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Tabea und Sascha freuen sich schon sehr auf Weihnachten und können es kaum erwarten, jeden Tag ein Türchen von ihrem Adventskalender zu öffnen. Doch dieses Jahr bekommen sie keinen gewöhnlichen mit Schokolade oder Spielzeug, sondern einen Kalender mit Bildern. Anfangs sind sie darüber etwas enttäuscht, aber sie entdecken schnell, dass dieser Adventskalender etwas ganz Besonderes ist: denn hinter jedem Bild versteckt sich eine Geschichte, die sie in eine andere weihnachtliche Welt entführt. Und wer weiß, vielleicht steckt in diesem Kalender am Ende mehr Zauber als die Kinder vermuten ...
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Seitenzahl: 323
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Bettina Huchler
Tabea, Sascha und der besondere Adventskalender
25 Geschichten für die Weihnachtszeit
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel
Titelei
Widmung
Tabea, Sascha und der ganz besondere Adventskalender
1. Dezember
Das große Weihnachtsbacken
2. Dezember
Wie kommen die Wunschlisten zum Weihnachtsmann?
3. Dezember
Der magische Spielzeugladen
4. Dezember
Carolins erster großer Auftritt
5. Dezember
Was ist eigentlich Julklapp?
6. Dezember
Es war einmal der Nikolaus
7. Dezember
Die Reise einer Schneeflocke
8. Dezember
Das Weihnachtsdorf
9. Dezember
Jana lernt Eislaufen
10. Dezember
Ein Tannenbaum erlebt das Weihnachtsfest
11. Dezember
In der Weihnachtswäscherei
12. Dezember
Der Adventsbasar
13. Dezember
Würstchen und Kartoffelsalat
14. Dezember
Ostereier am Weihnachtsbaum
15. Dezember
Die Geschichte vom Lebkuchenmann
16. Dezember
Wo ist Bobby?
17. Dezember
Weihnachten für immer
18. Dezember
Das Weihnachtsfohlen
19. Dezember
Weihnachten auf Gran Canaria
20. Dezember
Fridolin und das Weihnachtsfest
21. Dezember
Keine Geschenke?
22. Dezember
Die Schneefamilie
23. Dezember
Weihnachten bei der Eichhörnchenfamilie
24. Dezember
Der Weihnachtsmann verschläft
Danksagung
Über die Autorin
Werbung
Impressum neobooks
Bettina Huchler
Für Heidi, denn ohne sie würde es diesen Adventskalender gar nicht geben.
Bald beginnt die Adventskalenderzeit. Das kann Tabea daran erkennen, dass nicht nur die vielen Weihnachtsnaschereien in allen Supermärkten zu finden sind, sondern auch immer mehr Fenster bunt geschmückt werden. Es macht ihr großen Spaß, diese zu zählen. Denn je mehr es werden, desto näher rückt Weihnachten. Ob von ihrem Zimmer aus, auf dem Schulweg oder wann immer sie mit dem Bus oder dem Auto unterwegs ist – sie zählt ständig. Oft liefert sie sich dabei einen Wettstreit mit ihrem zwei Jahre älteren Bruder Sascha. Jeder nimmt sich eine Straßenseite vor und wer am Ende die meisten geschmückten Fenster gezählt hat, gewinnt. Dass es sich um reine Glückssache handelt, spielt keine Rolle.
Auch an diesem Tag im November sind Tabea und Sascha zusammen mit ihren Eltern mit dem Auto auf dem Weg zum Einkaufen.
»Wie viele hast du?«, fragt Tabea ihren Bruder, als sie den Parkplatz erreichen.
»Zehn.«
»Ha! Ich hab zwölf. Gewonnen!« Tabea springt förmlich aus dem Auto und reißt jubelnd die Arme in die Höhe.
Sie betreten den großen Supermarkt und gleich am Eingang stehen Unmengen an Adventskalendern in allem Formen, Größen und mit den verschiedensten Inhalten.
»Schau mal, Tabea, hier gibt es sogar einen Bierkalender«, ruft Sascha und verzieht das Gesicht. Er findet, dass Bier stinkt, und kann überhaupt nicht verstehen, dass Papa das gern trinkt.
»Mama, darf ich den hier haben?« Tabea hält einen Schokoladenadventskalender mit einem tollen Weihnachtsmotiv in die Höhe.
Darauf ist ein Weihnachtszimmer mit einem wundervoll geschmückten Weihnachtsbaum zu sehen. Dieser steht an einem Kamin, in dem ein Feuer brennt. Davor kniet der Weihnachtsmann, der einem kleinen Mädchen viele Geschenke überreicht, das diesen strahlend anblickt.
»Nein, Schatz, in diesem Jahr bekommt ihr einen ganz besonderen Adventskalender. Lasst euch überraschen, in ein paar Tagen ist es so weit.« Mama lächelt geheimnisvoll und schiebt den Einkaufswagen weiter.
Die Geschwister sind gespannt, was sie erwartet. Vielleicht bastelt sie ihnen wieder einen wie vor zwei Jahren.
Am Abend des 30. Novembers hängt Papa einen Adventskalender im Kinderzimmer auf. Er ist nicht besonders groß und auch nicht wirklich dick. Das Motiv ist ein weihnachtlich geschmücktes Bücherregal. Darin gibt es neben Büchern noch viel mehr zu entdecken, weil auf den Regalbrettern tolle Dinge stehen. Am besten gefällt Tabea die große Schneekugel mit dem Schneemann. Verteilt auf dem Motiv sind wie bei jedem anderen Adventskalender auch die Zahlen von 1 bis 24 aufgedruckt.
Was daran wohl so besonders ist? Tabea und Sascha können es kaum abwarten, das morgen herauszufinden. Ärgerlich fanden sie es zudem, dass sie sich diesen Kalender auch noch teilen mussten und nicht jeder seinen eigenen bekam.
»Sascha, wach auf! Wir müssen unseren Kalender öffnen!« Tabea rüttelt an ihrem Bruder, bis er endlich ganz langsam die Augen aufschlägt und laut brummt.
»Was willst du?«
»Der Kalender! Es ist der 1. Dezember. Wir müssen das erste Türchen aufmachen!«
Sascha gähnt noch einmal laut und steht auf.
Gemeinsam gehen sie auf ihren diesjährigen Adventskalender zu und suchen die Eins.
»Da!«, ruft Tabea und zeigt auf ein Rentier. Sie öffnet das Türchen und zum Vorschein kommt ein Bild von Plätzchen.
Sascha verzieht das Gesicht. »Das ist alles? Und was soll daran so besonders sein? Bilderkalender sind blöd. Da wäre mir Schokolade lieber gewesen.«
In dem Moment geht die Zimmertür auf und Mama schaut herein. »Habe ich doch richtig gehört, dass ihr wach seid. Und das Türchen habt ihr auch schon geöffnet. Ihr konntet es nicht abwarten, hm?«
»Ja, aber da ist nur so ein doofes Bild drin, überhaupt nichts Besonderes«, jammert Tabea.
Wieder lächelt Mama geheimnisvoll. »Im Moment ist es tatsächlich nur ein Bild. Wartet mal ab, bis ihr nachher von der Schule kommt. Dann werdet ihr schon sehen.«
Wirklich überzeugt sind die Geschwister davon nicht. Enttäuscht verlassen sie ihr Zimmer.
Als sie am Nachmittag nach Hause kommen, hat sich das Bild wie erwartet nicht verändert.
Doch Mama winkt sie zu sich ins Wohnzimmer. »Kommt, setzt euch zu mir auf das Sofa. Was meint ihr, könnte es mit dem heutigen Motiv in eurem Adventskalender auf sich haben?«
Tabea zuckt mit den Schultern. »Es sind halt Plätzchen in einem langweiligen Bilderkalender.«
Mama schmunzelt. »Langweilig, ja? Na, dann passt mal auf. Zu jedem Bild in dem Adventskalender gibt es nämlich eine Geschichte, und die für heute möchte ich euch jetzt vorlesen.« Mama nimmt ein großes Buch vom Couchtisch und schlägt es auf.
Die Geschwister René und Manja saßen mit ihren Eltern am Frühstückstisch. Währenddessen fiel draußen der erste Schnee – leise, still und heimlich; die Familie hatte ihn noch nicht bemerkt.
»Sagt mal, wisst ihr eigentlich schon, was ihr Oma, Opa und den anderen dieses Jahr zu Weihnachten schenken wollt?«, fragte ihre Mutter.
Manja schüttelte den Kopf. »Nein … Aber wieder ein Bild für jeden malen – darauf hab ich irgendwie keine Lust.«
Da hatte ihr kleiner Bruder eine Idee. »Wir können doch was basteln!«
»Und was?«, fragte Manja skeptisch.
Doch diese Frage konnte er auch nur mit einem Schulterzucken beantworten.
»Ich hätte da vielleicht eine Idee für euch. Wie wäre es mit selbst gebackenen Plätzchen? Wir haben in diesem Jahr sowieso noch nicht gebacken, da würde sich das doch anbieten.«
Diese Idee ihrer Mutter gefiel den Geschwistern sehr gut.
»Okay, dann würde ich vorschlagen, jeder von euch sucht sich eine Sorte aus, und dann kaufen wir später die Zutaten dafür.« Ihre Mutter stand auf und holte die Backbücher. Ganze fünf Stück besaß sie. »Macht mal ein wenig Platz!«
Die Geschwister und ihr Vater schoben Marmeladengläser, Brotkorb und Kaffeekanne beiseite.
»So, dann sucht doch mal was Schönes raus.«
Fast gleichzeitig griffen die Kinder nach dem obersten Buch. René war dabei so stürmisch, dass er beinahe seine Kakaotasse umgestoßen hätte. Doch es half nichts – Manja war ein paar Sekunden schneller, sodass ihr Bruder mit dem zweiten Buch des Stapels beginnen musste.
Eine ganze Weile herrschte Stille am Tisch und man hörte lediglich das flüsternde Geräusch beim Umblättern der Buchseiten.
»Die sehen toll aus!« René zeigte auf die Marmeladensterne.
»Nee, gebackene Marmelade ist eklig – wie Gummi.« Manja verzog das Gesicht und blätterte weiter. »Aber wie wäre es denn mit denen hier? Die sehen aus wie kleine Monde.« Sie deutete auf die Vanillekipferl.
René sah sich das Foto an und kräuselte die Nase. »Voll langweilig. Die kann man ja nicht mal ausstechen.«
Eine ganze Weile ging es so hin und her und erst im letzten Buch fanden die Kinder zwei Kekssorten, auf die sie sich einigen konnten: Schoko-Butterplätzchen und Vanilletaler. Die Plätzchen konnten sie ausstechen und nach Lust und Laune verzieren konnte man sogar beide Sorten.
»Na Gott sei Dank! Ich dachte schon, ihr werdet euch nie einig. Lasst mal sehen, was wir dafür alles brauchen.« Ihre Mutter warf einen Blick auf das Rezept und notierte sich alle Zutaten samt Mengenangaben. Anschließend durchstöberte sie zusammen mit den Kindern die Küche und hakte alle Zutaten ab, die sie zu Hause hatten.
»Gut, da brauchen wir gar nicht mehr viel: Butter, Eier und am besten noch ein Päckchen Mehl. Und natürlich alles, was wir zum Verzieren benötigen.«
Mit Einkaufsliste und Stoffbeutel machten sich die drei kurz darauf auf den Weg zum nächsten Supermarkt. Sie nahmen die Abkürzung durch den Park, wo zwei Eichhörnchen einen Baumstamm hinaufjagten und dabei keckernde Geräusche von sich gaben.
Als sie schließlich ankamen, sah René verzückt auf die kleinen bunten Einkaufswagen für Kinder. An den Griffen war jeweils eine lange Stange mit einem Fähnchen am Ende angebracht.
»Mama, können wir so einen Wagen nehmen und darf ich ihn schieben?«
»Ja, mach ruhig. Wir kaufen ja nicht so viel, dass wir einen großen Wagen bräuchten.«
Der Junge freute sich, schnappte sich einen der Wagen und schob breit grinsend los.
Als sich nach einer Weile alle benötigten Zutaten im Einkaufswägelchen befanden, stellten sie sich an einer der drei Kassen an. Da an jeder eine lange Schlange stand, war es egal, für welche sie sich entschieden. Den Kindern kam das Warten vor wie eine Ewigkeit, und sie waren froh, als sie endlich wieder auf dem Heimweg waren.
Zu Hause führte sie ihr Weg direkt in die Küche. Diese war durch eine große Durchreiche mit dem Wohnzimmer verbunden, in dem ihr Vater auf der Couch saß und gerade irgendeine Sportsendung im Fernsehen ansah.
»Papa, willst du nicht mitbacken?«, fragte René.
Der Vater sah seinen Sohn an und überlegte kurz. »Klar, warum eigentlich nicht? So eine kleine Mehlparty kann sicherlich nicht schaden.« Er schaltete den Fernseher aus und kam zu ihnen in die Küche.
»Okay, dann wascht euch bitte gründlich die Hände, damit wir anfangen können. Und vergesst nicht, Seife zu benutzen«, wies die Mutter an.
Während Manja und René über den Flur ins Badezimmer rannten, wuschen sich ihre Eltern an der Spüle die Hände und legten schon mal alle Zutaten und benötigten Gerätschaften bereit. Sobald die Geschwister zurück waren, schob die Mutter Manja das Backbuch zu – es war bereits an der richtigen Stelle aufgeschlagen. »Lies uns doch bitte vor, was wir jetzt genau machen müssen.«
»Okay … Butter, Eier und Zucker schaumig rühren«, las sie stockend vor. Das Lesen fiel Manja noch schwer und sie musste einen Finger als Hilfsmittel benutzen, um nicht in der Zeile zu verrutschen – aber sie wurde mit jedem Mal etwas besser.
»Na also, dann machen wir das doch gleich mal. Wie viel Butter brauchen wir?«
Manja sah auf die Zutatenliste über der Anleitung für die Zubereitung. »300 Gramm.«
»Prima!« Ihre Mutter stellte die Rührschüssel auf die Waage und setzte sie auf Null zurück. Rasch wog sie die Butter ab, Zucker und Eier kamen hinzu. Anschließend reichte sie Manja das Handrührgerät mit den Knethaken. »Und das darfst du jetzt schaumig rühren.«
»Und ich? Was darf ich machen?«, fragte René aufgeregt.
»Du bist gleich dran. Warte noch kurz, bis Manja fertig ist.«
Danach gab sie eine Prise Salz hinzu und bat René, den Vanillezucker in die Schüssel zu geben.
»So, und jetzt fehlen nur noch zwei Zutaten: Mehl und Backkakao. Beides wird zusammen abgewogen, denn wir müssen Mehl und Kakao erst miteinander vermischen, ehe sie zu den anderen Zutaten in die Schüssel kommen.«
Als das Mehl abgewogen war, wandte sich die Mutter an Manja. »Wenn ich jetzt den Kakao dazugebe, welche Grammzahl muss die Waage dann am Ende anzeigen?«
Manja sah auf die Mengenangaben für Mehl und Kakao und rechnete beides zusammen. »500 Gramm?«
»Richtig.«
Wenig später war auch der Kakao abgewogen und ihre Mutter vermengte beides miteinander, vorsichtig, damit nichts über den Rand der Schüssel fiel, die sie gleich darauf zu René schob. »Und das kommt jetzt löffelweise zum Teig dazu.«
»Darf ich wieder rühren?«, fragte Manja dazwischen.
»Das kann ganz schön stauben, wenn du das Rührgerät nicht gerade hältst. Komm, wir lassen den Papa auch mal was helfen, okay?« Danach wandte sie sich wieder an René. »Gib erst einen neuen Löffel in die Schüssel, wenn Papa den vorherigen verrührt hat, ja?«
Der Junge nickte.
Nach und nach wurde der Teig in der Schüssel immer mehr, und als auch der Rest der Mehl-Kakao-Mischung gründlich einrührt war, teilte die Mutter ihn in zwei etwa gleichgroße Stücke. »So, ihr zwei. Jetzt gebt ihr noch etwas Mehl auf die Arbeitsfläche und dann knetet ihr den Teig noch ein bisschen, bis sich alles gut miteinander verbunden hat.«
Das taten die Geschwister dann auch – die Kinder kneteten wie die Weltmeister, bis ihre Mutter sagte, dass es genug sei, und sie die Teigbälle in Frischhaltefolie wickelte und in den Kühlschrank legte. »Jetzt muss der Teig für mindestens eine halbe Stunde im Kühlschrank ruhen. In der Zwischenzeit können wir hier aufräumen.«
Murrend halfen die Kinder. Das mochten sie am Backen gar nicht. Warum konnte sich nicht alles von selbst wieder wegräumen und sauber machen?
Nach einer halben Stunde verlagerten sie den Arbeitsbereich auf den Esstisch im Wohnzimmer, denn an dem hatten alle vier Platz, um den Teig auszurollen und nach Belieben auszustechen.
Zwei mit Backpapier ausgelegte Backbleche standen schon bereit.
Auf einmal hatte Manja eine Idee. »Mama, wir haben doch diese tollen Buchstaben als Ausstechförmchen. Können wir die nicht zusätzlich zu den normalen Weihnachtsformen benutzen? Dann könnten wir noch die Namen ausstechen, die dann jeder in seinem Tütchen finden und legen kann.«
»Das ist eine ganz fantastische Idee. Ich hole sie.«
Bis zum späten Nachmittag war die ganze Familie mit Backen beschäftigt, denn schließlich mussten sie zwischendurch immer wieder warten, bis eine Ladung Plätzchen fertig war, ehe sie neue ausstechen konnten. Es waren sehr viele Kekse, die sie backen mussten – immerhin wollte sie sie nicht nur verschenken, sondern auch selbst welche davon essen.
»Ich denke, wir räumen jetzt nur noch auf und das Verzieren verschieben wir auf morgen«, schlug die Mutter vor, als sie das letzte Blech in den Ofen schob. »Und die anderen Kekse backen wir dann nächstes Wochenende.«
Damit waren die Kinder voll und ganz einverstanden, denn in einer halben Stunde würde der Weihnachtsfilm beginnen, den sie vor dem Zubettgehen noch sehen durften.
Am nächsten Tag starteten sie direkt nach dem Frühstück mit neuem Tatendrang. Sie hatten mehrere Möglichkeiten, die Kekse zu dekorieren. Ihre Mutter hatte eine Puderzucker-Zitronensaft-Mischung als Klebstoff angerührt, um Zuckerstreusel oder Schokolinsen auf den Plätzchen zu befestigen. Außerdem schmolz sie Schokolade in einem sogenannten Wasserbad.
»Schmeckt gebadete Schokolade überhaupt noch?« Mit großen Augen sah René seine Mutter an und runzelte die Stirn.
Diese musste lachen. »Wasserbad bedeutet, dass man einen großen Topf mit Wasser auf dem Herd zum Kochen bringt und in diesen einen kleineren Topf stellt, in den man die Schokolade gibt. Dann wird der Topf mit der Schokolade heiß und sie schmilzt ohne anzubrennen. Aber mit dem Wasser vermischt sie sich dabei natürlich nicht – keine Angst. Schau ...« Sie deutete auf die Topf-in-Topf-Konstruktion, die auf dem inzwischen ausgestellten Herd stand – bereit, jederzeit noch einmal erhitzt zu werden, sollte die Schokolade zu fest werden.
Gemeinsam trugen sie alles, was sie zum Verzieren brauchten, zum Wohnzimmertisch und machten sich an die Arbeit.
»Papa!«, rief Manja plötzlich empört.
»Wasch isch denn?« Er hatte den Mund voll und sprach deshalb sehr undeutlich.
»Du kannst doch nicht jetzt schon alle Kekse essen!« Sie sah ihren Vater tadelnd an.
Er schluckte den Rest hinunter. »Den musste ich essen, der war total verhunzt. Ehrlich. Außerdem wird man ja wohl mal probieren dürfen. Stell dir vor, die wären total eklig – das kann man doch dann nicht verschenken.«
Manja überlegte kurz, dann stahl sich ein schelmisches Grinsen auf ihr Gesicht. »Da hast du natürlich recht.« Sie griff nun selbst nach einem Plätzchen in Form eines Nikolausstiefels und schob es sich in den Mund. »Hmmm ... lecker! Ja, die können wir verschenken.«
Auch René und die Mutter probierten jeder einen Keks und waren begeistert. René hatte sich einen mit Schokoverzierung genommen, die noch nicht ganz trocken gewesen war – nun war sein Mund rundherum mit Schokolade beschmiert.
Seine Mutter lachte. »Na, du siehst aus.«
Wieder waren die vier einige Stunden beschäftigt, und nachdem die Verzierungen auf den Keksen getrocknet waren, verteilten sie sie auf zwei Dosen – eine zum Direktvernaschen und eine für die Geschenktütchen.
Am darauffolgenden Wochenende ging das große Backen in die zweite Runde – nun waren die Vanilletaler an der Reihe. Wieder war die ganze Familie daran beteiligt. Im Hintergrund dudelte eine CD mit Weihnachtsliedern, und auch diesmal brauchten sie zwei Tage, bis sie die Plätzchen endlich in die Tüten verteilen konnten. Diese wurden mit glitzernden Geschenkbändern verschlossen, an denen sie noch jeweils einen Geschenkanhänger befestigten. Manja hatte die kleinen Kärtchen zuvor mit den Namen der Beschenkten beschriftet.
Die restlichen Vanilletaler kamen zu den Schoko-Butterplätzchen in die Keksdose, woraus die Woche über schon reichlich genascht worden war.
Als am Heiligabend jeder ihrer Verwandten ein kleines Plätzchentütchen unter dem Weihnachtsbaum fand, waren alle begeistert. Immer wieder ertönte »Ohhh!«, »Ahhh!« oder »Hmmm!«, wenn eines der Plätzchen probiert wurde.
»Oh, schaut mal!«, rief Tante Heike plötzlich. »Ich kann meinen Namen schreiben.« Sie reihte die Buchstabenkekse aus ihrer Tüte aneinander.
»Ich kann auch meinen Namen schreiben«, stellte Oma fest.
Sofort waren alle damit beschäftigt, mit den Plätzchen ihre Namen zusammenzulegen.
Onkel Mario stöhnte auf. »Mist! Mir fehlt ein R. Ich glaube, das habe ich bereits gegessen.«
Manja und René sahen einander freudestrahlend an und waren sich einig: Die Schufterei in der Küche hatte sich gelohnt.
Hier kannst du dir ein leckeres Plätzchenrezept herunterladen:
»Jetzt habe ich erst recht Hunger auf Kekse«, sagt Sascha, als die Geschichte zu Ende ist.
»Au ja, können wir auch Plätzchen backen? Schaut mal, hier ist sogar das Rezept.«
Mama nickt. »Das ist für die eine Kekssorte aus der Geschichte.« Sie lächelt. »Dann geht doch mal schnell in die Küche.«
Die Kinder springen auf und rennen wie der Blitz über den Flur. Beide schreien vor Freude auf, denn auf der Anrichte stehen bereits alle nötigen Backzutaten.
»Wir können gleich loslegen«, sagt Mama. »Aber verziert werden sie erst morgen. Das dauert sonst zu lange, ihr müsst schließlich wieder früh raus.«
Damit sind die Geschwister einverstanden.
Schnell ist die Weihnachtsbäckerei eröffnet. Es wird eine lustige Angelegenheit, auch wenn hinterher die Küche wie ein Schlachtfeld aussieht und die Kinder vom Kneten, Ausrollen und Ausstechen völlig erschöpft sind.
»Na, habt ihr schon erkannt, was an eurem Kalender dieses Jahr so besonders ist?«, fragt Mama, als sie das letzte Blech aus dem Ofen holt.
»Ich weiß nicht, ob es was damit zu tun hat, aber es war heute ein ganz toller Tag«, nuschelt Tabea und gähnt. Ihr fallen schon langsam die Augen zu.
Als Tabea und Sascha am nächsten Morgen von Mama geweckt werden, freuen sie sich schon mehr als gestern, ihren Adventskalender zu öffnen. Was sie diesmal wohl für ein Bild erwarten wird?
Sascha findet das entsprechende Türchen und öffnet es. »Schau mal, ein Stapel Briefe.«
Nachdenklich zieht Tabea ihre Stirn kraus. »Ich bin gespannt, was für eine Geschichte das ist.«
»Auch das erfahrt ihr wieder heute Nachmittag. Und nun los, frühstücken, Zähne putzen und ab in die Schule«, sagt Mama.
Die Geschwister stöhnen. Viel lieber würden sie jetzt gleich die Geschichte hören. Andererseits haben sie nun etwas, worauf sie sich freuen können.
Doch auch nach der Schule will ihnen Mama noch immer nicht vorlesen. »Erst erledigt ihr eure Hausaufgaben«, sagt sie stattdessen.
»Aber warum denn? Können wir die nicht machen, nachdem du uns die Geschichte vorgelesen hast?«, nörgelt Sascha.
»Nichts da. Es heißt nicht umsonst, erst die Arbeit, dann das Vergnügen. Glaubt mir, ihr könnt es viel besser genießen, wenn ihr wisst, dass ihr danach nichts mehr machen müsst.«
Murrend gehen die Kinder in ihr Zimmer, setzen sich an ihre Schreibtische und erledigen ihre Hausaufgaben.
Kaum sind sie fertig, packen sie ihre Sachen weg und rennen ins Wohnzimmer. Endlich ist es soweit: Mama nimmt das Geschichtenbuch zur Hand und liest ihnen die zweite Adventskalendergeschichte vor.
Eine meiner Aufgaben als Engel ist es, in Deutschland, Österreich und der Schweiz die Wunschlisten der Kinder einzusammeln und sie zum Weihnachtsmann zu bringen. Vielleicht fragst du dich jetzt, was mit den Wunschzetteln von Kindern in anderen Ländern ist. Na ja, du kannst dir bestimmt denken, dass ein Engel allein unmöglich alle Zettel auf der ganzen Welt einsammeln kann – deshalb gibt es noch viele andere Helferengel.
Manchmal bin ich zu früh am Abholhaus und dann schaue ich den Kindern noch beim Schreiben ihrer Listen zu. Vielleicht hab ich dir ja auch schon dabei zugesehen.
»Tina, denkst du bitte noch daran, deinen Wunschzettel zu schreiben? Morgen muss er fertig sein«, sagte Mama beim Abendessen.
Übermorgen war schon der erste Advent – der offizielle Beginn der Weihnachtszeit. Und das bedeutete, dass Tinas Wünsche bis dahin beim Weihnachtsmann sein mussten, hatte ihr Mama mal erklärt. Deshalb grübelte die Achtjährige auch schon seit Anfang November, was sie sich diesmal wünschen sollte. Immer wieder fielen ihr neue Dinge ein, die sie direkt aufschrieb, deshalb waren ihre Wunschzettel immer besonders lang. Das lag jedoch keinesfalls daran, dass sie wirklich jeden einzelnen dieser Wünsche erfüllt bekommen wollte – sie wollte nur dafür sorgen, dass der Weihnachtsmann eine große Auswahl hatte. Außerdem liebte Tina Überraschungen, und sie hätte es blöd gefunden, wenn sie schon vorher gewusst hätte, welche Geschenke für sie unterm Weihnachtsbaum liegen würden.
Am nächsten Morgen legte Tina eine CD mit Weihnachtsmusik ein und setzte sich an ihren Schreibtisch. Sie kramte den schon angefangenen Wunschzettel aus der Schublade und ihren Füller aus dem Federmäppchen.
»Mal sehen, was könnte ich mir denn noch wünschen? Ein bisschen Platz ist hier ja noch.« Sie wippte im Takt der Musik auf ihrem Stuhl und zwirbelte eine Strähne ihrer dunkelblonden Haare. Das tat sie oft, wenn sie intensiv über etwas nachdachte. »Ach ja, die neue Puppe, die gestern in der Werbung gezeigt wurde. Die ist toll. Wie heißt die noch gleich?« Sie überlegte einen Moment, dann fiel ihr der Name wieder ein. Schnell schrieb sie ihn auf.
Bald hatte sie den ganzen Bogen Briefpapier mit Wünschen vollgeschrieben, die ihre unterschiedlichen Interessen zeigten, wie Bastelzubehör und ein neues Auto für ihre Carrera Bahn. Aber natürlich schrieb sie nur auf die Seite mit dem weihnachtlichen Motiv –die Rückseite blieb immer leer, denn da war ihr die Gefahr zu groß, dass der Weihnachtsmann die Wünsche übersah.
Tina faltete den Wunschzettel zweimal, steckte ihn in einen Briefumschlag und versiegelte ihn mit einem großen Schneeflockensticker. Auf die Vorderseite schrieb sie noch gut leserlich An den Weihnachtsmann. Ihren eigenen Namen hatte sie bereits unter all ihren Wünschen auf den Wunschzettel geschrieben – schließlich musste der Weihnachtsmann wissen, wessen Wünsche es überhaupt waren.
Wie jedes Jahr lehnte Tina ihren Brief an den Topf der großen Zimmerpflanze auf dem Fensterbrett im Wohnzimmer.
»Der Wunschzettel muss immer auf dem Fensterbrett des späteren Weihnachtszimmers hinterlegt werden. Nur da schaut der Engel nach und nimmt die Briefe mit, wenn welche daliegen.« Tinas Mama kannte sich offensichtlich aus, denn bisher hatte es immer funktioniert.
Obwohl Tina ganz genau wusste, dass der Engel jedes Jahr in der Nacht vor dem ersten Advent vorbeiflog, schaute sie den ganzen Samstag über immer wieder nach, ob der Brief nicht doch schon weg war. War er aber natürlich nicht.
Erst als sie am Sonntagmorgen das Wohnzimmer betrat, erkannte sie sofort, dass der Brief nicht mehr am Blumentopf lehnte. Stattdessen lag dort ein kleiner Schneemann aus Schokolade – das Erkennungszeichen, dass der Engel da war und ihren Brief mitgenommen hatte.
Tina lächelte zufrieden. Nun konnte Weihnachten kommen.
An Tina kann ich mich deshalb noch so genau erinnern, weil mir auf dem Weg zum nächsten Haus ein kleiner Unfall passierte. Du musst nämlich wissen, dass meine Arbeit gar nicht mal so ungefährlich ist.
Ich flog also nichts ahnend durch die sternenklare Nacht und landete im Vorgarten des nächsten Hauses, als ich es im Vogelhäuschen rascheln hörte. Neugierig, wie ich nun einmal bin, ging ich näher und lugte hinein. Doch da saß nicht etwa ein Vogel, sondern ein Eichhörnchen, das sich gerade ein kleines Nachtmahl genehmigte. Als es mich bemerkte, erschrak es so sehr, dass es aus dem Haus herausschoss – genau in meine Richtung. Dadurch erschrak auch ich, plumpste auf den Allerwertesten und kippte die Tasche mit den Briefen und der Schokolade aus. Der Inhalt verteilte sich über den verschneiten Boden, ich glaube nicht, dass ich alles wiedergefunden habe. Solltest du also am Morgen des ersten Advents Schokolade in deinem Garten gefunden haben, weißt du, dass dieses Unglück an eurem Vogelhaus stattgefunden hat. Von den Briefen solltest du jedoch keinen finden. Da bin ich sicher, dass ich keinen übersehen habe.
Weißt du, was ich lustig finde? Manchmal legen mir die Kinder ein paar Plätzchen neben ihre Wunschlisten, ab und zu steht sogar ein Glas Milch dabei. Aber da verwechseln sie mich wohl mit dem Weihnachtsmann, der solche Leckereien über alles liebt. Ich nehme dann immer nur einen Schluck von der Milch und ein bis zwei Kekse, die ich dann nach meiner Arbeit nasche – oder mit dem Weihnachtsmann teile, wenn er lieb darum bittet. Denn würde ich immer alles essen und trinken, wäre ich schnell so satt, dass ich nicht mehr fliegen könnte.
Aber zurück zu den Wunschlisten. Bei den nächsten beiden Kindern sorgt niemand Bestimmtes dafür, dass die Wunschzettel zum Weihnachtsmann kommen, sie kommen aber dennoch an. Wie das funktioniert? Ich verrate es dir gleich, schauen wir ihnen erst mal beim Schreiben zu.
Beim zehnjährigen Sascha sah das mit der Wunschliste schon ganz anders aus als bei Tina. Er schrieb sie immer Anfang Dezember und achtete nicht auf den ersten Advent. Wenn der Wunschzettel fertig war, übergab er ihn immer seinen Eltern, denn die kannten eine Zustellungsart, mit der der Brief auch wirklich rechtzeitig beim Weihnachtmann ankam.
Sascha kaute auf dem Ende seines Bleistifts, schob sich dann einen Dominostein vom bunten Teller in den Mund und schrieb die zehn Dinge auf, die ihm als Erstes einfielen. Darunter waren ein ferngesteuertes Auto und ein neuer Basketball, denn seiner war schon ziemlich verschlissen. So, das sollte reichen. Er machte sich nie lang Gedanken darüber, weil er das Schreiben des Wunschzettels eher lästig fand. Dabei hieß es doch immer, dass der Weihnachtsmann die Kinder kenne. Müsste er dann die Wünsche nicht auch ohne Wunschzettel wissen?
Sarah war noch nicht in der Schule, konnte aber schon ihren Namen schreiben. Darauf war sie mächtig stolz. Doch einen ganzen Wunschzettel konnte sie natürlich noch nicht selbst schreiben. Deshalb hatte ihre Mutter eine großartige Idee, damit auch Sarah ihre Wünsche zum ersten Mal selbst an den Weihnachtsmann schicken konnte.
»Weißt du was? Wir schnappen uns jetzt deinen Malblock und die Buntstifte. Du überlegst dir die drei Sachen, die du dir am meisten wünschst und malst sie dann einfach. Ich helfe dir auch dabei.«
»Au ja, das ist toll!« Sarah strahlte über das ganze Gesicht, denn sie malte ohnehin sehr gern. Sie rannte in ihr Zimmer und kam mit den Malutensilien zurück ins Wohnzimmer. Beinahe hätte sie vor Aufregung beim Öffnen ihren Malkoffer ausgekippt.
Gemeinsam setzten sich Mutter und Tochter an den Tisch und überlegten, was Sarah sich vom Weihnachtsmann wünschen könnte. Das war gar nicht so leicht, denn es gab so vieles, was Sarah gern haben wollte. Am Ende hatte sie mithilfe ihrer Mutter aber doch die drei Bilder ihrer Wünsche zu Papier gebracht: einen Arztkoffer, einen Puppenwagen und ein Plüschpferd. Zum Schluss verzierte sie ihren Wunschzettel noch mit Stickern und Glitzerstiften.
»Damit es dem Weihnachtsmann auch gefällt«, kommentierte sie.
Ihre Mutter faltete den Wunschzettel zweimal und steckte ihn in einen Briefumschlag.
»Ich will ihn zukleben!«, rief Sarah. Ihre Wangen waren vor Aufregung gerötet. Auch bei Sarah übernahm die Mutter das Versenden an den Weihnachtsmann.
Falls du dich nun fragst – ja, es gibt sie wirklich, die ganz besonders schnelle Zustellungsart, die nur Eltern kennen. Sie schreiben ein geheimes Kennwort auf den Briefumschlag, dann weiß die Post ganz genau, dass dieser Brief ganz schnell ankommen muss. Mehr darf ich dir dazu leider nicht verraten, aber du wirst es sicherlich erfahren, wenn du selbst erwachsen bist und Kinder hast. Bis dahin musst du dich noch gedulden.
Die Brüder Philipp und Mark saßen gemeinsam im Wohnzimmer am Couchtisch. Auf diesem stand bereits der Adventskranz und es roch nach Tanne. Bald konnte die erste Kerze angezündet werden. Jeder der beiden Jungs hatte einen dicken Bogen gelblichen Papiers vor sich liegen – das Wunschzettelpapier, wie ihre Mutter es nannte. Laut ihr würden die Wünsche an den Weihnachtsmann nur in Erfüllung gehen, wenn sie auf dieses Spezialpapier geschrieben waren. Dazu passend lagen auf dem Tisch Briefumschlage aus demselben Material.
»Mensch Philipp, bei deiner Adresse fehlt ja die Hälfte! Wenn du nur An den Weihnachtsmann draufschreibst, weiß der Postbote doch gar nicht, wohin der Brief soll. Der weiß doch nicht, wo der Weihnachtsmann wohnt!«
Da musste Philipp seinem älteren Bruder Mark allerdings widersprechen. »Na klar weiß der das. Weiß doch schließlich jeder, dass der Weihnachtsmann am Nordpol wohnt. Deshalb braucht das nicht extra auf dem Umschlag stehen.«
»Bitte, wenn du meinst. Aber wundere dich an Heiligabend nicht, wenn du kein Fahrrad oder einen deiner anderen Wünsche unter dem Weihnachtsbaum findest. Das liegt dann daran, dass dein Brief gar nicht erst angekommen ist.« Mark verzog eingeschnappt den Mund und klebte seinen Umschlag zu. Auf dem stand An den Weihnachtsmann, Nordpol.
Die Brüder würden ihre Briefe am nächsten Morgen auf dem Schulweg in den gelben Postkasten in ihrer Straße werfen.
Philipp hatte übrigens recht – der Brief kommt auch ohne genaue Adresse an. Nur dauert der normale Postweg bis zum Nordpol sehr lang, weshalb die Brüder ihre Briefe immer schon im November verschicken.
Bei der siebenjährigen Vivien sah die Adresse auf dem Briefumschlag wieder anders aus. Zwar warf auch sie ihren Brief in den normalen Postbriefkasten, aber statt ihn direkt an den Weihnachtsmann zu adressieren, schickte sie den Wunschzettel immer an die Weihnachtspostfiliale in Himmelpfort. Im letzten Jahr hatte Vivien ihren Wunschzettel sogar persönlich dort abgegeben – das geht und wird vor allem von denen gemacht, die in der Nähe von Himmelpfort wohnen. Vivien war in diesem Jahr sehr spät dran, denn die Wunschlisten müssen bis zum 14. Dezember in der Weihnachtspostfiliale eintreffen, damit der Weihnachtsmann sie auch rechtzeitig bekommt.
In diesem Jahr wünschte sich Vivien ein tolles Puppenhaus, das mindestens zwei, lieber aber drei Etagen haben sollte. Auch eine Kinderküche stand auf ihrer Liste. Am liebsten eine, in der sie wirklich kochen konnte. Sie half ihrer Mutter nämlich gern in der Küche, nur an den Herd durfte sie nicht. Dazu sei sie noch zu klein, sagte ihre Mutter immer.
Jedes Jahr treffen in der Weihnachtspostfiliale Tausende von Briefen aus aller Welt ein. Das Postamt öffnet stets Mitte November und bearbeitet ausschließlich Wunschzettel. Zur jährlichen Eröffnung reist der Weihnachtsmann sogar persönlich an und es gibt ein großes Spektakel – das möchte er keinesfalls verpassen. Die fleißigen Mitarbeiter geben sich große Mühe, jedem Kind zu antworten, damit diese wissen, dass ihr Wunschzettel angekommen ist und weitergeleitet wird. Es wird gemunkelt, dass ein Wichtel in einem Rentierschlitten gesichtet wurde, der jeden Tag vorbeikommt, um die eingetroffenen Wunschzettel zum Weihnachtsmann an den Nordpol zu bringen. Das würde auch erklären, warum die Wunschlisten, die an die Weihnachtspostfiliale geschickt werden, immer schneller ankommen als die, die direkt an den Weihnachtsmann adressiert werden.
Und soll ich dir etwas verraten? Den gesichteten Wichtel gibt es tatsächlich und er nimmt mir jedes Jahr einen großen Teil der Arbeit ab. Dafür bin ich ihm wirklich sehr dankbar. Möchtest auch du deinen Wunschzettel auf diesem Weg zum Weihnachtsmann bringen, schreibe auf den Briefumschlag einfach diese Adresse:
An den Weihnachtsmann
Weihnachtspostfiliale
16798 Himmelpfort
Wie du siehst, gibt es also ganz unterschiedliche Möglichkeiten, einen Wunschzettel an den Weihnachtsmann zu schicken. Wie sieht es bei dir aus? Machst du es wie eines der Kinder in dieser Geschichte oder ganz anders? Aber egal, wie du es machst – am Ende geht es doch nur darum, dass allen Kindern auf der Welt zu Weihnachten zumindest ein paar ihrer vielen Wünsche erfüllt werden. Und genau das wünsche ich auch dir von ganzem Herzen.
Hier kannst du dir eine Vorlage für eine Wunschliste herunterladen:
»Schau mal, Sascha, hier im Buch gibt es sogar eine Wunschliste zum Ausfüllen.« Tabea sieht Mama an. »Können wir die kopieren, darauf unsere Wünsche schreiben und sie nach Himmelpfort schicken?«
Diese ist einverstanden. Schon kurze Zeit später sitzen die Geschwister am großen Esstisch und schreiben und zeichnen auf das Papier, was der Weihnachtsmann ihnen dieses Jahr bringen soll. Anschließend bemalen sie ihre Listen noch und kleben bunte Sticker darauf. Auch die Umschläge beschriften und verzieren sie schnell.
»Das habt ihr wirklich schön gemacht«, lobt Mama, als sie einen Blick auf die fertigen Wunschlisten wirft. »Hier habt ihr Briefmarken. Dann könnt ihr eure Briefe gleich in den Postkasten werfen.«
Zum Schluss falten sie ihre Listen, stecken sie in die Umschläge, kleben sie zu und frankieren sie.
Da sich der nächste Briefkasten gleich um die Ecke befindet, können die Geschwister allein hingehen und ihre Wunschlisten auf die Reise schicken.
Als sie abends im Bett liegen, denkt Sascha noch einmal über die letzten beiden Tage nach. »Eigentlich ist unser Adventskalender doch ganz schön, oder?«
»Ja, er ist wirklich etwas Besonderes. Ich bin gespannt, ob wir jetzt jeden Tag was Tolles machen.«
»Das wäre klasse. So wird die Weihnachtszeit noch viel besser.«
»Schau mal, ein Flugzeug«, sagt Tabea und sieht ihren Bruder strahlend an. »Ob wir heute mit einem fliegen?«
»Quatsch, das glaube ich nicht«, antwortet Sascha. »Außerdem ist das hier nur ein Holzflugzeug. Hm, ich hab keine Ahnung, was das bedeuten soll.«
»Wir müssen eh wieder bis heute Nachmittag warten«, sagt Tabea und seufzt.
Die Geschwister rennen förmlich nach Hause, als der Unterricht beendet ist. Sie sind sehr gespannt, worum es in der heutigen Geschichte gehen wird.
Mama nimmt sie schmunzelnd in Empfang und gemeinsam machen sie es sich nach den Hausaufgaben mit einer Tasse Kakao im Wohnzimmer gemütlich.
Die Zwillinge Laura und Lukas saßen auf der Rückbank des Kombis und sahen missmutig aus den Seitenfenstern.
Der Himmel war grau und es regnete Bindfäden. Wenn es doch wenigstens schneien würde, dann gäbe es zumindest etwas Schönes, dachte Laura.
Die Autofahrt würde insgesamt etwa sechs Stunden dauern, ehe sie endlich in dem Ort ankommen würden, in dem sie die nächsten zwei Wochen verbringen sollten.
Ihre Mutter faltete die Straßenkarte auf, als sie die Autobahn verließen. Sie hielt nicht viel von Navigationsgeräten, denn was wäre, wenn sie kein Netz hätten, der Akku leer wäre oder sonst etwas genau dann nicht funktionierte, wenn man es am dringendsten brauchte? Gewissenhaft glich sie die Straßenschilder mit dem Plan ab. »An der nächsten Kreuzung müssen wir rechts abbiegen, und am Ende der Straße auf der linken Seite … das müsste es sein.«
Lukas riss die Augen auf und Laura zog die Augenbrauen hoch. Sie sah ihren Vater durch den Rückspiegel an und sprach genau das aus, was auch ihr Bruder dachte: »Wie kann man denn bitte freiwillig hierherziehen?«
»Den Grund dafür könnt ihr hier sehen.« Ihr Vater hielt kurz darauf an und deutete auf einen kleinen Laden, der an einem Sonntag natürlich geschlossen hatte. Das Schaufenster unter dem geschwungenen Schriftzug Spielzeugladen lag im Dunkeln.
»Wirklich? Ein Spielzeugladen? Sie sind wegen eines Spielzeugladens hierhergezogen?! Das glaub ich jetzt nicht!« Laura drückte sich die Nase an der Autoscheibe platt.
»Eure Großeltern behaupten, es sei etwas ganz Besonderer, geradezu magisch. Aber jetzt kommt, lasst uns endlich aussteigen.« Ihre Mutter verließ als Erste das Auto, zog sich gegen den Regen die Kapuze ihrer Jacke über den Kopf und überquerte die Straße.
Das Haus, in dem sich der Laden und die Wohnung befanden, war das letzte in der Sackgasse, die um diese Uhrzeit verlassen dalag. Ein seltsamer Ort für einen Laden, so vollkommen abgelegen.
Ob hier viel Kundschaft vorbeikommt?, fragte sich Lukas.
Die Zwillinge und ihr Vater folgten der Mutter, die bereits geklingelt hatte. Sie hörten sich nähernde Schritte, ehe der Großvater die Tür öffnete.
»Da seid ihr ja! Wie schön. Kommt rein, kommt rein! Draußen herrscht ein scheußliches Wetter. Ich hoffe, ihr hattet trotzdem eine gute Fahrt?«
»Ja, Papa, wir sind sehr gut durchgekommen«, antwortete der Vater.
Hintereinander stiegen sie die steile Treppe zur Wohnung hinauf, wo der Großvater sie ins gemütliche Wohnzimmer lotste. Im Kamin loderte ein Feuer und Oma saß in einem bequemen Ohrensessel davor. Ihr eingegipstes Bein lag auf einem Hocker, die Krücken lehnten seitlich am Sessel und auf ihrem Schoß lag zusammengerollt eine pechschwarze Katze. Großmutter war vor etwa einer Woche die Treppe heruntergefallen und hatte sich dabei den Fuß gebrochen – das war auch der Grund, warum die Zwillinge und ihre Eltern das Weihnachtsfest dieses Jahr hier verbrachten. Großmutter sollte ihren Fuß schonen.
»Schau mal, Maria, sie sind da!«
»Hallo meine Lieben. Ich freue mich sehr, euch zu sehen. Ich hoffe, ihr verzeiht mir, dass ich nicht aufstehe, um euch gebührend zu begrüßen.«
»Alles gut, Mama. Wir freuen uns auch, hier zu sein.« Der Zwillingsvater beugte sich zu seiner Mutter hinunter, um sie mit einem Kuss auf die Wange zu begrüßen.
Großvater nahm ihnen die nassen Sachen ab und reichte jedem ein Paar Pantoffeln. »Euer Gepäck könnt ihr später immer noch reinholen. Jetzt nehmt erst mal Platz. Es gibt Kaffee und Kuchen; für euch Zwillinge natürlich Kakao. Wie groß ihr schon wieder geworden seid. Unglaublich. Bald seid ihr größer als ich.« Ihr Großvater war tatsächlich nicht der Größte, aber dennoch fehlte noch ein ganz schönes Stück, bis Laura und Lukas ihn eingeholt hätten.
»Wie alt seid ihr zwei jetzt? Neun?«
Die Kinder nickten, während sie ihre Kakaotassen entgegennahmen. Der Kakao war warm und unglaublich lecker.
In der nächsten Stunde tauschten ihre Eltern und die Großeltern Neuigkeiten aus, die weder Laura noch Lukas interessierten. Schnell begannen sich die Geschwister deshalb zu langweilen.
Das bemerkte ihr Großvater irgendwann und strahlte mit einem Mal über das ganze Gesicht, während er laut in die Hände klatschte, sodass alle vor Schreck zusammenzuckten. Sogar die Katze hob für einen Augenblick den Kopf und blinzelte verschlafen. Als sie jedoch merkte, dass alles in Ordnung war, rollte sie sich schnurrend wieder zusammen.
»Da reden wir hier die ganze Zeit und darüber habe ich ganz vergessen, euch unseren ganz besonderen Schatz zu zeigen.«
Mit großen Augen sah Lukas seinen Großvater an. »Einen Schatz? Etwa einen richtigen Piratenschatz?«
Großvater lächelte vielsagend. »Ich bin mir ehrlich gesagt nicht sicher, ob Piraten damit ihre Freude gehabt hätten. Aber für uns ist er der größte Schatz, den wir neben euch als Familie haben. Ist es nicht so, Maria?«
Nun strahlte auch ihre Großmutter. »O ja, das ist er, und ich bin sehr froh, dass wir ihn gefunden haben.«
Laura rutschte auf der Couch hin und her. »Was für ein Schatz ist es denn?«
Großvater stand auf. »Kommt alle mit, dann zeige ich ihn euch.«
Bis auf Großmutter, die ihnen »Viel Spaß!« hinterherrief, verließen alle das Wohnzimmer.