Wer lacht, statt zu weinen - JHD Spreemann - E-Book

Wer lacht, statt zu weinen E-Book

JHD Spreemann

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Beschreibung

Dieses Buch enthält acht Erzählungen, teils humoristisch und komisch, teils tragikomisch oder satirisch. Obwohl der Humor überwiegt, scheint doch in jeder der Erzählungen ein ernster Hinergrund durch, der zum Nachdenken anregen möchte. Ein Thema, das vielleicht manche zum Weinen bringen würde, wird auf die Ebene der humorvollen Leichtigkeit gehoben und ermöglicht dadurch, Abstand zu nehmen von dem, was sonst das Leben schwer und traurig macht.

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Veröffentlichungsjahr: 2013

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JHD Spreemann

Wer lacht, statt zu weinen

Acht humoristische Erzählungen

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Wo sind deine Zähne, Vampir?

Plötzlich stürmten die Jugendlichen los. In der Dunkelheit neben dem Stadion waren sie auf Grund ihrer schwarzen Kleidung kaum zu sehen. Aber umso besser waren sie zu hören:

„Haut drauf, Jungs!“ – „Jetzt machen wir sie fertig!“

Die Männer, die das riefen, hatten eine so merkwürdige Aussprache, dass Hansi nicht genau verstand, was er gehört hatte. Denn  „Jetzt machen wir sie fettig!“ gab irgendwie keinen Sinn. Aber genau das hatte er doch gehört.

Die andere Gruppe wurde von dem Angriff überrascht. Die Schläge prasselten nur so auf sie nieder, Schreie ertönten und die ersten von der Kohorte „Süd“ gingen zu Boden. Doch kamen ihnen andere Hooligans zu Hilfe, die sich zufällig in der Nähe aufgehalten hatten und mischten sich in die Schlägerei ein.

Hansi, der Vampir, schaute dem Geschehen gespannt zu. Als der Geruch von Blut in seine Nase stieg, erhöhte sich sein Wohlgefühl, und seine Stimmung wurde umso heiterer, je mehr Männer er auf dem Boden liegen sah, die geschlagen und getreten wurden und sich vor Schmerzen krümmten.

Fast bekam er Lust, hier mitzumischen, aber er war ja nur als Zuschauer gekommen.

Die Angreifer, die sich Kolonne „Nordkurve“ nannten, waren den Männern von der Kohorte „Süd“ eindeutig überlegen. Sie hatten eine Geschmeidigkeit in der Bewegung und eine Reaktionsschnelligkeit, die ihn an seine Verwandten, die Vampire aus Tschechien, erinnerten. Er wunderte sich: Menschen konnten doch nicht so schlägern! Die waren nicht so schnell!

Inzwischen hörte man das Geheul von Sirenen. Offenbar war die Polizei alarmiert worden. Immer mehr Jugendliche hatten sich eingemischt, und es waren jetzt an die zweihundert von ihnen, die in eine wilde Schlägerei verwickelt waren. Man hörte Schreien und Stöhnen und das Krachen von Kinnläden und das Knacken von Knochen, und als die Scheinwerfer der Polizeiautos sich auf die Menge richteten, sah man auch die Zähne, die durch die Luft flogen.

Hansi fing ein paar von ihnen auf, besah sie sich und warf sie mit der Bemerkung „Schlechte Qualität!“ von sich.

Darf ich vorstellen: Hansi Schraubnitzki, Vampir mit einer speziellen Geschichte, die sogleich erzählt werden wird.

Was hatte er hier, inmitten dieser Schlägerei von Hooligans oder Fußballfans, oder wie immer man sie nennen soll, zu suchen? Und warum stand er so gleichgültig dem Geschehen gegenüber, obgleich er doch für Ordnung hätte sorgen können, in Anbetracht der kämpferischen Fähigkeiten, die er hatte?

Er hätte doch dazwischen gehen können, wäre in der Mitte der Kämpfenden ein wenig herumgewirbelt, hätte hier und da mit Fäusten und Füßen gleichzeitig Schläge in alle Richtungen austeilen können, so dass alle erschrocken weggelaufen wären, aber nein, er stand da seelenruhig und gelangweilt, als ob er eine Reality-TV-Serie im Fernsehen anschauen würde.

Er hatte tatsächlich etwas hier zu suchen, weil er nämlich: etwas suchte.

Genauer gesagt, er suchte jemanden. Dieser Jemand war sein Vater, der verschwunden war, als Hansi zwölf Jahre alt war.

Hansi konnte sich noch genau an jenen Tag erinnern. Seine Mutter war am Morgen gestorben, was ihn aber nicht weiter juckte, denn sie hatte ihn schon lange genervt. Er wollte mal wieder Pfannkuchen mit Vanille-Eis zum Frühstück haben, aber seine Mutter, die Nervensäge,  hatte ihm das mal wieder verboten, erstens wegen der Zähne, denn „Die Zähne“, sagte sie immer, „sind das wichtigste Werkzeug eines Vampirs“, zweitens wegen der Energie, denn Zucker war nicht gut, vielmehr sollte er eine gehörige Portion gesülzte Blutegel essen, damit er groß und stark werde. Sie füllte ihm den Teller voll mit diesem Fraß, aber Hansi, das ungezogene Vampirchen, schmiss ihn kurzerhand auf den Boden. Daraufhin regte die Mutter sich furchtbar auf. Da sie aber nun keine echte Vampirin war, sondern nur eine Vampirette, konnte sie gegenüber ihrem Sohn nichts ausrichten. Also rannte sie, wie sie es in solchen Fällen immer zu tun pflegte, zum Vater, um sich zu beklagen.

Eine halbe Stunde später war sie tot, und Hansi wunderte sich nur. Doch wo war sein Vater? Er kam an dem Tag nicht zurück, und auch nicht am folgenden und auch nicht am dritten und überhaupt nicht mehr. Da mussten sich die Verwandten des Hansileins annehmen und entschieden, dass er hinfort von Onkel Murksi Schraubnitzki großgezogen werden  sollte.

Dieser Onkel hat die Erziehung unseres Hansis dann ganz gut hingemurkst. Er lehrte ihn die besten Schlag- und Schwebetricks, lehrte ihn, wie man sich als Vampir am anständigsten zu verhalten hatte, besonders gegenüber jungen Mädchen, wo das anständige Verhalten dann in ein unanständiges übergeht, aber wie auch immer, welches junge Mädchen träumt nicht von dem starken Brutalo, der alle anderen aus dem Weg räumt, nur um sie auf Armen aus dem Gedränge zu tragen und anschließend im Mondschein zu nageln, oder zu schrauben, wie der Clan der Schraubnitzkis zu sagen pflegte.

Hansi wurde auch in den Mythos der Vampire eingeweiht, in die Jahrtausende alte Geschichte des Kampfes zwischen den zwei bedeutendsten Vampir-Clans, die es je auf der Erde gegeben hatte, des Kampfes zwischen den Schraubnitzkis und den Nagelspitzkis.

Der Unterscheid zwischen den beiden ist ein äußerlicher: Die Nagelspitzkis haben ganz gewöhnliche Vampir-Eckzähne, etwas länger und spitzer als die anderen, die sie also irgendwelchen Leuten in den Hals hauen. Die Schraubnitzkis haben hingegen solche Zähne mit einer gewissen Drehung, ähnlich dem Gewinde einer Schraube. Wenn sie also diese Zähne jemandem in den Hals hauen, dann sitzt das Opfer erst mal fest, und der Vampir kann genüsslich saugen, so lange er will.

Das Prinzip der Schraube ist durchaus keine Erfindung des griechischen Mathematikers Archytas von Tarent, wie behauptet wird, sondern dieser hat es nur von den Vampiren  übernommen. Er hatte sich nämlich in die schöne Philomele verliebt, das schönste Mädchen von Tarent, welches ein weiblicher Vampir war. Das wusste Archytas allerdings nicht, sondern stellte erst beim Küssen fest, dass Philomele eigenartig gewundene Eckzähne hatte. Er untersuchte das genauer, und da wurde ihm klar, welchen Nutzen das haben würde, wenn man es technisch verwendete. Da es damals in Süditalien noch kein Patentamt gab, musste Archytas seine Entdeckung preisgeben, ohne Geld daran verdienen zu können. Das tun aber die Baumärkte heutzutage reichlich, besonders die in Deutschland, indem sie Schrauben in allen Formen und Größen verkaufen.

Besonders im Ruhrgebiet kommen sie gut an und werden viel verkauft. Damit wären wir also wieder am Ausgangspunkt, nämlich neben einem Fußballstadion im sogenannten „Ruhrpott“, wo die Jugendlichen rufen: „Jetzt machen wir sie fettig!“

Hansi dachte, er müsste doch mal genauer untersuchen, warum die Kerle von der Kolonne „Nordkurve“ so gute Kämpfer waren. Er suchte sich einen heraus, der sich abseits gestellt hatte, um zu verschnaufen. Außerdem war er nass von dem Wasserwerfer der Polizei und war unschlüssig, was er jetzt tun sollte.

„Sag mal, ihr seid echt gut im Schlägern! Woher könnt ihr das?“ fragte Hansi.

„Wozu willse dat denn wissen?“ bekam er zur Antwort. Hansi wunderte sich über die Aussprache, verstand aber, was gemeint war.

„Na ja, ihr seid halt so schnell und habt eine unglaublich gute Kampftechnik! Wo habt ihr das gelernt?“

„Dat hamma überhaupt nich gelärnt, dat könn we schon vonne Geburt an.“ antwortete der Typ, während ihm das Wasser von den Haaren tropfte.

Jetzt stutzte Hansi. Hatte der Kerl etwa gemeint, dass er schon als Baby im Laufstall mit anderen Babys rumgeschlägert hätte?

„Erklär mir das doch mal!“ bat er nur.

„Sach mal, bisse bekloppt, oder wa? Wir sind alte Vampire, verstehsse? Wir kommen ausm Böhmerwald und warn disse Blutsaugerei leid. Dat war so langweilich. Jetzt simma halt halbe Menschen geworn und könn hier bei de Klopperei mitmachen. Dat is viel, viel lustiger!“

Nun gut, jetzt verstand Hansi. Darum also erinnerten ihn diese Kerle an seine Verwandten aus Tschechien. Sie waren ehemalige Vampire, die zum Menschendasein übergewechselt waren, um es etwas lustiger zu haben.

„Zu welchem Clan gehörtet ihr denn da im Böhmerwald?“ fragte Hansi

„Wir warn vom Clan der Haudraufetzki!“

„Alles klar! – Bitte, noch eine letzte Frage: Ich such meinen Vater, Stanislaus Schraubnitzki. Hast du irgendwas von dem gehört?“

 „Ick sach dir was: Geh nach Amerika. Da finnse alles.“

Hansi ließ sich das nicht zweimal sagen. Er machte sich sogleich auf den Weg nach Amerika, noch in derselben Nacht. Er brauchte ja nicht erst einen Flug zu buchen wie wir gewöhnlichen Sterblichen, sondern benutzte die Dauerschwebe-Technik, die ihm sein Onkel beigebracht hatte. Als Proviant nahm er einen Plastikbeutel mit Blut mit, und zwar so einen modernen mit Klappverschluss, denn während der Überfahrt nach Amerika, oder sagen wir lieber: während der Überschwebe nach Amerika, waren ja keine Stewardessen gegenwärtig, die ihn hätten bedienen können.

Es dauerte nicht lange, da landete er auf dem Neuen Kontinent, in Amerika, dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Hier ist nichts unmöglich, denn als Hansi versuchte, einen Vampir zu finden, und verschiedene Leute fragte, ob es hier vielleicht eine alte Burg oder so etwas gäbe, wo geheimnisvolle Leute wohnen würden, wurde er auf das Plentagon aufmerksam gemacht. Er wandte sich an einen der Männer, die früh morgens auf dem Weg in dieses merkwürdige, fünfzigeckige Gebäude waren, und wurde zunächst abgewiesen. Erst als er sich mit seinem Namen „Schraubnitzki“ vorstellte, wurde er plötzlich mit größter Freundlichkeit begrüßt.

„Ja, da sind wir ja entfernte Verwandte!“ sagte der Mann, der sich als „Sergeant Buschinski“ präsentierte. „Kommen Sie mit, ich zeige Ihnen unsere Burg.“

Und damit wurde Hansi, ohne sich irgendwelchen Sicherheitskontrollen unterziehen zu müssen, in das Gebäude hineinkomplimentiert und bekam eine Führung durch Sergeant Buschinski.

„Sehen Sie in diesem Zimmer sitzt Sergeant Clintonski und schreibt Artikel für verschiedene Zeitungen, um die Welt von dem moralischen Führungsanspruch der Vereinigten Staaten zu überzeugen.“

Tatsächlich sah man dort einen Herrn, der eifrig auf seinem Computer herumhämmerte, dabei eine Zigarre nach der anderen rauchte und zwischendurch seiner Sekretärin zuzwinkerte, die, dem Namensschild nach zu urteilen, das sie auf ihrer üppigen Brust trug, „Lewinsky“ hieß.

„Und hier,“ und damit wurde Hansi in das nächste Zimmer geleitet „sitzt Sergeant Reaganomix und sorgt dafür, dass wir immer genug Geld haben.“ Da saß ein älterer Herr an seinem Schreibtisch und saugte heftig an einem riesigen Strohhalm der über seinen Schreibtisch hinweg zu einem Loch in der Wand führte.

Hansi bestaunte die Saugkraft des Alten und fragte:

„Sagen Sie mal, ist er Vampir? Seinem Saugvermögen nach zu urteilen, dürfte man das fast glauben.“

„Ja, wir sind alle Vampire hier, genauer gesagt, gewesene. Wir sind verschiedene Clans, die vor einigen Jahrhunderten aus Europa herübergekommen sind und uns im Laufe der Zeit vermenschlicht haben, weil wir auf diese Weise viel spannendere Tätigkeiten ausüben können, als wir es je zuvor getan haben.“

„Aber an was saugt denn Sergeant Reaganomix?“

„Er saugt an der Staatskasse. Der Strohhalm, den Sie dort sehen, geht durch unterirdische Kanäle nach Washington und direkt hinein in die Staatskasse, so dass unsere Militärausgaben zu jeder Zeit hinreichend gedeckt sind.“

„Sehr praktisch.“ kommentierte Hansi lakonisch.

Im nächsten Zimmer saß ein Mann mit dem Namen Baracki. Er hatte einen großen Computerbildschirm vor sich und in beiden Händen eine Art Steuerungshebel, mit dem er ein Zielkreuz steuerte, das sich über eine Landschaft auf dem Bildschirm hinbewegte. Von Zeit zu Zeit drückte er auf einen Knopf und Sekunden später sah man eine Explosion in dieser Landschaft, woraufhin auf Barackis Gesicht jedes Mal ein hämisches Grinsen erschien.

„Das ist unsere neueste Erfindung, die moderne Technologie, die wir nun anstatt unserer Vampirzähne benutzen. Es handelt sich um Drohnen, also ferngesteuerte Tötungsinstrumente, mit denen wir an jedem beliebigen Ort der Welt zuschlagen und unsere Feinde zudröhnen können.“

Sergeant Buschinski war offensichtlich sehr stolz auf diese Technologie.

„Aber wie ist das mit dem Blut?“ entgegnete Hansi. „Ihr müsst doch ein Verlangen nach Blut haben?“

„Auch das Problem haben wir gelöst.“ lächelte Sergeant Buschinski und stellte eine Flasche mit einer bräunlichen Flüssigkeit vor Hansi hin, auf welcher zu lesen war: Oxa-Ola.

„Diese Flüssigkeit, die neben den anderen Ingredienzen einen Schuss hochpotenziertes Ochsenblut enthält, stillt jeden Durst nach Blut. Probieren Sie, Schraubnitzki!“

Hansi nahm vorsichtig einen Schluck aus der Flasche und bemerkte, dass er schon kurz darauf eine angenehme, belebende Wirkung in seinem Körper verspürte, durchaus vergleichbar der Wirkung von Blut, das er aus seinen Opfern herauszusaugen pflegte.

Danach zeigte ihm Sergeant Buschinski noch weitere zahlreiche Räume, ohne dass Hansi in der Lage gewesen wäre, alle Einzelheiten aufzunehmen und zu verdauen.

Schließlich stellte er dem Sergeant die wichtigste Frage, nämlich ob einer von ihnen etwas von dem Verbleib seines Vaters Stanislaus Schraubnitzki wüsste.

„Warten Sie, ich rufe mal kurz die Nationale Sicherheitsagentur an!“

Schon ein paar Minuten später bekam er die Information, dass die Public Communication Headquarters (PCHQ) in England mehr wüssten. Man wolle ihm helfen, so schnell wie möglich dahinzukommen, und zwar vermittels der neuen Laserbeamtechnik. Dann könne er dort selbst fragen.

„Laser…was…technik?“ fragte Hansi. Aber schon in demselben Moment, bevor er sich noch verabschieden konnte, fühlte er ein enormes Saugen in seinem Körper, so als ob irgendeine gewaltige Kraft ihn ergreifen und fortschleudern würde. Es dauerte allerdings nur ein paar Sekunden und dann befand er sich schon auf der Waterloo Bridge in London und schaute vom Brückengeländer hinunter in die Fluten der Themse, gerade noch rechtzeitig, um sich übergeben zu können, denn von dieser kurzen Gewaltreise war ihm so schlecht geworden, dass der Mageninhalt unwillkürlich nach oben kam.

Erst jetzt bemerkte er, dass er in der rechten Hand eine Flasche „Oxa-Ola“ hielt. Die hatte man ihm offenbar als Reiseproviant mitgegeben. Er nahm einen Schluck daraus und da ging es ihm gleich besser.

„Can I help you?“ sagte plötzlich eine freundliche Stimme hinter ihm. Etwas verdattert antwortete Hansi „Yes“ und versuchte, die Englisch-Kenntnisse zusammenzukratzen, die er sich bei seinem Onkel Murksi angeeignet hatte. Die Dame, die ihm ihre Hilfe angeboten hatte, war von so unglaublicher Schönheit, dass Hansi richtig schwindlig wurde und er sich noch einmal über das Brückengeländer lehnen musste, um sich zu übergeben.

Es war Hansi sehr peinlich, aber die Dame lächelte nur, wobei sie ihre wunderschönen, weißen Zähne bloßlegte, unter denen aber Hansi meinte zwei zu entdecken, die aussahen wie abgeschmirgelte Eckzähne. Das machte ihn ein bisschen misstrauisch. Genau solche Zähne hatte nämlich seine Mutter, die Vampirette, gehabt.

„So, what can I do for you?“ fragte sie lächelnd. Hansi entgegnete finster:

“Pancakes with vanilla-icecream.”

Doch statt des erwarteten Geschimpfes brach die schöne Dame nur in lautes Gelächter aus und lud ihn ein, in das Haus des „Couch Endless Vampires Football Club“ mitzukommen. Da solle er seine Pfannkuchen mit Vanille-Eis bekommen.

Sie wollten die Untergrundbahn nehmen, die zu dem Clubhaus hinführte, aber die blieb alle fünf Minuten wegen irgendwelcher technischen Mängel stehen. Daraufhin bot Hansi der Dame, die übrigens „Cindy“ hieß, an, sie auf seinen eigenen Händen in das Clubhaus zu tragen, denn das würde schneller gehen. Die Dame schien sich wegen des Angebots nicht zu wundern, sondern legte sich bereitwillig in seine Arme, was Hansis Verdacht, dass sie eine Vampirette sei, bestärkte. Sehr zur Verwunderung der anderen Passagiere in der U-Bahn, entschwebte Hansi mit Cindy auf den Armen durch die Tür hinaus in den dunklen Tunnel und von dort über die nächste Station ins Freie. Er trug sie hoch oben durch die Lüfte, und fühlte sich dabei richtig gut, zumal er während des Fluges einen Blick in den gewagten Ausschnitt des unglaublich schönen Fräuleins tun konnte und dort zwei ebenfalls unglaublich schöne Brüste zu entdecken glaubte.

Im Clubhaus angekommen, führte Cindy ihn in den Salon. Dort waren etwa zwanzig Menschen versammelt, die um runde Tische herumsaßen und Bier tranken. Der Raum machte einen etwas abgenutzten und vernachlässigten Eindruck, war aber doch recht gemütlich. Die Wände waren aus dunklem Holz, und auf den Tischen standen Kerzen. Es gab kein elektrisches Licht, so dass der Raum eine angenehme, gedämpfte Atmosphäre bekam. Cindy führte Hansi zu einem der Tische, machte ihn mit den dort sitzenden Herren bekannt und bat ihn sich hinzusetzen. Wenig später stand vor ihm ein Teller mit herrlichen Pfannkuchen mit Vanille-Eis. Dazu bekam er einen riesigen Krug Bier.

Während er seine Pfannkuchen verzehrte, unterhielten die Herren ihn mit Erzählungen aus ihrem Leben. Einer der Herren erzählte von einem seiner Offshore-Finanzplätze, ohne jedoch einen konkreten, geografischen Ort anzugeben, brüstete sich aber damit, enorme Gewinne zu erwirtschaften. Ein anderer sagte, dass er einen Hedgefonds betreibe, der ihm enorme Renditen beschere. Der dritte erzählte, wie er mit seinem Kapital Betriebe kaufe, dann rationalisiere und Leute entlasse, bis die Kosten auf ein Minimum gesenkt seien, und anschliessend den Betrieb mit großem Gewinn wieder verkaufe. Hansi, der in den Wäldern Tschechiens aufgewachsen war und von Onkel Murksi nur nebenbei einige Grundbegriffe der Wirtschaft erlernt hatte, verstand von dem ganzen Finanzgerede nicht viel. Als aber alle drei eingestanden, dass sie ehemalige Vampire vom Clan der „Sucking Hoovers“ wären, ging ihm ein Licht auf. Er verstand, dass sie Blutsaugerei auf gehobenem Niveau betrieben, indem sie mit ihren finanziellen Kunststücken die Volkswirtschaften der umliegenden Länder aussaugten, natürlich unter Wahrung von Englands nationalen Interessen.

„Very sophisticated.“ musste Hansi schließlich hinzufügen.

Das Bier stieg ihm allmählich in den Kopf und er begann von alten Zeiten zu träumen. Das war doch noch schön gewesen, als er noch klein war, etwa zehn Jahre, und sein Vater ihn nachts mit auf den Friedhof mitnahm. Dort pflegte er Skelette auszugraben, wobei Vater dann jedes Mal irgendeine schaurig-schöne Geschichte über die Verstorbenen zu erzählen wusste.

„Das hier sind die Knochen von Elisabeth Czirzejczenski.“ sagte er zum Beispiel. „Die ist in ihrem Leben keine gute Dame gewesen, sondern hat ihre Mitmenschen immer sehr gequält.“

„So wie Mama mich immer quält, Papa?“

„Ja, genau so, mein Sohn.“

Und dann erzählte er von all ihren Untaten und wie sie dann schließlich eines grausigen Todes gestorben sei.

„Schön.“ pflegte der kleine Hansi dann stets zu sagen. Und sein Vater pflegte dann den Schädel abzuschrauben, und dann spielten sie Fußball mit dem Kopf der Elisabeth Czirzejczenski oder irgendeiner anderen schlimmen Person auf der Wiese hinter dem Krematorium. Ach, das war immer so schön gewesen! Hansi liebte seinen Vater.

Fast wäre er am Tisch eingeschlafen. Cindy jedoch berührte ihn am Arm.

„Do you also play football with the skulls of bad persons?” fragte Hansi noch halb im Schlaf.

Die drei Finanzmänner sahen ihn mit großer Verwunderung an. Erst jetzt verstand Hansi, was er gesagt hatte. Zum Glück rettete Cindy die Situation, indem sie sagte: „Let’s go to bed!“

Damit bat Cindy ihn mitzukommen, um ihm zeigen zu dürfen, wo er heute Nacht schlafen könne. Und wie erwartet, durfte er in Cindys eigener Wohnung übernachten.

Diese Gelegenheit konnte er natürlich nicht ungenutzt verstreichen lassen. Er nahm einige Schlucke aus der Flasche mit der Aufschrift „Oxa-Ola“ und war sofort wieder topfit.

Dann schlich er sich hinüber zu Cindys Zimmer und öffnete vorsichtig die Tür. Zu seiner Überraschung schien Cindy auf ihn gewartet zu haben. Sie lag schon da, nackt, und Hansi konnte sehen, dass sie nicht nur zwei unglaublich schöne Brüste hatte, sondern auch zwei unglaublich schöne Schenkel, und das, was zwischen den Schenkeln war, war so unglaublich, dass er dafür keine Worte hatte.