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Willkommen bei der FI, der Formel International, wo Legenden geboren werden und Geschwindigkeit König ist! Posey Evans steht an einem Wendepunkt in ihrer Karriere als Liebesromanautorin: Sie wagt den Schritt von historischen Liebesgeschichten hin zu der aufregenden Welt des Rennsports, in der alles auf dem Spiel steht. Um tiefer in diesen rasanten Sport einzutauchen, verschafft sich Posey Zugang zum renommierten Crown Velocity Racing Team – und das unter dem Deckmantel einer Journalistin. Als sie die einmalige Gelegenheit bekommt, unbegrenzt Zeit mit einem der besten Fahrer des Teams zu verbringen, ist Posey gleichermaßen fasziniert wie verunsichert. Denn obwohl sie endlich das bekommt, was sie sich erträumt hat, darf ihr Geheimnis keinesfalls ans Licht kommen. Lex Hamilton lebt für den Adrenalinkick. Als einer der schnellsten und erfolgreichsten Rennfahrer in diesem Sport hat er nur ein Ziel, nämlich den obersten Platz auf dem Siegespodest. Doch abseits der Rennstrecke? Nun, da machen seine Eskapaden die Teamleitung von Crown Velocity ziemlich nervös. Er ist eingebildet, überaus gutaussehend, trieft vor Selbstbewusstein - und ist wenig begeistert davon, dass ihn eine Babysitterin auf Schritt und Tritt verfolgt. Doch Posey lässt sich nicht von seinem arroganten Auftreten abschrecken. Als er jedoch ihr Geheimnis entdeckt, handeln sie einen Deal aus: Er wird ihre wahre Identität nicht preisgeben, wenn sie ihm hilft, aus brenzligen Situationen herauszukommen und seinen Job zu sichern. Während zahllose Frauen ihm zu Füßen liegen, interessiert sich Posey einzig und allein für Lex' Wissen über den Rennsport. Zumindest meistens. Denn als plötzlich die Leidenschaft zwischen ihnen aufflammt, führt es die beiden auf direktem Weg ins Bett. Was als berufliches Arrangement begann, könnte plötzlich die Grenze zwischen reinem Verlangen und tiefen Gefühlen überschreiten. Werden ihre Gefühle sie bis zur Ziellinie führen? Ein leidenschaftliches Rennen um Herz und Erfolg - die fesselnde neue Serie rund um den internationalen Rennsport von New York Times Bestsellerautorin Sawyer Bennett.
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Seitenzahl: 340
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Sawyer Bennett
Rennfieber Teil 1: Formula Fling
Aus dem Amerikanischen ins Deutsche übertragen von Oliver Hoffmann
© 2024 by Sawyer Bennett unter dem Originaltitel „Formula Fling (Race Fever Book 1)”
“
© 2025 der deutschsprachigen Ausgabe und Übersetzung by Plaisir d’Amour Verlag, Im Großfeld 18, D-64678 Lindenfels
www.plaisirdamour.de
© Covergestaltung: Sabrina Dahlenburg
(www.art-for-your-book.de)
ISBN Print: 978-3-86495-750-5
ISBN eBook: 978-3-86495-751-2
Alle Rechte vorbehalten. Dies ist ein Werk der Fiktion. Namen, Darsteller, Orte und Handlung entspringen entweder der Fantasie der Autorin oder werden fiktiv eingesetzt. Jegliche Ähnlichkeit mit tatsächlichen Vorkommnissen, Schauplätzen oder Personen, lebend oder verstorben, ist rein zufällig.
Dieses Buch darf ohne die ausdrückliche schriftliche Genehmigung der Autorin weder in seiner Gesamtheit noch in Auszügen auf keinerlei Art mithilfe elektronischer oder mechanischer Mittel vervielfältigt oder weitergegeben werden. Ausgenommen hiervon sind kurze Zitate in Buchrezensionen.
Widmung und Vorwort
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Autorin
Liebe Leserinnen und Leser,
wir begeben uns auf eine neue Reise – mit adrenalingeladenen Liebesromanen rund um den Rennsport in meiner neuen Serie Rennfieber. Man braucht keine Vorkenntnisse, um diese sexy Rennfahrer zu genießen, aber ich hoffe, dass Sie nach der Lektüre ebenso große Fans sind wie ich.
Wenn Sie das bereits sind, werden Sie feststellen, dass ich die Begriffe, die mit der Formel 1 (F1) in Verbindung stehen, nicht verwende. Das hat markenrechtliche Gründe. Sie werden sehen, dass meine Rennserie Formel International heißt und mit FI abgekürzt wird. Es gibt noch weitere Änderungen, um Markenrechtsverletzungen zu vermeiden, aber das meiste, was inhaltlich über den Motorsport in diesem Buch steht, ist korrekt (abgesehen von ein paar kreativen Freiheiten). Ich hoffe, Sie haben genauso viel Spaß beim Lesen über den Sport wie beim Lesen der romantischen Inhalte!
Mein besonderer Dank gilt meinem Schatz Bill Burns und seinem Sohn Michael, die mich für diesen Sport begeistert haben. Sie haben mir bei den Details der Rennen geholfen und mir großzügig Unterstützung zuteilwerden lassen, um diese Traumidee voranzutreiben.
Großer Dank geht auch an meine Boxencrew – meine Beta-Leserinnen Darlene Avery, Ivie Sparaco, Pam Lilley und Susan Casper – für ihre Hilfe bei der Sicherstellung, dass die Geschichte akkurat, unterhaltsam und lehrreich ist, ohne langweilig zu sein, und für ihre Unterstützung bei diesem neuen Projekt.
Eine letzte Sache – und falls Sie ein Sawyer-Bennett-Fan sind, wird Sie das nicht überraschen: Ich schreibe in meinen Serien keine Epiloge, weil ich glaube, dass es viel zu schwierig ist, die Zukunft von Charakteren vorherzusagen, wenn diese noch eine Menge Geschichte vor sich haben. In den Fortsetzungen der Reihe spinne ich die Geschichten der Figuren weiter, sodass man mehr über die Entwicklung ihrer Beziehungen und ihr Happy End erfährt. Erwarten Sie das Gleiche bei Rennfieber.
Viel Spaß beim Lesen!
Küsschen,
Sawyer
Lex
Das schrille Läuten klingt wie ein Feueralarm. Es reißt mich aus dem Schlaf. Mein Kopf dröhnt wie eine Trommel, und für einen Augenblick bin ich völlig verwirrt. Stöhnend drehe ich mich im Bett um, während der Lärm weitergeht, und blinzle gegen das grelle Morgenlicht an, das durch die bodentiefen Fenster hereinfällt. Der Raum dreht sich, und mein Mund schmeckt, als hätte ich einen Hundearsch abgeleckt.
Irgendwie sickert zu mir durch, dass der Lärm von meinem Handy kommt, das auf dem Nachttisch klingelt. Ich nehme ab und antworte mit einem krächzenden „Ja?“.
„Diesmal haben Sie es wirklich vermasselt.“
Ich stöhne auf, denn das ist eindeutig Rosalind Pierces scharfer, unverwechselbarer schottischer Akzent. Sie ist die Chefsekretärin von Crown Velocity Motorsports, sehr geschäftsmäßig und nicht gerade herzlich.
„Ms. Patrick möchte Sie in einer Stunde sehen.“
Ich kneife die Augen zusammen und reibe mir die Schläfe. Harley Patrick ist die Teamchefin, die mich eingestellt hat und mich jederzeit aus der FI werfen kann. „Können Sie mir sagen, warum?“
„Sie haben heute Morgen wohl die Schlagzeilen in der Boulevardpresse nicht gesehen, was?“
Boulevardpresse? Mist.
„Sie haben es schon wieder vermasselt, Lex. Ich schlage vor, Sie beeilen sich, denn ich glaube, sie sagte etwas in der Art, dass Sie gefeuert sind, wenn Sie auch nur eine Minute zu spät kommen.“
„Scheiße“, brumme ich und mache mir nicht die Mühe, mich zu verabschieden, sondern unterbreche einfach die Verbindung. Rosalind erwartet sowieso keine Nettigkeiten von mir.
Neben mir im Bett ertönt ein Stöhnen, und ich hebe den Kopf und sehe stirnrunzelnd das dunkle Haar auf dem Kissen und einen halb zugedeckten nackten Körper.
Wer zur Hölle ist das? Ich erinnere mich nur noch daran, dass ich in einer Kneipe angefangen habe, in eine andere weitergezogen bin und dann vielleicht fünf, vielleicht auch fünfzig Leute in meine Wohnung eingeladen habe, um die Party fortzusetzen.
Einfach genial.
Ich setze mich auf – wobei ich gegen den Kopfschmerz ankämpfe – und fahre mir mit der Hand durch die Haare, bevor ich die Frau wieder ansehe. Ich stoße sie an der Schulter an. „He.“
Sie versucht, sich unterm Kopfkissen zu verkriechen.
„He“, sage ich erneut und ziehe das Kissen weg. Sie hebt den Kopf und starrt mich mit trüben Augen an, die mit verschmierter dunkler Mascara umrandet sind. Ihr Gesicht und ihr Kinn sind mit roter Farbe bedeckt, Reste von Lippenstift, die sich sicher auch auf meinem Schwanz befinden. „Du musst gehen.“
„Wie spät ist es?“, fragt sie mürrisch und lässt sich verärgert wieder aufs Kissen fallen.
„Zeit, zu gehen“, antworte ich, rolle mich aus dem Bett und tappe nackt ins Bad, um schnell zu duschen.
Bis ich fertig bin und ein frisches T-Shirt, Jeans und Turnschuhe an habe, ist die Frau weg. Meine Wohnung ist ein einziger Trümmerhaufen – überall Flaschen, ein zerbrochener Glastisch und verstreute Klamotten, als hätten wir hier einen Rave veranstaltet. Auf dem Balkon liegt ein umgekippter Stuhl. Ja, es muss eine Wahnsinnsnacht gewesen sein.
Ich bin sicher, dass ich einige Beschwerden über den Lärm hören werde – zumindest vermute ich aufgrund des Zustands meiner Wohnung, dass es laut war. South Kensington ist nobel, teuer und voller Wichser wie ich mit zu viel Geld und zu wenig Verstand, aber sie mögen es ruhig. Sie bereuen wahrscheinlich immer noch den Tag, an dem ein vierundzwanzigjähriger Formel-I-Rennfahrer eingezogen ist.
Meine Wohnung ist elegant, modern und seelenlos, genau wie der Rest des Viertels. Apartments mit Parkblick kosten mehr, als manche Leute im ganzen Leben verdienen, und mein eigenes – ohne Parkblick – hat mein Bankkonto um zwei Millionen Pfund schrumpfen lassen. Nicht schlecht für jemanden, dessen einzige Fähigkeit darin besteht, schnell zu fahren und dabei nicht draufzugehen.
Die Wohnung riecht nach Alkohol, Rauch und abgestandener Luft, aber darum kümmere ich mich später. Ich habe fünfzig Minuten, um nach Woking zu kommen, wo sich der Hauptsitz von Crown Velocity befindet, und muss immer noch herausfinden, was zum Teufel ich getan habe.
Mir bleibt keine Zeit für meinen üblichen Espresso, weil ich viel zu dicht an Harleys Deadline dran bin. Auf dem Weg zur Tiefgarage scrolle ich durch mein Handy und finde den Artikel in der Boulevardzeitung, auf den sich Rosalind bezogen hat.
Ich zucke zusammen. Die Schlagzeile lautet: Lex Hamilton betrunken in Schlägerei mit Earl in Londoner Club verwickelt.
„Scheiße“, brumme ich und reibe mir mit der Hand über das Gesicht. Ich mache mir gar nicht erst die Mühe, den Artikel zu lesen, denn er enthält ein Farbfoto von mir, wie ich einen Mann am Hemdkragen festhalte und mit der Faust aushole, um zuzuschlagen.
Meine Hand weist keine Abschürfungen auf, und ich frage mich, ob ich mich wirklich geprügelt habe. Ich war im Laufe meines Lebens in viele Handgemenge verwickelt und weiß, das macht die Knöchel kaputt. Meine Hände sind wichtig für meine Karriere, und ich darf nicht so dumm sein, sie zu riskieren.
Ich steige in meinen McLaren 720S Spider, der im markentypischen Orange lackiert ist, und lasse den Motor aufheulen. Mein Schädel dröhnt immer noch, als ich auf die A4 fahre, die direkteste Route aus dem Zentrum Londons. Der Verkehr ist furchtbar, und ich werde es nie rechtzeitig schaffen. Ich rufe Rosalind an, und sie meldet sich beim ersten Klingeln. „Ich hoffe, Sie sind auf dem Weg.“
„Ja, aber sagen Sie Harley Bescheid … der Verkehr ist schrecklich. Ich werde es nicht rechtzeitig schaffen.“
„Dann sind Sie wahrscheinlich arbeitslos“, entgegnet sie frech.
Ich schnaube höhnisch. Schließlich gehöre ich zu den vier besten Fahrern der Rennserie, und Crown Velocity hat in der letzten Saison den dritten Platz in der Konstrukteurswertung belegt. Der Konstrukteurspokal ist die Auszeichnung für das Team mit den meisten Punkten am Ende der Saison und bedeutet eine Menge Geld.
Bis zu hundert Millionen Pfund für das Siegerteam.
Ich gehöre zu den besten Chancen von Crown Velocity, ihn zu erringen, also bin ich zuversichtlich, dass mein Job sicher ist. „Sagen Sie Harley Bescheid“, weise ich Rosalind an. „Ich bin auf dem Weg.“
Rosalind legt auf, aber ich weiß, sie wird die Nachricht weiterleiten. Sie ist vielleicht einsilbig, schroff und die Hälfte der Zeit eine Zicke, doch sie macht ihre Arbeit gut.
Auf der Fahrt nach Woking höre ich Arctic Monkeys, allerdings angesichts des anhaltenden Hämmerns in meinem Schädel nicht so laut, wie ich es gern täte.
Eine Stunde und fünf Minuten nachdem ich meine Wohnung verlassen habe, biege ich auf die lange gewundene Auffahrt ein, die zum ausgedehnten Hauptsitz von Crown Velocity führt. Das Gebäude erhebt sich wie ein schnittiges, futuristisches Ungetüm mitten in der Landschaft, ganz aus Glas und Stahl, und der Himmel darüber und das sorgfältig gepflegte Gelände darunter spiegeln sich darin. Es ist eher ein Raumschiff als ein Bürogebäude, perfekt konstruiert, genau wie alles, was dieses Team produziert.
Der Eingang ist Teil einer riesengroßen Glasfassade, die sich den geschwungenen Linien des Gebäudes anpasst. Wie geduckt zeichnet es sich vor dem Horizont ab und fügt sich alles beherrschend in die Landschaft ein. Ein unberührter See liegt vollkommen ruhig daneben. Auch in ihm spiegelt sich das silbergraue Bauwerk, und ich empfinde immer ein tiefes Gefühl der Zugehörigkeit, wenn ich es sehe.
Der McLaren schnurrt, als ich auf einen der reservierten VIP-Parkplätze fahre. Es gibt je einen Platz für den Besitzer unseres Teams, Spencer Montgomery, Teamchefin Harley Patrick, die beiden Fahrer, mich und Ronan Barnes – Brite wie ich – sowie einen weiteren für unseren technischen Direktor, Randall Peterman.
Ein Rennstall besteht aus Hunderten von Mitarbeitern, aber wir sind die entscheidenden fünf, die das Unternehmen groß machen.
Ich betrete das zentrale Atrium, in dessen Mitte sich ein riesiger Springbrunnen befindet und an dessen Rand mehrere unserer früheren Fahrzeugdesigns stehen. An den Wänden hängen von hinten beleuchtete Fotos ehemaliger Fahrer, und an einer Wand steht eine riesengroße Vitrine, die fast zwei Stockwerke hoch ist und in der alle Trophäen ausgestellt sind, die Crown Velocity im Laufe der Zeit auf der Rennstrecke gewonnen hat.
Das ganze Ensemble strahlt sowohl Eleganz als auch Präzision aus, beides auch Eigenschaften unserer Rennwagen. Sogar das Licht wirkt hier wie bis zur Perfektion ausgearbeitet. Der Raum ist klinisch sauber, steril, doch unbestreitbar beeindruckend. Bei meinem ersten Besuch bei Crown war ich von dem Gebäude geblendet, aber nach vier Jahren als Fahrer ist es wie ein zweites Zuhause für mich.
Ich eile zum Fahrstuhl, einer Glaskabine, die sanft in alle acht Stockwerke gleitet. Er bringt mich in die oberste Etage, wo sich die Büros der Geschäftsleitung befinden. Rosalind sitzt dort mit mürrischem Gesichtsausdruck und schaut kaum zu mir auf. „Sie sind spät dran.“
„Wie angekündigt“, antworte ich, passiere ihren Schreibtisch und warte, bis sie den Knopf drückt, der die Sicherheitstür zu den Büros für mich öffnet.
Ich gehe einen Flur entlang, biege am Ende links ab und erreiche Harley Patricks Eckbüro. Die Tür ist offen, doch ich klopfe trotzdem an.
Harley telefoniert gerade, aber sie winkt mich herein und deutet auf einen Besucherstuhl. Ihr langes blondes Haar ist zu einem hohen Pferdeschwanz gebunden, und sie trägt eine Brille mit dunklem Gestell. Harley ist unleugbar eine schöne Frau. Sie ist Mitte dreißig, Amerikanerin und lässt sich von niemandem etwas sagen. Sie begann ihre Karriere als Stockcar-Fahrerin und erwarb sich den Ruf, knallhart zu sein. Jeder im Motorsport kennt ihre Geschichte – sie war eine der wenigen erfolgreichen Fahrerinnen, bis ein Unfall sie zwang, ins Management zu wechseln. Spencer Montgomery hat sie praktisch angefleht, in die Formel International zu kommen, und sie ist jetzt seit zwei Jahren im Team.
Es bleibt mir nichts anderes übrig, als ihre Seite des Gesprächs zu belauschen, aber es scheint nicht privat zu sein.
„Zunächst möchte ich Ihnen zur Hochzeit gratulieren. Ich bin ein großer Titans-Fan, und die Hochzeit mit Drake McGinn war eine absolut richtige Entscheidung – er ist sowohl auf dem Eis als auch im Privatleben großartig.“
Ich weiß genau, mit wem sie spricht.
Brienne Norcross, amerikanische Bankenerbin und Eigentümerin des Profi-Eishockeyteams Pittsburgh Titans. Vor einigen Monaten gab sie bekannt, dass sie Excalibur Racing mit Sitz in Guildford gekauft hat. Es gibt Gerüchte, dass sie den Hauptsitz des Unternehmens nach Pittsburgh verlegen will, aber ich habe gehört, er würde vorerst hier in Großbritannien bleiben.
Harley hört einen Moment lächelnd zu, doch dann wird ihr Tonfall geschäftsmäßiger. „Erwarten Sie nicht, dass alle Teams Sie mit offenen Armen empfangen werden.“ Sie lehnt sich in ihrem Stuhl zurück. „Aber ich persönlich freue mich, Sie dabeizuhaben. Wir brauchen mehr Frauen in diesem Sport.“
Wieder hört sie zu … nickt zu dem, was Brienne Norcross am anderen Ende von sich gibt, und es fasziniert mich, dass ich einem Gespräch zwischen einer Pionierin des Rennsports und einem der reichsten Menschen der Welt lausche.
„Natürlich unterhalte ich mich gerne mit Ihnen darüber“, meint Harley freundlich. „Die Wahl des Teamchefs und des technischen Direktors sind die beiden wichtigsten Entscheidungen, die Sie treffen können. Noch wichtiger als die Wahl der Fahrer.“ Harleys sieht mich vielsagend an, wohl, um mir deutlich zu machen, dass ich entbehrlich bin – falls ich die Botschaft nicht verstanden habe. „Wann kommen Sie an?“
Harley kritzelt etwas auf einen Notizblock. „Gut, ich lasse Ihnen von Rosalind ein paar Informationen zukommen und freue mich darauf, Sie kennenzulernen.“
Sie legt auf und wendet mir endlich ihren stählernen Blick zu. Ich nutze die Gelegenheit und nicke Richtung Telefon. „Brienne Norcross? Helfen Sie dem Feind?“
„Man sollte sich seine Freunde nahe und seine Feinde näher halten“, sagt Harley freundlich und faltet die Hände auf dem Schreibtisch. „Aber reden wir über Sie und Ihren jüngsten Ausflug in die Boulevardpresse.“
Ich schenke ihr ein charmantes Lächeln. „Ich habe niemanden geschlagen. Das Foto ist irreführend.“
„Der Mann, den Sie da anscheinend gleich verprügeln werden, ist ein Mitglied der königlichen Familie. Spencers Cousin, um genau zu sein.“
Mir dreht sich der Magen um, und wenn ich in einen Spiegel sehen könnte, würde mein Gesicht wohl etwas bleich wirken. „Ich kann mich nicht einmal an den Kampf erinnern …“
„Das ist das gottverdammte Problem“, unterbricht sie mich und schlägt mit der Faust auf den Tisch. „Sie trinken zu viel und geraten ständig in solche Schwierigkeiten, und jetzt haben Sie sich auch noch mit Lord Edward Montgomery angelegt, der, soweit ich weiß, ein verdammter Earl ist. Nun, als Amerikanerin verstehe ich die königliche Hierarchie nicht wirklich, aber haben Sie eine Ahnung, was für einen Shitstorm das ausgelöst hat? Spencer musste ihn eindämmen und ist nicht glücklich darüber.“
Mist. Das ist scheiße. Ich reibe mir mit den Händen übers Gesicht.
Spencer Montgomery, der Besitzer des Teams, ist technisch gesehen selbst adlig – zwar weit unten in der königlichen Linie, jedoch immer noch blaublütig genug, dass die Medien sich darauf stürzen. Er ist ein cleverer Geschäftsmann, der sein Vermögen mit Tech-Investitionen und Immobilien gemacht hat, aber seine Verbindung zum Königshaus bringt eine ganz neue Ebene von PR-Kopfschmerzen mit sich. Sich mit seinem Cousin anzulegen war nicht nur leichtsinnig, sondern auch idiotisch.
„Sie sind ein verdammter PR-Albtraum, Lex“, fährt Harley fort und kneift die Augen zusammen. „Ich habe die Nase voll. Wir können Sie nicht länger decken. Spencer ist bereits dabei, Schadensbegrenzung zu betreiben, und hat mir befohlen, das Problem aus der Welt zu schaffen … denn sonst …“
Ich öffne den Mund, bereit für eine sarkastische Erwiderung, aber sie ist in Fahrt.
„Sie glauben, Sie seien unantastbar, weil Sie gut auf der Rennbahn sind?“ Sie beugt sich vor, ihre Augen blitzen. „Wissen Sie was? Der Vertrag des zweitbesten Fahrers läuft aktuell aus, und ich kann Sie morgen ersetzen.“ Harley hält mir Daumen und Zeigefinger mit einem Abstand von etwa einem Zentimeter vor die Nase. „Ich bin so kurz davor, Sie zu feuern.“
Meine Überheblichkeit schwindet ein wenig, und ich schlucke.
„Letzte Chance“, fährt sie fort. „Reißen Sie sich zusammen, sonst fliegen Sie raus.“
Ich knirsche mit den Zähnen. „Verstanden. Ich werde mich in Zukunft benehmen.“
„Verdammt richtig, das werden Sie, und ich weise Ihnen eine Babysitterin zu, die dafür sorgt, dass Sie auf dem rechten Weg bleiben.“ Sie steht auf und beugt sich über den Schreibtisch. „Eine amerikanische Reporterin möchte einen Artikel über Crown Velocity schreiben und dazu einen Blick hinter die Kulissen werfen. Sie wird einen Hype-Artikel schreiben, um mehr Amerikaner für die FI zu interessieren – vor allem Frauen –, und das ist eine Publicity, die wir uns nicht entgehen lassen können. Die Frau wird in den nächsten Wochen, bis zum Eröffnungsrennen beim Bahrain Global Prix, Ihr Schatten sein.“
Ich beiße die Zähne zusammen. „Was genau bedeutet das?“
„Sie wird Sie überall hin begleiten. Im Alltag, zum Training, zu Teambesprechungen, zu Marketing- und PR-Aktivitäten. Außer wenn Sie gerade mit Ihrem aktuellen Boxenluder schlafen, möchte ich, dass sie bei Ihnen ist, damit sie den vollen Überblick bekommt, wie es ist, FI-Fahrer zu sein.“
„Warum sollte ich das machen?“, frage ich mit nach wie vor zusammengebissenen Zähnen, denn das wird ein großer Einschnitt in mein Leben. Ich will ganz sicher nicht auf eine gottverdammte Reporterin aufpassen oder noch schlimmer, sie auf mich aufpassen lassen.
Harleys Lächeln wird fast grimmig, als sie sich auf den Schreibtisch stützt. „Jetzt kommt das Beste. Wenn sie in den höchsten Tönen über Sie schreibt, dürfen Sie Ihren Job behalten. Wenn sie einen Artikel schreibt, der auch weiterhin das Verhalten widerspiegelt, das Sie in letzter Zeit an den Tag gelegt haben, sind Sie gefeuert. Ganz einfach.“
„Soll das ein verdammter Witz sein?“
„Ich fürchte nicht.“ Sie lächelt mich freundlich an. „Wenn Sie es vermasseln, war’s das. Keine weiteren Chancen.“
„Wann kommt sie denn?“, erkundige ich mich, während meine Wut unter der Oberfläche brodelt.
„In etwa einer Stunde“, sagt Harley, setzt sich und fügt ganz ruhig hinzu: „Gehen Sie also nicht zu weit weg.“
Harley setzt ihre Brille auf und beugt sich vor, um auf ihren Laptop zu schauen. Ich bin entlassen.
Wortlos erhebe ich mich und verlasse das Büro, während ich über diese unglückliche Veränderung meiner Lebensumstände grüble.
Posey
Ich sitze bei Crown Velocity im Wartebereich vor Harley Patricks Büro und spüre, wie meine Lüge mich einschnürt wie ein zu straffer Sicherheitsgurt. Nervös trommle ich mit dem Fuß auf den glatten polierten Boden. Ich hatte keine Ahnung, was ich anziehen sollte, denn dies ist nicht gerade ein Vorstellungsgespräch, aber eben auch kein richtiger Job. Also habe ich mich für eine kakifarbene Tuchhose und einen cremefarbenen Oversized-Pullover mit Zopfmuster entschieden, um die englische Kälte abzuwehren, die mich ins Haus zu verfolgen schien. Kombiniert mit ockerfarbenen Stiefeletten fühle ich mich einigermaßen modisch gekleidet, aber nicht overdressed.
Es war eine hektische Woche. Vor zehn Tagen habe ich mit Ms. Patrick telefoniert. Mein Vorschlag eines Artikels über Crown Velocity scheint auf ihrem Schreibtisch gelandet zu sein. Ich war verblüfft, als sie mir ein Angebot machte, das ich nicht ablehnen konnte … Aufenthalt in Großbritannien, Kontakt mit den besten Mitarbeitern von Crown Velocity und exklusiver Zugang zu allem. Das war genau das, was ich für meine Pläne wollte – nein, brauchte … und trotz des Betrugs, den ich begangen habe, um diese Gelegenheit zu bekommen, konnte ich nicht umhin, zu glauben, dass das Karma auf mich herablächelte.
Ich habe meine Nachbarin, die nette alte Millie Padgett, dazu gebracht, meine Post aus dem Briefkasten zu holen und auf mein Haus aufzupassen, und dann habe ich das ländliche östliche North Carolina in Richtung London verlassen.
Also ja … nicht gerade ein Job. Eher ein Auftrag unter Vorspiegelung falscher Tatsachen, aber ich bereue nicht, was ich getan habe. In gewisser Weise bin ich so etwas wie eine Undercover-Journalistin, nur dass ich gar keine Journalistin bin.
Ich bin Liebesromanautorin.
Eine im Selbstverlag veröffentlichende Autorin historischer Liebesromane, so was wie Bridgerton, obwohl ich nicht so gut bin wie die große Julia Quinn. Trotzdem mache ich das jetzt seit drei Jahren und verdiene damit ein anständiges Einkommen, sodass ich meinen Beruf als Floristin in meiner kleinen Heimatstadt aufgeben konnte. Es tat mir zwar ein bisschen weh, weil mir der Job persönlich viel bedeutet hat, aber ich habe es nie bereut.
Nun gehe ich ein Risiko ein. Nicht nur, weil ich mich als Journalistin ausgebe, um Zugang zur Welt des Rennsports zu bekommen, sondern weil meine Karriere Schaden nehmen oder gar ganz enden könnte, wenn ich den Sprung vom historischen Liebesroman zum Sportliebesroman nicht schaffe. Das ist ein großer Einsatz und ein hohes Risiko, und das Ganze könnte mir einfach um die Ohren fliegen.
Aber wie mein Vater immer sagte: „Du kannst keine Kaninchen fangen, wenn du im Schneesturm Schmetterlinge jagst.“
Ich lächle leise bei der Erinnerung, auch wenn sich mein Herz vor Kummer zusammenzieht. Mein Vater hat sich die lächerlichsten Sprüche ausgedacht, um mir Weisheiten zu vermitteln, doch sie haben nie wirklich Sinn ergeben. Ich vermisse ihn so sehr, aber eines weiß ich – er hätte mich bei diesem Vorhaben voll und ganz unterstützt. Er hat mir immer gesagt, dass es keine Belohnung ohne Risiko gibt.
Bei ihm war die Botschaft einfach nur in Schmetterlinge und Kaninchen verpackt.
Die griesgrämige Chefsekretärin Rosalind Pierce sitzt an ihrem Schreibtisch und tippt vor sich hin, ohne zu merken, dass ich hier nichts zu suchen habe. Sie hat auch keine Ahnung, wie entschlossen ich bin, die Sache durchzuziehen. Ich bin zu weit gekommen, um jetzt aufzugeben, und ich bin zumindest mutig. Das ist meine Chance, etwas Neues zu schreiben, etwas Authentisches über den internationalen Motorsport. Sicher, ich musste meine Referenzen fälschen, um hierher zu kommen, und meinen richtigen Namen Elizabeth Evans statt meines Spitznamens Posey verwenden. Aber der Sport erfreut sich wachsender Beliebtheit, und wenn ich einen überzeugenden Liebesroman schreiben will, der in dieser Welt spielt, muss ich sie von innen sehen.
Eine Tür in die Lobby öffnet sich, und Harley Patrick tritt ein. Ich habe mich eingehend mit dem Motorsport befasst und dabei auch eine sehr aufschlussreiche Dokumentarserie über diesen Sport verschlungen. Nachdem sich diese Gelegenheit ergeben hatte, stürzte ich mich noch intensiver in die Recherche über Crown Velocity. Ms. Patrick sieht genauso gut aus, wie ich es mir vorgestellt habe. Sie ist schön und groß, mit scharfen grünen Augen, denen nichts zu entgehen scheint. Ihr dunkelblondes Haar hat sie zu einem lässigen Pferdeschwanz gebunden, und sie trägt Jeans, ein langärmeliges Crown-Velocity-Polohemd und ConverseChucks. Trotz ihres legeren Äußeren sieht man ihr an, dass sie mit einem Satz über die Karriere eines Menschen entscheiden kann. Ich kann mir nichts Härteres vorstellen, als als Frau den Lebensunterhalt mit Autorennen zu verdienen.
Jetzt ist sie die einzige Teamchefin in der FI, was keine kleine Leistung ist. Ich habe genug recherchiert, um zu wissen, dass Harley Patrick die vielleicht wichtigste Rolle in dieser Organisation innehat. Sie ist verantwortlich für die Rennstrategie des Teams, die technischen Entscheidungen, das Fahrermanagement, die Beziehungen zu den Sponsoren und die Interaktion mit den Medien. Harley Patrick ist die Führungspersönlichkeit, die die Bemühungen aller Abteilungen koordiniert, um den Erfolg auf und abseits der Rennstrecke zu gewährleisten. Der Druck, der auf ihr lastet, um ein siegreiches Team zu leiten, muss immens sein.
Schnell stehe ich auf und streiche mit zitternden Fingern meine Hose glatt.
„Elizabeth Evans?“ Ihre Stimme klingt herzlich, doch bestimmt, und ich nicke.
Mein Mund ist plötzlich trocken. „Ja. Aber Sie können Posey zu mir sagen. So nennen mich alle.“ Ich versuche vergeblich, selbstsicher zu klingen. Jede Sekunde rechne ich damit, dass sie mich als Scharlatan entlarvt, doch sie lächelt mich warmherzig an.
„Willkommen bei Crown Velocity.“ Harley streckt mir die Hand hin, und ich ergreife sie, wobei es mir peinlich ist, dass meine Handflächen ein wenig verschwitzt sind. „Kommen Sie herein.“
Ich folge ihr durch ein Labyrinth von Gängen zurück in ihr Büro, das ganz in schlichtem, modernem Design gehalten ist: Glaswände, minimalistische Möbel und große Fenster mit Blick auf das perfekt gepflegte Gelände und den See dahinter. Es ist beeindruckend, doch auf diese Wirkung ist alles hier ausgelegt.
Wir setzen uns, und ich versuche, mich auf meinem Stuhl zu entspannen, doch ich bin zu sehr damit beschäftigt, mich zu fragen, ob sie bereits herausgefunden hat, dass ich nicht die bin, für die ich mich ausgebe. Ich widerstehe dem Drang, ihr alles zu gestehen, sie um Verzeihung zu bitten und zu betteln, dass ich trotzdem den umfassenden Zugang bekomme, den sie mir unter meinem Deckmantel als Journalistin gewährt hat.
„Ihre Idee für diesen Artikel hat mich wirklich inspiriert“, sagt sie, lehnt sich in ihrem Stuhl zurück und legt ihre Füße in den Chucks auf den Glastisch. Ich bemerke das Modell eines Crown-Velocity-Autos, das auf einem Stapel Ordner liegt.
„Vielen Dank, Ms. Patrick. Ich …“
„Harley. Bitte nennen Sie mich Harley.“
„Harley“, wiederhole ich lächelnd und entspanne mich ein wenig. „FI-Rennen haben in den USA mit der Netflix-Doku richtig Fahrt aufgenommen. Und da Brad Pitt demnächst einen Film in diesem Milieu dreht, dachte ich mir, ich könnte einen tollen freien Artikel darüber schreiben, zumal der Sport weibliche Fans in Scharen anzieht.“
„Außerdem kauft Brienne Norcross ein Team“, fügt sie hinzu. „Das bindet den Sport noch mehr an Amerika.“
„Ja“, pflichte ich ihr begeistert bei. „Genau wie Sie. Eine amerikanische Stockcar-Fahrerin, die ein britisches FI-Team leitet. Das ist so inspirierend und ermutigend. Ich würde gerne die Liebe zur FI in den Frauen jenseits des großen Teichs wecken.“
Nur … mithilfe eines Liebesromans.
„Nun, ich stimme zu“, antwortet Harley, während sie die Hände vor dem Bauch faltet. „Wir brauchen mehr Presseberichte, wenn wir neue Zuschauer an den Sport heranführen wollen. Es gibt so viele Feinheiten, die man kennen muss. Beim Motorsport geht es um viel mehr als nur um tolle aerodynamische Autos, die mit halsbrecherischer Geschwindigkeit über eine Strecke rasen.“
Ich nicke mit einem höflichen Lächeln, denn ich habe vor, meinen Leserinnen etwas über Autorennen beizubringen und gleichzeitig eine sexy erotische Romanze einzuflechten. Das würde nicht nur meine Karriere fördern, sondern auch eine ganze Reihe neuer Fans anlocken, und ich weiß, dass Frauen Sport genauso lieben wie Männer. Außerdem sind diese Fahrer supersexy, und das ist durchaus ein Verkaufsargument.
„Wo werden Sie wohnen, während Sie hier sind?“, fragt Harley im Plauderton und lehnt sich in ihrem Stuhl zurück. „Natürlich wird Crown Velocity Sie unterbringen, wenn wir nach Bahrain reisen, doch bis dahin gibt es schon in den nächsten Wochen viel zu tun und zu sehen.“
„Im Moment wohne ich noch in einem Hotel in London“, gebe ich zu. „Bisher hatte ich keine Gelegenheit, mir Airbnb-Unterkünfte in der Gegend anzuschauen. Das wäre wahrscheinlich die beste Lösung, damit ich nicht jeden Tag pendeln muss.“
„London ist schön, aber die Fahrt dorthin ist nervig.“ Harley wird ernst. „Ich wollte eigentlich vorschlagen, dass Sie näher beim Team in Woking wohnen.“
„Natürlich, ich fange heute noch mit der Suche an“, versichere ich ihr.
„Gut, denn haben Sie ja einiges zu tun, und ich werde Sie dem bestmöglichen Botschafter für unser Team vorstellen, der Ihnen alles über diesen Sport beibringen kann. Lex Hamilton.“
Mein Herz setzt einen Schlag aus. Lex Hamilton? Fahrer Nummer eins bei Crown Velocity, unglaublich talentiert und – laut allen Boulevardzeitungen, die ich je gelesen habe – aufsässiger, als ihm guttut. Abseits der Rennstrecke hat er den Ruf, ein Bad Boy zu sein. Eine Art Playboy, wenn wir ehrlich sind, und warum auch nicht? Meiner bescheidenen Meinung nach ist er der attraktivste aller FI-Fahrer, und ja, das ist mir aufgefallen. Ein Berufsrisiko.
„Das … das klingt toll“, bringe ich heraus, obwohl mich die Vorstellung, so viel Zeit mit Lex zu verbringen, nervös macht. Er gehört definitiv zum Club der coolen Kids, und na ja … auf diesen Club durfte ich bisher noch nicht einmal einen Blick durch die Tür werfen. Grundsätzlich bin ich zwar selbstbewusst, aber eben auch introvertiert – ich ziehe kleine Treffen großen Partys vor und mag keine sinnlosen Gespräche. Ich kann aber extrovertiert auftreten, wenn das auch manchmal anstrengend ist. Ich hoffe, dass ich das hervorbringe, was mein Vater den „Evans-Mut“ nannte, damit ich neben einem Promi wie Lex Hamilton bestehen kann.
Ich rufe mir ins Gedächtnis, was für eine knallharte coole Socke ich bin, weil ich hier mit einer offiziellen Einladung sitze und die Eier habe, das durchzuziehen. Da werde ich mich doch nicht aus der Ruhe bringen lassen, nur weil Lex Hamilton rattenscharf ist!
„Sie werden uneingeschränkten Zugang zu Lex haben“, fährt Harley fort, und ich weiß nicht, ob das ein Segen oder ein Fluch ist. „Tag und Nacht, sowohl auf als auch neben der Rennstrecke. Er ist einverstanden. Wir wollen, dass Sie jeden Aspekt des Rennfahrerlebens kennenlernen.“
Ich nicke und spüre den Druck, meine Tarnung jetzt noch besser aufrechtzuerhalten. „Das weiß ich zu schätzen. Es wird mir bei meinem Artikel sehr helfen.“
„Wunderbar.“ Harley kneift leicht die Augen zusammen, als würde sie mich taxieren. „Ich nehme an, Sie kennen seinen Ruf?“
„Ja“, sage ich zögernd, weil ich mich nicht zu einer genaueren Aussage hinreißen lassen will. „Ich habe mich über die FI informiert, auch über alle Fahrer.“
„Er benimmt sich von jetzt an, zumindest hat er das versprochen“, meint Harley mit einer hochgezogenen Augenbraue. „Aber wenn es irgendwelche Probleme gibt, möchte ich, dass Sie direkt zu mir kommen. Ist das klar?“
„Klar“, antworte ich und versuche, nicht so ängstlich zu klingen, wie ich mich fühle.
„Ausgezeichnet.“ Harley nimmt die Beine vom Schreibtisch und steht mit einem strahlenden Lächeln auf, um zu signalisieren, dass das Gespräch beendet ist. „Ich werde Ihnen einen Tag nennen, an dem Sie mich begleiten können, und ich denke, Spencer wird sich ebenfalls Zeit für Sie nehmen.“
Das ist noch besser, als ich erwartet hatte. Ein Treffen mit dem Teambesitzer ist ein echter Coup, denn ich habe vor, zukünftig auch noch eine Geschichte über einen schneidigen, sexy Besitzer eines Rennstalls zu schreiben, und genau das ist Spencer Montgomery.
„Rosalind wird Ihnen eine kurze Führung durch die Teamzentrale geben, und dann werde ich sie bitten, Sie zu Lex zu bringen.“
Wir schütteln einander die Hände, und ich folge ihr zurück in den Wartebereich, wo Rosalind schon darauf wartet, mich zu übernehmen. Ihr Gesicht verrät keine Gefühlsregung, aber ich spüre ihre Effizienz und Humorlosigkeit in ihrer Körperhaltung.
„Wenn es Ihnen nichts ausmacht, könnten Sie jetzt Ms. Evans herumführen, Ros. Dann übergeben Sie sie an Lex.“
„Natürlich, Harley“, sagt Rosalind, und ihr britischer Akzent gibt mir das Gefühl, in einem BBC-Film zu sein. Sie dreht sich um und schenkt mir tatsächlich ein warmes Lächeln – ich frage mich, ob sie das Harley zuliebe tut, die mir den roten Teppich auszurollen scheint. „Hier entlang.“
Ich winke Harley zum Abschied zu und folge Rosalind.
Als wir durch die Korridore der Crown-Velocity-Zentrale gehen, fällt mir auf, wie futuristisch das gesamte Gebäude wirkt. Überall glänzt es – Chrom, Glas und modernste Technik. Rosalind führt mich in die Konstruktionsabteilung, während sie mir alles genau erklärt, aber nicht so ausführlich, dass ich das Gefühl habe, ihre Zeit zu vergeuden. Sie scheint ziemlich stolz darauf zu sein, Teil des Teams zu sein, und das lockert ihr Verhalten auf. Ingenieure in makellos weißen Overalls schwirren umher, und ich sehe einige von ihnen an dem arbeiten, was wohl das Herzstück des Betriebs ist: den Autos.
„Ohne unsere Konstruktions- und Entwicklungsabteilung wäre unser Rennstall nichts“, sagt Rosalind und zeigt durch ein großes Glasfenster auf einen Raum, in dem Ingenieure über Computer gebeugt sind und Simulationen auf mehreren Bildschirmen laufen. „Hier testen und überarbeiten die Kollegen jeden Zentimeter des Wagens akribisch. Wenn ein Fahrer einen Fehler im Fahrverhalten erwähnt, arbeiten sie die ganze Nacht daran, ihn zu beheben.“
Ich nicke und versuche, mir alles zu merken. Das hat mit der Welt des Selfpublishings sehr wenig gemein und ist so viel mehr, als ich durch Dokumentationen und Artikel erfahren habe.
Wir gehen weiter den Gang entlang, vorbei an einem Raum mit einem großen Glasfenster und einem riesigen zylindrischen Gerät darin.
„Was ist das?“
„Der Windkanal. Hier testen wir die Aerodynamik und die Effizienz des Karosseriedesigns.“
„Oh“, sage ich, und mir schwirrt der Kopf von der Wissenschaft, die hinter diesem Sport steckt. Ich habe das Gefühl, dies ist nur die Spitze des Eisbergs.
Wir kommen an weiteren Räumen vorbei – Kohlefaserdesign, Strategieentwicklung, ein Datenzentrum mit Dutzenden von Mitarbeitern hinter Computern –, bevor wir schließlich einen ruhigeren Teil des Gebäudes erreichen.
„Hier trainieren die Fahrer“, erklärt Rosalind und hält einen Ausweis an einen Scanner, der eine Tür entriegelt. „Lex verbringt in diesem Bereich viel Zeit, wenn er nicht gerade fährt oder mit den Ingenieuren arbeitet. Hier befinden sich unsere Simulatoren, ein hochmodernes Fitnesscenter, medizinisches Personal, ein Ruheraum, private Schlafbereiche zum Ausruhen und sogar ein Vollzeit-Psychologe, denn Rennen sind nicht nur körperlich, sondern auch mental anstrengend.“
„Wow“, flüstere ich angesichts der hier zur Verfügung stehenden Mittel. Ich versuche, FI mit der amerikanischen Variante des Sports zu vergleichen, aber der Vergleich hinkt einfach.
Schließlich führt mich Rosalind durch eine andere Tür und in einen abgelegeneren Bereich. „Das ist der Ruheraum.“
Da sitzt er auf einer Couch und surft auf seinem Handy: Lex Hamilton. In natura sieht er noch besser aus als auf den Fotos. Mit seinem strubbeligen dunklen Haar, dem markanten Kinn und den stechend blauen Augen wirkt er, als käme er gerade vom Cover der GQ. Obwohl er mit ausgestreckten Beinen dasitzt, spüre ich sofort das Selbstbewusstsein, das von ihm ausgeht – und die Arroganz. Seine Ausstrahlung ist eindeutig.
„Ms. Evans, das ist Lex Hamilton“, sagt Rosalind in sachlichem Ton. „Lex, das ist die Journalistin, die Sie begleiten wird, Elizabeth Evans.“
„Alle nennen mich Posey“, füge ich hinzu.
Ein flackernder Blick streift mich, und für einen Sekundenbruchteil glaube ich, ein Fünkchen von etwas zu sehen – Interesse? Belustigung? Aber es ist genauso schnell wieder verschwunden, wie es aufgetaucht ist, und wird ersetzt durch Langeweile.
„Angenehm“, behauptet er, und seine Worte triefen vor falschem Charme. Er steht nicht einmal auf, um mich zu begrüßen.
„Ganz meinerseits“, antworte ich schüchtern. Innerlich tadle ich mich selbst für diese Schwäche.
Rosalind räuspert sich wie eine missbilligende Lehrerin. „Ms. Patrick wollte, dass ich Sie daran erinnere, wie wichtig Ms. Evans’ Aufenthalt bei uns und ihr Artikel sind.“
Ich bin ziemlich gut darin, Stimmungen, Untertöne und Schwingungen zu lesen, und wenn ich mich nicht irre, war in dieser Erinnerung eine Warnung versteckt.
Lex dreht den Kopf und lässt sich auf ein Blickduell mit Rosalind ein. Ihr Gesicht ist wie aus Stein gemeißelt, ihre Augen sind wie zwei Laser auf seine gerichtet. Müsste ich auf jemanden setzen, dann ganz klar auf Rosalind. Schließlich erhebt sich Lex seufzend von der Couch und steckt sein Handy weg.
Ihm gelingt sogar ein Lächeln, obwohl es seine Augen nicht erreicht, und er streckt mir die Hand hin. „Es ist schön, Sie kennenzulernen … ähm …“ Er wendet sich an Rosalind. „Wie sagten Sie noch mal, ist ihr Name?“
Mir fällt leicht die Kinnlade herunter, denn das war passiv-aggressiv, unhöflich und abweisend. Warum fragt er nicht einfach mich, wie ich heiße?
In mir sträubt sich alles. Ich ignoriere seine Hand, beantworte aber seine Frage. „Posey Evans.“
Sein Blick kehrt zu mir zurück, und er sieht, dass ich die Hände gefaltet halte und mich weigere, seine zu schütteln. Er hebt leicht den Mundwinkel und lässt die Hand sinken. „Richtig. Posey. Wie die Blume.“
„Eigentlich ist es eher ein altertümliches Wort für ein Blumensträußchen“, brumme ich, „und man schreibt es im Gegensatz zu meinem Namen ohne das e in der Mitte.“ Er starrt mich nur ausdruckslos an.
„Dann ist ja alles klar“, sagt Rosalind fröhlich und wendet sich mir zu. „Viel Glück. Sie werden es brauchen. Vergessen Sie nicht, dass Ms. Patrick gesagt hat, sie steht Ihnen zur Verfügung, falls irgendwelche Probleme auftreten sollten.“
Dabei wirft sie Lex einen weiteren spitzen Blick zu. Er grinst.
Als Rosalind weg ist, verschwindet Lex’ Grinsen.
„Lassen Sie uns eines klarstellen“, sagt er leise. „Ich bin nicht glücklich über diese ganze Sache. Mein Job ist es, Rennen zu fahren, nicht, auf eine Journalistin aufzupassen.“
Ich lasse mich nicht einschüchtern. Der Evans-Mut reckt sein Haupt. „Ich bin auch hier, um meinen Job zu machen.“
„Ihren Job, soso“, wiederholt er und mustert mich von oben bis unten. „Was genau ist denn Ihr Job? Schreiben Sie fluffige Artikel für Leute, die sich nicht für den Sport interessieren?“
Ich bekomme Angst, mein Puls beschleunigt sich. „Nein, ich interessiere mich für Sport, insbesondere für FI-Rennen.“
„Klar“, antwortet er abweisend, sichtlich unbeeindruckt und offensichtlich nicht glücklich über die ganze Vereinbarung. „Nun, ich schätze, wir müssen das wohl durchziehen. Stehen Sie mir einfach nicht im Weg.“
„Würde mir im Traum nicht einfallen“, blaffe ich, genervt von seiner Arroganz. „Aber ich erinnere Sie daran, dass ich hier bin, um zu lernen, und Sie sind dafür verantwortlich, dass das passiert.“
Er mustert mich noch einen Augenblick lang, dann weist er auf die Tür, durch die ich gerade eingetreten bin. „Kommen Sie“, fordert er mich auf, sein Tonfall ist wieder ausdruckslos. „Ich zeige Ihnen den Simulator. Sie müssen die Grundlagen dessen verstehen, was ich hier mache, wenn Sie etwas schreiben wollen, das sich zu lesen lohnt.“
Ich folge ihm den Gang hinunter und versuche, mir sein Verhalten nicht zu Herzen zu nehmen. Es fällt mir schwer, diesen atemberaubend attraktiven Rennfahrer mit seinem engelsgleichen Gesicht in Einklang zu bringen mit den negativen Schwingungen, die er ausstrahlt.
Wir kommen in einen Raum, der mich an einen Science-Fiction-Film erinnert. In der Mitte steht etwas, das ich nur als Hightech-Fahrzeug beschreiben kann, komplett mit Lenkrad, Pedalen und riesigen Bildschirmen ringsum. Das Ganze ist auf einer Plattform montiert, die aussieht, als wäre sie beweglich, und alles um sie herum ist glatt, glänzend und einschüchternd.
„Das“, sagt Lex mit einem Anflug von Stolz in der Stimme und zeigt auf die Anlage, „ist der Simulator.“
Ich sehe ihn an und hebe eine Augenbraue. „Simulator? Sie meinen, wie ein richtig schickes Videospiel?“
Er grinst und schüttelt den Kopf. „Es ist ein bisschen fortschrittlicher als das. Dieses System spiegelt die exakten Abmessungen und Bedienelemente des aktuellen FI-Autos von Crown Velocity wider, um uns ein völlig realistisches Erlebnis zu bieten.“ Er deutet auf die Bildschirme. „Die projizieren hochauflösende Bilder von jeder Rennstrecke, auf der wir fahren, komplett mit Wetterbedingungen, anderen Autos und Renndynamik in Echtzeit.“
„Wow.“ Ich bin beeindruckt.
Lex lächelt zum ersten Mal richtig. „Das Cockpit ist auf einer hydraulischen Plattform montiert, die sich entsprechend der virtuellen Strecke bewegt und neigt. Das simuliert die G-Kräfte, die ich in der Realität beim Kurvenfahren, Beschleunigen und Bremsen spüren würde. Es ahmt sogar die Stöße, Bodenunebenheiten und Vibrationen eines echten Rennens nach.“
„Das ist unglaublich“, antworte ich, hole meinen Notizblock hervor und notiere mir einige Ideen. „Darf ich fotografieren?“
„Leider nein. Ich bin sicher, dass Sie eine Vertraulichkeitsvereinbarung unterschreiben mussten, denn das sind alles streng geheime Informationen.“
„Verstanden“, sage ich und mache mir eine entsprechende Notiz. Ich wende mich zu Lex um. „Aber warum fahren Sie nicht einfach mit dem Auto auf eine Rennstrecke? Ich meine, so realistisch das alles auch sein mag, es geht doch nichts über echte Bedingungen.“
Lex lehnt sich gegen die Seite des Simulators und verschränkt die Arme. „So einfach ist das nicht. Zum einen gibt es Regeln, wie oft wir auf der Strecke testen dürfen. Die Liga schränkt das ein, damit der Wettbewerb fair bleibt.“
„Das verstehe ich nicht.“
„Es ist teuer, das Auto auf einer echten Strecke zu testen. Man denke nur an den Transport des Wagens, des Teams und der Ausrüstung, an Reifen und Treibstoff … das summiert sich. Dazu kommt der Verschleiß des Fahrzeugs. Jedes Mal, wenn wir es ans Limit bringen, riskieren wir Schäden. Manche Teams können sich das leisten, andere nicht. Das Testzeitlimit sorgt für einen faireren Wettbewerb.“
„Okay“, antworte ich und lege den Kopf schief, während ich zu begreifen versuche, was er sagt. „Doch Sie müssen das Auto trotzdem irgendwann auf einer richtigen Strecke fahren, oder?“
„Natürlich“, entgegnet er. „Wir testen auch unter realen Bedingungen, aber eben nur begrenzt. Im Simulator kann ich so viele Runden fahren, wie ich will, ohne Teile oder Reifen zu verschleißen. Wir können hier sofort Änderungen am Set-up vornehmen und verschiedene Strategien ausprobieren. Ich kann im Regen üben, auch wenn es draußen sonnig ist, oder einen kniffligen Streckenabschnitt immer wieder probieren, bis ich ihn richtig hinbekomme.“
Ich starre die Maschine an und verstehe allmählich. „Das ist also wie Training ohne die Konsequenzen?“
„Genau“, bestätigt Lex und nickt. „Kein Unfallrisiko, keine geplatzten Reifen, kein beschädigtes Auto, und wir können Set-ups testen, nur um zu sehen, was passiert. Das würden wir uns auf einer echten Rennstrecke nicht trauen.“