Taste of Temptation - Liv Hoffmann - E-Book

Taste of Temptation E-Book

Liv Hoffmann

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Beschreibung

Anwältin, fünfunddreißig, frisch getrennt und total verzweifelt - so würde sich Abby Summers momentan beschreiben.

Nach ihrer geplatzten Hochzeit versucht sie, alle Energie in den Aufbau ihrer eigenen Kanzlei zu stecken. Da kommt ihr ein vielversprechender Klient gerade recht.

Abby soll den Bauunternehmer Neil Watson bei einem Projekt beraten und sieht sich schon steil die Karriereleiter erklimmen. Dumm nur, dass sie versehentlich mit dessen Sohn im Bett landet und sich zu allem Überfluss auf einmal wieder mit ihrem Ex auseinandersetzen muss.

Der anfangs einfach anmutende Job entwickelt sich zunehmend zu einem Desaster und plötzlich ist Abby gezwungen, sich zu entscheiden ...

 

Taste of Temptation ist ein typischer, locker-leichter „Liv Hoffmann-Roman“, mit einer Prise Humor und prickelnden Sexszenen.

 

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Liv Hoffmann

Taste of Temptation

Erotischer Liebesroman

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Prolog

Ich bin so unglaublich glücklich! Morgen werde ich endlich die Liebe meines Lebens heiraten! Ryan hat mir vor acht Monaten einen Antrag gemacht und ich habe, ohne zu zögern „Ja! Oh Gott, ja!“, gerufen. Noch heute bekomme ich bei der Erinnerung daran eine Gänsehaut und weiche Knie.

Für den Abend vor der Hochzeit haben wir uns etwas ganz Besonderes ausgedacht.

Statt, wie meist üblich in einem Restaurant essen zu gehen, haben Ryan und ich am Strand von Summerland Key eine kleine Party geplant.

Ich trete aus dem Pavillon, der mit Papierlampions geschmückt ist, die sanft in der Brise des Meeres hin- und herschaukeln, und winke einer kleinen Gruppe von Gästen, die sich um einen Stehtisch zusammengefunden haben, fröhlich zu. Sie heben ihre Gläser und prosten mir zu. Ich nippe nur leicht an meinem Drink, denn in meinem Bauch fühlt es sich so kribbelig an, dass ich kaum etwas herunterbekomme.

 

„Da bist du ja!“ Ryans Stimme erklingt und plötzlich schlingen sich seine Arme von hinten um mich. Er küsst mich auf den Hals und zieht mich fest an sich heran. Ich schließe die Augen und seufze leise, als seine Lippen an meiner Haut herunterwandern. „Lass uns einfach abhauen – dass merkt doch keiner!“, raunt er in mein Ohr und ich spüre, wie sich in seiner Hose etwas regt. Lachend winde ich mich aus seiner Umarmung. „Du weißt genau, dass wir die heutige Nacht nicht zusammen verbringen werden!“ Ryan der in seiner weißen Leinenhose und dem weißen Hemd, einfach zum Anbeißen aussieht, rollt übertrieben enttäuscht mit den Augen. „Das ist doch total altmodisch!“, mault er und schiebt gespielt beleidigt die Unterlippe vor.

„Du weißt, wie viel meiner Mutter das bedeutet!“, erinnere ich ihn daran, dass ich bei meinen Eltern im Hotelzimmer übernachten werde. Sie sind extra aus Jacksonville angereist und meine Mum hat mich dazu überredet, heute noch nicht bei Ryan in der Honeymoonsuite zu schlafen. Ich stelle mich auf Zehenspitzen und hauche ihm einen Kuss auf die Wange, dabei flüstere ich: „Keine Sorge, morgen Nacht gehöre ich ganz dir!“

Ryans Mundwinkel heben sich zu einem Lächeln. „Ich liebe dich so sehr Abby!“

„Ich dich auch!“, wispere ich. Gerade, als wir uns küssen wollen, platzt Kim dazwischen. „Abby! Ich muss dich kurz entführen!“ Ohne eine Antwort abzuwarten, packt sie mich am Handgelenk und beginnt, an mir zu zerren. Ich werfe Ryan ein entschuldigendes Lächeln zu und zucke die Schultern. „Sorry!“

 

„Was ist denn los?“, frage ich, leicht atemlos, weil ich versuche, mit Kims entschlossenem Schritt mitzuhalten. „Wir brauchen deinen Rat!“, erklärt sie und ich bin gespannt, was sie damit wohl meint.

Als wir die Tiki Bar erreichen, entdecke ich den Rest meiner insgesamt vier Freundinnen, die morgen meine Brautjungfern sein werden. „Was gibt es denn so Wichtiges, dass ihr mich dabei beim Knutschen unterbrecht!“, rufe ich lachend und reibe mir den Arm.

Kristie, meine Trauzeugin, mit der ich seit dem College unzertrennlich befreundet bin, dreht mich in Richtung des Hotels, dessen Strandabschnitt wir heute angemietet haben. „Schau, wer da ist!“

Mein Blick folgt ihrem ausgestreckten Finger, und halte kurz die Luft an. Sue Lexington, die größte Hexe auf Erden, steht am Ende des Holzsteges, der vom Hotel an den Strand führt, und blickt sich suchend um.

„Was macht die denn hier?“, frage ich kopfschüttelnd.

„Sie ist mit Mike hier“, erklärt Kim und verengt die Augen.

„Was? Sind die beiden etwa zusammen?“, frage ich eine Spur zu schrill und zu laut. Kristie zuckt die Achseln. „Keine Ahnung, aber wo die auftaucht, gibt es immer irgendein Drama.“

Julia baut sich vor mir auf. „Sie ist nicht offiziell eingeladen, selbst, wenn sie mit Mike hier ist. Soll ich sie auffordern zu gehen?“

Ich presse kurz die Lippen aufeinander und blicke nachdenklich in Sue´s Richtung. Dann lege ich Julia beschwichtigend eine Hand auf die Schulter. „Nein, weißt du was, wir sind jetzt erwachsen und … es wird Zeit, sich so zu benehmen.“

Kim schnaubt verächtlich, lenkt aber dann ein. „Wie du meinst.“

 

Sue Lexington war, ebenso wie Mike, Kristie und ich, auf demselben College in Orlando. Aus irgendeinem Grund, hatte sie von Anfang an eine Abneigung gegen mich. Es ging sogar so weit, dass sie meine damalige Beziehung zerstörte, indem sie überall herumerzählte, ich hätte etwas mit einem anderen Kerl angefangen. Das war natürlich völliger Blödsinn, aber leider schenkte Jo, mein damaliger Freund, meinen Beteuerungen keinen Glauben. Sue´s Wort stand gegen meins und damit hatte ich verloren. Niemand stellte damals in Frage, was Sue Lexington von sich gab.

 

Ich wende mich ab und winke dem Barkeeper zu. „Könnten wir bitte etwas Champagner haben?“, rufe ich, woraufhin er freundlich lächelnd nickt.

„Wir lassen uns davon nicht den Abend verderben!“, erkläre ich nachdrücklich und stoße mit meinen Freundinnen an.

„Auf Abby und Ryan! Auf ihre gemeinsame, wundervolle Zukunft!“, erklärt Kristie mit einem Lächeln.

Wir prosten uns zu und ich stürze, das aufgeregte Kribbeln in meiner Magengegend ignorierend, gleich das ganze Glas hinunter. Kim lässt mir sofort nachfüllen und ich zwinge mich dazu, keinen Gedanken an Sue zu verschwenden.

Wir unterhalten uns über morgen und erörtern Julias Bedenken, mit hochhackigen Schuhen im feinen Sand einzusinken. Die Trauung wird nämlich ebenfalls hier, bei Sonnenuntergang stattfinden.

 

Plötzlich kommt Mike auf mich zu. Er ist schon etwas angetrunken und wirft ein Schmunzeln in die Runde. „Guten Abend, Ladys!“ Er stößt einen leisen Pfiff durch die Zähne aus. „Eine schöner, als die andere.“

„Was willst du Mike?“ Kim legt mit argwöhnischem Blick den Kopf ein wenig schief. Offenbar ist sie immer noch aufgebracht, weil er Sue mitgebracht hat.

„Ich … müsste mir Abby für einen Moment ausleihen – wir müssen kurz etwas besprechen“, erklärt er und sieht mich auffordernd an.

Ich bin verwirrt, und frage mich, was er wohl von mir will. „Oh … äh … ja, klar“, erwidere ich und werfe einen entschuldigenden Blick in die Runde. „Bin gleich wieder da.“

 

Wir laufen ein Stück am Strand entlang, bis Mike plötzlich stehen bleibt und sich umsieht. „Hey, hör mal Abby“, beginnt er und lehnt sich ein wenig nach vorne. Sein Atem riecht nach Wein. „Du bist ein echt tolles Mädel und ich … habe lange mit mir gerungen, aber … ich finde, du verdienst die Wahrheit …“

Ich bin mir sicher, ich blicke Mike in diesem Augenblick total perplex an. „Was? Wovon redest du?“ Meine Worte werden begleitet, von einem nervösen Lachen.

„Weißt du … es geht um Ryan …“, druckst er herum und starrt auf das Glas in seinen Händen.

„Er und Sue … sie scheinen etwas miteinander zu haben!“, platzt es schließlich aus ihm heraus. Ich blinzle ungläubig, als seine Worte in meinen Ohren verhallen. „Was?“ Mir entfährt ein verächtlicher Laut. „Das ist doch Unsinn.“

„Es ... es tut mir leid, aber … ich bin mir ziemlich sicher …“, stottert er.

„Woher willst du das wissen?“, fahre ich ihn an.

„Na ja, sie … hat es mir erzählt und jetzt … ist sie hier, um mit ihm zu reden. Sie hofft, dass er die Hochzeit absagt …“

In meinen Schläfen beginnt es zu pulsieren. Mikes Lippen bewegen sich noch immer, doch ich kann keines seiner Worte verstehen. Mein Herz pocht auf einmal wie wild. Hektisch blicke ich mich um, suche die ganze Umgebung nach Ryan ab, doch er ist nirgends zu sehen. Ich lasse Mike einfach stehen und bahne mir eilig einen Weg, durch die Gäste. Als ich den Pavillon durchquere und ihn auf der anderen Seite verlasse, bleibe ich wie angewurzelt stehen.

 

Mein Mund wird trocken, während mein Blick auf Ryan fällt, der dicht vor Sue steht. Sie löst gerade ihre Lippen von seinem Mund. Plötzlich fällt ihr Blick über Ryans Schulter hinweg auf mich. Ihre giftgrünen Augen fixieren mich und ein eiskaltes Lächeln breitet sich über auf ihrem Gesicht aus.

Ryan wendet den Kopf und als er mich entdeckt, wirkt sein Blick gequält. Oh nein! Neinneinneinneinnein! Das darf nicht wahr sein!

Meine Kehle verengt sich schlagartig und ich bekomme keine Luft mehr. Tränen steigen in mir auf. Ich muss hier weg – sofort!

Keuchend stolpere ich vorwärts, obwohl ich keine Ahnung habe, wohin. Ich höre Ryans aufgebrachte Stimme hinter mir. Laut brüllt er meinen Namen, doch ich blicke mich nicht um.

Kapitel 1

 

Sieben Monate später:

 

„Und die kannst du heute Abend gleich zu deinem neuen Outfit tragen!“ Kristie, meine überschwängliche, stets viel zu gut gelaunte und langjährige Freundin streckt ihren Arm durch den schweren, grauen Vorhang der Umkleidekabine hindurch. Einen Sekundenbruchteil später erscheint ihr Gesicht, über das sich ein verschwörerisches Grinsen gelegt hat.

Ich stoße schnaubend Luft aus und betrachte mich argwöhnisch im Spiegel. „Ich weiß nicht …“, erwidere ich zögernd und lege die Stirn in Falten. Als mir das bewusst wird, versuche ich krampfhaft, meine Gesichtszüge wieder zu entspannen. Hektisch fahre ich mit den Fingern über meine Stirn, als könnte ich sie damit zusätzlich glätten. Wenn ich vor zehn Jahren meine Augenbrauen nach oben gezogen habe, wurde diese Gesichtsregung noch nicht von der Angst begleitet, dadurch eventuell Falten entstehen zu lassen – aber jetzt?!

„Abby?“ Als mein Name an mein Ohr dringt, zucke ich zusammen. Kristie hält mir noch immer das schwarze Paar Schuhe entgegen, mit deren Absätzen ich mir sicherlich schwerwiegende Verletzungen zuziehen werde. Immerhin bin ich nun nicht mehr die Jüngste. Da leiert ja so langsam alles aus … Bänder, Sehnen, Bindegewebe …

„Los – anziehen – jetzt!“, befiehlt Kristie streng, deren Arm wohl gerade einschläft.

„Meine Güte, na schön … wenn du dann endlich Ruhe gibst!“, stöhne ich und streife meine Ballerinas ab. Kristie verschränkt zufrieden die Arme vor der Brust und hält ihren Blick weiterhin auf mich gerichtet. Das kann ich spüren, obwohl ich mich gerade nach unten bücke und mit den Händen nachhelfe, um alle meine Zehen in den schwarz glänzenden Foltergeräten unterzubringen.

„Autsch!“, jammere ich, als ich mich aufrichte. Mein Kopf hat die Farbe einer vollreifen Tomate und ehrlich gesagt, genauso fühlte ich mich auch. Und wir wissen alle, was aus reifen Tomaten am Ende wird … runzelige, faulige Pampe.

Letzte Woche bin ich fünfunddreißig geworden. Und damit wurde mir schlagartig klar, dass ich nun mit großen (wirklich großen) Schritten auf die vierzig zusteuere und wieder Single bin. Es hat ungefähr drei Monate gedauert, bis ich die Trennung von Ryan zumindest soweit verkraftet habe, dass ich nicht ständig und wegen jeder Kleinigkeit in Tränen ausgebrochen bin. Ich konnte an keinem Kinderwagen oder glücklich verliebt wirkendem Paar vorbeigehen, ohne dass sich ein harter, kalter Kloß in meiner Kehle gebildet hat. Selbst Hundewelpen waren grenzwertig.

 

„Du siehst das alles viel zu eng – du bist jetzt auf Abby 3.5 geupdatet! “, hat Kristie mir lachend versichern wollen und das es einzig und allein an meiner Einstellung liegt, dass ich mich nun fühle, wie um hundert Jahre gealtert. Sie hat gut reden, Kristie ist immerhin schon verheiratet und hat ein Kind.

„Jetzt lauf da draußen mal auf und ab, du wirst sehen, wenn du locker die Hüften mitschwingen lässt, ist das halb so wild.“ Mit diesen Worten reißt Kristie den Vorhang zur Seite und bugsiert mich aus der Kabine. Einen Moment lang stehe ich breitbeinig da und versuche krampfhaft, mein Gleichgewicht wieder zu finden.

 

Zögernd mache ich einen Schritt. Und noch einen. Es fühlt sich extrem wackelig an. So als bestünde der Boden unter meinen Füßen aus Pudding.

„Und jetzt die Hüften locker!“, kommandiert Kristie und ich besinne mich darauf, das Atmen nicht zu vergessen.

Unter dem prüfenden Blick meiner Freundin, laufe ich ein paar Mal den schmalen Gang in der Umkleide auf und ab. Glücklicherweise ist an diesem Samstagvormittag noch nicht so viel los im Einkaufszentrum. Ein paar Stunden später, würde sich hinter mir höchstwahrscheinlich eine meterlange Schlange aus dutzenden Teenies und Anfang Zwanzigjährigen stauen, die alle hinter vorgehaltener Hand darüber Kichern, wie sich so eine alte Schachtel zum Affen macht. Womöglich würde die ein oder andere ihr Smartphone zücken, ein Video von meinen kläglichen Laufversuchen machen und direkt hochladen. Und schon wäre ich unfreiwillig ein YouTube-Star.

Ich sehe schon den Titel des Videos vor mir: Gammelfleisch auf High Heels! Und darunter: schon 6 Millionen Mal angeklickt!

 

„Na also, es wird doch!“, freut sich Kristie, als ich gefühlt zum zehnten Mal kehrt mache und zu ihr zurück laufe. Ich muss zugeben, dass ich tatsächlich ein wenig sicherer werde. Innerlich gebe ich mir bei jedem Schritt einen Takt vor und so langsam wird mein Körper lockerer. Als ich vor dem deckenhohen Spiegel zum Stehen komme, betrachte ich mich kritisch. Glücklicherweise kann sich meine Figur noch ganz gut sehen lassen. Das schwarze Kleid schmiegt sich perfekt an meinen Körper und lässt meine Beine wirklich gut zur Geltung kommen. Meine Brüste sind nicht überdimensional groß, sodass die Schwerkraft ihnen noch nichts anhaben konnte. Zur Bestätigung halte ich die Luft an und strecke meinen Brustkorb nach vorne.

„Mann Abby – ich weiß echt nicht, was du hast … du bist noch immer total heiß – sieh dich an!“ Kristie hat den Kopf schief gelegt und folgt meinem Blick in den Spiegel.

„Wenn du das sagst“, murmle ich und rücke den schwarzen Blazer mit den Ledereinsätzen über dem kleinen Schwarzen zurecht.

„Wart´s ab!“ Meine Freundin grinst. „Du wirst dich heute Abend vor Verehrern kaum retten können!“

Bei ihren Worten entfährt mir ein belustigtes Kichern. „Alles klar!“ Ich will ihren Worten in diesem Moment nur zu gerne Glauben schenken.

 

Ich betrachte mich nachdenklich im Spiegel und frage mich, ob ich bereit bin, die Zeit mit Ryan nun endgültig hinter mir zu lassen. Immerhin ist seitdem schon über ein halbes Jahr vergangen und ich muss gestehen, in manchen Momenten sehnt sich mein Körper danach, endlich mal wieder berührt zu werden.

Nach der Trennung habe ich mich kopfüber in die Arbeit gestürzt, um mich von der Trauer abzulenken. Das war zwar auch gar nicht so schwer, denn mein kleines Anwaltsbüro auf Key Largo bräuchte dringend mehr Klienten. Deshalb stecke ich alle Energie in mein Geschäft und habe damit so gut wie keine Zeit, weiter über meine Beinahe-Ehe nachzudenken, oder mich auf die Suche nach einem neuen, potentiellen Ehemann zu konzentrieren

Anwältin zu werden war schon immer mein Traum. Auf den Keys ist das allerdings nicht so einfach, wie in einer großen Stadt. Dort herrscht eine ganz andere Mentalität, als in Miami.

 

Kristie dagegen hat alles, das mir fehlt – ein Häuschen, seit neun Jahren einen treusorgenden Mann und einen Sohn, der in die dritte Klasse geht. Überhaupt muss ich feststellen, dass sich in unserer Mädelsclique einiges geändert hat, in den letzten zehn Jahren. Es war ein schleichender Prozess, aber seit meinem Geburtstag fühlt es sich an, als wäre das alles schlagartig passiert.

 

Kristie ist die glücklich verheiratete Ehefrau, die Kind und Karriere unter einen Hut bringt und trotzdem noch irgendwie die Zeit findet, ihre Familie jeden Sonntag mit einem frisch gebackenen Kuchen zu beglücken.

Julia führt eine Fernbeziehung mit einem Arzt in London und es ist wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis die beiden heiraten und sie auswandert. Dann wäre da noch Kim, sie ist mit vierzig Jahren die Älteste von uns, hat aber an ihrer Lebenseinstellung festgehalten und sich gegen Mann, Haus, Kind und Hund entschieden. Überhaupt sind ihre Beziehungen eher flüchtig und es scheint, als gäbe es keinen Kerl auf dieser Welt, mit dem sie es länger als drei Monate aushält. Sie steht damit im kompletten Kontrast zu Ella.

Ella ist neunundzwanzig (wenn ich daran denke, schießen mir vor Neid die Tränen in die Augen), wohnt auf Marathon, pflegt dort im örtlichen Turtle Hospital Schildkröten gesund, ernährt sich vegetarisch und reist jedes Jahr für mehrere Wochen in die abgelegensten Gebiete dieser Erde. Dorthin, wo man möglichst gegen alles geimpft sein sollte, gegen das man impfen kann. Und jedes (!) Mal lernt sie dort einen Typen kennen, der, wie sie sagt, der Eine ist. Dieses Jahr hat sie sich in einen Australier namens Riley verknallt. Er hat blonde Rastalocken, wasserblaue Augen und ein Lächeln, das einem das Höschen feucht werden lässt. Auf dem Foto, das Ella uns gezeigt hat, gibt er mit einem Affenbaby die Flasche, was ihn gleich noch tausendmal attraktiver wirken lässt.

Seit drei Wochen trauert Ella ihrem Riley nun schon hinterher. Und doch wird es mit den beiden wahrscheinlich so enden, wie mit allen, die vor ihm kamen. Nächstes Jahr zieht Ella wieder los und trifft mal wieder den Einen.

 

„Wer hatte gleich noch mal die Idee, heute Abend einen draufzumachen?“, erkundige ich mich mit leidvoller Miene und setze das letzte Wort mit meinen Fingern in Anführungszeichen.

„Kim meinte, es würde uns allen mal wieder gut tun, ein bisschen unter Leute zu kommen“, erinnert Kristie mich an die Worte unserer Freundin, als wir meinen Geburtstag im kleinen Kreis, mit ein paar Flaschen Wein bei mir Zuhause gefeiert haben. „Und ich glaube, sie hat recht. Ich hetze im Moment nur noch vom Meeting zur Mittagsbetreuung der Schule, um Noah schnell einzusammeln, gehe mit ihm die Hausaufgaben durch, stelle fest, dass die Hälfte fehlt, koche ein Abendessen und höre Liam aufmerksam dabei zu, wenn er mich am Telefon darüber informiert, wie stressig sein Tag war!“ Energisch pustet sich Kristie eine rote Locke aus der Stirn und sieht mich fast flehend an. „Bitte – ich brauch dringend mal ein bisschen Abwechslung!“ Mir ist, als höre ich ernsthafte Frustration in der Stimme meiner Freundin mitschwingen, also zucke ich mit den Schultern. „Na schön … gehen wir eben ein bisschen feiern – kann ja nicht schaden!“ Ich ringe mir ein Lächeln ab und schlüpfe aus den Mörderschuhen. Mit den Dingern an den Füßen werde ich die meiste Zeit des Abends wohl eher sitzend verbringen.

 

Obwohl meine innere Stimme ganz laut an meine Vernunft appelliert, kaufe ich das komplette Outfit – inklusive High Heels. Auch wenn sie nach diesem Abend wahrscheinlich ihr restliches Dasein in meinem Schuhschrank fristen werden. Und auch, obwohl ich es mir eigentlich gar nicht erlauben kann, so wie es gerade finanziell bei mir aussieht.

Kristie hakt sich bei mir ein und gemeinsam schlendern wir an den unzähligen Schaufenstern des Einkaufszentrums entlang. Ich kann mich gar nicht mehr daran erinnern, wann ich mir das letzte Mal einen freien Tag gegönnt habe. Und ehrlicherweise muss ich zugeben, dass ich in den letzten drei Stunden schon das ein oder andere Mal an den Job gedacht habe. Na gut, ich bin sogar mehrmals auf den Toiletten verschwunden, um heimlich mein Telefon zu kontrollieren. Aber weder Patty, noch Nicole, meine beiden Mitarbeiterinnen, haben versucht, mich zu kontaktieren. Sie werden den Laden schon schmeißen!, rede ich mir ein. Immerhin ist Samstag, die Chance, dass gerade heute noch großartig etwas passiert, ist wohl verschwindend gering, denn samstags ist meine Kanzlei nur bis mittags geöffnet.

Vielleicht wäre ich ein wenig entspannter, würde ich nicht noch immer auf den Anruf von Neil Watson warten. Sein Unternehmen hatte Interesse an einer Zusammenarbeit bekundet, aber nun lässt mich der gute Herr Watson am ausgestreckten Arm zappeln. Zumindest kommt es mir so vor. Watson & Sons planen eine Ferienanlage auf Islamorda, der Nachbarinsel. Ich soll sie nun juristisch beraten, da es auf den Keys ziemlich strenge Auflagen zu beachten gibt. Ein Job in der Größenordnung käme mir ganz gelegen. Immerhin habe ich auch ein paar Ausgaben zu decken.

 

Weil shoppen ja bekanntlich hungrig macht und uns langsam der Magen knurrt, lassen Kristie und ich uns am Running Sushi nieder. Beim Anblick der Köstlichkeiten, die auf dem kleinen Förderband an uns vorbeikommen, wird mein Mund ganz wässrig. Wir bestellen uns zur Feier des Tages jede ein Glas Weißwein und beginnen dann damit, die kleinen Schälchen vom Fließband auf unseren Tisch zu befördern.

„Sag mal“, beginnt Kristie und klemmt eine California-Roll zwischen ihre Essstäbchen. „Darf ich dich so ganz im Vertrauen mal was fragen?“ Sie schiebt sich das Sushi in den Mund und blickt mich abwartend an.

„Ähm … klar“, erwidere ich und kann nicht verhindern, dass ein Anflug von Argwohn in meiner Stimme mitschwingt.

Kristie nippt an ihrem Weißwein und rutscht auf dem Stuhl hin und her. Ich verenge die Augen und werde langsam wirklich misstrauisch. „Was ist los?“, will ich wissen.

„Ist es selbstsüchtig, wenn ich Liam sage, dass ich kein zweites Kind will?!“, rückt meine Freundin zögernd heraus.

Ich lasse die Stäbchen sinken und starre sie einen Moment lang wortlos an. „Wie jetzt? Ich dachte …“, setze ich an, als ich meine Sprache wiederfinde. „Ich dachte, ihr wollt beide noch ein Baby.“