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Dieses E-Book entspricht 156 Taschenbuchseiten ... Clarissa ist frustriert von ihrem eintönigen Alltag und ihrem Pech bei Männern. Deswegen lädt ihre beste Freundin Sofia sie in einen geheimen und exklusiven Sündentempel ein, der mit hemmungslosen sexuellen Abenteuern lockt. Unsicher willigt Clarissa ein und erlebt dort nicht nur schamlose Lust, sondern lernt auch den attraktiven und geheimnisvollen Thore kennen, der ihre Welt auf den Kopf stellt. Sie gerät in ein erotisches Spiel nach dem anderen und verliert sich komplett in ihrer Gier. Doch kann Clarissa Thore wirklich vertrauen und wie soll sie mit ihren aufkommenden Gefühlen für ihn umgehen? Diese Ausgabe ist vollständig, unzensiert und enthält keine gekürzten erotischen Szenen.
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Seitenzahl: 216
Impressum:
Sündentempel der Lust | Erotischer Roman
von Julia Ward
Julia Ward verfiel in jungen Jahren dem Lockruf der Literatur. Schon früh schrieb sie ihre ersten Geschichten und erschuf so ihre eigenen Welten, ihren literarischen Idolen enthusiastisch nacheifernd. Allerdings verlor sie diesen kreativen Pfad für einige Jahre aus den Augen, da sie sich einer gesellschaftlich anerkannten Ausbildung unterziehen sollte, um sich ein bequemes Leben zu ermöglichen. Schnell merkte sie, dass sie die Schriftstellerei sehr vermisste und immer wieder mit den Gedanken dorthin zurückzogen wurde. Während des Studiums der deutschen Literatur und Sprache fand sie endgültig zu ihrer Passion zurück und stürzte sich erneut in die Schriftstellerei, der sie seitdem nie wieder den Rücken zukehrte.
Lektorat: A. K. Frank
Originalausgabe
© 2024 by blue panther books, Hamburg
All rights reserved
Cover: © lightfieldstudios @ 123RF.com © ismagilov @ 123RF.com
Umschlaggestaltung: MT Design
ISBN 9783756152339
www.blue-panther-books.de
1. Kapitel
Alles im Leben hatte seinen Grund, nichts war dem Zufall überlassen. Dachte ich zumindest immer, denn daran zu glauben, hatte wirklich etwas Tröstliches an sich. Wenn man schon nicht religiös oder in einer anderen Hinsicht spirituell angehaucht war, blieb einem zumindest noch dieses eine Urvertrauen im Leben.
Ich war ein rationaler Mensch und gönnte mir nicht viele Ausschweifungen, lebte meist nach einem strikten Plan. Das gab mir enorme Sicherheit in meinem Leben, denn dadurch entstanden irgendwann Muster oder Angewohnheiten, denen man automatisch folgen konnte, ohne großartig das Für und Wider abzuwägen. Einerseits erschien das sehr sinnvoll, da man sich so viele Unannehmlichkeiten ersparte, andererseits ging der Spaß schnell flöten. Außerdem neigte das Ausleben einer solchen Lebensphilosophie dazu, sehr anstrengend für Geist und Körper zu sein, sodass man ab und an davon Abstand nehmen musste und mal so richtig die Sau rauslassen sollte.
Ich war gerade an solch einem Punkt, von allem und jeden genervt - ganz besonders von mir selbst - und brauchte dringend etwas Ablenkung. Leider war mir bisher noch nicht aufgegangen, wie ich diese erlangen sollte. Die Kehrseite der schönen Gewohnheitsmedaille war nämlich, dass die eigene Kreativität in dieser Hinsicht in Fesseln gelegt wurde und sich daher nicht mehr so gut entfalten konnte. Ergo, die Eintönigkeit meines so strukturierten Lebens, das ich so schön fand, fraß mich langsam innerlich auf, sodass meine Frustration immer weiter anwuchs. Dabei war meine Frustrationstoleranz sehr hoch, aber auch das größte Fass war irgendwann mal voll und drohte überzulaufen.
Ich spürte, dass ich genau an diesem Punkt stand, allerdings liebte ich nicht nur Routinen, die mich innerlich vor Langeweile halb umbrachten, sondern war auch teilweise ein richtiger Angsthase. Ich hasste es, in den Urlaub zu fahren, da benahm ich mich meistens noch nervöser als ohnehin schon. Mich beim Sport auszupowern war auch nicht so meine Art, das strengte mich dann noch mehr an und danach ließ sich mein körperlicher Zustand als noch desaströser einordnen. Außerdem verschlimmerten sich die Gedankenkreise, wenn ich zu viel Zeit zum Nachdenken bekam, sodass ich davon stets Abstand nahm.
Sicherlich war ich eigentlich kreativ veranlagt, aber ich verdiente mit meiner Kreativität mein tägliches Brot, also fiel das auch weg, dazu kamen die ganzen selbst auferlegten Grenzen, die sie weiter minderten. Lesen stellte tatsächlich eines meiner Hobbys dar, allerdings befriedigte es meine Bedürfnisse in letzter Zeit auch nicht.
Kurzum, mein momentaner Zustand war zu frustrierend, um wahr zu sein. Jeden Tag ging es mir irgendwie schlecht und ich konnte nicht erklären, woran es genau lag. Eigentlich hatte ich alles, was ich brauchte, ich nagte nicht am Hungertuch, ich wohnte in einer schönen Wohnung und pflegte tatsächlich ein paar Kontakte zur Außenwelt. Allerdings fehlte mir irgendetwas und das brachte mich auf die Palme.
Da ich keinen Partner hatte, dem ich mein Leid klagen und meine überschüssige Energie anvertrauen konnte, blieb mir nur noch, mich entweder im Selbstmitleid zu vergraben oder mich bei meiner besten Freundin Sofia über mein jämmerliches Dasein auszukotzen. Das war in Ordnung, wir kannten uns seit dem Gymnasium und dienten uns gegenseitig regelmäßig als Blitzableiter.
Sie war wirklich eine Schönheit, wie ich schon damals neidvoll anerkennen musste, der Traum aller Jungs, ausgestattet mit naturblonden Haaren und strahlend blauen Augen. Wenn sie in der Schule an unseren Klassenkameraden vorbeiging, blieb das nie unbemerkt und ich könnte wetten, dass sie schon des Öfteren in dem ein oder anderen feuchten Traum der jungen Männer vorkam. Zu allem Überfluss hatte sie auch noch eine wunderschöne Figur und maß über einen Meter siebzig.
Manchmal beschenkte die Natur die Menschen mit sämtlichen körperlichen Vorzügen, die sie in ihrem Baukasten zu bieten hatte, dachte ich amüsiert.
Sagen wir mal so, sie sah aus wie ein Model, was mir als Jugendliche mehr als unfair vorkam, wie das bei Pubertierenden nun einmal so war. Aber damals verglich ich mich auch noch regelmäßig mit anderen Mädchen, was man sowieso niemals tun sollte. Denn ich war dagegen relativ klein, hatte dunkelbraune Haare, braune Augen und eine vollkommen normale Figur. Alles an mir schrie Normalo, ich war äußerlich absolut nichts Besonderes - in meinen Augen zumindest und genau da lag auch die Gefahr bei Vergleichen. Die Selbstwahrnehmung war immer anders als die Fremdwahrnehmung der Menschen in der Umgebung.
Das beste Beispiel dafür stellte Sofia selbst dar, sie sah mich schon immer anders als ich selbst. Sie beneidete meine fast schwarz anmutende Haarfarbe, was ich noch nie verstand, schließlich war sie eine natürliche Blondine, was sich bestimmt achtzig Prozent der Frauen wünschten. Aber der Mensch wollte immer das, was er nicht bekommen konnte. Ebenso wie die leichten Wellen in meinen Haaren, die mich regelmäßig zur Weißglut brachten, weil sie in meinen Augen nichts Halbes und nichts Ganzes darstellten, aber Sofia hatte ganz glattes Haar und wünschte sich stets ein wenig mehr Volumen. Und so ging es weiter und weiter, jede Frau kannte das.
Wahrscheinlich waren es unsere Gegensätze, die sich anzogen. Nicht nur äußerlich variierten wir sehr, auch charakterlich könnten wir nicht unterschiedlicher sein, aber das machte unsere inzwischen sehr lange Freundschaft so lebendig.
Sofia war ein regelrechter Hitzkopf und sehr durchsetzungsstark, eine Frau, die genau wusste, was sie wollte. Ich dagegen verhielt mich recht still und zurückhaltend, war aber beileibe nicht auf den Kopf gefallen. Wir ergänzten uns einfach fabelhaft. Sicherlich stritten wir uns wegen unserer Gegensätze auch mal, aber das war typisch und daher zu vernachlässigen.
Sofia besaß noch eine Eigenschaft, die mich sehr faszinierte und die ich selbst im Leben nicht so umsetzen könnte wie sie. Wenn sie einen Kerl wollte, dann nahm sie sich ihn. Sie achtete stets darauf, dass alle ungebunden waren und sie niemanden verletzte. Sie hatte ein wahrlich erfülltes Sexualleben und die Erzählungen ihrer Umtriebigkeit trieben mir manchmal die Schamesröte ins Gesicht.
Ich persönlich konnte längst nicht von mir behaupten, auf diesem Gebiet besonders erfahren zu sein, aber durch meine Freundin sammelte ich teilweise mehr Eindrücke, als mir eigentlich lieb war. Gleichzeitig fragte ich mich jedes Mal nach einer neuen Geschichte, wo zum Teufel sie die ganzen Kerle auftrieb, die dann auch noch alle so unglaublich gut in der Kiste ablieferten - oder auf dem Tisch, einer Bank, einem Pool und so weiter und sofort. Bei ihr konnte ich mir auch nicht vorstellen, dass sie die Tatsachen verdrehte oder übertrieb, dafür kannte ich sie zu gut. Sie besaß solch einen ehrlichen Charakter, dass das einfach nicht ihrer Natur entsprach.
Am erschreckendsten fand ich jedoch, dass mein Unterbewusstsein immer neugieriger auf derlei Abenteuer wurde und stets mehr wissen, vor allen Dingen aber selbst loslegen wollte. Noch verbannte ich jegliche Gedanken daran, da ich mir beim besten Willen nicht vorstellen konnte, wie mir die Männerwelt zu Füßen liegen sollte, um solche Erlebnisse zu kreieren (übertrieben formuliert), aber die Geschichten hörte ich mir dennoch gern an. Sie bildeten tatsächlich einen willkommenen Kontrast zu meiner täglichen, routinierten Einöde.
Manchmal fühlte ich mich so, als würde ich einen Film ansehen, wenn Sofia mir wieder detailreich schilderte, was sie alles mit ihrer letzten Eroberung angestellt hatte. Aber man sagte ja immer so schön, dass Sex sich eben am besten verkaufte und ich stellte da wahrlich keine Ausnahme dar - auch wenn ich sehr gern das Gegenteil behauptete.
Auch heute am Nachmittag hatten wir uns zu einem Treffen verabredet, da wir uns seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr gesehen hatten und den neusten Klatsch auszutauschen gedachten. Sicherlich hatte sich im aufregenden Leben meiner besten Freundin einiges zugetragen und ich musste einiges an Frustration loswerden, die sich Sofia bereitwillig erzählen ließ. Tatsächlich liebte sie es, mir zu helfen oder mir hilfreiche Tipps zu geben wie »such dir einen Typen und lass dir die Seele aus dem Leib ficken«. Diese Hinweise erachtete ich zwar jetzt nicht als extrem hilfreich, aber wenigstens hatten wir unseren Spaß und verbrachten den Tag sinnvoll. Erwartungsvoll fieberte ich auf unser Treffen hin, damit ich mir mal wieder so richtig den ganzen Mist von der Seele reden konnte.
2. Kapitel
Pünktlich wie verabredet bimmelte es an der Tür und meine strahlende, beste Freundin fiel mir stürmisch in die Arme. Wir standen noch auf dem Flur, aber das störte uns beide nicht. Sollte ruhig jeder wissen, dass wir unzertrennlich waren und gemeinsam durch dick und dünn gingen. Gemeinsam stolperten wir in meine Wohnung, ein gemütliches Reich mit zwei Zimmern, lagen uns noch kurz in den Armen.
Als wir uns langsam voneinander lösten, platzte Sofia heraus: »Clarissa, ich habe dich schon so lange nicht mehr gesehen! Wie gehts dir, was ist in letzter Zeit passiert? Ich sterbe vor Neugier«, grinste sie auf mich herab und ich musste lachen.
Auch sie hatte einiges zu berichten, das sagte mir meine Erfahrung und die Tatsache, dass ihr Gesicht förmlich vor Vorfreude glühte. Sie war wirklich die beste Ablenkung von meiner Tristesse, die ich mir nur wünschen konnte.
Ausschließlich sie und meine Mutter benutzten meinen kompletten Vornamen, alle anderen nannten mich Clara. Warum Sofia mich immer noch so nannte, wusste sie selbst nicht, aber da wir das mittlerweile nun schon jahrelang so praktizierten, hatten wir uns daran gewöhnt. Ich hatte sowieso kein Problem mit meinem Namen, daher störte es mich überhaupt nicht. Manchmal fragte ich mich nur, ob ihr das nicht viel zu lang war, wenn sie mich auch beim Spitznamen nennen könnte, aber mir sollte es recht sein.
»Ach, leider ist echt nicht viel Neues passiert, außer, dass ich tonnenweise Arbeit am Hals und schon lange keinen Ausgleich mehr dafür habe. Es ist ein wenig frustrierend, wenn ich ehrlich sein soll«, sagte ich etwas zerknirscht. Allein der Gedanke daran verursachte eine dermaßen schlechte Laune in mir, dass ich am liebsten etwas demoliert hätte. Welch gute Voraussetzungen für meine glorreiche und strahlende Zukunft, dachte ich ironisch.
»Ich habe dir schon immer gesagt, dass du von diesem Sklaventreiberverein wegmusst. Die bringen dich noch ins Grab«, schimpfte Sofia aufgebracht, was bei ihr manchmal schneller ging als bei einem Tasmanischen Teufel.
Das war eine Sache, wo wir beide uns nie einig wurden. Ich arbeitete als Grafikdesignerin und die meisten glaubten es mir nicht, aber in dieser Branche herrscht ein harter Wettbewerb mit rauem Umgangston. Es wurde einem nichts geschenkt und das Einzige, was zählte, war Leistung und sonst gar nichts. Einen schlechten Tag konnte man sich kaum erlauben, wenn man in so einer renommierten Firma arbeitete wie ich. Mein Chef war ein riesiges Arschloch, aber ich bekam gutes Geld und mehr Urlaub als viele andere.
Allerdings merkte ich langsam, dass Geld und ein wenig mehr freie Tage noch lange nicht den seelischen Stress wettmachten, den dieser Job mit sich brachte. Wenn du psychisch im Eimer warst, halfen dir die drei Urlaubstage mehr im Jahr auch nicht weiter.
Sofia lag mir schon seit Ewigkeiten in den Ohren, dass ich mich doch endlich selbstständig machen sollte, aber dafür brachte ich den Mut nicht auf. Ich mochte meine finanzielle Sicherheit und das Wissen, dass ich auch bei Flaute mein Leben einfach weiterführen konnte. Außerdem hatte ich Angst vor dem ganzen Steuerkram, die privaten Versicherungen und so vieles mehr. Doch welchen Preis man für diese vermeintliche Sicherheit bezahlte, stand auf einem ganz anderen Blatt geschrieben. Egal, wie man es drehte und wendete, die Entschädigung wog den Aufwand herzlich wenig auf, wenn man mal ganz ehrlich zu sich selbst war.
Ich bemerkte natürlich diese Schattenseiten, die von Jahr zu Jahr schlimmer wurden und mich immer mehr ausbrannten. Wenn ich nicht bald ein Mittel fand, dies zu bekämpfen, musste ich zwangsläufig irgendwann kündigen, um nicht in der Psychiatrie zu enden. Ich hielt mir diesen drohenden Weg immer vor Augen, da ich schon genug Kollegen beobachtet hatte, die im Laufe der Zeit plötzlich alles aufgaben und sich aus diesem Bereich komplett zurückzogen, um ein für sie besseres Leben zu führen.
Noch vor ein paar Jahren hielt ich diese Einstellung für absoluten Stuss, aber so langsam beschlichen mich ähnliche Gefühle, die in mir sämtliche Alarmglocken auslösten. Meine Zeit war begrenzt und ich würde den Teufel tun, mein kostbares Leben auf der Geschlossenen zu verbringen, nur weil ich der fälschlichen Annahme erlag, ich sollte meine Kraft für meine Arbeit verbrauchen. Bevor ich dies aber zugab und irgendwann die Reißleine zog, dauerte es noch ein wenig.
»Du hast ja recht. Ich brauche einen guten Ausgleich, aber ich habe eben auch wenig Zeit. Momentan ist es besonders schlimm, ich mache gefühlt nur Überstunden, weil wir diese Kampagne für unseren derzeitigen Großkunden fertig bekommen müssen. Der hat aber Tausende Extrawünsche und ändert ständig seine Meinung. Es ist total anstrengend, ich könnte mal eine Pause vertragen, oder eine wirklich gute Ablenkung.«
Bei meiner Aussage blitzten Sofias Augen durchtrieben, was mich kurz aus der Fassung brachte. Was war das denn eben?
»Das dürfte bei dir schwierig werden, schließlich bist du recht wählerisch, was deine Hobbys betrifft. Wie sah es denn in letzter Zeit an der Männerfront aus?«
Ich seufzte nur, denn diese Frage hatte ich geahnt, sicher wollte sie mir wieder irgendwelche Kerle vorstellen, die sie irgendwo kennengelernt hatte und die wie für mich geschaffen schienen. Die Auswahl der Männer entsprach selten meinem Geschmack und ich lehnte jedes Mal dankend ab, wenn sie mir anbot, ein Treffen zu organisieren.
Das war einfach nichts für mich, erstens suchte ich mir meinen Sexualpartner lieber selbst aus und zweitens wollte ich keine Kerbe im Bettpfosten irgendeines Kerls sein.
Sofia deutete meinen Seufzer standesgemäß goldrichtig: »Also absolute Oberflaute. Wie immer…«
»Was soll das denn heißen?«, motzte ich ein wenig verletzt. »Du tust ja gerade so, als wäre ich irgendeine ewige Jungfer, die noch nie einen nackten Typ gesehen hat.«
Sofia lachte amüsiert und antwortete: »Na ja, das vielleicht nicht, aber dein letzter guter Fick ist bestimmt auch schon ewig her, oder?«
Ich hasste es, wenn sie recht hatte. Als ich sturerweise einfach nichts darauf erwiderte, setzte sie gnadenlos nach: »Clarissa, du musst langsam mal anfangen, das Leben in seinen Facetten anzuerkennen und zu genießen, sonst landest du wirklich bald bei den Männern mit den weißen Kitteln.«
Genervt blickte ich sie an. »Nur weil du jeden Kerl vögelst, den du dir wünschst, sobald er in dein Sichtfeld stolpert, heißt das noch lange nicht, dass ich das auch will.« Mir gefiel nicht, wie defensiv ich klang.
»Klar kann ich jeden Kerl vögeln, den ich will. Das können meiner Meinung nach so gut wie alle Frauen. Und du, meine Liebe, brauchst mal wieder einen richtig dicken Schwanz in der Muschi, der es dir so richtig besorgt.«
Jetzt grinste sie wie eine zufriedene Katze, als würde sie gerade in sehr lebendigen Erinnerungen schwelgen. Erinnerungen, die noch nicht lang her sein konnten. Als ich wieder nichts erwiderte, wusste sie, dass ich ihr im Stillen zustimmte. Schließlich lag sie auch goldrichtig, ich war viel zu zurückgezogen und hatte in letzter Zeit nur meine Arbeit im Kopf gehabt. Dass mein Körper da irgendwann die Turbinen abschaltete, lag eigentlich auf der Hand. Ich seufze wieder.
»Clarissa, ich möchte nicht, dass du so leidest. Das kann ich einfach nicht mitansehen. Dafür bist du mir viel zu wichtig. Ich habe da einen Vorschlag.«
Als sie stockte, blickte ich sie verwirrt an. Wieso war sie plötzlich so nervös? Ich wollte schon nachfragen, aber sie kam mir zuvor.
»Es gibt da einen Ort, zu dem ich dich gern mitnehmen würde. Er könnte dir sicher helfen, etwas Frust abzubauen, und dir mal wieder etwas Vergnügen schenken.«
Sie sprach für mich in Rätseln und ich erwiderte: »Aber du willst mich jetzt nicht zum Sport oder in einen Puff schleppen, oder?«
Sie prustete los und entgegnete süffisant: »Nein, so etwas ist dieser Ort nicht. Es ist eine Art Wohlfühloase mit einem gewissen Pepp.« Sie zwinkerte mich verstohlen an und mir schwante bereits, was genau sie damit auszudrücken gedachte.
Da kam man sicherlich sehr auf seine Kosten, aber ob das nun auch etwas für mich war, bezweifelte ich. Sie sah an meinem skeptischen Gesichtsausdruck, was ich von ihrer Idee hielt. Selbstverständlich war sie innerlich auf meine Zweifel eingestellt, daher entgegnete sie locker: »Guck es dir zumindest einmal an. An diesen Ort kommt man nur auf besondere Einladung von Mitgliedern«, sie zeigte mit dem Finger auf sich, »und es ist alles sehr diskret. Niemand wird erfahren, dass du dort warst, denn man unterliegt einer Verschwiegenheitsklausel. Das schützt diesen Ort vor Betrug und Ausnutzung. Jeder, der dort einkehrt, möchte Spaß und sonst nichts. Was dort passiert, bleibt auch dort.«
Sofia sah mich so eindringlich an, dass ich ihr jedes Wort glaubte. Ich hatte zwar arge Bedenken, aber meine beste Freundin würde mich zu keinem Ort führen, der mir schadete, und wenn sie wirklich die Meinung vertrat, dass ich dort gut aufgehoben war, dann vertraute ich auf ihr Wort.
Wenn ich ehrlich war, erwachten bei der Erwähnung dieses Ortes einige tot geglaubte Körperregionen wieder zum Leben und kribbelten aufgeregt. Mein Verstand schien zwar dagegen zu sein, aber mein Körper war es definitiv nicht. Das roch förmlich nach einem Abenteuer, das ich innerlich so ersehnte und für mich etwas völlig Neues darstellte.
»Okay, wenn du meinst, das sei gut für mich, dann werde ich dich begleiten.«
Mich überkam eine Welle der Nervosität, doch ich ignorierte sie. Wenn ich wirklich irgendetwas ändern wollte, musste ich wohl auch einmal aus meiner Komfortzone ausbrechen. Außerdem konnte mir ein wenig Spaß tatsächlich nicht schaden, sonst setzte ich irgendwann noch Spinnweben an.
Sofia strahlte mich an und umarmte mich stürmisch, was mich wieder zum Lachen brachte. Sie konnte einfach goldig sein und ihre Freude war meistens so mitreißend, dass man sich automatisch mitfreute.
Aufgeregt sagte sie: »Glaub mir, du wirst es nicht bereuen!«
3. Kapitel
Innerhalb der nächsten Tage rief mich Sofia an und nannte mir das Datum für mein erstes Mal in diesem ominösen Wohlfühltempel. Sie wirkte dabei so voller Vorfreude wie ein Kind zu Weihnachten und wegen ihrer ungefilterten Euphorie regten sich bereits leichte Zweifel in mir. Dabei hatte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal den Hauch einer Ahnung, was mich letztendlich dort erwarten sollte. Womöglich wäre ich erst gar nicht mitgekommen, aber der Reihe nach.
Ich hatte große Bedenken, denn ich war ein wirklich schüchterner Typ Mensch und wusste überhaupt nicht, was da auf mich zukam. Zu allem Überfluss sagte mir meine langjährige Freundin, dass wir schon nächstes Wochenende dort erscheinen würden, was mir den Angstschweiß auf die Stirn trieb. Das war recht wenig Zeit, um mich auf die bevorstehende Aufgabe einzurichten, aber Sofia kannte mich einfach zu gut. Sie wusste, dass ich zum Grübeln neigte und gern Dinge zerdachte, um sie dann doch lieber nicht in Angriff zu nehmen.
Meine Fähigkeit, sich prompt plausible Gegenargumente für solch eine Unternehmung einfallen zu lassen, erstickte sie sofort im Keim. Sie sorgte einfach vor, indem mir schlicht gar keine Gelegenheit geboten wurde, um Fluchttendenzen zu entwickeln. Mich ins kalte Wasser schubsen schien schon zu Schulzeiten ein beliebter Zeitvertreib von ihr gewesen zu sein, sodass meine liebreizende Freundin inzwischen ein richtiger Profi darin war.
In mir brodelte es seit dieser Nachricht. Wie zum Teufel sollte ich das schaffen? In Liebesdingen glich ich wohl am ehesten einem Mauerblümchen und ich war bei Weitem nicht so ein Freigeist wie Sofia. Ich hatte sogar schon Hemmungen, in die Sauna zu gehen, weil ich Angst hatte, mich vor anderen Leuten nackt zu zeigen. Man könnte ja auf Kollegen treffen, die mich dann im Evakostüm sahen oder dergleichen. Hilfe, bloß nicht … Ich hatte eine Menge Vorbehalte, was diesen wundersamen, von Sofia so angepriesenen Ort anging.
Sofia beruhigte mich immer wieder mit einer Engelsgeduld und versprach mir, dass mein erster Besuch nur eine Art Stippvisite sein sollte, wenn ich es wünschte. Ich konnte mir den ganzen Spaß ansehen und wenn es mir gefiel, durfte es gern weitergehen. Sie hätte alles mit den Verantwortlichen geklärt.
Was genau ich dort beobachten sollte, behielt sie im Detail noch für sich, allerdings konnte ich mir dunkel ausmalen, worum es ging. Schließlich galt meine Fantasie als unschlagbar in der Hinsicht, sie lieferte schier alles als Bildmaterial direkt in meinen Kopf.
Versteht mich nicht falsch, ich mochte Sex. Sehr gern sogar, wenn er gut war, versteht sich. Das war aber schon sehr lange her bei mir und mein Körper schrie inzwischen immer regelmäßiger nach ein wenig Aktivität. Hinzu kam die immer stärker werdende Neugier im Hintergrund meines Verstandes, die mich dazu ermunterte, diesen Deal trotz meiner verzehrenden Ängste anzunehmen. Es schien durchaus nachvollziehbar, dass Sofia in ihrer unnachahmlich tollkühnen Art das Heft des Handelns übernahm und mir das wahrscheinlich einschneidendste Erlebnis meines Lebens verschaffen wollte - und das befriedigendste, wenn ich sie richtig einschätzte.
Momentan konnte ich mir noch nicht vorstellen, dass das auf mich zutreffen sollte. Ich beschloss allerdings, das Wagnis dennoch einzugehen, weil ich dringend mal rausmusste, etwas anderes außerhalb meines normalen Tanzbereichs erleben, der ohnehin gerade nichts für mich bot. Außerdem fielen mir tatsächlich auf die Schnelle keine passenden Argumente ein, um mich da herauszuwinden, denn das übliche ›das ist mir zu frivol, das mache ich nicht‹ ließ eine Frau wie Sofia überhaupt nicht gelten.
Sofia würde mich zu nichts überreden, was mir potenziell gefiel und sie besuchte diesen Ort selbst regelmäßig, wie sie mir erzählte, demnach sollte ich mir meine Befürchtungen sparen und mich lieber fallen lassen.
Wenn das mal so einfach wäre, dachte ich trocken, versuchte aber, mir nicht zu viele Horrorszenarien auszumalen.
4. Kapitel
Wir verabredeten uns für den folgenden Samstag am Abend, wo Sofia mich mit dem Auto von zu Hause abholen sollte. Sie brannte darauf, mir die Überraschung nicht verderben zu wollen, sodass ich noch immer keine Ahnung hatte, was mich erwartete. Sie erwähnte nur, dass wir in Richtung des städtischen Schwimmbads unterwegs wären, mehr aber auch nicht, sodass ich nach wie vor im Dunkeln tappte und mir buchstäblich die Fragezeichen ins Gesicht geschrieben standen.
Ich war schon sehr oft in diesem Schwimmbad gewesen, da ich nach der Arbeit ab und an mal planschen ging, auch wenn ich Sport hasste. Schwimmen tat meinem vom Sitzen geschundenen Rücken sehr gut und es machte auch Spaß, wenn man schwerelos im Wasser trieb und an nichts anderes als dieses wunderbare Gefühl dachte. Mir würde niemals einfallen, mich im Schwimmverein anzumelden, da ich keinen Bock auf Leistungsdruck und Wettkämpfe hatte. Mir fielen wirklich bessere Freizeitaktivitäten ein, als an Wochenenden für irgendwelche Wettbewerbe durch die Gegend zu gondeln, wo es um den goldenen Blumentopf ging. Außerdem erwartete dann jeder, dass ich durch das Wasser hechtete, wie Franziska van Almsick und irgendwelche Bestzeiten jagte, die ich niemals im Leben knacken könnte. Dafür ging ich nicht schwimmen und mit Entspannung hatte das auch wenig zu tun, daher blieb ich bei meinen sporadischen Paddeleinlagen, womit ich äußerst zufrieden war. Doch ich konnte mich nicht daran erinnern, in dieser Schwimmhalle jemals Anzeichen für einen exklusiven Club oder dergleichen gesehen zu haben.
Jedes Mal, wenn ich dort vorbeikam, wähnte ich mich in einer ganz normalen Schwimmhalle, sie besaß nichts Auffälliges oder Merkwürdiges. Aber wenn man so einen Club, oder wie man es auch immer nennen mochte, führte, musste man auf Diskretion besonders viel wert legen, was die Betreiber offensichtlich bis zur Perfektion beherrschten. Jedenfalls war ich schon recht gespannt, wohin Sofia mich nachher führte und welche neuen Welten ich heute Nacht kennenlernte.
Diese Erkenntnis machte mir bei näherer Betrachtung tatsächlich Mut, auch wenn ich immer noch vor dem kommenden Ereignis Panik schob. Aber wenn eine regelmäßige Schwimmhallengängerin wie ich komplett ahnungslos dort im Wasser trieb, dann schienen die Aktivitäten dort wirklich unter dem Siegel TOP SECRET zu laufen.
Wie immer, wenn man vor einer ungewissen Aufgabe stand, verging die Zeit davor wie im Fluge, als würde jemand hämisch grinsend an den Uhrzeigern drehen. Es kam mir vor, als hätte Sofia mir vor fünf Minuten von diesem Ort erzählt, den ich schon morgen tatsächlich besuchte. Allein bei dem Gedanken wurde mir fast übel vor Nervosität.
Seit Tagen träumte ich nachts unruhig von irgendwelchen maskierten Gestalten, die mich in einer Art dunklem Kerker als Gruppe überfallen wollten, wo ich stets bereits festgekettet auf dem Silbertablett vollkommen nackt serviert hing. Ich erwachte immer wild gestikulierend und rufend, meine Haut nass vom Angstschweiß. Mein Kopf dachte sich ständig die wildesten Szenarien aus, wenn ich richtig nervös war und so war es auch dieses Mal. So ganz normal war das nicht, aber ich konnte es auch nicht ändern, es passierte schließlich von ganz allein.
Ich dachte selbst, dass ich mich inzwischen ziemlich paranoid verhielt, aber mein Unterbewusstsein spielte mir gern solche Streiche, wenn unvorhersehbare Ereignisse anstanden und ich den Wunsch verspürte, man möge mir doch noch ein wenig mehr Eingewöhnungszeit gewähren - oder Fluchtzeit, je nachdem, wofür ich feiges Hühnchen mich am Ende hinreißen ließ. Nun gab es aber keine Fluchtmöglichkeiten mehr, denn ich war fest entschlossen, einen Fuß in das neue Unbekannte des morgigen Abends zu setzen.
5. Kapitel
Als der Samstag schließlich anbrach und ich erwachte, war ich noch äußerst müde von der Nacht. Die Albträume der letzten Nacht steckten mir noch immer in fröhlicher Erinnerung in den Knochen. Es waren immer die gleichen Träume voller Dunkelheit und Unbehagen, in denen ich hilflos und gefesselt vor vielen Menschen präsentiert lag, ohne eine Chance auf Flucht.