The True Trader - Marcus Schulz - E-Book

The True Trader E-Book

Marcus Schulz

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Beschreibung

Für erfolgreiches Trading braucht man klare Strategien, ein fundiertes Marktverständnis und ein starkes Mindset. The True Trader erzählt die mutige Heldenreise des jungen Jimmy, der gegen die Schatten seiner Vergangenheit kämpft, um sich und seiner Familie im New York der 1920er-Jahre ein neues Leben aufzubauen. Während der Prohibition treibt ihn der hypnotische Rhythmus des Charleston in verbotene Speakeasy-Bars. Doch noch mehr fasziniert ihn die euphorisierende boomende US-Wirtschaft und der kollektive Glaube an endlos steigende Aktienkurse. So zieht es ihn immer weiter an die Wall Street und in einen geheimnisvollen Inner Circle. Auf seiner Reise trifft er auf wichtige Mentoren, aber er kämpft auch gegen Hochstapler und zahlreiche Hindernisse – vor allem gegen seinen größten Gegner: Seine frühere Identität. Ein faszinierender Roman über das New York der 1920er-Jahre und über den Weg eines jungen Börsenhändlers, der nicht nur Spannung bietet, sondern auch wichtige Tipps und Weisheiten für angehende Trader bereithält.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 200

Veröffentlichungsjahr: 2024

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MARCUS SCHULZ

THE TRUE TRADER

MARCUS SCHULZ

THE TRUE TRADER

DIE AUFREGENDE ERFOLGSGESCHICHTE EINES JUNGEN TRADERS

FBV

Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Für Fragen und Anregungen:

[email protected]

Originalausgabe

2. Auflage 2024

© 2024 by FinanzBuch Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH,

Türkenstraße 89

80799 München

Tel.: 089 651285-0

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Wir behalten uns die Nutzung unserer Inhalte für Text und Data Mining im Sinne von § 44b UrhG ausdrücklich vor.

Die im Buch veröffentlichten Ratschläge wurden von Verfasser und Verlag sorgfältig erarbeitet und geprüft. Eine Garantie kann dennoch nicht übernommen werden. Ebenso ist die Haftung des Verfassers beziehungsweise des Verlages und seiner Beauftragten für Personen-, Sach-, und Vermögensschäden ausgeschlossen.

Lektorat: Silvia Kinkel

Korrektorat: Anja Hilgarth

Umschlaggestaltung: Sonja Vallant

Satz: ZeroSoft, Timisoara

ISBN Print 978-3-95972-803-4

ISBN E-Book (PDF) 978-3-98609-571-0

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-98609-572-7

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.finanzbuchverlag.de

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Inhalt

Vorwort

Prolog

Green River, Weihnachten 1903

New York, November 1925

Kapitel 1 – Green River, Frühjahr 1925

Kapitel 2 – Die Zugfahrt

Kapitel 3 – New York

Kapitel 4 – Mr. Miller

Kapitel 5 – Das American Diner

Kapitel 6 – Die Theorie

Kapitel 7 – Siegessicher

Kapitel 8 – The Trader’s Mindset

Kapitel 9 – The Inner Circle

Kapitel 10 – Die Rückkehr, Dezember 1925

Danksagung

Über den Autor

Vorwort

Am liebsten würde ich dieses Vorwort so beginnen, wie es die Vorworte vieler Bücher tun die mich in der Vergangenheit sehr inspiriert haben. Das wäre dann nämlich ungefähr so:

Dieses Buch wurde bereits in 24 Sprachen übersetzt und in den letzten zwei Jahrzehnten mehrere Millionen Mal verkauft, da es so viele Menschen auf der ganzen Welt inspiriert und einen positiven Einfluss auf ihr Leben genommen hat. Ein weiteres beeindruckendes Werk von Marcus Schulz.

Naja, so oder so ähnlich. Doch erstens ist es mein erstes Buch, und zweitens wurde dieses Buch erst im Jahre 2024 geschrieben und hat somit noch einen weiten Weg vor sich, um ähnliche Zahlen wie die vorgenannten zu erreichen.

Lass mich jedoch am Anfang beginnen. Was erwartet dich?

Dieses Buch richtet sich an alle, die sich in ihrem Leben an einem Punkt befinden, an dem sie spüren, dass da noch mehr sein muss als das, was sie bisher erreicht haben.

Die Welt der Finanzmärkte hat mein Leben auf eine Weise verändert, die ich mir in meinen kühnsten Träumen nicht hätte vorstellen können. Eine Veränderung, von der ich nie geglaubt hätte, dass sie für jemanden wie mich überhaupt möglich ist.

Schließlich bin ich den ganz normalen Weg gegangen: Durchschnittlicher Schulabschluss, drei Jahre Ausbildung und dann zehn Jahre als Angestellter von Wochenende zu Wochenende gelebt, da die Arbeit einfach nur das Mittel zum Zweck war - Geld verdienen, um über die Runden zu kommen.

Aber das Wichtigste, das ich dir gleich zu Beginn sagen möchte, ist: Diese Veränderung ist für jeden von uns erreichbar, für dich, für deine Freunde und deine Familie, ja, sogar für deine Kollegen und Nachbarn.

Hast du dich jemals gefragt, warum so viele von uns in Jobs gefangen sind, die uns keine Freude bereiten? Warum wir uns nach mehr finanzieller Sicherheit sehnen, aber nicht wissen, wie wir sie erlangen können?

Die Wahrheit ist, dass wir alle unser Leben in die eigenen Hände nehmen wollen. Ist es nicht so? Wir träumen von einem Leben, in dem wir unsere finanzielle Freiheit genießen und unsere Träume verwirklichen können. Doch oft scheint der Weg dorthin kompliziert und das Ziel weit entfernt.

Genau das habe ich selbst erlebt, bis zu dem entscheidenden Moment im Jahr 2015.

Die Geburt meiner Tochter Mia im Jahr 2013 veränderte meine Sicht auf die Welt. Während ich im Büro saß, fragte ich mich, ob ich die kostbaren Momente ihrer Kindheit verpasste. Die Fotos, die mir meine Frau Denise sendete, während sie mit Mia wundervolle Erlebnisse teilte, ließen mich den Schmerz dieses Verlusts spüren. Dieser Schmerz trieb mich dazu an, zu handeln.

Jeder von uns hat seinen eigenen Schmerzpunkt, seinen Grund für Veränderung. Was ist deiner?

Nachdem ich zwei Jahre lang vergeblich versucht hatte, eigene Geschäftsprojekte umzusetzen, stolperte ich zufällig über ein Video im Internet, in dem es um das Thema Trading ging. Es klingt vielleicht komisch, aber dieses eine Video, dieser eine Moment, veränderte alles. Ich wusste plötzlich, dass dies der Weg war, den ich gehen musste. Wenn ich mir etwas in den Kopf setze, dann gebe ich niemals auf, und Trading war für mich das sogenannte Licht am Ende des Tunnels, das mich daran glauben ließ, mein Leben und das meiner Familie endlich für immer verändern zu können.

Warum hatte ich nicht früher nach dieser Möglichkeit gesucht? Warum hatte ich so oft über Geschäftsideen nachgedacht, anstatt mich mit den Finanzmärkten zu befassen? Vielleicht erkennst du dich hier wieder. Doch damals, nach diesem einen Video, wusste ich, dass ich alles tun würde, um mein Leben selbst in die Hand zu nehmen.

Ende 2016 war es dann so weit. Ich kündigte meinen Job und gewann meine Freiheit zurück. Mehr Zeit für meine Familie und gleichzeitig die Chance auf finanzielle Unabhängigkeit dank eines erlernten Skills, bei dem ich nur mich selbst, einen Computer und das Internet brauchte.

Häufig werden wir von den Glaubenssätzen unserer Gesellschaft in Ketten gelegt. Wenn wir versuchen auszubrechen, halten uns die Meinungen und Ängste anderer Menschen zurück, und wir bleiben auf dem ausgetretenen Pfad.

Dieses Buch entführt dich nicht nur in eine andere Zeit, sondern auch in eine Welt, die dir bisher vielleicht fremd war. In den letzten Jahren habe ich Tausende von Menschen auf ihrem Weg begleitet, und sie haben nicht nur finanzielle Freiheit erlangt, sondern sind auch zu erfolgreicheren Persönlichkeiten gereift. Denn der wahre Erfolg beginnt im Kopf.

Ich hoffe, dass dieses Buch dich inspirieren wird, den Finanzmärkten eine Chance zu geben und all das zu entdecken, was dir bisher verborgen blieb. Du bist hier, und ich danke dir von Herzen für dein Vertrauen in meine Arbeit und für das Interesse an den Finanzmärkten.

Diejenigen, die mich bereits kennen, werden in diesem Buch Parallelen zu meiner eigenen Reise entdecken. Hier teile ich meine wertvollsten Erkenntnisse und Offenbarungen auf dem Weg zum erfolgreichen Börsenhändler. Dieser Weg war für mich nicht nur die Grundlage zur finanziellen Freiheit durch das Trading, sondern hat meine Persönlichkeit so geformt, dass ich heute ebenfalls erfolgreicher Investor und Multiunternehmer bin. Alles begann mit dem Wunsch, mein Leben komplett zu verändern.

Der Weg war nicht immer einfach, aber genau das macht ihn spannend und erzählenswert. All diese Erinnerungen und Erfahrungen haben mich zu der Person geformt, die ich heute bin.

Mit diesem Buch wirst du verstehen, was es wirklich bedeutet, ein TRUE TRADER zu sein. Es ist mein erstes Buch, und das macht es für mich zu etwas ganz Besonderem. Doch lass mich dir erzählen, warum ich mich entschieden habe, die Welt des Tradings in die aufregende Kulisse der 1920er-Jahre zu verlegen.

Es gibt zahlreiche Bücher da draußen, die speziell darauf ausgelegt sind, dir technische Trading-Strategien beizubringen. Charts, Indikatoren, Candlesticks - all diese Begriffe könnten in einem herkömmlichen Trading-Buch die Hauptrolle spielen. Doch ich habe früh erkannt, dass Trading weit mehr ist als Techniken und Strategien. Trading ist eine Lebenseinstellung, eine Reise, bei der du nicht nur die Märkte, sondern auch dich selbst kennenlernen wirst.

In THE TRUE TRADER wollte ich einen völlig neuen Ansatz verfolgen. Ich wollte nicht nur Informationen liefern, sondern eine inspirierende Geschichte erzählen, die aus den vielen Erfahrungen besteht, die ich auf meinem eigenen Weg zum erfolgreichen Trader gesammelt habe. Dabei konnte ich auf die Unterstützung meiner Mentoren und Weggefährten zählen, die mir dabei halfen, wertvolle Erkenntnisse zu gewinnen. Diese Erkenntnisse habe ich in die Geschichte integriert, sodass sie für jeden verständlich und nachvollziehbar sind.

Ich möchte, dass du zwischen den Zeilen liest, die verborgenen Botschaften erkennst und in der Geschichte des Protagonisten Inspiration und Weisheit findest. Obwohl es sich um eine fiktive Geschichte handelt, reflektiert der Pfad, den unsere Hauptperson beschreitet, auf vielfältige Weise meine persönlichen Erlebnisseund weist Parallelen zu meinen eigenen Lebenserfahrungen auf.

Du fragst dich vielleicht, warum ich mich für die 1920er-Jahre entschieden habe. Die Antwort ist einfach: Diese Ära war geprägt von Aufbruchsstimmung, wirtschaftlichem Wandel und einem Hauch von Exzentrik. Es war eine Zeit, in der die Börsen wild schwankten und die Menschen nach Möglichkeiten suchten, ihr Glück zu machen. Genau diese Energie und dieses Flair wollte ich einfangen und mit meiner Geschichte verbinden.

In THE TRUE TRADER erhältst du weit mehr als trockene Informationen. Du tauchst ein in eine andere Zeit, erlebst eine spannende Geschichte und lernst gleichzeitig die grundlegenden Prinzipien des Tradings und des Erfolges kennen. Du wirst Zeuge von Träumen, Niederlagen, Ehrgeiz und Entschlossenheit. Aber vor allem wirst du verstehen, dass Trading nicht nur eine finanzielle Aktivität ist, sondern ein Weg des persönlichen Wachstums und der Selbstentfaltung.

Ich hoffe von Herzen, dass dieses Buch viele Menschen erreichen und inspirieren wird.

Also mach dich bereit, in die aufregende Welt des Tradings der 1920er-Jahre einzutauchen und den Weg eines TRUE TRADERS zu entdecken. Es erwartet dich eine Reise voller Abenteuer, Erkenntnisse und vielleicht auch die eine oder andere Überraschung.

Eins ist jedoch sicher: Dieses Buch ist erst der Anfang, denn in mir sind noch viele weitere Geschichten, die nur darauf warten, erzählt zu werden.

Prolog

Green River, Weihnachten 1903

Der kleine Jimmy spürte seine Finger schon fast nicht mehr, so kalt war es an diesem Nachmittag vor Heiligabend im amerikanischen Städtchen Green River. Er presste die Hände gegen das Schaufenster des Spielwarenladens und drückte seine Nase gegen die Scheibe, die durch seinen Atem beschlug. Der Wind wehte die Kälte seit Stunden durch die engen, dunklen Gassen. Glitzernde weiße Flocken tanzten wild in der Luft und verkündeten große Mengen Neuschnee. Zitternd vor Kälte hob der Junge mit der rechten Hand seinen Schal und polierte das Glas. Dann sah er sie: die Eisenbahn, die er sich seit Monaten so sehr wünschte.

Morton, der Inhaber des einzigen Spielwarenladens im Umkreis von einer Stunde rund um Green River, hatte sie bereits im Herbst ins Schaufenster gestellt. »Lässt du mich einmal damit spielen, bevor sie ein anderer Junge zu Weihnachten bekommt?«, hatte Jimmy den alten Morton vor weniger als zwei Monaten gefragt.

»Das geht nicht, mein Kleiner. Aber ich verspreche dir, dass ich dieses Sammlerstück hier für dich aufbewahren werde«, hatte der Alte gesagt und dabei auf eine rote, mit Gold verzierte Lokomotive auf seinem Schreibtisch gedeutet. »So lange, bis du sie dir eines Tages leisten kannst. Sie ist nämlich viel wertvoller als die neue Lokomotive in der Ausstellung.«

»Die werde ich mir nie leisten können«, hatte Jimmy enttäuscht erwidert und seinen braun gelockten Kopf gesenkt.

Immer noch das Gesicht gegen die Schaufensterscheibe gepresst, fühlte Jimmy eine unsagbare Schwere in sich aufsteigen. Morgen war Weihnachten, und seine Mutter und er würden diesen besonderen Abend wieder allein verbringen. Wenn er Glück hatte, konnten sie sich neben den Kartoffeln noch ein Stück Fleisch zum Abendessen leisten.

Seit sein Vater die Familie vor zwei Jahren verlassen hatte, führten er und seine Mutter einen ständigen Überlebenskampf. Obwohl Jimmy erst sechs Jahre alt war, verstand er nur zu gut, dass seine Familie mittellos - um nicht zu sagen: bedürftig - war. Er erinnerte sich noch daran, wie seine Großmutter früher zur Weihnachtszeit Wärme und Geborgenheit in ihr Zuhause gebracht hatte. Sie konnte aus nur wenigen Zutaten wie Mehl, Butter, Zucker und Ei die köstlichsten Kekse von Green River backen. Die winzige Stube, eine Kombination aus Küche, Schlaf- und Wohnzimmer, hatte sich zu Weihnachten mit dem Duft der warmen Butterkekse gefüllt. An diesen Tagen liebte Jimmy es, mit glühenden Wangen vor dem Kamin zu sitzen und seine Großmutter dabei zu beobachten, wie sie routiniert mit den Zutaten hantierte.

Dieses Jahr würden sie nur noch zu zweit sein. Es war das erste Weihnachtsfest ohne die köstlichen Butterkekse. Seine Mutter und er waren nun vollkommen auf sich allein gestellt. Jimmy ließ die Hände sinken und ging mit gesenktem Kopf auf die andere Straßenseite, wo seine Mutter gerade einen kleinen Sack Kartoffeln bezahlte. Wie dünn sie geworden ist, dachte er, als er sie von der Seite betrachtete.

»Jimmy, hörst du mir zu?« Seine Mutter beugte sich zu ihm hinunter. »Ich habe zwei große Stücke Kotelett für uns ergattert. Wollen wir vor dem Abendessen über den Weihnachtsmarkt in Chicago spazieren? Das Geld reicht noch für einen heißen Kakao.« Sie zwinkerte ihm mit ihren müden Augen zu. Obwohl Chicago fast eine Stunde Fußweg entfernt lag, strahlte Jimmy über das ganze Gesicht. Die zerbrechlich wirkende Frau klemmte den kleinen Kartoffelsack unter ihren rechten Arm und hielt ihm ihre Hand hin. »Na dann - auf zum Weihnachtsmarkt!«

Während die beiden schweigend Hand in Hand die Straßen entlanggingen, fegte der Wind durch ihre dünne Kleidung. Immer wieder setzte Schneeregen ein. Besorgt erkannte Jimmys Mutter, wie sehr ihr kleiner Junge fror. Seine Jacke war zu klein, das Futter an der Innenseite halb zerrissen, und sein linker Schuh hatte vorn ein Loch. Sie konnte ganz deutlich sehen, wie Jimmy beim Gehen seinen großen Zeh, der vor Kälte bereits schmerzen musste, nach oben und unten bewegte. Mit einem schlechten Gewissen drückte sie ihn immer wieder an sich und rieb ihm über den Rücken. »Nur noch ein paar Minuten, dann sind wir da.«

Sie fragte sich, ob ihr Sohn in Green River jemals ausreichende Perspektiven haben würde, um eines Tages seiner eigenen Familie mehr bieten zu können. Der Ort lag an einem Fluss zwischen zwei Seenplatten und inmitten dichter Nadelwälder, in der regenreichsten Gegend im ganzen Land. Selbst im Sommer schaffte die Sonne es an vielen Tagen nicht, sich durch die dichte Nebelwand zu kämpfen. Wer das Geld aufbringen konnte, zog nach Chicago oder in die modernen Städte weiter südlich. Diejenigen, die blieben, waren die Arbeiter aus der Autofabrik und einige Farmer, die von dem lebten, was sie anbauten. Diese Einöde war eine Ansammlung von Schutt und Depression. Hier konnte nur wenig Gutes gedeihen.

»Wenn du eines Tages dort leben möchtest, wo der Boden fruchtbar ist und die Sonne die Gemüter erwärmt, dann sei jetzt fleißig«, pflegte sie stets zu Jimmy zu sagen, wenn er mal wieder seine Hausaufgaben nicht machen wollte. Seit letztem Sommer hatte Jimmy in den Vormittagsstunden Schulunterricht. Er besuchte allerdings keine richtige Schule, denn die nächstgelegene befand sich über eine Stunde Fahrt entfernt. Pfarrer O’Conner unterrichtete einige Jungen und Mädchen aus alten Schulbüchern in den Räumen hinter der Kirche.

Als sie den Weihnachtsmarkt erreichten, dämmerte es bereits. In der Mitte des Marktplatzes stand ein riesiger Weihnachtsbaum und leuchtete in den schönsten Farben. Zwischen den Naschständen spendeten Feuerschalen Wärme. Jimmy hörte Musik aus allen Richtungen, Engel mit weißen Flügeln verkauften Lose, und in der Luft hing der Duft von gebrannten Mandeln, Bratkartoffeln und saftigem Fleisch. Überall spazierten Eltern mit ihren Kindern über den Platz.

»Jimmy, stell dich hier an die Feuerstelle neben dem Karussell, und ich mache mich auf die Suche nach Zuckerwatte und heißem Kakao, okay?« Schweigend blieb Jimmy inmitten des Marktes und des fröhlichen Treibens dort stehen. Er schaute um sich. Strahlende Kindergesichter tobten über den Platz. Einige Jungen und Mädchen saßen auf Holztieren im Karussell und warteten gespannt darauf, dass es endlich losging. Laute Blasmusik aus einem Grammofon setzte ein, die von dem glucksenden Lachen der Kinder übertönt wurde, als sich das Karussell langsam zu drehen begann. An einem Stand zu seiner Rechten reichte eine Frau einem kleinen Jungen, der in Jimmys Alter zu sein schien, heißen Kakao, während sie ihm liebevoll die Mütze zurechtrückte. Zu seiner Linken sah er eine Gruppe Kinder, die gerade Zuckerstangen und Sahnebonbons bekamen. Jimmy konnte den Duft der Süßigkeiten riechen, und beim Anblick des knusprigen, saftig aussehenden Ferkels, das unweit von ihm über einer Feuerstelle gewendet wurde, spürte er, wie ihm das Wasser im Mund zusammenlief. Unbändiger Hunger stieg in ihm auf.

Dann erblickte er seine Mutter, die in der Menge auf ihn zukam. Etwas unterschied sie von den anderen Menschen in diesem Rummel. Ihre Kleidung wirkte verblichen und alt, ihr Gang gebückt, ihre Haltung kraftlos. Jimmy konnte es mit seinen jungen Jahren nicht genau einordnen, aber er spürte, dass seine Mutter und er nicht Teil dieser Gesellschaft waren. Chicago erschien ihm wie das Tor zu einer besseren Welt oder zumindest zu einem anderen Land, dessen Fülle, Glanz und Fröhlichkeit scheinbar nicht für sie beide bestimmt waren. »Mum, ich möchte auch Karussell fahren.« Betroffen reichte seine Mutter ihm die Zuckerwatte und den dampfenden Kakao. »Es tut mir leid, mein Schatz, aber dafür reicht das Geld nicht mehr.« Jimmy ahnte an diesem Weihnachtsabend, dass seine Mutter ihm diesen Wunsch niemals würde erfüllen können.

New York, November 1925

Jimmy stand in dem Gedränge aus umhereilenden Privatanlegern in der großen Halle der Wall Street. Nervös fuhr er sich durch sein braunes, kurz geschnittenes Haar und beobachtete den steigenden Preis auf der Kurstafel. Die ersten prächtig geschmückten Weihnachtsbäume riefen wie jedes Jahr die schmerzhaften Erinnerungen an jenes Weihnachten aus seinen Kindheitstagen wach, und für einen kurzen Moment stand er wieder am Karussell in Green River.

Laute Rufe und euphorischer Taumel um ihn herumrissen Jimmy schlagartig aus seinen Gedanken und er war wieder im Hier und Jetzt. Nun warf auch er energisch und siegesbewusst die Arme in die Luft, jubelte lautstark und gab sich inmitten der Menge dem Rausch seines ersten großen Durchbruchs hin. Auch für ihn gab es nun kein Halten mehr. Diesmal waren dank der Methode aus dem Inner Circle alle seine Einschätzungen richtig gewesen. Das war der Moment, auf den er in den letzten Monaten hingearbeitet hatte. Nach seinem tiefen Fall hatte er endlich verstanden, worauf es ankam. Er hatte souverän und selbstsicher auf die richtige Kursrichtung gesetzt. Der Dow-Jones-Index hatte vor Monaten zum ersten Mal die Marke von 110 Punkten durchbrochen, die zuvor unüberwindbar schien. Nun boomten Industrie, Automobilproduktion und Radiotechnik. Der Aufwärtstrend war offenbar grenzenlos.

Stolz griff er nach seinem Mantel und entschied, dieses Ereignis ausgiebig zu feiern. Diesen Moment wollte er mit einem Menschen teilen, mit dem seine Reise nach New York vor einigen Monaten begonnen hatte und dem er so viel zu verdanken hatte.

Kapitel 1 Green River, Frühjahr 1925

Jimmy fasste in die Innenseite seiner alten braunen Lederjacke und zog unauffällig den Flachmann heraus, den sein Freund Tom ihm vor zwei Tagen in der Fabrik zum Geburtstag zugeschoben hatte. Zügig trank er zwei große Schlucke, hustete, als die bittere Flüssigkeit durch seine Kehle rann, schüttelte sich und steckte den Flachmann rasch wieder in seine Jacke. Der herzhaft-aromatische Geschmack des Wermuts auf seiner Zunge war so stark, dass sein Gesicht für einen Moment heiß anlief. Ihm wurde wieder bewusst, warum ihn die Prohibition bisher kaum tangierte. Er würde dem Fusel nie sonderlich viel abgewinnen können. Die illegal betriebenen Kneipen, die Speakeasy-Bars, sprossen mittlerweile zahlreich wie das grüne Gras auf den Weiden Green Rivers und boten durch den heimlichen Ausschank von Bier und Hochprozentigem seinem Freund Tom die Möglichkeit, seinen Stoff aus der Schwarzbrennerei lukrativ zu verkaufen.

Jimmy saß auf den Stufen vor seiner kleinen Holzhütte und blinzelte in die Sonne. Schon zwei Jahre lebte er mit seiner Frau Emily und seiner Mutter in dem kleinen Häuschen. Seit der Geburt seiner Tochter im vergangenen Sommer waren die ohnehin beengten Räumlichkeiten endgültig zu kleingeworden. Aber etwas Größeres konnten sie sich nicht leisten. Sein Leben schien vorhersehbar. Dass sie zumindest gerade so über die Runde kamen, verdankte er den wöchentlichen Sportwetten. Was als Hobby im Freundeskreis begonnen hatte, wurde von Jimmy schon bald sehr ernst genommen und als zusätzliche Einnahmequelle genutzt. Vor allem die Spiele zwischen den Chicago Cubs und den Chicago White Sox konnten durchaus etwas Geld einbringen, da Jimmy dank seiner Beziehungen zu beiden Mannschaften früher als viele andere von spielentscheidenden Transfers erfuhr. Allerdings war es mühsam und enorm zeitaufwendig, ständig seine Quellen in Chicago aufzusuchen. Und natürlich konnten auch die sich täuschen, sodass Jimmys Gewinn nach Abzug aller Verluste oft bescheiden ausfiel. Hinzu kam, dass er sich mit den Wetten in einer moralischen Grauzone bewegte und Emily ganz und gar nicht begeistert darüber war, dass er sich in der ohnehin wenigen Zeit, die ihnen nach seiner Arbeit in der Fabrik blieb, so oft in Chicago herumtrieb. Außerdem beklagte sie sich, dass er zu ungeduldig sei und das wenige Geld, das sie besaßen, mit seinen Wetten allzu leichtfertig aufs Spiel setzte.

Jimmy sah hinunter auf die Kodak, die an einem Lederband vor seiner Brust baumelte. Der mittlerweile in die Jahre gekommene Spielzeughändler Morton hatte ihm zum Geburtstag seine neue Kamera geliehen. Nachdem Jimmys Begeisterung für Fotografie über die Jahre immer stärker geworden war, hatte ihm der Alte in seinem Keller sogar eine kleine Dunkelkammer eingerichtet. Jimmy seufzte. Eines Tages würde er in einem großen Haus leben und sich darin ein eigenes Fotoatelier einrichten. Das Haus, das er seiner Familie bauen würde, wäre so groß, dass seine Tochter Mary ihre Geburtstage mit einer Schar von drei Schulklassen darin feiern könnte. Vom Wohnzimmer aus würde er bis in die offene Küche sehen können, in der Emily einen überdimensional großen Braten in den Ofen schob und dabei mit einem Lächeln im Gesicht vor sich hin summte.

Die Bilder in seinem Kopf verschwammen und er blickte wieder auf die trostlose Einöde Green Rivers. Wenn ihm nicht langsam etwas einfiel, würden er und seine Familie hier für immer bleiben. Jimmy schluckte bei dem Gedanken. Er wollte seiner Familie so viel mehr bieten als das, was er selbst als Kind erlebt hatte. Seine Familie war das, was seinem Leben Sinn gab, und die Motivation, warum er nicht aufhören konnte, von einer besseren Zukunft zu träumen. Er würde ihnen ein wunderbares Leben bieten - wenn er nur könnte ...

Aus der Ferne hörte er den monotonen Lärm der nahe gelegenen Fabrik und das Pfeifen rangierender Loks. Er atmete tief ein und nahm trotz der klaren Luft, die der Frühling mit sich brachte, den Ölgestank wahr, der sich wie eine schwere Decke über die Region legte. Für einen Moment schloss er die Augen und entspannte seinen von der harten Arbeit in der Fabrik müden Körper. Dann schüttelte er den Kopf. Genug trübselige Gedanken für heute! Gleich würden seine Freunde aus der Fabrik kommen und sie konnten endlich seinen Geburtstag feiern. Ein paar unbekümmerte Stunden, bevor es morgen wieder in die Fabrik ging.

Jimmy atmete noch einmal tief durch, stand auf und ging zurück ins Haus, um seiner Frau bei den Vorbereitungen für seinen Geburtstag zu helfen. Er sah, wie Emily gedankenverloren das Essen auf den Tisch stellte. »Schläft Mary?«, fragte er und strich seiner Frau eine Haarsträhne aus dem Gesicht. »Deine Mutter schiebt sie hinterm Haus im Kinderwagen hin und her und summt ihr etwas vor. Die Kleine ist gefüttert, gewickelt und schläft tief und fest.« Emily lächelte erleichtert. »Schau nur, wie dankbar wir sein können, dass wir mit Pfarrer O’Conner einen so guten Freund haben.« Jimmy nickte zustimmend. O’Conner hatte ihnen vor zwei Tagen einen selbst gebackenen Kuchen, Frikadellen und einen großen Eintopf mit grünen Bohnen vorbeigebracht. Normalerweise wäre der Pfarrer erst einige Tage später gekommen. Nachdem Jimmy die Schule damals viel zu früh verlassen hatte, weil er mitverdienen musste, hatte O’Conner ihm nach dem Gottesdienst regelmäßig neue Bücher gebracht. Dank seiner Unterstützung konnte Jimmy damals große Teile des Unterrichts fortsetzen und sich vor allem in Wirtschaftsthemen einlesen. Die Bücher gaben ihm das Gefühl, doch ein Teil dieser großen, weiten Welt zu sein, auch wenn diese außerhalb seiner Reichweite zu liegen schien. Die Schweiz mit ihren spektakulären Bergwelten, ihrer Mehrsprachigkeit und der vielseitigen Kultur hatte ihn am meisten fasziniert. Noch heute kam O'Conner regelmäßig mit Büchern vorbei und blieb oft bis zum Abend, und dann lasen sie jeder für sich tief versunken. Oft brachte Emily ihnen dann selbst gemachte Limonade und bat darum, ihr vorzulesen. Das waren die Stunden in Jimmys Leben, die ihm Kraft gaben.