiste Zeit damit zu verbringen scheint, über Begriffe wie »Wahrheit« oder »Wissen« oder »Gut« oder »Gerechtigkeit« zu sprechen, sowie über andere Ausdrücke, die dann unerbittlich auf ihren begrifflichen Inhalt hin untersucht werden, um herauszufinden, welche Ideen sich dahinter verbergen könnten. Aber der stoische Lehrer Epiktet fragte einen seiner Schüler, der seine eigene Vorlesung über die Theorie auf diese Art und Weise halten wollte und sich auf die Begriffe konzentrierte, ob junge Männer zu ihm kommen sollten, um seine Worte zu hören. Wenn sie nach Hause zurückkehrten, sollten sie tolerant und hilfsbereite Menschen sein, die in der Lage sind, sich allem zu stellen, was das Leben für sie bereithalte.

Wir verlangen oft nach Informationen, obwohl wir in Wirklichkeit eine Veränderung brauchen. In der Antike war die Philosophie als ein Weg der Transformation gedacht, als eine Lebensweise, und nicht nur als eine Denkweise oder die kumulativen und kodifizierten Ergebnisse einer solchen Denkweise. Philosophie war und ist eine besondere Lebenshaltung und ein Loslassen von allem, was uns daran hindert, mit innerem Frieden, wahrer Exzellenz und voller Entfaltung in dieser Welt mit anderen zu leben, während wir anderen Menschen um uns herum helfen, das Gleiche auf eine für sie richtige Weise zu tun.

Natürlich beschäftigten sich die Stoiker auch mit Worten und den in diesen Worten verschlüsselten Ideen, sonst stünden uns ihre Lehren heute nicht zur Verfügung. Aber sie hatten dabei immer ein praktisches Ziel vor Augen. An anderer Stelle sagt Epiktet:

»Welche Frucht haben wir denn von diesen Grundsätzen? Die, welche man als die herrlichste und würdigste für wahrhaft Gebildete halten muss: unerschütterliche Standhaftigkeit, Furchtlosigkeit und Freiheit.« (

Unterredungen

2,1,21)

Später deutet er sogar an, dass er seinen Schülern helfen will, gute Menschen zu werden, die gerade wegen dieser Güte in gewisser Weise unbesiegbar sind. Das kann niemals nur durch das Sammeln, Lesen und Auswendiglernen philosophischer Ideen geschehen. Es kann nur dadurch entstehen, dass man diese Ideen lebt. An einer anderen Stelle sagt Epiktet:

»Denn es ist etwas anderes, Brot und Wein wie in eine Vorratskammer hineinzulegen, etwas anderes, es zu genießen. Was genossen wird, wird verdaut, verteilt, geht in Nerven, Fleisch, Knochen, Blut, Farbe und Atem über. Das, was aufbewahrt wird, kannst du zwar, wenn es dir gefällt, vorzeigen, du hast aber weiter keinen Nutzen davon, als dass es scheint, du hast es.« (

Unterredungen

2,9,18)

Letztendlich kommt es nicht darauf an, was wir gesammelt haben oder wissen, sondern darauf, was wir mit unserem Wissen tun und was wir dadurch werden.

Die Weisheit der Stoiker nutzen

In diesem Abschnitt werden wir uns noch ein wenig mit dem zitierfähigen Epiktet beschäftigen. Wenn man Epiktet liest, erkennt man schnell, was für ein guter Lehrer er war – voller großartiger Geschichten, Bilder, Metaphern, Analogien und sogar Witze. Er sprach anschaulich und einprägsam. Er äußert sich in einer interessanten metaphorischen Weise über jene Studenten, die sich für das Studium der Philosophie begeistern und nur in ihren Ideen, Büchern und Seminarräumen zu leben scheinen. Er stellt sich ein Gespräch über eine solche Person, und mit einer solchen Person, vor und sagt Folgendes:

»Gerade, als wenn einer auf der Reise nach seinem Vaterlande in einen Gasthof einkehrte, und wenn dieser ihm gefiele, darin bleiben wollte. »Mensch, du hast deinen Zweck aus den Augen gesetzt! Du wolltest nicht hierher, sondern hierüber reisen.« »Aber es ist hier schön!« »Wie viele andere schöne Gasthöfe gibt es aber nicht? Wie viele schöne Wiesen! Aber nur, um den Weg darüber zu nehmen. Dein Vorsatz ging aber dahin, in dein Vaterland zurückzukehren, deine Verwandten von ihrer Furcht zu befreien, selbst die Pflichten eines Bürgers zu erfüllen, zu heiraten, Kinder zu zeugen und die gesetzmäßigen, obrigkeitlichen Ämter zu bekleiden. Du bist nicht hergekommen, um angenehme Orte aufzusuchen, sondern dich in dem Lande aufzuhalten, in dem du geboren bist und das Bürgerrecht erhalten hast.«« (

Unterredungen

2,23,36–39)

Wir sind in diese Welt hineingeboren, um in ihr zu leben, mit all ihren Herausforderungen und Chancen, mit ihren Unannehmlichkeiten und Annehmlichkeiten, ihren Schmerzen und Freuden, und wir sollen die Philosophie als Mittel nutzen, um dies unter allen Umständen weise und vernünftig zu tun. Aber wie können wir das tun? Wir brauchen guten Rat, eine hilfreiche Anleitung. Und genau das bietet die Philosophie.

Der bedeutende stoische Denker und hochrangige politische Berater Seneca spricht darüber mit einem seiner Freunde und schreibt in einem Brief:

»Willst du wissen, was die Philosophie den Menschen verheißt? Guten Rat.« (

Briefe an Lucilius

48,8)

Und an anderer Stelle sagt er noch lapidarer:

»Die Philosophie ist ein guter Rat.« (

Briefe an Lucilius

38,1)

Das ist nicht immer das, was wir im modernen Philosophieunterricht und in akademischen Philosophiebüchern zu hören bekommen. Seneca sah das Problem schon zu seiner Zeit. Er schreibt:

»Sie lehrt uns, wie wir diskutieren, nicht, wie wir leben sollen.« (Briefe an Lucilius 95,14)

Natürlich ist am Debattieren nichts auszusetzen. Oft werden dabei Ideen entwickelt. Und Menschen können mithilfe begründeter Darstellungen von Ideen in Form von rationalen Argumenten, wie sie in Debatten geäußert werden, die Wahrheit entdecken oder von ihr überzeugt werden. Aber auch wenn die Debatte eine nützliche Technik der Philosophie sein kann, so ist sie doch nie ihr Sinn.

Seneca vertritt denselben Standpunkt und führt ihn in einem späteren Briefwechsel weiter aus. Unsere Lehrer können Fehler machen, wenn sie uns die Philosophie nahebringen, und wir wiederholen dann oft dieselben Fehler, die wir aufgrund unserer eigenen unangemessenen Motive nachahmen:

»Allein es fehlt weder an Fehlgriffen der Lehrer, die uns auf das Diskutieren, nicht auf das Leben einüben, noch an Schwächen der Schüler, die zu ihren Lehrern kommen, nicht mit dem Vorsatz, ihre Seele zu bilden, sondern ihr Talent.« (

Briefe an Lucilius

108,23)

Junge Philosophiestudenten, die gerade erst in die Wirksamkeit solider Argumentation eingeführt wurden, neigen oft zu einer etwas arroganten Art der Argumentation, sind kritisch gegenüber anderen und deren Ideen und einfach unausstehliche Besserwisser. Das macht sie nicht gerade zu echten Botschaftern des philosophisch orientierten Lebens. Seneca will dem einen Riegel vorschieben und schreibt an seinen jüngeren Freund, der in der Disziplin der Ideen seinen Weg macht und vermutlich stolz auf seine Fortschritte ist:

»Mit der Philosophie aber darfst du dich nicht brüsten. Für viele wurde sie der Anlass zu Gefahr, wenn man sie in übermütiger und herausfordernder Weise missbrauchte. Sie soll dir dazu helfen, deine Fehler loszuwerden, nicht anderen ihre vorzuhalten.« (Briefe an Lucilius 103,5)

Glück und Freiheit

Seneca führt seinen ersten Leser und letztendlich uns alle immer wieder zu seiner Auffassung von Philosophie zurück:

»So erinnere ich daran, dass das Hören und Lesen der Philosophen sich auf das glückliche Leben beziehen muss. Es gilt da nicht, altertümliche Worte zu erspähen und schiefe Metaphern und Redefiguren, sondern Vorschriften, die uns zum Nutzen gereichen werden. Wir sollten diese Lehrzeit so ausnutzen, dass aus Worten Werke werden.« (

Briefe an Lucilius

108, 35–37)

Sein Briefpartner ist besorgt über die vielen Kräfte im Leben, die er als bedrückend empfindet, und über die schwierigen Dinge, denen wir nicht ausweichen können, wie Krankheit und schließlich Tod. Seneca schreibt:

»Du fragst, wie du dich vom Tod befreien kannst. Entfliehen kannst du der Notwendigkeit nicht, überwinden aber kannst du sie. »Durchgang bahnt die Gewalt.« Und diesen Weg wird dir die Philosophie weisen. Mit ihr schließe Freundschaft, wenn du in Sicherheit, ohne Sorgen, glücklich, kurz, wenn du frei sein willst.« (

Briefe an Lucilius

37,4)

An anderer Stelle sagt er über die Höhen und Tiefen des Lebens:

»Die Philosophie hat die unglaubliche Kraft, alle Gewalttätigkeit des Zufalls zunichte zu machen.« (

Briefe an Lucilius

53,12)

Und er schreibt:

»So weit wie möglich aber suche deinen Schutz bei der Philosophie. Sie wird dich in ihrem Schoße bergen, in ihrem Heiligtum wirst du sicher oder doch sicherer sein.« (

Briefe an Lucilius

103,4)

In bereits relativ fortgeschrittenem Alter sagt er:

»Das verdankt er der Philosophie: Sie macht ihre Anhänger heiter im Angesicht des Todes und verleiht trotz körperlicher Unzulänglichkeit freudigen Mut und Kraft.« (

Briefe an Lucilius

30,3)

Wir machen oft grundlegende Fehler in unserer Lebenseinstellung, die uns anfällig für Ängste, Sorgen und Furcht machen. Viel zu oft schlafwandeln wir durch unsere Tage und wundern uns dann über das, was mit uns geschieht. Seneca endet an einer Stelle mit diesem Rat an seinen Freund:

»Es ist ein Zeichen der Gesundheit, seine Fehler einzugestehen. Was uns dabei hilft, ist allein die Philosophie: Ihr gib dich mit ganzer Seele hin, du bist ihrer würdig, sie ist deiner würdig. Versäumt es nicht, euch in die Arme zu fallen.« (

Briefe an Lucilius

53,8)

Seneca ist der Ansicht, dass wir unser ganzes Leben lang lernen müssen, wie wir leben sollen. Und er ist überzeugt, dass dies durch eine ständige Weiterbildung in der Philosophie geschieht. Epiktet und Mark Aurel scheinen dem voll und ganz zuzustimmen.

Wann Philosophie studieren?

Mark Aurel vertritt sogar die Auffassung, dass sich jede Situation für das Studium der Philosophie eignet, sodass es keine überzeugenden Ausreden für jemanden gibt, der es lieber auf einen anderen Zeitpunkt und vielleicht eine andere Situation verschieben möchte. Das sagt er im Grunde genommen zu sich selbst während eines Krieges, als er an vorderster Front Rom verteidigt: »Du glaubst also, dass du keine Zeit für die Philosophie hast, weil du unter großem Druck stehst, vielleicht erschöpft bist und endlose Verpflichtungen hast?« Es ist eine überraschende allgemeine Wahrheit, dass aufgrund der Natur und der universellen Anwendbarkeit der Philosophie Folgendes gilt:

»Keine andere Lage deines Lebens ist zum Philosophieren günstiger als diejenige, in der du dich befindest.« (

Selbstbetrachtungen

11,7)

An einer Stelle mischt sich der Philosoph Seneca ein und schlägt seinem Freund vor:

»Nimm ein Verzeichnis der Philosophen zur Hand: Alleine schon, dass du siehst, wie viele für dich gearbeitet haben, kann nicht anders als anspornend auf dich wirken: Du wirst wünschen, auch selbst einer von ihnen zu sein. Denn das ist die beste Mitgabe eines edlen Gemüts. Dass es empfänglich ist für alles Tugendhafte.« (

Briefe an Lucilius

39,2)

Später fügt er diesen großartigen Gedanken hinzu:

»Für die Philosophie war Platon kein Adliger, als sie ihn aufnahm. Wohl aber machte sie ihn dazu.« (

Briefe an Lucilius

44,3)

Wir sollten uns an die Philosophie wenden, um klare Ideen und hilfreiche Prinzipien zu finden, und die nützlichsten von ihnen führen zu praktischem Handeln – Gewohnheiten und routinemäßiges Denken, Fühlen und Handeln, mit denen wir die Ideen in der harten und wunderbaren Welt um uns herum ins Spiel bringen und uns auf dem Weg dorthin verwandeln, sodass wir all das werden, sein, tun und fühlen können, was unsere Berufung als wache, lebendige, bewusste Wesen der Vernunft ist. Wir alle befinden uns auf einer Reise, die uns oft verwirren kann, die uns aber auch entwickeln und wachsen lässt, wenn wir es zulassen. Und die Philosophie kann uns dabei helfen.

Wenn es Sie interessiert, was diese Stoiker über die Philosophie und ihre Rolle im Leben zu sagen haben, dann lesen Sie weiter. Es gibt nicht viele Denkansätze in unserer Zeit, die solche Versprechen machen und solche Perspektiven bieten. Vielleicht finden Sie hier vieles, was Sie gebrauchen können. Vielleicht werden Sie sogar selbst ein Stoiker. Aber das Ziel der großen Stoiker der Vergangenheit war es nicht, andere Menschen zu Stoikern zu machen, sondern uns allen zu helfen, gute Menschen zu werden, die bereit sind für das Leben und gut vorbereitet, um auf die beste Weise zu leben.

Kapitel 2

Die ersten Stoiker

IN DIESEM KAPITEL

Eine Begegnung mit den ersten StoikernLernen mit Zenon, dem Begründer des StoizismusEinführung in einige grundlegende stoische LehrenBühne frei für die großen römischen Stoiker

Der Stoizismus wurde um 300 v. Chr. in Athen von Zenon (circa 334 bis 262 v. Chr.) begründet, der oft »Zenon von Kition« genannt wird, weil er aus der Stadt Kition auf der Insel Zypern stammte. Damals war Kition hauptsächlich eine griechische Stadt, wenn auch mit einem hohen phönizischen Bevölkerungsanteil. Mehrere frühe Quellen legen nahe, dass Zenon möglicherweise selbst phönizischer (das heißt nahöstlicher) Herkunft war. Der Biograf Diogenes Laertius (um 230 n. Chr.) berichtet darüber, wie dieser Mann, der einen so großen Einfluss auf das antike und moderne Denken haben sollte, nach Athen kam und beschloss, Philosoph zu werden.

Berichten zufolge war Zenon ein Kaufmann, der mit teuren Purpur-Farbstoffen handelte und offenbar in einem Familienbetrieb für seinen Vater arbeitete. Als junger Mann erlitt er eines Tages in der Nähe des athenischen Hafens von Piräus Schiffbruch und verlor sowohl sein Schiff als auch seine wertvolle Fracht. Auf seinem Weg nach Athen hielt Zenon an einem Bücherstand. Dort hörte er jemanden eine Passage über Sokrates aus Xenophons Gespräche mit Sokrates vorlesen. Neugierig fragte er den Buchhändler, wo er jemanden wie Sokrates finden könne. In diesem Moment ging der kynische Philosoph Krates an dem Stand vorbei. »Folge ihm«, sagte der Buchhändler. Und genau das tat Zenon.

Zu dieser Zeit war Athen die unbestrittene philosophische Hauptstadt der Welt. Es gab dort drei große philosophische Schulen sowie einige weniger angesehene wie den Kynismus und den Pythagoräismus. Die drei bekanntesten organisierten Schulen waren die Akademie (gegründet von Platon um 388 v. Chr.), das Lyzeum (gegründet von Aristoteles um 334 v. Chr.) und der Garten (gegründet von Epikur, nur wenige Jahre bevor Zenon nach Athen kam). Jede dieser philosophischen Stätten hatte ihre ganz eigene Prägung. Platons Schule legte den Schwerpunkt auf Mathematik, sokratische »Seelenpflege« und die Ausbildung zur politischen Führung. Aristoteles Schule konzentrierte sich stark auf Logik und Wissenschaft. Und Epikurs wunderschöne Lehrstätte etwas außerhalb der Stadt betonte das intelligente Streben nach Vergnügen und geistiger Ruhe.

Zenon studierte nicht nur bei dem kynischen Philosophen Krates, sondern auch bei mehreren anderen führenden Denkern seiner Zeit, darunter zwei Leitern von Platons Akademie. Irgendwann mit Mitte dreißig beschloss er, seine eigene philosophische Schule zu gründen. Da es Zenons Gewohnheit war, in der stoa poikile (»bemalter Portikus«) zu lehren, einer Art überdachter öffentlicher Kolonnade auf dem zentralen Marktplatz von Athen, wurde seine Schule als Stoa, stoische Philosophie oder Stoizismus bekannt.

Zenon schrieb etwa zwanzig Bücher, von denen leider keines erhalten geblieben ist. Was wir über seine Lehren wissen, basiert hauptsächlich auf einigen bruchstückhaften Zitaten und sekundären Darstellungen der stoischen Lehren in späteren Quellen (viele davon von Kritikern des Stoizismus verfasst). Aus diesen geht hervor, dass Zenon die Philosophie in drei Hauptzweige unterteilte:

Physik, die sich mit Gott, der Seele, der grundlegenden Natur der Wirklichkeit und dem beschäftigt, was wir als Naturwissenschaft bezeichnen würden

Logik, die für die Stoiker nicht nur das Studium des guten Argumentierens (»Dialektik«) und des guten Sprechens (»Rhetorik«) umfasste, sondern auch Teile dessen, was wir heute als kognitive Psychologie, Semantik und Erkenntnistheorie bezeichnen

Ethik, die sich mit dem Hauptziel des menschlichen Lebens, einem gesunden moralischen Verhalten, der politischen Theorie und der Frage beschäftigt, wie man ein gutes und erfülltes Leben führt

Die grundlegenden Lehren des Zenon und der Anhänger der Stoa

Zenon war der Ansicht, dass Philosophie vor allem praktisch sein sollte. Sie soll uns helfen, Probleme des wirklichen Lebens zu lösen und ein gutes und glückliches Leben zu führen. Doch wie die Titel vieler seiner Bücher verdeutlichen (siehe Diogenes Laertius, Über Leben und Lehren berühmter Philosophen oder Zusammenstellung über Leben und Lehren der Philosophen 7,4), war er auch der Meinung, dass das Wissen, wie man leben soll, ein tiefes Verständnis der Funktionsweise der Welt voraussetzt. Aus diesem Grund erarbeiteten er und seine Anhänger ein ausgefeiltes Weltbild, um ihre ethischen Lehren zu untermauern. Beginnen wir mit einer Skizze dieser Weltanschauung. (Eine detailliertere Darstellung folgt später im zweiten Teil dieses Buches.)

Materialisten durch und durch

Im Gegensatz zu Platon und Aristoteles glaubten Zenon und seine stoischen Mitstreiter nicht an die Existenz von etwas Geistigem oder Immateriellem. Sie waren strikte Materialisten (auch wenn sie, wie wir noch sehen werden, zugaben, dass bestimmte körperlose Dinge, wie der Raum, eine Art »Realität« haben). Sie glaubten, dass alles, was wirklich existiert, eine Form von Materie ist. Für die Stoiker machte die Vorstellung eines rein geistigen Wesens wie die eines körperlosen Gottes, eines Engels oder einer immateriellen Seele keinen Sinn. Was auch immer existiert, so glaubten sie, muss in der Lage sein, irgendeine Art von Veränderung zu bewirken oder zu erfahren, und sie waren der Meinung, dass dazu ein Körper unerlässlich war.

Der Glaube an den Logos

Trotz ihres strengen Materialismus waren die frühen Stoiker tief religiös. Sie glaubten an eine Art materiellen Gott oder eine höhere Macht, die sie abwechselnd Logos, Natur, Schicksal oder Zeus nannten. In der traditionellen jüdisch-christlichen Tradition wird Gott als ein immerwährender, unveränderlicher und unendlich vollkommener Geist verstanden, der unabhängig vom gesamten materiellen Universum existiert, das von Gott aus dem Nichts geschaffen wurde. Im Gegensatz dazu besteht der stoische Gott (der Logos) aus Materie, ist ständig im Wandel begriffen und existiert vollständig in der physischen Welt. Der Logos soll aus einer besonderen Art von Materie bestehen, einer gasähnlichen Mischung aus Feuer und Luft, die von den Stoikern als eine Art »Atem« (pneuma) beschrieben wurde, der das gesamte Universum durchdringt und dem Kosmos und allem in ihm eine rationale Ordnung, einen Sinn und eine Form verleiht.

Die Stoiker waren »Monisten«, die glaubten, dass nur eine Sache existiert: Gott (beziehungsweise die Natur). Was wir Natur oder das physikalische Universum nennen, ist einfach Gott in einer der göttlichen Phasen. Tatsächlich betrachteten die Stoiker das gesamte Universum als ein lebendiges, rationales Wesen mit einem Körper und einer Seele. Der Körper der Welt ist die passive, unbelebte Materie, die Gott aus seiner eigenen feurigen Substanz erzeugt; und die Seele dieses Körpers ist der aktive, intelligente Logos, der im Kosmos lebt und wirkt und ihm Ordnung, Schönheit und Sinn verleiht.

Strenge Deterministen

Die frühen Stoiker waren nicht nur Materialisten, sondern auch strikte Kausaldeterministen. Sie vertraten die Auffassung, dass alle Ereignisse eine Ursache haben und dass alles, was geschieht, das unvermeidliche Ergebnis früherer Ursachen ist. Daher lehnten sie jede Vorstellung von »Zufall« oder zufälligen Ereignissen ab. Sie glaubten fest an das »Schicksal«, das sie als eine Art unerbittliche und starr festgelegte Abfolge von vorherbestimmten Ereignissen betrachteten. Es ist dann nur kaum verständlich, wie menschliche Handlungen sinnvollerweise frei oder verantwortungsbewusst sein können. Und doch sprachen die Stoiker häufig von dem, »was an uns liegt«, und von unserer Freiheit und »Kontrolle«, als ob dies nicht nur real, sondern für ihre Philosophie von entscheidender Bedeutung wäre. Wir werden sehen, wie die Stoiker selbst versuchten, dieses heikle Problem der Harmonisierung von Schicksal und freiem Willen in den Griff zu bekommen.

Obwohl die Stoiker an das Schicksal glaubten, betrachteten sie es nicht als blind. Sie waren überzeugt, dass das Universum durch den allwissenden, allgütigen Logos vorausschauend geordnet ist. Da die Kontrolle, Weisheit und Güte des Logos grenzenlos ist, glaubten die Stoiker, dass alles, was im Universum geschieht, »zum Besten« oder zumindest auf eine äußerst weise und wohlgeordnete Weise geschieht. Obwohl die Welt nicht frei von Übeln ist (insbesondere die unmoralischen Gedanken und Taten von zu moralischem Handeln fähiger Menschen), sorgt der Logos dafür, dass selbst diese langfristig zum Wohle des Universums als Ganzes wirken. Für die Stoiker ist diese Welt daher trotz all des Leids und des Bösen darin »die beste aller möglichen Welten«.

Da alles im Universum ein Teil Gottes ist, muss auch der Mensch ein Teil Gottes sein. Die Stoiker sahen uns in der Tat in besonderer Weise als Teil Gottes an. Sie glaubten, dass wir eine rationale Seele haben und dass solche Seelen »Funken« oder Fragmente des Logos, des göttlichen Feuers, sind. Daher sprachen die Stoiker oft von »dem Gott im Inneren«. Sie bezeichneten uns auch als »Kinder Gottes«, da wir alle von Gott geschaffen wurden und einen Verstand haben, der Teil Gottes ist. Vernunftlose Wesen, wie beispielsweise Tiere, galten als uns Menschen unterlegen und sollten nur zu unserem Nutzen existieren. Die antiken Stoiker hatten also eine stark anthropozentrische (auf den Menschen ausgerichtete) Sicht der Natur. Wie wir sehen werden, ist dies einer von vielen Aspekten des historischen Stoizismus, den die modernen Stoiker in der Regel ablehnen, ohne dies jedoch zu erwähnen oder zu kommentieren.

Glaube an ein Leben nach dem Tod

Wenn der Mensch keine geistige Seele hat, sondern ein rein materielles Wesen ist, ist es schwer vorstellbar, dass es ein Leben nach dem Tod