Tessy und die Lust des Mörders - Lara Wolf - E-Book

Tessy und die Lust des Mörders E-Book

Lara Wolf

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Beschreibung

Für diese Art von Sex gibt es Geld. Viel Geld. Und Honey und ihre beste Freundin Lilly brauchen das Geld. So dringend brauchen sie es, dass sie bereit sind, dafür beim Sex Prügel zu beziehen. Danach flüstert der reiche Sadist mit den strahlend weißen Zähnen Honey ins Ohr: "Kein Wort. Zu niemandem. Sonst bring ich dich um." Er lächelt dabei. Ihm würde es Spaß machen, Honey totzuschlagen. Also hält Honey sich an den Deal und erzählt niemandem etwas. Bis sie in der Zeitung eine Meldung entdeckt: "Tote Prostituierte in Berliner See entdeckt." Honey befürchtet das Schlimmste. Sie versucht, Freundin Lilly zu erreichen. Hoffentlich hat Lilly sich ebenso an die Abmachung mit dem reichen Typen gehalten und niemandem von dem Prügelsex erzählt. Honey erreicht Lilly nicht. Lilly ist tot. Jetzt will Honey Rache nehmen und gibt der Polizei einen Tipp. Ein schwerer Fehler. Denn von dem Augenblick an ist Honeys Leben keinen Cent mehr wert: Denn der wohlhabende Typ mit den weißen Zähnen hat einflussreiche Freunde. Honey dagegen hat nur Tessy, die kesse Privatdetektivin mit dem lockeren Liebesleben. Ob das reichen wird? Zumal Tessys bester Verbündeter, der Kommissar Dirk Hanter, gerade zum Landeskriminalamt nach Hannover wegbefördert wird. Plötzlich stehen Tessy und Lilly allein einer brutalen Berliner Sexkamarilla gegenüber. "Tessy Ritters vierter Fall - ein aufregender Trip in die Abgründe des Berliner Sado-Kiezes'" - "Sex & Crime: niemand anderes bringt diese Kombi so flutschig & frech wie Lara Wolf, die Autorin der frechen Privatdetektivin Tessy Ritter." - "Lesefutter für alle, die neben praller Erotik auch pralle Handlung mögen." (Zitate aus "Eroticbooks Review", "Zürcher Neuer Blitz", "Nightlounge")

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Tessy und die Lust des Mörders

Aus der Reihe "Erotischer Krimi"

Von Lara Wolf

Besuchen Sie die Internetseite der Autorin:

lara-wolf.net

Ungekürzte Originalveröffentlichung

FS-Verlag Edition Störtebeker

ISBN: 978-3-932733-02-4

Prolog

Honey hatte sich an den Deal gehalten: keine Fragen, keine Polizei, kein Arzt, kein Wort zu niemandem. Zu keiner Zeit. Zweitausend Euro waren ein überzeugendes Argument. Noch überzeugender war die Drohung des Typen mit den grünen Augen und der sanften Stimme gewesen. 

„Ich bring dich um“, hatte er geflüstert und beim Lächeln seine strahlend weißen Zähne gezeigt. Zähne, mit denen er sie noch kurz zuvor so heftig in den Nacken gebissen hatte, dass sie davon überzeugt war, den Zahnabdruck auf ewig wie ein Brandmal tragen zu müssen. „Ich bring dich um. Und zwar auf die unschöne Art, verstehst du?“

Sie verstand sehr gut, besser als ihr lieb war. Bei näherer Betrachtung war ein Deal eigentlich etwas anderes, aber sie hatte ihr Einverständnis mit heftigem Nicken bekundet, während seine rechte Hand ihren Hals mit zärtlichem Druck umschloss.

„Erwürgen kann sehr lange dauern“, fuhr er fort, ohne den Blick von ihr zu lassen, und der Druck verstärkte sich. Von Zärtlichkeit war auf einmal keine Spur mehr. „Immer wenn du glaubst, dass es gleich vorbei ist, gönne ich dir ein, zwei Atemzüge, dann ficke ich dich oder lasse dich von ein, zwei, drei kräftigen Kerlen durchficken, und irgendwann geht dir die Puste aus. Hab ich mich klar ausgedrückt?“

Hatte er. Sie durfte als Erste gehen. Honey war nach Hause gefahren, und sie hoffte, dass Lilly bald dasselbe tun würde. Lilly war die andere Nutte. Die Typen hatten die ganz harten Nummern gewollt. Vergewaltigung mit allen Schikanen. Das war nicht abgemacht gewesen. Lilly hatte es noch schlimmer erwischt als Honey. Sie hatte Prügel mit einem Riemen bezogen und war auf einer Werkbank gefesselt worden. Dann hatte der Grünäugige sich mit ihr beschäftigt. Honey hatte mit dem glatzköpfigen Fettsack, dem sie einen hatte blasen müssen, während ein drahtiger Kerl sie brutal von hinten fickte, fast noch Glück gehabt, sofern man diesen Ausdruck hier überhaupt benutzen wollte. Die Schläge vorher waren heftig gewesen, aber Honey warf so schnell nichts um. Sie war einiges gewöhnt. Sie war abgehärtet. Lilly nicht. Lilly ging nur gelegentlich auf den Strich. Wenn das Geld mal wieder verdammt knapp war oder ihr Bruder sie anbettelte, was letztlich aufs Gleiche hinauslief.

Gut zwei Wochen lag die Geschichte inzwischen zurück. Seit einigen Tagen ging Honey wieder auf den Strich und verfluchte die bittere Kälte des späten und heftigen Winters. Fast jede Nacht trank sie ihren brühend heißen Kaffee in der Bar, in der auch Lilly häufig herumlungerte und manchmal einen Freier abschleppte. Honey hoffte, sie zu treffen und einen verschwörerischen Blick mit ihr tauschen zu können. Vielleicht könnte man auf die fiesen Typen anstoßen, weil sie neben blauen Flecken und einer gehörigen Portion Angst eine Menge Geld eingebracht hatten. Aber Lilly tauchte nicht auf. Wahrscheinlich hat sie es gerade nicht nötig, überlegte Honey. Bei der Schweinekälte sollte man ohnehin lieber zu Hause bleiben, wenn man nichts Besonderes vorhatte.

Honey schob das beklemmende Gefühl, das sich mit frostigen Fingern in ihr Herz drängte, beiseite und wiederholte das Mantra des Grünäugigen: keine Fragen, keine Polizei, kein Arzt, kein Wort zu niemandem. Zu keiner Zeit. Sie nickte und strich sich über den Hals. Es war besser, diese Nacht ganz schnell zu vergessen.

1. Kapitel

Ohne Frage – die neuen, hellen Kiefernmöbel machten sich gut, die bunten Vorhänge und der frische Anstrich brachten Farbe ins Haus, und der rustikale Kaminofen sorgte für kuschelige Wärme und eine rundum wohlige Atmosphäre. Tessy stolzierte von Zimmer zu Zimmer und begutachtete mit zufriedener Miene ihr Werk. 

Edgars Häuschen hatte eindeutig gewonnen, die Räume wirkten größer und ordentlicher, wenn auch der schrullige Charme ihres Onkels bei der Umgestaltung verloren gegangen war. Aber vielleicht war das gut so.

Tessy seufzte, als sie in die Küche ging, wo ein blauer Küchenschrank die wurmstichige und wacklige Anrichte ersetzt hatte. Tessy gönnte sich ein zweites Frühstück und warf dabei einen Blick aufs vereiste Feld, das direkt hinter ihrem Haus begann. 

Es hatte sich ja im Verlauf des letzten Jahres durchaus angedeutet, dass ihr Onkel der Hauptstadt nicht mehr allzu viel abgewinnen konnte, obwohl er im Süden von Berlin ausgesprochen ländlich wohnte. Er fühlte sich bei seinem Wildkatzenprojekt in Bayern sauwohl. Es war eine neue wichtige Aufgabe für ihn. Doch als Edgar Weihnachten nach einigem Herumgedruckse schließlich damit herausgerückt war, Berlin ganz verlassen zu wollen, hatte Tessy doch ziemlich verdutzt aus der Wäsche geguckt. Edgar hatte verlegen gelächelt und schließlich eilig erklärt, dass er ihr das Häuschen für eine geringe Miete und das Versprechen überließ, weiterhin für die beiden Kater Chili und Pepper zu sorgen. 

Wenige Tage später hatte er sich mit einigen liebgewonnenen Möbelstücken und einem Dutzend Kisten und Kartons voll persönlichem Kram aus mehreren Jahrzehnten in einem Umzugswagen auf den Weg nach Bayern gemacht, wo sein alter Freund schon auf ihn wartete. 

Bevor Tessy anfangen konnte, melancholisch zu werden, beschloss sie, die Honorare aus einigen kleineren Aufträgen zu verwenden, um aus Edgars Häuschen endgültig ihr eigenes Reich zu machen und dabei auch längst überfällige Renovierungsarbeiten durchführen zu lassen. Edgar war ein ebenso begeisterter wie unbegabter Hobbyhandwerker, was dem Haus an vielen Ecken und Enden auf nicht immer charmante Weise anzumerken war – diesbezüglich gab es nichts zu deuteln. 

Doch nun trocknete der letzte Anstrich, die Fenster waren vernünftig abgedichtet, es existierten eine neue Dusche, robuste Regale und ein Buchenholz-Schreibtisch, den sie preiswert beim Trödler erstanden und eigenhändig aufgearbeitet hatte. Tessys Bilder waren im ganzen Haus verteilt, und die beiden Kater freundeten sich allmählich mit dem neuen Ambiente an, während der Winter sich nach langem Zögern nun doch entschlossen hatte, mit eisiger Wucht hereinzubrechen.

Tessy wollte sich gerade mit ihrem Espresso vor den Kamin kuscheln und Gertrud anrufen, um sie zu einem zünftigen Abendessen einzuladen und anschließend das neue Bett auszuprobieren – ebenso zünftig, versteht sich –, als ihr Telefon klingelte. Auf dem Display leuchtete eine Berliner Festnetznummer auf, die Tessy unbekannt war.

„Hugo Brandner“, erklang eine angenehme Männerstimme. „Spreche ich mit Frau Tessy Ritter, der Privatdetektivin?“

Tessy straffte die Schultern. Das klang offiziell. Ein neuer Auftrag wäre jetzt ganz nach ihrem Geschmack. Es durfte auch ein größerer sein. Seit dem Müggelsee-Fall im letzten Sommer hatte sie zwar gut zu tun gehabt, war allerdings in der Hauptsache mit nervtötendem Kleinkram beschäftigt gewesen – untreuen Ehemännern und -frauen auf den Fersen zu bleiben gehörte dabei noch zur spannendsten Kategorie. Um vor Langeweile nicht vorzeitig zu ergrauen, hatte sie sogar einen Fortbildungskurs für private Ermittler belegt und sich in einem Kampfsportstudio angemeldet. Ihre Mutter war begeistert gewesen!

„Ganz recht, Herr Brandner, die bin ich“, erwiderte Tessy forsch und schob das Bild ihrer dürren, fitnessgestählten und diätversessenen Mutter, das ungefragt vor ihrem inneren Auge aufgetaucht war, unwirsch beiseite.

„Ich würde mich freuen, wenn wir uns zu einem Gespräch treffen könnten und Ihre Kapazitäten es erlaubten, einen Auftrag zu übernehmen“, erklärte Brandner.

„Darf ich fragen, woher Sie …“

„Natürlich. Konrad Bohl hat Sie empfohlen.“

„Ach?“ Tessy reagierte zunächst perplex. Sie hatte den Erotikclubbesitzer Bohl im Zuge ihrer Ermittlungen im Fall der verschwundenen Studentin Rhea Kossner kennengelernt, die in einem Haus am Müggelsee gefangen gehalten und als Sexgespielin missbraucht worden war. Bohl war seinerzeit über Tessys Schnüffeleien in seinem Club nicht gerade erfreut gewesen, um es zurückhaltend zu formulieren. Andererseits hatte ihre Beharrlichkeit dazu geführt, Rhea zu retten und Bohls Lebensgefährtin zu entlarven. Tessys Hartnäckigkeit und Zielstrebigkeit schienen ihm stärker imponiert zu haben, als er seinerzeit erkennen ließ.

„Ja“, bekräftigte Brandner. „Bohl hält große Stücke auf Sie. Hätten Sie Zeit? Vielleicht sogar noch heute?“

Tessy überlegte kurz. Es war nicht gut, übereifrig zu wirken und zu schnell zuzusagen. Außerdem wollte sie Brandner zunächst polizeilich überprüfen lassen, bevor sie sich mit ihm traf. Ihre Beziehung mit Kommissar Dirk Hanter barg so manche Vorteile – und dazu gehörte nicht nur heißer Sex, sondern ein zumindest ähnliches berufliches Interesse und eine inzwischen gewachsene Freundschaft. Außerdem hatte der Kommissar Tessy schon aus manch prekärer Lage befreit. Sie wusste, dass Hanter ihre Freiheitsliebe bezüglich amouröser Abenteuer mit anderen Männern und Frauen nur mühsam tolerieren konnte und sie am liebsten für sich allein hätte, aber genau diesen Wunsch konnte sie ihm nicht erfüllen. Nichts interessierte Tessy weniger als eine monogame Beziehung – na ja: dicht gefolgt von einem Aerobic-Kurs im Fitnessstudio ihrer Mutter.

„Ich erwarte noch einen wichtigen Anruf eines Kunden“, wich Tessy aus. „Schicken Sie mir doch bitte Ihre Kontaktdaten per Mail, und ich melde mich so schnell es geht, wahrscheinlich noch heute Abend.“

„Einverstanden“, meinte Brandner und verabschiedete sich.

Die Mail traf fünf Minuten später ein. Als Tessy sie geöffnet und die Nachricht überflogen hatte, pfiff sie leise durch die Zähne. Brandner war Inhaber einer exklusiven Autovermietungsfirma. Tessy hoffte sehr, dass der Mann keine Privatdetektivin engagieren wollte, um seiner Frau hinterher zu schnüffeln. Es sei denn, sie hat besondere Vorlieben, überlegte Tessy und setzte ein süffisantes Lächeln auf.

Zu ihrer Verblüffung hatte Dirk Hanter nicht nur Zeit, sich auf ihre Bitte hin sofort an den Polizeicomputer zu setzen und Hugo Brandner durchchecken zu lassen, sondern war auch einverstanden, dass sie noch am Vormittag in seinem Büro in der Polizeidirektion an der Gallwitzallee vorbeikam. Es geschehen noch Zeichen und Wunder, dachte Tessy, als sie nach einmaligem Anklopfen schwungvoll eintrat.

Hanter saß hinter seinem Schreibtisch. Der übliche Dreitagebart überschattete sein Gesicht. Er blickte hoch und lächelte ihr aus blitzblauen Augen entgegen, bevor er sich räusperte und ein wenig förmlich auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch wies. „Setz dich doch.“

Tessy grinste. Er mochte es nicht, wenn sie ihn im Dienst anmachte oder mit Anzüglichkeiten verunsicherte. Meist scherte sie sich nicht darum. „Na? Alles klar, Herr Kommissar?“

Dirk nickte. „Und ob. Gute Idee, erstmal nachzufragen, bevor du einen neuen Auftrag übernimmst.“

„Gibt es denn Probleme mit dem Typen?“ 

Tessy setzte sich und schlug ein Bein über das andere. Sie spürte, wie ihr plötzlich warm wurde und ein angenehmes Kribbeln sich zwischen ihren Beinen bemerkbar machte. Vielleicht hatte Dirk ja Lust, die Mittagspause mit ihr zu verbringen. Sie biss sich kurz auf die Unterlippe, als sie sich seinen knackigen Hintern vorstellte. Wie lange war es eigentlich her, dass sie seinen Schwanz im Mund hatte?

„Nein, keine Probleme“, bemerkte Dirk mitten in ihre alles andere als jugendfreien Fantasien hinein. Ihre Wangen röteten sich. Sie fuhr sich mit der Zunge über die Unterlippe.

„Brandner ist erfolgreicher Unternehmer und seit gut zehn Jahren im Autovermietungsgeschäft tätig – in der gehobenen Klasse, Luxuslimousinen, Sportwagen und so weiter“, fuhr er fort. „Zumindest haben wir nichts gegen ihn vorliegen, was natürlich nichts heißen muss. Hat er angedeutet, worum es geht?“

Tessy schüttelte den Kopf. „Nein, mit keiner Silbe. Aber interessant ist der Umstand, dass Konrad Bohl mich empfohlen hat. Vielleicht ist Brandner ab und an mal Gast in seinem Erotikclub oder aber er steht in geschäftlicher Verbindung mit Bohl.“

Dirk lehnte sich zurück und hob kurz die Hände. „Sei in jedem Fall vorsichtig, wenn ich das mal so sagen darf.“

„Du darfst“, lächelte Tessy. „Ich treffe mich nicht an dunklen geheimnisvollen Orten mit ihm – versprochen!“

„Ich meine es ernst.“

„Ja, ich auch. Sag mal, apropos dunkle geheimnisvolle Orte – hast du bezüglich deiner Mittagspause schon Pläne?“

„Meine Pause fällt aus“, beeilte er sich zu versichern. „Ich habe gleich einen wichtigen Termin.“ Er verzog keine Miene, als Tessy ihn frech angrinste und eine Braue hochzog.

„Könnte hinkommen.“ Sie lachte und warf den Kopf zurück.

„Ich meine es ernst.“

„Du wiederholst dich. Lass uns doch kurz zu mir fahren – dauert keine zehn Minuten, sieben, wenn du Gas gibst. Ich verspreche dir, es lohnt sich. Ich bin noch nie vor einem Kamin gevögelt worden.“

„Klingt vielversprechend, aber wir müssen das auf heute Abend verschieben.“

„Das eine schließt doch das andere nicht aus.“

„Tessy…“

Ein Klopfen unterbrach den lebhaften Disput. Sekundenbruchteile später stand eine Frau in der Tür, bei deren Anblick es Tessy die Sprache verschlug, was durchaus selten vorkam. Schulterlange schwarze Locken umrahmten ein strenges Gesicht mit tiefbraunen, nahezu schwarzen Augen, deren forschender Blick Tessy kurz streifte. Kein verbindliches Lächeln oder auch nur freundlicher Zug erhellte ihre Miene. Die Frau war mindestens einsachtzig groß, schlank, wirkte dabei aber kraftvoll, und ihre Haltung verriet Selbstbewusstsein und Durchsetzungsfähigkeit. Tessy schätzte sie auf Anfang Vierzig, und ihr Puls beschleunigte sich abrupt. Die Lady strahlte genau die Autorität aus, die Tessy bei Frauen regelmäßig frösteln ließ.

„Bist du so weit?“, wandte die Schwarzgelockte sich an Dirk, nachdem sie Tessy betont beiläufig zugenickt hatte, ohne dabei das geringste Interesse oder auch nur ganz alltägliche Neugier erkennen zu lassen. Die tiefe Stimme passte perfekt zu ihrem dunklen Teint.

„Geh doch schon mal vor“, erwiderte Hanter eilig. „Ich komme gleich.“

Die Frau verschwand so schnell, wie sie gekommen war. Tessy lauschte ihren Schritten auf dem Flur nach, und einen Moment herrschte Stille.

„Meine Güte, wer ist diese beeindruckende Lady?“, fragte Tessy schließlich.

„Das ist Carola Stein“, antwortete Dirk und räusperte sich. „Kriminalhauptkommissarin. Sie ist meine Nachfolgerin, und sie kann private Ermittler nicht ausstehen. Ermittlerinnen übrigens auch nicht. Aber das nur am Rande.“

Ob der Neuigkeit riss Tessy die Augen auf vor Erstaunen. Vielleicht auch vor Entsetzen.

Die Flammen loderten hell, und einen Moment lang musterte Tessy Dirks Gesicht über sich – der leicht geöffnete Mund und die geschlossenen Augen verrieten zutiefst empfundenen Genuss. Er stöhnte leise und bewegte sich heftig zwischen ihren Beinen, während sie ihre Fingernägel in seinen Hintern krallte. 

Tessy lag mit gespreizten Beinen auf dem Schaffell. Ich werde ihn vermissen, schoss es ihr durch den Kopf, seine Qualitäten als Liebhaber, seine schönen blauen Augen und den kratzigen Dreitagebart. Aber auch seinen Charme und die Fürsorge und diesen manchmal sorgenvollen Gesichtsausdruck, wenn ihm ein Fall besonders nahe ging, oder Tessy bei ihren Aufträgen mal wieder viel zu unvorsichtig war. Wahrscheinlich würde sie sogar seine zwar gut kontrollierte, aber doch stets präsente Eifersucht vermissen. Zumindest hin und wieder.

Er hielt inne und drehte sie behutsam auf den Bauch. Tessy liebte diese Position ganz besonders. Sie streckte ihm ihren Hintern entgegen und gierte nach seinen Stößen. Seine Eichel umspielte ihre Schamlippen, bevor er endlich erneut tief und kraftvoll in ihre feuchte und weit geöffnete Höhle eindrang. Das laute rhythmische Klatschen ihrer Körper wurde schneller. Dirk umfasste ihre Hüften, und Tessy spürte, wie sein Schwanz in ihr anschwoll und zitterte. Sie schrie, als sie kam. Aus den Augenwinkeln bekam sie mit, dass einer der Kater entsetzt Reißaus nahm. Du kleiner kastrierter Held hast ja keine Ahnung …

Das LKA Hannover also. Eine aussichtsreiche Stelle, die er nicht ablehnen konnte und auch nicht wollte. Dirk machte ungewöhnlich viele Worte, um seine Entscheidung zu begründen, als sie schließlich mit roten und erhitzten Wangen vor dem Kamin saßen, Rotwein tranken und Käse aßen, während die heftige Erregung fürs Erste abebbte. Viel mehr Worte, als unbedingt nötig gewesen wären. Tessy hörte ihm zu, und plötzlich begriff sie, was er sich nicht zu sagen beziehungsweise zu fragen traute. 

Sie schüttelte innerlich den Kopf. Ich kann dich nicht begleiten, dachte sie. Es würde nicht gut gehen, weil mir so ein Leben nicht reicht. Plötzlich verstummte er und sah ihr in die Augen. Sie erwiderte den Blick. Dann lächelte sie und küsste ihn rasch auf den Mund. Sie war froh, dass er die Frage nicht stellte.

Edgar hatte sich endgültig nach Bayern abgesetzt, Dirk würde schon in den nächsten Tagen nach Hannover umsiedeln. Berlin ist wohl doch nicht so in, wie es immer heißt, überlegte Tessy mit deutlich spürbarer Wehmut. Einen Moment lang ließ sie das Gefühl zu, dann stellte sie ihr Glas beiseite und beugte sich hinunter, um Dirks bestes Stück wieder in Schwung zu bringen. Sie hatte keine Lust nachzudenken und Hanter schon jetzt zu vermissen, während er so wundervoll präsent war. Sie hatte erneut Lust auf seinen Schwanz.

„Auf zur zweiten Runde“, flüsterte sie mit rauer Stimme und nahm ihn in den Mund. Er schmeckte nach ihr und nach ihm, und er wurde fast augenblicklich wieder hart. Dirk legte seine Hände auf ihren Kopf, während sie saugte und zärtlich knabberte, ihn rein- und rausgleiten ließ, die Eichel fest mit ihren Lippen umschloss und seine Hoden mit gekonntem Griff knetete. 

Tessy schloss die Augen und stellte sich vor, dass Gertrud unter ihr lag und mit flinker Zunge ihre nasse Furche verwöhnte. Gertrud? Nun ja, oder auch die neue Kommissarin… Als Dirks Schwanz knüppelhart war, setzte sie sich rittlings auf ihren Geliebten, und er stieß zitternd in ihre Möse. Nun bestimmte sie den Rhythmus, und sie ritt Dirk wie einen störrischen Hengst, bis sie gleichzeitig kamen. Danach blieben sie eng aneinandergekuschelt auf dem Schaffell liegen und blickten still in die verglimmende Glut.

2. Kapitel

Tessy verstand nicht viel von Autos und interessierte sich auch nicht sonderlich für angesagten Marken, aber dass Brandners Firma nur die schönsten und teuersten Modelle im Angebot hatte, erkannte auch sie auf Anhieb. Hinzu kam die feine Adresse in unmittelbarer Nähe des Potsdamer Platzes, wo der Autosalon sich perfekt in die Glitzerwelt der Hotels und großen Geschäfte, Theater, Restaurants, Bars und Kinos einfügte.

Sie war um elf Uhr mit Hugo Brandner in seinem Büro verabredet. Da sie bereits einige Minuten früher vor Ort war, nutzte sie die Gelegenheit zu einem kurzen Rundgang, bei dem sie das Gebäude, das hauptsächlich aus Stahl und Glas bestand, kritisch in Augenschein nahm, bevor sie es schließlich durch den Haupteingang betrat. Eine Empfangssekretärin mit Modelfigur, blonder Mähne und einer mindestens drei Zentimeter dicken Make-up-Schicht führte sie durch einen breiten Flur in den Bürotrakt. An den Wänden prangten Aufnahmen von protzigen Limousinen und edlen Flitzern, hinter deren Steuer breit grinsende Kerle und anmutig staunende Frauen saßen.

Tessy warf einen kurzen prüfenden Seitenblick auf den knackigen Hintern der Blondine, während sie sich erneut fragte, wieso Brandner sich überhaupt mit einer kleinen Detektivin abgab. Sie war ganz sicher nicht der Typ Frau, die ihr Licht unter den Scheffel stellte oder unter mangelndem Selbstbewusstsein litt, geschweige denn Scheu vor großen Tieren hatte, aber der Mann hatte genügend Geld und Einfluss, um eine große und erfahrene Detektei mit zig privaten Ermittlern zu beschäftigen … Nun, vielleicht war Konrad Bohls Hinweis entscheidend gewesen oder hier war mehr Schein als Sein. Das konnte man nicht ausschließen. 

Die Sekretärin blieb vor einer Tür stehen, klopfte dezent, öffnete und ließ Tessy eintreten, bevor sie sich mit einem starren Lächeln abwandte, das kaum ihre Augen erreichte.

„Sie sind auf die Minute pünktlich!“, bemerkte ein großgewachsener Mann und erhob sich von seinem quer in den Raum gestellten gläsernen Schreibtisch, um ihr mit schwungvollen Schritten entgegen zu kommen. „Das schätze ich sehr.“

Hugo Brandner hatte raspelkurzes dunkelblondes Haar und ein schmales markantes Gesicht, in dem beeindruckend grüne Augen vorherrschten. Tessy wusste von Dirk, dass er Mitte Vierzig war, aber der Geschäftsmann wirkte jung und agil wie ein Dreißigjähriger, und seine Präsenz war beeindruckend. Er trug Anzug, aber keine Krawatte, und das Eau de Toilette unterstrich seine kraftvolle Ausstrahlung. Bruce Willis, und zwar zu seinen besten Zeiten, dachte Tessy und erwiderte den festen Händedruck und das Lächeln. Der Typ gefiel ihr.

„Kaffee? Espresso?“

„Espresso wäre toll.“

Brandner bestellte übers Telefon. Dann nahmen sie in einer dunkelgrünen Ledersitzecke im hinteren Bereich des Büros Platz. Der Geschäftsmann musterte sie einen Moment, und Tessy ließ seinen Blick gelassen und mit leisem Lächeln über sich ergehen. Sie war sportlich und zweckmäßig gekleidet wie immer und hätte eine Wette darauf abgeschlossen, dass Brandner nichts anderes erwartet hatte. Als die Blondmähne den Espresso serviert und die Tür hinter sich geschlossen hatte, kam Brandner ohne Umschweife zur Sache.

„Ich werde erpresst“, sagte er in ruhigem Ton, trank einen Schluck und stellte seine Tasse wieder ab.

Tessy hatte Notizblock und Stift bereitgelegt. Sie nahm beides zur Hand und atmete hörbar ein. „Oh. Und warum gehen Sie nicht zur Polizei?“

Er lächelte, als hätte er keine andere Entgegnung erwartet. „Das kann ich mir nicht leisten, Frau Ritter.“ Er hob die Hände und machte eine raumgreifende Geste. „Ich habe einiges zu verlieren, wie Ihnen nicht entgangen sein dürfte. Außerdem bin ich verheiratet, was bei der ganzen Sache keine unwesentliche Rolle spielt, wie Sie gleich verstehen werden.“

Tessy spitzte die Lippen und nickte. Ein amouröses Abenteuer, dachte sie. Was auch sonst? Damit dürfte er bei mir an genau der richtigen Adresse sein. „Erzählen Sie doch einfach mal.“

Hugo Brandner hatte in der Tat ein delikates Problem. Alle ein bis zwei Monate traf er sich mit einigen Freunden in einem abgelegenen Fabrikgebäude in Lichtenberg, das er preiswert erworben und in Kürze zu einer Kfz-Werkstatt und Lagerhalle umzubauen gedachte. Dort ließen es die Herren bei Wein, Weib und Gesang im eher rustikalen Ambiente so richtig krachen, wie er es nannte. Sein süffisantes Lächeln, obschon nur leise angedeutet, ließ keinen Zweifel am Orgiencharakter der nächtlichen Veranstaltung. Natürlich durften weder die Ehefrauen noch Geschäftspartner oder die Öffentlichkeit von den ausgelassenen Feiern mit den Damen des horizontalen Gewerbes etwas mitbekommen.

„Natürlich nicht“, stimmte Tessy in verständnisvollem Ton zu. Sie beugte sich vor. „Aber lassen Sie mich raten – es ist doch etwas davon durchgesickert.“

„Sie sagen es. Das Ganze begann vor gut zwei Wochen.“

Jemand hatte von den Partys erfahren, sich in die Fabrikhalle geschlichen und einige anschauliche Videos gedreht und Fotos gemacht, mit denen nun Brandner und seine Freunde erpresst wurden. Die Aufnahmen sprachen eine unmissverständliche Sprache, erklärte er, außerdem waren die Gesichter gut zu erkennen.

„Ich will wissen, wer mir auf die Schliche gekommen ist. Und ich will das Material“, erklärte Brandner abschließend. Sein Ton klang für einen Moment eisig. Er schob rasch ein beschwichtigendes Lächeln hinterher.

Tessy lehnte sich zurück. „Sie haben keine Vermutung?“

„Nein.“

„Ihre Mitstreiter…“

„Ich sagte doch: nein.“

„Wie hoch ist die Forderung?“

Brandner hob das Kinn. „Hunderttausend, und die habe ich bereits einmal gezahlt, Frau Ritter.“

„Oh.“

„So könnte man es auch nennen. Nun hat sich der Erpresser ein zweites Mal gemeldet, um einen kräftigen Nachschlag zu fordern. Das übliche Spiel von solchen Typen“, erläuterte Brandner. „Ich hätte es gleich wissen müssen, aber gut – aus Fehlern sollte man lernen. Aber ich habe nicht vor, das länger mitzumachen.“

„Ich verstehe Sie gut, aber …“ Sie ließ ihren Blick einen Moment durch das schnieke Büro schweifen, bevor sie sich wieder Brandner zuwandte. „Abgesehen von Konrad Bohls Tipp und dem pikanten Background des Falls – was veranlasst Sie, ausgerechnet mich mit der Aufgabe zu betrauen? Sie könnten ohne große Probleme eine ganze Mannschaft schwerer Jungs engagieren, die das für Sie erledigen – professionell und engagiert.“

Brandner reagierte mit einem Auflachen, bei dem er seine blitzweißen Zähne zeigte. „Zugegeben, auf die Idee bin ich auch schon gekommen, aber es ist schiefgegangen. Wer immer mich da erpresst, ist meiner Einschätzung nach zwar kein Profi, doch er geht nicht ungeschickt vor und ist darauf vorbereitet, dass ihm schwere Jungs, wie Sie es so nett beschreiben, folgen könnten...“

Tessy runzelte die Stirn. „Aha. Könnten Sie konkreter werden? Was ist passiert?“

„Die Übergabe fand vor einem Burger King statt, und ich war ziemlich sicher, ihn mit Hilfe von zwei, drei sportlichen Typen schnappen zu können.“

„Hat aber nicht geklappt?“

„Nein. Er hat uns ausgetrickst und war schneller verschwunden, als wir gucken konnten.“

„Wie hat er Sie ausgetrickst?“

Brandner setzte eine säuerliche Miene auf. Ganz offensichtlich behagte es ihm nicht, detailliert über die Sache berichten zu müssen, die ihm so offensichtlich entglitten war, was wahrscheinlich kein angenehmes Gefühl für einen Machertypen wie Brandner war, dachte Tessy. Aber darauf mochte sie keine Rücksicht nehmen, mehr noch: Darauf durfte sie keine Rücksicht nehmen, wenn sie den Auftrag übernehmen wollte.

„Ich sollte das Geld in eine Burger-King-Tüte packen, in einen Abfalleimer auf dem Parkplatz werfen und dann umgehend wegfahren“, berichtete Brandner schließlich in sachlichem Ton. „Doch bevor ich den Abfalleimer erreichte, kreuzte hinter mir jemand auf einem Fahrrad auf, den ich zunächst gar nicht beachtet hatte. Sah aus wie ein Jugendlicher, der ein paar Runden drehen wollte: Kapuzen-Anorak, modernes Mountainbike, leises Pfeifen auf den Lippen und so weiter. Er entriss mir die Tüte und preschte davon – quer durch einen Park und verdammt schnell. Keine Chance. Auf so etwas waren wir nicht vorbereitet. Leider.“ Er räusperte sich.

Tessy verkniff sich ein Grinsen. Jede Wette, dass Brandner und seine Jungs ziemlich dumm aus der Wäsche geguckt und mit so ziemlich allem gerechnet hatten, nur nicht mit einem fröhlich pfeifenden Fahrradfahrer, noch dazu mitten im Winter. Sie hielt es allerdings für keine gute Idee, eine diesbezügliche Bemerkung zu machen. 

„Wie hat er eigentlich Kontakt aufgenommen?“, fragte sie.

„Per Handy – mit unterdrückter Nummer.“

Tessy schätzte, dass es sich um ein Prepaidhandy handelte. Auch für einen Nicht-Profi war es heutzutage überhaupt kein Problem, sich so ein Teil zu besorgen.

„Ein paar Minuten später traf eine Mail ein – er hatte sie an meine Firmenmailadresse geschickt, und angehängt war eine Datei mit den Aufnahmen“, fuhr Brandner fort.

Tessy warf ihm einen auffordernden Blick zu, den er einen Moment ungerührt zurückgab, bis er schließlich seufzte und aufstand. „Sie wollen sich vergewissern, stimmt’s?“

Tessy nickte wortlos. Er ging an einen Wandschrank hinter seinem Schreibtisch und kam kurz darauf mit einem Laptop zurück, der innerhalb weniger Sekunden mit leisem Zischen hochfuhr. 

„Ich habe die Mail natürlich von meinem Firmen-PC gelöscht“, erläuterte er. „Sie existiert jetzt nur noch in einer versteckten Datei auf meinem privaten Laptop.“

„Warum?“

„Was genau meinen Sie?“

„Mich interessiert, aus welchem Grund Sie die Mail nicht gelöscht haben.“

Brandner runzelte die Stirn. „Um notfalls beweisen zu können, dass ich erpresst werde. Man weiß ja nie, was kommt. Vielleicht brauche ich irgendwann doch polizeiliche Unterstützung, und Sie wollen ja auch wissen, was es damit auf sich hat, oder?“

Das klang überzeugend. Davon abgesehen verfügten die Spezialisten der Kriminaltechnik über erstaunliche Möglichkeiten, etwas über den Ursprung der Aufnahmen und Dateien herauszubekommen, doch Brandner wollte die Sache zunächst auf seine Weise lösen.

Die Videodatei enthielt durchweg schlüpfrige Szenen, die an Eindeutigkeit nichts zu wünschen übrig ließen und Tessys Puls auf durchaus angenehme Weise beschleunigten. Drei halb- oder vollständig nackte Frauen wurden aufs Feinste vernascht. Eine war mit dem Oberkörper über eine Werkbank gebeugt, ihre Hände waren gefesselt, und Brandner höchstpersönlich vögelte sie von hinten mit herzhaften Stößen und in peitschendem Rhythmus. Die Frau stieß spitze Schreie der Wollust aus, und Tessy hätte am liebsten anerkennend durch die Zähne gepfiffen. Soviel stand fest: Brandner war kein Mann des sanften, zärtlichen Vögelns, jedenfalls nicht, wenn er sich mit einer Hure vergnügte.

Eine zweite auf dem Rücken liegende Frau hatte es gleich mit zwei Männern zu tun – einer kniete über ihrem Kopf und ließ sich einen von ihr blasen, der zweite lag zwischen ihren weit gespreizten Beinen, fickte sie und sparte nicht mit lobenden Kommentaren bezüglich seines angeblich prachtvollen Schwanzes. Soweit Tessy es beurteilen konnte, neigte er zu Übertreibungen.

Im Hintergrund erkannte sie eine dritte Frau, die an ein Gitter gefesselt war und der es im Stehen von einem Mann besorgt wurde, der gut zwanzig Kilo Übergewicht mit sich herumschleppte und ihrer Einschätzung nach etwas Mühe hatte, in Schwung zu kommen. Aber die Frau verdrehte mit leicht geöffnetem Mund die Augen und erweckte den Anschein, den Jahrhundertfick zu erleben. Offenbar verstand sie etwas von ihrem Geschäft. 

Das ungewöhnliche Ambiente war interessant, sofern man dem stählernen und kalten Charme einer Fabrikhalle etwas abgewinnen konnte. Warum nicht? Mal was anderes, dachte Tessy.

In einer zweiten Datei waren einzelne Aufnahmen der beteiligten Männer zusammengestellt. Der Filmemacher und Fotograf war gut. Die abgelichteten Personen waren hervorragend getroffen. Niemand würde sich herausreden können.

Brandner klappte den Laptop zu und packte ihn wieder in den Schrank. Dann kehrte er auf seinen Platz zurück und setzte eine betont gleichmütige Miene auf. Einen Augenblick herrschte Schweigen.

„Noch mal und auch wenn es Sie nervt: Sie haben nicht den geringsten Verdacht, wer dahinter stecken könnte?“, ergriff Tessy schließlich das Wort.

Brandner schüttelte den Kopf. „Nicht mal den Hauch eines Verdachts.“

„Ihre Sexgespielinnen sind…“

„Über jeden Zweifel erhaben. Sie stammen aus Bohls Club, und ich buche sie häufiger.“

„Verstehe. Okay, und wann hat der Erpresser sich zum zweiten Mal gemeldet?“

„Vor drei Tagen: Er will die gleiche Summe noch einmal. Die Übergabe soll in zwei Tagen stattfinden. Er meldet sich kurz vorher, um mir den Treffpunkt zu nennen, genau wie beim ersten Mal.“

„Und dann soll ich ins Spiel kommen“, riet Tessy.

„Richtig.“ Brandner nickte. „Sie sind unauffällig. Er wird nicht auf Sie achten, weil er nicht mit einer Frau rechnet – so wie wir nicht darauf gefasst waren, dass uns ein Biker überraschen würde. Ihre einzige Aufgabe wird es sein, den Mann zu verfolgen, ohne dass er es bemerkt. Das müssten Sie als Privatdetektivin hinkriegen. Ich will nur seine Adresse und…“

„Sind Sie eigentlich sicher, dass es ein Mann ist? Und dass es nur einer ist?“

Brandner stutzte und überlegte einen Moment. „Doch, ich bin sicher, dass es ein Mann ist“, meinte er schließlich. „Aber ob da noch jemand im Hintergrund mitmischt, kann ich natürlich nicht sagen.“

Tessy lehnte sich zurück. Auf dem Fahrrad war sie auch nicht schlecht, soviel stand fest. Aber sie bezweifelte, dass der Erpresser dieselbe Masche ein zweites Mal durchziehen würde, wenn sie es auch nicht gänzlich ausschließen durfte. Das bedeutete, dass sie auf alles vorbereitet sein und in Sekundenbruchteilen handeln musste, und zwar möglichst klug. 

„Was machen Sie eigentlich, wenn Sie wissen, wo er wohnt oder untergeschlüpft ist?“, hob Tessy nach kurzem Überlegen erneut an.

Brandner lächelte. „Ich hole mir das Material. Dann kriegen Sie Ihr Honorar – damit verbunden ist Ihr absolutes Stillschweigen über die Angelegenheit. Ende der Durchsage. Mehr müssen Sie nicht wissen, oder?“

Tessy war sicher, dass Brandner dem Typen eine gehörige Abreibung verpassen würde, aber bei näherer Betrachtung war Erpressung auch kein feiner Zug, und ihr Mitgefühl hielt sich in Grenzen.

„Sie kriegen zehntausend, wenn Sie an ihm dranbleiben und mir seinen Aufenthaltsort mitteilen“, fügte er nach kurzer Pause hinzu. „Falls es nicht klappt, können Sie mir zwei Tagessätze berechnen. Außerdem zahle ich Ihnen jetzt sofort einen Vorschuss von fünfhundert.“

Das war ziemlich großzügig, denn abgesehen davon, dass sie sich übermorgen bereithalten musste, hatte sie in der weiteren Vorbereitung nicht viel zu tun. Tessy nahm das Angebot nach kurzem Grübeln an. Es war verlockend, darüber hinaus, keine Frage, nicht ganz ungefährlich, und sie durfte nicht mit Hanter darüber sprechen, soviel war klar. Doch das ganze Leben war gefährlich, und Dirk war in Gedanken ohnehin schon ganz woanders.

Wenige Minuten später stand sie wieder auf der Straße und war um fünfhundert Euro reicher. Das fühlte sich gut an. Trotz der ungemütlichen Kälte waren ganze Touristenschwärme unterwegs. Tessy entschloss sich, einen Abstecher bei Gertrud zu machen.

* * *

Hauptkommissarin Carola Stein war nicht zimperlich. Nicht, wenn es um Kälte ging und auch nicht, wenn sie eine Leiche in Augenschein nehmen musste. Aber diesmal hatte sie Mühe, Haltung zu bewahren. Die Kollegen von der 5. Direktion, der eigentlich zuständigen Polizeidienststelle, hatten sie gebeten, den Fall zu übernehmen. Sie war der Bitte nachgekommen und hatte den Fall zumindest fürs Erste übernommen. Mist, dachte Carola Stein, das kommt davon, wenn man sich hilfsbereit zeigt und als neue Hauptkommissarin Punkte sammeln will.

Eine junge Frau war tot aus dem Papenfuhlbecken geborgen worden. Das Papenfuhlbecken war ein kleiner Badesee, der an der Landsberger Allee zwischen Lichtenberg und Marzahn lag. Der See war aufgrund des strengen Frosts der letzten Zeit zugefroren. Nicht mal auf den ersten Blick hatte es so ausgesehen, als sei die junge Frau unglücklich ins Eis eingebrochen und unter die Eisfläche gerutscht, wo sie am Morgen von einem Spaziergänger, der die hungrigen Enten hatte füttern wollen, entdeckt worden war. Das Gesicht der Toten hatte direkt unterm Eis gelegen und ihn angestarrt. Der Mann, ein achtzigjähriger Rentner, war fast umgefallen vor Schreck und würde die Szene garantiert für den Rest seines Lebens nicht vergessen. Da er rüstig und fit wirkte, konnte das noch einige Jahre bedeuten.

„Niemand geht freiwillig nackt aufs Eis, oder?“, wandte sich der junge Rechtsmediziner an die Kommissarin, während er die Leiche untersuchte. Einige Beamte von der Kriminaltechnischen Untersuchung (KTU) waren ausgeschwärmt und suchten die Umgebung ab.

Carola Stein schwieg. Der Körper der Toten war von Schlagspuren übersät. Carola Stein starrte in das blau-bleiche Antlitz der Toten.

„Sie ist geschlagen worden“, erklärte der Arzt unnötigerweise. „Vielleicht sogar gefoltert. Viel mehr kann ich im Moment nicht sagen.“

„Wie lange …“

„Keine Ahnung. Die Leiche ist aufgrund der Kälte ziemlich gut erhalten. Wahrscheinlich etliche Tage, unter Umständen zwei Wochen oder länger. Aber nageln Sie mich nicht darauf fest. Ich melde mich, sobald ich Näheres weiß.“

Carola nickte nachdenklich und blickte hoch. „Können Sie sich erklären, warum man sie erst jetzt entdeckt hat?“, fragte sie schließlich. „Hier sind doch häufiger mal Leute unterwegs, auch im Winter.“

Der Rechtsmediziner wiegte den Kopf von einer Seite zur anderen. „Vielleicht ist sie abgetrieben worden. Wie gesagt, ich melde mich, sobald ich Fakten habe. Dann können wir uns das Spekulieren sparen.“

Die Kommissarin machte sich auf den Rückweg in ihre Polizeidienststelle. Da es keinerlei Hinweise auf die Identität der Toten gab, musste sie die Vermisstenanzeigen durchgehen – oder durchgehen lassen, denn das war eigentlich keine angemessene Aufgabe für eine Hauptkommissarin. 

Irgendwas ließ sie nicht los an dem Gesichtsausdruck des Opfers, und das hing nicht damit zusammen, dass der Anblick einer Wasserleiche meistens gruselig war. Der Frau war noch viele Tage nach ihrem Tod die Grausamkeit anzusehen, die sie hatte erleiden müssen.

In der Vermisstendatei fand sich zumindest im Berlin-Brandenburger Raum keine Übereinstimmung mit der Frauenleiche, und Carola Stein gab die Daten ans BKA weiter. Der erste mündliche Kurzbericht des Rechtsmediziners erfolgte noch am späten Nachmittag. Die junge Frau war Opfer eines brutalen Sexualdelikts geworden. Darüber hinaus war es nach Einschätzung des Mediziners möglich, dass der (oder die) Täter die Leiche nach den ersten frostigen Tagen vor zirka zwei Wochen an einer unübersichtlichen Stelle durch ein Loch unter die noch dünne Eisfläche geschoben hatte und das Opfer durch Strömungen in der Tiefe abgetrieben worden war.

Carola Stein bat um Weiterleitung eines gut aufbereiteten Fotos an die Medien. Sie hoffte, dass sich jemand melden würde. Viel Hoffnung hegte sie allerdings nicht. Die Frau war seit ungefähr zwei Wochen verschwunden, und niemand hatte sie bislang vermisst. Unter Umständen war sie eine Hure gewesen, und die Bereitschaft von Freiern und Kolleginnen, mit der Polizei zusammenzuarbeiten, war nicht gerade ausgeprägt.

Carola Stein beendete das Gespräch mit dem rechtsmedizinischen Institut. Nebenan saß Dirk Hanter hinter seinem Schreibtisch und räumte seine Schubladen aus. Sie schüttelte immer noch den Kopf über seine offensichtliche Affinität zu privaten Ermittlern. Allein die Frage, ob sie die Zusammenarbeit mit Detektiven nicht auch schon mal zu schätzen gewusst habe und ob sie nicht auf seine diesbezügliche Erfahrung zurückgreifen wolle, war eine Zumutung gewesen.

3. Kapitel

Gertrud war in der Werkstatt und schraubte emsig an einer alten Harley Davidson. Die Musikanlage war aufgedreht – Adele sang sich die Seele aus dem Leib, und Gertrud trällerte begeistert mit. Sie trug ihr weizenblondes Haar nach wie vor sehr kurz, und ihre Augen schimmerten in einem rätselhaften Blau-Grau. Die tiefe Bariton-Stimme jagte Tessy stets Schauer über den Rücken – nicht nur ihr. Gertrud ließ, genau wie Tessy, nichts anbrennen, war jedoch im Gegensatz zu Tessy zumindest sexuell nicht an Männern interessiert.

Tessy hatte im Büro zwei Tassen Kaffee besorgt und reichte ihrer Geliebten eine davon. Die legte nun den Schraubenschlüssel beiseite und stellte die Musik leiser, nachdem der Hit verklungen war.

Die Annahme, dass die Motorradbranche in der kalten Jahreszeit im Winterschlaf versinken würde, war nur auf den ersten Blick naheliegend und ansonsten völlig falsch. Gertrud brauchte in der Regel allein zwei Monate, um liegen gebliebenen Papierkram und ihre Buchhaltung zu erledigen, und ansonsten hatte sie mehr Reparatur- und Wartungsanfragen, als sie annehmen konnte. Dazu kam die Vorbereitung auf die neue Saison.

Die beiden Frauen setzten sich auf ein zerschlissenes Sofa an der Rückwand der Werkstatt und tauschten eine Weile Belanglosigkeiten aus. Gertrud schlürfte ihren Kaffee, während Tessy von ihrem neuen Auftrag erzählte – ohne Namen zu nennen und allzu sehr in die Tiefe zu gehen.

„Dem geht der Arsch auf Grundeis“, erläuterte sie Brandners Situation. „Das Video war nicht ohne.“ Tessy lachte und schilderte nun doch einige pikante Details. Dabei lehnte sie sich an Gertruds Schulter. Die legte den Arm um sie, beugte sich hinunter und gab ihr einen langen Kuss, der ein wenig nach Motoröl und Schmierfett schmeckte, doch ansonsten sofort Wirkung zeigte.

„Hm“, murmelte Tessy versonnen, während Gertruds Zunge in ihren Mund vordrang und das Kribbeln in ihrem Schoß stärker wurde. „Haben wir eigentlich je auf diesem Sofa…“

„Ich glaub schon, aber ich kann mich nicht mehr so genau erinnern“, entgegnete Gertrud mit leise vibrierender Stimme und öffnete Tessys Jacke.

Tessys Nippel wurden hart, als Gertruds Hand unter ihren Pullover fuhr und ihre Brüste zu massieren begann. „Mit oder ohne?“, flüsterte die Motorradlady, während Tessy sich auf dem Sofa ausstreckte.

„Was?“

„Mit oder ohne Spielzeug?“ Gertrud öffnete Tessys Hose und beugte sich über ihren Bauchnabel. Ihre Zunge umspielte die kleine runde Öffnung, und Tessys Atem beschleunigte sich. Gertrud war perfekt im Dildospiel und konnte hart stoßen wie ein Kerl und deutlich ausdauernder, aber manchmal sollte es einfach nur ihre Zunge sein.

„Ich will sie spüren – nur sie“, flüsterte Tessy, und Gertrud streifte ihr Hose und Höschen herunter.

„Wie du willst, mein Schatz.“ Ihr heißer Atem benetzte Tessys Lippen, und plötzlich strich Gertruds Zungenspitze über ihre Knospe, umspielte, neckte sie. Gleichzeitig drang sie mit zwei Fingern in ihre Möse. Tessy atmete scharf ein – ihr Saft begann zu laufen, und sie fing an zu zittern, als ihre Gespielin mit der anderen Hand auf raffinierte Weise ihr Poloch massierte. Dann zog Gertrud die beiden Finger aus Tessys Möse zurück und ließ stattdessen ihre Zunge spielen – tief, vorwitzig stoßend, gleitend. Tessy krallte sich in den Sofabezug und stöhnte immer lauter, während sie ihre Beine weit spreizte, um Gertruds Zunge so tief wie nur irgend möglich in sich aufnehmen zu können.

Tessy kam schnell und mit einem lauten, lang anhaltenden Schrei. Als ihr Atem sich beruhigt hatte, richtete Tessy sich lächelnd auf und strich sich eine verschwitzte Haarsträhne aus dem Gesicht. „Wunderbar, meine Liebe, ganz ausgezeichnet sogar. Wie darf ich mich revanchieren?“

Gertrud zögerte und gab ihr dann einen zarten, fast unschuldig anmutenden Kuss auf den Mund. „Später vielleicht, ich …“

Tessy hob die Augenbrauen. „Ach du liebe Güte – du willst nicht sofort zum Zug kommen? Was ist denn jetzt los?“

Gertrud lachte kurz auf. „Nun ja, ich …“ Sie brach ab.

Tessy schüttelte verwirrt den Kopf. „Hab ich was falsch gemacht?“

„Um Gottes willen, nein! Hör zu, ich hab neue Pläne, über die ich unbedingt mit dir sprechen möchte, aber es fällt mir nicht ganz leicht und...“ Sie stand abrupt auf und strich sich über das kurze Haar. „Ich hol noch mal Kaffee, ja?“

Tessy starrte ihr einen Moment verblüfft hinterher, dann stand sie ebenfalls auf und zog sich rasch wieder an. Die süße Erregung war schnell erkaltet, viel zu schnell. Gertrud servierte kurz darauf frischen Kaffee sowie einen Teller mit Pralinen und setzte sich wieder. Sie schlug ein Bein über das andere.

„Ich verlasse Berlin“, meinte sie plötzlich.

Das darf doch nicht wahr sein, dachte Tessy, die einen Augenblick den Atem anhielt. Das ist irgendein bescheuertes Déjà vu.

„Ich habe, wie du weißt, im letzten Urlaub einige interessante Frauen kennengelernt. Wir verstehen uns sehr gut, in jeder Hinsicht – kurzum: Wir wollen gemeinsam einen Motorrad- und Rollerladen aufziehen“, erläuterte Gertrud schnell. „In Hamburg.“

„Hamburg?“

„Ja. Die Branche läuft da sehr gut. Außerdem gibt es bereits ein Geschäftshaus in allerbester Lage und zu richtig guten Konditionen. Ich wäre dumm gewesen, diese Chance auszuschlagen.“

„Verstehe“, kommentierte Tessy etwas lahm. „Mein Onkel ist endgültig nach Bayern umgesiedelt, der Kommissar versucht’s mal mit Niedersachsen, und dich zieht es nach Hamburg – wow! Eine ganze Menge Veränderungen innerhalb weniger Tage.“

Gertrud lächelte verlegen, was selten vorkam und ihr ganz ausgezeichnet stand. „Du bist jederzeit herzlich eingeladen. Das weißt du, oder?“

„Danke“, seufzte Tessy. „Du auch. Wann ist es denn soweit?“

„Ich habe schon angefangen, meinen Laden abzuwickeln. Ich schätze, in ein, spätestens zwei Monaten bin ich auf dem Weg in den Norden.“

Tessy spürte, dass Gertrud sich auf den Neubeginn freute und ihr zugleich den Abschied nicht allzu schwer machen wollte. Tessy gab sich einen Ruck und lächelte die Motorradlady herzlich an. Was soll das melancholische Theater? Wir waren schließlich nie ein im klassischen Sinne eng miteinander verbundenes Paar, dachte sie. Sex und Erotik hatten stets im Mittelpunkt gestanden. Dabei könnte es doch eigentlich bleiben. Und warum sollte sie nicht hin und wieder einen zünftigen Ausflug nach Hamburg unternehmen? Schöne Stadt, mal was anderes.

Wenig später verabschiedete sie sich von Gertrud. Als Tessy zu Hause eintraf, warteten Pepper und Chili am Gartentor auf sie. Wenigstens etwas, dachte Tessy und schob einen ganzen Sack voll erstaunlich unguter Gefühle rasch beiseite. Sie nahm sich fest vor, nach Abwicklung des Brandner Auftrages neue Kontakte zu knüpfen. Trübsal blasen war nicht ihr Ding, und sie hatte nicht vor, es je zu ihrem Ding zu machen. Und was das Blasen anging, sollte es so wenig wie irgend möglich mit Trübsal in einen Zusammenhang gebracht werden.

Hugo Brandner rief am nächsten Vormittag an, um die letzten Details zu besprechen. Tessy schlug vor, dass sie mit Auto und verstautem Bike – um zur Sicherheit auch auf diese Fluchtvariante vorbereitet zu sein – in der Nähe des Autosalons wartete, bis Brandner sich meldete, um ihr mitzuteilen, welchen Treffpunkt der Erpresser angegeben hatte. Alles Weitere hing dann von ihrem Geschick und ein wenig vom Glück ab.

Tessy verbrachte den Rest des Tages damit, Einkäufe zu erledigen und sich zu entspannen. Gedanken an Gertrud und Dirk verbannte sie aus ihrem Kopf, sobald sie sich dort festzusetzen drohten, sie nahm stattdessen die Einladung zum Kaffeeklatsch bei ihrer alten Freundin Kerstin an. Kerstin war vor knapp einem Jahr ihre erste Auftraggeberin gewesen. Seinerzeit hatte Tessy zur Aufklärung des Mordes an Kerstins Mann Patrick entscheidend beigetragen.

Nach zwei Stunden Kinder-Familien-Idyll hatte Tessy allerdings die Nase gestrichen voll. Kerstins neuer Freund hatte ebenfalls zwei kleine Kinder, und Tessys Begeisterung für das Projekt Großfamilie hielt sich in Grenzen. Sie war froh, als sie in die Stille ihres Häuschens zurückgekehrt war und lediglich zwei hungrige Katzenmäuler zu stopfen hatte.

* * *

Honeys letzter Freier hatte eine Autonummer schieben wollen. Der Typ war Ende fünfzig, fuhr einen kleinen Transporter von einer Wäschefirma und fing schon an zu sabbern, als er ihr erklärte, dass er sie hinten im Ladebereich auf einer Kiste ficken wollte. Ja, meinetwegen mit Gummi. Der Mann war ihr nicht sympathisch, aber er diskutierte nicht über den Preis, und eine Nummer im Auto war in der Regel schnell und unkompliziert verdientes Geld. Außerdem hatte Honey keine Wahl. Bei der Kälte ging das Geschäft mies.

Der Typ, der Keule genannt werden wollte und diesen Spitznamen ungeheuer komisch fand, fuhr in eine Nebenstraße. Dort schloss er die Schiebetür auf und bugsierte Honey in den Rückraum.

„Höschen runter!“, befahl er in rüdem Ton und öffnete Gürtel und Reißverschluss. „Den Rest von deinem Nuttenzeug kannst du anbehalten. Is ja arschkalt. Nicht, dass du dir was abfrierst!“ Er brüllte vor Lachen. Humor war definitiv nicht sein zweiter Vorname.

Es war dunkel in dem Wagen, nur eine sparsame Notbeleuchtung ließ den Innenraum erahnen – zwei Regale, in denen Honey Wäschestapel vermutete. Dazwischen stand eine Kiste.

„Leg dich drüber“, sagte Keule mit schwammiger Stimme.

„Erst das Geld.“

„Blöde Nutte!“

„Die blöde Nutte will erst Geld sehen – oder willst du dich mit meinem Zuhälter anlegen?“, parierte Honey selbstsicher. Sie hatte zurzeit keinen Zuhälter, aber die meisten notgeilen Typen waren nicht scharf darauf, herauszufinden, ob sie log.

„Schon gut.“ Er nestelte zwei Scheine aus der Hose, die Honey sorgsam wegsteckte. Dann beugte sie sich über die Kiste, und er trat hinter sie und schob ihre Beine auseinander.

Keule hatte einen mickrigen Schwanz, soviel spürte Honey sofort, und er brauchte lange, um mit seinen Ministößen in Fahrt zu kommen. Sie seufzte unterdrückt und begann ihren Hintern zu bewegen. „Geil“, flüsterte sie mit rauer Stimme. Das war eine fette Lüge, die fetteste an diesem Tag, vielleicht sogar in dieser Woche oder in diesem Monat, der an Lügen nicht knapp gewesen war, aber Keule freute sich und legte einen Zahn zu. Es würde schneller gehen, wenn sie ihn anfeuerte.

„Was für ein harter Rammler du bist“, fuhr sie leise fort. „Mach es mir, ja! Schneller! Tiefer! Gleich bin ich soweit!“

Während Keule grunzend in einen vergleichsweise fast schon stürmisch zu nennenden Rhythmus wechselte und für Momente in der Illusion schwelgte, ein wunderbarer und strammer Liebhaber zu sein, blickte Honey gelangweilt auf den Boden und überlegte, was sie sich nachher kochen würde. Sie hatte noch Nudeln vom Vortag und Champignons. Kross in der Pfanne angebraten und mit einem Ei garniert keine schlechte Mahlzeit. Dazu ein Glas Rotwein und einen schnuckeligen Liebesfilm gucken. Was wollte sie mehr? Das Leben konnte richtig nett sein. Man musste nur was draus machen.

Mittlerweile hatten sich ihre Augen an das Dämmerlicht gewöhnt. Direkt vor ihrem Gesicht lag eine Zeitung auf dem Boden. Sie runzelte die Stirn, während Keule lauter grunzte und die Kiste zu ruckeln begann. Ein Foto erregte ihre Aufmerksamkeit. Das Gesicht der Frau kam ihr irgendwie bekannt vor.

Wenige Minuten später stand sie wieder in der Kälte. Der Transporter bog um die Ecke. Im Licht eines Feuerzeugs betrachtete Honey das Foto in der Zeitung, die Keule ihr wortlos zugesteckt hatte, als sie ihn danach fragte. Ihr Atem stockte. Der Deal, dachte sie dumpf. Vielleicht hat sie sich nicht an den Deal gehalten.