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Das Leben ist schön im südlichsten Kanton der Schweiz. Wo das mediterrane Herz der Eidgenossen schlägt, beeindrucken alte Steinhäuser im Verzascatal mit archaischer Architektur, laden glamourösen Cafés am tiefblauen Lago Maggiore zum Verweilen und locken idyllische Seen mit glasklarem Wasser in den Tessiner Alpen. Weltstars auf der Open-Air-Bühne der Piazza Grande in Locarno, Kunst an der Promenade von Lugano – entdecken Sie zwischen den Alpen und der Po-Ebene das zauberhafte Tessin mit der einzigartigen Mischung von schweizerischer Perfektion und italienischem Flair!
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Seitenzahl: 150
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Lieblingsplätze
zum Entdecken
Tessin
R. Strub / M. Spalinger
Sofern im Folgenden nicht erwähnt, stammen alle Bilder vom Autor Matthias Spalinger: Filippo Mazzi/HC Ambri-Piotta 22; Fossilienmuseum Monte San Giorgio 86; Almute Grossmann-Naef/Scuola di Scultura Peccia 124; Jean-Daniel von Lerber/Segretariato Dimitri Clown 132; Lorenzo Sonognini/Fondazione Monte Verità 146; Thomas Rast 178
Die Angaben beziehen sich auf die Seitenzahlen der gedruckten Ausgabe.
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1. Auflage 2017
Lektorat/Bildredaktion: Ricarda Dück
Satz/E-Book: Mirjam Hecht
Bildbearbeitung/Umschlaggestaltung: Benjamin Arnold
unter Verwendung eines Fotos von: © Matthias Spalinger
Kartendesign: Mirjam Hecht; The World of Maps (www.123vectormaps.com)
ISBN 978-3-8392-5556-8
Impressum
Karten
Das mediterrane Herz der Schweiz
Tessin – Ticino
Kapitel I: Bezirke Leventina und Bellinzona
1 Ein halsbrecherisches Pflaster
Die Tremolastraße am Gotthardpass bei Airolo
2 Erste Ausfahrt: Abenteuer Leventina
Die Ritom-Bahn zum Stausee in Quinto
3 Die Lawine der Leidenschaft
Der Eishockeyclub im Dorf Ambrì-Piotta
4 Von Tiefblau bis Türkis
Der Lago Tremorgio bei Rodi Fiesso
5 Die große Gießkanne am Dorfrand
Der Wasserfall Piumogna in Faido
6 Die köstliche Mortadella von Donato
Die Metzgerei Mattioli in Lavorgo
7 Das Geschenk an die Europäische Union
Das Südportal des Gotthard-Basistunnels bei Bodio
8 Blutige Geschichte und rosige Zukunft
Das Kastell mit den drei Burgen von Bellinzona
9 Die Mailänder Scala im Taschenformat
Das Teatro Sociale in Bellinzona
10 Blütenweißer Palast der Gerechtigkeit
Das Bundesstrafgericht in Bellinzona
11 Ein Kirchturm ohne Kirche
Das Rathaus in Bellinzona
12 Erwacht aus dem Dornröschenschlaf
Das Dorf Curzútt oberhalb von Monte Carasso
13 Nervenkitzel im vergessenen Tal
Die Tibetische Brücke Carasc bei Monte Carasso
14 Ein Hauch Amerika im Sunshine State
Das Motel Bamboohouse in Riazzino
Der Barde aus Sementina
Der Musiker Marco Zappa
Kapitel II: Bezirke Lugano und Mendrisio
15 Little Rio am Luganersee
Die Stadt Lugano
16 Der Blick vom Zuckerhut
Der Monte San Salvatore in Lugano
17 Die Oase des Volkes
Der Stadtpark Ciani in Lugano
18 Kunst auf Schritt und Tritt
Bauwerke des Tessiner Stararchitekten Mario Botta in Lugano
19 Weltberühmter »kontrollierter Absturz«
Der Flughafen Lugano bei Agno
20 Kunst auf großem Fuß
Der Kulturpalast »Lugano Arte e Cultura«
21 Das Revier des Steppenwolfs
Hermann-Hesse-Museum in Montagnola
22 Wallfahrt zu einem Unsterblichen
Das Grab des Rocksängers Steve Lee in Porza
23 Edelmetall für Gotthard-Fans
Das Café Grotthard in Oggio
24 Wiedergeburt der Marroni
Der Kastanienweg durch den Malcantone ab Arosio
25 Die Schweiz im Taschenformat
Der Freizeitpark »Swissminiatur« in Melide
26 Die Miss Schweiz der Dörfer
Die Gemeinde Morcote
27 Die Welt auf dem rechten Fleck
Der Park Scherrer in Morcote
28 Wo die Post nicht abgeht
Das Hotel-Restaurant della Posta in Morcote
29 Ferien in der Agglomeration
Das Städtchen Caslano
30 Der Klang der Stille
Die Kirche Sant’Abbondio bei Gentilino
31 Das Juwel am Monte San Giorgio
Das Dorf Meride
32 Wie die Saurier in den Berg gelangt sind
Das Fossilienmuseum des Monte San Giorgio in Meride
33 Die geheimnisvollen »Forti«
Die Tessiner Festungsbauten bei Meride
34 Still und heimlich vergangenes Handwerk
Der Marmorsteinbruch der Familie Rossi in Arzo
35 Leidenschaftlich in der Polenta rühren
Das Grotto Bundi in Mendrisio
36 Die Renaissance des Tessiner Weichkäses
Die Zincarlìn-Manufaktur in Morbio Superiore
37 Im S(m)og von Mailand
Das Städtchen Chiasso
Kapitel III: Bezirke Locarno, Ascona und Valli
38 Das große Stelldichein
Das Festival »Moon & Stars« auf der Piazza Grande in Locarno
39 Vom Zeitgeist verführt
Das Boutique-Hotel Caffè dell’Arte in Locarno
40 Der heilige Felsen über Locarno
Die Wallfahrtskirche Madonna del Sasso in Orselina
41 Die Bestimmung des Mario Matasci
Die Kunstsammlung des Weinproduzenten Matasci in Tenero
42 Ein Stunt für James Bond
Bungee-Jumping vom Verzasca-Staudamm bei Vogorno
43 Mit Schweiß und Leidenschaft
Agrotourismus auf dem Bauernhof »Cà di Ciser« in Mergoscia
44 Die kleinste Gemeinde der Schweiz
Das Dorf Corippo
45 Die Römerbrücke, die keine ist
Die Ponte dei Salti in Lavertezzo
46 Von einheimischen Schönheiten
Die Osteria Vittoria in Lavertezzo
47 »Spazzacamini«, die schwarzen Brüder
Das Dorf Sonogno mit dem Museum Val Verzasca
48 Mario Botta am Ende der Welt
Die Kirche San Giovanni Battista in Mogno
49 Wo die Zeit sich verflüchtigt
Die Bildhauerschule in Peccia
50 Abkühlung in glasklarem Wasser
Badestelle an der Maggia bei Avegno
51 Von Sonnenanbetern und Klippenspringern
Der Strand in Tegna-Ponte Brolla
52 Mit oder ganz ohne
Badestelle an der Melezza bei Intragna
53 Ein Clown verzauberte die Welt
Das Teatro Dimitri in Verscio
54 Die Perle am Lago Maggiore
Das Städtchen Ascona
55 Der Klang der Ferien
Die Kirche Santi Pietro e Paolo in Ascona
56 Humorvolles Spießrutenlaufen
Abends am See auf der Piazza Giuseppe Motta in Ascona
57 Wo Stromausfall Programm ist
Das Grotto Baldoria in Ascona
58 Der Berg der Wahrheit
Der Monte Verità in Ascona
59 Strandferien am Süßwasser
Das Lido di Ascona
60 Junge komm bald wieder
Das Hotel »Schiff-Battello« in Ascona
61 Rustikal schlemmen im Städtchen
Die »Antica Osteria Vacchini« in Ascona
62 Im Gasthaus steht die Zeit still
Das »Antico Ristorante Borromeo« in Ascona
63 Hähnchen über dem offenen Feuer
Das Grotto Broggini in Losone
64 Ferienlager mit Kopf, Herz und Hand
Das »Campo Enrico Pestalozzi« in Arcegno
65 Mit Gott am See
Das Ferienzentrum Casa Moscia in Ascona
66 Letztes autofreies Dorf
Der Ferienort Rasa
67 Wenn der Atem wegbleibt
Das Dorf Ronco sopra Ascona
68 Tabak rettete Brissago
Fabrik und Eventzentrum »Centro Dannemann« in Brissago
69 Eiland der Baronesse
Die Brissago-Inseln
70 Magnolienpracht im Paradiesgarten
Der botanische Garten von Gambarogno in Vairano
71 Den Schwarzhändlern auf der Spur
Die alten Schmuggelpfade von Sant’Abbondio nach Italien
Kapitel IV: Italienische Nachbarn
72 Das Ende der eidgenössischen Expansion
Die Gedenkstätte Santa Maria della Neve in Mezzano
73 Der Ort der Tessiner Glücksritter
Das Casinó Municipale in Campione d’Italia
74 Einkaufen bei Tante Emma
Das Städtchen Cannobio
75 Aufregender Tagesausflug
Der Wochenmarkt in Luino
76 Die Insel der Fischer
Die Isola dei Pescatori im Lago Maggiore
77 Und das Leben ist schön
Das Hotel-Restaurant Pesce d’Oro in Suna
Die Schweiz ist die kleinste Europäische Union: 26 Mitgliedstaaten, vier Amtssprachen und eine ausgeprägt föderalistische Struktur mit direkten demokratischen Grundrechten. Nicht wir sollten überlegen, der EU beizutreten, sondern die EU, sich uns anzuschließen! Wir haben auf engstem Raum alles, was das Herz begehrt: Berge, Gletscher, Seen, türkisfarbenes Wasser, Palmen, Schnee, Neuzeit, Mittelalter, Multikulti, Geld sowie ab und zu vor lauter Glück ein Brett vor dem Kopf.
Ich finde in diesem überschaubaren Land, nicht viel größer als ein Mückenexkrement auf der Weltkarte, unzählige Lieblingsplätze. Eine beträchtliche Anzahl dieser Flecken liegen im »Ticino«, der Sonnenstube der Schweiz. In meiner Kindheit verbrachten wir unsere Sommerferien fast ausschließlich im Tessin. Als einfache Leute mischten sich unsere Eltern mit uns Kindern unter die Schickeria in Ascona am Lago Maggiore. Noch heute kann ich sie riechen: die köstliche Minestrone im Garten des Ristorante Borromeo, die Salami Nostrano in der Auslage des Delikatessengeschäfts an der Via Borgo, die Hortensien zwischen den Steinmauern, die knusprigen Hühnchen am Spieß über dem offenen Kaminfeuer im Grotto Broggini in Losone. Und ich erinnere mich noch genau an den Sandstrand im Lido und an die Panikattacke, als mein Vater mich spaßeshalber von der Luftmatratze in die Wogen des Sees kippte.
Heute bin ich längst kein Angsthase mehr, streife auf festen Beinen durchs Leben und komme immer wieder ins Tessin zurück. Und es ist jedes Mal wie eine Heimkehr. Und obwohl das Tessin für mich inzwischen ein Stück Heimat ist, werde ich mich als Rentner trotzdem nicht dort niederlassen. Sonst verliert es möglicherweise seinen besonderen Reiz. Auf diese Weise trage ich weiterhin die permanente Sehnsucht in mir. Zugegeben: Möglicherweise versuche ich damit nur, einen verklärten Kindheitstraum zu bewahren. Und vielleicht ist gerade dieses Buch der Weg, mir das Tessin endlich differenzierter und erwachsener zu erschließen.
Tipp: Als »Grotto« bezeichnet man im italienischsprachigen Tessin ein rustikales Lokal mit einem Restaurantbereich im Freien. Geboten wird in der Regel regionale Küche.
Der Gotthardpass ist seit dem Mittelalter einer der bedeutendsten Alpenübergänge. Hat man, vom Kanton Uri kommend, die Passhöhe erreicht, steht man auf dem Scheidepunkt zwischen Nord- und Südeuropa. Die Palmen, die mediterranen Gestade der Seen, Italien und das Mittelmeer sind in greifbarer Nähe.
Bis in die frühen Jahre des 19. Jahrhunderts war die Überquerung der Alpen eine Strapaze. Ein nicht ungefährlicher Saumweg führte über den Gebirgssattel, die Reisenden waren zu Fuß oder mit Pferd und Maultier unterwegs. Die Privilegierten wurden in Sänften getragen. Ab 1830 war der Weg schließlich so weit ausgebaut, dass man ihn mit der Postkutsche befahren konnte.
Herzstück des Gotthardpasses bildet die Tremola hinunter nach Airolo. In 24 Kehren überwindet die Straße den steilen Abschnitt mit über 300 Höhenmetern. Zwischen 1937 und 1941 wurde die Naturstrecke mit Stützmauern befestigt und mit Granitsteinen gepflastert. Trotz des 1882 eröffneten Eisenbahntunnels durch den Gotthard nahm der Verkehr ständig zu. 1977 wurde die alte Tremola durch eine neue, breitere und weniger kurvenreiche Straße ersetzt. 1980 sorgte dann die Inbetriebnahme des Autotunnels für eine markante Entlastung. Und im Herbst 2016 wurde der neue Gotthard-Basistunnel eingeweiht – mit 57 Kilometern der längste Eisenbahntunnel der Welt. Damit wird endlich umgesetzt, was vom Schweizer Volk 1994 per Volksabstimmung angenommen wurde: die Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene.
Jetzt, da die Tremola nur noch von Nostalgikern wie mir genutzt wird, kann man am Rand stehen bleiben und vor seinem inneren Auge die Tour de Suisse vorbeiziehen lassen. Sich die Strapazen vorstellen, unter denen die Sportler leiden, wenn sie sich auf ihren schmalen Rennrädern über das Pflaster, Kehre um Kehre, den Berg hoch kämpfen. Oder das Risiko, wenn sie sich bei der halsbrecherischen Talfahrt in die Kurven legen und von einer Ganzkörpervibration durchgeschüttelt werden.
Tipp: In den Sommermonaten ist die alte Tremolapassstraße zwischen Gotthardpasshöhe und Airolo befahrbar.
Tremola /// CH-6780 Airolo ///
Weitere Informationen erhalten Sie bei Leventina Turismo ///
Via Della Stazione 22 /// CH-6780 Airolo /// +41 / 91 / 8 69 15 33 ///
Die überwiegende Mehrzahl der Reisenden macht Folgendes, wenn sie durch das Gotthard-Südportal das Tessin erreichen: Sie öffnen kurz das Fenster ihres Wagens, um die stickige, heiße Tunnelluft mit frischer Bergluft zu vertreiben und drücken dann aufs Gaspedal. Das ist ein schwerwiegender Fehler. Eigentlich sollten sie die erste Ausfahrt Airolo nehmen und ihre ganze Aufmerksamkeit dem Tal widmen, das sie auf ihrem Weg gen Süden empfängt. Diejenigen, die Leventina links liegen und den Bewohnern nichts als Abgase und Lärm lassen, verpassen viel.
Bereits kurz nach Airolo stoßen wir auf die Talstation einer der steilsten Standseilbahnen der Welt: der Ritom-Bahn. Sie wurde 1917 von den Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) für den Stausee- und Kraftwerkbau errichtet. Seit der Inbetriebnahme des Ritom-Stausees 1921 befördert sie an Spitzentagen bis zu 100 Wanderer und Ausflügler pro Stunde in die fantastische Bergregion Val Piora. Mit ihrer maximalen Steigung von 87,8 Prozent sorgt sie bei den Passagieren für ein aufregendes Kribbeln im Bauch. Denn beim Blick hinunter in die Senke befürchtet man unweigerlich den freien Fall. Die Streckenlänge der Bahn misst zwar nur 1.369 Meter, überwindet dabei jedoch eine Höhendifferenz von 786 Metern. Das macht die Fahrt zum echten Abenteuer. Doch nach wenigen Minuten ist bereits alles überstanden, und man atmet erleichtert auf. Das Seil hat gehalten.
Der Spaziergang von der Bergstation zum Ritom-Stausee dauert lediglich eine Viertelstunde. Dort wartet eine Vielzahl an Wandermöglichkeiten. In den höher gelegenen Mulden in dieser fast unberührten alpinen Landschaft haben sich größere und kleinere Seen gebildet, die zum Rasten und Verweilen einladen. Drei Berggasthäuser bieten Tessiner Spezialitäten wie »Polenta e Brasato«, Maisbrei und Schmorbraten, an. Diese liegen dann allerdings bei der Talfahrt mit der Ritom-Standseilbahn möglicherweise etwas schwer im Magen.
Tipp: Die SBB führt Besucher im Wasserkraftwerk Ritom in die Welt der Stromproduktion ein. Reservationen auf der Website unter »SBB Erleben«.
Funicolare Piotta-Ritom /// Via Funicolare Ritom 1 ///
CH-6776 Quinto /// +41 / 91 / 8 68 31 51 ///
Wasserkraftwerk Ritom /// Stausee Ritom ///
CH-6776 Quinto /// www.sbb.ch ///
Der Traum unzähliger Buben und Mädchen ist es, mit dem Ball zu zaubern, Fußball zu spielen, besonders in Italien. Genau die gleiche Euphorie muss folglich im Tessin herrschen, das fast vollständig von Italien umgeben ist. Denkt man.
So ist es aber nicht. Der FC Lugano ist 2015 zwar aufgestiegen in die Schweizer Super League, doch es geht immer wieder mal nach unten, und ins Stadion Cornaredo verlieren sich im Schnitt gerade mal 4.600 Fans. Was läuft falsch im Süden des Landes?
Auch wenn die subtropische Umgebung es kaum vermuten lässt: Die Tessiner lieben Eishockey. Mit dem HC Ambrì-Piotta (HCAP)und dem HC Lugano ist der Kanton in der starken Zwölferliga überdurchschnittlich stark vertreten. Und das seit Jahrzehnten. Der kleine Verein aus Ambrì in der Leventina wurde schon oft abgeschrieben. Wie ist es möglich, dass sich ein Club aus einem Dorf mit nur 1.050 Einwohnern in einer Spitzenliga halten kann? Zum einen gibt es gut betuchte Leute wie Ständerat und Präsident Filippo Lombardi, die an ihn glauben, und solche, die sich mit ihren Investitionen das Wohlwollen der Bevölkerung erkaufen wollen. Der ägyptische Milliardär Sawiris, der in der Gotthardregion ein gigantisches Tourismusresort baut, hat sich äußerst großzügig gezeigt bei der Aufstockung des HCAP-Kapitals. Zum anderen – und das muss besonders hervorgehoben werden – haben die Fans mehrmals Millionenbeträge gesammelt, um ihren Verein zu retten.
Der HC Ambrì-Piotta ist gut verankert in der Region. Durchschnittlich werden die Heimspiele in der alten Valascia-Halle von fünfmal so vielen Fans besucht, wie der Ort Einwohner zählt. Der Name »Valascia«, wurde mir berichtet, sei von »Valanga«, Lawine, abgeleitet. Wie solch eine brechen denn auch die Fangesänge von der »Curva« über die Gäste herein. Ambrì baut auf Leidenschaft, Lugano ist der Club des Geldes. Darum sind Derbys zwischen diesen beiden Teams ein besonderes Erlebnis.
Tipp: Den Spielplan der Swiss National League (SNL) finden Sie auf: www.sihf.ch/de/national-league.
Die Heimspiele des Clubs Ambrì-Piotta finden statt in der
Eishalle Valascia /// CH-6775 Ambrì-Piotta ///
+41 / 91 / 8 73 61 61 /// www.hcap.ch/de ///
Wenige Kilometer südlich von Ambrì-Piotta wartet auf der gegenüberliegenden Bergflanke ein atemberaubendes Naturerlebnis. Eine erneuerte Seilbahn bringt uns von Rodi Fiesso hinauf zum Lago Tremorgio. Das ist nicht einfach ein weiterer Bergsee. Nein, wir besuchen ein geradezu komponiertes Arrangement der natürlichen Kräfte und Farben, eine Naturarena mit einem unwiderstehlichen Ambiente.
Er sieht aus wie in einem Krater gelegen, je nach Wasserstand umgeben von einem unterschiedlich breiten, hellen Steinstrand. Der See liegt in einer Mulde auf 1.851 Metern nahe am Abgrund zur Leventina. Die Senke ist jedoch nicht vulkanischen Ursprungs, sondern hat sich aus der geologischen Formation ergeben. Es gibt auch Leute, die von einem Meteoriteneinschlag als Ursache für den kreisrunden Krater ausgehen. Aber für diese Theorie gibt es – außer den optischen – keine wissenschaftlich fundierten Anzeichen. Der Natursee wird zwar zur Stromerzeugung genutzt, und man versucht mit einem kleinen Staudamm zur Talseite hin, mehr Wasser zu speichern, allerdings ohne Erfolg: Der Druck auf den porösen Untergrund hat immer wieder dafür gesorgt, dass das zusätzlich gestaute Wasser versickert ist. Nicht überall lässt sich die Natur bändigen.
Wenn es windstill ist, spiegeln sich die Berge auf der glatten Oberfläche des Sees. Den besten Ausblick genießt man auf dem Rundweg oberhalb des strahlenden Blaus zwischen den Lärchen und Wiesen. Unzählige Motive für die Kamera zwängen sich förmlich auf. Nimmt man sich die nötige Zeit und verweilt an dieser Stelle, verändert sich die Farbe des in der Senke liegenden Gewässers mit dem Stand der Sonne von Tiefblau über Türkis zu Grün. Es ist ein grandioses Naturschauspiel, das uns Tremorgio bietet, nur wenige 100 Meter Luftlinie von der Autobahn entfernt.
Tipp: Die Seilbahn Rodi-Lago Tremorgio ist von Anfang Juni bis September in Betrieb.
Lago Tremorgio /// CH-6772 Prato ///
Den See erreichen Sie mit der Seilbahn Rodi-Lago Tremorgio ///
CH-6772 Rodi Fiesso /// +41 / 91 / 8 67 12 52 ///
www.capannatremorgio.ch ///
Wasser ist das Element des Lebens. Das Tessin muss eine Art Paradies sein, denn kein anderer Fleck ist so reich an Wasser wie unser südlicher Kanton: wunderschöne tiefblaue Seen, romantische und wilde Täler mit glasklaren Flüssen, zahllose Bergseen, spektakuläre Wasserfälle, die von den Gipfelflanken stürzen und sich über Hänge ergießen – auch dort, wo in der Nähe die Verkehrslawine vorbeidonnert und der Natur niemand Beachtung schenkt.
Im Dorf Faido, gleich hinter der Siedlung, auf der gegenüberliegenden Seite des Ticino, ergießt sich das Flüsschen Piumogna rund fünf Meter in die Tiefe in einen Tümpel zu Füßen des Felsens. Der malerische Wasserfall ist einer von vielen spektakulären in der engen Schlucht zwischen Dalpe und Faido. Das Flüsschen entspringt weit oben über Faido im Val Piumogna am Fuß des Pizzo Campolungo. Das Wasser sammelt sich an der Wand unterhalb des Gipfels im Bergsee Lago di Morghirolo und fließt dann von dort als Piumogna durch das gleichnamige, zauberhafte Hochtal Richtung Dalpe und Schlucht.
Weitab von Jubel, Trubel, Heiterkeit findet man in diesem Seitental der Leventina Ruhe und Frieden mit sich selbst. Vieles, was allenthalben wichtig erscheint, kann man an diesem Ort relativieren und neu bewerten. Dabei verliert einiges seinen Reiz sowie seine Funktion. Das Mobiltelefon verweigert den Dienst, und die Welt dreht sich trotzdem weiter. Ich lege mich ins Gras, lausche dem Rauschen des Baches und schlafe kurz darauf tatsächlich ein. Als ich erwache, brennen meine Wangen von der Sonne, die sie gnadenlos gerötet hat. Etwas benommen stehe ich auf und nehme einen Schluck aus der Flasche. Der Schädel brummt. Ich fasse den Plan, mich bis auf die Unterhose ausziehen und mich unter den Wasserfall in Faido zu stellen. Ich habe zwar keine Ahnung, ob das überhaupt erlaubt ist – aber das ist mir heute so was von egal.
Tipp: Die Luftseilbahn Faido-Pianaselva fährt von Mai bis Ende September. Von dort geht es zu Fuß zu den Wasserfällen oder ins Val Piumogna.
Den Wasserfall Piumogna erreichen Sie mit der
Luftseilbahn Faido-Pianaselva ///
Località Piana Selva /// CH-6760 Faido ///
Weitere Informationen erhalten Sie bei
Pedimina Mario e Aris /// Via Gerra 13 /// CH-6760 Faido ///
+41 / 91 / 8 67 15 46 /// www.pianaselva.ch ///