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Bunte Szenen der Welt und der Geschichte werden hier präsentiert: das alte Rom und die Germanen, arme Bettlerjungen aus Indien, eine tapfere Frau während der Bauernkriege in Deutschland, ein tragisches Schicksal während der NS-Zeit und schliessliche ein lyrisches Liebesdrama aus dem Mittelalter.
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Veröffentlichungsjahr: 2014
Theaterstücke für die Mittelstufe:
Aëtius, der letzte RömerBimsa, der tanzende BärFaustinaTheaterstücke für die Oberstufe:
Verenas FallDer letzte Tag des Bettelgrafen
Aëtius,
der letzte Römer
Ein Schauspiel für die pädagogische Arbeit mit Kindern im Alter von 11 - 13 Jahren
Dieses Schauspiel ist entstanden an der Steinerschule in Bærum, Norwegen, im Fremdsprachenunterricht der 6./7. Klasse und wurde dort uraufgeführt am 13. und 14. Mai 1993
Jürgen Heinz Dieter Spreemann
Alle Rechte beim Autor
Personen:
Aëtius, römischer Feldherr
Attila, König der Hunnen
Valentinian, Kaiser des weströmischen Reiches
Eudoxia, Gattin des Kaisers
Gaudentius, Sohn des Aëtius
Eudena, Tochter des Kaisers und der Kaiserin
Theoderich, König der Westgoten
Thorismund, dessen ältester Sohn
Theo, dessen zweitältester Sohn
Geiserich, König der Wandalen
Wandale 1
Wandale 2
Wandale 3
Senator 1
Senator 2
Senator 3
Cornelius,
Legionär und Bote des Aëtius
Legionär 2
Bote des Geiserich
Bote des Attila
Diener des Attila
germanische Frauen
Hunnenfrauen
Gote 1
Gote 2
Gote 3
Gote 4
Vorwort:
Wir befinden uns im Jahre 450 nach Christus. Die Lage des römischen Reiches ist schwierig. Von allen Seiten brechen fremde Völker herein, und im Inneren ist das römische Reich schon in zwei Reiche auseinandergebrochen. Zur Zeit des weströmischen Kaisers Valentinian ist Aëtius Feldherr. Er versucht, die Flut der germanischen Völker, die in das römische Reich einbrechen, aufzuhalten. Aber das ist vergeblich. Da kommt ein noch gefährlicherer Feind, der die römischen Grenzen bedroht und Tribut fordert: der König Attila mit seinen zahllosen Hunnenkriegern. Aëtius kennt diesen Feind sehr gut, denn er war in seiner Jugendzeit mit Attila zusammen. Aus dieser Bekanntschaft heraus ergeben sich für ihn schwerwiegende Probleme. Doch Aëtius versucht, diese Probleme mit Klugheit zu lösen. Deswegen kann man ihn als einen echten „Römer“ bezeichnen. Er war aber der letzte von dieser Art, der versuchte, dieses riesige römische Reich in seinem Bestand zu erhalten. Und dabei musste er scheitern, dieser letzte Römer…
Erster Akt
Erste Szene
Hunnenchor: Attila, König der Hunnen, göttlicher Mann schau deine Knechte voll Gnade an!
Attila: Was habt ihr zu geben?
Hunnenchor: Freiheit und Leben!
Attila: Was habt ihr im Sinn?
Hunnenchor: Kampf und Gewinn!
Attila: Was wollt ihr erhalten?
Hunnenchor: Die stärksten Gewalten!
Attila: Wie wollt ihr´s erwerben?
Hunnenchor: Durch Blut und Verderben!
Attila: Und wie es erreichen?
Hunnenchor: Nur über Leichen!
Attila: Doch wer soll euch leiten?
Hunnenchor: Der Herr aller Weiten!
Attila: Wie heißt der Tyrann?
Hunnenchor: Attila, Gottesmann!
Diener des Attila: Des Geiserich Bote ist zu uns gekommen. Er nimmt keine Speise und weigert sich bloß. Erfrischenden Trunk hat er auch nicht genommen, es sei denn, er wird seine Botschaft jetzt los!
Attila: Germanen sind tapfer, so führe ihn her!
Bote des Geiserich: Es schickt der Wandalen Beherrscher, mein Herr, mich zu dir, um Botschaft von wichtigen Dingen, die dich auch betreffen, zu überbringen.
Attila: Ich höre doch gern, was immer er sage!
Bote des Geiserich: Du, Attila, nutze die günstige Lage! Der römische Kaiser, so scheint es, ist schwach. Germanen bedrängen ihn vielhundertfach. Erobere Gallien! Niemand bewacht es!
Attila: Doch da sind die Goten! – Ist das bedacht?
Bote des Geiserich: Ja! Unter den Goten ist allzu viel Streit. Sie schwächen sich alle durch Unmäßigkeit.
Attila: Nicht leicht zu erobern mit zögernder Hand!
Bote des Geiserich: Lass zögerlich nicht die Tage verrinnen! Ein kraftvoller Angriff auf gallisches Land lässt mühelos dich das Gesamte gewinnen! Mit all deinen Kriegern, so tapfer und viele, erjagst du die Beute so leicht wie im Spiele!
Attila: Was sprichst du von Spiel? Sind mir hundert der Krieger nicht schon zuviel, um in unnützer Schlacht ihr Leben zu opfern? Doch weißt du den Sieger schon jetzt? Nicht umsonst ist der Krieg dann gemacht!
Bote des Geiserich: Du ahnst es ganz richtig: Der Sieger sind zwei. Die Hunnen nach Gallien, dass Geiserich lacht! Sein Land wird von Romas Bedrohung dann frei, dafür hat Tribut er dir zugedacht!
Attila: Da muss er bezahlen, und zwar nicht zu wenig! Er zahlt an den streitbaren Hunnenkönig! Die Antwort bekommst du in Stunden schon. Nun gehe und nimm deinen Botenlohn.
(Bote ab)
Zweite Szene
Diener des Attila: Der Bote aus der Hauptstadt Rom ist hier! Dir zu berichten brennt er vor Begier!
Attila: So führe ihn zu mir! Ich bin gespannt, was Neues er uns bringt aus Römerland.
Bote des Attila: Dem Kaiser habe ich es überbracht, was du als Forderung gerichtet hast an Rom, wenn es in Ruhe leben mag, so weiß es nun die Höhe des Betrags.
Attila: Wie hat der Kaiser sich dazu gestellt?
Bote des Attila: Er sagte klar, er fühle sich geprellt. Er weigert sich zu beugen solchem Zwang und fürchtet nicht des Reiches Untergang.
Attila: Die Antwort, die ist deutlich: er will Krieg! doch glaubt er allzu leicht an einen Sieg! Gleich schicke meine Männer her zu mir, des Krieges Brand entfachen will ich hier!
Hunnenchor: Attila, König der Hunnen, göttlicher Mann, schau deine Knechte voll Gnade an!
Attila: Was habt ihr zu geben?
Hunnenchor: Freiheit und Leben!
Attila: Was habt ihr im Sinn?
Hunnenchor: Kampf und Gewinn!
Attila: Was wollt ihr erhalten?
Hunnenchor: Die stärksten Gewalten!
Attila: Wie wollt ihr´s erwerben?
Hunnenchor: Durch Blut und Verderben!
Attila: Und wie es erreichen?
Hunnenchor: Nur über Leichen!
Attila: Doch wer soll euch leiten?
Hunnenchor: Der Herr aller Weiten!
Attila: Wie heißt der Tyrann?
Hunnenchor: Attila, Gottesmann!
Dritte Szene (Am Kaiserhof)
Kaiser: Die Neuigkeit ist schon zu dir gedrungen? Zum Kriege sind wir wieder mal gezwungen. - Attila hat Lust auf Rom bekommen. Die Stadt, so droht er, wird bald eingenommen. Jedoch verspricht er uns in Ruh zu lassen, vorausgesetzt, wir bringen Gold in Massen.
Aëtius: Ist es genug, was wir an Gold besitzen, dass wir auf solche Weise uns beschützen?
Kaiser: Glaubst du vielleicht, ich stopfe einem Hund mit meinem Golde seinen off´nen Mund?
Aëtius: Doch ist es besser, viele Menschenleben für einen Hund wie diesen hinzugeben?
Kaiser: Fang ich erst an, zu zahlen für die Macht, so bin ich bald um diese selbst gebracht.
Aëtius: Doch fängst du an zu kämpfen mit Legionen, so kostet es dich ebenfalls Millionen! Und Attila besiegst du nicht so leicht. Er ist der letzte, der vom Platze weicht.
Kaiser: Doch du, Aëtius, bist du der Feldherr nicht? Ist denn nicht, Rom zu schützen, deine Pflicht? Beschütze Rom, beschütze meine Kassen, und schaffst du´s nicht, so muss ich dich entlassen!
(Eudena kommt herein)
Eudena: Verzeihe, Vater, es warten Senatoren gesprächsbereit vor des Palastes Toren!
Kaiser: Was haben sie nun wieder vorzubringen?
Eudena: Es geht um Feiern oder solche Dinge.
Kaiser: Was für ein Volk, das feiert und das singt und spielt, selbst wenn es von Gefahr umringt.
Eudena: Roma aeterna! – So sind seine Sitten. Doch nun, mein Vater? – Soll ich sie bitten?
Kaiser: Führ sie herein! – Aëtius ans Werk! Und zeige der Welt: Rom ist kein Zwerg!
(Eudena und Aëtius gehen ab. Eudena kommt mit 3 Senatoren wieder herein.)
Die drei Senatoren: Ehre dem Kaiser, dem Herrscher der Länder, Lenker der Völker, mächtig und klug!
Kaiser: Und was ihr da bringt, ist es schlecht oder gut?
Erster Senator: Gut sind die Feste und gut ist das Spiel.
Kaiser: Doch schlecht ist Bezahlen, denn es kostet so viel.
Zweiter Senator: Wer das Volk unterhält, bekommt seine Liebe.
Kaiser: Drum feiert und tut, als ob´s ewig so bliebe.
Dritter Senator: Solange das Geld reicht, müssen wir feiern.
Kaiser: Und wenn man kein´s hat, bezahlt man mit Eiern. Drum schau´n wir mal an: Das, was wir verprassen, wovon hab ich mehr? Wir woll’n es erfassen, im Hühnerstall Eier oder Geld in den Kassen?
Vierte Szene
Gaudentius: Mein Vater, ließest du mich zu dir kommen in Eil´ und Sorge, wie ich hab´ vernommen, was mag es sein, das dich so rasch erhitzt?
Aëtius: Mein Sohn, die Lage ist so zugespitzt, dass zum Bedenken keine Zeit mehr bleibt. Der Kaiser ist´s, der mich zum Kriege treibt. Den Hunnen soll ich bald entgegengehen, die zahlreich an des Landes Grenze stehen - und warten. Noch sind sie hinterm Rhein, doch bald schon können sie in Gallien sein.
Gaudentius: Doch bist du Freund dem Attila, dem König! Ist das vergessen - und zählt so wenig, dass er das Reich nun nicht mehr schonen will? Hält die Erinnerung ihn nicht mehr still? Befreundet ward ihr in der Jugendzeit, an jenem Hofe spieltet ihr zu zweit, doch nun, da ihr erwachsen seid und groß, da reißt ihr euch von alten Banden los und wollt jetzt Feinde sein und wollt euch schlagen und euch zu töten gar am Ende wagen?
Aëtius: Ich weiß es nicht, was Attila bewegt, ob sich die Herrschsucht gar zu mächtig regt. Drum will ich einen Boten an ihn senden. Zwar lässt sich sein Entschluss nur schwerlich wenden, doch kann es sein, dass Mäßigung erreichbar. Und ist der Krieg auch unausweichbar, so lässt es sich vielleicht mit ihm bereden, dass wir in den kriegerischen Fehden, wenn sich das Ringen unentschieden zeigt und keine Seite sich zum Siege neigt, das weit´re Blutvergießen rasch beenden, ins eig´ne Lager uns zurück dann wenden.
Gaudentius: Doch wie, mein Vater, wagst du nur zu hoffen, das Resultat des Kampfes sei noch offen? Wie willst du diesem Feind entgegengehn? Womit kannst du den Attila bestehn?
Aëtius: Nur mit Germanen! – Kennst du ihre Wut? Und wenn sie wütend, scheuen sie kein Blut! Ich schicke den Cornelius zu den Goten und dich, Gaudentius, zu Attila als Boten!
Fünfte Szene
Eudena: (singt) Es saß ein klein wild Vögelein auf einem grünen Ästchen //: Es sang die ganze Winternacht sein Stimm tät laut erklingen ://
Sing du mir mehr, sing du mir mehr du kleines wildes Vöglein //: Ich will um deine Federlein dir Gold und Seide winden ://
Behalt dein Gold, behalt dein Seid ich will dir nimmer singen //: Ich bin ein klein wild Vögelein und niemand kann mich zwingen ://
Geh du heraus aus diesem Tal der Reif wird dich auch drücken //: Drückt mich der Reif, der Reif so kalt Frau Sonn wird mich erquicken ://
(Gaudentius tritt ein, nähert sich langsam und unbemerkt, während Eudena singt, berührt sie dann)
Eudena: Oh Liebster, du! Was hast du mich erschreckt!
Gaudentius: Ach nein! Ich habe dich doch nur geneckt!
(Sie fassen sich an beiden Händen, schauen einander an, doch dann macht Gaudentius sich plötzlich los)
Eudena: Was ist? Es muss was sein, das dich bedrückt. - - - Sind wir zu zweit, was fehlt an unserm Glück?
Gaudentius: Wie selten hat das Schicksal uns erlaubt, zu zweit zu sein, allein. Und doch, man glaubt und hofft, es würde einmal besser sein. Bislang jedoch war alle Hoffnung Schein.
Eudena: Du machst mir Angst! So sprich, was ist geschehn?
Gaudentius: Schon morgen soll ich zu den Hunnen gehn!
Eudena: Nein! – Geliebter, musst du wirklich fort und noch dazu an jenen furchtbar´n Ort!
Gaudentius: Als Bote werde ich dorthin geschickt, zu Attila. Doch wenn es mir nicht glückt, zu Maß und Sänftigung ihn zu bewegen, so fürchte ich um vieler Menschen Leben. Nicht eine Schlacht ist´s nur und nicht ein Krieg, ein Morden wird´s und sicher ohne Sieg!
Eudena: Oh Gott! Muss jene harte Männerwelt denn immer kämpfen? Jeder will als Held an Grausamkeit die andern überbieten, will siegen, töten, herrschen und gebieten! Wem nützt es? Und wo bleibt des Lebens Recht?
Gaudentius: Ich weiß, ich weiß! Doch ist die Welt auch schlecht, wir müssen dennoch handeln, uns entscheiden. Das Böse ist nun mal nicht zu vermeiden. Will man es dämpfen, muss man stärker sein.
Eudena: Ich bin nicht stark. Und bin ich bald allein und du so fern, nein, nein, ich halt´s nicht aus, Gaudentius, in diesem Irrenhaus!
Gaudentius: Sei ruhig, du, Geliebte! Komm doch her! Nimm doch die Dinge nicht so schwer! Wer weiß, ob sich nicht alles doch noch wendet und ob´s am Schluss nicht doch im Frieden endet.
Eudena: Die Hoffnung ist so klein…
Gaudentius: …doch groß die Liebe!
Eudena: Ja – wenn sie nur in meiner Nähe bliebe…
Sechste Szene
(Theo und Thorismund stehen im Vordergrund und zählen Pferde. Rechts liegt Theoderich auf einer Liege und lässt sich massieren. Zwei Goten sitzen links und trinken; im Hintergrund sind zwei Goten, von denen der eine dem anderen Fechtunterricht erteilt. Zwei Frauen sind mit Handarbeiten beschäftigt. Eurich steht in der Mitte und schaut seinen Brüdern beim Pferdezählen zu.)
Thorismund: Einundzwanzig, zweiundzwanzig, dreiundzwanzig, vierundzwanzig, sechsundzwanzig…
Eurich: Fünfundzwanzig! Das Zählen hast du wohl noch nicht gelernt!
Theo: Halt´s Maul! Sonst wirst du gleich von uns gehörnt!
Thorismund: Nun wart ein wenig mit den Pferden! Da, schau, das braune sieht wie meines Vaters aus, genau!
Theo: Nun zähle weiter!
Thorismund: Fünfundzwanzig, sechsundzwanzig, siebenundzwanzig, achtundzwanzig…
Theoderich: Au! Das ist die eine Stelle, die so schmerzt! Massier ein bisschen weiter runterwärts!
Thorismund: Neunundzwanzig, dreißig, einunddreißig
Eurich: Ei ja, nun zählst du meine Pferde fleißig! Oder glaubst du gar, der Hengst gehörte dir?
Theo: Halt´s Maul! Sonst mach ich dich gehörnt zum Stier!
Thorismund: Der Hengst ist doch seit langem mein Besitz!
Eurich: Das ist, mein Bruder, nur ein schlechter Witz! Was fällt euch ein? Das beste meiner Pferde in eurem Stall euch wohl gefallen werde - das glaub ich wohl! Zurück damit!
Thorismund: Geh weg!
Theoderich: Hört mit dem Streiten auf! Das hat kein´ Zweck!
(Eurich läuft nach hinten, um Gote 3 das Schwert wegzunehmen)
Eurich: Was wem gehört, das wollen wir doch sehen!
Gote 3: Mein Schwert, halt! Eurich, bleibe stehen!
(Thorismund nimmt auf gleiche Weise dem Goten 4 das Schwert weg)
Gote 4: Doch wenn es blutig ist, so machst du´s rein!
Thorismund: Ach was, das Königsblut ist nicht vom Schwein!
(Beide stehen sich gegenüber und drohen sich anzugreifen.)
(Theoderich lässt einen Pfiff ertönen. Darauf stellen alle anderen sich auf und beginnen zu singen. Während sie singen, trennen sie die beiden Kämpfer voneinander.)
Alle singen: Alle, die mit uns auf Beutezug gehen, müssen echte Germanen sein! Alle, die mit uns im Kampfe stehen, müssen tapfere Männer sein! Du und ich vom Gotenstamm, das sind die echten, die dürfen fechten! Du und ich vom Gotenstamm, das sind die echten, die dürfen ran!
Alle, die mit uns die Schwerter schwingen, müssen echte Germanen sein! Alle, die mit uns den Feind bezwingen, müssen tapfere Männer sein! Du und ich vom Gotenstamm, das sind die echten, die dürfen fechten! du und ich vom Gotenstamm, das sind die echten, die dürfen ran!
(Inzwischen hat sich Theoderich erhoben, geht zu seinen Söhnen und gibt zuerst Eurich eine Ohrfeige. In dem Augenblick, als er auch Thorismund eine Ohrfeige geben will, wird er durch den Boten abgelenkt.)
Gote 1: Theoderich, ein Bote von Aëtius!
Cornelius: Bist du Theoderich, der Gotenkönig?
Theoderich: Das sieht man doch… (Er schaut an sich herunter) …vielleicht ein bisschen wenig. Bringt mir das Hemd und auch die Rüstung her!
Cornelius: Die Hunnen machen uns das Leben schwer in Rom. Drum lässt Aëtius euch fragen, ob ihr so willig wie in früh´ren Tagen im Kampfe gegen sie uns beistehn wollt?
Theoderich: Dem alten Hunnen hab ich stets gegrollt. Da will ich gern der Kampfgenosse sein!
Thorismund: Nein, Vater, nein! Darauf lass dich nicht ein! Verbind dich mit den feigen Römern nicht!
Theoderich: Wer hieß dich so zu sprechen, dummer Wicht! (Er gibt ihm eine Ohrfeige) Das nimm von mir! Ich schulde es dir noch. (Zum römischen Boten gewandt) Mein Sohn. Zwar ist er schlecht erzogen, doch – ein guter Kerl. Verzeihe sein Benehmen! Schwer ist´s, sich zum Gehorsam zu bequemen, wenn man so jung ist. Wie’s nun auch sei, in diesem Kriege sind wir gern dabei!
(Die Goten singen weiter)
Alle singen: Alle, die zu uns die Treue halten, müssen echte Germanen sein! alle, die bis in den Tod standhalten, müssen tapfere Männer sein! Du und ich vom Gotenstamm, das sind die echten, die dürfen fechten! Du und ich vom Gotenstamm, das sind die echten, die dürfen ran!
Zweiter Akt
Erste Szene
Aëtius: Und als du Attila das vorgetragen, ging er auf meinen Vorschlag willig ein?
Gaudentius: Er ging drauf ein, doch muss ich leider sagen, er legte einen andern Sinn hinein.
Aëtius: So sprich! Die Sache lässt mir keine Ruh!
Gaudentius: Der Kampf sei rasch zu enden, gab er zu, doch nicht wenn beide gleich an Stärke sind, vielmehr wenn einer sich als schwächer zeigt, so lass´ der Sieger von ihm ab geschwind und geb zum Rückzug ihm die Möglichkeit.
Aëtius: Das ist doch merkwürdig! Es zwingt ihn nichts, so gegen die Gewohnheit hier zu handeln. Ist´s Freundschaft oder Furcht, die aus ihm spricht?
Gaudentius: Was hätte sonst vermocht, ihn so zu wandeln?
Aëtius: Gäb´s einen weitern Grund? Ich weiß es nicht. - - - Doch die Gefahr, wenn es der Kaiser hört!
Gaudentius: Ja, von Verrat scheint das nicht fern zu sein.
(Der Kaiser tritt leise herein. Die zwei erschrecken.)
Kaiser: Hab ich euch in Beratungen gestört? Was ist? – Ihr scheint mir sehr betrübt zu sein.
Aëtius: Kein Wunder ist´s in Anbetracht der Lage!
Kaiser: Erzählt nur frei! Was gibt euch Grund zur Klage?
Aëtius: So zahlreich ist des Feindes Übermacht, so zahlreich kenn´ ich keinen anderswo!
Kaiser: Doch die Germanen – habe ich gedacht – verstärken unser Heer. Ist das nicht so?
Aëtius: Das ist der Fall! Der Kampf wird dennoch hart! Wir werden manchen Krieger noch vermissen!
Kaiser: An Leben wird im Kriege nie gespart!
Aëtius: Der Kaiser wird es wohl zu schätzen wissen, wenn nun sein Feldherr diese Schlacht gewinnt?
Kaiser: Die Kasse ist zwar leer, doch hier mein Kind, Eudena, ist als Braut des Kampfes wert. Eudena! – Das Gerücht drang auch zu mir, dass dein Gaudentius sie als Frau begehrt. (Eudena erscheint) Nicht wahr, mein Töchterlein, als Siegerkranz auf des Gaudentius` Haupt gefielst du dir?
(Eudena senkt errötend den Kopf)
Aëtius: Jedoch gefällt´s dem Kaiser nicht so ganz, hat er Aëtius mit im Triumvir.
Kaiser: Es sollt´ der Große sich am Großen messen! (Er gibt Aëtius die Hand) Der alte Streit sei auch einmal vergessen!
Zweite Szene
(Aëtius steht im Hintergrund erhöht, ins Publikum schauend. Mit dem Rücken zum Publikum stehen römische und germanische Soldaten: Cornelius und Legionär 2 und die drei Senatoren als Legionäre verkleidet Theoderich, Thorismund, Theo Eurich und die Goten 1,2,3 und 4)
Aëtius: Gekommen ist der Tag der Schlacht!
Alle im Chor: Wir sind bereit und haben Acht!
Aëtius: Der Feind ist stark! Seid auf der Hut!
Alle: Er raubt uns nicht den Kampfesmut!
Aëtius: Die Schlacht wird heiß! Die Schlacht wird lang!
Alle: Wir freuen uns auf Schwerterklang!
Aëtius: Sie geht wohl länger als ein Tag!
Alle: Da ruhe nur, wer ruhen mag!
Aëtius: Habt ihr auch an den Tod gedacht?
Alle: Des Lebens Rechnung ist gemacht!
Theoderich: Doch sag, wo stellen wir uns auf?
Aëtius: Zur Rechten an des Flusses Lauf!
Gote 2: Sind wir am Anfang gleich dabei?
Aëtius: Erst wenn der Pfeilbeschuss vorbei!
Legionär 2: Wer soll den Angriff starten?
Aëtius: Es ist an uns zu warten!
Legionär 2: Und weichen wir zurück?
Aëtius: Im ersten Augenblick, doch dann brecht vor!
Alle: Hostes afficiet tremor!
Dritte Szene
Die Schlacht auf den Katalaunischen Feldern
(Die Bühne ist ziemlich dunkel. Mit Schlachtrufen laufen die Krieger über die Bühne, verschwinden und erscheinen wieder.)
Cornelius, Legionär 2, die drei Senatoren, Theoderich und Söhne, Gote 1 – 4: Hostes afficiet tremor! Hostes afficiet tremor! (ab)
(Bote des Attila und Diener des Attila, nun als Krieger, erscheinen auf der Bühne und schauen wild um sich.)
Bote des Attila, Diener des Attila: Für Attilas Leben und Sieg! (ab)
Die römischen Krieger: Da drüben wütet der Krieg! Es lebe der Kaiser! Es lebe der Kaiser! (ab)
(Die vier Goten erscheinen)
Gote 2: Die Römer schreien sich noch heiser! Doch wohin sollen wir uns wenden? Es wird gekämpft an allen Enden!
Gote 1: Dort ist das dickste Handgemenge!
Gote 3: Es stirbt sich leicht in solcher Enge!
Gote 4: Schlägst du rundum, so stirbst du nicht!
Gote 1: Schaut unsern König, er haut nicht wenig!
Gote 2: Wir schließen uns an den König dicht!
Alle vier: Theoderich lebe! Es lebe der König! (ab)
(Die zwei Hunnen erscheinen)
Bote des Attila: So wie heute sah ich die Germanen nie!
Diener des Attila: Sie brüllen und schreien wie wildes Vieh! (ab)
(Die drei Senatoren als Krieger. Senator 1 und Senator 3 lassen sich auf den Boden fallen. Pfeile sausen über die Bühne)
Senator 1: Dreißig Pfund Gold für nur eine Pause!
Senator 2: Während dir Pfeile um die Ohren sausen!
Senator 3: Legt euch flach hin! Und fangt an zu beten!
Senator 2: Dass Pferde dir deinen Kopf zertreten! Steht auf! Hier gibt es kein Verweilen!
Senator 1: Wir müssen uns ja nicht beeilen!
Senator 3: Es riecht nach Blut und Schweiß und Kot!
Senator 2: Wir sind im Kriege, du Idiot! Der Schlachtruf heißt: Es lebe der Kaiser!
Alle drei: Es lebe der Kaiser! Es lebe der Kaiser! (ab)
Eurich: Ich glaube, heut‘ ist Erntetag! Ich schlage zu, so wie ich mag, gleich liegen da fünf tote Hunnen, ich hab sie kaum dazu gezwungen.
Theo: Ja, Gras zu mähen ist kaum leichter. Schaut man dem Hunnen ins Gesicht und zeigt sein Schwert, schon weicht er. Gar viel zu kämpfen braucht man nicht!
Eurich: Auf in den Kampf! Wir mähen Gras!
Theo: S´ist besser, als wenn die Kuh es fraß! (ab)
(Im Hintergrund Schlachtruf: Hostes afficiet tremor! Schwerterklang und Lärm des Schlachtgetümmels. Cornelius, erhöht, blickt in die Schlacht und berichtet. Legionär 2 neben ihm auf dem Boden.)
Cornelius: Die Schlacht tobt am heißesten zur Rechten, wo die Germanen mit den Hunnen fechten.
Legionär 2: Ist auch Theoderich dabei, der König?
Cornelius: Ganz mittendrin. Man sieht von ihm so wenig! Doch da, die Hunnenflagge! Wer kommt daher? Ist´s Attila? Ich glaub´s! Sein Stand ist schwer!
Legionär 2: Wo strebt er hin? Was hat er jetzt im Sinn?
Cornelius: Was wohl? Er sucht den Schlüssel zum Gewinn! Mir scheint, er will Theoderich bedrängen und ihn in eine enge Lage zwängen! Sie kommen näher jetzt einander, doch - ein dichter Wald von Lanzen, ohne Loch, erhebt sich grad davor, versperrt die Sicht! Die Schlacht kommt her! Hier ist des Bleibens nicht! Ich fürchte noch, hier fließt gleich Königsblut! (ab)
(Getümmel, Schlachtgeschrei. Theoderich im Fechtkampf mit zwei Hunnen. Dann erscheint Attila.)
Attila: Lasst ab von ihm! Dies ist ein Königskampf!
Bote des Attila: Da hast du ihn in Wut und Schweiß und Dampf!
Diener des Attila: Bedenke, was an deinem Leben hängt!
Attila: In dieser Schlacht, da wird mir nichts geschenkt!
Theoderich: Ich warte schon! Komm nur vors Messer!
Attila: Doch Hunnensäbel schneiden besser! (Sie kämpfen. Nach einiger Zeit bemerkt man die Überlegenheit des Attila.) Auch der Germane lernt beizeiten: Die Hunnen können nicht nur reiten!
(Theoderich fällt zu Boden. In dem Augenblick erscheinen Theo und Eurich, werden aber von den anderen Hunnen aufgehalten.)
Theo, Eurich: Theoderich lebe! Es lebe der König!
Attila: Ihr kommt zu spät! Er lebt nicht mehr! Lasst ab!
(Attila verlässt mit den Hunnen den Kampfplatz. Theo und Eurich stürzen zu dem sterbenden Vater hin.)
Theo, Eurich: Vater! Vater!
(Thorismund erscheint, sieht den sterbenden Vater.)
Thorismund: Das fordert Rache! Attila ins Grab! (ab)
(Er stürzt in den Kampf zurück. Man hört von ferne mehrere, die schreien:)
Aus dem Hintergrund: Tod dem Attila! Attilas Tod!
(Aëtius tritt auf. Mit ihm die Römer und Gote 1 – 4. Aëtius betrachtet den toten König.)
Aëtius: Folgt Thorismund! Dort wird der Kampf entschieden!
Römer und Goten: Hostes afficiet tremor! Hostes afficiet tremor! (ab)
(Frauen kommen und knien bei dem toten König. Längere Pause des Schweigens. Cornelius kommt wieder, steigt auf eine Anhöhe und berichtet von der Schlacht. Legionär 2 neben ihm.)
Cornelius: Da drüben geht es jetzt ans Werk. Die Wut des Thorismund verzehrt des Feindes Blut. Aëtius hält die Römer dicht bei sich, sie treiben einen Keil, unweigerlich wird so die Hunnenordnung aufgelöst. Schon ist des Feindes Flanke da entblößt!
Legionär 2: In welche Richtung treiben sie sie hin?
Cornelius: Zum Fluss! Das ist wohl des Manövers Sinn, sie in die Enge dort am Fluss zu treiben. Da gibt es kein Zurück, sie müssen bleiben und werden hingeschlachtet, immer einer der Reihe nach, zum Schluss bleibt keiner! - - -
Legionär 2: Ich glaub, ich höre Siegesschreie! Stimmt´s?
Cornelius: Noch seh ich´s nicht genau. Doch da beginnt´s! Die Hunnen wenden sich, sie fliehen! Sieg!
(Alle römischen und germanischen Krieger stürmen auf die Bühne.)
Alle: Sieg! Unser ist der Sieg! Sieg!
Die Senatoren: Viktoria! Es lebe der Kaiser! Vivat!
Aëtius: Schweigt still! – Hier seht ihr durch des Feindes Tat Theoderich getötet! – Als er starb, hat sich für uns der Kampf zum Sieg gewendet. Dankt ihm, weil er sein Leben für uns gab! So ist es, wenn ein guter König endet!
(Eine Gruppe von Frauen kommt vor und kniet bei dem toten Theoderich. Sie singen.)
Alle: Seele, fahre, an das andere Ufer, selig, kommst du dort zur Ruh, kommst du dort zur Ruh.
Dritter Akt
Erste Szene
Eudena: (singt) Ich hab die Nacht geträumet wohl einen schweren Traum: Es wuchs in meinem Garten ein Rosmarienbaum.
Ein Kirchhof war der Garten, ein Blumenbeet das Grab, und von dem grünen Baume fiel Kron´ und Blüte ab.
Die Blätter tät´ ich sammeln in einen goldnen Krug; der fiel mir aus den Händen, dass er in Stücke schlug.
Draus sah ich Perlen rinnen und Tröpflein rosenrot. Was mag der Traum bedeuten? Ach Liebster, bist du tot?
Eudoxia: Eudena, die Zeit des Trauerns ist vorbei! Die Helden kommen von der Schlacht zurück!
Eudena: Sahst du Gaudentius? War er dabei?
Eudoxia: Ich glaub es doch. Mich täuscht wohl nicht mein Blick, ich sah dort unter vielen Männern einen, der mir Gaudentius zu sein erschien. (Eudena bricht an ihr zusammen.) Eudena, was ist? Nun brauchst du nicht mehr weinen!
(Man hört aus der Ferne Siegesschreie)
Volk: Ave victor! Liberator Romae! Ave victor! Liberator Romae!
Eudoxia: Da hör! Die Leute grüßen sie als Sieger!
(Eudena erhebt sich und schaut hinaus)
Eudena: Oh, Mutter! Ob er wohl dabei ist?
Eudoxia: Vertraue drauf! Er ist‘ ein tapfrer Krieger!
Eudena: Doch denke nur, wenn man ihn nun vermisst!
(Wieder Siegesschreie)
Volk: Ave victor! Liberator Romae!
(Gaudentius erscheint. Sie fallen sich in die Arme. Gleich danach Aëtius.)
Eudoxia: Wir grüßen dich Aëtius! Erzähle! Gingt ihr siegreich aus der Schlacht hervor?
Aëtius: Was ist ein Sieg? Wenn ich die Opfer zähle, so wär´, von Sieg zu sprechen, ich ein Tor. Doch Sieger darf ich mich wohl trotzdem nennen, da ich den Feind zur Umkehr hab gezwungen.
Gaudentius: Hast du doch selbst das Schwert mit Macht geschwungen! Das werden alle Zeugen anerkennen!
Aëtius: Doch finster sah der Kaiser aus? Mir scheint, er glaubt nicht an den Sieg, den vollen.
Gaudentius: Er kommt! Du wirst gleich hören, wie er´s meint. Es hätte aber nicht geschehen sollen, dass er zuerst die Senatoren sprach und nicht von dir die erste Kunde hörte.
(Der Kaiser tritt auf. Senatoren im Hintergrund)
Kaiser: Wer war es, der des Feindes Front durchbrach? Nicht du, Aëtius? – Was mich empörte, wenn ich der Nachricht Glauben schenken sollte, dass der Germanen Wut den Kampf entschied, nicht deine Kriegskunst? – Wenn ich auch wollte, verdecken kann ich nicht den Unterschied.
Aëtius: Was sind die Kräfte ohne den Verstand? Zwar gern beachtet man des Zornes Walten, doch nur gelenkt von eines Klugen Hand kann eine gute Wirkung er entfalten.
Kaiser: Dem Herrn gefällt es, Philosoph zu sein? Wo ist die Wirkung denn, von der du sprachst? Sonst, glaube ich, sind deine Reden Schein!
Aëtius: Bedenke, Kaiser, was du mir versprachst. Eudena setztest du zum Siegespreis, dass meines Sohnes Braut sie werden soll. Der Sieg ist mein! Du zweifelst? Zum Beweis empfange den Bericht. Des Blutes voll sind seine Zeilen, und diese lügen nicht.
(Der Kaiser liest)
Kaiser: Nun, Attila hat sich zur Flucht gewendet, nennt man das Sieg? Solang der Führer lebt. ist dieser Krieg noch lange nicht beendet, nur kurz, bis dieses Streiten neu anhebt. Sein Tod allein hätt´ uns von ihm befreit!
Aëtius: Oh ja, der Herrscher wünscht sich, was er will, den Tod, das Leben, nach Bedarf. Ein Wort von ihm, schon stehn die Weltenräder still, ein anderes, so drehen sie sich fort. Doch dass auch er ein Sterblicher nur ist, das ist es, was er allzu leicht vergisst! Valentinian, die Grenze ist erreicht, wo der Verstand der Macht nicht weicht!
Kaiser: Das kommt drauf an! Wir wollen es probieren!
Aëtius: Von Dummheit ließ sich Rom noch nie regieren!
Kaiser: Du widerstrebst? Ich setze dich gefangen!
Aëtius: Ja, wag es nur! Dann wirst auch du mithangen! (ab)