Suzanna - Rebirth - Liz Prime - E-Book

Suzanna - Rebirth E-Book

Liz Prime

4,0

Beschreibung

Abenteuer zwischen Himmel und Hölle. Bist Du bereit, das Unmögliche zu entdecken? Stell Dir vor, die Welt ist nicht so, wie sie scheint. Was, wenn ich Dir sage, dass Engel und Dämonen nicht nur in alten Geschichten existieren, sondern in den Schatten unserer Realität lauern? Mein Name ist Suzanna Pérez, und nach dem Verlust meines Verlobten wurde ich in ein Geheimnis gezogen, das alles in Frage stellt, was ich bisher glaubte. Begleite mich auf einer Reise, die nicht nur mein Schicksal, sondern auch Deine Sicht auf die Wirklichkeit für immer verändern könnte. Wagst Du einen Blick hinter den Schleier?

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Seitenzahl: 361

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Über die Autorin

Seit ihrer Kindheit von der Kraft der Worte und den unendlichen Möglichkeiten, die sie bieten, fasziniert, verfolgt Liz Prime das Ziel, durch ihr Schreiben ihren Leserinnen und Lesern tiefgehende Einblicke in komplexe emotionale Welten und menschliche Zustände zu gewähren. Ihre Geschichten öffnen Fenster zu vielschichtigen emotionalen Landschaften und fördern so Verständnis sowie tiefe Einblicke in die menschliche Natur. Ihre Werke reflektieren ihre unermüdliche Suche nach emotionaler Tiefe und dem Verständnis für die Vielschichtigkeit menschlicher Gefühle. Sie ist überzeugt davon, dass Geschichten die Macht haben, zu verändern, zu trösten und zu inspirieren. Diese Überzeugung belebt jedes Wort, das sie zu Papier bringt, und macht ihre Texte zu einem kraftvollen Echo ihrer eigenen Überzeugungen und Träume.

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liz.prime_official

Hinweis

Die in diesem Roman beschriebenen Ereignisse und Charaktere sind vollständig frei erfunden und Teil eines fiktiven Universums. Jegliche Ähnlichkeiten mit realen Personen, lebendig oder verstorben, oder tatsächlichen Ereignissen sind rein zufällig. Bitte beachten Sie, dass in bestimmten Szenen dieses Buches auf die Darstellung der Verwendung von Verhütungsmitteln verzichtet wurde. Diese Entscheidung dient der künstlerischen Freiheit und sollte nicht als Vorbild für reales Verhalten angesehen werden. Im wirklichen Leben ist die Praxis von Safersex, einschließlich der Verwendung von Verhütungsmitteln, von entscheidender Bedeutung, um die Gesundheit und das Wohlbefinden aller Beteiligten zu schützen.

INHALTSVERZEICHNIS

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Epilog

Index

An die Träumer und Kämpfer – erinnert euch, dass in den Momenten größter Dunkelheit euer Licht am hellsten strahlt.

Prolog

Ein markerschütternder Schrei durchbricht die Stille des Motelzimmers, im Nirgendwo – unser letzter Zufluchtsort vor den gnadenlosen Verfolgern.

»Es kommt«, schreit Sarah, schmerzgeplagt.

»Du musst pressen«, antworte ich ihr mit einer Mischung aus Furcht und Mut. Meine Augen wandern zwischen ihren Schenkel und ihrem ängstlichen, aber entschlossenen Blick hin und her. Ich spüre, dass sie uns auf den Fersen sind. Das Flackern des Lichtes an der Decke verheizt nichts Gutes.

»Sie dürfen das Baby nicht in ihre Finger bekommen, versprich mir das!«, keucht Sarah schwer atmend unter den Schmerzen der Wehen.

»Ich schwöre, ich werde sie mit meinem Leben beschützen«, antworte ich, während ich mich darauf vorbereite das Neugeborene in dieser gefährlichen Welt zu empfangen. Vorsichtig, mit zitternden Händen, ergreife ich das kleine, zerbrechlich wirkende Wesen. So schutzlos und warm es mir erscheint – so hilflos fühle ich mich zu gleich, in dem Wissen, was jetzt passieren wird. Sarahs Gesicht, gezeichnet von Schmerz und Erschöpfung, erleuchtet für einen kurzen Augenblick mit einem Strahlen purer Mutterliebe, als ich ihr das Neugeborene überreiche. Dieser Moment der Ruhe wird jäh unterbrochen, als die Tür mit einem gewaltigen Krachen aufgebrochen wird. Ein Mann in einem makellosen weißen Anzug betritt den Raum, seine Augen strahlen eine täuschende Güte aus.

»Hier habt ihr euch versteckt«, spricht er mit einem selbstgefälligen Lächeln.

»Ich nehme an, ihr werdet mir das Kind nicht freiwillig übergeben. Aber ich will ehrlich sein, ihr habt keine Chance. Das Motel ist von meinen Leuten umstellt. Eine Flucht ist unmöglich.«

Ich blicke zu Sarah und nehme das Baby an mich, dabei flüstere ich ihr zu:

»Zeig keine Angst, denn das ist es, was sie wollen. Ihr wird nichts geschehen, sie wird leben und ihre Bestimmung erfüllen, dafür werde ich sorgen.«

Sarah wirft mir einen vertrauenswürdigen Blick zu und zieht sich schützend die Bettdecke über ihre blutverschmierten Schenkel. Ich halte das Baby sicher im Arm und ziehe aus meinem Mantel eine Pistole hervor. Mit festem Griff und entschlossenem Blick richte ich die Waffe auf unseren Gegner und drücke ab. Der Schuss lässt den Raum erzittern und das Gesicht des Mannes dekoriert die Zimmerwände. Sarahs Schrei durchschneidet die Luft. Ich lege meine Hand beruhigend auf ihrer Stirn und flüstere:

»Fürchte dich nicht. Es wird alles gut«, daraufhin verstummt ihre Stimme für immer. Lieber so, als wenn sie sie in die Finger bekommen. Durch mich erhält sie die Erlösung. Es bleibt mir nicht viel Zeit für die Flucht. Der Körper des Mannes beginnt sich bereits zu regenerieren, seine Haut fügt sich wie ein makabres Puzzle wieder zusammen. Als eine Horde von Verfolgern das Zimmer stürmen, entfalte ich meine verborgene Macht und verschwinde mit dem Baby innerhalb eines Wimpernschlags, in der Hoffnung, dass sie uns nie wieder so nahekommen.

Kapitel 1

Fünfundzwanzig Jahre später

»Suzanna, wie lange willst du noch in diesem Studio arbeiten?«, fragt mich Mark, als wir gemeinsam morgens in der Küche stehen und ich mir eine Tasse Kaffee gönne. Überrascht blicke ich in seine grünen Augen, dabei streicht er sich über sein frisch rasiertes Kinn.

»Fängst du wieder mit diesem Thema an?«, frage ich ihn mit Augenrollen.

»Ich will, dass du eine Entscheidung triffst. Wir sind seit sechs Monaten verlobt und planen eine gemeinsame Zukunft. Nächstes Jahr wollen wir heiraten und eine Familie gründen. All diese Dinge benötigen ein solides Fundament. Und der Job als Tätowiererin wird da nicht ausreichen.«

»Ich verstehe nicht, wieso du so denkst. Warum sollte sich alles mit einer Hochzeit ändern? Wir sind weiterhin wir und es funktioniert.«

»Jetzt gibt es auch nur uns zwei, aber in ein paar Monaten oder Jahren wird sich das hoffentlich ändern und dafür benötigen wir eine finanzielle Absicherung. Dein alter Job war perfekt, dein Gehalt war überdurchschnittlich. Und du bist eine der Besten in dieser Branche.«

»Geld ist aber nicht alles im Leben, Mark. Die Kunst erfüllt mich mehr als ein Bürojob. Täglich mit Daten herumjonglieren. Du weißt, wie unglücklich mich der Job gemacht hat.«

»Das war aber nicht immer so. Du hast deine Arbeit geliebt. Ich kann mich noch gut an die Zeit erinnern, als du unzählige Nächte am Laptop verbracht hast und kein Ende gefunden hast. Und jetzt sieh dich an, deine tätowierten Oberarme. Manchmal erkenne ich dich nicht wieder. Wo ist die Suzanna von früher, mit ihrem breiten strahlenden Lächeln ohne all diese Farbe auf der Haut.«

»Menschen verändern sich. Und was hat mir die Arbeit gebracht? Ich war irgendwann völlig ausgebrannt und habe die Freude daran verloren. Das Zeichnen hat mir Kraft gegeben und ich liebe meine Arbeit als Tätowiererin. Die Menschen sind alle so freundlich und zufrieden, wenn sie den Laden wieder verlassen und ihr Lächeln im Gesicht macht mich glücklich.«

»Hast du vielleicht auch mal an mich gedacht? Was mein Umfeld darüber denkt, wenn ich mit einer Tätowiererin verheiratet bin? Meine Kollegen in der Bank lachen jetzt schon über mich. Und meine Eltern sehen es auch nicht gerne. Du weißt, ich stamme aus einer erfolgreichen Bankerfamilie. Wir haben einen Ruf zu verlieren.«

»Das ist also der wahre Grund, warum du nicht willst, dass ich weiterhin im Studio arbeite. Das ist so typisch für dich, bloß nie anecken. Immer sich der feinen Gesellschaft unterbuttern.«

»Willst du Erfolg im Leben haben, musst du bereit sein dich anzupassen. So ist nun mal die Welt. Das wirst du früher oder später auch merken, Suzanna«, sagt er in einem arroganten Ton.

»Ich finde deine Einstellung erschreckend. Vielleicht ist es besser, wenn wir nicht heiraten«, platzt der Gedanke aus mir heraus.

»Das ist wieder so typisch für dich. Kaum sagt man dir, wie es im Leben läuft, und schon entziehst du dich mir. Suzanna, ich liebe dich aber so, wie es jetzt ist, können wir keine Familie gründen. Das musst du verstehen«, sagt Mark, während er sein Jackett überwirft.

»Ich muss los, sonst komme ich zu spät in die Bank. Denk über meine Worte nach und überlege dir, was du wirklich willst«, sagt er und verschwindet durch die Wohnungstür, vorbei an Bildern an der Wand, die gemeinsame Erinnerungen auf ewig festhalten. Genervt gehe ich mit dem Kaffee in der Hand ins Bad und bereite mich für den Tag vor. Ich blicke in den Spiegel und sehe eine junge Frau mit dunklen langen Haaren, die sich nicht in irgendwelche Schubladen zwängen lässt. Die ihre Persönlichkeit auslebt. Aber auch eine Frau, die bereit ist, Opfer zu bringen, wenn es vonnöten ist. Ich schlüpfe in meine schwarze Jeans und in mein rotes Top. Passend dazu trage ich meine goldene Amulettkette, die ich schon mein ganzes Leben lang besitze. Es ist mit etlichen kleinen Symbolen und Zeichen versehen, die in einem Kreis angeordnet sind. Nachdem ich mir etwas Make-up aufgetragen habe, werfe ich mir meinen schwarzen Mantel über, greife nach meiner Umhängetasche und mache mich wie jeden Morgen auf den Weg zu Ethan ins Tattoostudio.

Ein kleines Juwel inmitten des pulsierenden Herzens von Downtown. Dieser Ort, der mir in dunklen Stunden bereits mehrfach Zuflucht und Trost geboten hat, begrüßt mich mit seiner leuchtend roten Neonreklame, auf der 'Ink Pink-Heart' scheint. Ich gehe durch die Tür, sofort empfängt mich der vertraute Geruch einer Welt, die mir so viel bedeutet. Eine Mischung aus dem scharfen Duft von Desinfektionsmittel und der süßen Note frischer Tätowierfarbe. Die Luft im Studio vibriert vor Kreativität, jeder Winkel erzählt eine Geschichte. Festgehalten in Flash-Art, skurrilen Zeichnungen und abstrakten Designs, die die Wände zieren und den Raum in ein Kaleidoskop der Inspiration verwandeln. Kaum habe ich das Studio betreten, fängt Ethans Blick mich ein. Er sitzt da, umgeben von seinen Werkzeugen – ein Meister seines Fachs. Ein Lächeln, so warm und einladend, breitet sich auf seine Lippen aus. Ein Lichtstrahl, der selbst die tiefste Dunkelheit zu vertreiben vermag. Gleichzeitig fährt seine tätowierte Hand lässig durch seine rosafarbenen Haare, eine Geste, die so charakteristisch für ihn ist und ihm eine Aura von Selbstsicherheit verleiht.

»Guten Morgen, Prinzessin«, begrüßt er mich wie gewohnt.

1*»Buenos días, Ethan«, erwidere ich.

»Was ist passiert?«, fragt er, seine überraschte Miene verrät, dass er meine Unruhe sofort gespürt hat.

»Woher weißt du das immer?«

»Suzanna, wir sind zusammen aufgewachsen. Ich brauche nur deine Stimme zu hören, um zu wissen, was in dir vorgeht«, erwidert er mit einem Lächeln, das so viel mehr sagt, als Worte es könnten.

Behutsam legt Ethan die Vorlagenmappe beiseite und nähert sich mir. Er nimmt mir meinen Mantel ab und verstaut ihn in der Garderobe.

»Erzähl mir, was ist passiert?«, drängt er sanft.

Mit einem Seufzer lasse ich die Fassade fallen.

»Es geht um Mark. Wir sind erneut aneinandergeraten. Ich dachte, die Diskussion über meinen Job hätte sich erledigt, aber nein, er hat heute wieder damit angefangen. Er meint, ich sollte mir einen neuen Job suchen, am besten zurück in meiner alten Branche. Nur damit er besser dasteht und nicht mit einer Tätowiererin verheiratet ist. Kannst du dir das vorstellen? Es ist ihm völlig egal, wie es mir dabei geht«, gestehe ich und lasse mich entmutigt auf einen Stuhl im Pausenraum sinken.

»Hmm ... das klingt gar nicht nach ihm. In all den Jahren schien er doch immer so verständnisvoll dir gegenüber zu sein.«

»Ja, genau das dachte ich auch. Deshalb verstehe ich nicht, warum er in dieser Sache nicht lockerlässt. Wir hatten dieses Gespräch schon vor Monaten, und ich war mir sicher, das Thema wäre vom Tisch. Offenbar habe ich mich geirrt«, antworte ich mit einem resignierten Schulterzucken, als das Klingeln der Ladentür unser Gespräch unterbricht.

»Das dürfte Jonas sein. Er hat sich einen Löwenkopf für sein Schulterblatt ausgesucht«, teile ich Ethan mit, während ich auf Jonas zugehe, der bereits erwartungsvoll vor dem Empfangstresen steht, mit einem einladenden Lächeln auf seinen Lippen.

2*»Hola Jonas, bist du bereit, den Löwen brüllen zu lassen?«, frage ich ihn mit einer motivierenden Begeisterung in der Stimme.

»Hallo. Ja, ich habe die halbe Nacht vor Aufregung nicht geschlafen«, erwidert er und spielt dabei nervös an die Schnüre seines Hoodies. Ich bitte ihn, sein Oberkörper freizumachen und auf dem Behandlungsstuhl Platz zu nehmen. Sorgfältig desinfiziere und rasiere ich seinen Rücken, bevor ich die Schablone positioniere und alles für die bevorstehende Tätowierung vorbereite.

Während ich vor mich hinarbeite, verliere ich mich in Gedanken an den morgendlichen Streit, der zwischen Mark und mir entfacht ist. Die Nadel in meiner Hand zittert leicht, und ich bemerke kaum, wie ein Tintenfläschchen von meinem Arbeitsplatz auf den Boden fällt. Die Klangkulisse des Aufpralls durchdringt meine Gedanken und reißt mich aus meiner Träumerei. Ethan, mein aufmerksamer Freund und Chef, hebt den Kopf von seiner Arbeit und sieht mich besorgt an.

»Suzanna, alles in Ordnung bei dir?«

Ich nicke und setze ein gezwungenes Lächeln auf.

»Ja, alles bestens. Nur ein kleines Missgeschick.«

Er zieht skeptisch die Augenbrauen hoch und hakt zum Glück nicht weiter nach. Stunden vergehen, in denen ich mich dem Tattoo widme, unterbrochen nur von einer kurzen Pause, bis schließlich das Meisterwerk vollendet ist. Ich reiche Jonas einen Spiegel, damit er das Ergebnis in aller Ruhe begutachten kann.

»Suzanna, das ist der Wahnsinn. Das Tier wirkt so lebendig. Die Augen funkeln förmig vor Gier. Genauso habe ich es mir vorgestellt. Ich danke dir«, sagt er mit einem glücklichen Gesichtsausdruck.

»Es freut mich sehr, dass es dir gefällt«, antworte ich mit einem Lächeln, während ich eine Schutzfolie über das frisch gestochene Tattoo lege. Wieder einmal verlässt ein zufriedener Kunde das Studio. Nachdem ich mich von ihm verabschiedet habe, lasse ich mich erschöpft, aber erfüllt auf einen Stuhl fallen, um einen Moment der Ruhe zu genießen. Ethan tritt an meine Seite, seine tätowierte Hand findet behutsam meine Schulter, und sein Blick durchbohrt mich mit einer Intensität, die kaum Worte benötigt.

»Suzanna, du kannst dich nicht ewig vor dem Problem mit Mark verstecken. Vielleicht ist es an der Zeit, nach Hause zu gehen und die Dinge zwischen euch zu klären«, rät er mir eindringlich, während seine Hand durch das rosafarbene Meer seiner Haare gleitet. Seine Worte rütteln mich auf, durchbrechen die Mauern meiner Verleugnung.

»Du hast recht. Ich sollte das klären.«

Ethan gibt meiner Schulter einen sanften Druck, seine Geste ein Anker der Unterstützung.

»Geh nach Hause, sprich mit Mark. Und sollte er weiterhin kein Verständnis für dich haben, bin ich hier. Was auch geschieht, du hast immer einen Platz bei mir – und es spielt keine Rolle, womit du dein Geld verdienst«, sagt er aufmunternd, seine Worte ein Leuchtturm in der Dunkelheit meiner Sorgen. Dankbar für Ethans Unterstützung stehe ich auf, sammle meine Sachen zusammen und verlasse das Tattoo-Studio. Der Weg nach Hause gestaltet sich wie eine Wanderung durch einen dichten Nebel der Ungewissheit. Jeder Schritt ist beschwert mit der Hoffnung, dass Mark diesmal wirklich bereit ist, mir zuzuhören, dass wir gemeinsam einen Weg aus dem Dickicht unserer Probleme finden, einen Pfad, der uns beide wieder mehr zusammenführt.

Im sanften Schein der untergehenden Sonne, die die Straßen San Franciscos in ein beruhigendes, goldenes Licht hüllt, erreiche ich schließlich unsere gemeinsame Wohnung. Mark sollte längst zu Hause sein. Schon im Flur empfängt mich der Duft seines Lieblingsparfüms, ein sanfter Vorbote seiner Präsenz. Ich höre leise, vertraute Worte aus dem Schlafzimmer, es scheint, als würde Mark telefonieren. Seine Stimme schwebt durch die Stille des Raumes. Die Tür, nur einen Spalt geöffnet, lädt mich ein, aber mein Herz schlägt Alarm, getrieben von einer unerklärlichen Unruhe, die mich ergreift.

Was ich dann höre, ist ein Schlag direkt ins Herz.

»Wir sehen uns morgen im Café. Ich liebe dich«, haucht er ins Telefon, Worte, die nicht für mich bestimmt sind. Mark, mein Verlobter, der Mann, dem ich mein Herz geschenkt habe, hat heimlich eine Affäre.

»Nein«, entweicht es mir flüsternd, ein stummes Echo meines Entsetzens. Mein Herz pocht wild, während die bittere Wahrheit langsam ihren Weg in mein Bewusstsein findet. Betrug. Verrat. Diese Worte umgeben mich, giftige Schatten, die sich in mein Herz bohren und es mit eiskalter Klarheit durchdringen. Ohne ein Wort zu verlieren, ohne den Luxus von Tränen oder einen letzten Blick, ergreife ich die Flucht aus der Wohnung.

»Suzanna? Bist du das?«, hallt Marks Stimme hinter mir, ein verzweifelter Ruf in der Dunkelheit, während ich versuche, der erdrückenden Wahrheit zu entfliehen. Der Flur dehnt sich vor mir aus, ein endloser Tunnel der Verzweiflung, während ich die Treppe hinabstürze, getrieben von einem Überlebensinstinkt, der mich nach draußen, in die Freiheit der Straße zieht. Mark setzt mir nach, ruft meinen Namen, seine Stimme durchdrungen von Flehen und Verwirrung. Aber der Wirbelsturm der Gefühle in mir lässt sich nicht mehr bändigen. Ich renne, getrieben von der illusorischen Hoffnung, ich könnte dem Schmerz, der mich zerreißt, einfach davonlaufen. Mark gibt nicht auf, folgt mir hartnäckig, sein Flehen ein stetiges Echo hinter mir. Seine Worte, sie verlieren sich im Rauschen des Windes, verwehen ungehört – genauso wie die Tränen, die ich nicht zu weinen wage.

Ein erschütternder Schrei ertönt plötzlich hinter mir. Mark, der mir verzweifelt gefolgt ist, bricht zusammen. Das Adrenalin, das mich zuvor angetrieben hat, weicht dem Schock und der Panik. Sein Stöhnen dringt in meine Ohren, als er sich vor Schmerz krümmt, eine Hand fest auf die Brust gepresst. Die Realität dieses Moments wird von einer bedrückenden Atmosphäre des Unausweichlichen durchtränkt. Ich stürme zu ihm, und die Dunkelheit der Nacht scheint sich mit jedem Moment zu verdichten. Meine eigenen Gedanken drehen sich im Kreis, während ich versuche, die Tragödie dieses Augenblicks zu begreifen.

Ein Fremder auf der Straße eilt zu Hilfe herbei, sein Gesicht von der Kapuze seines Regenmantels verdeckt. Er zückt sein Handy und setzt einen Notruf ab. Ich starre auf Mark, der am Boden liegt, seine Hände krampfhaft auf die Brust gepresst. Ich halte ihn in meinen Armen. Sein Atem ist flach und unregelmäßig, sein Gesicht von einem bleichen Schleier überzogen. Die Straßenlaternen werfen gespenstige Schatten, während die Welt um uns herum zu verblassen scheint.

»Mark, nein«, flüstere ich, als ich ihn näher an mich ziehe. Seine Hand klammert sich schwach an meiner, die Kälte seines Körpers durchdringt meine Finger.

Die Stille der Nacht wird nur von seinem mühsamen Atmen durchbrochen, das in der kalten Luft hängt wie ein Hauch des Abschieds. Ein letztes Aufbäumen durchzuckt seinen Körper, und seine Augen suchen, die meinen.

»Es tut mir leid«, flüstert er mit letzter Kraft, seine Lippen formen die Worte, die wie ein zarter Abschiedshauch in die Nacht entweichen. Sein Griff lockert sich, seine Augen verlieren ihren Glanz, und ich spüre, wie er sich in meinen Armen auflöst. Die Straße wird zum Schauplatz eines Dramas, während Mark in meinen Armen stirbt. Sein Körper wird schwer und leblos, das Leben entweicht mit jeder Sekunde, die verstreicht. Der Krankenwagen erreicht uns mit quietschenden Reifen und schriller Sirene. Die Retter eilen aus dem Fahrzeug, ihre Blicke fokussiert. Sie beginnen mit der Reanimation, jeder Handgriff präzise und energisch.

Ich stehe da, hilflos und zitternd, während der Lärm der Stadt um uns herum von der Anspannung des Moments übertönt wird. Die angestrengten Bemühungen der Wiederbelebung zeigen Erfolg. Marks regloser Körper reagiert allmählich auf die intensiven Maßnahmen. Ein schwacher, aber deutlich wahrnehmbarer Puls kehrt zurück, und der erleichterte Blick des Arztes trifft meinen. Ein Hauch von Hoffnung durchdringt die angespannte Atmosphäre. Gemeinsam, im Einklang mit dem monotonen Piepen der medizinischen Geräte, bringen sie Mark auf einer stabilen Trage zum bereitstehenden Krankenwagen. Jeder Schritt scheint eine Ewigkeit zu dauern. Die Zeit verlangsamt sich in dieser kritischen Phase, während der Ernst der Situation durch das unerbittliche Geräusch des Herzfrequenzmonitors unterstrichen wird.

»Miss, Sie können leider nicht mitfahren. Wir bringen ihn ins General Hospital, bitte komme Sie nach«, mit diesen Worten hält mich der Arzt auf, in den Krankenwagen einzusteigen. Der Fremde, der uns zur Hilfe geeilt ist, versucht mich zu beruhigen, während er ein heranfahrendes Taxi zu uns winkt.

Im Krankenhaus angekommen, stürme ich in die Notaufnahme. Die Zeit dehnt sich aus, während ich auf Nachrichten über Mark warte. Ein Arzt tritt schließlich auf mich zu, sein Gesicht ausdruckslos.

»Es tut mir leid. Wir konnten nichts mehr für ihn tun. Ihr Freund ist verstorben.«

Mit nur einem Satz ist meine Welt, meine Zukunft zerbrochen. Die Liebe meines Lebens ist nicht mehr greifbar. Weg, verschwunden – für immer.

»Darf ich zu ihm?«, flüstere ich, meine Stimme kaum mehr als ein Hauch, daraufhin führt der Arzt mich zu Mark. Die sterile Atmosphäre der Notaufnahme umhüllt mich, als ich mich der Bahre nähere, auf der Marks lebloser Körper liegt. Das kalte Neonlicht wirft harte Schatten auf sein Gesicht, das so oft von Lachen und Liebe erleuchtet war. Mein Herzschlag hallt in meinen Ohren wider, als ich vor seinem reglosen Körper stehe.

Langsam, beinahe ehrfürchtig, strecke ich meine Hand aus und berühre seine kalte Haut. Die Realität des Verlusts durchdringt mich wie ein eisiger Wind. Tränen verschwimmen meine Sicht, während ich mich von der Unausweichlichkeit des Abschieds überwältigen lasse. Die Geräusche der Notaufnahme, gedämpft durch den Schleier der Trauer, werden zu einem diffusen Hintergrund. Ich verweile einen Moment länger an seiner Seite, als könnte ich durch die Kraft meiner Liebe die Zeit zurückdrehen. Aber die Stille und Leere in seinen leblosen Augen sprechen eine unumstößliche Wahrheit. Schweren Herzens trete ich einen Schritt zurück, lasse meinen Blick ein letztes Mal über sein Gesicht gleiten. Eine Welle von Schmerz durchströmt meinen Körper, als ich den Raum verlasse. Seine Anwesenheit nur noch eine Erinnerung, die ich in der kühlen Atmosphäre der Notaufnahme zurücklasse.

Ein kalter Wind streicht durch die Straßen, und die Lichter der Stadt werfen ein fahles Glühen auf den Gehweg. Meine Schritte sind schwer und ziellos, als würde ich versuchen, mich durch eine undurchdringliche Dunkelheit zu bewegen. Die Ereignisse der letzten Stunden wirbeln in meinem Kopf wie ein stürmischer Strudel aus Schmerz und Verlust. Marks Lachen, das unschuldige Glänzen in seinen Augen – all das ist jetzt verblasst und durch den bitteren Geschmack des Verrats ersetzt.

Schließlich erreiche ich das Studio, in dem Ethan gerade dabei ist, den Körper eines Kunden mit einem meisterhaften Kunstwerk zu veredeln. Beim Betreten des Ladens erfasst Ethan mich mit seinem Blick. Unverzüglich legt er die Tätowiermaschine beiseite. Sein Gesichtsausdruck wechselt von konzentriert zu besorgt, als er meine verstörten Augen erkennt.

»Suzanna, was ist los?«, fragt er beunruhigt, als er auf mich zukommt. Die Worte drohen mich zu ersticken, aber ich kann sie nicht länger zurückhalten.

»Mark ist tot.«

Ein Augenblick des Schocks legt sich über Ethans Gesicht, gefolgt von tiefer Traurigkeit. Er zieht mich in seine Arme, stark und tröstend.

»Wie? Was ist passiert? Es tut mir so leid, Suzanna.«

Die Schleusen meiner zurückgehaltenen Tränen öffnen sich, während ich mich Ethans tröstender Umarmung hingebe. Die Außenwelt des Studios verliert an Kontur, verschmilzt zu einer verschwommenen Kulisse, und für einen flüchtigen, kostbaren Augenblick existieren nur Ethan und ich, vereint in unserem Kokon der Trauer. Nach einer kleinen Ewigkeit, in der jedes Schweigen und jedes Schluchzen eine eigene Sprache spricht, löst Ethan behutsam die Umarmung. Mit sanfter Bestimmtheit führt er mich zu einem Stuhl.

»Nimm Platz. Ich bin gleich wieder für dich da. Ich muss nur noch schnell Annas Tattoo fertigstellen, dann haben wir Zeit zu reden. Zwei Minuten«, sagt er, während er mir eine Packung Taschentücher reicht. Ich nicke ihm zu, überwältigt von Dankbarkeit für Ethans unerschütterliche Stütze.

Kurz darauf nimmt er mir gegenüber Platz und lauscht aufmerksam, als ich von der tragischen Entdeckung berichte. Wie die Welt, die ich kannte, zusammengebrochen ist und wie ich nun durch einen unergründlichen Schmerz wandere. Ethan hört schweigend zu, seine tätowierten Hände ruhen auf dem Tisch. Nachdem ich zu Ende geredet habe, entweicht ihm ein schwerer Seufzer.

»So etwas hätte ich ihm niemals zugetraut. Du hast das nicht verdient«, sagt er mit einer Stimme, die sowohl von Mitgefühl als auch von einer tiefen Enttäuschung durchzogen ist.

»Das Leben ist manchmal einfach nicht fair«, murmele ich, und ein Moment der Stille legt sich zwischen uns. Ethan wirft mir einen nachdenklichen Blick zu, bevor er vorsichtig fragt: »Was hast du jetzt vor?«

»Ich weiß es nicht. Zurück in unsere Wohnung kann ich nicht. Das ertrage ich nicht«, gestehe ich, die Vorstellung allein ist unerträglich.

»Das verstehe ich vollkommen. Suzanna, falls du möchtest, kannst du so lange bei mir wohnen. Das ist kein Problem. Ich bin für dich da«, bietet Ethan an, seine Stimme ein sicherer Hafen in meinem Sturm der Gefühle.

»Danke, für deine Unterstützung«, erwidere ich.

Ethan lächelt sanft und ergreift meine Hand, ein Symbol der Verbundenheit und des Trostes.

»Alles wird gut, Suzanna. Wir stehen das gemeinsam durch.«

Seine Worte sind voller Mitgefühl, und ich fühle mich in diesem Moment wirklich dankbar, ihn als Freund zu haben.

»Es tut einfach so weh, Ethan. Mark war meine große Liebe, und dann – dann passiert so etwas, und jetzt ist er weg. Für immer«, breche ich erneut zusammen, die Worte begleitet von Tränen.

»Hast du eine Ahnung, mit wem er telefoniert hat?«, fragt Ethan vorsichtig.

»Nein, aber ich habe sein Handy. Eine Krankenschwester gab mir Marks persönliche Sachen, darunter auch sein Telefon.«

»Dann los, lass uns nachsehen, mit wem er zuletzt telefoniert hat. Oder möchtest du es gar nicht wissen?«, fragt Ethan, sein Blick voller Sorge.

»Was würde das ändern? Mark ist tot.«

»Vermutlich hast du Recht. Aber haben seine Eltern schon davon erfahren?«

»Oh Gott, daran habe ich gar nicht gedacht.«

»Soll ich das für dich übernehmen?«

»Nein, das mache ich selbst«, antworte ich, während ich mit zitternden Fingern mein Handy aus meiner Tasche ziehe und die Nummer von Marks Eltern wähle. Nach einigen nervenaufreibenden Sekunden nimmt jemand ab. Die Stimme am anderen Ende klingt warm und vertraut, dennoch zerreißt sie mein Herz.

»Mrs. Johnson?«, frage ich leise, meine Stimme brüchig vor Trauer.

»Ja, Suzanna bist du das?«

Es fällt mir schwer, die richtigen Worte zu finden, während ich versuche, die Tränen zurückzuhalten.

»Ja, ich habe eine schreckliche Nachricht.«

Die Luft wird dicker, und ein unangenehmes Schweigen legt sich über die Leitung.

»Was ist passiert? Geht es Mark gut?«, fragt sie, ihre Stimme von Sorge erfüllt.

Die Worte stecken mir im Hals, und ich schlucke schwer, bevor ich fortfahre.

»Es tut mir so leid. Mark ist ... Mark ist gestorben. Er erlitt heute Abend einen Herzinfarkt.«

Ein Aufschrei der Bestürzung dringt durch das Telefon.

»Nein, nein, das kann nicht wahr sein. Bitte, sag mir, dass das ein schrecklicher Scherz ist.«

»Es tut mir leid, Mrs. Johnson. Es ist die Wahrheit. Er ist weg«, sage ich, und meine Tränen brechen unkontrolliert hervor. In der folgenden Stille höre ich ihr Schluchzen.

»Oh Gott, mein Junge. Mein armer Junge ... Ich weiß nicht, was ich sagen soll«, antwortet sie mit gebrochener Stimme.

»Er liegt im General Hospital. Dort können Sie sich verabschieden und weitere Informationen erhalten.«

Von ihrer Seite ertönt ein ersticktes Schluchzen.

»Danke, Suzanna. Wir werden uns sofort auf den Weg machen.«

Das Gespräch endet in einem leisen, schweren Seufzen, während ich realisiere, dass nicht nur ich, sondern auch Marks Eltern vor den Trümmern einer einst so glücklichen Zukunft stehen. Ich lege das Handy beiseite und blicke auf und treffe die tröstenden Augen von Ethan, der in respektvollem Abstand steht.

»Wie geht es ihnen?«, erkundigt er sich.

»Nicht gut«, antworte ich leise, und die Tränen fließen erneut, unbeirrbar und schmerzhaft.

»Sie wollen ihn im Krankenhaus verabschieden.«

Ethan nickt verständnisvoll.

»Möchtest du jetzt dort hin?«, fragt er sanft.

»Nein, ich ... ich kann ihnen nicht gegenübertreten.«

»Verstehe, dann lass uns zu mir gehen.«

Wir machen uns gemeinsam auf den Weg zu Ethans Wohnung. Dort stellt er mir sein Gästezimmer zur Verfügung – eine freundliche und mitfühlende Geste.

»Nimm dir alle Zeit der Welt, die du brauchst, Suzanna. Ich bin hier, wenn du reden möchtest.«

Seine Worte begleiten mich in die Nacht, und ich fühle mich in dieser schweren Zeit etwas geborgener.

Im Bett liegend, fixiere ich die Krankenhaustüte, ein stummer Zeuge der letzten Momente von Mark. Unentschlossen erhebe ich mich und hole Marks Handy hervor. Ich starre es eine Weile an, mit dem Vorhaben in seine Anrufliste zu blicken. Der Schmerz, der wie eine Flutwelle in mir aufsteigt, rät mir davon ab. Ich folge meinem Verstand, lege das Handy zurück und versuche, den Schmerz für einen Moment beiseitezuschieben. In dieser Nacht bekomme ich keinen Schlaf. Jedes Mal, wenn ich die Augen schließe, sehe ich Mark vor mir, wie er auf der Straße zusammenbricht, sein Gesicht verzerrt vor Schmerz. In einer endlosen Schleife aus Trauer und Tränen verbringe ich die Stunden in Ethans Gästebett, umgeben von der Stille, die nur durch mein Weinen unterbrochen wird.

Als die Morgensonne den neuen Tag empfängt, betritt Ethan mit einer dampfenden Tasse Kaffee in den Händen mein Refugium der Stille.

»Guten Morgen, Prinzessin«, begrüßt er mich mit einer Wärme, die das Zimmer zu erhellen scheint, während er sich neben mich auf die Bettkante setzt.

»Wie geht es dir heute?«, erkundigt er sich, seine Sorge um mich so deutlich hörbar in seiner Stimme, wie zuerkennen in seinen Augen.

»Ich weiß nicht genau«, antworte ich, die Worte schwer wie Blei.

»Die ganze Nacht über habe ich geweint, und jetzt ist da diese lähmende Leere in mir, die mich festhält, mich daran hindert, auch nur daran zu denken, aufzustehen. Ich möchte nur hier liegen bleiben.«

»Das ist in Ordnung. Falls du irgendetwas brauchst oder einfach nur reden möchtest, ruf mich an, ja? Ich bin den ganzen Tag über im Studio«, versichert er mir, während seine Hand liebevoll über meinen Kopf streicht, eine Geste, die mir für einen Moment Ruhe schenkt. Dann stellt er den Kaffee behutsam auf den kleinen runden Tisch neben dem Bett. Mein Blick schweift aus dem Fenster, wo Wolken gemächlich am Himmel entlangziehen, durchbrochen von gelegentlichen Vogelschwärmen, die ihre Freiheit in der Weite des Horizonts genießen. Ich wende mich ab, schließe für einen Moment die Augen, suche nach einer Flucht in der Dunkelheit hinter meinen Lidern. Als ich sie wieder öffne, hat sich der Tag bereits dem Ende geneigt, und der Himmel färbt sich in einem atemberaubenden Rosa.

»Guten Abend, Suzanna. Hast du Hunger? Ich habe für uns eine große Pizza mitgebracht«, sagt Ethan, während er mit dem Pizzakarton im Türrahmen steht. Meine Stimme bleibt mir im Hals stecken, als wären Worte zu schwerfälligen Steinen geworden, die ich nicht bewegen kann. Statt zu antworten, wende ich mich ab, zeige Ethan nur meinen Rücken und hülle mich in die Decke, als könnte ich mich damit vor der Realität verstecken. In diesem stillen Moment der Verweigerung, der so laute spricht als Schreie es je könnten, höre ich das leise Schließen der Tür. Ein Geräusch, das sanft durch den Raum hallt und mir die Einsamkeit meiner Entscheidung bestätigt.

Die Dunkelheit meines Zimmers wird nur vom flackernden Licht der Straßenlaternen draußen durchbrochen, das in unregelmäßigen Abständen durch die Ritzen der Jalousien tanzt. Hier, in meinem selbstgewählten Kokon, fühle ich mich sowohl geschützt vor der Außenwelt, die ohne Mark weitergeht. Die Minuten dehnen sich zu Stunden aus, in denen ich unter der Decke liege, gefangen in einem Wirbel aus Gedanken und Erinnerungen, die mich unerbittlich in die Tiefe ziehen. Der Duft der Pizza, der unter der Tür hindurch in mein Versteck kriecht, erinnert mich daran, dass das Leben außerhalb dieser vier Wände weitergeht, dass es noch Wärme und Fürsorge gibt, selbst in den dunkelsten Zeiten. Plötzlich klopft es vorsichtig an der Tür, ein zaghaftes Geräusch, das mich aus meinen Gedanken reißt.

»Suzanna?«, höre ich Ethans Stimme, leise.

»Ich lasse die Pizza hier draußen. Falls du später etwas essen möchtest.«

Seine Worte sind ein weiteres Angebot der Unterstützung.

Nach einer endlos scheinenden Woche des Stillstands, in der die Tage ineinander übergingen ohne Bedeutung, treffe ich die Entscheidung, endlich aufzustehen und die erdrückende Trägheit abzuschütteln. Mit frischer Kleidung bewaffnet, verlasse ich mein selbstgewähltes Gefängnis der Einsamkeit, entschlossen, zumindest die einfachsten Routinen des Alltags wieder aufzunehmen.

»Suzanna, es ist schön, dich zu sehen«, entfährt es Ethan überrascht, als er mich erblickt, wie ich auf dem Weg ins Badezimmer an ihm vorbeigehe. Ich erwidere sein Erstaunen mit einem stummen Nicken und tauche unter die wohltuende Dusche. Das warme Wasser umhüllt mich wie ein heilender Mantel, spült den Schmerz, den Verlust und den Verrat von meiner Haut, lässt sie für einen kurzen, kostbaren Moment in den Abfluss verschwinden. Frisch und irgendwie erneuert trete ich aus dem Badezimmer und lasse mich neben Ethan auf das Sofa sinken.

»Welcher Tag ist heute?«, frage ich, mehr, um das Schweigen zu brechen, als aus echtem Interesse, während mein Blick über den laufenden Fernseher schweift, wo eine Episode von 'Game of Thrones' flimmert – Ethans Lieblingsserie. Ich spüre seinen Blick auf mir, warm und einladend, als sein Lächeln durch den Raum schwebt.

»Es ist Donnerstag«, antwortet er und reicht mir eine geöffnete Tüte Chips. Ich greife ohne Zögern zu, und gemeinsam verbringen wir den Abend, ein Stück Normalität in einem Meer aus Chaos.

Wie aus heiterem Himmel durchbricht ein Gedanke die Stille in meinem Kopf.

»Ich muss in die Wohnung«, sage ich, getrieben von einem plötzlichen Bedürfnis, mich den Geistern der Vergangenheit zu stellen. Ethans Augen suchen, die meinen, bevor er antwortet:

»Okay. Wir können morgen nach der Arbeit hingehen, wenn du möchtest.«

Seine Hand findet, die meine, eine stille Zusage der Unterstützung.

Mit einem zustimmenden Nicken akzeptiere ich sein Angebot, dankbar für die Gewissheit, diesen Schritt nicht allein gehen zu müssen.

Am darauffolgenden Morgen brechen Ethan und ich auf, die Wohnung, die einst ein geteiltes Nest der Liebe zwischen Mark und mir war, zu betreten. Unsere Arme beladen mit Umzugskartons.

»Bist du sicher, dass diese ausreichen?«, erkundigt sich Ethan mit einem Hauch von Skepsis in seiner Stimme, als wir vor der vertrauten Tür stehen.

»Ja«, antworte ich entschlossen.

»Ich nehme nur das Nötigste mit. Alles andere spende ich an eine Wohltätigkeitsorganisation.«

Mit diesen Worten treten wir über die Schwelle. Das leise Knarren der Tür, die sich hinter uns schließt, hallt wie ein letzter, schwerer Atemzug durch den Flur. Ein Schauder erfasst mich, als ich einen Blick in das Wohnzimmer werfe.

Das Sofa, auf dem wir so viele gemeinsame Abende verbracht haben, der Tisch, an dem wir unsere Träume geteilt haben – alles scheint wie in einem Nebel der Vergangenheit gehüllt. Die Wände, die einst unser Lachen widerhallen ließen, verstummen nun in einer Atmosphäre der Leere. Der Flur erscheint endlos, als ich die letzten Schritte durch die gemeinsame Wohnung setze. Jeder Raum, jeder Winkel, erzählt eine Geschichte von Liebe und Schmerz. Ethan steht mir in dieser schicksalhaften Stunde bei. Mit zitternden Händen beginne ich, die letzten Fragmente meines alten Lebens in Kartons zu verpacken.

Ethan, dessen Gesichtsausdruck ein tiefes Mitgefühl und Verständnis zeigt, legt behutsam einige Erinnerungsstücke dazu, als wolle er mir helfen, die Brücken zur Vergangenheit sanft abzubrechen.

»Das hier muss unvorstellbar schwer für dich sein, Suzanna«, sagt er leise, während wir nebeneinander die Kisten für den Umzug füllen. Ich nicke, unfähig, Worte zu finden, die den Sturm in meinem Inneren beschwichtigen könnten. Jedes Bild, jeder Gegenstand, ist wie ein stechender Dolch der Erinnerung. Ethans Anwesenheit ist wie ein ruhender Anker in diesem emotionalen Chaos. Beim Vorbeigehen am Schlafzimmer fährt ein stechender Schmerz durch meine Brust. Die Bilder von jener schicksalhaften Nacht überschwemmen meinen Geist. Marks Geständnis, die unbekannte Stimme am Telefon, der durchdringende Schrei, der die Stille der Nacht zerriss. Jedes einzelne Detail wirkt so frisch, als wäre es erst gestern geschehen. Mit einem tiefen Atemzug schließe ich die Tür hinter mir – ein symbolischer Akt des Abschlusses, ein Versuch, die Vergangenheit hinter mir zu lassen.

»Komm, wir sollten aufbrechen«, sagt Ethan sanft und legt beruhigend seine Hand auf meine Schulter. Gemeinsam tragen wir die Kartons und all die schweren Erinnerungen nach draußen, hinein in das von Ethan.

Beim Verladen der Kisten drehe ich mich noch einmal um, werfe einen letzten Blick auf das, was eins unser gemeinsames Zuhause war. Ein leises Seufzen entweicht mir, ein stummes Lebewohl an einen Lebensabschnitt, dessen Ende ich mir nie hätte vorstellen können.

Das Auto gleitet sanft durch die Straßen und wir halten vor Ethans Wohnung – meinem Zufluchtsort auf unbestimmte Zeit. Ethan entlädt geduldig einen Karton nach dem anderen, während ich mich bemühe, meine wirren Gedanken zu ordnen. Seine Wohnung unterscheidet sich grundlegend von dem Zuhause, das Mark und ich geteilt haben. Dunkles Holz dominiert die Einrichtung, die Wände zieren kreative Kunstwerke, die aus Ethan lebhaftem Geist entsprungen sind.

»Ethan, ich weiß gar nicht, wie ich dir je danken soll«, bringe ich hervor, als er die letzten Kartons in das Gästezimmer trägt. Sein Lächeln umhüllt mich mit Wärme und Geborgenheit.

»Das ist selbstverständlich, Suzanna. Du kannst hierbleiben, solange du möchtest. Wir stehen das gemeinsam durch.«

Erschöpft lasse ich mich auf das Bett sinken. Ethan gibt mir, den nötigen Freiraum, um anzukommen und verlässt diskret das Zimmer. Als ich die Augen schließe, kommen die Erinnerungen an Mark hoch – sein Lachen, unsere Pläne, die nun wie ein Kartenhaus in sich zusammengefallen sind. Doch dann schleichen sich auch die schmerzhaften Erkenntnisse ein, die ich kurz vor seinem Tod erfahren habe. Der Verrat, der sich zuvor ereignet hat. Ein schneidender Schmerz, der sich mit der Trauer um den Verlust vermischt. Leise klopft es an die Tür, und Ethan betritt das Zimmer, sein Blick voller Sorge und Mitgefühl.

»Alles in Ordnung?«, erkundigt er sich behutsam. Seine Anteilnahme ist in diesem Moment alles, was ich brauche, und ich nicke schwach.

»Es ist alles etwas viel auf einmal. Aber deine Unterstützung bedeutet mir wirklich sehr viel.«

»Du brauchst dich für nichts zu rechtfertigen, Suzanna. Hier bist du in Sicherheit. Und wenn du reden möchtest, bin ich immer für dich da.«

Seine Worte sind wie ein Trost in dieser schweren Zeit.

Die Nacht dehnt sich endlos aus, und ich finde keine Ruhe in meinem neuen Zufluchtsort. Eine innere Unruhe, ein Drang nach kreativer Entfaltung, hält mich wach. Wie von Geisterhand geführt, finde ich mich vor der Tür zu Ethans Atelier wieder, das sich direkt neben meinem Schlafzimmer befindet. Die Tür öffnet sich geräuschlos, und ich betrete den Raum, der von diffusen Lichtern und Schatten durchzogen ist. Das Atelier ist ein kreativer Kosmos, gefüllt mit der Aura von Inspiration und Leidenschaft. Ein großer Arbeitstisch beherrscht den Kern des Raumes, seine Oberfläche ein lebendiges Chaos aus Skizzenbüchern, Farbpaletten und Pinseln in allen erdenklichen Formen und Größen. Die Wände sind eine Galerie von Ethans Seele, jedes Gemälde ein Fenster in seine unermessliche Tiefe und seine unendliche Liebe zur Kunst. In einer Ecke thront eine Staffelei, als würde sie geduldig auf die ersten Striche eines neuen Meisterwerks warten. Die Luft ist erfüllt vom betörenden Duft nach Farben und Terpentin, eine olfaktorische Symphonie, die die Sinne belebt und die Seele berührt. Ich stehe da, umgeben von Zeugnissen purer Leidenschaft und ungezügelter Kreativität, und fühle mich gleichzeitig ermutigt und demütig. Die Atmosphäre im Atelier ist elektrisierend, geladen mit einer kreativen Kraft, die mich unwiderstehlich anzieht und mir Flügel verleiht. Mein Herz pocht vor Aufregung, als ich den Pinsel in die Farben tauche und die ersten Striche setze. Unter meinen Händen beginnt ein Tanz der Emotionen, ein lebhaftes Spiel zwischen Farbe und Form, dass die Szenerie vor meinen Augen zum Leben erweckt. Wie ein Traum entfaltet sich die Landschaft. Eine düstere Welt, von schattenhaften Figuren durchzogen, die zwischen Licht und Dunkelheit wandern. Das Bild wird zu einem Ausdruck meiner innersten Gedanken und Gefühle.

Die Nacht schreitet fort, und ich verliere mich in der Symbiose von Farben und Leinwand. Das Atelier wird zum heiligen Ort, an dem meine Seele ihre tiefsten Geheimnisse enthüllt. Und so vergeht die Zeit, während ich in der Stille der Nacht meine Melancholie auf die Leinwand banne, ein Bild, das mehr sagt als tausend Worte.

In den frühen Morgenstunden, als die Dunkelheit langsam den sanften Strahlen der aufgehenden Sonne weicht, beende ich meine nächtliche Schaffensphase. Eine tiefe Zufriedenheit durchdringt das Atelier, vermengt mit der Ruhe nach dem kreativen Sturm. Der Raum, der in der Nacht meine Zuflucht war, offenbart nun die Früchte meiner kreativen Odyssee. Erschöpft, aber erfüllt verlasse ich das Atelier und kehre in mein Zimmer zurück. Als ich mich auf mein Bett setze, spüre ich die Erschöpfung, die mich übermannt. Meine Augenlider werden schwer, und die Müdigkeit einer durchlebten Nacht senkt sich über mich. Während ich mich in die Kissen lege, fällt mein Blick auf das Bild, das ruhend auf der Staffelei steht. Die düstere Landschaft mit ihren schattenhaften Figuren wirkt im sanften Morgenlicht wie ein Geheimnis, das sich langsam enthüllt. Die Melancholie, die in den Pinselstrichen eingefangen ist, scheint leise zu flüstern, eine Geschichte zu erzählen, die nur zwischen den Linien zu finden ist.

Ein sanftes Klopfen an der Tür unterbricht meine Gedanken. Ethan betritt das Zimmer, ein Lächeln umspielt seine Lippen, während er mir eine dampfende Tasse Kaffee entgegenstreckt.

»Guten Morgen, Prinzessin. Du hast die Nacht im Atelier verbracht«, bemerkt er liebevoll. Ich nicke zustimmend und ein Lächeln huscht über mein Gesicht.

»Es war, als hätte die Leinwand mir Geheimnisse offenbaren, die ich selbst noch nicht kannte.«

Ethan setzt sich zu mir aufs Bett, und wir genießen gemeinsam den Kaffee. Die Sonne kitzelt durch die Vorhänge, und ein neuer Tag bricht an. An diesem Morgen überkommt mich das Bedürfnis, meine Eltern anzurufen. Ich berichte ihnen über die Geschehnisse.

3*»¡Ay, Dios mío! Mi amor, das sind ja schreckliche Neuigkeiten. Ich mache mich sofort auf dem Weg zu dir«, entfährt es meiner Mutter am anderen Ende der Leitung.

4*»Ma, das ist nicht nötig. Ethan ist eine große Stütze für mich.«

5*»Mi princesa, ich bin deine Mutter. Ich möchte bei dir sein, gerade jetzt«, insistiert sie.

»Ich verstehe, Ma. Aber ich bitte dich, meinen Wunsch zu respektieren. Wir sehen uns bei Marks Beerdigung, in drei Tagen.«

»Ich akzeptiere deine Entscheidung, 6*mi niña. Aber vergiss nie, ich bin für dich da, wann immer du mich brauchst. Ich liebe dich.«

»Danke, Ma. Das bedeutet mir sehr viel.«

»Ich bete für dich und Ethan. In Gedanken bin ich bei euch.«

»Das ist so lieb von dir, Ma. Wir halten zusammen und werden das gemeinsam durchstehen.«

7*»¡Claro que sí! Ihr seid stark, und die Familie steht hinter dir.«

»Bis bald, Ma.«

»Pass auf dich auf, 8*mi amor.«

»Grüß Dad, lieb von mir.«

9*»Si. Adios mi chicka.«

Kapitel 2

In den folgenden Tagen vertiefe ich mich weiter in meine Kunst, finde Trost in den Farben und Formen, die auf der Leinwand Gestalt annehmen. Ethan unterstützt mich auf seine liebevolle Art und gibt mir Raum, mich zu entfalten. Diese friedvolle Stille wird jäh unterbrochen, als das Handy von Mark unerwartet zum Leben erwacht. Es liegt noch immer im Beutel mit seinen persönlichen Sachen, eine stumme Erinnerung an das, was war. Ein Schauder durchfährt mich bei dem Gedanken, dass das Gerät noch immer geladen ist. Langsam gleite ich aus meiner Erstarrung und greife nach dem Handy. Ich werfe einen Blick auf das Display – Lysette.

Ein Sturm der Emotionen braut sich in mir zusammen, Hass und Entsetzen mischen sich in einem toxischen Cocktail. Hastig nehme ich den Anruf entgegen, meine Stimme ein zischender Strahl des Zorns: »Mark ist tot!«

Kaum habe ich aufgelegt, klingelt das Telefon erneut. Lysette. Diesmal zögere ich, bevor ich abnehme.

»Hallo? Mark, bist du das?«, ihre Stimme zittert, Verwirrung und Angst schwingen mit.

»Wenn das ein Scherz ist, ist er geschmacklos.«

Ein Moment vergeht, in dem ich mit meinen Gefühlen ringe, finde dann meine Stimme wieder.

»Hier spricht Suzanna, Marks Verlobte.«

Am anderen Ende herrscht erst Schweigen, dann stellt sie zaghaft ihre Frage: »Mark ist tot?«

»Ja, er ist vor etwa zwei Wochen an einem Herzanfall erlegen«, meine Stimme bricht fast unter der Last der Worte. Ein ersticktes Schluchzen erfüllt die Leitung, ihre nächste Frage trifft mich unvorbereitet:

»Du bist seine Verlobte?«

»Ja«, antworte ich mit fester Stimme, »Mark und ich waren sechs Jahre zusammen, sechs Monate davon verlobt, bis zu seinem Tod.«