Tessy und das Geheimnnis des Sexclubs - Lara Wolf - E-Book

Tessy und das Geheimnnis des Sexclubs E-Book

Lara Wolf

0,0
2,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Rhea liebt Paul. Sie wollen heiraten. Aber Rhea liebt auch das Berliner Nachtleben. Heimlich verdient die 25-jährige Studentin als Küchenhilfe in einem Sexclub gutes Geld. Nach einer Nachtschicht kehrt Rhea nicht zurück in ihr Apartment. Sie bleibt verschwunden. Die Polizei ermittelt. Da meldet sich Rhea mit einer SMS bei ihrem Freund Paul und bei ihren Eltern: Sie wolle an einem geheimen Ort nachdenken, niemand möge nach ihr suchen. Kommissar Hanter muss die offiziellen Ermittlungen einstellen, es liegt kein ausreichender Anfangsverdacht für ein Verbrechen vor. Doch der Kommissar rät den besorgten Eltern, eine Privatdetektivin nach Rhea forschen zu lassen. Tessy Ritter übernimmt den Auftrag. Auf der Suche nach Rhea taucht Privatdetektivin Tessy ein in die Sexclub-Szene von Berlin. Junge Frauen verkaufen hier ihre Körper. Ohne zu ahnen, dass sie selbst den höchsten Preis dafür bezahlen werden. Tessy ermittelt bei gierigen Clubbesitzern, reichen Juwelieren, Freiern mit gefährlichen Sexwünschen. Alle haben etwas zu verbergen und viel zu verlieren. Tessy gerät in die Fänge der Sex-Mafia. "Die aufregendste Tessy!" - "Spannend von der ersten bis zur letzten Seite. Psychologisch durchdacht, präzise recherchiert. Tolle Unterhaltung. Berlin bei Nacht: lebensgefährlich, aber erregend." - "Das ist mehr als eine Prise Erotik. Das ist Sex. Ohne Tabus entführt Autorin Lara Wolf uns in die Welt der Swinger und Perversen, der blutjungen Mädchen und überforderten Eltern." (Stimmen aus "Nightlounge", "Berliner Umschau", "Meine besten Seiten")

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 205

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Tessy und das Geheimnis des Sexclubs

Aus der Reihe "Erotischer Krimi"

Von Lara Wolf

Besuchen Sie die Internetseite der Autorin:

lara-wolf.net

Ungekürzte Originalveröffentlichtung

FS-Verlag Edition Störtebeker

Prolog

Er war allein. Er lächelte nicht. Sie wusste, dass sie keinen Fehler machen durfte. Ein Fehler wäre es, ihn anzustarren oder das Wort an ihn zu richten, bevor er sie dazu aufgefordert hatte. Wenn er schwieg, hatte sie auch zu schweigen; wenn er sie etwas fragte, sollte sie ehrlich und knapp antworten. Es war eine gute Idee, die Regeln nicht zu brechen. Sonst hatte man den Preis zu zahlen. Der Preis war hoch, zu hoch. Das hatte sie längst festgestellt. Vielleicht zu spät.

Er trat langsam näher. Sie roch, dass er frisch geduscht und rasiert war. Er trug ein schwarzes Hemd und weiße Shorts. Vor dem schmalen Bett blieb er stehen, um sie gleichmäßig und tief durchatmend zu mustern.

„Hast du gut geschlafen?“, fragte er mit leiser und trügerisch sanfter Stimme.

„Ja.“

„Möchtest du, dass ich dir die Fesseln abnehme?“

Sie nickte. Er ließ ein Lächeln aufblitzen. Das bedeutete nicht, dass er guter Dinge war. Sie spürte, wie sich ihre Lebensgeister zu regen begannen, während er die Handschellen aufschloss. Aber das musste er nicht unbedingt bemerken, besser noch: Er sollte es nicht bemerken. Sie setzte rasch eine gleichmütige Miene auf, als er sich nach kurzem Zögern den Fußfesseln zuwandte.

„Geh ins Bad, wasch dich und komm wieder“, befahl er dann und half ihr mit festem Griff hoch. Er zweifelte nicht einen Moment daran, dass sie seinem Befehl Folge leisten würde. Sein Atem streifte sie wie eine Berührung.

Sie hatten ihr das Schlafmittel mit dem letzten Glas Champagner in der Nacht eingeflößt. Wie in der Nacht zuvor auch. Und davor. Sie konnte nicht sagen, wie viele Nächte es inzwischen waren. Der Schwindel, die Verwirrung und seltsame Trägheit würden nachlassen, sobald ihr Kreislauf erst einmal in Schwung gekommen war. Dann würde sie auch klarer und präziser denken können. Sie sehnte sich danach, endlich wieder Herrin ihrer Gedanken zu werden, und sei es auch nur für ein paar Stunden, obwohl sie ahnte, dass dann auch die Angst zurückkehren würde. 

Als sie aus dem Bad kam, befahl er ihr, sich bäuchlings aufs Bett zu legen. Widerstand regte sich in ihr und warf für den Bruchteil einer Sekunde einen Schatten auf ihr Gesicht. Er würde ihn spüren wie einen kalten Windstoß. Rasch drehte sie den Kopf zur Seite und streckte sich widerspruchslos auf dem Bett aus. Er legte die Handschellen mit fast liebevoller Sorgfalt an und strich mit dem Daumen an ihrer Wirbelsäule entlang, umfasste ihre Pobacken und knetete sie mit gleichmäßigem Druck. Sein Atem beschleunigte sich, als er ihre Schenkel auseinander schob.

„Sieh mich an!“

Als sie ihm das Gesicht zuwandte, war sein Blick dunkel und unruhig. Mit der linken Hand öffnete er den Reißverschluss seiner Hose, mit der rechten holte er seinen Schwanz heraus. Er kniete sich aufs Bett zwischen ihre Beine. Als er ihre Hüften umfasste, ihr Becken anhob und von hinten mit einem kraftvollen Stoß in sie eindrang, schnappte sie nach Luft und blickte hoch – direkt in die tiefblauen Augen der Frau. Sie stand in der offenen Tür und beobachtete sie mit erhobenem Kinn und leicht geöffneten Lippen.

Hier komme ich nie wieder raus, dachte die Gefangene, und der Gedanke war so machtvoll und stark, dass er ihr Innerstes vollständig ausfüllte.

1. Kapitel

Das Gewitter hatte in Berlin nur in einzelnen Stadtteilen gewütet – Marienfelde gehörte dazu. Wie sollte es auch anders sein? Tessy hatte nichts gegen ein reinigendes Sommergewitter, bei dem es ordentlich krachen und aus allen Kübeln gießen durfte. Aber das kleine Häuschen ihres Onkels machte alles andere als einen stabilen Eindruck – als die Katzen in der Nacht in ihrem Bett Schutz gesucht hatten, was für die beiden Streuner normalerweise absolut unter ihrer Würde war, wusste sie, dass die Unwetterzentrale Recht behalten hatte.

Reis könnte ich hier anbauen oder Karpfen züchten, dachte Tessy, als sie am frühen Morgen bei einem ersten Rundgang in kniehohen Gummistiefeln überschwemmte Beete sowie arg zerzauste Büsche und Bäume begutachtete. Doch davon abgesehen hatten Haus und Schuppen erstaunlicherweise den Naturkräften getrotzt, und sie konnte Edgar eine knappe Stunde später telefonisch mitteilen, dass er sich keine Sorgen zu machen bräuchte. 

Tessys Onkel war gelernter und längst pensionierter Tierpfleger, außerdem ein chaotischer Kauz. Mittlerweile lebte er seit Monaten als Dauergast bei einem alten Freund in Bayern, wo die beiden sich mit Haut und Haaren einem Wildkatzen-Projekt verschrieben hatten, während seine Nichte in sein Häuschen im grünen Süden von Berlin umgesiedelt war. 

Tessy genoss das Leben in Edgars skurrilem Zuhause. Die Entscheidung, ihre schicke und teure Wohnung in Kreuzberg aufzugeben sowie den Journalisten-Beruf gegen den der Privatdetektivin einzutauschen, hatte sie noch keine Minute bereut, auch wenn ihre ersten beiden Fälle nicht nur mit Aufregung verbunden gewesen waren, sondern durchaus ins Auge hätten gehen können, wie Dirk Hanter, Kriminalkommissar und Tessys Liebhaber in einer Person, nicht müde wurde zu betonen.

Das ganze Leben kann manchmal verdammt ins Auge gehen – oder auch knapp daneben –, pflegte Tessy daraufhin achselzuckend zu erwidern, und wenn Hanter gute Laune hatte, lächelte er und ließ seine Grübchen sehen. Falls er schlechter Stimmung war, verdüsterte sich sein Blick. Hanter gab immer dann gerne den Miesepeter, wenn Tessy ihn daran erinnerte, dass sie seine Qualitäten als Liebhaber und Freund zu schätzen wusste, aber auf ihre erotische Beziehung zu ihrer Geliebten Gertrud – oder wem auch immer – keinesfalls verzichten wollte. Tessy legte allergrößten Wert auf ihre Freiheit. Das hatte Hanter vorher gewusst.

Wahrscheinlich ist er davon überzeugt, mich irgendwann auf den rechten Weg bringen zu können, überlegte Tessy, während sie sich einen zweiten Kaffee und eine dicke Scheibe Brot mit Salami genehmigte und ihren Laptop hochfuhr. Und dieser Weg bedeutete: eine stinknormale Beziehung mit ihm zu führen, monogam, versteht sich. Wie langweilig. Sie hatte gerade eine Mail von Gertrud gelesen, die zurzeit mit ihren Motorradfreundinnen Ferien in Frankreich machte und auch nichts anbrennen ließ, wie Tessy ihren unmissverständlichen Schilderungen amüsiert entnahm, als ihr Handy klingelte. Dirks Name leuchtete auf dem Display auf.

„Willst du nachfragen, ob ich abgesoffen bin?“, fragte sie statt einer Begrüßung und lachte vergnügt. „Sieht man einmal davon ab, dass der Garten geflutet ist, kann ich dir vorweg versichern, dass bei mir alles okay ist, ich heute Nacht mein Bett allerdings mit zwei ungewöhnlich verängstigten Katern teilen musste.“

Hanter räusperte sich. „Freut mich zu hören – ich meine, dass alles in Ordnung ist. Bist du zu Hause und hast einen Kaffee für mich?“

Tessys Herzschlag beschleunigte sich. „Willst du deine Frühstückspause versüßen? Ich hätte dazu durchaus einige Ideen …“

„Ich auch“, gab Dirk rasch zurück. „Allerdings sind die eher beruflicher Natur. Hoffentlich enttäuscht dich das jetzt nicht allzu sehr.“

„Nein, denn man kann das Schöne mit dem Nützlichen verbinden.“

„Ich ahne, worauf du hinaus willst, aber …“

„Hanter, du zierst dich schon wieder wie eine Jungfrau!“

„Ich bin in zehn Minuten bei dir.“

„Wunderbar. Ich hoffe, du kommst dann auch“, schob sie anzüglich nach.

Als Dirk die Tür öffnete, stand Tessy am Herd und goss den Kaffee auf. Außer einem schwarzen Spitzenhemdchen, das so ziemlich genau an der Schamhaargrenze endete, trug sie – nichts. Ihr Haar war nass von der Dusche, und sie lächelte, als Hanter mit gerunzelten Brauen zögernd näher trat. Sie liebte es, wenn er den unberührbaren, ernsten Kommissar gab, der missbilligend auf ihre Avancen reagierte. So waren sie sich vor einigen Monaten näher gekommen, als sie in ihrem ersten Fall den angeblichen Selbstmord des Mannes ihrer Freundin Kerstin hinterfragt hatte. Letztlich hatte Dirk ihr nicht widerstehen können.

„Tessy, ich habe wirklich keine Zeit …“

„Glaub mir, dafür reicht es, Süßer“, unterbrach sie ihn, ging ihm entgegen und schlang die Arme um seinen Hals. Sie hauchte ihm einen Kuss aufs Ohr, umspielte es mit ihrer Zungenspitze und drängte sich an ihn. „Soviel Zeit muss einfach sein, verstehst du?“

Er seufzte. „Ich finde …“

„Ich auch, Herr Kommissar.“ Tessy legte eine Hand auf seinen Hintern, mit der anderen griff sie ohne zu zögern in seinen Schritt und lächelte zufrieden. Hanters Erektion war deutlich zu spüren. „Wie hätten Sie es denn gern?“

„Manchmal bist du einfach nur … schamlos“, knurrte er.

„Ich weiß, und um mit den Worten unseres Bürgermeisters zu sprechen: Das ist auch gut so.“ Sie versuchte, ihn zum Sofa zu drängen, aber er packte ihre Schultern, hielt sie einen Moment fest und steuerte dann plötzlich den Esstisch an.

Tessy spürte, wie ihr Atem sich beschleunigte, als er sie hochhob und auf der Tischkante absetzte. Sein Blick bohrte sich in ihren. Genau so möchte ich gleich deinen Schwanz in mir haben, dachte sie: hart, fest, fordernd. Er schob seine Hände unter ihr Hemd und begann, ihre Brustwarzen zu reiben. Sie fuhr sich mit der Zunge über die Unterlippe, als sich ihre Nippel unter seinen Händen härteten. Ihre Beine öffneten sich wie von selbst, und er starrte auf ihr Dreieck.

„Tu dir keinen Zwang an“, flüsterte sie.

Er beugte sich herunter, drängte ihr Schenkel noch weiter auseinander, und dann spürte sie, wie er ihre Knospe mit seinen Lippen umschloss. Sie legte den Kopf in den Nacken, stützte die Unterarme auf dem Tisch ab, stemmte ihr Becken hoch und schob es ihm entgegen. Seine Zunge begann, ihre feuchte Möse mit langsamen, zärtlichen Bewegungen und in frechem Vordringen zu erkunden. Gut, dachte Tessy und stöhnte voller Wonne. Gegen Gertrud hättest du zwar keine Chance, aber gegen Gertrud hat kein Kerl eine Chance – jedenfalls nicht mit der Zunge –, und Dirk wurde immer besser. Sie genoss das zittrige Rein- und Rausgleiten und unterstützte es mit kreisenden Bewegungen ihres Unterleibs. Sie stöhnte noch lauter. Plötzlich hob Hanter den Kopf.

„Schade“, flüsterte Tessy.

Er richtete sich auf und öffnete seine Hose mit geübtem Griff.

„Oder auch nicht“, fügte sie mit lauerndem Blick hinzu. „Du willst mich also tatsächlich auf dem Tisch durchficken? Ich bin begeistert.“

Dirk erwiderte nichts. Er packte ihre Schultern und drückte ihren Oberkörper auf den Tisch. Sein steil aufgerichteter Schwanz hatte keine Mühe, in ihre feuchte Höhle einzudringen, und sie gierte nach seinen kraftvollen Stößen. Dirk umfasste ihre Hüften, während sie ihre Beine über seine Schultern legte. Sein zunächst trügerisch sanfter und behutsamer Rhythmus zog innerhalb weniger Augenblicke deutlich an. Tessys Möse weitete sich, und als sie ihm gerade zuflüstern wollte, dass er ruhig noch etwas mehr Gas geben könne, sie sei schon ein großes und sehr, sehr geiles Mädchen, der man es ordentlich besorgen könne, begann Dirk, sie hart und in deutlich schnellerem Tempo zu vögeln. Der Tisch begann zu quietschen. Sie schrie auf und hörte, wie er lachte – mit rauer zittriger Stimme. 

„Ist es das, was du willst?“

„Und ob!“

Er stieß noch kräftiger zu, und sie kamen fast gleichzeitig, wobei Tessy unanständig laut wurde. Bei geöffneten Fenstern hätte die Nachbarschaft sicherlich einiges mitbekommen.

Fünf Minuten später saßen sie mit ihren Kaffeetassen auf dem Sofa. Mit erhitzten Gesichtern und zutiefst entspannt. Jedenfalls fühlte Tessy sich so. Sex war für sie ein Lebenselixier, auf das sie ungern länger als einige Tage verzichtete, und auch das nur wenn es unbedingt sein musste.

Hanter schlug ein Bein über das andere und sah sie plötzlich mit ernstem Blick an. „Wie sehen eigentlich deine Pläne für die nächste Zeit aus? Fährst du in den Urlaub?“

Tessy trank einen Schluck Kaffee und schüttelte den Kopf. „Nein, Edgar schafft es in den nächsten zwei Monaten nicht nach Berlin, wie er mir letztens versichert hat, und ich glaube, es wäre ihm gar nicht recht, wenn ich mit der Betreuung der Katzen und der Gartenpflege irgend jemanden beauftragen würde …“

Dirk wandte kurz den Blick zur Decke.

Tessy seufzte. „Ja, ich weiß, er ist diesbezüglich schon ziemlich speziell, aber was soll’s? Ich hab ihm versprochen, mich hier um alles zu kümmern, und dafür zahle ich keine Miete. Außerdem …“ Sie zuckte mit den Achseln. „Mich zieht es im Moment nicht in die Ferne, obwohl ich das nötige Kleingeld inzwischen erfreulicherweise durchaus aufbringen könnte.“ Sie sah ihm tief in die Augen und lächelte. „Oder wolltest du mich auf die Malediven einladen?“

Dirk lächelte zurück. „Ein andermal vielleicht. Nein, meine Frage hat einen anderen Hintergrund. Ich bearbeite gerade einen Fall, den ich in Kürze zu den Akten legen muss –, aber ich könnte mir sehr gut vorstellen …“

„… dass noch private Recherchen nötig sind?“, vervollständigte Tessy den Satz. 

Seit der Aufklärung der Drogengeschäfte des Antiquitätenhändlers Philipp Sommer waren erst wenige Wochen vergangen, und der Auftrag hatte ihr zugesetzt, so sehr, dass sie sich eine längere Pause verdient hatte. Andererseits flogen ihr als Branchenneuling die Fälle auch nicht unbedingt von alleine zu. Außerdem mochte sie ihren Job, mehr noch: Ihrer eigenen Überzeugung nach war sie die geborene Schnüfflerin, und zwar im besten Sinne – die Erforschung der Hintergründe eines Falls und die Fährtensuche hatten sie schon immer fasziniert, und wenn sie dabei noch gutes Geld verdienen und interessante Leute kennen lernen konnte, fühlte sie sich ganz und gar in ihrem Element. 

„Könnte man so sagen“, stimmte Dirk zu und blickte einen Moment an ihr vorbei zum Fenster hinaus. „Es geht um eine junge Frau, die vermisst gemeldet wurde“, fuhr er schließlich fort und sah Tessy wieder an. „Sie hat Eltern und Freund per SMS mitgeteilt, dass sie eine Auszeit braucht und ist seitdem verschwunden. Das war vor anderthalb Wochen. Der Familie und auch dem Freund kommt das allerdings mehr als eigentümlich vor. Sie sind davon überzeugt sind, dass etwas passiert ist.“

„Was befürchten sie denn?“, hakte Tessy nach.

„Es gibt keinen konkreten Verdacht, aber ein solches Verhalten passt, wie alle betonen, mit denen wir gesprochen haben, nicht zu der Frau. Wir haben also eine grundsätzliche Überprüfung vorgenommen, uns die Wohnung angesehen, ein paar Erkundigungen eingezogen … na, das Übliche“, erläuterte Dirk. „Aber es fanden sich keine Anhaltspunkte, die uns stutzig machen müssten. Die Frau ist fünfundzwanzig Jahre alt und mag sich auf ungewöhnliche Weise verabschiedet haben – nur das allein ist wahrlich kein Hinweis auf ein Verbrechen. Wir hätten noch viel mehr zu tun, wenn wir bei derlei Geschichten den gesamten Behördenapparat in Gang setzen würden.“

„Verstehe. Der Polizei sind die Hände gebunden, was weitergehende Ermittlungen angeht“, resümierte Tessy. „Aber so ganz wohl ist dir bei der Sache nicht, oder?“

Dirk nickte. „Du hast es erfasst. Heute früh hat mich der Vater noch einmal angerufen“, fuhr Hanter fort. „Er war ziemlich entsetzt, als ich ihm sagte, dass wir nichts mehr machen können. Ich habe ihm dann geraten, einen Privatermittler einzuschalten.“

Tessy griente. „Was hielt er von der Idee?“

„Er fragte mich sofort, ob ich ihm jemanden empfehlen könnte.“

„Aha. Und?“

Dirk lächelte und zog eine Visitenkarte aus seiner Hosentasche. „Ruf doch mal an und verabrede dich mit ihnen zu einem Gespräch.“

„Na klar.“ Tessy nahm die Karte an sich.

„Er ist übrigens Lehrer, die Mutter führt einen Kosmetiksalon am Ku’damm. Die können sich also ein anständiges Honorar leisten.“

„Gut zu wissen. Kannst du mir davon abgesehen schon ein paar Einzelheiten …“

„Du weißt, dass ich das nicht darf.“

„Wenn es danach ginge, was man deiner Ansicht nach alles nicht darf …“ Sie lächelte anzüglich. „Du sollst mir ja nicht deine komplette Akte überlassen, könntest mir aber vorweg beispielsweise schon mal verraten, ob die Handyortung etwas ergeben hat.“

Dirk runzelte die Stirn. „Nein – negativ“, erwiderte er. „Und man erreicht nur die Mobilbox.“

„Zwielichtige Freunde?“

Er hob die Hände. „So weit waren wir noch gar nicht. Das wäre dann dein Job – solltest du den Auftrag bekommen.“

„Alles klar.“

„Und nur so nebenbei: Falls du Merkwürdigkeiten feststellst oder auf Hinweise stößt, die dich skeptisch machen, wirst du selbstverständlich …“

„… die Polizei einschalten: deinen Freund und Helfer“, warf Tessy eilig ein. „Selbstverständlich, Herr Kommissar.“

Das plötzliche Verschwinden oder auch Abtauchen ihrer fünfundzwanzigjährigen Tochter Rhea hatte die Eltern schwer mitgenommen. Als Tessy kaum zwei Stunden nach Dirks Aufbruch Annegret und Stefan Kossner in deren stilvoller Altbauwohnung in Wilmersdorf aufsuchte und ihnen in einem mit hellen Massivholzmöbeln und einer beeindruckenden Stuckdecke ausgestatteten Wohnzimmer gegenübersaß, zweifelte sie nicht einen Augenblick daran, dass das Ehepaar zutiefst verzweifelt war.

„Wir sind fassungslos“, hob Stefan Kossner an, kaum dass sie sich gesetzt hatten. „Rhea hat so was noch nie getan – mit einem schlichten Handygruß einfach spurlos verschwinden und für niemanden erreichbar sein. Wir sind davon überzeugt, dass etwas geschehen ist, aber wir können es nicht beweisen.“ 

Der Mittfünfziger hatte volles graumeliertes Haar und war sportlich schlank. Unter normalen Umständen kommt der Mann garantiert dynamisch, attraktiv und sympathisch rüber, dachte Tessy. Aber jetzt wirkte Kossner nervös und zermürbt. Tiefe Furchen hatten sich unter seinen Augen eingegraben. Er blickte von der Detektivin hinüber zu seiner Gattin, einer kleinen, ein wenig fülligen, aber auffällig gut geschminkten und modisch gekleideten Frau mit großen dunklen Augen und kastanienrotem Haar, die Tessy einige Jahre jünger einschätzte.

Annegret Kossner bemühte sich um Haltung. Sie nickte ihrem Mann zu und schlug ein Bein über das andere. „Nein, das ist einfach nicht ihre Art.“

Tessy lehnte sich in den Sessel zurück. „Wie lautet denn dieser schlichte Gruß?“

Stefan Kossner war gut vorbereitet. Er öffnete einen auf dem Tisch bereitliegenden Hefter und zog einen Zettel heraus, um ihn Tessy zu reichen.

„Sie hat uns und ihrem Freund Paul, mit dem sie einige Tage zuvor einen Streit hatte, diese SMS geschickt – mit absolut identischem Wortlaut“, erklärte er.

Tessy beugte sich über das Blatt. ‚Ich brauche eine Auszeit’, las sie stumm. ‚Muss über Paul und mich nachdenken und über das, was wichtig in meinem Leben ist. Lasst mir bitte Zeit. Rhea.’

Tessy las den Text mehrmals und blickte schließlich wieder hoch. „Sie hat genau diese Worte auch ihrem Freund Paul geschickt?“

„Ja“, antwortete Annegret Kossner. „Die Nachrichten wurden auch zum gleichen Zeitpunkt abgeschickt.“

Tessy runzelte die Stirn. „Sie hat sich also noch nicht mal die Mühe gemacht, ihren Freund persönlich anzusprechen?“

Stefan Kossner nickte eifrig. „Ja, merkwürdig, nicht wahr? So viel Zeit würde man sich doch nehmen, die Mitteilung entsprechend umzuformulieren.“

Allerdings, dachte Tessy. Es sei denn, die beiden hätten sich richtig derbe in der Wolle gehabt und Rhea wäre es schnurzegal gewesen, wie Paul ihre SMS auffasste.

„Worum ging es denn bei diesem Streit?“, hakte sie nach.

„Rhea hat uns keine Einzelheiten erzählt“, erwiderte die Mutter. „In der Beziehung hat es hin und wieder mal gekracht – wie in fast jeder anderen auch. Das ist wohl nicht ungewöhnlich.“ Sie zog kurz die Schultern hoch. „Wir vermuten, dass die Auseinandersetzung mit Pauls Wunsch zusammenhing, in eine gemeinsame Wohnung zu ziehen.“

„Haben die beiden schon immer getrennt gewohnt?“

Stefan nickte. „Ja. Rhea wollte zunächst ihr Studium beenden – sie studiert Mediendesign an der Hochschule der populären Künste – und so lange alleine wohnen. Paul hat inzwischen einen guten Job als Chemiker und ist der Meinung, dass man nach zwei Jahren Beziehung ruhig anfangen könnte, Nägel mit Köpfen zu machen: zusammenziehen, heiraten, später dann Kinder.“

Tessy stöhnte innerlich auf. Dass Rhea ganz offensichtlich eigene Vorstellungen von der Lebensplanung hatte, konnte Tessy gut nachvollziehen, und es machte ihr die junge Frau auf Anhieb sympathisch.

„Ich entnehme Ihren Worten, dass dieses Thema ein grundsätzlicher Konflikt zwischen den beiden war.“

„Ja, seit ungefähr einem halben Jahr diskutieren sie häufig darüber“, stimmte Stefan zu.

„Diskutieren oder streiten?“

„Gute Frage. Ich schätze – beides. Paul ist enttäuscht, dass Rhea sich Zeit lassen will.“

„Hm. Und sonst? Haben Sie den Eindruck, dass die beiden ein harmonisches Paar sind?“

„Unbedingt“, erwiderte Annegret sofort. „Bei ihnen stimmt eigentlich alles. Sie haben gemeinsame Interessen und Freunde, lassen sich aber auch Freiräume …“

Vielleicht definieren sie den Begriff ‚Freiräume’ inzwischen unterschiedlich, dachte Tessy. Sie war ziemlich gespannt, wie Paul die Situation beschreiben würde.

„Was schätzen Sie – wird Paul bereit sein, mit mir zu reden?“, wandte sie sich an Stefan Kossner.

„Und ob!“, meinte der prompt. „Auch er ist unbedingt dafür, private Ermittlungen aufzunehmen, und ich habe ihn bereits darüber informiert, dass wir mit Ihnen sprechen. Wenn er Zeit gehabt hätte, wäre er gleich dazu gekommen. Aber er musste in den Job.“

„Kann ich ihn dort erreichen?“

„Natürlich.“

„Gut, dann lassen Sie uns zunächst das Vertragliche regeln, damit ich sofort loslegen kann.“

Die Kossners unterzeichneten ohne jegliches Zögern den Recherche-Auftrag, den Tessy ihnen vorlegte. Anschließend notierte sie sich die Firmen- und Handynummer von Paul Mihl sowie die Kontaktdaten von Rheas älterem Bruder Jakob und der besten Freundin Larissa. Sie brach auf, nachdem die Kossners ihr ein Foto der Tochter zur Verfügung gestellt hatten. 

Sie ist eine echte Schönheit, stellte Tessy beeindruckt fest: lange dunkle Haare, große braune Augen, schlank, aber mit überaus weiblichen Rundungen gesegnet. Der würde ich auch hinterher gucken, dachte sie. Und vielleicht sogar laut pfeifen.

Rheas Vater wollte gerade die Wohnungstür schließen, als Tessy noch etwas einfiel. „Eine Frage noch, Herr Kossner. Unter Umständen und insbesondere falls ich bei meinen Befragungen keine neuen Anhaltspunkte finde, wäre es aufschlussreich, wenn ich mich in der Wohnung Ihrer Tochter umsehen könnte. Wären Sie damit einverstanden?“

Stefan Kossner zögerte nur kurz. „Wir waren zwar auch schon dort und haben nichts gefunden, genau wie die Polizei, aber … Ach, ja, klar. Wenn es hilft. Vielleicht haben Sie den besseren Blick. Ihre Freundin Larissa bewahrt den Ersatzschlüssel auf.“

„Paul nicht?“, fragte Tessy erstaunt.

„Soweit ich weiß, nicht. Wissen Sie, Larissa wohnt nur zwei Straßen von Rhea entfernt, und die beiden haben sich bereits vor Jahren gegenseitig die Schlüssel hinterlegt – für den Notfall und um in der Urlaubszeit nach dem Rechten zu sehen.“

„Ach so. Gut, danke.“

Tessy verließ das Haus und ließ sich auf der Straße einen Moment das Gesicht von der Sonne wärmen, bevor sie sich in ihren Wagen setzte und Termine mit Paul, Larissa und Jakob vereinbarte, die alle noch heute Zeit hatten oder bereit waren, sie sich zu nehmen. Sie hätte eine Wette darauf abgeschlossen, dass die Beziehung von Rhea und Paul alles andere als durchweg harmonisch war. Voreilige Rückschlüsse zu ziehen, kann aber fatal sein, weil es den Fokus unnötig verengt, mahnte sie sich fast im gleichen Augenblick und startete den Motor. 

Paul hatte ihr ein Bistro in der Nähe seines Arbeitgebers in der Kantstraße vorgeschlagen, wo er häufig einen Mittagsimbiss zu sich nahm. Gute Idee, dachte Tessy, deren Magen vernehmlich knurrte.

2. Kapitel

Rheas Freund stand auf, als Tessy das kleine Bistro betrat, in dem es betörend intensiv nach frischem Baguette duftete. Sie zweifelte nicht einen Augenblick daran, dass es sich bei dem athletisch gebauten jungen Mann, der ihr mit forschenden Blicken entgegensah, um Paul Mihl handelte, der sich am Telefon mit wenigen Worten beschrieben hatte: „Groß, kurzes Haar, Jeans, blaues Hemd, hinterer Fensterplatz.“

Die Beschreibung stimmte auf den Punkt, und doch wurden die Hinweise dem Mann nicht annähernd gerecht. Tessy war so verblüfft, dass sie zwei Sekunden benötigte, um seine ausgestreckte Hand zu ergreifen und die freundliche Begrüßung zu erwidern. Rheas Freund war ein bildschöner Mann und noch dazu absolut ihr Typ – braungebrannt, markante Gesichtszüge, grüne Augen, in denen Klugheit und Witz um die Wette funkelten, sehnige Hände und ein Mund, dessen Lippen zum Träumen einluden. Keine jugendfreien Phantasien, oh nein, ganz und gar nicht. Tessy schluckte. Träume, die sie sich in diesem Fall sofort aus dem Kopf zu schlagen hatte. Beruf und Sex, das ging gar nicht. Wobei Kopf nicht ganz korrekt war … Ihr Herzschlag hatte sich beschleunigt, kaum dass sie ihn angesehen hatte.

„Danke, dass Sie sich sofort Zeit genommen haben, Herr Mihl“, sagte sie betont sachlich und räusperte sich, während sie einander gegenüber Platz nahmen.

„Das ist doch selbstverständlich.“ Er hob den Blick, als die Kellnerin herantrat und schenkte ihr ein breites Lächeln, bevor er Tessy wieder ansah. „Wollen wir erst mal eine Kleinigkeit bestellen?“

„Gute Idee.“

Das war schlicht eine Lüge. Tessys Appetit war normalerweise mehr als gesund – nach der unmaßgeblichen Meinung ihrer Mutter sogar erschreckend groß –, aber im Moment war ihr gar nicht nach Essen zumute. Dennoch bestellte sie ein Omelett mit Salat und Orangensaft und nahm sich vor, so professionell und distanziert wie möglich vorzugehen. Ich stell mir einfach vor, er hat Pickel, schiebt einen Bierbauch vor sich her, riecht aus dem Mund, und sein bestes Stück hat die Größe einer verkümmerten Rosine, überlegte sie.

Paul schloss sich ihrer Bestellung an, wählte jedoch zusätzlich eine Portion Backkartoffeln.

„Wenn ich es richtig verstanden habe, können Sie sich keinen überzeugenden Reim darauf machen, dass Ihre Freundin sich auf diese Weise eine Auszeit genommen hat“, hob Tessy an, als die Getränke serviert worden waren und genehmigte sich einen Schluck Saft.

„Genau. Das ist nicht ihr Stil“, entgegnete Paul sofort mit ernster Miene. „Ich kann mir ihr Verhalten einfach nicht erklären.“

„Sie hatten Streit.“

Er nickte. „Ja. Ein paar Tage vorher – das übliche Thema …“ Er brach ab und sah Tessy nachdenklich an. „Ich möchte mit ihr zusammenleben, sie will noch warten.“ Er seufzte. „Warum warten, wenn doch alles zwischen uns klar ist?“

Da könnte man glatt schwach werden, dachte Tessy. Diesen Typen jeden Abend im Bett zu haben … Sie wischte das Bild beiseite, das ungefragt und bemerkenswert detailgetreu vor ihrem inneren Auge aufgestiegen war – von wegen Rosine!

„Warum will Rhea noch warten?“, fragte sie.

Er zuckte mit den Achseln. „Sie will erst das Studium beenden, das noch ungefähr ein Jahr dauert. Das Argument überzeugt mich aber nicht …“ 

Das Essen wurde serviert. Einen Moment aßen sie schweigend.

„Wie dem auch sei“, hob er kurz darauf wieder an. „Das Thema hatten wir schon häufig – deshalb einfach abzuhauen, lediglich eine SMS zu schicken, noch dazu an ihre Eltern und lediglich in Kopie an mich, und für niemanden erreichbar zu sein, ist völlig unpassend. Warum plötzlich diese Theatralik?“ Paul schüttelte den Kopf. „Das kapier ich einfach nicht.“

Er hat Recht, dachte Tessy. Darüber hinaus stellt sich auch die Frage, warum sie sich nicht zumindest bei ihren Eltern meldet, die mit diesem Beziehungskonflikt schließlich gar nichts zu tun haben. Andererseits könnte sie es darauf angelegt haben, Paul vor den Kopf zu stoßen … Frauen benutzten manchmal eigentümliche Waffen, und die Logik spielte dabei eine untergeordnete Rolle.

‚Ich brauche eine Auszeit’, brachte die Detektivin sich den Handy-Text noch einmal wörtlich in Erinnerung. ‚Muss über Paul und mich nachdenken und über das, was wichtig in meinem Leben ist. Lasst mir bitte Zeit. Rhea’.

„Haben Sie denn eine Vermutung, was hinter dieser ganzen Geschichte stecken könnte?“, fragte Tessy und legte ihre Gabel an den Tellerrand.

Sein Blick wurde plötzlich dunkel. Er schluckte. „Ich habe Angst, dass ihr etwas passiert sein könnte … Vielleicht hat sie die SMS gar nicht selbst geschrieben.“

Tessy nahm ihre Gabel wieder auf. „Um es auf den Punkt zu bringen: Sie denken an eine Entführung?“

„Ja. So was Schreckliches passiert ja leider immer wieder.“

„Das hieße aber, dass der Entführer, der Rheas Spur mit der SMS verwischen will, ganz gut über ihr Leben Bescheid wissen müsste.“

„Ist mir klar – er könnte sie zum Reden gezwungen haben“, wandte Paul mit gepresster Stimme ein.

Der Einwand war nicht von der Hand zu weisen. Tessy setzte eine bewusst gelassene Miene auf und aß langsam weiter. 

„Entführer fallen nicht einfach vom Himmel, schon gar nicht, wenn es sich um eine geplante Aktion handelt“, bemerkte sie. „Bleibt die Frage – warum? Eine Geldforderung gibt es nicht.“ 

Paul nickte nachdenklich. „Es muss um etwas anderes gehen.“

„Wissen Sie von irgendwelchen gravierenden Änderungen in Rheas Leben? Neue Freunde? Geldprobleme? Ärger an der Uni? Hat sie in letzter Zeit mal eine Bemerkung gemacht, die Sie jetzt stutzen lässt, oder sich eigentümlich verhalten?“, fuhr Tessy fort.

Paul hob kopfschüttelnd die Hände. „Glauben Sie mir – es war alles wie immer, bis ich am vorletzten Samstag die SMS erhielt. Wir haben uns regelmäßig gesehen, und bis auf den genannten Konflikt gab es nichts, was unser Zusammensein trübte – in keiner Beziehung, wenn Sie verstehen, was ich meine.“ Er hob eine Braue, und Tessy quälte sich ein fröhlich-wissendes Lächeln ab, während ein nackter und gut ausgestatteter Paul Mihl durch ihren Kopf geisterte und in ihrem Unterleib ein heftig aufflackerndes Feuer entfachte.

„Mein Job läuft gut, ihr Studium sogar phantastisch“, fuhr er fort. „Wenn sie tatsächlich Probleme hat, von denen ich nichts weiß und die mit ihrem Verschwinden zu tun haben, muss sie eine gute Schauspielerin sein. Eine sehr gute sogar, denn so schnell kann man mir nichts vormachen.“

Viele Frauen werden mit dieser Begabung geboren, und dann bietet ihnen das Leben viele Möglichkeiten, ihr Talent auszubauen, überlegte Tessy. Eine gute Viertelstunde später verließen sie gemeinsam das Lokal. Paul versprach, sich zu melden, falls ihm noch etwas einfiel, was Tessy bei ihren Nachforschungen helfen könnte. Er gab ihr die Hand, drückte sie mit sanftem, aber deutlich spürbarem Druck, und Tessy wandte sich ab, bevor sie sich in seinem Blick verfing.

Larissa Tiebrecht hatte Tessy ein Treffen auf dem Tempelhofer Feld vorgeschlagen, wo sie nach ihrem Seminar eine Runde mit ihren Inlinern drehen wollte. Tessy fand die Idee gut. Sie war gerne auf dem ehemaligen Flughafengelände und ließ sich von dem quirligen Sommer-Party-Feeling anstecken. Die Vorstellung, dass noch vor kurzem reger Flugbetrieb in Tempelhof geherrscht hatte, schien bereits nach wenigen Monaten, in denen die Berliner es zu ihrem Terrain gemacht hatten, kaum vorstellbar.

Heerscharen von Menschen aller Altersgruppen und Nationalitäten bevölkerten das weite Gelände: Jogger, Radfahrer, Skater, Picknicker. Am Grillplatz stiegen bereits am Nachmittag Rauchwolken auf, Beachvolleyballer schrien sich Kommandos zu, ein nach dem schweren nächtlichen Gewitter stahlblauer Himmel spannte sich über dem bunten Treiben. Das wunderbare Gefühl von niemals endenden Ferien bestimmte die Atmosphäre.

Larissa wartete an einer Infotafel am Kreuzberger Eingang. Sie war höchstens einsfünfzig groß, rothaarig und zierlich wie ein Kind. Sommersprossen tummelten sich auf ihrer Nase. Sie saß auf ihrer Sporttasche und stand auf, als Tessy näher trat. Die Detektivin war auch nicht gerade groß gewachsen, aber Larissa ging ihr gerade mal bis zum Kinn.

„Setzen wir uns hier einfach auf die Wiese?“, fragte Rheas Freundin. „Ich hab auch eine Decke, eine Thermoskanne Kaffee und Kuchen dabei.“

„Wie fürsorglich und aufmerksam!“

„Na ja.“ Larissa lächelte verschmitzt. „Um ehrlich zu sein, gehe ich immer so ausgerüstet aufs Feld. Ich drehe meine Runden und lasse es mir bei schönem Wetter hier draußen gut gehen. Aber natürlich sind Sie eingeladen.“

Tessy lachte. Die Studentin war ihr auf Anhieb sympathisch. „Ich verstehe. Aber einen Kaffee nehme ich trotzdem gerne.“ 

Wenige Augenblicke später saßen sie sich auf einer etwas abgelegenen Wiese auf einer Decke im Schneidersitz gegenüber, Larissa schenkte Kaffee ein, und Tessy erörterte kurz, warum die Polizei nicht weiter ermittelte, bevor sie den Inhalt ihrer Unterredungen mit Rheas Eltern und Paul grob skizzierte. Larissa hörte aufmerksam zu.

„Ich bin gespannt, ob Sie eine Idee haben, was Rheas unerklärlicher Aufbruch bedeuten könnte“, schloss Tessy ihre Einleitung ab.

„Die habe ich nicht – leider. Das habe ich der Polizei auch schon gesagt“, erklärte Larissa. „Die Sache mit der Kurzmitteilung erscheint mir genauso suspekt wie Rheas Eltern und Paul.“ Sie brach ab und trank von ihrem Kaffee, während sie beiläufig ihre Blicke schweifen ließ.

Tessy stutzte. Das hätte sie mir auch am Telefon sagen können, dachte sie, dazu wäre ein Treffen nicht nötig gewesen. Aber Larissa hatte einem persönlichen Gespräch umgehend zugestimmt.

„Fällt Ihnen nicht irgendein Hinweis ein, der uns weiterhelfen könnte?“, fragte die Detektivin. „Das kann auch eine verschwommene Ahnung sein, über die Sie nicht mit der Polizei sprechen wollten. Oder ein ungutes Gefühl, das Sie beschäftigt. Immerhin sind Sie Rheas beste Freundin, Sie studieren gemeinsam, haben Schlüssel zu der Wohnung der anderen … Sie kennen Rhea garantiert sehr gut, vielleicht besser als Paul und ihre Eltern.“

Larissa warf ihr einen langen, erstaunten Blick zu, den Tessy mit einem Lächeln quittierte. Die Studentin erwiderte das Lächeln zaghaft, bevor sie wieder ernst wurde.

„Na ja … also, ich bin ziemlich beunruhigt, um ehrlich zu sein“, gab sie zu. „Wir schreiben nächste Woche zum Ende des Semesters zwei wichtige Klausuren, und es passt einfach nicht zu Rhea, sich ausgerechnet jetzt zurückzuziehen. Und der Streit mit Paul ist ein verdammt alter Hut.“

„Wirklich?“

„Unbedingt … allerdings …“ Sie blickte auf ihre Hände.

„Ja?“

„Ich hab den Eindruck, dass Paul und auch Rheas Eltern sich etwas vormachen. Friede, Freude, Eierkuchen ist bei den beiden schon lange nicht mehr angesagt.“

Also doch, dachte Tessy. „Ach? Könnten Sie konkreter werden?“

„Rhea liebt ihre Unabhängigkeit. Damit kann Paul nicht gut umgehen. Er hält sich für unwiderstehlich.“

Ein bisschen ist er das auch, fuhr es Tessy durch den Kopf. Sie setzte ein unschuldiges Gesicht auf. „Will sie sich von ihm trennen?“

Larissa wiegte den Kopf von einer Seite auf die andere. „Das kann ich nicht sagen, soweit würde ich nicht gehen wollen. Aber auf jeden Fall fühlt sie sich immer wieder von ihm bedrängt.“

„Wo genau ist denn Ihrer Ansicht nach der Haken bei den beiden?“

Larissa runzelte die Stirn, und Tessy hob entschuldigend die Hände. 

„Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich auch indiskrete Fragen stellen muss, wenn ich eine Spur aufnehmen soll“, beteuerte sie. „Vielleicht hat dieser ganze Beziehungskram überhaupt nichts mit Rheas Verschwinden zu tun, und er rückt ganz zu Unrecht in den Vordergrund, vielleicht ergeben sich aber doch Ansatzpunkte, die mich weiterbringen und zu Fragen veranlassen, die bisher nicht gestellt wurden.“

„Ja, ich verstehe.“ Larissa atmete tief durch. Ihre Sommersprossen wirkten plötzlich deutlich blasser. „Wissen Sie, ich habe Rhea mein Ehrenwort gegeben …“

Jetzt wird’s interessant, dachte Tessy.

„… und ich würde mich auch weiterhin daran gebunden fühlen, wenn ich nicht mittlerweile in so großer Sorge um sie wäre“, fuhr Larissa mit gesenkter Stimme fort. Sie sah sich kurz um, als befürchte sie, belauscht zu werden. „Ich weiß nicht, ob es einen Zusammenhang gibt – wahrscheinlich nicht, aber man kann ja nie wissen … Also, Rhea hat einen Job, von dem niemand außer mir und einer Kommilitonin etwas weiß und auch keiner etwas wissen darf – schon gar nicht Paul!“

Tessy stellte ihren geleerten Kaffeebecher neben der Decke ab, ohne Larissa aus den Augen zu lassen. „Ich bin ganz Ohr und kann sehr verschwiegen sein.“

„Das hoffe ich. Notfalls streite ich nämlich ab, je mit Ihnen gesprochen zu haben.“ Die junge Frau bemühte sich um einen strengen Gesichtsausdruck, der ihr aber nicht überzeugend gelang. „Rhea jobbt nicht hin und wieder an der Uni, wie alle denken, sondern in einem Erotikclub“, erklärte sie. „Die Stelle hat ihr Franka vermittelt, eine Studienkollegin, die dort selbst beschäftigt ist – und auch diese Info haben Sie nicht von mir!“

„Oh.“

Larissa hob die Hände. „Warten Sie – das klingt wesentlich spektakulärer, als es ist. Rhea steht hinterm Tresen und hilft in der Küche“, betonte sie eilig. „Sie macht den Job gerne und verdient gutes Geld, aber ich muss wohl kaum hinzufügen, dass Paul am Rad drehen würde, wenn er davon wüsste, und ihre Eltern ebenso. Außerdem würden sie ihr im Gegensatz zu mir kaum glauben, was den Charakter ihrer Arbeit angeht.“

„Ja, das kann ich mir gut vorstellen“, entgegnete Tessy und unterdrückte ein Schmunzeln. ‚Charakter ihrer Arbeit’ war eine hübsche Formulierung. Unter diesem Gesichtspunkt wurde auch verständlicher, warum Rhea nicht mit Paul zusammenziehen wollte. 

Sie rief sich das Foto von der jungen Frau in Erinnerung. Als Erotikclubbesitzerin hielte ich es für pure Verschwendung, Rhea in der Küche arbeiten zu lassen, überlegte sie. 

„Nennen Sie mir Namen und Adresse des Clubs?“

Larissa nickte langsam. „Ja, aber wie gesagt: Den Tipp haben Sie nicht von mir!“

Da Rheas Bruder Jakob erst am Abend Zeit für eine Unterredung hatte, kehrte Tessy am späten Nachmittag nach Hause zurück. Während der Heimfahrt beschäftigte sie die dringliche Frage, ob der Hinweis auf den Erotikclub bereits zu diesem Zeitpunkt eine so wichtige Information war, dass sie Dirk Hanter einbeziehen musste. Eigentlich schon, aber war es andererseits nicht sinnvoller, zunächst einmal alleine vor Ort Erotikluft zu schnuppern?

Der Gedanke gefiel ihr auf Anhieb wesentlich besser. Herrlich schlüpfrige Bilder kamen ihr in den Kopf. Doch von ihren persönlichen Vorlieben einmal abgesehen, hatte Rheas Job unter Umständen gar nichts mit ihrem Verschwinden zu tun, und Tessy würde gänzlich umsonst die Pferde scheu machen, wenn sie den Kommissar losschickte. Außerdem waren die Beschäftigten in der Bar- und Erotikszene nicht gerade auskunftsfreudig, wenn Beamte auftauchten.

Als sie in Marienfelde eintraf, hatte sie entschieden, zunächst den Alleingang zu wagen, und zwar noch am gleichen Abend – nach ihrem Date mit Jakob.

3. Kapitel

Franka war an diesem Abend spät dran. Sie schlüpfte in ihr enges, knappes Kleidchen und warf einen prüfenden Blick in den Spiegel. Franka gefiel ihr Job. Zweimal in der Woche war sie im Club beschäftigt – zunächst auf der Tanzfläche, wo sie sich austobte, bis der Schweiß in Strömen floss, später häufig in einem der kleinen Hinterzimmer, wo sie sich ebenfalls nach Lust und Laune austoben konnte. Die Betonung lag auf ‚konnte’. Sie musste mit niemandem schlafen, der ihr nicht gefiel oder sich auf jemanden einlassen, dessen Wünsche ihr gegen den Strich gingen. Aber häufig hatte sie Lust auf Sex oder auch auf erotische Spielchen. Allerdings nur mit Männern. Sie war nicht einmal ansatzweise bi veranlagt, wie zum Beispiel Rhea, und hatte auch keinerlei Interesse daran, ihre Bedürfnisse diesbezüglich genauer unter die Lupe zu nehmen oder einfach mal etwas Neues auszuprobieren.

Es gab Gäste, die keinen anderen Wunsch hatten, als mit ihrem Partner oder auch zu dritt Sex zu haben, während Franka dabeisaß und zusah. Für das Zusehen wurde sie bestens bezahlt. Was für ein Job! Zwei, drei Gäste waren spezieller. Ein junger schweigsamer Typ kam seit Monaten regelmäßig alle drei bis vier Wochen in den Club, um Franka zunächst auf der Tanzfläche anzustarren und später im Hinterzimmer für sich allein tanzen zu lassen. Dabei holte er sich einen herunter. Wenn es weiter nichts war …

Ein Mann älteren Semesters liebte es, wenn Franka sich als junger Kerl verkleidete, wozu sie sich mit ihrer zierlichen Figur bestens eignete, und mit vulgären Ausdrücken um sich warf. Er bevorzugte Analverkehr, und es gehörte nicht allzu viel Phantasie dazu, sich auszumalen, dass der Gute seine Homosexualität selbst im Verborgenen nur auf Umwegen zulassen konnte. Franka gefiel der Gedanken, dem Mann bei seinem Phantasie-Coming-out behilflich zu sein.

Franka war blond, volllippig, hatte blaue Augen, einen unschuldigen Blick. Ihre Gene waren hervorragend, und die Natur hatte sie zusätzlich verwöhnt, zum Beispiel mit einem flotten Stoffwechsel, der ihrer schlanken Figur zugute kam. Franka konnte sich nicht daran erinnern, jemals einen Gedanken an eine Diät verschwendet oder irgendwelche Kalorientabellen studiert zu haben.

Sie lächelte, warf sich selbst eine Kusshand zu und wandte sich zur Tür, um den Umkleideraum zu verlassen, als ihr Blick auf Rheas Jacke fiel, die an der Garderobe hing – seit dem vorletzten Freitag, also vor gut anderthalb Wochen, als die Studentin das letzte Mal im Club gewesen war. Frankas Lächeln erlosch.

Sie schlief nicht besonders gut, seitdem Larissa sie über Rheas Verschwinden informiert hatte. Irgendwas stimmte da nicht, das spürte sie, obwohl sie mit der Kollegin und Kommilitonin nicht annähernd so eng befreundet war wie Larissa. Die hatte ihr am frühen Abend per SMS mitgeteilt, dass inzwischen eine Privatdetektivin nach Rhea suchte und auch im Club vorbeikommen würde, um einige Fragen zu stellen. Das stimmte Franka noch nachdenklicher. Nein, um genau zu sein, erschreckte sie der Hinweis. Niemand schaltete eine Detektivin ein, wenn es nicht wirklich ernst war.

‚Die Privatdetektivin ist okay’, hatte Larissa noch hinzugefügt. ‚Kannst ihr vertrauen.’

Franka hatte vor ungefähr einem Jahr zufällig mitbekommen, dass Rhea einen Job suchte und die gutaussehende, muntere Studienkollegin kurzerhand angesprochen. Der Club suchte attraktive, kluge und aufgeschlossene Mädchen hinterm Tresen, die auch mal bereit waren, in der Küche anzupacken. Dass Rhea sehr schnell interessiert gewesen war, in den Animierbereich zu wechseln, hatte Franka nur mäßig erstaunt, seitdem sie häufiger mit ihr zu tun hatte. Rhea hatte wesentlich mehr Tiefen als auf den ersten Blick erkennbar waren. Das machte Franka auch daran fest, dass sie sich gerne mit Paaren einließ – und dabei ging es wohl ganz schön zur Sache, wie sie aufgrund der lauten Geräuschkulisse so manches Mal mitbekam.

Franka schob ihre Gedanken beiseite und öffnete die Tür. Laute Musik schallte ihr entgegen. An der Bar saßen bereits etliche Gäste. Ungefähr die Hälfte von ihnen kannte sie. Sie lächelte einigen zu und ging mit wiegenden Schritten auf die Tanzfläche, um innerhalb weniger Minuten im lasziven Rhythmus der Musik zu versinken. Die Blicke der Gäste spürte sie wie feine Nadelstiche auf der Haut. Sie schloss die Augen, legte die Hände auf die Innenschenkel und ließ ihre Hüften bedeutungsvoll kreisen.

Nach knapp zwanzig Minuten sprach sie ein neuer Gast an und lud Franka zu einem Drink ein. Der Mann war schätzungsweise Mitte Vierzig, stammte aus Norddeutschland und hatte einen wichtigen Geschäftstermin in Berlin, wie er Franka ebenso ungefragt wie eifrig wissen ließ. Er hieß Rainer und neigte zum Bauchansatz – dafür hatte er sehr schöne Hände und eine angenehme Stimme. Nach dem dritten Drink fragte er höflich an, ob Franka neben dem Tanzen auch noch andere Aufgaben im Club wahrnahm.

„Das kommt drauf an“, erwiderte sie mit leisem Lächeln.

„Worauf genau?“

„Nun, ich suche mir meine Aufgaben selbst aus.“

„Interessant.“

„Nicht wahr?“

Er fixierte sie einen Augenblick forschend. „Ja, in der Tat, aber lass uns das Gespräch abkürzen.“ Er machte eine wegwerfende Handbewegung. „Ich geb dir hundert Euro, und dafür darf ich fünfzehn Minuten lang mit dir machen, was ich will“, schlug er, plötzlich unangenehm schnell zur Sache kommend, vor. „Das ist ein ganz hübscher Stundenlohn, wenn du mal nachrechnest.“

Franka runzelte die Stirn. „So läuft das hier nicht. Du musst schon deutlicher werden. Was genau möchtest du denn mit mir machen?“ Sie stützte das Kinn in die Hand und sah ihm in die Augen.

Rainer seufzte. „Du machst es ziemlich spannend. Können wir nicht einfach nach hinten gehen, und dann zeig ich dir ohne große Worte, was ich will? Ich bin sicher, dass du mich gut verstehst.“

Franka schüttelte den Kopf. Der Typ begann sie zu nerven. Ich bin doch keine billige Straßennutte, fuhr es ihr plötzlich durch den Kopf. Ich entscheide, was hier mit wem läuft.

„Hundert Euro sind eine ganze Stange Geld … apropos Stange …“ Er fasste sich grinsend in den Schritt.

Ich hab schon niveauvollere Anzüglichkeiten gehört, dachte Franka, und der Gedanke schien sich auf ihrem Gesicht wiederzuspiegeln, denn Rainers Grinsen verflüchtigte sich auffallend schnell wieder. Er hob die Brauen und musterte sie mit lauerndem Blick. Plötzlich beugte er sich zu ihr vor und fasste nach ihrem Arm. 

„Meine Güte, Mädchen, mach doch nicht so einen Aufstand! Ich will, dass du mir einen bläst, und zwar vom Allerfeinsten!“, raunte er ihr zu. „Und wenn du mich so richtig in Fahrt gebracht hast, besteige ich dich wie eine rossige Stute – Ende der Durchsage!“

„Du nimmst mir die Worte aus dem Mund“, gab Franka nach kurzem Überlegen zurück. „Such dir eine andere Gespielin – du bist nicht mein Typ.“

Rainer starrte sie perplex an. „Was?“

„Du bist nicht mein Typ.“ Sie zog ihren Arm zurück.

„Du spinnst wohl!“

Franka stand auf und drehte sich um. Rainer erhob sich ebenfalls und trat neben sie. Wieder wollte er nach ihrem Arm fassen. Sie wich ihm geschickt aus. „Lass mich bitte in Ruhe.“

„Zier dich doch nicht so!“

Andere Gäste folgten dem Disput bereits interessiert. Einige lachten, andere waren neugierig, wie es weitergehen würde. Vielleicht halten sie das Ganze für eine Inszenierung, dachte Franka. Sie sah zur Theke hinüber, wo ihr Chef stand. Konrad Bohl, der den Laden gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin und Partnerin Eva Gruber führte, nickte ihr beruhigend zu und kam dann langsam um den Tresen herum. Er legte Rainer eine Hand auf die Schulter.

„Hier arbeiten noch andere, sehr hübsche Mädchen. Vielleicht hast du bei denen mehr Glück mit deinen Wünschen“, erklärte er ruhig.

Rainer fuhr herum und starrte Konrad erbost an. „Hör zu, Kumpel, der Club ist mir empfohlen worden. Ich will einfach nur gepflegt vögeln und keine langen Reden schwingen …“

„Wer immer dir den Club empfohlen hat, dürfte vergessen haben, darauf hinzuweisen, dass die Mädchen hier selbst entscheiden, mit wem sie in welcher Weise ein Stündchen, den Abend oder auch die Nacht verbringen. Wenn du das nicht respektierst, dann solltest du auf den Strich fahren, und zwar jetzt gleich.“

„Mach mir keine Vorschriften, Alter!“

„Und ob ich das tue.“ Konrad Bohl lächelte zuvorkommend, drehte Rainer dann mit geschicktem Griff den Arm auf den Rücken und bugsierte den empört protestierenden Mann zur Tür, ohne dass der die geringste Chance hatte, sich dagegen zu wehren.

Bohl war achtundvierzig Jahre alt und in bester körperlicher Verfassung. Es gab kaum einen Tag, an dem er nicht entweder im Fitnessstudio war, durch den Tiergarten joggte oder mit seinem Kung-Fu-Lehrer trainierte. Das konnte Rainer natürlich nicht wissen – dafür bekam er es zu spüren. 

Franka beobachtete voller Genugtuung, wie der aufdringliche Gast aus Norddeutschland unfreiwillig schnell und unsanft aus dem Club befördert wurde. Sie atmete tief durch und wollte sich gerade umdrehen, als eine Frau eintrat, die irritiert und kopfschüttelnd hinter sich blickte, bevor sie die Tür schloss. Franka vermutete, dass sie mit Rainer zusammengestoßen war. Konrad Bohl schüttelte der Frau die Hand und führte sie zur Theke. Die beiden wechselten leise einige Worte miteinander.

Keine übliche einsame Clubbesucherin, die Anschluss oder auf verschämte Weise sexuelle Anregungen sucht, dachte Franka, während sie die Frau mit den hohen Wangenknochen und dem dunklen Haar musterte. In dem Moment, als sich ihre Blicke trafen, wusste Franka, wer die Frau war.

* * *

Es war eine gute Idee gewesen, vor dem geplanten Besuch im Club anzurufen und sich beim Chef höchstpersönlich zu vergewissern, dass sie willkommen war, dachte Tessy, als Bohl ihr mit charmantem Lächeln einen Drink servierte. Ansonsten hätte sie sich ihren Plan sehr wahrscheinlich noch einmal überlegt, nachdem ihr an der Eingangstür ein Gast laut und unflätig fluchend quasi in die Arme geflogen war und beinahe umgerissen hätte. Tessy schätzte, dass der Typ sich die Gestaltung des Abends gänzlich anders vorgestellt hatte. Bohl lachte laut auf, als sie eine entsprechende Bemerkung machte.

„Sie sind also Privatdetektivin“, wurde er dann schnell wieder ernst. „Und suchen nach Rhea.“

Tessy nippte an ihrem Lemon-Wodka und nickte. „Ja. Wie ich am Telefon schon sagte, hat die Polizei aufgrund mangelnder Indizien im Moment keine Handhabe, nach Rhea zu fahnden, aber die Angehörigen sind davon überzeugt, dass ihr etwas zugestoßen ist. Wie oft arbeitet Rhea eigentlich in Ihrem Club?“

„Das ist ganz unterschiedlich. Manchmal zwei- oder dreimal die Woche, dann wieder eine Woche lang gar nicht.“

„Sie hat keinen festen Dienstplan?“, wunderte sich Tessy.

„Doch, doch“, erwiderte Konrad Bohl. „Aber den sprechen wir meist kurzfristig ab. Am Samstag vor einer Woche schickte sie mir eine SMS, dass sie ein paar Tage Urlaub bräuchte …“

„Ach.“ Tessy runzelte die Stirn. „Haben Sie die Nachricht noch?“

Bohl schüttelte den Kopf. „Tut mir leid, ich lösche meinen Nachrichtenspeicher alle paar Tage, aber vielmehr als die paar Worte stand da auch nicht drin.“

„Haben Sie sich nicht gewundert, dass sie sich so unpersönlich in den Urlaub verabschiedet?“

„Ein bisschen vielleicht, zumal sie am Abend vorher noch hier war, aber …“ Bohl zuckte mit den Achseln. „Sie arbeitet lediglich als Aushilfe. Stutzig wurde ich erst, als ich sie Ende der letzten Woche zu erreichen versuchte und Rhea weder ans Festnetztelefon noch an ihr Handy ging und auch nicht zurückrief. Daraufhin sprach ich Franka an“, er wies mit dem Kopf in Richtung einer jungen Frau, die gerade die Tanzfläche betrat, „die mir schließlich erzählte, dass die Eltern und der Freund besorgt seien und die Polizei eingeschaltet hätten.“

Konrad Bohl pflegte einen gehobenen Sprachstil, den Tessy bei einem Clubbesitzer nicht erwartet hatte und der ihr bereits am Telefon aufgefallen war. Andererseits war der Mann kein simpler Kneipenbesitzer oder billiger Lude. Er legte Wert auf ein gewisses Niveau – passend zum seriösen Ambiente des Clubs, der mit seiner dunkelroten und fein aufeinander abgestimmten Einrichtung unaufdringlich luxuriös und zugleich sinnlich wirkte. 

Die Mitarbeiterinnen, die Tessy bisher zu Gesicht bekommen hatte, waren durchweg attraktive, gutgekleidete Frauen zwischen Anfang zwanzig und Ende dreißig. Auch wenn klar war, dass die Frauen für diverse Ablenkungen zur Verfügung standen, fand hier keine vulgäre Anmache statt. Selbst Larissas Tanzstil, der ohne Zweifel neugierig machte und höchst aufreizend war, hatte eine durchaus künstlerische und verspielte Note. Die Frau verstand sich zu bewegen und hatte Spaß an ihrem Tun. Unter anderen Umständen wäre Tessy ihr auf die Tanzfläche gefolgt …

„Ich hoffe sehr, dass Rhea nichts passiert ist, und ich habe nichts dagegen, wenn Sie sich hier ein bisschen umhören – auf diskrete Weise natürlich“, meinte Bohl schließlich betont sachlich. „Aber ich muss wohl kaum erläutern, dass ich allergrößten Wert darauf lege, keine Polizei im Haus zu haben und natürlich auch nicht wünsche, dass meine Gäste sich belästigt fühlen …“

Die Botschaft war unmissverständlich – sie durfte ihre Fragen stellen, aber wenn sie nervte oder gar die Bullen aufkreuzten, würde Bohl mehr als zurückhaltend reagieren, von den Clubbesuchern mal ganz zu schweigen.

Tessy hob beide Hände. „Das ist völlig klar“, bemerkte sie eifrig. „Danke noch mal für Ihre Unterstützung. Ich weiß, dass die alles andere als selbstverständlich ist. Ach, sagen Sie mal, welcher Art war eigentlich Rheas Job?“, schob sie schnell hinterher.

Konrad Bohl lächelte. „Wie gesagt – Sie können sich diskret umhören. Ich selbst habe jedoch jetzt anderes zu tun, als noch weitere Fragen zu beantworten.“ Damit nickte er ihr amüsiert zu und ging ohne ein weiteres Wort ans andere Ende der Theke, wo er mit einem Gast das Gespräch aufnahm. 

Keine Antwort ist auch eine Antwort, dachte Tessy, nahm sich jedoch vor, Bohls Zurückhaltung nicht überzubewerten. Der Mann hatte vielleicht einfach keine Lust oder es war nicht sein Stil, hinter dem Rücken seiner Mitarbeiterinnen über sie zu sprechen. Sie drehte ihren Barhocker, so dass sie Franka beim Tanzen beobachten konnte. Die Bewegungen der zarten Frau wurden zunehmend eindeutiger. Ihr knappes Kleid gab den Blick auf schlanke, aber muskulöse Oberschenkel frei. Tessy stellte sich vor, wie Franka ohne Höschen tanzte, aber bevor sie sich detaillierter ausmalen konnte, was sie mit der jungen Frau so alles anstellen könnte, klang das Musikstück aus, und die Tänzerin verließ ihre Bühne. Tessy fing ihren Blick ein und nickte ihr einladend zu. Sie wies auf den Hocker neben sich, als Franka näher trat und sie neugierig ansah.

„Ich bin Tessy Ritter“, stellte die Detektivin sich vor. „Haben Sie einen Moment Zeit für mich?“ Sie zeigte kurz in Bohls Richtung. „Ich arbeite als private Ermittlerin, und Ihr Chef hat mir freundlicherweise erlaubt, im Fall Ihrer verschwundenen Kollegin Rhea auch hier im Club nachzuforschen.“

Die junge Frau schwang sich sofort auf den Sitz und ließ sich von der Barkeeperin ein Wasser geben. „Ja, ich weiß.“, meinte sie dann und strich sich eine verschwitzte Haarsträhne aus dem Gesicht. „Larissa hat mich bereits informiert.“

Prima, dachte Tessy. Dann kann ich mir ja die langen Vorreden sparen. Sie hoffte sehr, dass die Unterredung mit Franka erfolgreicher verlaufen würde als die mit Rheas Bruder, mit dem sie sich zuvor am Hauptbahnhof getroffen hatte. Jakob hatte kaum mehr zu der Angelegenheit beizutragen gehabt als seine Eltern, außerdem war er in Eile gewesen und hatte unkonzentriert gewirkt. Das Treffen hätten Tessy sich sparen können, aber hinterher war man immer schlauer.

„Ich würde Ihnen gerne einige Fragen stellen“, hob die Detektivin an. „Ein behutsamer Umgang mit Informationen ist natürlich selbstverständlich, insbesondere da Rhea ihren Job hier im Club verheimlicht hat …“

Franka zeigte ein feines Lächeln. „Behutsamer Umgang … schön gesagt.“

Tessy lächelte zurück. Ihr wurde warm. Franka war sehr attraktiv. Der zarte Schweißfilm, der ihre Haut benetzte, glänzte im schummrigen Licht der Bar. „Ich komme ursprünglich aus der Zeitungsbranche, wo der Schutz von Informanten ebenfalls oberstes Gebot ist. Sie können sich darauf verlassen, dass ich Ihre Hinweise absolut vertraulich behandeln werde.“

Franka spitzte die Lippen. „Warum haben Sie die Branche gewechselt?“

„Ich war zu forsch und zu direkt.“

„War das alles?“

„Nicht ganz … Ich habe mit der Freundin meines Chefs geschlafen.“

Franka lächelte erneut. „Verstehe. Hat es sich wenigstens gelohnt?“

„Und ob.“

Die Tänzerin schmunzelte. „Okay. Fragen Sie einfach, und ich entscheide, ob ich antworte.“

Tessy überlegte nur kurz. „Larissa erörterte mir, dass Rhea auf Ihre Empfehlung hin den Job hier im Club bekam. Sie arbeitet als Küchenhilfe und an der Bar. Können Sie das bestätigen?“

Franka zögerte. „Sie fing als Küchenhilfe und Barfrau an.“

„Aha.“

Die Tänzerin beugte den Kopf zu Tessy. Der zarte Duft eines lieblichen Parfums stieg der Detektivin in die Nase.

„Sie ist recht schnell in den Animierbereich gewechselt“, sagte Franka schließlich mit gedämpfter Stimme. „Aber das haben ich Ihnen niemals gesagt.“

„Natürlich nicht. Wie weit ist Rhea gegangen?“

Franka ließ wieder dieses zauberhafte Lächeln über ihr Gesicht huschen. „Sie möchten wissen, ob sie erotische und sexuelle Wünsche erfüllt hat.“

„Das hätte ich nicht annähernd so charmant ausdrücken können“, entgegnete Tessy vergnügt.

„Oh, danke. Nun, Rhea war offen für alles, was ihr selbst auch gefiel, und um Ihre nächste Frage gleich vorwegzunehmen: Ja, sie hat mit Gästen geschlafen und gutes Geld verdient.“

„Ist in letzter Zeit etwas Besonderes vorgefallen?“

Franka schüttelte den Kopf, während sie ihren Blick über die Bar in Konrad Bohls Richtung schweifen ließ. Sie wandte Tessy wieder das Gesicht zu, und ihre Lippen formten plötzlich ein „Ja“. 

Die Detektivin nestelte rasch und unauffällig eine Visitenkarte aus ihrer Jackentasche. „Würden Sie mich anrufen, falls Ihnen noch etwas einfällt?“

Franka nahm das Kärtchen an sich. „Ja, natürlich.“ Wenige Minuten später ging sie erneut auf die Tanzfläche.

Tessy blieb noch eine knappe Stunde in dem Club, befragte die Thekenfrau und zwei andere Animierdamen sowie einige Gäste. Die Ausbeute ihrer Befragungen war gering, aber sie war sicher, dass Franka sich bei ihr melden würde und Konrad Bohl mit ihrem unauffälligen Auftreten so zufrieden war, dass sie jederzeit wiederkommen durfte.

Der Anruf kam morgens um kurz vor halb fünf. Tessy schreckte aus dem Tiefschlaf hoch, noch gefangen in einem höchst erregenden Traum, in dem eine zierliche Tänzerin mit gespreizten Beinen vor lag und sich lustvoll schreiend von ihrer Zunge verwöhnen ließ …

„Tut mir leid, wenn ich Sie wecke“, sagte eine weibliche Stimme am anderen Ende, als Tessy nach einem erstaunten Blick auf die Uhr die Verbindung hergestellt hatte. „Ich bin gerade auf dem Heimweg und …“

„Franka?“ Tessy setzte sich im Bett auf und schaltete das Licht ein.

„Ja.“

„Können wir uns vielleicht in ein paar Stunden zum Frühstück treffen?“, schlug Tessy vor und gähnte laut und ausgiebig. „Wissen Sie, meine geistige Aufnahmefähigkeit ist um diese Zeit eher auf Sparmodus gestellt, wenn Sie verstehen …“

„Tut mir leid, nein. Wir sollten uns lieber nicht treffen – um genau zu sein, will ich auf gar keinen Fall, dass wir uns treffen“, unterbrach Franka sie beherzt.

„Warum das denn nicht? Was befürchten Sie?“ Tessy war abrupt wach.

„Ganz einfach – den Verlust meines Jobs. Mit einem privaten Treffen wäre Bohl ganz und gar nicht einverstanden, um es vorsichtig zu umschreiben. Sie haben ihn kennen gelernt – er kommt freundlich und hilfsbereit rüber, aber wenn ihm was nicht passt, kann er durchaus ungnädig werden, verstehen Sie?“

„Durchaus, aber wir könnten doch …“

„Nein, könnten wir nicht!“, fiel Franka ihr ins Wort. „Hören Sie, ich gebe Ihnen jetzt einen sehr, sehr heißen Tipp, weil ich Rhea wirklich mag, auch wenn mich ihr dämliches Versteckspiel ein bisschen nervt. Sie will nämlich beides: das bürgerliche Leben mit dem schönen Paul und einen angesehenen Job auf der einen Seite und, klammheimlich, den besonderen Kick auf der anderen. So was klappt aber selten auf Dauer.“

„Vielleicht ist etwas schief gegangen“, mutmaßte Tessy.

„Ja, vielleicht“, stimmte Franka ihr zu. „Sprechen Sie mit Burkhard und Sandra Kramer, die beiden führen ein sehr gut gehendes Mode- und Schmuckgeschäft am Gendarmenmarkt und sind seit Jahren regelmäßig im Club zu Gast.“

Auf dem Nachttisch lagen Notizzettel und Bleistift bereit. Tessy griff hastig danach und notierte die Angaben.

„Wenn ich es richtig mitbekommen habe, ist Rhea von den beiden zu einem gemeinsamen Wochenende eingeladen worden – zu einem flotten und ausgedehnten Dreier für richtig viel Geld“, fuhr Franka auf einmal mit gehetzt klingender Stimme fort. „Dazu muss man wissen, dass wir gehalten sind, Gäste grundsätzlich nicht außerhalb des Clubs zu treffen beziehungsweise Bohl einzuweihen, wenn wir Einladungen erhalten, und er entscheidet dann, was geschieht.“

„Ich verstehe.“

„Wunderbar, aber Sie haben diese Information …“

„… natürlich nicht von Ihnen.“

„Genau. Und löschen Sie diesen Anruf bitte aus der Kontaktliste Ihres Handys – man kann nie wissen! Viel Glück.“ 

Damit war die Verbindung unterbrochen – leider. Tessy lagen noch einige Fragen auf der Zunge, die sie jetzt leider nicht mehr stellen konnte und fairerweise auch nicht mehr stellen sollte.

Sie starrte einen Moment die Wand an, bevor sie Frankas Aufforderung nachkam und sich dann wieder in die Kissen sinken ließ. Sie war zu unruhig, um noch einmal einschlafen zu können, andererseits aber zu träge, um bereits mit Volldampf in einen ohne Zweifel arbeitsreichen Tag zu starten. Ein strammer und ausdauernder Liebhaber wäre jetzt genau das Richtige, dachte sie sehnsüchtig seufzend. Oder eine Liebhaberin, die es ihr kompromisslos besorgte. Wann kehrte Gertrud eigentlich aus dem Urlaub zurück?

Tessy drehte sich auf die Seite und legte die Hände zwischen ihre Schenkel. Ein selbstgemachter Quicky gehörte nicht zu ihren bevorzugten Sexspielen, aber manchmal blieb auch ihr keine andere Wahl. Sie griff kurzentschlossen unter die Matratze, wo einsatzbereit Mr Big lag, ein naturfarbener Dildo von beachtlicher Größe.

Tessy strich mit Zeigefinger und Daumen über seine glatte Eichel und schloss die Augen. Keine perfekte Illusion und doch besser als gar nichts. Sie nahm Mr Big in den Mund und begann gleichzeitig mit Mittel- und Zeigefinger ihre Schamlippen zu massieren. Plötzlich tauchte Paul vor ihrem inneren Auge auf. Das Bild war äußerst lebendig und so intensiv, dass sie sofort feucht wurde. Na bitte.

Sie legte sich auf den Rücken und spreizte die Beine. Paul saß auf ihr und drängte seinen Schwanz in ihren Mund, zog ihn wieder heraus, schob ihn erneut tief hinein. Tessy begann zu stöhnen, ihr Liebessaft floss, und Paul lächelte selbstbewusst. Dann platzierte er sich zwischen ihre weit geöffneten Schenkel …

Tessy legte ein Kissen unter ihren Po, schob sich Mr Big mit einem kräftigen Stoß in die Möse und stellte sich vor, wie Paul sie mit rauer Stimme anfeuerte und dabei knallhart durchfickte, bis sie schreiend kam.