Sylter Drachenstich - Sophie Oliver - E-Book

Sylter Drachenstich E-Book

Sophie Oliver

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Beschreibung

Karrierefrauen sind Vorbilder. Außer wenn sie es sich privat und beruflich mit allen verscherzen und zum Drachen mutieren. Als die erfolgreiche Kosmetikunternehmerin Jette Thienemeyer-Kahlmann bei einem traditionellen Sylter Ringreitturnier ermordet wird, ist Schluss mit Henriette Schimmel-reiters friedlichem Sommerurlaub. Zusammen mit Detektiv Thevs Behrens stürzt sie sich in einen neuen Fall und ermittelt zwischen Pferden und Liftingcremes.

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Kurzbeschreibung:

 Karrierefrauen sind Vorbilder. Außer wenn sie es sich privat und beruflich mit allen verscherzen und zum Drachen mutieren. Als die erfolgreiche Kosmetikunternehmerin Jette Thienemeyer-Kahlmann bei einem traditionellen Sylter Ringreitturnier ermordet wird, ist Schluss mit Henriette Schimmel-reiters friedlichem Sommerurlaub. Zusammen mit Detektiv Thevs Behrens stürzt sie sich in einen neuen Fall und ermittelt zwischen Pferden und Liftingcremes. 

Sophie Oliver

Sylter Drachenstich

Thevs und Schimmelreiter ermitteln

Edel Elements

Edel Elements

Ein Verlag der Edel Germany GmbH

© 2019 Edel Germany GmbHNeumühlen 17, 22763 Hamburg

www.edel.com

Copyright © 2019 by Sophie Oliver

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Agentur Ashera

Covergestaltung: Eden & Höflich, Berlin.

Lektorat: Christin Ullmann

Korrektorat: Tatjana Weichel

Konvertierung: Anke Koopmann, Designomicon, München

Alle Rechte vorbehalten. All rights reserved. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des jeweiligen Rechteinhabers wiedergegeben werden.

ISBN: 978-3-96215-329-8

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www.edelelements.de

Drachenstich:

Inhalt

1. Inken

2. Jette

3. Hettie

4. Achim

5. Thevs

6. Hettie

7. Elke

8. Schmitz

9. Hettie

10. Thevs

11. Hettie

12. Hettie

13. Inken

14. Bruns

15. Renato

16. Hettie

17. Thevs

18. Hettie

19. Hettie

20. Hettie

21. Hettie

22. Thevs

23. Hettie

Sylt im Sommer

1. Inken

Kosmetikunternehmerin Jette Thienemeyer-Kahlmann nahm den 60-ml-Braunglastiegel in die eine und einen 60-ml-Tiegel aus opakem, weißem Glas die andere Hand und sah zwischen beiden hin und her.

»Inakzeptabel, alle zwei«, lautete ihr fachmännisches Urteil. »Für Doktor Thienemeyers Sylter Naturkosmetik gehen die gar nicht. Was ist mit diesen neuen Dingern mit dem Beutel drin und der Pumpe? Die zylinderförmigen. Warum nehmen wir nicht so was? Das sieht hochwertiger aus.«

Die Frage galt Inken Berger, Jettes persönlicher Assistentin, die daraufhin hektisch in einem Katalog blätterte, der vor ihr auf dem Tisch lag. Ungeduldig trommelte Jette mit einem Kugelschreiber auf ihrem Notizblock herum, bis Inken gefunden hatte, wonach sie suchte.

»Sie meinen die Vakuum-Pumpspender für Cremes?«, las sie vor. »Das günstigste Modell davon ist doppelt so teuer wie die Glastiegel.«

»Na und? Wen interessiert das? Ist doch nur ein Durchlaufposten, den wir auf den Endpreis aufschlagen.« Jette griff über den Tisch und schnappte sich den Katalog. »Wir nehmen die besten, die doppelwandigen Airless-Spender mit 50 Milliliter, füllen 40 Milliliter Creme rein und verkaufen das Ganze dann für zweihundert Euro das Stück. Für den Kosmetiklaunch erwarte ich eine vorbildlich organisierte Pressekampagne, Frau Berger, dass mir da nichts schiefläuft.«

Inken notierte eifrig mit.

»Und sagen Sie Herrn Dornsten, es bleibt dabei, dass ich nur die Hälfte des vereinbarten Preises zahle für … ach, er weiß schon wofür.«

Damit erhob sich Jette, warf mit einer eleganten Handbewegung ihr langes Haar über eine Schulter zurück, dass die frisch geföhnten Extensions in allen Blond- und Brauntönen schimmerten. Bronde nannte man dieses teintschmeichelnde Farbspiel verschiedener Nuancen, für das sich Jette Thienemeyer-Kahlmann stundenlangen Frisörsitzungen unterzog, die Inken regelmäßig für sie buchen musste.

Inken selbst kam sich dagegen mit ihren naturblonden Wellen, die heute mal wieder besonders frizzy waren, reichlich schäbig vor. Als würde sie das spüren, meinte Jette lakonisch: »Wirklich, Frau Berger, ich hatte Ihnen bereits mehrfach nahegelegt, endlich eine Keratinbehandlung machen zu lassen. Das würde wesentlich gepflegter aussehen als –«, mit einer resignierten Geste wies sie auf Inkens Frisur und vollendete den Satz nicht, als gäbe es kein Wort, das abfällig genug wäre. »Den Salon John Kaiser kann ich wärmstens empfehlen.«

Das mochte schon sein, jedoch lag der Frisörsalon von Herrn Kaiser nicht in Inkens Preisklasse.

»In unserer Branche legen wir Wert auf ein kultiviertes Aussehen, das schließt Sie mit ein, Frau Berger. Wir können nicht Schönheit predigen und Nachlässigkeit leben, verstehen Sie?«

Damit verließ Jette Thienemeyer-Kahlmann das Büro. Zurück blieb eine den Tränen nahe Inken Berger. Erstens hieß es Wasser predigen und Wein trinken und zweitens war es wohl eine Frechheit, ihr Aussehen als nachlässig zu bezeichnen.

Das Telefon am Empfang klingelte und Inken putzte sich rasch die Nase, um nicht schniefig zu klingen.

»Institut Doktor Thienemeyer«, meldete sie sich. Doktor Thienemeyer war Jettes Vater gewesen. Jedes Mal, wenn sie dessen Namen aussprach, fragte sich Inken, wie ihre Chefin es geschafft hatte, den akademischen Titel des Vaters als Marke für ihre Kosmetiksalons zweckentfremden zu dürfen. Diese Frau kannte keine Grenzen und so benahm sie sich auch.

Das Flaggschiff von Jette Thienemeyer-Kahlmanns Kosmetikimperium lag im schicken Kampen direkt an der Whiskymeile. Hinter dem Empfangstisch, an dem Inken sich aufhielt, hing eine überdimensionale Schwarz-Weiß-Fotografie der Eigentümerin, davor, auf der weißen Marmoroberfläche des Tresens, stand ein kleines, silbergerahmtes Bild von Herrn Doktor Thienemeyer, für jeden Kunden gut sichtbar, und daneben ein üppiges Arrangement aus schneeweißen Hortensien und Eukalyptus.

Es war ein repräsentativer Eingangsbereich, mit einer zwei Quadratmeter großen Schmutzfangmatte mit dem Logo des Instituts darauf und einer Sitzecke, Espressomaschine und Zeitschriftenständer.

Bei all ihrer Garstigkeit musste Inken der Chefin doch attestieren, dass sie die geborene Geschäftsfrau war. Mit der Devise Nicht kleckern, sondern klotzen war sie auf Sylt mittlerweile die Nummer eins unter den Kosmetiksalonbetreibern. Die Konkurrenz hasste Jette Thienemeyer-Kahlmann, erschauerte aber gleichzeitig vor Ehrfurcht.

Inken sah Klarissa, die Rezeptionistin, vom Parkplatz herüberrennen. Sie war spät dran.

»Tut mir leid, dass du auf mich warten musstest«, entschuldigte sie sich auch prompt. »Und vielen Dank. Ich musste Tim noch in den Kindergarten bringen, das hat ein wenig gedauert.«

»Kein Problem. Es kam nur ein Anruf rein. Wenn du jetzt hier bist, gehe ich nach oben in mein Büro. Die Therapeutinnen stehen alle in den Startlöchern und hier kommt der Zehn-Uhr-Termin«, raunte sie Klarissa zu, als eine Dame fortgeschrittenen Alters mit sichtbar getunten Wangen das Institut betrat.

»Frau Hoppe, schön, Sie zu sehen. Silke wird Sie gleich abholen, nehmen Sie doch einen Augenblick Platz, bitte.« Klarissa wies auf die Designer-Sitzmöbel aus weißem Leder, bevor sie zum Hörer griff und der Kollegin Bescheid sagte.

Dann hielt sie Inken sanft fest, um sie am Weggehen zu hindern. »Ich weiß nicht, wie ich es dir sagen soll.« Sichtlich verlegen rang die Rezeptionistin um Worte. »Die Chefin hat mir eine WhatsApp geschickt, eben als ich aus dem Auto stieg. Ich soll dir mitteilen, sie hat um zwölf einen Termin bei John für dich vereinbart und erwartet, dass du nachmittags mit«, sie druckste herum, »gemachten Haaren zur Arbeit kommst.«

»Und was hat sie tatsächlich geschrieben?«

»Dass du nachmittags nicht mehr mit deinem Vogelnest auf dem Kopf hier auftauchen sollst, sonst kannst du dir einen neuen Job suchen.«

»Diese Ziege.«

Klarissa nickte mitleidig. »Ich weiß. Sie ist ein Miststück. Letzte Woche hat sie gedroht mich rauszuwerfen, wenn ich nicht bis nächsten Monat mindestens fünf Kilo abgespeckt habe.«

»Das darf sie nicht!«

»Wir wissen beide, dass sie das herzlich wenig interessiert. Genauso wenig, wie du den Besuch bei Sylts Promifrisör bezahlst.«

Darüber machte Inken sich tatsächlich Sorgen.

Klarissa griff kurzerhand nach der weißen Spardose, die als Trinkgeldkasse auf dem Tresen stand und öffnete sie.

»Hier«, sie zog ein Bündel Scheine heraus, »das dürfte mindestens die Hälfte ausmachen.«

»Aber ich kann euch nicht euer Trinkgeld nehmen«, protestierte Inken.

»Klar, wenn du es nicht nimmst, räumt es die Chefin aus. Und so kommt es wenigstens einem guten Zweck zu.«

»Danke dir.«

»Alles gut. Erzähl mir hinterher, wie es war. Einen Besuch bei John Kaiser werde ich mir in hundert Jahren nicht leisten können, also genieß es.«

2. Jette

Nachdem sie das Kosmetikinstitut verlassen hatte, fuhr Jette in den Reitstall. Als sie ihren Wagen auf dem Schotterparkplatz davor abstellte, klingelte das Handy. Ein Blick auf die Nummer des Anrufers ließ sie die Stirn runzeln.

»Renato, guten Morgen, was kann ich für dich tun?«, zwitscherte sie dennoch mit fröhlicher Stimme, weil sie wusste, Renato Winkler damit nerven zu können. Er war ihr stärkster Konkurrent in der Sylter Beautybranche, doch Jette hatte es geschafft, dass er seine Salons in Kampen und List hatte schließen müssen und nur noch in Westerland zugange war, wo weit weniger schicke Kundschaft weilte. Mit offensiver Werbung, Socializing und gezielten Angeboten hatte sie ihm den Rang abgelaufen.

»Deine aufgesetzte Freundlichkeit kannst du dir sparen. Es hört niemand zu, den du täuschen könntest.«

Jette grinste, erwiderte aber nichts darauf, sondern ließ ihn fortfahren.

»Ich habe gehört, du bringst eine Anti-Aging-Serie unter dem Namen Doktor Thienemeyers Sylter Naturkosmetik auf den Markt?«

»Das ist korrekt.«

»Und du hast sämtliche Wellness-Abteilungen der guten Hotels abgeklappert und die Betreiber überredet, meine Cremes aus dem Sortiment zu nehmen und stattdessen deine anzubieten!«

Renatos letzte Domäne, die Jette ihm selbstredend nicht weiterhin überlassen würde.

»Ich habe lediglich mein Produkt vorgestellt, das nicht nur ein Bio-Siegel hat, sondern auch hier auf der Insel hergestellt wird. Verständlich, dass das für die Hotels interessanter ist als irgendeine No-Name-Pampe mit minderwertigen Inhaltsstoffen, die in einem Entwicklungsland angerührt wird.«

»Ich verbitte mir derartige Unterstellungen! Du weißt genau, dass das nicht stimmt. Lügen und Tricks, so bist du lange genug durchgekommen, Jette, aber ich werde dir Einhalt gebieten.«

»Drohst du mir etwa?«

»Das kannst du sehen, wie du willst!« Damit legte er auf.

Jette stieg mit einem Lächeln auf den ästhetisch aufgespritzten Lippen aus dem Wagen. Renato Winklers Tage auf Sylt waren gezählt. Sobald der Kosmetikverkauf in den Hotels wegbrach, würde er Personal reduzieren müssen, somit wahrscheinlich auch Öffnungszeiten und bevor er sich versah, würde er nur noch ein Ein-Mann-Unternehmen in einem winzigen Salon sein. Gedemütigt würde er sodann die Segel streichen und voilà, Ziel erreicht.

Der Reitstall, in dem Jettes Wallach stand, befand sich in der Inselmitte, in den Marschwiesen bei Tinnum. Umgeben von Feldern, mit Strand und Watt in der Nähe, war es ein sehr idyllisches, friedvolles Plätzchen. Manchmal. Der Stall gehörte dem Amazonencorps 2006, einem Damen-Ringreiterverein, und Jette war Mitglied seit seiner Gründung. Auch wenn die anderen Zicken permanent versuchten, sie hinauszumobben. Besonders Elke Lüders, die alte Kampflesbe, aber da musste sie schon früher aufstehen.

Gerade trat sie aus dem Stall, in Gummistiefeln und dreckiger Hose. Konnte Jette nicht ein einziges Mal ihre Ruhe vor ihr haben?

»Hey Jette, du bist spät dran.«

Genervt schlug sie die Autotür zu und marschierte Elke entgegen. »Guten Morgen, erst mal. Wieso spät dran?«

»Na, eigentlich hattest du heute Stalldienst.«

»Wie oft habe ich euch schon gesagt, dass ich für eine derartige Zeitverschwendung nicht zur Verfügung stehe? Mindestens genauso oft, wie ich euch angeboten habe, mich an den Kosten für einen Stallburschen zu beteiligen. Nur weil ihr alles selber machen wollt, könnt ihr nicht von mir als Geschäftsfrau erwarten, dass ich meine Tagespläne über den Haufen werfe, um die Stallgasse zu fegen, wie jede Durchschnittshausfrau, die sonst nichts zu tun hat.«

»Immer dieselbe Leier«, Elke machte eine wegwerfende Handbewegung. »Ist schon gut. Du kannst dich bei Maren bedanken, die hat deine Arbeit mal wieder erledigt.« Damit ließ sie Jette stehen und ging ins Clubhaus, wahrscheinlich brauchte sie eine Tasse Kaffee. Elke war koffeinsüchtig. Und eigentlich nicht lesbisch, sondern verheiratet und Mutter von zwei Kindern. Aber wer trug bitte mit über vierzig einen platinblonden Kurzhaarschnitt mit ausrasierter Schläfe auf einer Seite? Freiwillig und ohne den Frisör zu verklagen? Wo Undercuts außerdem total last season waren.

Im Stall wurde Jette von Mäkeleien ihrer Clubkolleginnen begrüßt, die meisten drehten sich um den ignorierten Stalldienst und hätten ihr nicht gleichgültiger sein können.

Sie versorgte seelenruhig Fabrizio, ihr Pferd. Zeit, um ihn zu bewegen, hatte Jette heute nicht. Als sie fertig war, räumte sie die Putzsachen wieder weg.

»Am Sonntag können wir aber schon auf dich zählen, oder?«, fragte Maren Krüger, eine weitere Amazone. Sie hatte den Kopf durch die Tür der Putzkammer hereingesteckt und sah Jette aus dunklen Knopfaugen an. Jemand mit derart gewaltigen Schenkeln wie Maren sie hatte, sollte ein Pferd nicht mit seinem Gewicht belasten, war Jettes ehrliche Meinung.

»Selbstverständlich. Ich weiß doch, dass ihr mich braucht, wenn wir gewinnen wollen.« Ohne mich wird das sowieso nichts, fügte sie im Geiste hinzu. Sie wusste, dass sie die beste Ringreiterin im Club war und würde das beim Turnier am Wochenende in Morsum ein weiteres Mal unter Beweis stellen.

Grußlos und natürlich ohne sich für den geleisteten Stalldienst zu bedanken – schließlich hatte sie nicht darum gebeten –, schob sich Jette an Maren vorbei und verließ den Stall. Sie hatte sich gerade im Wagen angeschnallt, als das Handy erneut klingelte.

Es war Anders Dornsten, ihr Lieferant für Bio-Zutaten für die Doktor-Thienemeyer-Creme. Dann hatte Inken ihn wohl erreicht, bevor sie zum Frisör gegangen war.

»Ja?«, meldete sie sich knapp.

»Jette, wir müssen reden.« Anders hatte eine angenehme Stimme, die man durchaus als sexy bezeichnen konnte. Nun klang er freilich verärgert. Aber deswegen nicht weniger sexy.

»Ich wüsste nicht worüber. Hat meine Assistentin dich nicht informiert?«

»Sie hat mir mitgeteilt, dass du den vereinbarten Preis nicht bezahlen willst. So geht das nicht, Jette. Weißt du eigentlich, wie aufwändig es ist, Kräuterauszüge zu destillieren? Und ich habe extra in eine Ölpresse investiert, um die Qualität der Öle für deine Cremes zu garantieren. Wir hatten doch alles abgesprochen. Falls du es vergessen hast, es gibt auch einen Vertrag.«

Jette lächelte dünn. »Ja. Wir wissen beide, was der vor einem Gericht wert wäre. Aber wenn du die Sache bei einem intimen Abendessen diskutieren möchtest, würde ich mich unter Umständen entgegenkommender zeigen.«

»Ich bin mir sicher, dein Mann hätte was dagegen.«

»Das hat dich früher auch nicht interessiert.«

»Da war mir noch nicht klar, was für ein intrigantes Stück du bist.«

»Wie du das sagt, da könnte ich fast Angst bekommen.« Sie lachte leise und versuchte einen verführerisch tiefen Ton dabei anzuschlagen.

»Das solltest du. Ich lasse mich nicht über den Tisch ziehen. Und bevor ich noch einmal deinen ausgemergelten Körper anfasse, hacke ich mir lieber die Hände ab.«

Anders war der zweite Mann an diesem Tag, der Jette einfach abwürgte. Erstaunlicherweise fühlte sie sich nun nicht mehr überlegen, sondern gedemütigt und wütend. Beherrscht analysierte sie ihre Empfindungen, ließ sie vorüberziehen und rief sich in Erinnerung, dass sie besser war als alle anderen und daher erfolgreicher, schöner und begehrter. Neid musste man sich verdienen und Jette arbeitete täglich daran.

Sie startete den Motor und fuhr nach Hause. Wo ihr Mann auf sie wartete.

»Achim«, meinte sie wenig begeistert, als er ihr die Tür öffnete und sie küssen wollte. Genervt drehte sie ihren Kopf zur Seite, so dass seine Lippen nur ihre Wange streiften. »Was machst du hier? Warum bist du nicht in der Arbeit?«

»Aber Liebling, heute ist unser Kennenlerntag, hast du das vergessen? Ich wollte dich überraschen.« Er wies auf den üppigen Rosenstrauß auf dem Tisch. Daneben stand ein Sektkühler mit einer Flasche Champagner darin.

»Ach ja, stimmt.« Sie drückte ihm ihrerseits einen flüchtigen Kuss auf die Wange. »Lass uns das später machen, ja? Du weißt, ich trinke tagsüber keinen Alkohol und außerdem habe ich noch einiges zu erledigen. Ich ziehe mich nur rasch um und fahre dann wieder ins Institut.«

3. Hettie

Glücklich blinzelte Henriette Schimmelreiter in die Sonne. Im Vergleich zu ihrem letzten Aufenthalt auf Sylt war das Wetter um gefühlte tausend Prozent besser. Mochte daran liegen, dass es Juli war. Sie trug einen weißen Strohhut mit breiter Krempe und ein figurnah geschnittenes Sommerkleid aus blauer Seide mit kleinen cremefarbenen Blüten darauf und ging am Arm ihres Cousins Carl Decimus von Klockheim, seines Zeichens Staatsanwalt in Hamburg, über die Wiese hinter dem Muasem Hüs in Morsum, wo gleich das Ringreiterturnier starten würde. Zuvor hatten sie den Umzug beobachtet, bei dem die Ringreiterinnen auf ihren teils mit Blumen geschmückten Pferden eingeritten waren.

»Wie ich sehe, trägt man hier relativ legere Kleidung zu Pferdesportveranstaltungen«, stellte Hettie lakonisch fest. Sie hielt es lieber mit Oscar Wilde, der sagte: „You can never be overdressed or overeducated.“

»Ja, daran werde ich mich auch nie gewöhnen«, gab Carl Decimus zu. »Wie geht es Tante Philippa?«, wechselte er das Thema.

»Mutter hat beschlossen, Rieding zu renovieren.«

»Das ganze Schloss?«

Hettie nickte. »Raum für Raum, einen nach dem anderen. Mit ein Grund, weshalb ich deiner Einladung begeistert gefolgt bin.« Seit dem spurlosen Verschwinden ihres Mannes vor über zwei Jahren lebte Henriette Schimmelreiter, alleinstehende Mittvierzigerin mit zwei erwachsenen Söhnen, wieder auf dem elterlichen Anwesen im bayerischen Voralpenland, zumeist glücklich und zufrieden. Außer wenn ihre altersagile Mutter in Renovierungswahn verfiel.

»Und ich dachte, du kämst meinetwegen«, meinte ihr Cousin ein wenig enttäuscht. Es war ein offenes Geheimnis, dass er Hettie äußerst anziehend fand, schon seit der gemeinsamen Schulzeit. Das hatte auf Außenstehende eine befremdliche, manchmal sogar abstoßende Wirkung. Obwohl sie ein schönes Paar abgeben würden, das stand außer Frage: Hettie mit ihren wilden rotblonden Locken, den feinen Gesichtszügen und der bisweilen unangepassten Lebenseinstellung und der attraktive, stets gebräunte Carl Decimus, der extrem viel Wert auf sein gepflegtes Erscheinungsbild legte.

»Natürlich habe ich mich auch darauf gefreut, dich wiederzusehen, Dezi. Vor allem unter angenehmeren Umständen als voriges Mal.«

Mit einem unterdrückten Grinsen dachte Hettie an ihren zurückliegenden Sylt-Besuch, bei dem sie zusammen mit einem Privatdetektiv der Polizei beinahe den letzten Nerv geraubt hatte, weil sie sich in Mordermittlungen eingemischt hatten.

»Lass uns nicht davon sprechen. Komm, hier drüben gibt es Erfrischungen. Wie wäre es mit einem kalten Bier? Oder lieber was Prickelndes?«

»Bier, bitte.«

Carl Decimus, ebenfalls Mitte vierzig, mit kurz getrimmtem Bart und vollem Haar, dessen Braunton eine Nuance zu satt war, um die Farbe natürlich wirken zu lassen, stellte sich am Getränkeausschank an und Hettie beobachtete, wie er von einigen Damen interessiert gemustert wurde. Er trug eine rote Hose, dazu Hemd und Jackett und eine extrem aufrechte Körperhaltung. Bestimmt wäre so manche Turnierbesucherin einem Flirt mit Carl Decimus zugetan, doch er hatte nur Augen für Hettie. Zusammen steuerten sie einen der zahlreichen Biertische an und setzten sich.

»Das ist ein reiner Amazonenwettkampf heute«, erklärte er nach einem großen Schluck Bier. »Amazonen heißen die weiblichen Ringreiterinnen. Diese Sportart ist typisch für Sylt. Dabei herrscht strenge Geschlechtertrennung. Es gibt männliche Ringreiter, die sich auch nach Jahrzehnten noch nicht damit abgefunden haben, kein Monopol mehr auf den Sport zu haben.«

»Wie so oft im Leben«, warf Hettie ein.

»Jedenfalls treten heute unterschiedliche Amazonenvereine gegeneinander an. Es geht darum, in vollem Galopp vom Pferd aus mit einer hölzernen Lanze einen Ring aufzuspießen. Der hängt am sogenannten Galgen über der Reitbahn und ist nicht größer als ein Ehering.«

»Also nichts für Kurzsichtige.«

Soeben brachten sich die Teilnehmerinnen des ersten Teams in Stellung. Alle trugen ordenbehangene Blazer und Reithosen in den Farben ihres Clubs, manche auch Schärpen, was Hettie ein wenig an studentische Burschenschaften erinnerte.

Die Turnierbahn lag auf einer Wiese hinter dem Muasem Hüs. Hettie hatte Carl Decimus vorhin schon nach dem für bayerische Zungen schwer auszusprechenden Namen gefragt, und er hatte ihr erklärt, dass es sich dabei quasi um den Morsumer Dorfmittelpunkt handelte. Es war ein mehrflügeliges Haus aus rotem Backstein, Heimat der Morsumer Kulturfreunde und Ort zahlreicher Veranstaltungen. Auf einem Aushang hatte Hettie gelesen, dass es im Herbst sogar einen bayerischen Abend geben würde. Hier im hohen Norden. Wie exotisch.

Das Turnier an sich schien neben den Rahmenattraktionen beinahe zur Nebensache zu werden. Die meisten Besucher amüsierten sich an den Getränkeständen und beachteten die Reiterinnen kaum. Auch Hettie verlor rasch das Interesse an den anreitenden und zustechenden Damen, weil es im Publikum viel Interessanteres zu beobachten gab. Zum Beispiel die Flirtversuche der Dorfjugend. Oder den bedauernswerten Mitarbeiter eines Autohauses, der Werbung für ein ausgestelltes Cabriolet machte, in dem gerade ein völlig betrunkener Herr saß und sich weigerte, wieder auszusteigen. Plötzlich entdeckte Hettie in der Menge ein bekanntes Gesicht: einen Mann, der sich unauffällig in der Menge umsah. Sie sprang von ihrem Platz auf und winkte.

»Thevs! Hallo, Thevs, hier drüben!«

Ihre Bemühungen galten einem großen blonden Friesen, der zuerst stirnrunzelnd in ihre Richtung spähte, bis Erkennen seine Gesichtszüge erhellte und er mit ausgebreiteten Armen auf sie zukam.

»Wilde rote Haare und schicke Klamotten, wenn das mal nicht meine Co-Schnüfflerin aus den Bergen ist.« Er drückte Hettie kräftig an seine gut trainierte Brust und schob sie danach auf Armeslänge von sich. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, um ihn links und rechts auf die Wange zu küssen, dann strahlte sie ihn an.

»Wie geht es Ihnen denn?«, fragte er. »Gut sehen Sie aus.«

»Danke, ich kann nicht klagen. Schau mal, Dezi, wer hier ist, Thevs Behrens, mit dem ich bei meinem letzten Besuch zusammengearbeitet habe. Du erinnerst dich sicher.«

»Selbstredend. Wie könnte ich den Privatdetektiv Herrn Behrens vergessen?« Carl Decimus’ exakt gezupfte Augenbrauen hoben sich ironisch. »Ich nehme an, Sie sind beruflich hier?«

Thevs schüttelte den Kopf. »Nö, rein privat.«

Das nahm Hettie ihm keine Sekunde lang ab. »Klar. Sie stehen einfach auf Frauen in Reiterkluft, die versuchen, mit einem Stock einen Ring auffädeln.«

Er zwinkerte ihr zu. »Machen Sie sich etwa über den Sylter Nationalsport lustig? Das ist 'ne ernste Sache.«

»Gott bewahre, würde ich nie.«

Am Rande bekam Hettie die Lautsprecherdurchsage mit. Zum wiederholten Male rief der Turniersprecher eine Teilnehmerin namens Jette Thienemeyer-Kahlmann auf, die anscheinend in dieser Runde nicht erschienen war. Nun wurde aufgrund ihres Fehlens sogar der Wettkampf unterbrochen.

Thevs wirkte schlagartig nervös. »Ich muss dann. Wenn Sie noch länger auf der Insel sind, gehen wir mal einen Kaffee trinken.

Schon wollte er sich davonmachen, als sie einen Schrei bei den Pferdeanhängern hörten, die wie eine Art Wagenburg in wenigen Metern Entfernung geparkt waren. Alarmiert spurteten Carl Decimus und Thevs gleichzeitig los, Hettie hinterher. Sie rannten zu den geparkten Pferdeanhängern am Rande der Wiese. Eine kreidebleiche Amazone mit ausladenden Hüften stolperte ihnen entgegen und schrie aus vollem Hals. Dabei lag auf ihrem Gesicht ein Ausdruck absoluten Entsetzens. Hettie war sofort klar, dass etwas Schreckliches geschehen sein musste. Die Frau trug einen Reitblazer mit einer blau-weißen Schärpe schräg über die Schulter drapiert sowie knalleng sitzende schwarze Reiterhosen und auf Hochglanz polierte Stiefel. Eindeutig gehörte sie zu den Turnierteilnehmerinnen.

»Was ist passiert?«, fragte Carl Decimus die Frau, während er sie an den Schultern festhielt und zu sich umdrehte, damit sie ihn ansah. Doch sie brüllte hysterisch weiter. Hettie schritt ein und verpasste ihr kurzerhand eine Ohrfeige, um die arme Dame zur Räson zu bringen, was umgehend funktionierte. Bevor sie sich beschweren konnte, sagte Hettie forsch: »Das ist Staatsanwalt von Klockheim, und wir sind seine Kollegen. Erzählen Sie uns, was geschehen ist.«

Mit zitternder Hand wies die Frau auf einen der Pferdeanhänger. »Da hinten. Jette. Tot. Es ist grauenhaft!« Sie begann zu hyperventilieren. In diesem Moment kamen weitere Damen angelaufen, die dasselbe Reitoutfit trugen und ihre Kollegin zu beruhigen versuchten. Eine Blondine mit Kurzhaarschnitt legte ihr beide Hände auf die Schultern und versuchte sich an gemeinsamen Atemübungen. Eine zweite, ältere Frau stand neben den beiden und streichelte der Aufgeregten sanft über den Rücken. Zwischendrin spähten sie fragend umher, mit ratlosen Gesichtern. Schon näherten sich die ersten Schaulustigen.

»Beeilen wir uns, bevor die Meute hier ist«, flüsterte Carl Decimus und trat vor die Dame. »Was ist geschehen?«, fragte er sie mit geduldig samtiger Stimme, erhielt jedoch als Antwort nur wildes Kopfschütteln ohne eine weitere Erklärung.

»Sehen wir selber nach«, schlug Hettie vor. Zusammen mit Thevs und ihrem Cousin marschierte sie hinter den angezeigten Anhänger, wo ihnen ein grausiger Anblick ebenfalls die Sprache verschlug.

Auf dem Boden kauerte eine Frau, auch sie in Reiterkleidung. In ihrer Brust steckte eine der Ringstechlanzen, wie ein Speer. Hettie erinnerte das Szenario an ein Bild ihres Lieblingsmalers Franz von Stuck, das gruseligerweise Sterbende Amazone hieß. Doch während sich die Amazone auf Stucks Gemälde inmitten von Kampfgetümmel kniend auf einen großen roten Schild stützte und mit einer Hand an ihre blutende Brust griff – bei alledem splitterfasernackt –, bot die Tote einen weniger malerischen Anblick.

Ihr Körper wurde durch den Speer am Darniedersinken gehindert, der durch eine weiße Popelinbluse in die Brust eingedrungen war. Sie kniete etwas schief, mit zur Seite gekipptem Kopf, die weit aufgerissenen Augen starrten ins Leere. Auf dem schneeweißen Stoff hatte sich ein Blutfleck um die Eintrittsstelle gebildet, wie eine große dunkelrote Rose, und aus dem Mundwinkel troff ebenfalls Blut.

Thevs prüfte den Puls der Frau und schüttelte den Kopf. Carl Decimus wandte sich würgend ab.

»Sie kotzen aber jetzt nicht den Tatort voll, Herr Staatsanwalt«, rief Thevs ihm zu. »Sonst verpetze ich Sie bei Kommissar Bruns. Gehen Sie ein Stück zur Seite und rufen Sie ihn an. Die sollen sich beeilen und Flatterband zum Absperren mitbringen, ich weiß nicht, wie wir die Gaffer im Zaum halten sollen.«

Mit ausgebreiteten Armen trat Thevs sodann der Menge entgegen. »Kommen Sie nicht näher, bitte, seien Sie vernünftig. Hier gibt es nichts zu sehen.«

Hettie sah, wie ein junger Mann um die Anhänger schlich, sich von hinten heimlich nähern wollte, das Handy gezückt. Er verrenkte sich auf skurrile Weise, um ein Selfie von sich und der Toten zu machen.

»Hey, Sie da«, fuhr sie ihn an. »Was soll denn das? Haben Sie gar keinen Anstand?« Wütend stürmte sie auf ihn zu und stellte sich so vor ihn, dass seine Sicht auf den Tatort blockiert wurde. Thevs eilte ihr zu Hilfe und drängte den jungen Mann ab, dann legte er der zitternden Hettie einen Arm um die Schulter.

»Also manchmal frage ich mich wirklich …«, stieß sie hervor, musste dann aber abbrechen, weil sie sich außer Atem fühlte. Die Zunge klebte ihr am Gaumen und erst jetzt merkte sie, dass sie ebenfalls kurz davor war, zu hyperventilieren.

Carl Decimus kam mit ein paar Abdeckplanen gelaufen, die er gefunden hatte, und Hettie half ihm, sie zwischen den Anhängern zu spannen, um die Ermordete vor weiteren neugierigen Blicken zu schützen. Spuren hin oder her, die Ärmste sollte wenigstens nicht zum Social-Media-Gespenst werden.

»Die Polizei wird gleich hier sein«, zeigte sich Carl Decimus hoffnungsvoll, und wie zur Bestätigung hörte Hettie das Martinshorn. Noch nie hatte sie dieses Geräusch mehr begrüßt.

»Och nö, Sie wieder!« Kommissar Nanne Bruns machte zur Begrüßung ein perplexes Gesicht. Das wollte was heißen, denn normalerweise legte er die Mimik eines Pokerprofis an den Tag. Die Anwesenheit von Hettie, Thevs und Carl Decimus schien ihn stärker zu beunruhigen als der Anblick der dunkelgrünen Plastikplane, unter der die Tote kauerte.

Er kratzte sich am Kopf und seufzte. Sein Kollege, Polizeihauptmeister Schmitz, freute sich sichtlich, Hettie zu sehen, und strahlte sie an. Die konnte nicht anders, als den absolut umwerfend attraktiven jungen Beamten – ein Paradoxon, das sie bei ihrem letzten Fall bereits beschäftigt hatte – ebenfalls anzulächeln.

»Frau Schimmelreiter, sind Sie wieder auf Sylt? Wie lange ist es her, seit …«

»Nicht lange genug«, fiel Bruns dem Kollegen ins Wort. »Aber wenn ich kurz nachdenke, könnte ich Ihnen sogar die genaue Anzahl an Tagen nennen.«

Hettie und Bruns schüttelten Hände. »Soll das heißen, dass Sie mich vermissen, Herr Kommissar, oder dass Sie traumatisiert von unserer Zusammenarbeit sind?«, fragte sie.

»Das können Sie sich aussuchen. Was machen Sie eigentlich hier beim Turnier?«

»Mein Cousin wollte mir den traditionellen Inselsport nahebringen. Dass wir direkt in ein grausiges Ereignis hineinstolpern, damit haben wir natürlich nicht gerechnet. Wir waren die Ersten bei der Leiche. Ein schrecklicher Anblick …«

Nachdem er auch die Herren begrüßt hatte, wandte er sich an Carl Decimus. »Wer ist das Opfer?«

»Eine Jette, so nannte ihre hysterische Clubkollegin sie. Mehr weiß ich nicht.«

»Jette Thienemeyer-Kahlmann«, mischte sich Thevs ein.

»Sie kennen sie?«

»Ja. Nein. Nicht persönlich. Sie war mein Auftrag.«

Hettie rollte mit den Augen. »So viel dazu, Sie wären rein privat hier.«

»In meinem Job spielt Diskretion eine große Rolle, das wissen Sie doch.«

»Schon. Aber dazu gehört nicht, Freunde anzulügen. Obwohl, vielleicht sind wir keine Freunde mehr. Immerhin haben Sie alle meine Einladungen nach Bayern ignoriert.«

»Es passte zeitlich nie. Ich würde sofort …«

»Wenn ich die Herrschaften unterbrechen darf. Klären Sie Ihr Privatzeugs später, ja?« Streng sah der Kommissar zwischen Hettie und Thevs hin und her. Dabei fiel ihr auf, dass er noch übernächtigter und erschöpfter aussah als bei ihrer letzten Begegnung. Damals hatte es an seinem kleinen Sohn gelegen.

»Haben Sie noch immer schlaflose Nächte?«, fragte sie ihn mitfühlend.

Nanne Bruns zeigte erneut eine Regung im Gesicht, kurz zuckten seine Mundwinkel. »Meine Frau hat vor ein paar Wochen unser zweites Kind bekommen. Wieder einen Jungen.«