Think outside the Boss - Olivia Hayle - E-Book

Think outside the Boss E-Book

Olivia Hayle

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Beschreibung

Einmal ist keinmal. Oder?

Als Freddie eine Einladung zu einer exklusiven Party erhält, ahnt sie nicht, dass sie dort einem gutaussehenden Fremden begegnen wird, dessen Ausstrahlung sie im Nu in seinen Bann ziehen wird. Und was ist schon eine Nacht ohne Verpflichtung?

Doch als sie ihr Praktikum bei einem renommierten Unternehmen beginnt, traut sie ihren Augen nicht: Ihr Party-Crush ist niemand Geringeres als Tristan Conway – der CEO höchstpersönlich. Charismatisch, entschlossen und unwiderstehlich charmant, wirbelt er ihr Leben gehörig durcheinander.

Freddie ist fest entschlossen, die Grenzen zwischen Beruf und Gefühlen zu wahren. Doch die Erinnerung an ihre unvergessliche Nacht mit Tristan erweist sich als überaus verführerisch…

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Liebe Leserin, lieber Leser,

Danke, dass Sie sich für einen Titel von »more – Immer mit Liebe« entschieden haben.

Unsere Bücher suchen wir mit sehr viel Liebe, Leidenschaft und Begeisterung aus und hoffen, dass sie Ihnen ein Lächeln ins Gesicht zaubern und Freude im Herzen bringen.

Wir wünschen viel Vergnügen.

Ihr »more – Immer mit Liebe« –Team

Über das Buch

Einmal ist keinmal. Oder?

Als Freddie eine Einladung zu einer exklusiven Party erhält, ahnt sie nicht, dass sie dort einem gutaussehenden Fremden begegnen wird, dessen Ausstrahlung sie im Nu in seinen Bann ziehen wird. Und was ist schon eine Nacht ohne Verpflichtung?

Doch als sie ihr Praktikum bei einem renommierten Unternehmen beginnt, traut sie ihren Augen nicht: Ihr Party-Crush ist niemand Geringeres als Tristan Conway – der CEO höchstpersönlich. Charismatisch, entschlossen und unwiderstehlich charmant, wirbelt er ihr Leben gehörig durcheinander.

Freddie ist fest entschlossen, die Grenzen zwischen Beruf und Gefühlen zu wahren. Doch die Erinnerung an ihre unvergessliche Nacht mit Tristan erweist sich als überaus verführerisch…

Über Olivia Hayle

Olivia Hayle ist eine hoffnungslose Romantikerin mit einer großen Vorliebe für Milliardäre. Da sie leider noch keinen in der der Realität getroffen hat, erschafft sie sie kurzerhand selbst – auf dem Papier. Ob sexy, charmant, cool oder verletzlich – bislang hat sie noch keinen (fiktiven) Milliardär getroffen, den sie nicht mochte.

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Olivia Hayle

Think outside the Boss

Aus dem Englischen von Charlotte Petersen

Übersicht

Cover

Titel

Inhaltsverzeichnis

Impressum

Inhaltsverzeichnis

Titelinformationen

Grußwort

Informationen zum Buch

Newsletter

Widmung

Kapitel 1 — FREDDIE

Kapitel 2 — FREDDIE

Kapitel 3 — FREDDIE

Kapitel 4 — FREDDIE

Kapitel 5 — TRISTAN

Kapitel 6 — FREDDIE

Kapitel 7 — TRISTAN

Kapitel 8 — FREDDIE

Kapitel 9 — FREDDIE

Kapitel 10 — FREDDIE

Kapitel 11 — FREDDIE

Kapitel 12 — FREDDIE

Kapitel 13 — TRISTAN

Kapitel 14 — TRISTAN

Kapitel 15 — FREDDIE

Kapitel 16 — FREDDIE

Kapitel 17 — FREDDIE

Kapitel 18 — TRISTAN

Kapitel 19 — TRISTAN

Kapitel 20 — FREDDIE

Kapitel 21 — FREDDIE

Kapitel 22 — FREDDIE

Kapitel 23 — TRISTAN

Kapitel 24 — FREDDIE

Kapitel 25 — TRISTAN

Kapitel 26 — FREDDIE

Kapitel 27 — TRISTAN

EPILOG

Impressum

Lust auf more?

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Für meine Eltern, die meine Liebesromane nicht lesen dürfen, niemals, aber trotzdem meine größten Fans sind

Kapitel 1

FREDDIE

Ich sortiere gerade die Werbung aus meiner Post, da streichen meine Fingerspitzen auf einmal über einen dicken goldenen Umschlag. Auf der Vorderseite steht in großen schwarzen Buchstaben meine Adresse – handgeschrieben –, aber ich sehe keinen Namen darauf. In Gedanken gehe ich alle Freunde durch, überlege, ob vielleicht jemand heiraten könnte … nein, nein und nein.

Mit dem goldenen Umschlag in der Hand lasse ich mich auf einen Küchenstuhl sinken und drehe ihn um. Auf der Rückseite ist er mit einem schwarzen Wachssiegel verschlossen, in das eine Maske eingestanzt ist, wie man sie in Filmen bei Maskenbällen trägt. So einen Brief habe ich noch nie zuvor bekommen.

Wenn das Werbung ist, dann immerhin sehr stilvolle.

Könnte es sein, dass der Brief für den Vormieter bestimmt ist? Ich wohne erst seit einem Monat hier. Am besten gehe ich auf Nummer sicher … ich schlitze den Umschlag mit einem Küchenmesser auf und ziehe eine Einladung heraus – goldene, gedruckte Buchstaben auf dickem Papier.

Liebe Rebecca Hartford, der neue Monat ist angebrochen, und das bedeutet, es gibt neue Sünden zu entdecken. Kommen Sie am Samstag um 22 Uhr ins Halycon Hotel und tragen Sie die beiliegende Maske, damit wir wissen, dass Sie einer unserer geladenen Gäste sind.

Denken Sie stets daran, dass Heimlichkeit Freude macht, Handys jedoch nicht (niemand mag Tratsch), und dass jeder Mensch in Spitze besser aussieht. Oder auch gänzlich entkleidet. Aber wir wollen ja nichts überstürzen …

Mit lustvollen Grüßen, The Gilded Room

O Gott!

Ich muss die Einladung zweimal lesen, um alle Anspielungen zu entdecken.

»The Gilded Room«? Jeder sieht nackt besser aus? Rebecca Hartford, du Luder!

Das könnte der ausgeklügelteste Streich sein, der mir je gespielt wurde. Ich spähe in den Umschlag und entdecke eine Maske aus zarter schwarzer Seide, mit zwei Federn, die sich wie Augenbrauen über den Aussparungen für die Augen kräuseln. Die untere Hälfte der Maske ist mit schwarzen Schmucksteinen besetzt, und am Rand stehen drei Worte in goldener Schreibschrift: In Lust vereint.

Okay.

Vielleicht ist es doch kein alberner Scherz.

Ich klappe den Laptop auf und gebe »Gilded Room« ins Suchfeld ein.

Es gibt mehrere Zeitungsartikel über die Organisation, aber in keinem finde ich Bilder. Schließlich klicke ich einen Artikel mit dem Titel Eine Nacht in der Welt des Elite-Vergnügens an. Beim Lesen werden meine Augen immer größer. Der Gilded Room ist eines der bestgehüteten Geheimnisse New Yorks, vor allem deshalb, weil die Mitglieder viel Wert auf ihre Anonymität legen. Sie wollen nicht gesehen, nicht gehört und erst recht nicht fotografiert werden. Der Gilded Room garantiert seinen hochrangigen Mitgliedern – von denen viele über zwanzigtausend Dollar für ihre jährliche Mitgliedschaft zahlen – unbedingte Anonymität.

Ich scrolle nach unten, überfliege einen unglaublichen Absatz nach dem anderen.

Die Regeln sind einfach: Es wird niemand eingeladen, der nicht reich oder schön oder beides ist. Wer mit einem Handy erwischt wird, fliegt sofort raus … und die Frauen haben auf diesen Partys das Sagen. Es wird gemunkelt, dass an den Gilded-Room-Partys auch bekannte Politiker, Fußballspieler, Milliardäre und Medientycoons teilnehmen … aber der Journalist konnte niemanden auftreiben, der bereit war, darüber zu sprechen. So gern die New Yorker Oberschicht sonst mit berühmten Namen um sich wirft, diese Veranstaltungen scheinen eine Ausnahme zu sein.

Ich klappe den Laptop zu und starre Maske und Einladung an, die auf meinem Couchtisch liegen. Wer ist Rebecca Hartford, dass sie zu einer solchen Party eingeladen wird? Ich weiß mit Sicherheit, dass die Vormieterin das Land verlassen hat … mein Vermieter hat erzählt, dass ihr ein Job in Hongkong angeboten wurde. Aber ich werde sie auf keinen Fall kontaktieren und danach fragen.

Und wenn ich selbst gehe?

Bei dem Gedanken muss ich unwillkürlich grinsen. Geheime Sexpartys für die Reichen? Ich bin weder reich noch ein Partymensch. Aber Sex wäre wirklich schön. Es ist schon lange her, seit ich das letzte Mal …

Was denke ich da nur? Natürlich werde ich nicht hingehen.

Ich werfe Einladung und Maske in den Papierkorb, und der Deckel klappt entschlossen zu. Tatsächlich habe ich für so was auch zu viel um die Ohren. Zum Beispiel muss ich mich auf das wichtigste Praktikum meines Lebens vorbereiten. Ich habe unglaublich geschuftet, um in das Junior-Professionals-Programm von Exciteur Global aufgenommen zu werden, und am Montag geht es schon los.

Bis dahin habe ich noch einiges zu tun.

Drei neue Paar Strümpfe besorgen, die zu meinem Büro-Outfit passen, zum Beispiel. Die letzten Umzugskartons auspacken. Einen Termin bei der Zulassungsstelle vereinbaren, um meinen Führerschein aus Pennsylvania auf New York umschreiben zu lassen.

Die Teilnahme an einer geheimen Sexparty steht nicht auf dieser Liste.

Es dauert fast eine Stunde, in der ich einen weiteren Umzugskarton auspacke, bis ich Einladung und Maske doch wieder aus dem Papierkorb fische. Ich gehe ins Bad, stelle mich vor den Spiegel und setze die schwarze, mit Federn geschmückte Maske auf.

Ich bin einigermaßen vorzeigbar. Mein dunkles Haar ist dank meiner italienischen Mutter ungewöhnlich dicht. Ziemlich klein bin ich, aber ich betrachte mich gern einfach als zierlich. Meine Augen sind irgendwie schlammgrün oder so. Es hieß, man müsse reich oder schön sein, um aufgenommen zu werden …

Ich zupfe mein schäbiges altes T-Shirt zu einem V-Ausschnitt zurecht.

Wegen meiner ungewöhnlich großen Brüste kleide ich mich selten freizügig. Aber ich habe eben erst das schwarze Kleid ausgepackt, das ich letztes Jahr im Angebot gekauft habe. Es zeigt jede Menge Dekolleté …

Könnte ich als Rebecca Hartford durchgehen? Oder mich zumindest schön genug machen, um eingelassen zu werden?

»Ein kleines Abenteuer, bevor am Montag das richtige Abenteuer beginnt«, sage ich zu meinem maskierten Spiegelbild.

Ich habe mal gehört, dass Frauen auf drei Arten duschen.

Die erste ist ein rasches Abduschen ohne Haarewaschen. Die zweite eine rasche Dusche mit Haarewaschen. Und die dritte? Das ist die Date-Dusche, bei der alles geschrubbt, rasiert und gründlich gepflegt wird.

Doch jetzt habe ich eine vierte Dusche entdeckt, die »Ich gehe zu einer Elite-Sexparty«-Dusche. Sie enthält viele Elemente von Dusche Nummer drei, zum Beispiel Rasieren und Ganzkörperschrubberei, aber auch ein paar Minuten panisches Zusammenkauern auf dem Boden der Duschwanne.

Ich erinnere mich selbst an das, was ich im Internet gelesen habe: Die Frauen haben auf diesen Veranstaltungen das Sagen. Wenn es mir nicht gefällt, gehe ich einfach wieder. Das Halycon ist eins der schönsten Hotels der Stadt, ich marschiere also nicht geradewegs in die Fänge eines organisierten Verbrechersyndikats.

Zumindest rede ich mir das ein.

Es ist fast halb elf, als ich im Hotel ankomme und zur Rezeption gehe. Meine hohen Absätze klacken auf dem Boden. Einladung und Maske befinden sich sicher in meiner Tasche, bereit für ihren Einsatz als Ausweis.

»Guten Abend, Miss«, sagt ein Hotelangestellter. Sein Blick plumpst in den tiefen V-Ausschnitt meines schwarzen Kleids, bevor er mir wieder in die Augen sieht.

Und deshalb trage ich normalerweise hohe Ausschnitte.

Sein Hals rötet sich. »Sie sind wegen der Privatparty hier?«

Ich ziehe meinen Mantel vorne zu. »Ja.«

»Nehmen Sie den Aufzug zu Ihrer Linken«, sagt er, »und fahren Sie direkt in den zweiunddreißigsten Stock hoch. Viel Spaß, Miss.«

»Danke.« Und weil ich nicht widerstehen kann, füge ich hinzu: »Das ist der Plan.«

Ich bin allein im Aufzug und beobachte auf der Anzeige die immer weiter ansteigende Zahl der Stockwerke. Das ist eine todsichere Methode, um meine Höhenangst in Schach zu halten. Ich konzentriere mich auf die Stockwerksanzeige, und schon ist es vorbei. Erleichtert atme ich auf und steige aus.

Showtime, Freddie.

Ich setze die Maske auf und binde die seidenen Fäden am Hinterkopf zusammen. Vor lauter Nervosität läuft mein Herz in meiner Brust fast Amok. Aber alles sieht ganz harmlos aus: Ein leerer Korridor und eine offene, mit einem Vorhang abgehängte Tür, vor dem eine hübsche, dunkel gekleidete Frau steht. Ihr Gesicht strahlt ruhige Professionalität aus.

Sie klemmt ihr iPad unter den Arm. »Willkommen, Miss.«

»Vielen Dank.«

»Die erste Runde ist bereits zu Ende, aber die nächste dürfte gleich beginnen.«

Ich nicke, als würde ich verstehen, wovon sie redet. »Wunderbar, danke.«

Sie streckt eine Hand aus und sieht mich erwartungsvoll an.

»Ach ja, stimmt«, sage ich und krame meine Einladungskarte aus der Tasche. Nicht nach dem Ausweis fragen, nicht nach dem Ausweis fragen …

Aber sie wirft nur einen raschen Blick auf die Karte und schenkt mir noch ein Lächeln, diesmal fast freundschaftlich. »Willkommen, Miss Hartford. Vergessen Sie nicht, Ihr Handy nach dem Eintreten abzugeben.«

»Natürlich.«

Sie schiebt den Vorhang beiseite. Der Kontrast zwischen dem hellen Korridor draußen und den schwach beleuchteten, verrauchten Räumen dahinter ist enorm. Ein eigenartiger Duft liegt in der Luft … etwas Dichtes, Schweres, wie Magnolie und Weihrauch.

Ein breitschultriger Mann begrüßt mich; er ist nur mit einer schwarzen Hose und einer Krawatte bekleidet und trägt kein Hemd. »Ich kümmere mich um Ihren Mantel, Miss.«

»Ja danke«, sage ich, ziehe ihn aus und reiche ihn dem Mann. Er hängt ihn auf und kommt zurück, hält mir die ausgestreckte Hand hin. »Oh! Richtig.« Ich reiche ihm auch mein Handy.

Bei seinem Lächeln denke ich unwillkürlich, dass ich meine Nervosität anscheinend nicht so gut verbergen kann, wie ich dachte. »Ich lege Ihr Handy hier hinein«, sagt er und öffnet eine von hundert identischen Sicherheitsboxen. »Der Code wird automatisch generiert, und Sie bekommen eine ausgedruckte Quittung dazu … bitte sehr. Das Passwort kennen nur Sie. Verlieren Sie es nicht.«

»In Ordnung«, murmle ich. »Super.«

Er bedenkt mich mit einem weiteren ermutigenden Lächeln, diesmal mit einem Hauch von Humor. »Viel Spaß. Und denken Sie daran, dass wir jederzeit für Sie da sind, falls Sie Hilfe brauchen oder Fragen haben sollten.«

»Danke.«

Ich klammere mich an meiner Clutch fest und gehe in den Hauptraum. Die ersten Eindrücke treffen mich wie ein Blitz. Weiße Spitze und hohe Absätze. Die Decke mit schwarzer Seide abgehängt. Männer in tadellos sitzenden Anzügen und dunklen Masken.

Viele Gäste stehen beisammen, andere rekeln sich auf Sofas. Eine schöne Frau schlendert an mir vorbei, in eindrucksvollen Dessous, komplett mit Strapsen und Strumpfhosen.

»Champagner, Miss?«, fragt ein Kellner und hält mir ein Tablett mit Gläsern vor die Nase. Genau wie der Mann an der Garderobe trägt auch er kein Hemd.

»Ja danke«, murmle ich. Während ich mich ganz benommen durch die Menge schiebe, entdecke ich das eine oder andere bekannte Gesicht.

Mit den Masken ist es schwer zu erkennen, aber nicht unmöglich, und einige haben ihre auch abgenommen. Ich entdecke eine Nachrichtensprecherin, die ich schon Dutzende Male im Fernsehen gesehen habe. Einen großen, breitschultrigen Mann, den ich für einen Fußballspieler halte – würde ich mich mehr für Sport interessieren, würde mir vermutlich auch sein Name einfallen, während ich verstohlen zu ihm hinüberspähe. Eine Wand des Raums wird komplett von Champagnerflaschen mit goldenen Etiketten gesäumt.

Eine solche Zurschaustellung von Reichtum habe ich noch nie gesehen. Dies ist ein Spielplatz der Reichen, für mich eine Art Feldstudie, wie sich die Wohlhabenden amüsieren.

Dann sehe ich es.

Die Aufführung.

In der Raummitte befindet sich eine erhöhte Bühne, und was sich darauf abspielt, lässt die Aufführung von Macbeth in meiner Highschool-Theatergruppe wie das unbedarfte Spiel von Kindern aussehen. Zwei Frauen in Dessous umkreisen einen Mann, der auf einem Stuhl sitzt, die Hände mit Handschellen hinter dem Rücken gefesselt. Die eine zieht die Fingernägel über seine wohlgeformte Brust, die andere fährt mit der Hand über seinen nackten Oberschenkel.

Ich starre die Szene an wie gebannt.

Doch die anderen Gäste des Gilded Room wuseln weiterhin in ihren unterschiedlichen Bekleidungszuständen umher, als würden sie gar nicht sehen, dass da gerade drei Leute vor unser aller Augen ein sehr öffentliches Vorspiel treiben.

Eine maskierte Mittvierzigerin geht an mir vorbei, sie zieht einen Mann an seiner Krawatte hinter sich her. Sie wirft mir einen triumphierenden Blick zu. »Bei der nächsten Vorstellung soll Pyrotechnik im Spiel sein«, sagt sie.

Ich bringe ein schwaches Lächeln zustande. »Genau das, was diese Party braucht. Feuer.«

»Du gefällst mir!«, ruft sie über die Schulter. »Du kannst dich uns später gern anschließen!«

Mich ihnen anschließen, wow. Ich lächle in meinen Champagner und sehe mich um, in der Hoffnung, weitere berühmte Leute zu entdecken. Meine Freunde werden mir auf keinen Fall auch nur ein Wort glauben, aber ich will trotzdem sichergehen, mir keine großartige Anekdote dieses Abends entgehen zu lassen.

Mein Blick bleibt an einem Mann auf der anderen Seite des Raums hängen. Wie die meisten anwesenden Männer trägt er einen Anzug, ist aber einer der wenigen ohne Maske. Er unterhält sich mit niemandem. Er lehnt an der Wand und sieht sich die Vorstellung an, die Arme vor der Brust verschränkt.

Es sieht so aus, als würde er die Veranstaltung einfach irgendwie aussitzen.

Ich tausche mein leeres Sektglas gegen ein volles und lehne mich ihm gegenüber an die Wand. Er kommt mir nicht bekannt vor, und doch kann ich den Blick nicht abwenden.

Auf einmal sieht er mich ebenfalls an, und die lasergleiche Schärfe seines Blicks verrät mir: Er weiß, dass ich ihn angestarrt habe. Er hebt eine Augenbraue.

Meine Lippen verziehen sich zu dem universellen »Na, du«-Lächeln. Jenem Lächeln, mit dem man einen Mann in einer Bar wissen lässt, dass man von ihm angesprochen werden möchte. Frech und schamlos.

Ein Grüppchen bleibt in der Mitte des Raums stehen und unterbricht unseren Blickkontakt. Ich sehe auf meinen Champagner hinunter, und mein Herz klopft plötzlich wie wild. Ich bin hergekommen, um die anderen Gäste zu beobachten, ohne die Absicht, mich selbst zu beteiligen …

Aber flirten wird doch wohl erlaubt sein, oder nicht?

Als ich ihn wiedersehe, ist er nicht mehr allein. Eine Frau steht neben ihm und streicht ihm über den Arm, auf eine Weise, die selbst dann sehr eindeutig wäre, wenn wir nicht auf einer elitären Sexparty wären.

Ich stoße mich von der Wand ab und drehe eine Runde durch den Raum. Aus den Lautsprechern hämmert ein gleichmäßiger Beat, laut und berauschend. Etliche Gäste haben das Stadium der lockeren Konversation bereits hinter sich gelassen. Ich komme an einem Mann vorbei, der seiner Partnerin den BH auszieht, während sie sich über New Yorker Immobilien unterhalten.

Ich ziehe mich in eine dunkle Ecke zurück, weit weg von den Paaren, die sich in unterschiedlichen Stadien der Entkleidung befinden. Ich habe noch nie andere Menschen dabei beobachtet, wie sie … na ja. Vielleicht ist es an der Zeit, dieses kleine Abenteuer für beendet zu erklären.

In diesem Moment taucht er an meiner Seite auf, ein Whiskeyglas in der Hand.

Braunes Haar hängt ihm über die breite Stirn, Zweitagesstoppeln bedecken seinen Kiefer. Aus der Nähe ist es noch schwieriger, den Blick von ihm abzuwenden.

Er hebt wieder die Augenbraue, sagt aber nichts. Lehnt sich einfach nur stumm neben mir an die Wand, und wir betrachten schweigend die Menge.

Ich trinke einen weiteren Schluck Champagner, um meine Nerven zu beruhigen. Wer ist er eigentlich? Ein Medienmogul? Ein Prominenter, den ich nicht kenne? Der Spross einer politischen Familie? In dieser Nacht ist er einfach irgendwer, genau wie ich.

»Und?«, frage ich und betrachte ihn durch die Augenschlitze meiner Maske. »Hast du vor, dich mir vorzustellen?«

Kapitel 2

FREDDIE

Seine Mundwinkel zucken, als hätte ich einen Scherz gemacht. »Irgendwann«, erwidert er. »Obwohl das Reden ja meist zu den weniger angenehmen Beschäftigungen bei solchen Veranstaltungen gehört, so im direkten Vergleich.«

Ich befeuchte meine Lippen. »Nicht, wenn jemand es gut kann.«

»Was von beidem?«, fragt er, seine volle Baritonstimme klingt amüsiert. »Etwas gut zu können ist eines meiner Lieblingshobbys.«

»Bescheidenheit aber eher nicht so, nehme ich an?«

Er dreht mir den Kopf zu, und ich muss aufschauen, um seinem dunklen Blick zu begegnen. »Bescheidenheit ist im Gilded Room verboten.«

»Steht das im Regelwerk?«, frage ich. »Ich glaube, das habe ich überlesen.«

Seine Lippen verziehen sich zu einem schiefen Lächeln. »Ich glaube, du hast das Regelwerk gar nicht gelesen, wenn man bedenkt, dass du zum ersten Mal hier bist.«

»Wie kommst du denn darauf?«

»Du hast mich gefragt, ob ich vorhabe, mich vorzustellen.«

»Und das hat mich verraten?«

Sein Lächeln wird breiter. »Auf diesen Partys gibt es nur zwei eiserne Regeln. Die erste ist absolute Anonymität. Und die zweite? Frauen haben das Sagen. Männer dürfen nur sprechen, wenn sie angesprochen werden.«

Oh. Die Frauen bestimmen. Stimmt ja.

Ächzend lehne ich mich gegen die Wand. »So leicht habe ich mich also verraten, ja?«

»Nein, noch nicht«, sagt er, und seine Augen glitzern belustigt. »Was denkst du bis jetzt?«

»Über den Gilded Room?«

Er neigt bejahend den Kopf.

Ich lasse meinen Blick über die Gäste schweifen. Immer mehr Leute verschwinden in angrenzenden Fluren und Räumen, und auf der Bühne ist eine der Frauen inzwischen dabei – oh. Wow!

Sie befriedigt den an den Stuhl gefesselten Mann oral. Während sie sich routiniert über ihm bewegt, legt er genüsslich den Kopf zurück.

»Als ich hierher aufgebrochen bin, hatte ich keine Ahnung, was mich erwartet. Ich wusste nicht, was für ein … kontrollierter Hedonismus möglich ist.« Ich reiße den Blick von der choreografierten Darbietung los. »Und ich muss wohl zu der traurigen Erkenntnis gelangen, dass ich mich für aufgeschlossener gehalten habe, als ich tatsächlich bin.«

Er zieht eine Augenbraue hoch, und rings um seine Augen bilden sich leichte Krähenfüße. Er ist vermutlich um die dreißig, vielleicht fünfunddreißig. Kein Jahrzehnt älter als ich. »Nicht daran gewöhnt, andere Menschen beim Sex zu sehen?«

»Nicht persönlich«, gebe ich zu.

Er lächelt. »Alles kann, nichts muss. Du kannst dich bei diesem ersten Besuch auch einfach nur ein bisschen umsehen. Ein paar Drinks genießen. Konversation treiben.«

Man scheint mir meinen Widerwillen anzusehen, denn wieder zieht er eine Augenbraue hoch. »Interessiert dich nicht?«

»Nun, ich glaube, mir gefällt der Gedanke nicht, ein Voyeur zu sein. Es kommt mir irgendwie aufdringlich vor.«

Er wendet das Gesicht ab, aber ich sehe sein Lächeln. »Die meisten Leute hier genießen es, dabei beobachtet zu werden. Eine geschlossene Tür ist tabu, aber eine offene Tür bedeutet, dass jeder zusehen oder mitmachen kann.«

»Noch eine der Regeln, die ich nicht kenne«, sage ich und nehme einen Schluck Champagner. Jetzt, da ich hier bin, jetzt, da ich mit diesem Mann spreche, bin ich nicht mehr nervös. Es ist wie eine außerkörperliche Erfahrung, und die Frederica Bilson, die eigentlich nervös sein sollte, ist irgendwie gar nicht richtig hier. Als hätte ich sie im Korridor stehen lassen.

»Es gibt nicht viele Regeln.«

»Erleuchte mich bitte«, sage ich. »Ich möchte mich nicht noch mehr blamieren.«

Er verzieht den Mund zu einem langsamen, breiten Lächeln, bei dem sich mein Magen zusammenzieht. Das gedämpfte Licht wirft Schatten in sein Gesicht. »Es wäre mir ein Vergnügen«, sagt er. »Die erste und wichtigste Regel kennst du bereits.«

»Frauen haben das Sagen?«

»Ja, bei der Konversation ebenso wie beim Sex«, sagt er. »Männer können es zwar vorschlagen, nachdem sie angesprochen wurden, aber es wird als angemessener betrachtet, wenn die Frau die Initiative ergreift.«

Meine Kehle ist trocken, und ich schlucke. »Im Gilded Room wird also viel Wert auf Einvernehmlichkeit gelegt.«

»Das stimmt. Und auf Sicherheit. Auch wenn sie dir mit Sicherheit nicht aufgefallen sind: Überall auf der Party sind Sicherheitskräfte unterwegs.«

»Ach ja?«

Langsam, damit ich Zeit habe, auf die Annäherung zu reagieren, streckt er die Hände aus und legt sie auf meine Schultern. Sie sind warm und fest. Er dreht mich um. »Der Mann da hinten – maskiert, mit einem ledernen Lendenschurz?«

»Der gehört zum Sicherheitsdienst?«

»Ja. Siehst du den Knopf im Ohr?«

Ich kneife die Augen zusammen. Seine Hände liegen immer noch auf meinen Schultern, brennen sich heiß durch den dünnen Stoff meines Kleids. »Nein. Er ist zu weit weg.«

»Nun, er hat einen Knopf im Ohr. Und du solltest deine Sehkraft mal überprüfen lassen.«

»Hey, das ist nicht nett.«

Mit heiserem Kichern dreht er mich in Richtung Bar. »Einer der Männer, die dort sitzen. Der im Anzug, der einen Scotch trinkt.«

»Sie trinken bei der Arbeit?«

Seine Hände gleiten von meinen Schultern. »Vermutlich ist es in Wirklichkeit Apfelsaft. Keiner hier will sich überwacht fühlen, also verhält sich die Security unauffällig. Alles Teil der Illusion.«

»Der Illusion?«

»Dass wir heute Abend alle ganz zufällig hier sind, dass dies eine echte Party ist und wir nicht etwa überprüft und durchleuchtet werden.«

Da ist wohl was dran. Sicherheitskräfte in Uniform würden die Stimmung ruinieren. »Also schreiten sie nur ein, wenn jemand sich danebenbenimmt?«

»Ja, aber das passiert selten. Kaum jemand bezahlt den Eintritt, nur um dann ein lebenslanges Verbot zu riskieren.« Er hebt sein Glas und trinkt, und ich beobachte, wie sich sein langer Hals dabei bewegt.

»Du trägst keine Maske. War das nicht eine der Regeln?«

Er wirft mir einen Blick zu. »Manche Regeln dürften gebrochen werden.«

»Von den richtigen Leuten?«

Er zuckt elegant mit einer Schulter. Er leugnet es nicht, er bestätigt es nicht. In mir keimt ein Verdacht auf, und ich kneife die Augen zusammen. »Du bist aber nicht der Besitzer des Gilded Room, oder? Der Betreiber?«

»Himmel, nein.«

»Du weißt eine Menge darüber, wie hier gespielt wird.«

»Es ist nicht meine erste Party«, entgegnet er. Eine Sekunde später spüre ich die Wärme seiner Hand auf meinem Arm. »Möchtest du dich setzen?« Mit dem Kinn deutet er auf ein freies Sofa in der Nähe, das halb verborgen in einer Nische steht. Ein nervöses Hämmern explodiert unter meinem Brustbein.

Er zieht die Hand zurück. »Frauen haben das Sagen«, erinnert er mich. »Nur ein Wort von dir, und ich lasse dich für den Rest der Nacht in Ruhe.«

»Wie lautet dieses Wort?«

»Geh weg funktioniert normalerweise ganz gut, aber das sind natürlich zwei Wörter.«

Ich lache. »Dann nehme ich das. Auch wenn es nicht sehr höflich ist.«

»Du kannst ruhig ,bitte’ hinzufügen, wenn du möchtest.«

»Sehr zuvorkommend von dir.« Wir lassen uns auf das Sofa sinken, das Leder ist kalt an meinen Beinen. Ich schlage sie übereinander und drücke den Champagner an meine Brust wie eine Waffe. »Du bist also Stammgast?«

»So könnte man es wohl sagen.« Er legt einen Arm auf die Rückenlehne, seine Hand ruht irgendwo hinter meinem Kopf. Wir betrachten die Menge. Was bei meiner Ankunft noch so geordnet aussah, hat sich inzwischen aufgelöst, die Leute haben sich in Paaren oder kleineren Gruppen zusammengefunden. Und lieber Himmel – am anderen Ende des Raums liegt eine Frau völlig nackt auf einem Sofa. Völlig, hundertprozentig nackt. Sie ist förmlich über den Schoß eines Mannes drapiert, seine Hände liegen auf ihren Brüsten. Ein zweiter Mann ist zwischen ihren gespreizten Beinen zugange.

Ich schlucke schwer. »Auch Darsteller?«

»Das bezweifle ich«, antwortet er. »Sie haben sich einfach inspirieren lassen.«

Vielleicht sagt mein Schweigen schon alles, denn er lacht leise und streckt die langen Beine aus. »Ich muss schon sagen, meine Schöne, du machst mich neugierig.«

»Neugierig?«

»Ja. Wie kommt es, dass eine Frau wie du in den Gilded Room eingeladen wird?«

Ich runzle die Stirn. »Eine Frau wie ich?«

»Eine Frau wie du, die moralisch so strenge Vorstellungen hat«, sagt er und erwidert meinen Blick. »Eine Frau, die gern die Kontrolle hat. Die Angst hat, loszulassen.«

»Ich habe keine Angst davor, loszulassen.«

Er hebt eine Augenbraue, und ich atme aus.

»Na gut, hab ich schon, aber ich bin sicher, dass das bis zu einem gewissen Grad für jeden Menschen gilt. Glaubst du, es hält mich heute Abend hier zurück?«

»Ich weiß es nicht. Meinst du, es ist so?«

»Ich bin nicht sicher«, sage ich. »Jetzt gerade schaue ich mir Live-Sex an – na ja, Fast-Sex –, während ich mich mit einem völlig Fremden unterhalte. Ich würde sagen, ich lasse bereits ganz schön los.«

Sein Lächeln blitzt auf. »Es ist kein Fast-Sex mehr.«

Ich blicke auf die Bühne und dann schnell weg, sehe ihm wieder ins Gesicht. Sein Lächeln wird breiter. »Ich bin nicht schockiert«, protestiere ich.

»Nein, ganz sicher nicht.«

»Kein bisschen schockiert bin ich.«

»Dann sieh hin«, fordert er mich auf.

Und das mache ich. Ich drehe mich ganz zur Bühne, wo mittlerweile eine der Frauen den mit Handschellen an den Stuhl gefesselten Mann reitet. Seine lustvolle Miene verrät, dass er nichts gegen seine Fesselung einzuwenden hat. Mein Blut gerät in Wallung, während ich die beiden beobachte; die geschmeidigen Bewegungen ihrer Hüften und das Glänzen seiner Augen. Ihre Freude daran, dass wir sie beobachten.

»Okay«, murmle ich. »Ich habe es verstanden.«

»Das Zusehen?«

»Ja.«

Sein tiefes Lachen rollt wie leiser Donner über meine Haut. »Also bist du dem Voyeurismus doch nicht ganz abgeneigt.«

»Ich nehme an, es hat seinen Reiz.« Ich befeuchte meine Lippen und reiße mich von der Bühne los, um ihn anzusehen. »Weißt du, ich glaube, Anonymität hat ebenfalls ihren Reiz.«

»Allerdings«, stimmt er mir zu. »Selbst wenn man hier drin jemanden kennt, darf man es nicht zugeben.«

Ich ziehe die Brauen hoch. »Nehmen wir an, ich wüsste deinen Namen. Dürfte ich dich dann trotzdem nicht so ansprechen?«

»Nein. Manche Leute brechen diese Regel allerdings.«

»Bestimmt die Leute, die als Paar herkommen.«

»Das sind die schlimmsten Übeltäter.« Er legt den Kopf in den Nacken und leert die bernsteinfarbene Flüssigkeit in seinem Glas bis zum letzten Tropfen. Mir fällt die dicke Uhr an seinem Handgelenk auf. Sie sieht teuer aus.

»Aber du bist nicht mit jemandem hier?«

»Bin ich nicht«, bestätigt er und greift an mir vorbei, um sein Glas abzustellen. Der Duft nach Whiskey und Sandelholz weht mir in die Nase. »Und du auch nicht.«

»Wieso bist du dir da so sicher?«

»Ich bezweifle, dass ein Partner dich so lange allein lassen würde.«

»Ich bezweifle, dass ich einen Partner hätte, der mir so wenig Vertrauen entgegenbringt, dass er mich ständig beobachten muss.«

Seine Augen funkeln. »Oh, das habe ich nicht gemeint. Nein, er würde dich nicht allein lassen können, damit du nicht in Schwierigkeiten gerätst.«

Ich weiche seinem Blick aus und sehe auf mein Sektglas hinunter. »Du kannst das ziemlich gut.«

»Einer Frau Komplimente machen?« Er schnaubt, aber ich glaube, er macht sich mehr über sich selbst lustig als über mich. »Ich gebe mein Bestes.«

Ich neige den Kopf und betrachte ihn. Hier in der dunklen Nische, wo sich Partyrausch und ebenso berauschende Intimität vermengen, ist mir zumute, als könnte ich ihn alles fragen. »Was treibst du denn normalerweise auf solchen Partys?«

»Bist du auf der Suche nach Inspiration?«

»Vielleicht will ich einfach nur wissen, mit wem ich mich gerade unterhalte«, murmle ich.

Er lehnt sich zurück und drückt die Schultern zurück. »Was auf diesen Partys passiert, bleibt auf diesen Partys.«

»Na ja, wir sind auf einer Gilded-Room-Party«, sage ich. »Über vergangene Heldentaten zu reden, würde also nicht gegen diese Regel verstoßen.«

Er verzieht die Lippen, ein Eingeständnis, dass ich ein Schlupfloch gefunden habe. »Weißt du, ich überlege schon die ganze Zeit, ob dein Verstand dich in den Gilded Room gebracht hat oder deine Schönheit, und es ist verdammt schwer zu entscheiden.«

»Muss es denn nur eins von beidem sein?«

Er umfasst mit einer Geste die versammelten Partygäste. »Die meisten Leute hier, Männer öfter als Frauen, zahlen für die Mitgliedschaft, nachdem sie von der Auswahlkommission zugelassen wurden. Aber es gibt immer ein paar Frauen, die nicht zahlen müssen und aufgrund ihres Aussehens kostenfrei Mitglied werden.«

»Das kommt mir ziemlich sexistisch vor.«

Er lacht und streicht mit der Hand, die hinter mir auf der Sofalehne liegt, über meine nackte Schulter. »Du gehörst also nicht zu diesen Frauen. Aber du könntest ohne Weiteres eine von ihnen sein.«

Ich werfe ihm einen bösen Blick zu, aber er grinst nur noch breiter. »Ich gehöre also zu den Frauen, die von einem Schlupfloch profitiert haben könnten, das an und für sich schon reichlich sexistisch ist?«

»Ich hab nie behauptet, meine Komplimente wären politisch korrekt.«

»Nein, das hast du nicht.« Ich ignoriere die wieder aufsteigende Nervosität, streife meine High Heels ab und ziehe die Füße aufs Sofa. Seine Finger liegen immer noch auf meiner Schulter. »Ich hab dich vorhin mit einer Frau sprechen sehen. Wurdest du von jemandem angesprochen?«

»Von mehreren Jemanden«, bestätigt er. »Aber da hattest du mich schon von der anderen Seite des Raums her angelächelt. Ich habe ihnen also gesagt, dass auf mich bereits Anspruch erhoben wurde.«

Meine Nervosität steigert sich noch ein wenig. »Oh. War ich so faszinierend?«

»Ich habe dich hier noch nie gesehen.«

Ich verleihe meiner Stimme einen neckischen Unterton. »Du hast in mir wohl jemanden gesehen, der offenbar ein wenig Anleitung braucht? Wie nett von dir, eine helfende Hand zu reichen.«

»Ich bin ein Heiliger.«

»Ich habe dir ja schon gesagt, dass ich diese Anonymität mag«, sage ich, »und das tu ich wirklich. Mir gefällt es, dass wir keine Ahnung haben, was unser Gegenüber tagsüber so macht. Vielleicht arbeitest du ja den ganzen Tag als Chirurg in einem Kinderkrankenhaus.«

Er hebt eine Augenbraue. »Ich war nicht ehrlich, als ich sagte, ich sei ein Heiliger.«

»Dann hast du vielleicht den ganzen Tag damit verbracht, vor der New Yorker Polizei zu fliehen, weil du der Kopf eines organisierten Verbrecherrings bist.«

Ich drehe mich zu ihm um. Er erwidert meinen Blick und legt die freie Hand auf meinen Oberschenkel. Die Berührung ist ganz beiläufig, aber das Herzklopfen, das sie bei mir auslöst, ist alles andere als das. »Du denkst, ich mache dir ein Angebot, das du nicht ablehnen kannst?«

»Du kannst es gern versuchen. Aber es ist aufregend, es nicht zu wissen, meinst du nicht?«

»Doch, allerdings. Habe ich gerade eine europäische Prinzessin an meiner Seite? Eine junge Hollywood-Schauspielerin? Eine Chirurgin, die in einem Kinderkrankenhaus arbeitet?«

»Das werden wir nie erfahren.«

»Ein unlösbares Rätsel«, stimmt er zu.

»Ich mag es. Obwohl es sich seltsam anfühlt, keinen Namen zu haben, mit dem ich dich ansprechen oder an dich denken kann.«

Seine Augen blitzen in plötzlicher Belustigung auf. »Es gibt eine Menge Namen, die du mir geben könntest.«

Ich rücke näher und lehne mich gegen die Sofalehne. »Weißt du, du bist zu mir gekommen, um mit mir zu reden. Auch wenn du es nicht durftest.«

Er hebt eine Augenbraue. »Das stimmt. Aber ich habe darauf gewartet, dass du zuerst sprichst.« Seine Stimme wird tiefer, erinnert mich mit einem Mal an ein Jumbotron, das einen Film zeigt oder mir mein Lieblingshörbuch vorliest. Sie streicht über meine Haut wie eine dunkle Liebkosung.

»Trotz all der Frauen, die sich dir genähert haben. Trotz der … faszinierenden Vorstellung auf der Bühne.«

Seine Hand auf meinem Oberschenkel gleitet einen Zentimeter höher. Es ist die einzige Stelle, an der wir einander berühren. Mit dem Daumen streicht er über den Saum meines schwarzen Kleids. »Hast du irgendwelche Fragen?«

»Ich bin nicht sicher, ob ich bereit bin, sie zu stellen.«

»Ich fühle mich genau so sehr wohl«, murmelt er. »Du brauchst mich also nichts zu fragen.«

»Ich könnte es vielleicht einfach als hypothetische Frage formulieren.«

Seine Lippen zucken wieder. »Eine hypothetische Frage? Sicher.«

»Wenn man bedenkt, dass du mich angesprochen hast, und wenn man dazu bedenkt, was du normalerweise auf diesen Partys machst, dann …«

»Was du glaubst, was ich normalerweise auf diesen Partys mache«, wirft er ein. »Ich habe das Gefühl, dass du ziemlich viel spekulierst.«

»Willst du mir etwa sagen, dass du nicht selbst teilnimmst?«

Sein Lächeln wird wölfisch, eine Augenbraue wandert nach oben. »Ich nehme teil.«

Nervosität fegt durch meinen Magen, gemischt mit schwindelerregendem Verlangen. Wie würde sich seine Hand weiter oben auf meinem Bein anfühlen? Seine Lippen auf meinen?

Bin ich mutig genug dafür?

»Natürlich tust du das«, sage ich. »Du bist wahrscheinlich sehr begehrt.«

Mit der freien Hand fährt er sich durch das kurze, dunkle Haar. »Ich bekomme selten Komplimente von Frauen.«

»Gefällt es dir?«

Er schüttelt ungläubig den Kopf, nimmt mir das Champagnerglas aus der Hand und hebt es an seine Lippen, um einen großen Schluck zu nehmen. In seinen Augen schimmert Belustigung.

»Du stiehlst meinen Drink?«

»Ich glaube, ich brauche ihn mehr als du.«

»Bin ich eine solche Herausforderung?«

»Nein«, sagt er und zieht mit dem Daumen einen Kreis auf meinem Knie. »Und ja. Dieses Gespräch ist ganz anders als alle anderen Gespräche, die ich bisher im Gilded Room geführt habe.«

»Oh.« Ich kneife die Augen zusammen. Ob es hier wohl bei allen Gesprächen um Sex geht? Obwohl ich vermute, dass wir ebenfalls darüber reden, aber nicht so direkt.

»Ich sehe schon, du grübelst wieder«, sagt er. »Moralapostel.«

Ich runzle die Stirn. »Das ist aber hoffentlich nicht dein Spitzname für mich.«

»Ach nein? Wie soll ich dich denn sonst nennen?« Als er meinen Gesichtsausdruck sieht, lacht er wieder leise in sich hinein, mit demselben dunklen Klang wie zuvor. »Dann werde ich dich überraschen.«

Ich räuspere mich. »Ich habe dir immer noch nicht meine hypothetische Frage gestellt.«

»Du wolltest wissen, ob ich mit dir schlafen will«, sagt er. »Und die Antwort ist Ja.«

Meine Kehle wird trocken, aber ich weiche seinem unverwandten Blick nicht aus. »Oh. Stimmt. Okay.«

»Ich habe dich auf der anderen Seite des Raums gesehen, wie du mich angelächelt hast, und ich wusste, dass ich dich unter mir haben wollte.«

Ich befeuchtete meine Lippen. »Ist das jetzt gerade eher so, wie deine Gespräche mit Frauen auf solchen Partys normalerweise verlaufen?«

Er schüttelt den Kopf. »Nein, sie sind viel klinischer.«

»Nun, ich nehme an, dass du hier selten jemanden verführen musst«, murmle ich, noch immer schockiert. Seine Hand gleitet höher und schmiegt sich an die Kurve meines Oberschenkels.

»Ich finde es angenehm.«

»Das tun wir hier also.« Ich fahre mit dem Finger am Rand des Champagnerglases entlang, und sein Blick verfolgt die Bewegung. »Wir verführen einander.«

»Ist nicht jede Unterhaltung eine Form der Verführung?«

»Du bist auf jeden Fall ein Mafiaboss«, hauche ich.

Sein überraschtes leises Lachen trifft heiß auf meine Haut. »Du kannst gern über mich denken, was immer du willst.«

Ich lege eine Hand flach auf seine breite Brust und betrachte sie, meine Finger auf dem Hemd gespreizt, darunter Kraft. Er ist spürbar männlicher als die Männer, mit denen ich normalerweise zu tun habe, als bestünde er aus gehärtetem Stahl. Wenn Männer in ihren Dreißigern so sind, ist mir bisher echt was entgangen. Oder sind vielleicht nur die Männer so, die sich an Orten wie diesem herumtreiben?

»Ich weiß nicht, ob ich mich das wirklich traue«, gebe ich zu.

Sein Lächeln ist beruhigend. »Wir probieren es einfach aus und sehen mal, wie es läuft. Eine weitere Regel im Gilded Room ist, dass es keine Erwartungen gibt.«

Ich lasse die Hand zu seinem Hals hinaufgleiten und fahre mit den Fingerspitzen zaghaft über den rauen Bartschatten, der sein kantiges Kinn bedeckt. »Es gibt einiges, was wir bequem auf diesem Sofa ausprobieren könnten.«

»Finde ich auch. Aber lass uns zuerst das hier loswerden …« Er greift langsam nach oben, um mir Zeit zu geben, Einspruch zu erheben, aber ich halte still, während er die Maske losbindet und sie mir vom Gesicht nimmt. »So«, murmelt er. »Viel besser.«

Wir verharren so, berühren uns fast, aber nur fast, und ich werde förmlich überspült vom köstlichen Gefühl seiner Nähe. Schließe die Augen, als er den Abstand zwischen uns schließt und seine Lippen auf meine presst. Der Kuss ist gekonnt und warm, und mein Körper reagiert darauf wie eine Blume auf die Sonne. Wärme breitet sich in meinen Gliedern aus, und mit einem leisen Seufzen öffne ich den Mund für ihn.

Seine Zunge streicht über meine Unterlippe, seine Hand umfasst mit festem Griff meinen Oberschenkel. Meine Nervosität löst sich auf, schmilzt förmlich dahin unter seinem Können, seiner Hitze, der Wärme, die sich in mir ausbreitet.

Das hier ist die einfachste Sache der Welt.

Er hebt den Kopf, gerade weit genug, um zu sprechen. »Ich glaube nicht, dass Küssen ein Problem wird«, murmelt er.

Statt einer Antwort küsse ich ihn wieder und spüre sein leises Lachen auf meinen Lippen. Vergrabe eine Hand in seinem Haar, die dicken Strähnen gleiten seidig durch meine Finger. Als ich daran ziehe, knurrt er in meinen Mund.

Dieses Risiko einzugehen, lohnt sich. Wer weiß, wann mich wieder ein Mann wie er berühren wird; ein gut aussehender Mann, der Kraft und Kompetenz und einen dunklen, durchtriebenen Witz ausstrahlt.

»So ein Mädchen bin ich eigentlich gar nicht«, sage ich zu ihm.

Er packt mich an den Hüften und zieht mich fest an sich. »Ich weiß«, sagt er heiser. »Deshalb will ich dich nur noch mehr.«

Bei diesen Worten rinnen köstliche Schauer über meine Haut. Von ihm und meinem eigenen Mut berauscht, schwinge ich ein Bein über seinen Schoß und setze mich rittlings auf ihn. Die dunkle Nische mag uns verbergen, aber wir sind immer noch auf einer Party, auf der es vor Leuten nur so wimmelt.

Er lässt die Hände an meinen Seiten hinaufwandern, streift an meinen Brüsten vorbei. »Küss mich noch mal, Moralapostel.«

»Das ist nicht mein Spitzname«, sage ich, und er grinst. Ich lege die Lippen auf seinen Mund, und wir verlieren uns erneut in der Chemie, die zwischen uns herrscht, in der Magie, wenn sich seine und meine Lippen treffen. Mein Verlangen pocht im Rhythmus der Musik, hypnotisch und sinnlich. Dann spüre ich unter mir seine harte Erektion, das unmissverständliche Zeichen seines Verlangens. Vor Überraschung löse ich mich von ihm.