Terralt - Band 1 - Die drei Hüterinnen - Dirk Richter - E-Book

Terralt - Band 1 - Die drei Hüterinnen E-Book

Dirk Richter

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Beschreibung

Endlich ist die Trilogie komplett. Nach dem zweiten und dem ersten Band kann ich jetzt auch den ersten als eBook veröffentlichen. Erlebt, wie die Mutter mit ihren drei Töchtern auf der magischen Parallelwelt ankommt und langsam erkennt, dass auf die 4 Großes wartet. Alles ist hier anders und naturnäher. Nur die Menschen sind doch ähnlich und alles andere als paradiesisch und gut.

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Dirk Richter

Terralt - Band 1 - Die drei Hüterinnen

Das Abenteuer beginnt

 

 

 

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- gekürzte Vorschau -

Inhaltsverzeichnis

Titel

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

Ungewollte Abreise

Die Holzhütte

Gottesdienst auf Terralt

Wiedergutmachung

Das rothaarige Mädchen

Die Begrüßungszeremonie

Die Begrüßungsfeier

Die Berufung der Hüterinnen

Dunkles Zwischenkapitel: Der Bischof

Der Weltentanz

Mobbing, oder gib acht, mit wem du dich anlegst

Die Rettung

Geistertreffen

Nunus Heimkehr

Die Pflichten einer Hüterin

Die Pyramidenzeremonie

Von wegen – eine Zeremonie für die drei Hüterinnen

Der Angriff

Impressum tolino

Inhaltsverzeichnis

Terralt – Band 1

Die drei Hüterinnen

von Dirk Richter

Bonn, den 16.11.2009

Dies hier ist die finale Version des ersten Bandes der als Trilogie angelegten Reihe über Terralt. Ich weiß, wie die zu lösenden Endaufgaben aussehen werden, aber ich kann den Weg dahin noch nicht richtig sehen.

Jede(r), der diese Fassung von mir erhält, wird gebeten, ihre oder seine Kritik am besten in schriftlicher Form an mich zu senden. Jeder, der diese Fassung nicht von mir erhält, soll mich entweder kontaktieren, um eine Erlaubnis einzuholen, oder die Datei gleich wieder löschen.

Alle Rechte an Terralt und diesem Buch liegen nämlich bei mir, Dirk Richter. Zu kontaktieren bin ich über: [email protected]

Wie bei so vielen Büchern, gilt auch bei dieser Reihe, dass jede wie auch immer geartete Ähnlichkeit der handelnden Personen zu lebenden oder toten Personen rein zufällig wäre.

Inhalt

Ungewollte Abreise

„Ich dachte eigentlich, Sie hätten das Rauchen aufgegeben, Herr Kommissar.“

Kommissar Ehrwald grunzte unwillig und wischte sich mit dem Ärmel seiner grauen Schlechtwetterjacke den Regen aus dem Gesicht. Wie er Herrn Koch von der Spurensicherung doch mochte. War es eigentlich zwangsläufig so, dass man so bissig wurde, wenn man immer als Erster an einem Tatort sein musste und akribisch alle Spuren sicherte? Was gab es hier schon groß zu sichern? Sie waren mitten im Wald am Ende eines Feldweges, auf dem sich rein rechtlich gar kein Auto befinden sollte. Ohne den Generator, der lautstark die beiden großen Scheinwerfer mit Strom versorgte, hätten sie jetzt schon im Dunkeln gestanden und von oben bestäubte sie jeder Windstoß, der durch die Bäume fuhr, mit einem feinen Regennebel. Der Herbststurm war ungewöhnlich kurz und heftig gewesen und hatte wahrscheinlich sowieso alles, was eine Spur hätte sein können, weggespült. Scheiße. Und dann war auch noch Samstagabend und er hatte Karten für die Oper. Seine Frau hatte ihn giftig angesehen, als sein Handy geklingelt hatte, aber was sollte er machen? Er hatte schließlich Bereitschaft.

„Haben Sie denn schon irgendetwas finden können, Herr Koch?“

Herr Koch schaute auf das immer noch leicht vor sich hinqualmende Auto, ein alter VW-Kombi, der ironischerweise den Gedenkstein gerammt hatte, den verzweifelte Eltern hier vor ein paar Jahren hingestellt hatten. Kommissar Ehrwald musste den Text gar nicht erst lesen. Vor fast fünf Jahren war er es gewesen, der den Fall Melanie Grohe geleitet hatte. Es war sein erster eigener Fall gewesen. Eine fast 20-jährige Studentin für Geschichte und Sinologie hatte sich im Sommer mit ein paar Kommilitonen genau an dieser Kreuzung verabredet und war nie angekommen. Dabei war sie sogar früher aus ihrer Studentenbude in der Bonner Südstadt aufgebrochen, weil sie mit dem Fahrrad hochfahren wollte. Das Fahrrad hatten sie dann schließlich gefunden. Es lehnte, soweit er sich noch erinnerte, genau an der großen Eiche, die jetzt in dem frühen Herbststurm einen großen Ast verloren hatte, der diesem Auto wohl zum Verhängnis geworden war. Und jetzt stand da dieses leicht vor sich hinschwelende Auto und von den Insassen fehlte jede Spur. Das Mädchen damals war auch einfach verschwunden.

Ein Windstoß rüttelte an der Eiche und ergoss eine Ansammlung von Regentropfen genau in den Nacken des Kommissars.

Herr Koch schüttelte bedauernd den Kopf. „Wer auch immer in dem Auto gesessen hat, scheint mit Sack und Pack verschwunden zu sein.“ Er hielt zwei dieser ominösen Plastikbeutel für Fundstücke hoch. „Wir haben die Autopapiere gefunden, nach denen das Auto auf eine Tabea G. zugelassen ist. Sie wohnt in Bonn - Bad Godesberg, irgendwo im Villenviertel, wenn ich mich nicht irre.“

„Das hier …“, damit hielt er die andere Tüte mit einem modernen, pinken Handy hoch, „das haben wir etwa zehn Meter von hier in diesem Feldweg gefunden. Es war sogar noch eingeschaltet und die letzte Nummer, die gewählt wurde, war eine Nummer aus dem Bonner Vorwahlbereich. Ich habe die Nummer aber natürlich nur anzeigen lassen und nicht gewählt.“

„Sonst nichts?“

Herr Koch schüttelte den Kopf. „Wir werden natürlich das Auto mit zum Präsidium nehmen, aber hier draußen habe ich keine großen Hoffnungen.“

Er sollte recht behalten. Alles, was sie herausfanden, reichte letztendlich nur für eine kleine Meldung in der Rubrik 'Lokales' im General Anzeiger.

‚Mutter mit drei Kindern im Wald nach Unfall verschwunden.

Am Samstag kam es, wohl infolge des kurzen Herbstgewitters, zu einem Unfall mitten im Wald oberhalb von Bonn-Kessenich. Ein herabfallender Ast führte dazu, dass das Fahrzeug von Frau G., die dort mit ihren drei Kindern unterwegs war, einen Gedenkstein rammte und fahruntüchtig liegen blieb. Von der Mutter und ihren Kindern fehlt seitdem jede Spur.

An ebendieser Stelle verschwand vor mehr als fünf Jahren schon einmal eine Person. Damals war es eine junge Studentin, zu deren Angedenken ihre Eltern den Gedenkstein errichten ließen.

Wie Herr Kommissar Ehrwald vom zuständigen Bonner Polizeipräsidium erklärte, werde davon ausgegangen, dass die elektrische Anlage des Autos defekt war. Von der Mutter und den drei Kindern fehle jedoch jede Spur. Sie hätten nirgends Hinweise gefunden, die auf ein Gewaltverbrechen hinweisen würden.‘

Nach fast zwei Wochen hatte Kommissar Ehrwald schon viele Puzzleteilchen zusammengetragen. Er wusste jetzt, dass in dem Auto die 45-jährige Tabea G. mit ihren drei Töchtern, der 7-jährigen Amanda, der 10-jährigen Natascha und der 13-jährigen Samantha, gesessen hatte. Nach Rückfragen bei dem geschiedenen Mann und dem Hausvermieter und der Untersuchung der Dachgeschosswohnung war herausgekommen, dass sie wohl für einen überraschenden Kurzurlaub losgefahren waren, aber das 'Warum' blieb genauso im Dunkel wie die Umstände ihres Verschwindens.

Der Exmann von Frau G. hatte wohl Zeter und Mordio geschrien und sich über die Inkompetenz von Kommissar Ehrwald und dem Team, das für diese Nachforschungen zuständig war, beschwert. Allerdings schien er sich nicht so wirklich intensiv um seine Töchter gekümmert zu haben, und als er dann alleine und laut rufend um die Stelle des mutmaßlichen Verschwindens herum durch den Wald streifte, führte das auch nur zu einer starken Erkältung. Hinweise zu den Mädchen fand er dort, wo es bei niedrigen Temperaturen und starkem Wind immer weiter regnete, nicht. Es gab Hinweise, dass auch finanzielle Probleme zu dieser spontanen Autotour geführt haben könnten und das erzeugte am Heiligenschein des entsetzten Vaters doch starke Kratzer.

Wie dem auch sei. Es ärgerte Kommissar Ehrwald entsetzlich, dass er einfach nicht mehr Hinweise finden konnte. Die Vier schienen sich einfach in Luft aufgelöst zu haben, genau wie fünf Jahre vor ihnen die Studentin.

Aber was geschah fast acht Stunden vorher wirklich? Zu diesem Zeitpunkt war die Mutter der drei Mädchen noch in ihrer Wohnung in einem schönen Vorort von Bonn - Bad Godesberg.

„Mutter, ich bin wieder zurück.“ Samantha war erfolgreich die enge Stiege zu ihrer Wohnung hochgestiegen. Erfolgreich, weil sie nicht über die wild herumstehenden Schuhe ihrer Schwestern gestolpert war, die den direkt unterhalb ihrer Wohnung liegenden Treppenabsatz strategisch so günstig – oder ungünstig – füllten, dass das Hochgehen eher einem Slalom glich. Das Haus hatte bestimmt schon glorreichere Zeiten erlebt, aber das war nun auch schon etwas länger her. Wie in solchen Häusern üblich, waren die Zimmer niedriger und kleiner, je höher man stieg, und sie wohnten direkt unter dem Dach, inklusive des Dachzimmers direkt im Dach. Ob da früher einmal die Bediensteten gewohnt hatten? Jetzt hatten die vier Weiber, wie sich scherzhaft gerne selbst nannten, dort ihr Zuhause und fühlten sich recht wohl. Es war warm und trocken und jedes der Mädchen hatte ein eigenes Zimmer, in das es sich zurückziehen konnte.

Es wäre schön gewesen, wenn ihr Vater noch da gewesen wäre, aber es gab schon gute Gründe dafür, dass er und ihre Mutter sich getrennt hatten. Nun verbrachten sie dann und wann ein Wochenende mit ihm und das reichte Samantha persönlich völlig. Es wäre schön gewesen, wenn ihre finanzielle Situation nicht so angespannt gewesen wäre. Irgendwie kriegten sie aber immer wieder die Kurve, auch wenn es bei Klassenfahrten häufig Probleme gab und die Urlaubsreisen sich auch nicht gerade mit denen vieler ihrer Schulkameraden messen konnten. Aber sie fühlten sich als Familie wohl und kamen sehr gut miteinander zurecht. Das war ihr das Wichtigste.

Es hatte ihr selbst viel geholfen, als sie sich entschlossen hatte, in der Gemeinde in einer Jugendgruppe mitzumachen, die die Patenschaft für eine Schule an der Elfenbeinküste übernommen hatte. Sie erhielten regelmäßig Berichte über die Situation in dieser Schule und der Kinder, die sie besuchten. Dagegen ging es ihnen ja wirklich blendend.

Samantha schloss die Tür auf und trat in den Flur. Waren ihre Schwestern noch nicht da? Es war so leise.

„Mutter?“

Sie lauschte. Was war das in der Küche? Sie zog ihre Jacke aus, hängte sie an einen der schon fast überfüllten Haken an der Haustür. Dann stellte ihre Tasche an dem Mauerstück zwischen ihrem Zimmer und dem ihrer mittleren Schwester Natascha ab, ehe sie sich umwandte und zur Küche ging. Die Tür war geschlossen und das alleine war schon seltsam. Vorsichtig drückte sie die Klinke hinunter und öffnete sie.

„Oh, hallo Samantha. Ich habe dich gar nicht kommen gehört.“ Samantha nahm gleichzeitig mehrere Sachen wahr. Ihre sonst so starke Mutter saß auf dem Stuhl am Kopfende des kleinen Tischs, an dem sie immer aßen, und sie hatte geweint. In den leicht zitternden Händen hielt sie einen Brief, der irgendwie hochoffiziell aussah. Irgendetwas stimmte hier überhaupt nicht!

„Was ist los?“

„Du erinnerst Dich doch, dass jemand das Haus von den Vorbesitzern gekauft hat?“

Samantha nickte stumm.

„Nun ... das hier“, und ihre Mutter schwenkte fast wütend den Brief, „ist jetzt ein Brief von diesen netten Leuten, in dem sie uns darüber informieren, dass sie uns zum nächstmöglichen Zeitpunkt kündigen, weil sie Eigenbedarf anmelden.“

„Frau Eberts hatte doch gesagt, dass wir hier auch weiterhin wohnen könnten, solange wir wollen.“ Samantha war ehrlich entsetzt, doch ihre Mutter zuckte nur erschöpft mit den Schultern.

„In dem Brief steht irgend so ein Blabla darüber, wie sehr sie 'diese neue Entwicklung' bedauern würde ...“ Sie schniefte und ihre Augen füllten sich wieder mit Tränen. „Ich weiß wirklich nicht, wie wir das schaffen sollen.“ Sie starrte auf den Brief, ohne auch nur ein Wort zu erkennen. „Jetzt, wo die Arbeit bei der Deutschen Telekom auch zu Ende ist.“

Samantha nickte traurig. „Wir bedauern es sehr, das Callcenter in Bonn schließen zu müssen, bieten ihnen aber gerne an, eine vergleichbare Tätigkeit in unserem Callcenter in Köln aufzunehmen“, zitierte sie den Kernsatz des Kündigungsschreibens von dem bisherigen Arbeitgeber ihrer Mutter. „Und dann kostet dich die Fahrt nach Köln fast die Hälfte des Lohnes. Die haben doch echt einen Schuss weg.“ Dieses Schreiben war vor fast einem Monat gekommen und jetzt schrieb ihre Mutter, wie wahrscheinlich alle aus dem Callcenter, eine Bewerbung nach der Nächsten.

„Vielleicht sollten wir ja nach Köln ziehen ...“, warf sie ein, doch ihre Mutter schüttelte nur den Kopf.

„.Und wenn wir gerade eingezogen sind, teilt mir die Telekom dann salbungsvoll mit, dass sie jetzt leider auch gezwungen sind, das Callcenter in Köln zu schließen, aber ich könnte doch, für dasselbe Geld gerne in ...“

„... Mönchengladbach weiterarbeiten“, schlug Samantha vor. „So lernen wir dann ganz Deutschland kennen.“

Ihre Mutter schüttelte leise lachend den Kopf und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. „Nein, Schatz. Das ist leider auch keine Lösung. Aber das mit der Wohnung ... Es tut mir leid, dass du das jetzt miterleben musst.“

„Rede keinen Unsinn, Mutter“, wehrte Samantha ab. „Die Kleinen verstehen es vielleicht noch nicht so, aber ich bin doch ...“

„... auch noch nicht ganz 14 und solltest dir nicht über so etwas Gedanken machen müssen“, vollendete ihre Mutter den Satz.

„Kommt Amanda heute eigentlich von alleine?“

„Oh Gott, Amanda! Die habe ich ja ganz vergessen!“ Hektisch wollte ihre Mutter aufspringen, doch Samantha hielt sie fest.

„Bleib sitzen, Ma. Ich hole sie von der Grundschule ab. Ist Natascha heute wieder bei ihrer Freundin in Ippendorf?“

Ihre Mutter nickte. „Ja. Connies Mutter hat beide von der Schule abgeholt.“

„Okay.“ Samantha zog sich wieder ihre Jacke an. „Ich bin gleich wieder da. Gibt es eigentlich von gestern noch Nudeln?“

„Du hast recht. Ich sollte da noch rasch etwas zaubern. Und: Danke.“

„Wofür?“

Samantha umarmte ihre Mutter und kletterte dann wieder die Stiege hinunter, während ihre Mutter vor dem Herd stand und grübelte, ohne den Topf mit den Nudeln wahrzunehmen. Was sollten sie bloß machen?!

---

Samantha schaute rasch auf ihre Armbanduhr, während sie die Treppe in ihrem Haus, das bald nicht mehr ihr Haus sein sollte, hinunterstieg. Wenn sie den Stundenplan ihrer kleinen Schwester richtig im Kopf hatte, musste die jetzt schon fast eine halbe Stunde gewartet haben. Sie holte ihr Handy heraus und wählte die Nummer vom Sekretariat. Sie war selbst schon auf diese Schule gegangen, die nur ein paar Straßen von ihrem Haus weg war.

„Hallo Frau Schneider. Ist meine kleine Schwester noch da?“

„Nein, nicht Natascha. Ich meine Amanda. Ja genau, die.“

„Ach, sie ist noch auf dem Spielplatz auf dem Hof. Könnten Sie ihr bitte sagen, dass ich in wenigen Minuten da bin und sie abhole? Vielen Dank, Frau Schneider.“

Samantha schloss ihr Handy wieder und öffnete die Haustür. Für so ein Handy war ein geschiedener Vater mit einem schlechten Gewissen dann ja wieder gut. Sie grinste und machte sich auf den Weg zur Schule.

Es ist eigentlich immer ungeschickt, über das Wetter zu reden, aber wenn es sich nicht ganz normal verhält, fällt es auch Menschen auf, die sonst nicht um ein Gesprächsthema verlegen sind. Samantha fiel beispielsweise auf, dass es drückender als schon normal üblich war und in dem Kessel, den die Hügelketten rechts und links des Rheins bildeten, war es im Sommer schon sehr oft ziemlich schwül. An den Wolken konnte man noch nichts erkennen, aber es roch bereits leicht nach Gewitter, auch wenn das jetzt noch eine Zeit weg war. Jedenfalls erreichte sie schon nach etwa fünf Minuten die Grundschule und fühlte sich bereits reif für eine herrlich kalte Dusche.

Sie durchschritt das Tor und betrat den Schulhof, auf dem ihre Schwester schon gelangweilt auf einer der Bänke saß und die Beine baumeln ließ.

„Hallo, Große. Das hat aber lange gedauert“, beschwerte sich die Erstklässlerin stirnrunzelnd.

„Hallo Knubbel“, erwiderte Samantha grinsend, genau wissend, dass ihre kleine Schwester jetzt hochgehen würde, wie eine Rakete.

Und wirklich verfinsterte sich das rundliche Gesicht sofort. „Du sollst mich nicht Knubbel nennen!“, beschwerte Amanda sich und stemmte ihre Hände in die Hüfte.

„Ist recht, ... Knubbel.“ Samantha nahm die Schultasche hoch, die vor Amanda auf dem Boden stand, und hängte sie sich über die Schulter. „Wie war es denn in der Schule?“

Sie hielt dem etwa 1,20 großen Energiebündel ihre Rechte hin, die diese geflissentlich übersah. „Solange du mich ‚Hmhm‘ nennst, sag ich gar nichts!“

„Ach, Amanda. Ich will dich doch nur etwas necken. Komm, lass uns gehen. Mutter hat das Essen bestimmt fertig, wenn wir ankommen.“

„Ich habe solchen Hunger, ich könnte einen Wolf essen“, stellte Amanda fest, die jetzt nicht gerade danach aussah, als würde sie verhungern. Das machte ihr auch immer Probleme mit anderen Kindern ihres Alters. Sie hatte eine Schönheit und Kraft, die nicht mit einem puppenhaften Äußeren verbunden waren, und wurde deswegen oft gehänselt. Samantha konnte ihr das nachfühlen. Auch sie entsprach nicht dem Schönheitsideal der Jungmädchenhefte. Zumindest beteiligte sie sich nicht genügend an den Wettbewerben um den Titel 'schönstes und dümmstes Girlie der Schule'.

„Weißt du denn eigentlich, was ein Wolf ist?“ Samantha winkte, ehe sie den Schulhof verließen, noch rasch Frau Schneider zu, die in ihrem Büro am Fenster stand und ihren Gruß lächelnd erwiderte.

„Nö, aber ich finde, das klingt irgendwie toll. Hat die Iris gesagt.“

„Ein Wolf ist ein Tier, das wie ein großer Hund aussieht und in Rudeln lebt, das sind Gruppen von Tieren.“

„Auch hier in Bonn?“

„Jetzt nicht mehr, aber früher gab es auch bei uns Wölfe und die Menschen hatten Angst vor ihnen.“

„Wieso? Wenn es nur Hunde sind, brauchen sie doch keine Angst haben?“

„Es sind aber wilde Hunde.“

„Trotzdem! Hunde sind lieb.“

„Na ich weiß ja nicht“, zweifelte Samantha. „Mich hat schon einmal einer gebissen.“

„Wirklich?“

Samantha nickte. „Ja. Da war ich nur etwas älter als du.“

„Muss schon lange her sein.“

„Stimmt. Ich bin ja auch schon so unendlich alt“, seufzte Samantha und knuffte ihre kleine Schwester.

---

Samanthas Vermutung stellte sich als richtig heraus. Als sie Zuhause ankamen – Amanda hatte ihr während des ganzen Weges jede Einzelheit erzählt, die sie heute erlebt hatte –, wirkte ihre Mutter schon viel ruhiger und das Essen dampfte in der Pfanne. Während sie die Wohnung betraten, war sie gerade am Telefonieren.

Samantha sah sie fragend an. Sie formte lautlos den Namen Michele und sie nickte. Also ihre Freunde aus einem der kleinen Dörfer, die zu Wachtberg gehörten. Sie hatten seit Kurzem auch drei Kinder und waren auch schon einmal zusammen im Urlaub gewesen. Sie fand Michele teilweise ziemlich bestimmend, aber insgesamt waren sie schon okay. Wenn sie jetzt vielleicht das Wochenende ...

„Michele fragt gerade, ob wir nicht vorbeikommen wollen“, unterbrach ihre Mutter ihren Gedankengang und Samantha musste grinsen.

„Das ist eine gute Idee“, erwiderte sie.

Ihre Mutter hielt wie zufällig eine Hand über die Hörmuschel und meinte leise: „Ich weiß nicht, ob ich jetzt auf die guten Ratschläge Lust habe.“

Samantha zuckte nur die Achseln. „Immer noch besser, als wenn uns hier die Decke auf den Kopf fällt.“

Ihre Mutter sah sie nachdenklich an.

„Fahren wir Baby gucken?“, warf Amanda ein und ihre Mutter nickte, während sie den Hörer wieder nahm. „Also es scheint danach auszusehen, dass dein Vorschlag einstimmig angenommen wird.“

„Das ist doch eine suuuuper Idee“, schwärmte Amanda. „Es ist doch schon Ewigkeiten her ...“

„Genauer gesagt drei Wochen“, fiel ihr Samantha grinsend ins Wort.

„Du bist ja sooo doof“, explodierte ihre Schwester.

Ihre Mutter hatte mittlerweile das Gespräch beendet und legte das Telefon auf den hohen Kühlschrank, damit es nicht in die Gefahr kam, dasselbe Ende zu finden wie das Letzte. Das lag nämlich ein paar Tage vorher auf dem Tisch, bis es eines der Mädchen aus Versehen herunterfegte. Es war bei einer Auseinandersetzung zwischen den beiden jüngeren Mädchen heruntergefallen und auch der gewiefteste Puzzlemeister hätte es nicht wieder zusammensetzen können.

Nach dem Mittagessen huschten alle drei Frauen mehr oder minder zielstrebig durch die kleine Wohnung und packten vier Taschen. Nataschas Tasche wurde natürlich auch schon gepackt und es entbrannte ein freundschaftlicher Kampf zwischen Amanda und Samantha. Amanda versuchte, eine sinnlose Sache nach der anderen in die Tasche ihrer Schwester zu schmuggeln und Samantha versuchte, zumeist erfolgreich, sie daran zu hindern.

„Sollen wir jetzt warten, bis Natascha wieder kommt?“, erkundigte sich Samantha schließlich bei ihrer Mutter.

Diese schüttelte den Kopf und rückte müde ihre Brille zurecht. „Wir können sie auch gleich bei ihrer Freundin abholen, wo wir jetzt schon einmal fertig sind.“

„Soll ich denn schon mal runter gehen und mit Amanda Fäga beschwören?“, fragte Samantha betont unschuldig und grinste dann.

„Nenne unser Auto nicht immer Fäga!“, rügte ihre Mutter sie halbherzig.

„Wieso denn nicht?“, beschwerte sich Samantha. „Mir ist 'Fällt gleich auseinander' einfach zu lang. Fäga hält dann vielleicht sogar aus Ärger noch weiterhin alle Einzelteile zusammen.“

Ihre Mutter schüttelte ergeben den Kopf. „Zieht eure Jacken an. Da draußen kann es abends immer recht kalt sein.“

„Soll ich meine Winterjacke vom Speicher holen?“, fragte Amanda hoffnungsvoll und Samantha lachte. „Na, so kalt wird es wohl nicht werden.“

Nachdem sich jede einen halben Stock tiefer ein paar Schuhe geholt hatte, polterten sie die Treppe hinunter. Die ältere Lady, die unter ihnen wohnte, war ja schon Kummer und Krach gewohnt und hatte jetzt sogar ein ganz ruhiges Wochenende vor sich. Aber das war eigentlich auch nicht gerecht. Schließlich kamen sie schon sehr gut miteinander aus und fuhren einmal pro Woche zu Aldi zum Einkaufen. Ob sie jetzt noch schlief? Schließlich hatte ihre Nachbarin ja schon einen recht seltsamen Lebensrhythmus.

Als sie bei ihrem alten Auto ankamen, öffnete Samantha die Beifahrertür wie immer, indem sie den Griff betätigte und die Tür gleichzeitig ruckartig nach oben riss. Jeder Dieb wäre an dieser Tür schier verzweifelt. Schließlich war auch Amanda in ihrem Kindersitz verstaut und Samantha und Amanda schienen beide inbrünstig zu beten, woraufhin Tabea Schwierigkeiten hatte, sich beim Schimpfen ein Grinsen zu verkneifen.

Zuerst gab das Auto nur eine Reihe von Lauten von sich, die von Geräuschen der Unwilligkeit bis hin zu echter Empörung reichten und Tabea merkte, dass ihr die Tränen in die Augen stiegen. Endlich bequemte sich Fäga, dann doch einmal anzuspringen.

Langsam ließen sie ihre Heimat hinter sich und bogen in die nächste kleine Straße ein, ihr bisheriges Leben hinter sich zurücklassend, was zu dem jetzigen Zeitpunkt aber noch niemand ahnen konnte.

---

Die Luft schien mittlerweile schwer auf den Häusern zu lasten und rührte sich kaum. Es war langsam so schwül, dass sich die Menschen wie durch heißes Wasser zu bewegen schienen.

„Wo wohnt Connie eigentlich?“, fragte Samantha.

„In Kessenich in der Kuhgasse 12“, antwortete Tabea und schaltete laut in einen niedrigeren Gang, ehe sie von einer stärker befahrenen Straße in ein reines Wohngebiet abbogen. „Es muss hier doch eigentlich gleich abgehen“, murmelte sie vor sich hin. Dann bog sie in eine noch kleinere Gasse am Fuße des Kottenforstes ab, wie die Hügelkette hier hieß, die sonst eher auf den Namen Vorgebirge hörte, auch wenn es dahinter gar kein Gebirge gab. Aber das hatte wahrscheinlich irgendwelche historischen Gründe.

Rechts und links fuhren sie an einigen schmucken Einfamilienhäusern vorbei, die auch schon bessere und stolzere Zeiten erlebt hatten, ehe sie schließlich vor einem hielten, das sich durch nichts von den anderen unterschied.

„Kuhgasse 12“, krähte Amanda vom Rücksitz. „Bauern und Hirtenhunde aussteigen.“

„Wie kommst Du denn jetzt auf so was?“, wunderte sich Samantha, während sich Tabea abschnallte und ausstieg.

„Ich bin gleich wieder da. Bitte lasst Fäga noch ein wenig heil“, meinte sie und wandte sich der grünen Haustür vor einem Haus zu, das auch schon gut 60 Jahre auf dem Buckel haben mochte.

„Siehst du, jetzt hat sie auch Fäga gesagt“, hörte sie ihre Jüngste triumphieren, während sie die drei Stufen zur Haustür hochging und klingelte.

Die Frau, die ihr öffnete, kannte sie nur von den Elterntagen in der Schule. Nach dem Austausch einiger belangloser Nettigkeiten hörte sie schon im Hintergrund ihre Tochter und es dauerte nur Augenblicke, bis diese mit ihrer Freundin neugierig aus dem ersten Stock herunterblickte.

„Hallo Mama“, meinte sie gleichermaßen erstaunt wie erfreut und kam dann die Treppe heruntergesprungen. „Was machst du denn hier?“

„Dich abholen, wenn du dich von Connie losreißen kannst“, erwiderte sie lächelnd. Natascha konnte einfach nicht eine Treppe damenhaft hinabschreiten. Dafür hatte die quirlige Neun-, fast Zehnjährige einfach zu viel Energie. Sie war die Tänzerin der Familie, schlank, mit braunen, schulterlangen Haaren und riesigen ausdrucksstarken Augen, die sie auch in ihrem zarten Alter schon perfekt einzusetzen verstand. „Wir wollen zu Michele fahren und dort auch übernachten.“

„Super Sache. Coole Idee.“, und sie wirbelte schon herum und stürmte die Treppe hoch. „Ich hole rasch meine Sachen.“

Die blonde Connie war zu ihrer Mutter getreten und diese legte ihr die Hand auf die Schulter. „Und sie haben drei von dieser Sorte?“

Tabea nickte stolz und deutete hinter sich. „Die anderen warten im Auto.“

Amanda und Samantha winkten herüber, während Natascha schon wieder die Treppe herunter gepoltert kam.

„Schon fertig?“

„Türlich“, meinte Natascha nur. „Tschüss Connie, auf Wiedersehen Frau Kamps.“

„Ein schönes Wochenende, Natascha“, wünschte Frau Kamps ihnen noch hinterher, während Natascha schon den Kofferraum öffnete und ihre Schultasche nur mit Mühe zwischen die Reisetaschen gequetscht bekam. Sich hinter dem Sitz ihrer Mutter auf der Rückbank niederlassend, fing sie sofort an, mit Amanda zu streiten.

„Manchmal bin ich ja schon froh, dass Michael mit seinen 16 Jahren doch schon viel älter ist“, meinte Frau Kamps noch.

„Ist es denn besser, wenn sie älter sind?“

Frau Kamps grinste und schüttelte den Kopf. „Nicht besser, sondern nur anders.“

Tabea ging zum Auto, trennte die beiden Streithähne auf dem Rücksitz, überprüfte den Sitz der Sicherheitsgurte und stieg selbst ein.

Als sie Fäga zu starten versuchte, taten jetzt alle drei Mädchen so, als würden sie Stoßgebete zum Himmel schicken. Sie wollte eigentlich schimpfen, merkte aber, wie ihr erneut die Tränen in die Augen stiegen. Was würde sie bloß ohne die Drei machen?

Als sie schließlich losfuhren, verdunkelte sich der Himmel von einer Minute zur nächsten. Dicke, fast schwarze Wolken zogen über ihnen zusammen und bäumten sich so perfekt aufeinander, bis die Sonne ausgesperrt wurde. Tabea hatte vorgehabt, am Fuße des Venusberges entlang zu fahren, bis sie schließlich den Einschnitt in Bad Godesberg erreichen würden, um dann in Richtung Wachtberg auf das Plateau abzubiegen. Soweit ein guter Plan. Von dem Unfall auf der Straße in Richtung Bad Godesberg konnte sie jedoch genauso wenig wissen wie von dem völlig entnervten Autofahrer hinter ihnen, der sie schon seit geraumer Zeit am liebsten überholt hätte. Doch da er keinen Panzer fuhr, der hätte über sie hinwegrollen können und der Gegenverkehr und die Enge der Straße ein normales Überholen unmöglich machten, schien er es darauf abgesehen zu haben, sein Auto in ihre Anhängerkupplung einzuklinken. Tabea wurde immer unruhiger und Angstschweiß bildete sich auf ihrer Stirn, während sie immer wieder in den Rückspiegel blickte. Dann fiel ihr Blick auf die Straße vor ihnen und das blaue Licht von gleich mehreren Kranken- und Polizeiwagen. Ein Beamter, der den Verkehr mit seiner Kelle daran hinderte, weiterzufahren, ließ nur einen Ausweg nach rechts offen.

Aus purer Verzweiflung und aus Angst vor dem Verkehrsrowdy hinter ihnen blinkte Tabea und bog entschlossen ab, auch wenn Samantha sie verwundert ansah.

„Meinst du, dass wir da durchkommen?“, zweifelte sie.

„Wir werden es versuchen“, erwiderte Tabea, froh darüber, dass der Fahrer hinter ihnen vor dem Polizisten ausgestiegen war und jetzt anfing, mit ihm zu streiten.

Die kleine Straße, durch die sie wirklich noch nie gefahren war, schlängelte sich den Abhang hoch und es tauchten immer mehr Bäume auf. Zur Rechten erhob sich eine alte Villa über einem kleinen Park mit niedrigen Bäumen und Sträuchern. Die ersten Regentropfen klatschten auf die Scheiben.

„Wieso habt ihr denn meinen MP3-Player nicht mitgenommen?“, beschwerte sich Natascha, doch Tabea überließ es Samantha, etwas darauf zu sagen. Sie konzentrierte sich auf den zum Glück immer noch geteerten Weg, der jetzt um eine Kurve führte. Die Wege hier oben waren für viele Freizeitbeschäftigungen hervorragend ausgestattet und gepflegt und nur die schmalen Wege für Fußgänger waren nicht asphaltiert. Windböen beugten die Bäume und der Regen prasselte mit einem Mal so stark auf das Dach des Autos, dass es sich anhörte, als würde ein wild gewordener Schlagzeuger versuchen, einen neuen Geschwindigkeitsrekord aufzustellen. Sie nahm kaum wahr, als das Auto unter einer hoch gelassenen Schranke hindurchfuhr. Was sie dagegen schon bemerkte, war die Tatsache, dass die Straße so schmal wurde, dass sie Mühe hatte, das Auto nicht rechts oder links in den kleinen Graben zu fahren. Außerdem wurde es so steil, dass Fäga empört aufheulte, als sie in einen anderen Gang schaltete.

Samantha sah ihre Mutter zweifelnd an, sagte aber nichts. Es hätte keinen Zweck gehabt. Nach einigen Metern hatten sie die Steigung hinter sich gebracht und der Weg führte jetzt fast ebenerdig und schnurgerade in den Wald hinein. Wenn sie nach Wachtberg wollten, mussten sie jetzt irgendwann nach links abbiegen, überlegte sich Tabea. Nach etwa 50 Metern ergab sich an einer Kreuzung von zwei Wegen so eine Möglichkeit und sie bogen links ab. Die Richtung müsste stimmen, auch wenn dieser Weg sonst wahrscheinlich ausschließlich von Radfahrern und Inlineskatern benutzt wurde, die hier oben bei gutem Wetter ‚Wanderer-Jagen‘ spielten. Die quietschenden Scheibenwischer waren fast nicht in der Lage, die Regenmassen zu bewältigen.

Plötzlich erhellte ein greller Blitz das Innere des Autos taghell, augenblicklich gefolgt von einem markerschütternden Donner, dem sofort ein weiterer Knall folgte. Ein Schatten schien aus einem Baum auf das Auto zu zustürzen.

Reflexartig riss Tabea das Steuer herum und wich dem Schatten aus, der dann als großer Ast nicht auf ihr Auto, sondern nur knapp seitlich davon auf den Weg knallte.

Sie wollte schon aufatmen, als sie alle plötzlich nach vorne geschleudert wurden und das Auto von einer Sekunde zur nächsten abrupt stehen blieb. Die Motorhaube hatte mit einem Mal eine seltsam gefaltete Form und ein dunkler, rechteckiger Schemen erhob sich davor und ragte einen halben Meter über die Haube hinaus.

Die Mädchen auf dem Rücksitz hatten aufgeschrien und Tabea drehte sich zu ihnen um. „Geht es euch gut, Mädchen?“

„Gut ist anders“, erwiderte Natascha und rieb sich den schmerzenden Hals dort, wo sich der Sicherheitsgurt ruckartig gestrafft hatte. „Das gibt bestimmt einen riesigen, blauen Fleck.“

Tabea atmete auf und drehte sich wieder nach vorne. Sie sah dabei Samantha kurz an, aber die nickte nur. Sie sah ziemlich blass aus, aber auch ihr schien nichts passiert zu sein.

Sie drehte den Autoschlüssel im Starter um, doch es passierte ... rein gar nichts.

Nicht das geringste Geräusch. Es gab noch nicht einmal einen Widerstand.

„Scheiße“, meinte Samantha.

„Samantha!“, ermahnte sie ihre Mutter fast wie unter einem Reflex.

„Und nun?“

Ihre Mutter war ratlos. Sie waren irgendwo im Wald und die Wahrscheinlichkeit, dass in naher Zukunft jemand vorbeikam, der ihnen würde helfen können, war schon mehr als gering.

„Was leuchtet da denn so gelb?“, ließ sich Amanda von hinten hören und deutete auf die Stelle, wo die Motorhaube am stärksten zusammengefaltet war.

„Oh Gott! Wir müssen sofort hier raus! Das Auto fängt an zu brennen“, stöhnte ihre Mutter entsetzt auf.

„Aber es regnet“, stellte Amanda empört fest.

„Wir haben den Unfall nicht so glimpflich überstanden, um jetzt mit dem Auto in die Luft zu fliegen“, erwiderte ihre Mutter und stieß die Fahrertür auf.

„Ist im Kofferraum nicht auch ein Feuerlöscher?", gab Samantha zu bedenken.

„Du hast recht. Aber dann müssen wir erst alle Taschen herausholen.“

Tabea musste sich schon fast von innen gegen die Tür stemmen, um sie überhaupt aufzubekommen. Sie schien sich auch noch mehr verzogen zu haben, als sie vorher schon gewesen war. Allmählich wurden die Flämmchen größer und schienen sich gegen die nun auch etwas nachlassenden Regenströme durchzusetzen, die am Auto herunterflossen.

Samantha vorzog ihr Gesicht, tat es aber ihrer Mutter gleich und stieg aus. Seltsamerweise ließ sich die Beifahrertür mit einem Mal sogar besser öffnen als vor dem Unfall. Sie gesellte sich zu ihrer Mutter, die gerade erfolglos versuchte, die Heckklappe aufzubekommen. Wäre es keine Limousine gewesen, wären sie wenigstens von innen an ihre Gepäckstücke gekommen. Samantha sah kurz den erfolglosen Bemühungen ihrer Mutter zu. Der Knopf rührte sich um keinen Millimeter. Sie blickte sich um, sah einen handgroßen Stein und hob ihn auf.

„Soll ich es mal versuchen?“

Tabea sah sie resigniert an und Samantha bemerkte, wie ihr die Tränen über die Wangen liefen, was im Regen erst gar nicht auffiel. Sie trat achselzuckend zurück, Samantha holte aus und ließ den Stein auf den klemmenden Knopf niedersausen. Er versank sofort und der Kofferraumdeckel hob sich quietschend. Wortlos hoben sie eine Tasche nach der anderen heraus und legten sie in das nasse Gras.

„Da ist er“, meinte Samantha schließlich erleichtert und hob den Handfeuerlöscher heraus. „Wie funktioniert so ein Teil eigentlich?“

„Da ist, glaube ich, vorne eine Plombe dran, die erst abgemacht werden muss. Dann kann man den Handhebel drücken und der Lösch-was-auch-immer kommt heraus.“

„Der was?“

„Ich kann mich nicht mehr erinnern, ob es Schaum, oder was sonst auch immer ist.“

„Ist ja eigentlich jetzt auch egal.“

Sie gingen um das Auto nach vorne, wo ein Stein, der fast wie ein Grabstein aussah, unnatürlich aus dem Auto herauszuwachsen schien und Samantha betätigte den Griff. Ein enthusiastischer Strahl weißen Schaums schoss aus der Spitze, verlor aber schon nach kürzester Zeit jeden Enthusiasmus und tröpfelte dann nur noch. Die Flammen waren wohl aus, aber jetzt fing es an zu qualmen und der Qualm schien nun auch einen Weg ins Wageninnere zu finden.

„Mama“, schrie Amanda entsetzt und Ihre Mutter seufzte und öffnete die hintere Tür.

„Da müsst ihr jetzt wohl auch hinaus in den Regen“, erklärte sie bedauernd.

„Aber der ist nass!“, beschwerte sich Natascha und runzelte die Stirn.

„Das eh... stimmt“, bejahte ihre Mutter und zuckte bedauernd mit den Schultern. „Ich würde ihn ja gerne für dich erst trocken reiben, aber leider haben wir kein Handtuch mit.“

„Dann kann man wohl nichts machen“, hustend folgte sie ihrer kleinen Schwester nach draußen.

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Während sie sich hinter dem Auto trafen, hatten die Rauchschwaden das Innere des Autos fast vollständig erobert.

„Und was machen wir nun?“, fragte Samantha.

„Vielleicht können wir einfach Michele anrufen und ihr Mann kann kommen und Fäga reparieren?“, schlug Natascha vor.

„Natürlich! Warum habe ich nicht selbst daran gedacht“, pflichtete Ihre Mutter ihr bei. „Hast du nicht dein Handy immer dabei?“

„Klar doch.“ Natascha kramte in ihrer Hosentasche, während Samantha auch das ihre zückte. Beide suchten die Nummer aus dem Adressbuch heraus. Samantha wartete aber mit dem Wählen. Schließlich hatte ihre Schwester ja die Idee gehabt. Damit gebührte ihr die Ehre.

Natascha wählte und lauschte dann angestrengt. „Das wählt die Nummer, aber rauscht dann nur“, stellte sie enttäuscht fest.

Nun versuchte es auch Samantha. Ihr neueres, pinkes Handy hatte erfahrungsgemäß einen besseren Empfang. Sie stellte auf Mithören. So hörten alle, wie nur lautes Kratzen und Rauschen erklangen, auch wenn das Display behauptete, das eine Verbindung zustande gekommen sei. Mit viel Fantasie konnte man im Hintergrund sogar leise die Stimme von Michele hören. Sie brach jedoch sofort ab und die Verbindung erstarb ganz. Enttäuscht schob sie es wieder zusammen und steckte es in ihre Hosentasche.

„Das war dann wohl nichts. Also zu Plan B“, meinte ihre Mutter.

„Und der lautet?“

„Jede nimmt ihren Rucksack oder Tasche und wir versuchen, die Zivilisation zu erreichen.“

„Jetzt müssen wir durch den Regen latschen, aber zu dem Zeltlager der Gemeinde durfte ich nicht mit“, stellte Natascha schmollend fest.

„Vielleicht überlege ich es mir ja noch mal, wenn wir die nächsten Häuser erreichen und du dann noch nicht gemault haben solltest.“

Amanda und Samantha hatten beide einen Rucksack, der ganz gut zu schultern war. Nur Natascha und ihre Mutter mussten ihre großen Taschen an langen Riemen quer über die Schulter legen. Samantha half Natascha grinsend, als diese unter dem Gewicht nach hinten zu kippen drohte.

„Mein Gott, was ist da alles drin? Habt ihr denn alle meine Sachen eingepackt?“, beschwerte sie sich.

„Amanda hat es versucht, aber ich habe es, glaube ich, verhindert.“

„Glaubst du?“

Samantha grinste sie an und wandte sich dann an ihre Mutter. „Und wohin nun?“

Tabea sah sich ein wenig hilflos um und versuchte sich zu orientieren. „Den gleichen Weg zu nehmen, den wir gerade gefahren sind, wäre ziemlich sinnlos, da wir hier oben schon ein ganzes Stück gefahren sind.“ Sie sah sich um und erblickte einen Weg, der irgendwie einladend wirkte. „Der müsste uns jetzt eigentlich am schnellsten wieder aus dem Wald bringen.“

„So folgen wir denn diesem schönen Pfad. Warst du eigentlich jemals bei den Pfadfindern?“

„Ich kann diese Tasche aber nicht auch noch nehmen!“, beschwerte sich Amanda, als sie versuchte, ihre zweite Tasche anzuheben und dabei zu straucheln drohte.

„Was hast du denn da drin? Steine?“, neckte sie Samantha, als sie versuchte, die Tasche anzuheben.

„Nein. Nur meine Barbie und die beiden neuen Bilderbücher und die Buntstifte und ...“, zählte Amanda schmollend auf.

„Ist schon gut, Amanda. Ich nehme sie ja“, unterbrach sie Samantha und sie gingen los.

Als Samantha sich noch einmal umsah, schienen ihr die leichten Rauchfahnen, die aus Fäga aufstiegen noch einmal zu zuwinken.

„Machs gut, Fäga. Wir holen dich so bald wie möglich wieder hier ab.“

Damit drehte sie sich um und folgte ihren Schwestern. Wenigstens hatte der Regen etwas nachgelassen. Sie musste aufpassen, wohin sie trat. Der Weg hatte ziemliche Rillen, in denen man sich leicht den Fuß umknicken konnte. Was mochte ihre Schwester bloß in diese Tasche gepackt haben? Sie war wirklich so schwer, als wären Steine darin. Mit einem Mal wurde ihr plötzlich schwindelig und sie sah zu ihren Geschwistern und ihrer Mutter hoch. Drehte sie jetzt völlig durch oder sahen die plötzlich wirklich verschwommen aus? Aber sie waren doch nur höchsten drei oder vier Meter vor ihr? Es dröhnte in ihren Ohren und der Schwindel nahm zu und ließ sie kurz innehalten. Was war da los?

„Mama! Ich fühle mich so komisch!“, hörte sie Amanda jammern.

Mit einem Mal war es auch so seltsam still. Außer ihren Atemgeräuschen und den Geräuschen, die ihre Schwestern machten, als sie sich langsam auf dem unebenen Weg vorkämpften, war es vollkommen still, so als würde sie durch Watte laufen. Sie bekam einen Druck auf den Ohren und schluckte instinktiv, um ihre Ohren wieder freizubekommen.

Urplötzlich war der Druck weg. Sie konnte nun auch ihre Schwestern und ihre Mutter wieder klar und deutlich sehen und begann, auch wieder Geräusche zu hören. Verwundert schüttelte sie den Kopf. Was war das denn gewesen?

Unbeirrt kämpften sie sich auf dem recht unwegsamen Gelände vorwärts. Irritiert stellte Samantha plötzlich fest, dass es mit einem Mal gar nicht mehr regnete. Was noch weit irritierender war: Es sah auch gar nicht mehr danach aus, als hätte es hier überhaupt geregnet. Alles wirkte, ja, irgendwie 'anders'. Es roch anders und viel intensiver nach Wald und Kräutern. Die Bäume wirkten viel höher und dichter und es war gleichzeitig lauter und leiser. Samantha brauchte einige Augenblicke, bis sie diesen Eindruck genauer bestimmen konnte. Es fehlte ein Hintergrundrauschen und zur gleichen Zeit schienen die Geräusche des Waldes viel lauter und vielfältiger zu sein.

Was war da los?

Ehe sie ihre Überlegungen weiter verfolgen konnte, hörte sie ihre Schwester Natascha mit einem Mal „Mir ist so schlecht!“ wispern und sie sackte einfach in sich zusammen.

„Natascha!", rief ihre Mutter und war sofort bei ihr. „Was hast du, Kleines!“

Auch Samantha war erschrocken. Natürlich kannte sie das bei ihrer Schwester im Prinzip schon. Sie aß und trank häufig zu wenig und ihr wurde dann regelmäßig schwindelig. Aber jetzt sah sie wirklich schrecklich elend und so blass aus, dass sich ihre Gesichtsfarbe nicht wesentlich von der ihres weißen T-Shirts unterschied. Natascha lag rechts neben den Spurrillen des Weges und lehnte sich gegen ihre Tasche, sich die Hände an den Kopf pressend.

„Warte ...“ Ihre Mutter kramte in ihrer Handtasche, die eher die Ausmaße einer ausgewachsenen Tasche hatte, und förderte eine 0,5-Liter-Wasserflasche hervor. Sie öffnete den Plastikverschluss und hielt die Flasche ihrer Tochter hin, die diese dankbar ergriff. Dann versenkte sie sich wieder in den Untiefen der Tasche und hatte in kurzer Zeit das Gesuchte auch wirklich gefunden. Sie öffnete die Packung und drückte eine Kopfschmerztablette aus der Plastikverpackung. „... und die nimmst du jetzt auch noch“, befahl sie.

Natascha steckte sie sich gehorsam in den Mund und spülte mit einem großen Schluck Mineralwasser aus der Flasche nach.

„Wo ist denn der Weg hin?“, hörte sie auf einmal ihre Jüngste verdutzt fragen.

„Was meinst du ...“ Tabea verstummte, als auch sie sich in die Richtung wandte, aus der sie gerade gekommen waren.

Der Weg war tatsächlich verschwunden. Die Kreuzung mit ihrem Auto war auf jeden Fall nicht mehr zu sehen. Es gab nur noch einen Weg mit zwei tiefen Spurrillen, der schnurgerade in den Wald zeigte.

„Wo ist denn Fäga?“, sprach ihre Tochter Samantha dann auch die Frage aus, die sie mit einem Mal beschäftigte.

„Ich weiß es nicht“, gestand ihre Mutter, deren Kopf auch dröhnte, als würde eine jamaikanische Steeldrumband darin wie wild auf ihren Ölfässern herumtrommeln. Sie nahm sich auch eine der Kopfschmerztabletten und ließ sich die Flasche von Natascha geben.

„Was sollen wir jetzt machen?“, fragte ihre Tochter und Tabea fühlte wieder Tränen aufwallen.

„Verdammt! Woher soll ich das denn wissen?“, schrie es in ihrem Kopf, aber das konnte sie jetzt nun wirklich nicht so hinauslassen. Sie war schließlich die Mutter und musste die Entscheidungen treffen. Das war schon immer so gewesen. Die einzige größere Entscheidung, die ihr Ex-Mann getroffen hatte, war damals die, um sie zu werben ... und sie hatte ihm vertraut und angebissen. Wie hatte sie damals nur so blind sein können!

So zuckte sie nur leicht mit den Achseln und erklärte ruhig: „Viele Möglichkeiten haben wir da ja nicht. Wenn es Natascha wieder besser geht, werden wir wohl oder übel weitergehen müssen. Wo auch immer dieser Weg hinführt, er führt irgendwohin, wo Menschen sind. Und dann müssen wir einfach weiter sehen.“

Samantha sah sie nur nachdenklich an und nickte dann.

„Da, Mutti“, stand plötzlich ihre Jüngste vor Tabea und hielt ihr ein paar leuchtende Blumen hin, die sie offensichtlich gerade gepflückt hatte. Tabea warf Samantha rasch einen Blick zu, um zu verhindern, dass diese darauf hinwies, dass die Blumen wahrscheinlich nicht mehr bis zur nächsten Vase überleben würden, und drückte Amanda an sich.

„Danke, Amanda. Das ist sehr lieb von dir.“

Amanda strahlte.

Eigentlich war es ja recht erholsam, hier einfach nur zu sitzen, sich die Sonne ins Gesicht scheinen zu lassen und dem Vogelgezwitscher und den anderen Geräuschen zu lauschen, die um sie herum wogten. Auch Nataschas Gesichtsfarbe sah jetzt wieder um einiges gesünder aus und sie lächelte schwach, als sich ihr Blick mit dem ihrer Mutter kreuzte.

„Na, Spatz? Geht es jetzt wieder?“

„Ja, Ma, aber du hast nicht zufällig noch irgendetwas Süßes in deiner Wundertasche?“

Tabea überlegte kurz und schüttelte dann bedauernd den Kopf.

„Seit unserem Besuch in der Rheinaue vorigen Sonntag habe ich leider nichts mehr hineingetan. Alles, was ich da drin hatte, habe ich euch damals schon gegeben.“

„War ja nur eine Frage.“ Testweise stand Natascha leicht schwankend auf, nachdem sie sich erst einmal vom Riemen ihrer Tasche befreit hatte. „Sollen wir wieder weiter?“

„Meinst du, es geht wieder?“

Natascha nickte nicht übermäßig enthusiastisch.

„Na dann ...“

Sie half Natascha noch, wieder ihre Tasche zu schultern und ließ dann die beiden jungen Mädchen wieder vorausgehen, ehe sie mit Samantha wortlos folgte.

Ihre Gedanken waren dabei ähnlich wie die ihrer fast 14-jährigen Tochter. Natürlich fielen auch ihr die Ungereimtheiten um sie herum auf. Das fing schon mit den Blumen in ihrer Hand an. Vom Sehen erkannte sie zwei oder drei, doch auch diese Exemplare waren größer und ihre Farben satter und leuchtender, als sie sie in Erinnerung hatte. Nach wenigen Minuten beschrieb der Weg eine leichte Rechtskurve und sie standen unvermittelt am Rande einer fast kreisrunden Wiese, in deren Mitte ein riesiger Walnussbaum stand. Das alleine war schon überraschend, da sich Tabea beim besten Willen nicht daran erinnern konnte, jemals einen so großen Walnussbaum gesehen zu haben.

Aber noch überraschender waren die beiden Menschen, die ersten, die sie zu Gesicht bekommen hatten, ehe sie mit dem Auto in den Wald eingebogen waren, die im Schatten des Baumes auf ein paar großen Decken auf dem Boden saßen. Genauer gesagt 'saß' eigentlich nur der wohlbeleibte Mann mit dem grau melierten Bart, während die Frau mit den langen, wallenden, braunen Haaren eine Art Kissen unter ihrem Kopf zu haben schien und schlief.

Ebenso seltsam war die Tatsache, dass alles für ein Picknick von mindestens sechs Personen vorbereitet zu sein schien. Das konnte man aus der Anzahl der Sitzplätze auf den ausgelegten Decken und dem vorbereiteten, sehr derben Geschirr schließen. Um dem Ganzen dann noch ein i-Tüpfelchen auszusetzen, waren die beiden Wartenden sehr ungewöhnlich gekleidet. Das letzte Mal, dass sie solche Kleidung gesehen hatte, war bei einem Bericht über ein mittelalterliches Sommerfest gewesen. Alles sah nicht ganz stilecht aus und man konnte Ansätze von Modernität erkennen, wie Knöpfe wie bei Jeansjacken und Schnitte, die an Sweatshirts angelehnt zu sein schienen. Nur der Stoff. Ihm fehlte das Bunte moderner Stoffe und er sah auch eher aus, als wäre er an langen Winterabenden auf altmodischen Webstühlen entstanden.

Der Mann hob den Kopf, als sie die Wiese erreichten, und lächelte sie an.

„Es tut mir leid, wenn ich Sie jetzt so einfach ansprechen muss, aber es gibt leider keine Möglichkeit, euch mit einfachen und wenigen Worten zu erklären, was gerade passiert ist. Und Mara hier hat euer Übergang zu sehr angestrengt, als dass sie mir dabei helfen könnte“, erklärte er ruhig und bei Tabea gingen sämtliche Warnleuchten an. „Ich kann nur an Ihre Auffassungsgabe appellieren und hoffen, Sie wenigstens zum Nachdenken zu bringen.“

„Was wollen Sie von uns?“ Tabea trat ein paar Schritte vor und stellte sich vor ihre Mädchen.

„Nicht von euch, sondern für euch“, verbesserte der Mann, machte aber keine Anstalten, sich in irgendeiner Art und Weise aufzurichten. Er blieb einfach sitzen und zeigte mit seiner Rechten einladend auf die vorbereiteten Plätze.

„Ich verstehe nicht. Können Sie mir vielleicht sagen, wie weit es noch nach Bad Godesberg ist?“

Der Mann sah sie kurze Zeit an und antwortete dann auf eine Art, die Tabea zutiefst verwirrte.

„Es wären vielleicht etwa fünf Kilometer, wenn Bonn - Bad Godesberg nicht zur gleichen Zeit unerreichbar weit weg wäre.“

„Sind Sie verrückt?“, erkundigte sich Natascha und Tabea sah sie erschrocken an.

Der Mann lachte leise vor sich hin und beugte sich vor, um einen ledernen Rucksack zu sich herüberzuholen. Er hielt inne, als er sah, wie Tabea alarmiert zusammenzuckte. „Keine Angst. Ich möchte Ihnen nur zwei Karten herausholen. Bitte entschuldigen Sie die Ungenauigkeiten, aber ich habe beide per Hand angefertigt und die von Terra musste ich aus dem Kopf anfertigen.“ Er öffnete den Verschluss, der aus einer Schnalle und einem Stück Holz mit einer Öse zu bestehen schien.

„Während ich das vorbereite, möchte ich Ihnen nur ein paar Fragen stellen, über die Sie bitte einen Moment nachdenken sollten.“

Die seltsame Frau begann mit einem Mal, sich stöhnend zu bewegen, schlug die Augen auf, fasste sich mit der Hand an den Kopf und stöhnte ein weiteres Mal. Sie sprach etwas, aber Tabea konnte nichts verstehen. Nein, das stimmte nicht ganz. Es war, als würde sie Bruchstücke erkennen, auch wenn sie ganz sicher war, dass sie diese Sprache überhaupt kannte.

Der Mann erwiderte etwas ebenso Unverständliches und deutete dann mit einer Handbewegung in die Richtung der Vier, die immer noch wie angewurzelt am Rand der Lichtung standen. Die Mädchen schauten erwartungsvoll auf die beiden Erwachsenen auf den Decken und dann wieder zu ihrer Mutter und warteten ab.

„Willkommen auf Terralt“, sprach die Frau mit einem sehr starken Akzent und ganz langsam und verstummte dann lächelnd.

„Da ich nicht weiß, wie Ihr Übergang war und meiner und der meiner Frau schon fast vier Jahre zurückliegt, kann ich einige Dinge nur mutmaßen“, begann er.

„Also hier die Fragen. Wieso ist das Wetter von einen auf den anderen Moment komplett anders? Wieso riecht es mit einem Mal vollkommen anders? Warum haben Sie plötzlich Kopfschmerzen? Warum ist der asphaltierte Weg verschwunden? Wieso kommt die Sonne aus einer anderen Richtung? Das Letzte ist übrigens ein Schuss ins Blaue. Häufig kommt es beim Übergang von Terra nach Terralt zu einer örtlichen Verschiebung, aber nicht immer. Wo war ich? Ach ja. Warum ist Ihr Handy wie tot und auch der Radioteil bringt nur statisches Rauschen?“ Während er die Fragen stellte, hatte er erst eine, dann eine zweite, seltsam aussehende Karte auseinandergefaltet und legte sie vorsichtig und so weit weg, wie er konnte, auf eine der Decken.

„Mama, der Mann hat recht“, meldete sich Samantha erstaunt, aber Tabea schnitt ihr das Wort ab.

„Was soll das?“, wiederholte Tabea ihre Frage.

„Lesen Sie?“, entgegnete der Mann statt einer Antwort und Tabea runzelte die Stirn.

„Wie meinen Sie das?“

„Science-Fiction-Romane, Fantasyromane und Ähnliches“, spezifizierte der Mann und Tabea schüttelte den Kopf.

„Selten“, gab sie zu verstehen.

„Ist Ihnen schon einmal das Thema von Parallelwelten untergekommen?“, bohrte der Mann weiter.

Tabea hob nur eine Augenbraue und nickte.

„Sie sind nicht mehr auf der Erde, sondern auf einer Parallelwelt, die den Namen Terralt trägt und sich recht gewaltig von der Erde unterscheidet, auch wenn man es auf den ersten Blick kaum sieht.“ Er hob seine Hand, als Tabea ihm ins Wort fallen wollte.

Während des Austausches zwischen Tabea und dem Mann hatten sich die Mädchen kurz wortlos verständigt. Natascha hatte enttäuscht feststellen müssen, dass sie ihr Handy wohl verloren hatte. Samantha dagegen holte ihr pinkes Wunder aus der Hosentasche und versuchte die Nummer von Michele zu wählen, doch das Handy meldete ihr, dass es keinen Anbieter gefunden hätte. Überhaupt keinen! Sie wechselte ins Hauptmenü und startete das Radio, aber ohne Erfolg. Eigentlich hatte sie den Lokalsender eingestellt, den sie erfahrungsgemäß immer erreichen konnte, doch der kleine Lautsprecher gab nur Rauschen von sich.

„Mama“, meinte sie ängstlich zu ihrer Mutter, die sich nur widerwillig zu ihr umdrehte.

„Der Mann scheint recht zu haben. Da stimmt etwas nicht!“ In ihrer Stimme schwang Panik mit.

„Wie kann ich Ihnen das denn glauben?“, meinte Tabea in Richtung des Mannes.

„Es fällt schwer und ich möchte Ihnen nur anbieten, sich zu uns zu setzen, sich etwas auszuruhen, etwas zu trinken und etwas zu essen ... und darauf zu warten, dass die Kopfschmerzen verschwinden und die Magie des Übergangs ihre Arbeit beendet.“ Wieder hinderte er sie mit einer Handbewegung am Sprechen. „Bitte glauben Sie mir. Wir möchten Ihnen nur helfen und auch ich konnte das, was ich Ihnen jetzt erklärt habe, vor vier Jahren selbst nicht glauben.“

Tabea musterte den Mann, konnte aber nichts an ihm entdecken, was ihre Mutterschutzinstinkte ausgelöst hätte. Bis auf ihren Ex-Mann hatte ihr Gefühl sie bisher noch nie betrogen.

„Mama, ich habe Hunger“, ließ sich jetzt Amanda vernehmen und der Mann lachte mit einem Mal schallend los.

„Das Gefühl kenne ich“, meinte er lachend und damit war das Eis gebrochen. „Bitte schauen Sie sich doch einmal die Karten an. Ich würde gerne erfahren, woher Sie kommen. Mein Name ist übrigens WiseGuy an Anlehnung an eine Acapella - Gruppe aus Köln, die ich auf Terra sehr gemocht habe und weil es nicht so schlecht klingt, wie 'Besserwisser'."Die Mädchen grinsten den Mann an. Der war irgendwie komisch.

„Und das ist Mara, im Augenblick die einzige anwesende hundertprozentige Terraltlerin und gleichzeitig eine magisch Begabte, zu deren Aufgaben es gehört, das magische Portal zu bewachen, durch das Sie diese Welt betreten haben.“

„Sie geben mit Ihren seltsamen Behauptungen wohl nicht auf“, stellte Tabea stirnrunzelnd fest, näherte sich aber mit den Mädchen dem einladenden Picknickplatz.

WiseGuy grinste nur entschuldigend. „Was soll ich dazu schon sagen. Die Wirklichkeit wird Sie so oder so einholen. Ich kann nur versuchen, euch den Übergang so einfach wie möglich zu machen.“

Samantha hatte sich neugierig den beiden etwa DIN-A3 großen, handgemalten Karten genähert und starrte stirnrunzelnd darauf.

„Wo sind wir jetzt?", fragte sie.

WiseGuy holte die eine Karte kurz zu sich heran, blickte darauf und tippte dann auf eine Stelle in dem Gebiet, wo eigentlich Bonn - Ippendorf liegen sollte.

„Aber ... hier müssten doch überall Häuser sein?“, stellte Natascha verwundert fest.

„Wie kommen wir denn wieder zurück?“, erkundigte sie sich und sah WiseGuy fast flehentlich an.

„Es tut mir leid, wie heißt du eigentlich?“

„Natascha.“

„Also, noch einmal. Es tut mir sehr leid, Natascha, aber diese Portale zwischen der Erde und Terralt sind leider Einbahnstraßen.“

„Herr WiseGuy ...“, fragte jetzt Samantha.

„WiseGuy reicht völlig“, unterbrach sie der Mann und grinste sie wieder verschmitzt an.

„Also gut, WiseGuy, kennen Sie zufällig eine Melanie Grohe?“, fragte sie und ihre Mutter sah sie erstaunt an.

WiseGuy überlegte kurz und nickte dann. „Eine für meinen Geschmack viel zu dünne Frau mit einem blonden Pagenschnitt, so um die 25 Jahre, die so etwa ein Jahr vor meiner Frau und mir nach Terralt gekommen ist und jetzt in der Klosterschule arbeitet. Ich weiß leider nicht mehr, welches Fach sie in Bonn studiert hat, aber sie muss wohl eine sehr gute Studentin gewesen sein, ehe es sie nach Terralt verschlagen hat. Wieso fragst du? Wie ist eigentlich dein Name?“

„Samantha. Mutter hat unser Auto gegen so einen großen Stein gefahren, der neben dem Spazierweg stand und ich habe noch einen Blick darauf geworfen, ehe wir dann losgegangen sind. Es war ein Gedenkstein für eine Melanie Grohe, die vor fünf Jahren an dieser Stelle spurlos verschwunden sei.“

„Mein Gott, dann stimmt ja vielleicht alles“, entfuhr es Tabea und sie setzte sich auf die Decke gegenüber von WiseGuy und Mara. „Aber dann ...“ Ihre Stimme brach und Tränen stiegen ihr in die Augen.

„Essen und trinken sie doch erst etwas“, meldete sich Mara und Tabea sah sie überrascht an.

„Aber ich dachte, sie könnten unsere Sprache gar nicht sprechen?“

„Das stimmt auch. Ich finde alleine die Vorstellung, mehr als nur eine Sprache zu haben, erschreckend.“ WiseGuy hielt Tabea eine Schale mit Obst hin und diese nahm sich, eigentlich ohne es zu bemerken, einen Apfel und biss gedankenverloren hinein, ihren Blick nicht von Mara abwendend. „Sie haben es auf Terra geschafft, dass das meiste an magischer Energie, was es ursprünglich gegeben hat, hier nach Terralt geflüchtet ist. Eine Auswirkung davon ist die Tatsache, dass hier jeder jeden verstehen kann, egal, woher er kommt, aber diese Magie braucht einige Zeit, ehe sie bei jedem zu wirken anfängt.“

„Das heißt also, nicht sie sprechen jetzt auf einmal besser, sondern wir verstehen sie jetzt besser und sprechen auch plötzlich, was auch immer sie hier sprechen?“, mutmaßte Tabea und Mara nickte.

„Das ist alles nur sehr schwer zu glauben“, stellte Tabea fest und biss wieder in den Apfel, hielt plötzlich inne und musterte ihn erstaunt. „Der schmeckt ja köstlich! Eigentlich mag ich gar keine Äpfel.“

„Magischer Anbau von Obst toppt die biologische Anbauweise eben noch um Längen“, scherzte WiseGuy.

Das, was Tabea bei dem Apfel schon aufgefallen war, zog sich wie ein roter Faden durch alles, was WiseGuy und Mara zum Picknick mitgebracht hatten. Egal, ob es sich um das Brot handelte oder den Käse oder den Schinken oder die Milch oder, oder, oder ... Alles schmeckte vollkommen anders als das, was Tabea und die Mädchen gewöhnt waren. Egal, ob dieser WiseGuy sie vielleicht nur veräppelte und in Wirklichkeit irgendwo eine versteckte Kamera vor sich hinsurrte, die Mädchen griffen herzhaft zu. Besonders, nachdem auch Mara und WiseGuy sich von den mitgebrachten Dingen selbst bedienten. Sogar das Wasser, das in einem großen Steinkrug mitgebracht worden war, schmeckte besser als jedes noch so prämierte Edelwasser, das Tabea bisher gekostet hatte.

Sie müssten jetzt eigentlich frühen Abend haben, stellte Tabea fest und blickte auf ihre Digitaluhr. Zu ihrem eigenen Erstaunen schien die noch tadellos zu funktionieren. 18:23 Uhr zeigte sie pflichtbewusst an. So ganz konnte Tabea noch nicht glauben, was diese netten, aber auch seltsamen Menschen da erzählten.

„Wenn ich jetzt einmal annehme, dass zumindest etwas von dem, was Sie erzählt haben, der Wahrheit entspricht, drängt sich mir natürlich eine Frage auf: Wie geht es Ihrer Meinung nach weiter?“ Sie biss in das zugegeben außergewöhnlich gut schmeckende Brot, das dick mit Butter und einem sehr würzigen Käse belegt war, und trank dann einen tiefen Schluck aus ihrem Wasserbecher. Sollte diese Mara wirklich schauspielern, was ihre anfängliche Sprachschwierigkeit anbelangte, dann war sie eine bewundernswerte Schauspielerin.

„Wie kann ich Sie nur davon überzeugen, dass wir die Wahrheit sagen?“, fragte WiseGuy nach und Tabea sah ihn erstaunt an. Der Grund war nicht das, was er gesagt hatte, sondern wie. Es klang irgendwie vollkommen falsch, auch wenn sie es verstand. Nun sah er sie erwartungsvoll an und grinste dabei schelmisch.

„Was ... ich verstehe das nicht ...“ Tabea brach ab.

„Mara versteht es noch weniger“, fuhr WiseGuy fort und deutete auf Mara, die ihn irritiert ansah. Mehr sagte er erst nicht.

„Aber ... was ...“

„Er hat Deutsch gesprochen“, verstand Samantha mit einem Mal und WiseGuy nickte.

„Versuchen Sie es auch einmal.“

„Sie ...“ Irgendwie wollte es ihr nicht gelingen. Es fühlte sich so unwahrscheinlich falsch an.

Verwirrt sah sie ihn an.

„Ich muss mich bei Ihnen entschuldigen“, gab WiseGuy zu. „Auch bei dir, Mara. Ich habe hier in Terralt keine großartige Magie, doch sie erlaubt es mir, entgegen der einigenden Sprachmagie, immer noch die Sprachen von Terra zu sprechen. Das lässt das einigende Element normalerweise nicht mehr zu“, erklärte er.

„Amoktäter“, murmelte Tabea nach kurzer Überlegung und sah ihn dann triumphierend an.

„Bravo. Sie haben recht. Worte, für die es hier überhaupt keine Entsprechung gibt, funktionieren noch, solange nicht eine Übersetzung auftaucht, die von den Terraltlern verstanden wird und Sie haben da ein Wort gewählt, dass hier hoffentlich noch lange auf so eine Übersetzung warten muss.“

Tabea erschauerte und umfasste ihre Knie mit beiden Armen. Tränen sammelten sich in ihren Augen. „Ich habe Angst.“

„Brauchen Sie nicht“, erklärte Mara, kam zu ihr herüber und legte den Arm um sie. „Sie fühlen sich jetzt ohne Wurzeln, weil Sie erkennen, dass sie Terra hinter sich gelassen und noch nicht in Terralt Fuß gefasst haben, aber ich versichere Ihnen: Sie werden hier Wurzeln schlagen. Und damit Sie nicht sofort in das Leben von Terralt hineinstürzen müssen, werden wir Sie für einige Tage in einer Holzhütte hier ganz in der Nähe unterbringen. WiseGuy und ich werden die ganze Zeit bei Ihnen bleiben und versuchen, Sie ein wenig auf das Leben hier. Es ist schon alles vorbereitet.“

„Aber woher ...?“

„Mara ist gleichzeitig eine Sensitive und die Portalwächterin. Auch wenn Sie es noch nicht verstehen, war hier Gottes Wille am Werk und Mara wusste wohl schon lange vor Ihnen, dass Sie kommen würden.“

„Ich verstehe das nicht“, gestand Tabea und ihre Mädchen drückten sich an sie.

„Meinen sie, uns würde es da anders gehen?“, wandte WiseGuy ein. „Wir sind nur Menschen, und auch wenn in der Bibel steht, dass Gott uns nach seinem Ebenbild geschaffen hat, heißt das noch lange nicht, dass wir auch wie Gott sind. Das Ebenbild beschränkt sich schließlich auf das Äußere.“

„Sind Sie einverstanden, wenn wir jetzt alles wieder zusammenpacken? Wie sieht es mit euch aus, Mädchen? Schon fit für den nächsten Schritt ins Abenteuer?“

„Eigentlich schon“, meinte Natascha und blickte auf ihre Sachen, die sie am Baum abgelegt hatten. „Ich habe aber gar keine Lust, wieder die schwere Tasche zu schleppen.“

WiseGuy zwinkerte ihnen zu und wandte sich dann an Mara. „Sollen wir den Ladys dabei helfen, ihre schwere Last durch Terralt zu bewegen?“

„Unbedingt. Holst du den Wagen?“

WiseGuy nickte und ging zu einem hohen Gebüsch jenseits der Wiese. Mara holte derweil einen seltsam geformten Anhänger aus dem Oberteil ihres Kleides, umfasste ihn mit der Rechten und schloss die Augen. Die Mädchen sahen sich an und Samantha runzelte die Stirn. Erst geschah nichts, bis auf die Tatsache, dass WiseGuy mit einem leichten Pferdewagen zurückkam. Mit einem Mal hörten sie fernes Wiehern, das schnell lauter wurde, bis auch das Getrappel von Hufen erklang und ein beeindruckendes Pferd auf die Wiese stürmte.

Das mächtige Pferd lief auf Mara zu und stoppte, dass die Grassoden nur so durch die Luft wirbelten.

„Alter Angeber“, tadelte Mara das Pferd und legte ihm dann liebevoll die Hand auf die Stirn. „Darf ich vorstellen ... das ist Donner. Sehr schnell, sehr eingebildet und nicht sehr kinderlieb. Kommt ihm also am besten nicht zu nahe.“

Die Mädchen befolgten ihren Rat und warteten geduldig, bis Donner vor dem Wagen angeschnallt war, ehe sie alle Überreste des Picknicks zusammenpackten und sie zusammen mit ihren Taschen und Rucksäcken auf der hölzernen Ladefläche verstauten.

Ehe sie losgingen, fragte Tabea: „Wie weit ist es denn?“

„Können Sie sich in etwa vorstellen, wo von hier aus auf der Erde die Venusbergkliniken liegen? Das heißt, wenn Sie erst einmal einfach annehmen, dass wir hier wirklich in Ippendorf sind?“

Tabea nickte und Mara gab Donner einen kleinen Klaps.

„Los, Donner. Mach mal zur Abwechslung etwas Hilfreiches.“

Die Holzhütte