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Das ›Tao-Te-King‹ (auch ›Daodejing‹) des chinesischen "Meisters" Lao-tse aus dem 4. Jahrhundert v. Chr ist das klassische Weisheitsbuch des Taoismus. In 81 vieldeutigen Sinnsprüchen wird die kosmische, gesellschaftliche und seelische Ordnung des Tao entfaltet, werden Lebensweisheit und politische Doktrin nebeneinander gestellt und ineinander verwoben. Der Weise lebt im Einklang mit dem Tao, dem allumfassenden Prinzip, das Fülle und Nichts, Sein und Nichtsein zugleich in sich trägt. In seiner Einleitung nimmt der Sinologe und Übersetzer Günther Debon eine umfassende historische Einordnung dieser heiligsten Quelle der chinesischen Mystik vor. E-Book mit Seitenzählung der gedruckten Ausgabe: Buch und E-Book können parallel benutzt werden.
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Seitenzahl: 97
Lao-tse
Aus dem Chinesischen übersetzt und herausgegeben von Günther Debon
Reclam
2021 Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen
Covergestaltung: Cornelia Feyll, Friedrich Forssman
Gesamtherstellung: Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen
Made in Germany 2021
RECLAM ist eine eingetragene Marke der Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart
ISBN978-3-15-961893-7
ISBN der Buchausgabe 978-3-15-014229-5
www.reclam.de
Erstes Buch
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Zweites Buch
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
Kapitel 44
Kapitel 45
Kapitel 46
Kapitel 47
Kapitel 48
Kapitel 49
Kapitel 50
Kapitel 51
Kapitel 52
Kapitel 53
Kapitel 54
Kapitel 55
Kapitel 56
Kapitel 57
Kapitel 58
Kapitel 59
Kapitel 60
Kapitel 61
Kapitel 62
Kapitel 63
Kapitel 64
Kapitel 65
Kapitel 66
Kapitel 67
Kapitel 68
Kapitel 69
Kapitel 70
Kapitel 71
Kapitel 72
Kapitel 73
Kapitel 74
Kapitel 75
Kapitel 76
Kapitel 77
Kapitel 78
Kapitel 79
Kapitel 80
Kapitel 81
Zur Aussprache
Anmerkungen
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 8
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 46
Kapitel 49
Kapitel 50
Kapitel 51
Kapitel 52
Kapitel 53
Kapitel 54
Kapitel 55
Kapitel 56
Kapitel 57
Kapitel 58
Kapitel 59
Kapitel 60
Kapitel 62
Kapitel 63
Kapitel 64
Kapitel 65
Kapitel 67
Kapitel 68
Kapitel 69
Kapitel 70
Kapitel 71
Kapitel 72
Kapitel 73
Kapitel 74
Kapitel 75
Kapitel 76
Kapitel 77
Kapitel 78
Kapitel 79
Kapitel 80
Kapitel 81
Literaturhinweise
Übersetzungen (mit Kommentar)
Abhandlungen
Chinesische Textrekonstruktionen und Kommentare
Nachwort
§ 1Könnten wir weisen den Weg
Es wäre kein ewiger Weg.
Könnten wir nennen den Namen,
Es wäre kein ewiger Name.
Was ohne Namen, 2
Ist Anfang von Himmel und Erde;
Was Namen hat,
Ist Mutter den zehntausend Wesen.
Wahrlich: 3
Wer ewig ohne Begehren,
Wird das Geheimste schaun;
Wer ewig hat Begehren,
Erblickt nur seinen Saum.
Diese beiden sind eins und gleich. 4
Hervorgetreten, sind ihre Namen verschieden.
Ihre Vereinung nennen wir mystisch.
Mystisch und abermals mystisch:
Die Pforte zu jedwedem Geheimnis.
Erst seit auf Erden 5
Ein jeder weiß von der Schönheit des Schönen,
Gibt es die Hässlichkeit;
Erst seit ein jeder weiß von der Güte des Guten,
Gibt es das Ungute.
Wahrlich: 6
Sein und Nichtsein entspringen einander;
Schwer und Leicht bedingen einander;
Lang und Kurz vermessen einander;
Hoch und Tief erzwingen einander.
Die Stimme fügt sich dem Ton im Chor;
Und ein Danach folgt dem Zuvor.
Deshalb der Heilige Mensch: 7
Er weilt beim Geschäft des Ohne-Tun,
Er lebt die Lehre des Nicht-Redens.
Die zehntausend Wesen werden geschaffen von ihm,
Doch er entzieht sich ihnen nicht.
Er zeugt, aber besitzt nicht;
Er tut, aber baut nicht darauf.
Ist das Werk vollendet, verweilt er nicht dabei.
Wohl! Nur dadurch, dass er nicht verweilt, 8
Ist nichts, das ihm entginge.
Wer nicht die Tüchtigen ehrt, 9
Bewirkt, dass das Volk sich nicht streitet.
Wer nicht die Güter schätzt, die schwer zu erlangen,
Bewirkt, dass das Volk nicht zu Räubern wird.
Wer nicht vorzeigt, was man begehren kann,
Bewirkt, dass des Volkes Sinn nicht aufsässig wird.
Deshalb des Heiligen Menschen Regierung: 10
Er leert ihren Sinn
Und füllt ihren Bauch;
Er schwächt ihren Willen
Und stärkt ihre Knochen.
Ewig lässt er das Volk
Ohne Wissen, ohne Begehren
Und wirkt, dass die Klugen
Nicht wagen zu tun.
Tut er das Ohne-Tun, 11
Ist nichts, das nicht regiert würde.
Der Weg ist raumleer, 12
Dass im Gebrauch er niemals gefüllt wird.
Abgründig ist er, ach!
Dem Ahnherrn der zehntausend Wesen gleich.
(Er schabt ab seine Schärfen, 130
Löst auf seine Wirren,
Beschwichtigt sein Glänzen,
Vereint seinen Staub.)
Tiefgründig ist er, ach! 12
Und gleichsam ewig gegenwärtig.
Ich weiß nicht, wessen Sohn er ist –
Ein Bild von dem, das vor den Göttern war.
Himmel und Erde sind nicht menschenfreundlich; 13
Sie nehmen die zehntausend Wesen für Strohhunde.
Der Heilige Mensch ist nicht menschenfreundlich;
Er nimmt die hundert Geschlechter für Strohhunde.
Himmel und Erde, wie gleicht 14
Ihr Zwischenraum einem Blasebalg!
Er fällt nicht ein, ob noch so leer;
Je mehr bewegt, gibt aus er umso mehr.
Viele Worte – manch Verlust. 15
Am besten, man bewahrt sie in der Brust!
Unsterblich ist die Fee des Tals: 16
So heißt es von der Mystischen Weibheit.
Der Mystischen Weibheit Pforte:
So heißt man die Wurzel von Himmel und Erde.
Endlos wallend, gleichsam gegenwärtig,
Also wirkt sie sonder Beschwerde.
Der Himmel währt ewig, und die Erde dauert. 17
Was aber macht, dass Himmel und Erde vermögen
Zu währen, zu dauern?
Weil sie nicht sich selber leben,
Darum vermögen sie, ewig zu leben.
Deshalb der Heilige Mensch: 18
Er setzt zurück sein Selbst –
Und es wird vorne sein;
Er treibt hinaus sein Selbst –
Und sein Selbst tritt ein.
Ist das nicht, weil er ohne Eigennutz?
Darum vermag er, sein Eigen zu vollenden.
Das höchste Gute gleicht dem Wasser. 19
Des Wassers Gutsein: Es nützt den zehntausend Wesen,
Aber macht ihnen nichts streitig;
Es weilt an Orten,
Die die Menge der Menschen verabscheut.
Darum ist es nahe dem Weg.
Gut ist beim Wohnen: der Grund. 20
Gut ist beim Sinnen: die Tiefe.
Gut ist beim Geben: die Menschlichkeit.
Gut ist beim Reden: die Treulichkeit.
Gut ist beim Herrschen: die Ordnung.
Gut ist beim Schaffen: die Fähigkeit.
Gut beim Sich-Regen: die rechte Zeit.
Wohl! Nur, wer sich nicht streitet, 21
Ist gegen Schmähung gefeit.
[Den Becher] halten und füllen zugleich – 22
Besser, du ließest es sein!
[Die Klinge] betasten und schärfen zugleich –
Das dauert nicht lange!
Voll Erz und Juwelen die Halle –
Niemand kann sie bewahren.
Stolz auf Reichtum und Ehre
Schafft selber sich Unheil.
Sein Werk vollbringen
Und sich zurückziehn:
Also des Himmels Weg.
Zügelnd den Leibgeist, umfangend das Eine, 23
Kannst ohne Fehl du sein.
Versammelnd den Atem, gelangend zur Weichheit,
So kannst ein Kind du sein.
Reinigend, läuternd den mystischen Blick,
Kannst ohne Mal du bleiben.
Schonend das Volk dein Land regierend,
Kannst ohne Tun du bleiben.
Die himmlischen Pforten geöffnet, geschlossen,
Kannst du zum Weibchen werden.
Erleuchtend die vier Enden der Welt,
Kannst unerkannt du sein auf Erden.
Erzeuge das, hege das! 24
Erzeugen, doch nicht besitzen; 118
Tun, doch nicht drauf baun;
Leiten, doch nicht beherrschen –
Dies nennt man Mystische Tugend.
Der Speichen dreimal zehn 25
Auf einer Nabe stehn.
Eben dort, wo sie nicht sind,
Ist des Wagens Brauchbarkeit.
Man knetet Ton zurecht
Zum Trinkgerät:
Eben dort, wo keiner ist,
Ist des Gerätes Brauchbarkeit.
Man meißelt Tür und Fenster aus
Zur Wohnung.
Eben dort, wo nichts ist,
Ist der Wohnung Brauchbarkeit.
Wahrlich:
Erkennst du das Da-Sein als einen Gewinn,
Erkenne: Das Nicht-Sein macht brauchbar.
Die Fünf Farben 26
Machen das Auge der Menschen blind;
Die Fünf Töne
Machen das Ohr der Menschen dumpf;
Die Fünf Geschmäcke
Machen den Mund der Menschen stumpf.
Wagenrennen und Jagden
Machen den Sinn der Menschen toll;
Schwer erlangbares Gut
Macht ihren Wandel bürdevoll.
Deshalb, der Heilige Mensch 27
Tut für den Bauch,
Nicht für das Aug.
Wahrlich: 28
Von jenem lass! Dieses erfass!
»Gunst und Schande sind gleichsam ein Stachel. 29
Ehrung ist ein großes Leiden wie Dein Leib.«
Was heißt:
»Gunst und Schande sind gleichsam ein Stachel?«
Gunst ist etwas [Hohes, Schande etwas] Niedriges.
Sie zu erlangen, ist gleichsam ein Stachel;
Sie zu verlieren, ist gleichsam ein Stachel.
Das heißt:
»Gunst und Schande sind gleichsam ein Stachel.«
Was heißt:
»Ehrung ist ein großes Leiden wie Dein Leib?«
Dass Wir große Leiden haben,
Ist, weil Wir einen Leib haben.
Wären Wir ohne Leib,
Was hätten Wir für Leid?
Wahrlich: 30
Ehre wie den Leib so das Reich,
Und das Reich kann Dir anvertraut werden.
Schone wie den Leib so das Reich,
Und das Reich kann Dir überantwortet werden.
Was du nicht siehst, so sehr du danach schaust, 31
Des Name ist: plan.
Was du nicht hörst, so sehr du danach lauschest,
Des Name ist: heimlich.
Was du nicht fängst, so sehr du danach greifst,
Des Name ist: subtil.
Diese drei kannst du nicht weiter erkunden;
Wahrlich, chaotisch sind sie zum Einen verbunden.
Sein Oben ist nicht hell,
Sein Unten ist nicht dunkel.
Unendlich ist es, nicht kann es benannt werden;
Zum Wesenlosen hat es heimgefunden.
Dies ist es, was man heißt:
Die Gestalt des Gestaltlosen,
Das Bild des Wesenlosen;
Dies ist es, was man heißt:
Brauendes Ur-Glosen.
Wer ihm sich naht, kann keinen Kopf erblicken;
Und wer ihm folgt, erblickt nicht seinen Rücken.
Halte fest am Weg des Altertums, 32
Und du lenkst das Sein der Gegenwart!
Zu wissen um des Altertums Beginn,
Das nennen wir des Weges leitenden Sinn.
Wer im Altertum gut war als Meister, 33
War subtil, geheimnisvoll, mystisch, durchdringend;
So tief, dass er uns unbegreiflich bleibt.
Wohl! Und weil er unbegreiflich bleibt,
Will ich lieber dartun sein Gebaren:
So zögernd, ach! 34
Wie wenn man winters quert einen Strom;
So ängstlich, ach!
Wie wenn man fürchtet die Nachbarn rings;
Verhalten, ach!
Als wäre zu Gast man geladen;
Nachgiebig, ach!
Wie vor der Schmelze das Eis;
Gediegen, ach!
Gleich einem Grobholz;
Weit, ach!
Gleich einem Flusstal;
Chaotisch, ach!
Gleich einem Strudel.
Wer kann den Strudel stillen, 35
Auf dass er mählich werde rein?
Wer kann das Ruhende bewegen,
Auf dass es mählich Leben gewinne?
[22]Wer diesen Weg bewahrt, 36
Wünscht nicht, erfüllt zu sein.
Wohl! Nur was unerfüllt,
Kann auch verschleißen ohne Erneuen.
Erreichend den First des Leeren, 37
Bewahrend die Stille, die Stete –
Zusammen wirken die zehntausend Wesen:
So kann Ich betrachten ihr Wiederkehren.
Denn blühn die Wesen üppig-bunt, 38
Kehrt jedes heim zu seinem Wurzelgrund.
Heimkehren zum Wurzelgrund heißt: Stille finden. 39