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Eine zweite Chance könnte genau das sein, was James Steele braucht … Ich mag zwar einer der ältesten Spieler im Arizona Vengeance-Team sein, aber ich glaube, dass mich das auch zu einem der weisesten macht. Zumindest war dies früher der Fall. Ich habe mich egoistisch verhalten, denn seit Jahren bin ich mit dem Eishockeysport und meinem Team verheiratet, was nicht viel Zeit für meine Frau Ella lässt. Jetzt jongliere ich mit einer Trennung, die ich nie wollte, dem Druck, meiner pubertierenden Tochter ein guter Vater zu sein, und der Karriere, für die ich mein Privatleben geopfert habe. Während mein Spiel auf dem Eis brennt, läuft es in meinem Privatleben weniger rund, wie die Tatsache zeigt, dass ich meine Frau gerade bei einem Date mit einem anderen Mann gesehen habe. Wenn ich meine Familie, die ich über alles liebe, retten will, muss ich neue Prioritäten setzen - und zwar schnell! Ich habe noch nie vor einer Herausforderung zurückgeschreckt, und Ella aufs Neue zu erobern ist eine Herausforderung, auf die ich mich sehr freue. Dieses wichtigste Spiel in meiner Karriere muss ich gewinnen. Teil 9 der Reihe rund um das Team der Arizona Vengeance von New York Times-Bestsellerautorin Sawyer Bennett.
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Seitenzahl: 293
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Sawyer Bennett
Arizona Vengeance Teil 9: Steele
Aus dem Amerikanischen ins Deutsche übertragen von Oda Janz
© 2020 by Sawyer Bennett unter dem Originaltitel „Steele (Arizona Vengeance, Book #9)“
© 2023 der deutschsprachigen Ausgabe und Übersetzung by Plaisir d’Amour Verlag, D-64678 Lindenfels
www.plaisirdamour.de
© Covergestaltung: Sabrina Dahlenburg
(www.art-for-your-book.de)
© Coverfoto: Shutterstock.com
ISBN Print: 978-3-86495-598-3
ISBN eBook: 978-3-86495-599-0
Alle Rechte vorbehalten. Dies ist ein Werk der Fiktion. Namen, Darsteller, Orte und Handlung entspringen entweder der Fantasie der Autorin oder werden fiktiv eingesetzt. Jegliche Ähnlichkeit mit tatsächlichen Vorkommnissen, Schauplätzen oder Personen, lebend oder verstorben, ist rein zufällig.
Dieses Buch darf ohne die ausdrückliche schriftliche Genehmigung der Autorin weder in seiner Gesamtheit noch in Auszügen auf keinerlei Art mithilfe elektronischer oder mechanischer Mittel vervielfältigt oder weitergegeben werden. Ausgenommen hiervon sind kurze Zitate in Buchrezensionen
Prolog
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Autorin
Steele
Insgesamt betrachtet war es eine gute Idee, meiner Frau bei ihrem Date heute Abend hinterherzuspionieren. Im Wohnzimmer meines Hauses, das ich vor über fünf Monaten gemietet habe, als sie mich aus unserem gemeinsamen Zuhause schmiss, lehne ich mich im Fernsehsessel zurück und denke über den Abend nach.
Irgendwie ist es mir gelungen, meinen Teamkollegen und engsten Freund, Kane Bellan, dazu zu überreden, mit mir den Schnüffler zu spielen. Ich wollte herausfinden, wie ernst es Ella mit diesem Typ war, den sie traf. Ich kann nicht leugnen, dass ich innerlich kochte, als ich sah, wie sie zusammen lachten und miteinander sprachen und Händchen hielten. Meine anfängliche Zufriedenheit darüber, dass sie sich nicht geküsst haben, als er sie abholte, war wie weggeblasen. Ja, das hatte ich von der Stelle aus beobachtet, an der ich mit Kane geparkt hatte.
Und ja, ich wusste, dass es an Wahnsinn grenzte, besonders, weil Ella absolut keinen Grund hat, mich zurückzunehmen.
Mit unserer Ehe ist es immer mehr bergab gegangen, zumindest ihrer Meinung nach, während ich nichts davon bemerkte. Vermutlich, weil ich in den letzten Jahren meiner professionellen Eishockeykarriere zu sehr auf mich fokussiert war.
Nach Ellas Überzeugung war es vorbei, als ich letztes Jahr von den Quebec Royals zu den Arizona Vengeance wechselte. Als sie mich vor etwa fünf Monaten bat, auszuziehen, kam ich gerade in die Play-offs und unser Team hatte eine echte Chance, zu gewinnen. Ich war nicht sicher, ob ich überhaupt begriff, was passierte, doch ehe ich mich versah, wohnte ich allein zur Miete.
Aber verdammt, als ich sie letzte Woche zufällig in einem Restaurant mit diesem Mann gesehen habe, der ihr aufmerksam zuhörte, ihr ein Lächeln aufs Gesicht zauberte und sie zum Lachen brachte – etwas, was ich in vielen Jahren nicht geschafft hatte –, erwachte das Tier in mir. Es war wie eine Erleuchtung. Ich begriff, dass ich nicht bereit war, Ella gehen zu lassen.
Spulen wir vor zu heute Abend: Ja, Kane und ich haben ihr und ihrem Date nachspioniert. Wir wollten sie lediglich aus der Ferne beobachten und dabei Informationen sammeln. Ich wollte herausfinden, wie ernst es ihnen war, denn es war zwei Wochen her, seit ich sie mit ihm gesehen hatte, und in dieser Zeit konnte eine Menge passieren.
Leider ist es schiefgegangen, weil Ella mich hinter einem Imbisswagen entdeckte.
Mein Gott, sie war atemberaubend! Ihr goldenes Haar fiel in Wellen über ihre Schultern und schwang in einem sanften Bogen, als sie mich nach zweimaligem Hinsehen entdeckte. In ihren blauen Augen blitzte Wut auf und ihr Blick schoss Pfeile auf mich ab.
Sie hatte jedes Recht, auf mich sauer zu sein, und ich wusste, dass ich dafür bezahlen würde, doch nie fand ich sie schöner als in diesem Moment.
Ich wollte abhauen, aber sie holte mich ein. Ihre Hand auf meinem Arm zwang mich dazu, stehen zu bleiben. Ihr Date, meiner Meinung nach ein ziemlich gewöhnlich aussehender Mann, beobachtete unsicher … wie sie mich fertigmachte.
Ich forderte sie heraus. „Gib mir eine Chance, dich an die guten Zeiten zu erinnern.“
„Du meinst den Sex?“, fragte sie und verzog spöttisch die Oberlippe.
Sie sah immer noch hinreißend aus.
Ich senkte den Kopf und murmelte: „Der Sex war großartig. Und ja, ich glaube, dass du eine Erinnerung brauchst.“
Augenblicklich sah ich die Leidenschaft in ihren Augen, als sie sich erinnerte und es nicht leugnen konnte. Im Bett ging es heiß her zwischen uns. Auch noch am Ende fühlten wir uns körperlich zueinander hingezogen und lebten das aus.
Als ich dieses Blitzen in ihren Augen sah, wollte ich mir beinahe schon siegessicher auf die Brust klopfen, aber die Euphorie war schnell verflogen, als sie sagte: „Eine Beziehung besteht aus mehr als nur Sex.“
Das schreckte mich nicht ab. Stattdessen versuchte ich es mit dem charmanten Lächeln, das ihr damals in der Highschool, als wir anfingen, uns zu treffen, als allererstes an mir aufgefallen war.
„Ja“, stimmte ich zu und mein Lächeln ging von charmant zu leicht verschlagen über. „Aber es ist ein verdammt guter Anfang. Ich nehme es mit jedem auf, den du triffst, inklusive dem Kerl da hinten.“
Obwohl ich ahnte, dass ich am Ende dieses Gesprächs vermutlich schlecht dastehen würde, bekam ich zumindest ein großes Eingeständnis von ihr.
Sie zischte flüsternd, damit niemand es hören konnte, obwohl ich glaube, dass zumindest Kane es mitbekam: „Wir haben keinen Sex, also gibt es nichts zu vergleichen.“
Genial! Ich musste mich zurückhalten, um nicht wie ein Gorilla mit den Fäusten auf meinen Brustkorb zu trommeln. Ella traf Mr. Gewöhnlich seit einigen Wochen, aber sie hatten noch keinen Sex, und das war meiner Meinung nach entscheidend.
Ich habe keinen Zweifel daran, dass ich mich wirklich mit jedem messen kann, weil ich über fünfzehn Jahre Erfahrung darin habe, meine Frau zu befriedigen. Davon abgesehen weiß ich, dass Ella erst dann Sex mit jemandem hat, wenn sie ihn auch wirklich mag. Diese Tatsache gab mir mehr Hoffnung als alles andere, denn es bedeutete, dass sie es mit diesem Kerl langsam anging.
Meine Gedanken kreisen um frühere Ereignisse. Während ich meine Finger auf meinem Bauch verschränke, starre ich an die Zimmerdecke. Ich bin von Natur aus ein Grübler, daher kann ich ziemlich lange ins Leere starren und nachdenken.
Heute Abend habe ich Ella gesagt, dass ich noch eine Chance möchte, um sie zurückzugewinnen. Auch wenn wir seit mehreren Monaten getrennt sind, sind wir immer noch verheiratet, doch das bedeutet natürlich nicht, dass sie mir gehört. Ich muss daran arbeiten, ihr Vertrauen zurückzugewinnen. Außerdem muss ich akzeptieren, dass da noch ein anderer ist, der um ihre Aufmerksamkeit buhlt. Zumindest glaube ich, dass dem noch eine Weile so sein wird.
Wer weiß? Vielleicht hat es ihn auch abgeschreckt, dass zwei muskulöse, professionelle Eishockeyspieler Ella hinterherspionieren? Dann hätte ich natürlich Glück.
Tief in mir weiß ich allerdings, dass es nicht so einfach werden wird. Zum Schluss war unsere Ehe einfach Mist und ich habe Ella immer wieder enttäuscht. Und was noch schlimmer ist, ich habe auch unsere dreizehnjährige Tochter Lucy enttäuscht, weil ich nicht in der Lage war, den beiden Frauen in meinem Leben einen höheren Stellenwert einzuräumen als dem Eishockey.
Es war alles meine Schuld, und als Ella mich bat, auszuziehen, konnte ich noch nicht einmal etwas dagegenhalten. Ich war ein beschissener Ehemann und verdiente es nicht anders.
Während mein Blick verschwimmt, wird mir klar, dass es nicht nur darum geht, Ella zurückzugewinnen, sondern auch unsere Tochter. Es ist nicht so, dass Lucy komplett gegen mich ist, aber wenn sie sich für eine Seite entscheiden müsste, dann für Ellas. Nicht, dass Ella das je zulassen würde. Ganz im Gegenteil. Ella hat ernste Gespräche mit Lucy geführt, wenn sie mir gegenüber frech wurde oder keine Zeit mit mir verbringen wollte. Es gibt keine formelle Trennungsvereinbarung, weil ich es Ella damals einfach machen wollte. Wir haben keine Diskussionen über das Besuchsrecht geführt, weil ich bereits wusste, dass aufgrund meiner vielen Reisen Ella das Sorgerecht bekommen würde.
Geld war kein Thema, und wir benutzen weiterhin unser gemeinsames Konto. Jetzt allerdings für den Kredit für unser Haus, in dem sie weiterhin lebt, und für die Miete des Hauses, in das ich eingezogen bin.
Ich hatte überlegt, in eine Wohnung zu ziehen, aber ich dachte, Lucy würde lieber in einem Haus wohnen. Sie ist gern draußen und liebt es, einen Garten zu haben. Letztlich machte das aber keinen Unterschied. Wenn sie bei mir ist, sitzt sie die meiste Zeit in ihrem Zimmer und ignoriert mich.
Ich seufze und mir wird klar, dass ich zwei Frauen zurückgewinnen muss. Aber ich bin bereit.
Lucy ist der einfachere Teil, denn in ihrem Herzen ist sie ein süßes Mädchen, das ihren Vater sehr liebt. Momentan hat sie typische Teenagerallüren, aber ich habe vor, mehr Zeit mit ihr zu verbringen. Es wird funktionieren, denn früher war ich nicht oft für sie da.
Bei Ella wird es schwieriger, weil ich wirklich ihr Herz gebrochen habe. Sie war zwar diejenige, die die Trennung wollte, aber nur, weil ich sie so sehr verletzt habe.
Ich trommle mit den Fingern auf meinen Bauch. Ella lässt sich nicht von Dingen wie Blumen oder Geschenken beeindrucken. Es braucht schon eine wohldurchdachte Strategie, um ihr zu beweisen, dass ich es ernst meine. Wir müssen noch mal ganz von vorn anfangen und ich muss sie genauso für mich gewinnen wie damals an der Highschool.
Außerdem trifft sie sich noch mit einem anderen Mann, der, auch wenn er mir ziemlich gewöhnlich erscheint, ganz klar etwas an sich haben muss, was sie glücklich macht. Gott, es hat verdammt wehgetan, sie heute mit ihm lachen zu sehen, auch wenn sich ein kleiner Teil von mir für sie gefreut hat.
Ich schaffe es nicht mehr, sie so zum Lachen zu bringen. Dazu muss ich erst ihr Vertrauen zurückgewinnen, aber ich habe einen Vorteil.
Sie mag spöttisch reagiert haben, als ich ihr sagte, ich würde sie gern an die guten Zeiten erinnern, und es war klar, dass es dabei um den Sex ging, aber ich habe es in ihren Augen gesehen. Da war noch eine kleine Flamme, und das könnte mein Ansatz sein.
Okay, da ist viel schiefgelaufen zwischen uns, aber bis zum Schluss, als sie mich bat auszuziehen, haben wir gevögelt wie Frischverliebte.
Ella ist sexuell freizügig und war es von Beginn unserer Beziehung an. Ich war erleichtert, als sie mir sagte, dass sie nicht mit Mr. Gewöhnlich geschlafen hat, weil es bedeutete, dass da noch etwas zwischen uns war, das nur uns gehörte.
Mit einer Frau, die es liebt, von mir berührt zu werden und mich zu berühren, sollte mein Leben doch verdammt perfekt sein, oder? Mein Gott, ich weiß nicht, wie oft Ella die Initiative ergriff, weil sie sich genauso nach mir verzehrte wie ich mich nach ihr.
Nicht einmal drei verdammte Tage, bevor sie mich bat, zu gehen, kam ich vormittags von einem Teammeeting und einer kurzen Trainingseinheit nach Hause und fand sie in sexy Dessous auf unserem Bett vor, woraufhin ich sofort hart wurde. Lucy war bei einer Freundin, und auf unserem Bett lag meine wunderschöne Frau, die mich mit offenen Armen und Beinen empfing.
Klar, dass ich das Angebot annahm. Mein Mund war überall auf ihrem Körper, einige Zeit auch zwischen ihren Beinen, nachdem mein Schwanz zuerst in ihrem Mund war. Danach haben wir gefickt wie wilde Tiere.
Ich werde hart, wenn ich nur daran denke, aber ich halte mich davon ab, meine Hand weiter nach unten gleiten zu lassen. Ich muss darüber nachdenken, wie es sein kann, dass zwei Menschen in einem Moment so intim miteinander verbunden sein können und im nächsten getrennt.
Ich habe nicht einmal Lust, meinen Schwanz anzufassen, weil ich daran denken muss, was passiert ist, nachdem wir uns das letzte Mal in unserem Ehebett so leidenschaftlich geliebt hatten.
Ella schmiegte sich eng an mich und wir redeten lange. Sie wirkte glücklich und zufrieden.
Ihre Stimme war jedoch zögerlich, als sie sagte: „Ich habe eine tolle Idee! Wie wäre es, wenn wir den ganzen Tag im Bett verbringen, Fast Food essen und Filme ansehen? Und dazwischen haben wir Sex.“
Ich meine, welcher Mann bei Verstand würde zu so etwas Nein sagen? Das Kind war nicht da, und meine verführerisch schöne Frau lag nackt neben mir und wollte mehr von dieser wunderbaren Sache, die wir gerade gemacht hatten.
Und trotzdem sagte ich Nein. „Tut mir leid, Babe, aber ich treffe die Jungs in ein paar Stunden zu einem spontanen Spiel. Ich muss vorher noch ein paar Kohlenhydrate zu mir nehmen.“
Ich erinnere mich daran, dass ich sie leidenschaftlich küsste und kurz ihren Nacken kraulte, bevor ich mich aus dem Bett rollte. Vielleicht habe ich es damals nicht gesehen, aber all die Grübelei darüber, wie ich es vermasselt habe, bringt mir die Erinnerung glasklar zurück.
Dieser Ausdruck auf ihrem Gesicht. Er war leer.
Da war noch nicht einmal die Enttäuschung, die sie normalerweise zeigte. Sie versuchte nicht, mich zu überreden. Kein Stirnrunzeln, das mich innehalten ließ.
Heute erkenne ich, was es war.
Es war der Moment, in dem Ella mich endgültig aufgab.
Rückblickend glaube ich, dass mich meine Frau oft ins Bett lockte, weil sie meine Aufmerksamkeit wollte und nicht, weil sie sich nach Intimität sehnte. Ich bin das Arschloch, das nach dem Sex glaubte, das reiche aus.
Wie oft habe ich sie so zurückgelassen, weil mir meine Eishockeyjungs wichtiger waren als ein gemütlicher Nachmittag mit meiner Frau, ein paar Filmen und Fast Food?
Meine Brust verengt sich, als mir schließlich bewusst wird, welchen Schmerz sie gefühlt haben muss, und ich rede nicht nur von diesem einen Tag. So sah unser Leben über viele Jahre hinweg aus.
Kein Wunder, dass sie mich rausgeschmissen hat.
Kein Wunder, dass sie sich mit Mr. Gewöhnlich trifft.
Steele
Es fühlt sich seltsam an, die Auffahrt zu dem Haus hochzufahren, das einst mir gehört hat, in dem heute aber Lucy und Ella allein leben. Für einen kurzen Moment ist es, als würde ich nach Hause kommen. Mit dem Gefühl, irgendwo hinzugehören, wo ich sicher und glücklich bin.
Aber da ist auch ein Gefühl von Distanz, das ich erst einmal aufbauen musste. Eine Art Schutzschild, der es mir möglich macht, hineinzugehen und zu akzeptieren, dass ich hier nicht mehr lebe.
Bei unserer Trennung hatten Ella und ich keinen großen Streit. Wir hatten rationale, auch emotionale Gespräche, aber sie war nie wütend. Nein, sie war einfach nur fertig mit mir, und tief in mir hatte ich gewusst, was kommen würde. Ich habe nie versucht, es ihr auszureden, was ziemlich dumm von mir war. Das weiß ich heute.
Seit unserer Trennung gehen wir höflich miteinander um, wenn wir uns sehen. Das passiert für gewöhnlich, wenn ich Lucy abhole und wieder nach Hause bringe. Wir haben das gemeinsame Sorgerecht und sie pendelt zwischen unseren Häusern hin und her. Allerdings helfe ich Ella, wenn etwas im Haus repariert werden muss, und glücklicherweise ist ihr Müllzerkleinerer in der Küche verstopft. Das heißt, ich habe die Chance auf ein richtiges Gespräch mit ihr anstelle der schnellen, höflichen Begrüßung, wenn ich Lucy bringe oder abhole.
Ich parke hinter Ellas Cadillac Escalade, der vor der Doppelgarage steht. Sie fährt ihn seit fast fünf Jahren, und auch wenn wir es uns leisten könnten, ihr jedes Jahr einen neuen zu kaufen, möchte sie es nicht. Sie hat noch nie mit unserem Geld angegeben, was man an unserem Haus sehen kann, das recht bescheiden ist, gemessen an den Häusern anderer Sportler. Und auch ich bin kein Angeber. Ich fahre einen vier Jahre alten Range Rover und habe nicht vor, ihn bald zu ersetzen.
Was wir allerdings vorweisen können, ist die vollständige Finanzierung von Lucys Studium. Das Geld befindet sich bereits auf ihrem Konto. Sie kann auf die teuerste Universität gehen, und auch für eine eventuelle Weiterbildung ist gesorgt. Ella und ich haben in den ersten Jahren unserer Ehe viel Geld angelegt – ihr Vater ist Finanzberater –, und wir könnten uns jetzt schon zur Ruhe setzen, wenn wir wollten.
Es war nie wichtig, dass ich wesentlich mehr verdient habe als Ella. Unsere Gehälter gingen auf unser gemeinsames Konto, und wir waren ein Team, was die Finanzen betraf.
Ich steige aus dem Auto und gehe langsam zur Haustür. Einfach hineingehen möchte ich nicht, denn ich weiß, dass das Haus heute Ellas Heiligtum ist. Ich stecke die Schlüssel in die Hosentasche und drücke die Klingel, aber ich muss nicht lange warten. Ella öffnet die Tür und sieht aus wie der junge Morgen. Sie ist barfuß und trägt ein altes Quebec-Royals-T-Shirt und weiße Shorts, die nicht zu frivol sind, aber ihre gebräunten Beine gut zur Geltung bringen. Ihr Gesicht ist ungeschminkt, ihre blauen Augen leuchten und ihr blondes Haar ist zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden.
„Hey“, sagt sie und ihr Gesichtsausdruck ist wie immer ein wenig zurückhaltend. „Danke, dass du vorbeikommst, um dir das anzusehen.“
„Kein Problem“, sage ich und trete über die Schwelle. Ich blicke wie immer zu den Bücherregalen im Wohnzimmer, die mit Fotos und Nippes vollgestopft sind. Und jedes Mal seufze ich vor Erleichterung, wenn ich sehe, dass Ella unsere Familienfotos nicht entfernt hat, die sie über die Jahre gerahmt und aufgestellt hat.
Sie dreht sich um und geht durch das Wohnzimmer in die Küche. Ich folge ihr und will verdammt sein, wenn ich nicht einen Blick auf ihren Hintern in diesen nicht frivolen, aber dennoch sexy Shorts riskiere. Doch schnell wende ich mich ab, weil ich sehe, dass Lucy an der Kücheninsel sitzt und Lucky-Charms-Frühstücksflocken isst.
Ich gehe zu meiner Tochter, zerzause ihre Haare – blond wie die ihrer Mutter – und sage: „Guten Morgen, meine Lucy Susi!“
Es ist der Spitzname, den ich ihr mit vier Jahren gegeben habe, und sie antwortete immer mit „Daddy Teddy“.
Sie ignoriert mich, beugt sich über ihre Schüssel und schaufelt einen weiteren Löffel Lucky Charms in ihren Mund. Ich lehne mich zur Seite und beuge mich vor, um mein Gesicht nah an ihres zu bringen. Demonstrativ sage ich: „Guten Morgen, Lucy!“
„Jaja“, murmelt sie mit dem Mund voll Lucky Charms.
„Lucy“, knurrt Ella warnend.
Das ist einer der Gründe, warum ich Ella so sehr respektiere. Ich habe ihr das Herz gebrochen, sie hat meinetwegen gelitten, und es wäre so einfach für sie, Lucy für ihre Zwecke einzusetzen. Meine Tochter gegen mich aufzuwiegeln. Doch in all der Zeit hat Ella nie zugelassen, dass Lucy respektlos zu mir war.
Ich blicke zu Ella und sie sieht mich entschuldigend an. Ich schüttle kaum merklich den Kopf, um ihr damit zu sagen, es sein zu lassen. Ich habe keine Lust, dass Lucy ein Drama mit uns startet.
Ella hält sich zurück, doch sie sagt: „Am besten gehst du nach oben und machst dich für die Schule fertig.“
„Gerne“, antwortet Lucy und lächelt zuerst ihre Mutter und dann mich sarkastisch an. Dann nimmt sie ihre Schale und geht damit zur Treppe.
„Denk dran, dass ich dich morgen früh abhole“, erinnere ich sie noch, als sie die Treppen hochgeht. Sie antwortet nicht, also rufe ich: „Sei um neun Uhr fertig!“
Es ist mein Tag mit Lucy. Einer der wenigen, an denen ich nicht arbeiten muss, und Ella ist immer flexibel, wofür ich sehr dankbar bin.
„Tut mir leid“, murmelt Ella und meint damit Lucys Verhalten. Sie nimmt eine Kaffeetasse vom Regal und hält sie hoch, was einer stillen Einladung gleichkommt. Ich nicke und sie dreht sich zur Kaffeekanne um. „Ich komme mit ihren Stimmungsschwankungen manchmal nicht mehr mit.“
„Ich bin sicher, das hat mit mir zu tun“, entgegne ich und biete ihr damit bereitwillig an, die ganze Schuld auf mich zu nehmen. Dabei gehe ich Richtung Spüle.
„Das stimmt nicht“, antwortet Ella und stellt die Tasse mit schwarzem Kaffee für mich auf dem Küchentresen ab. „Sie macht das auch mit mir.“
„Sie ist dreizehn.“ Ich drehe den Hahn auf und beobachte, wie das Wasser läuft und dann aus dem Abfluss wieder hochkommt. „Als ich so alt war, war ich richtig eklig zu meinen Eltern.“
Ella lacht. „Ich auch.“
Nicht das, was sie sagt, sondern wie sie lacht, lässt mich zu ihr blicken. Es ist eine Weile her, dass sie so auf etwas reagiert hat, das ich gesagt habe, und ich hatte vergessen, wie schön es ist, sie zum Lachen zu bringen.
Ich verberge meine Gefühle und deute auf den Müllzerkleinerer. „Ich muss das Abflussrohr unter der Spüle öffnen. Ich hole schnell mein Werkzeug.“
Ella nickt und geht zu ihrem Laptop hinüber, der auf einem winzigen Tisch neben der Kücheninsel steht. Ich kann erkennen, dass sie Facebook geöffnet hat. Sie nutzt es hauptsächlich, um mit Freunden und Familie aus Michigan in Kontakt zu bleiben.
Ich gehe in die Garage, die sich neben der Küche befindet. Ein kleiner Windfang liegt dazwischen. Ich habe mein Werkzeug nicht mit in mein neues Haus genommen. Ich wohne zur Miete, und wenn etwas kaputt geht, kümmert sich der Vermieter darum. Doch ich bin handwerklich begabt und hatte schon immer einen Sinn für Technik, sodass ich mir im Laufe der Jahre alle grundlegenden Reparaturen im Haushalt beigebracht habe, die anfallen können.
Auf der Suche nach meinem Werkzeugkasten sehe ich einen Haufen leerer Kartons in der Garage herumliegen. Ella bestellt die meisten Dinge für den Haushalt online. Es ist immer meine Aufgabe gewesen, die Kartons zu zerlegen, sodass sie in die große Papiertonne passen. Es scheint, als hätte Ella in den letzten Wochen viel bestellt, so wie die Kartons sich stapeln. Kein Wunder, dass ihr Auto in der Einfahrt steht. Es passt auf keinen Fall mehr in die Garage.
Ich hole das Teppichmesser aus der Werkzeugkiste und zerkleinere die Kartons. Dabei schichte ich die Pappe in einer Ecke aufeinander, sodass Ella Platz für ihr Auto hat.
Danach schnappe ich mir einen verstellbaren Schraubenschlüssel, bevor ich in die Küche zurückkehre. Stumm scrollt Ella durch Facebook und ich kremple die Ärmel hoch – im übertragenen Sinne –, um die Arbeit zu erledigen. Nachdem ich alle Reinigungsmittel aus dem Schrank unter der Spüle hervorgeholt und den Hauptwasserhahn abgedreht habe, knie ich mich auf den gefliesten Boden und beginne mit der Arbeit. Ich erzähle ihr nichts von den Kartons in der Garage, sie wird es irgendwann schon bemerken.
Ich arbeite eine Weile schweigend weiter und entferne das Rohr vom Müllzerkleinerer, bevor ich frage: „Also … triffst du dich noch mit Mr. Gewöhnlich?“
Ich knie mit dem Rücken zu Ella, aber ich kann hören, wie sie in ihrem Stuhl herumwirbelt. „Mr. Gewöhnlich?“
Ihr Tonfall ist verteidigend, nicht fragend, also weiß sie genau, wen ich meine. Aber ich stelle mich dumm. „Ja, du weißt schon, der Typ, mit dem du auf dem Food Festival warst.“
„Er hat einen Namen“, antwortet sie schnippisch, und ich höre das Scharren ihres Stuhls auf den Fliesen, dann das Geräusch ihrer nackten Füße, als sie zu mir herüberkommt.
Ich starre auf ihre hübschen, roten Zehennägel und zwinge mich dazu, nicht ihre Beine anzusehen. Vielmehr konzentriere ich mich darauf, den verstellbaren Schraubenschlüssel an der Muffe festzuziehen. „Wer hat einen Namen?“, frage ich scherzhaft und verberge ein Grinsen.
„Mr. Gewöhnlich“, antwortet sie und flucht dann.
„Aha“, sage ich, neige meinen Kopf und schenke ihr ein Lächeln. „Dann stimmst du mir also zu, dass er gewöhnlich ist?“
Sie ist nicht begeistert, was ich an ihrem Blick erkenne. Mit zusammengebissenen Zähnen entgegnet sie: „Sein Name ist David.“
„Klingt gewöhnlich“, antworte ich und widme meine Aufmerksamkeit wieder dem Abfluss.
„So wie Jim?“, fragt sie zuckersüß.
Ich sehe sie nicht an und murmle: „Touché.“
Mein Vorname ist James, ich bevorzuge Jim, aber die meisten Menschen beim Eishockey nennen mich bei meinem Nachnamen, Steele, was Stahl bedeutet. Ich denke mal, wenn man „Jim“ und „Stahl“ gegeneinander aufwiegt, geht Jim wohl wirklich als gewöhnlich durch.
Ich blicke auf und sehe, dass Ella mit der Hüfte am Küchentresen lehnt. Die Arme vor der Brust verschränkt, starrt sie mich an. Mein Gott, sie ist atemberaubend. „Also, triffst du dich noch mit Mr. Gewöhnlich?“
Dieses Mal grinst sie und reckt ihr Kinn vor. „Ja, und ich weiß nicht, warum dich das überhaupt interessiert.“
Ich antworte nicht gleich. Stattdessen drehe ich den Schraubenschlüssel und mit einem kräftigen Ruck gibt das Verbindungsstück nach. Ich halte eine Hand hoch und frage: „Kannst du mir ein paar Handtücher geben?“
Ella dreht sich um, öffnet eine Schublade und nimmt zwei Küchenhandtücher heraus. Ich schnappe sie mir, lege sie unter das Verbindungsstück und beginne, es aufzudrehen. Das kurze Rohr lässt sich leicht vom Müllzerkleinerer lösen, und ich ziehe es heraus, um es zu untersuchen. Es ist komplett mit Gott weiß was verstopft. Ich vermute, Lucy hat versucht, etwas hineinzustopfen, was zu groß war, aber ich sage es nicht laut.
Stattdessen antworte ich auf Ellas Frage. „Ich habe dir doch gesagt, ich möchte eine zweite Chance. Ich habe keine Angst, es mit Mr. Gewöhnlich aufzunehmen.“ Ich stehe auf, lehne mich über die Spüle und untersuche das verstopfte Rohr.
„Lustig“, antwortet Ella süffisant. „Es ist beinahe zwei Wochen her, dass du das gesagt hast. Ich bin davon ausgegangen, dass du aufgegeben hast.“
Ich spanne mich an, als mir klar wird, dass ich vielleicht zu lange gewartet habe. Ich habe gewusst, es war ein Risiko, es nicht sofort anzugehen. Ich habe begriffen, dass es sie entweder wütend machen oder dass ich als Sprücheklopfer dastehen könnte. Aber ich wollte sie auch nicht zu sehr bedrängen. Ella kennt mich in- und auswendig, und sie weiß, wie stur ich sein kann, wenn ich etwas möchte. Ich beiße mich fest, und das erwartet sie von mir. Ich wollte sie aus dem Gleichgewicht bringen, indem ich das genaue Gegenteil von dem tat, was sie erwartete, um sie im Ungewissen zu lassen und es interessanter zu machen.
Diese Entscheidung habe ich nicht leichtfertig getroffen. Es ist kein Spiel für mich. Das wirkliche Risiko bestand allerdings darin, dass ihre Beziehung zu Mr. Gewöhnlich zu weit gehen könnte, während ich zu langsam wieder in ihrem Leben auftauche.
Letztlich verließ ich mich aber auf meinen Instinkt, denn auch ich kenne Ella in- und auswendig. Wenn sie auch nur für den Bruchteil einer Sekunde glaubt, dass es eine Chance gäbe, unsere Ehe zu retten, würde sie nicht mit jemandem ins Bett steigen. Dafür ist sie zu ehrlich und loyal.
Damit meine ich nicht, dass sie nicht weiter mit Mr. Gewöhnlich ausgehen würde, aber sie würde es langsam angehen, für den Fall, dass das mit mir echt wäre.
Die Lösung bestand darin, nur so eifrig zu erscheinen, dass sie etwas aus dem Lot geriet, aber nicht so lange zu warten, dass sie mich aufgab.
Sie sagt nichts mehr zu dem Thema „Zweite Chance“. Ich versuche, eine Reaktion zu provozieren und an Informationen zu kommen. „Wie geht es Mr. Gewöhnlich denn so?“
„Er heißt David“, zischt sie, doch dann wird ihre Stimme sanfter. „Und er ist alles andere als gewöhnlich. Er ist Chirurg.“
„Wow“, murmle ich, nehme ein Buttermesser aus dem Abtropfkorb neben der Spüle und stochere im Inneren des Rohrs herum. „Ein echter Schlauberger.“
„Ja. Er ist schlau, aufmerksam, fürsorglich und sehr großzügig mit seiner Zeit.“
Ich lasse mir nichts anmerken, aber damit hat sie mir einen Schlag versetzt. „Alles, was ich nicht bin“, stelle ich fest und fasse damit zusammen, worauf sie hinauswill.
„Nun ja“, entgegnet sie mit ein klein wenig Mitleid. „Ich denke schon, dass du schlau bist.“
Ich rolle mit den Augen, gehe um sie herum und nicke mit dem Kopf in Richtung des Unterschranks, in dem sich der Mülleimer befindet. Sie öffnet ihn für mich. Ich lehne mich nach vorn und hole alles aus dem Rohr. Es sieht aus, als wäre ein Stück Pizza im Ganzen hineingestopft worden. Ella rümpft die Nase, während sie mir zusieht.
Als das Rohr leer ist, gehe ich hinter ihr in die Hocke, um es wieder anzubringen. „Wie oft seht ihr euch denn?“, frage ich, entschlossen, ganz direkt zu sein und herauszufinden, womit ich es zu tun habe.
„Er ist viel unterwegs, also versuchen wir, uns zu sehen, wenn er in der Stadt ist.“
Ich blicke vom Rohr auf, bevor ich den Schraubenschlüssel ansetze, und verziehe das Gesicht. „Warum ist ein Chirurg viel unterwegs?“
Vielleicht hat er irgendwo heimlich eine Familie und spielt nur mit Ella. Gegen alle Wahrscheinlichkeiten hoffe ich, dass es so ist, denn dann wäre ich definitiv der bessere Bewerber.
Meine Hoffnungen werden mit nur einem Wort zerstört. „Robotertechnik.“
Ich widme mich wieder der Muffe und drehe den Schraubenschlüssel, um sie festzuziehen. Gleichzeitig schwärmt Ella in einem langen Monolog davon, wie er auf der ganzen Welt anderen Chirurgen das Arbeiten mit Robotern beibringt. Es hört sich an, als könnte er über Wasser laufen, aber ich erfahre dabei etwas sehr Interessantes. Er ist viel unterwegs.
„Dann habt ihr also noch nicht viele Dates gehabt?“, denke ich laut.
„Stimmt“, plaudert sie und hat ein Glitzern in den Augen, als sie das Messer in der Wunde umdreht. „Aber wenn er weg ist, tut er alles, damit ich weiß, dass er immer an mich denkt. Er schickt mir Blumen, einfach so, ruft mich jeden Tag an und wir schreiben uns ständig. Gerade diese Woche noch hat er mir als Überraschung eine Limousine schicken lassen, die mich zum Spa gefahren hat. Für eine Gesichtsbehandlung und eine Massage.“
Scheiße! Ich habe immer geglaubt, dass Ella solche Dinge egal sind, und jetzt fällt mir auf, dass ich so etwas nie für sie gemacht habe. Ich war so egozentrisch, dass ich geglaubt habe, sie wüsste auch so, dass ich immer an sie dachte, wenn ich unterwegs war. Wir waren verheiratet, und ich ging einfach davon aus, dass sie es wusste.
O Mann, ich bin so ein Idiot!
Ich ziehe den Schraubenschlüssel ab und stehe auf. Dann drehe ich das Wasser auf, mache den Müllzerkleinerer an und sehe, dass es ungehindert durchfließen kann.
„Was macht er denn sonst noch so für dich?“, frage ich, nachdem ich den Müllzerkleinerer ausgeschaltet habe, sodass nun Stille herrscht. Ich drehe mich zu ihr um und sehe, dass sie überrascht blinzelt.
„Warum?“, fragt sie misstrauisch.
Ich zucke mit den Schultern und drehe mich zum Waschbecken, um mir die Hände zu waschen. Dann trockne ich sie mit ein paar Papierhandtüchern ab. Während ich sie zusammenknülle, schaue ich Ella in die Augen. „Weil … mich das auch etwas angeht. Ich habe dir gesagt, ich möchte, dass unsere Ehe wieder funktioniert.“
Ihre Augen verengen sich ein wenig, während sie versucht, meinen Tonfall einzuschätzen und herauszufinden, ob ich sie vielleicht nur aufziehe. Schließlich antwortet sie höflich: „Ich werde dir sicher nicht seine Geheimnisse verraten.“
Was zur Hölle soll das denn bedeuten? Hatten sie Sex? Ich hätte eine Million Dollar gewettet, dass sie keinen hatten, weil ich Ella kenne und sie diesen Schritt in einer Beziehung nicht leichtfertig gehen würde.
Allerdings kann ich an ihrem Gesichtsausdruck erkennen, dass sie zu diesem Thema nichts mehr sagen wird. So sehr, wie ich sie im Unklaren lassen wollte, so sehr tut sie das mit mir.
Ich werfe die zusammengeknüllten Papierhandtücher auf den Küchentresen und mache einen plötzlichen Schritt auf sie zu. Ich lege meinen Arm um ihre Taille und ziehe ihren Körper eng an mich heran, sodass kein Blatt Papier mehr zwischen uns passt. Sie öffnet überrascht ihren Mund und ich nutze die Gelegenheit, um sie zu küssen.
Leidenschaftlich.
Sie schlägt mit ihrer Hand auf meinen Oberarm und ihre Finger graben sich in meine Ärmel. Obwohl sie mich wegstößt, öffnet sie ihren Mund und ihre Zunge berührt kurz meine.
Das reicht mir, also höre ich auf. „Hat er das jemals mit dir gemacht?“, will ich wissen.
Ella sieht benommen aus und murmelt: „Nicht genauso.“
Ich festige meinen Griff um ihre Taille und drücke sie an mich, damit sie spüren kann, dass schon dieser eine leidenschaftliche Kuss mich hart macht. „Passiert ihm das auch bei dir?“
Sie schüttelt den Kopf und gibt atemlos zu: „Noch nicht.“
Gütiger Himmel, ist der Kerl schwul oder ist er einfach nur zu ängstlich, um sich an dieses wahnsinnig aufregende, sexy Geschöpf in meinen Armen heranzutrauen? Ich meine, ich bin froh, dass er das bisher nicht getan hat, aber trotzdem wundere ich mich über ihn.
Eine Sache gibt es noch, die ich herausfinden muss. Ich lockere meinen Griff und lege meine Hände auf ihren unteren Rücken, lasse sie dann auf ihren Hintern gleiten und fasse mit beiden Händen zu. Ella stöhnt und lehnt sich an mich. „Fasst er dich so an?“
Sie antwortet nicht. Stattdessen flattern ihre geschlossenen Augenlider, während sie sich auf ihre Unterlippe beißt.
Verdammt! Ich könnte sie jetzt auf den Boden ziehen und wir könnten es tun.
Mein Körper will es.
Ohne Zweifel will es auch mein Herz.
Doch Ella kommt zur Vernunft, blinzelt schnell und schubst mich sanft zurück. Ich lasse sie sofort los.
„Du spielst nicht fair“, wirft sie mir vor.
Nein, verdammt, das tue ich nicht. Ich packe ihre Oberarme, ziehe sie zu mir zurück für einen letzten Kuss und lasse sie dann schnell wieder los. „Ich spiele, um zu gewinnen. Fairness hat nichts damit zu tun.“
Ella tritt einen Schritt zurück, streicht sich eine Haarsträhne von der Schläfe und setzt eine kühle Miene auf „So gewinnst du mich nicht zurück.“
Ich grinse.
Sie winkt abweisend mit der Hand. „Versteh mich nicht falsch. Was du mit deinen Händen und deinem Mund machst, ist fantastisch, aber viele Männer wissen, wie man eine Frau befriedigt.“
Sie versucht, mich eifersüchtig zu machen, aber ich falle nicht darauf rein. Stattdessen schenke ich ihr ein teuflisches Lächeln und neige meinen Kopf zu ihr. „Das mag sein, aber niemand wird dich je so befriedigen, wie ich es kann.“
Ich genieße dieses kleine Kräftemessen, und ich erwarte, dass Ella mit einer bissigen Antwort reagiert, die mich dazu bringen könnte, sie erneut zu küssen.
Doch mit einem Mal sieht sie traurig aus. „Ich wünschte, das würde reichen, um mich glücklich zu machen.“
Mein Herz zieht sich zusammen, und ich hebe eine Hand, um ihren Nacken zu streicheln. Ich warte, bis sie mich ansieht. „Es ist mehr als nur Sex zwischen uns, Ella. Aber daran wollte ich dich erinnern, weil er einfach großartig war.“
Sie blickt nach unten und nickt zustimmend, wenn auch widerwillig. „Das habe ich nicht vergessen.“
Als ich mit den Fingern ihren Nacken drücke, hebt sie den Blick und ich sage: „Aber ich weiß auch, dass du mehr brauchst und auch verdienst. Wie ich gesagt habe: Ich bin bereit, es dir zu beweisen.“
Endlich scheint es bei ihr anzukommen. Ella zuckt überrascht zusammen, als ob sie mein Spiel plötzlich verstehen würde.
Nur dass es kein Spiel ist. Ich liebe meine Frau und ich werde sie zurückgewinnen.
Ich beuge mich vor und drücke meine Lippen auf ihre Stirn. „Sag Lucy, sie soll morgen früh Punkt neun Uhr fertig sein.“
Sie antwortet nicht. Ich drehe mich um und gehe durch das Wohnzimmer zur Haustür.
Ich denke, alles in allem lief es ganz gut.
Steele
Ich klopfe und im selben Moment öffnet Lucy die Haustür. Es ist Punkt neun. Sie lächelt sogar, als sie sich ihren Rucksack über die Schulter wirft, und ich beuge mich vor, um ihren Rollkoffer zu nehmen. Sie hat bereits einen Haufen Sachen in meinem Haus, aber sie will immer noch mehr mitbringen.