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In diesem Buch wird der selbstzerstörerische Charakter der Liebessucht aufgedeckt. Anhand ihrer eigenen Lebensgeschichte und der Erfahrungen aus der jahrelangen Tätigkeit als Paartherapeutin und Beziehungs-Coach beschreibt die Autorin die psychologischen Wirkungsweisen der Liebessucht und zeigt wirkliche Auswege aus dieser Abhängigkeit. In einer anschaulichen und erlebnisorientierten Weise gelingt es der Autorin Maria Riedel die schädlichen Wirkungen der Liebessucht zu erklären und auch die tiefen Ursachen solcher unglücklicher Beziehungen zu entwirren. Dabei bleibt sie niemals an Ursache und Wirkung hängen, sondern zeigt an ermutigenden Beispielen, wie sich Betroffene aus der Beziehungsfalle Liebessucht befreien können. In der unkompliziert offenen Sprache wendet sich das Buch vorurteilsfrei und ohne einen belehrenden Unterton an Betroffene, deren Partner und Freunde, aber auch an Therapeuten, die sich in ihrer täglichen Praxis mit der Sucht nach Liebe befassen.
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Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Kapitel 1 – Warum Menschen der Liebe nachjagen
Kapitel 2 – Was ist Liebessucht?
Bedürfnisse
Sucht
Sehnsüchte
Selbstwert
Kapitel 3 – Anzeichen und Auswirkungen der Liebessucht
Bindungsangst
Klammern
Besessenheit, Verstrickungen und toxische Beziehungen
Gefallsucht
Angstzustände und Depression
Sexsucht
Kapitel 4 – Wie erkenne ich, ob ich liebessüchtig bin?
Persönliche Anzeichen von Liebessucht
Was ist normal?
Kapitel 5 – Raus aus der Liebessucht; echte Liebe erfahren
So schaffe ich Veränderung
Fragen und Hilfe zur Selbstreflexion
Kapitel 6 – Was benötige ich, um mich von Liebessucht zu befreien?
Wie kann ich mich von dieser Person trennen?
Wie überwinde ich Scham?
Wie kann ich Grenzen setzen?
Wie kann ich Rückfälle vermeiden?
Was tun bei Angst und Panik?
Wie finde ich einen Weg aus der Liebeskummer-Spirale?
Abschluss
Quellen und weiterführende Literatur
Vorwort
Wort-Spiel-Arten der Liebe
Liebe ist ein Fürwort
Liebe ist ein Zeitwort
Liebe ist ein Verhältniswort
Liebe ist ein Eigenschaftswort
Liebe ist ein Tätigkeitswort
Liebe ist ein Bindewort
Liebe ist ein Umstandswort
Liebe wird oft zum Fragewort
Liebe wird manchmal zum Zahlwort
Doch Liebe sollte immer das – Hauptwort sein!
– Karl Werner Dickhöfer –
Dieses Buch setzt sich mit einem Thema auseinander, welches Millionen von Menschen täglich bewegt: die Sehnsucht nach Liebe und Zugehörigkeit – und ihr dazugehöriger Schmerz.
Wenn du dieses Buch liest, findest du in deinem Leben wahrscheinlich allerlei Herausforderungen, die mit der Liebe zusammenhängen oder mit dem Versuch, sie zu erlangen. Vielleicht leidest du unter äußeren Umständen, die dir das Gefühl geben, Liebe und Beziehung täten nur weh und das Leben würde dich nicht dazu berechtigen, Glück in der Liebe zu haben. Vielleicht kommt dein Leidensdruck aber auch vor allem aus deinem Innenleben und scheint dich von der äußeren Welt abzugrenzen beziehungsweise dich regelmäßig mit ihr in Konflikt geraten zu lassen.
Das Wort Liebessucht mit sich selbst oder jemand anderem, den man liebt, in Verbindung zu bringen, kann ein am Selbstwertgefühl nagender Schritt sein. Im ersten Moment scheint es zu bedeuten, sich sein eigenes Scheitern eingestehen zu müssen. Wie konnte mir das nur passieren? Wie konnte es so weit kommen? Warum bin ich nicht in der Lage, ganz normale, meiner Wunschvorstellung entsprechende Beziehungen zu leben? Warum gehöre gerade ich zu den Menschen, die mit einem Bereich ihres Lebens solche Probleme haben, der so schambesetzt sein kann – wo doch gerade ich im Bereich der Liebe und Beziehung ganz besonders bewandert sein möchte? Liebe und Verbundenheit sind das wichtigste in meinem Leben – wie kann es sein, dass es mir zu wichtig geworden ist? Was bedeutet das und geht das überhaupt?
Der Leidensdruck in der Liebe steigt, je weniger wir bekommen, was wir brauchen, und je mehr wir uns danach sehnen. Vielen Menschen geht es so: Was sie sich am meisten ersehnen, scheint ihr Weg ihnen nicht zu vergönnen.
Woran kann das liegen?
Unsere Vergangenheit gibt Aufschluss über unsere bis heute unerfüllten Sehnsüchte. In unserer Kindheit sehnen wir uns von Anfang an nach Verschmelzung und Verbundenheit, die wir aus unserer Verbindung im Mutterleib mit dem mütterlichen Körper kennen. Alleine konnten wir nicht existieren. Jedes unerfüllte Bedürfnis, jede Unfähigkeit unserer Bezugspersonen, uns zu umsorgen und zu lieben, ob bewusst oder unbewusst ausgeführt, sorgt für tiefe Wunden in unserer Seele und einige Erfahrungen auch für traumatische Zustände. Dies führt dazu, dass uns das, was wir am meisten brauchen, fernbleibt. Wir ziehen immer wieder an, was wir gewohnt sind, anstatt das, was uns heilt und guttut. So setzt sich der Schmerz bis ins Erwachsenenalter fort.
Dieses Buch möchte dazu beitragen, Licht ins Dunkel der Sehnsucht nach Liebe zu bringen. Wo kommt sie her? Wie kann ich erkennen, ob ich tatsächlich liebessüchtig bin? Was brauche ich, um zu genesen und eine Chance zu erlangen, gesunde Beziehungen zu führen und einen Ausweg aus dem Kreis des Leidens zu finden?
Dieses Buch ist für dich geeignet, wenn:
du den Drang oder Druck verspürst, in Beziehungen ein ungesundes Verhalten an den Tag zu legen, ohne davon wegzukommen
du dich immer wieder in Beziehungen wiederfindest, in denen du bis zur Selbstaufgabe liebst und nichts zurück empfängst
du dich danach sehnst, echte Liebe von bloßem, reaktivem Muster zu unterscheiden
du lebendige Beziehungen leben möchtest, die heilsam wirken
du unter deinem Zustand leidest und bereit bist, Verantwortung für eine Veränderung zu übernehmen
du deinen Selbstwert neu spüren und leben möchtest
du Hoffnung und Mut finden möchtest, tatsächlich erfüllende Beziehungen leben zu können
Dieses Buch hält die Chance bereit, hinter die Kulissen zu schauen. Du erhältst Einblick in die Hintergründe und Entstehung von Liebessucht, liest von vielen unterschiedlichen Beispielen und erhältst konkrete Übungen, Tipps und authentische Ermutigung für deinen persönlichen Weg aus dem schmerzhaften Teufelskreis.
Wenn du dir wünschst, an das Thema Liebessucht ganzheitlich und verständnisvoll herangeführt zu werden, wenn es dir darum geht, einen positiven Ausblick zu erhalten und durch fundierte, lebensnahe Information begleitet zu werden, aus einer quälenden Situation etwas Neues zu erschaffen, ist dieses Buch genau das richtige für dich.
Kapitel 1 – Warum Menschen der Liebe nachjagen
„Liebe ist nicht das, was man erwartet zu bekommen, sondern das, was man bereit ist zu geben.“
– Katharine Hepburn –
Liebe – das mitunter wichtigste und zugleich brisanteste Thema der Menschheit. Wir leiden, hoffen, sehnen und suchen. Wir wünschen, verschenken uns, geben uns hin, werden enttäuscht, beginnen immer wieder von neuem – die Liebe hat uns im Griff und bestimmt im Kern unser ganzes Leben. Nahezu alles, was wir tun, ist darauf ausgerichtet, zu lieben und geliebt zu werden. Selbst die Ausübung von Macht und Kontrolle, die Sehnsucht nach Erfolg und einem abenteuerlichen Leben, der Aufstieg auf der Karriereleiter und andere Verhaltensweisen, die scheinbar abgeklärt und weit weg vom Geben und Empfangen der Liebe scheinen, tragen tief in der Wurzel die Sehnsucht danach, zu sehen und gesehen zu werden, zu geben und zu empfangen, mit anderen in Verbindung zu stehen und Teil eines größeren Ganzen zu sein.
Die private Liebesbeziehung ist bei der Suche nach Liebe und Zugehörigkeit der unangefochtene Platz eins und Bühne für Dramen, wunderschöne und auch schmerzhafte Szenarien, die der Mensch erfährt. Durch körperliche Begegnung pflanzen wir uns fort, durch verlässliche Beziehungen kreieren wir Familie und einen Gruppenzusammenhalt, der gesunde Entwicklung ermöglicht. Ohne Liebe wäre es nicht möglich, das Fortbestehen der Menschheit zu sichern.
Doch was genau ist Liebe überhaupt – und warum jagen wir ihr nach? Wie kommt es dazu, dass sie nicht ganz natürlich vorhanden zu sein scheint und der Mensch sich fortan nach ihr sehnen muss, als stünde nie genug davon zur Verfügung?
Bei unserer Sehnsucht nach Liebe spielen sowohl unsere Vorstellungen und Ideen darüber, wie sie sein sollte, als auch unsere Hormone und unser sozialer/gesellschaftlicher Kontext eine erhebliche Rolle.
Die Idee von der Liebe richtet sich nach einem historischen Zeitrahmen, kultureller und ethischer Tradition und Vorgaben, die Religion und Gesellschaftspolitik zur Orientierung zur Verfügung stellen. Wir interpretieren und bewerten aus spiritueller, sozialer und biologischer Sicht.
Allzeit versucht der Mensch, sich den scheinbaren Mangel an Liebe zu erklären und Wege zu finden, damit umzugehen. Sowohl in der breiten Masse als auch im Privatleben eines jeden Einzelnen finden wir unterschiedliche Ansätze – aber auch verschiedene Herausforderungen und Hürden. Woran liegt das?
Unsere individuelle Geschichte ist einzigartig. Sie setzt sich aus dem zusammen, was wir in unserer Kindheit erleben, aber auch aus epigenetischen Informationen unserer Vorfahren. Traumatische Erfahrungen werden an die nächste Generation weitergegeben, sofern sie nicht bearbeitet und geheilt wurden. Bis heute kämpfen wir beispielsweise noch mit dem Trauma aus der NS-Zeit, sind immer noch mit dessen Folgen und dem Mangel an Liebe behaftet, den unsere Großeltern aufgrund der schrecklichen Lebensumstände ihren Kindern weitergegeben haben. Viele waren damit beschäftigt, zu überleben, und konnten sich nicht den wichtigen, wertvollen inneren Prozessen widmen, die zu seelischer Heilung und damit auch zu Liebesfähigkeit führen.
Kriegs- und Friedenszeiten bestimmen immens die kollektive und individuelle Landschaft unserer Liebesbeziehungen mit und wir können sehen, dass genau dort, wo am wenigsten Liebe erhalten wurde, auch am wenigsten zu geben ist. Wer sie nicht erfahren hat, muss erst die Kompetenz und Fähigkeit erwerben, sie weiterzugeben, indem er heilt und seine inneren Blockaden löst.
Unser menschliches Dilemma beginnt also am Ursprung unseres Seins – sind wir angenommen, willkommen und haben es die äußeren Gegebenheiten zugelassen, dass wir uns gesund entwickeln konnten? Wie stand es um die körperliche und emotionale Sicherheit unserer Eltern? Wie frei waren wir in der Möglichkeit, uns zu zeigen, zu entwickeln, einen Platz im sozialen Verbund einzunehmen, der für uns freigemacht wurde? Inwieweit war es unseren Bezugspersonen möglich, uns die Zuneigung, die sie uns gegenüber fühlten, auch spüren zu lassen? Und – wo fängt die Fähigkeit zur Liebe an? Woher kommt sie, wenn wir uns voll und ganz auf das Leben einlassen? Wer liebt zuerst – gibt also etwas weiter, das er zu geben hat?
Wir jagen der Liebe nach, weil es einen allgemeinen kollektiven Mangel zu geben scheint. In den Köpfen und auch im Emotionalkörper vieler Menschen ist die Information eingespeichert: „Ich habe nicht genug. Ich muss etwas tun, um Liebe zu bekommen. Ich werde nicht einfach so geliebt.“ Und selbst, wenn wir uns öffnen möchten, um zu geben und zu empfangen, scheint ein innerer Schmerz und damit verbundene emotionale Zurückhaltung den Fluss aufzuhalten, der uns mit anderen verbindet.
Liebe macht glücklich. Wer sich geliebt und angenommen fühlt, ist beschwingt, ermutigt, kann ungeahnte Kräfte entwickeln und scheinbar Unmögliches möglich machen.
Besonders das Gefühl, frisch verliebt zu sein, gibt uns enormen Aufschwung. Alles fühlt sich auf einmal leichtfüßig und lebhaft an, man strahlt, fühlt sich wie neugeboren. „Ich könnte die ganze Welt umarmen!“, hört man den Liebenden sagen. Für diesen Aufschwung ist vor allem das Hormon Dopamin verantwortlich, welches das Belohnungszentrum im Gehirn füttert. Dies sorgt für das rauschartige Gefühl und die Glückswallungen.
Irgendwann jedoch lässt der Gefühlsüberschwang nach und der Alltag zieht wieder ein, der Zauber des Neuen vergeht. Dafür ist das Hormon Oxytocin verantwortlich, das sogenannte Kuschelhormon. Es sorgt dafür, dass die beiden Partner sich intimer aneinander binden. Sanftes Ankommen, entspannte Zuneigung, gegenseitige Nachsicht und ein Zugeständnis an die eigene Fehlbarkeit oder die des anderen bestimmen nun mehr den Beziehungsalltag – im Idealfall.
Doch wie die Beziehung sich weiterentwickelt, hängt davon ab, was die beiden Menschen über die Liebe gelernt und vor allem erfahren haben und was sie über sich selbst und ihren Wert glauben. Mit Gewohnheit und zunehmender Sicherheit zeigen sich nämlich auch ungebetene Gäste – die alten Wunden und unliebsamen Verhaltensmuster klopfen an und können das Liebesglück auf die Probe stellen. Nicht umsonst heißt es, dass wir diejenigen am ehesten verletzen, die wir am meisten lieben. In der Liebe werden wir verletzlich und angreifbar, hier zeigt sich unsere Bereitschaft, aber auch unser Vermögen und Unvermögen, den Beziehungskrisen des Alltags reflektiert und offen zu begegnen oder aber weiter nach alten Mustern und Überlebensstrategien zu handeln und die neu gewonnene Intimität damit zu zerstören.
Es ist also nicht so einfach wie wir uns erträumen, gemeinsam mit einem anderen Menschen ein Stück des Weges zu gehen. Viele Menschen halten den Schmerz, der unweigerlich zutage treten und eigentlich geheilt werden möchte, nicht aus und tendieren dazu, davor zu flüchten. Diese Fluchtstrategien sind vielfältig und basieren auf den Mustern, die wir uns als Kind antrainiert haben, um in der liebesunfähigen Umgebung zurechtzukommen und so etwas wie Sicherheit spüren zu können. Im Kindesalter nutzten uns diese Strategien, doch in Beziehungen unter Erwachsenen oder auch von Eltern zu Kindern sind sie meist schädlich und vereiteln die ersehnte Intimität.
Die Sucht nach Liebe ist eine der Strategien, die sich Menschen zurechtlegen, um dem Schmerz zu entgehen und alte Wunden nicht wieder aufzureißen: Sie möchten vermeiden, verlassen, abgelehnt oder bloßgestellt zu werden, und suchen sich daher Auswege, die ihnen Hintertüren bieten. Sie flüchten von einer Beziehung zur nächsten und projizieren ihren Schmerz auf den Geliebten, indem sie Schuldzuweisungen tätigen, sobald eine Verhaltensweise des anderen sie an ihre alten Wunden erinnert. Zudem ist die Liebessucht von dem Gefühl geprägt, nie genug zu bekommen. Wie sehr der andere sich auch bemüht, der Fokus liegt beständig auf dem, was nicht vorhanden ist. So wird der Partner ausgetauscht und als unfähig erklärt, mit dem Liebessüchtigen eine gesunde Beziehung aufzubauen, vielleicht gar als selbst bindungsängstlich dargestellt. Unter Umständen trifft dies sogar zu, denn beide Partner suchen sich unbewusst genau den Menschen aus, der zu ihren inneren Baustellen passt. Da der Liebessüchtige mehr auf sich selbst konzentriert ist als auf den anderen, ist auch er nicht im schenkenden Modus und lässt den anderen einsam zurück. Oft ist dies nicht sofort zu erkennen, denn Liebessucht kommt unter anderem im aufregenden, romantischen Gewand daher und verspricht eine abenteuerliche, gefühlsstarke und intime Zeit. Erst später wird deutlich: Alles, was der Süchtige tat, hing mit seiner tiefen Angst davor zusammen, alleine zu sein, und diente dem Selbstzweck, sich die Liebe des anderen zu sichern.
Da wir alle Liebe und Zuneigung brauchen und auch Handlungen vollziehen, um andere Menschen uns gegenüber wohlwollend und zugeneigt zu stimmen, stellt sich die Frage: Wie fühlt sich echte Liebe nun an? Wie können wir sie von einem vorsätzlich oder unbewusst manipulierten Verhalten unterscheiden, welches vorrangig nimmt, selbst im Geben?
Dazu erfährst du im Laufe der weiteren Kapitel mehr. An dieser Stelle sei gesagt: Echte Liebe ist spürbar. Sie fühlt sich warm und erfüllend an, schenkt Energie, Kraft und ein gesundes Selbstwertgefühl – auf lange Sicht. Sie arbeitet nicht mit Manipulation und Drama, sondern zeigt sich selbst in ihrer Verletzlichkeit und ihrem Willen, gemeinsam an den Baustellen der Beziehung zu arbeiten. Begleitet wird diese Bereitschaft vom Bauchgefühl beider Seiten, das besagt: Ja, das stimmt wirklich. Ich spüre, es ist anstrengend, sich näherzukommen, und es tut weh. Doch tief in mir weiß ich, dass ich auf diesem Beziehungsfeld nicht allein dastehe. Der andere ist bei mir. Wir blicken gemeinsam in dieselbe Richtung.
Stell dir vor, du versuchtest, einen falschen von einem echten Geldschein zu unterscheiden. Um die Fehler des falschen Geldscheines zu erkennen, ist es ratsam, den echten Geldschein in- und auswendig zu kennen. Wenn du weißt, wie echte Liebe sich anfühlt, wirst du die falsche Liebe schnell ausfindig machen können, sowohl in anderen als auch in dir selbst.
Echte Liebe ist Mangelware – darum gibt es den Weg der Heilung. Sie ist vor allem nicht perfekt und makellos, sondern authentisch und real. In diesem Buch wirst du mehr darüber erfahren, wie du die echte Liebe besser erkennen und in deinem Leben zulassen kannst.
Inspiration
Stille Meditation
Suche dir einen ruhigen Ort, an dem du dich wohlfühlst. Setze dich bequem hin und achte darauf, dass du dich entspannen und loslassen kannst. Lass dir Zeit damit, eine geeignete Position zu finden.
Nun atme einige Male tief durch und spüre in deinen Körper hinein. Wie fühlt er sich an? Drückt, ziept oder zieht es an einigen Stellen? Wo bist du gelöst und entspannt? Brennt, kribbelt oder wird etwas warm? Nimm deine Körperreaktionen entspannt wahr, ohne sie zu bewerten.
Atme nun immer tiefer ein und aus, lenke deine Aufmerksamkeit auf deinen Atem.
Stell dir vor, dass du mit jedem Atemzug Liebe einatmest. Wie fühlt sie sich an? Welche Farbe könnte sie haben? Hat sie eine Konsistenz – flüssig, gasförmig, weich, neblig? Stell dir vor, diese Liebe kommt von einer göttlichen, allumfassenden Kraft und umarmt dich von innen und außen, hält dich fest und wärmt dich. Es muss nicht Gott sein, von dem sie herrührt, doch von einer Kraft, die größer ist als du selbst, in die du dich vertrauensvoll hineingeben kannst.
Stell dir vor, dass dieser Fluss beständig weitergeht, er hört nie auf, macht keine Pause. Du kannst zu jeder Zeit in diesen Fluss hineintreten. Erinnere dich daran, dass die Liebe dir nicht entzogen wird, sondern du dich allenfalls selbst der Liebe entziehst, wenn du in deinem Schmerz gefangen bist. Dies kann dir helfen, dich immer wieder auf die Liebe einzulassen und das Wissen in dich aufzunehmen, dass immer genug für dich da ist.
Wiederhole diese Übung, so oft du möchtest. Halte den Blick auf die Fülle des Liebesflusses gerichtet.
Bevor du weiter ins Thema einsteigst, mache dir noch einmal bewusst, was hier öfter wiederholt wird: Liebessucht ist kein Stempel. Sie ist ein Zeichen für unerfüllte Bedürfnisse und der Versuch, endlich zu bekommen, was du brauchst. Menschen jagen der Liebe nach, weil es unmöglich ist, gesund ohne sie zu überleben. Wir existieren im Verband, in Kontakt mit anderen und brauchen es, einander zu begleiten und zu erkennen. In diesem Sinne sind wir von gegenseitigem Wohlwollen und echter Zuneigung abhängig – und beständig auf der Suche danach, so angenommen zu werden, wie wir sind, ohne uns verbiegen zu müssen. Liebessucht als Versuch, geliebt zu werden, ist eine Antwort auf die Erfahrung, dass die Sehnsucht nach Autonomie und nach Verschmelzung nicht erfüllt und Grenzen nicht gewahrt wurden. Der Weg aus der Liebessucht bedeutet ein Weg in Richtung sicherer Verbindung ohne Verlust der eigenen Integrität. Du erlernst den Tanz zwischen Anpassung und Abgrenzung, zwischen Verbindung und Loslassen. Wer innerlich stabil ist, kann diesen Tanz genießen und lernen, die natürlichen Wellen von Annäherung und Raum anzunehmen.