Thoms Reise ins Ich - Thomas Erny - E-Book + Hörbuch

Thoms Reise ins Ich E-Book und Hörbuch

Thomas Erny

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Der Titel, der als Synchrobook® erhältlich ist, ermöglicht es Ihnen, jederzeit zwischen den Formaten E-Book und Hörbuch zu wechseln.
Beschreibung

»Wenn Du nicht zu den ›Hab-mich-in-den-Tod-lieb-Patienten‹ gehören willst, beginne jetzt Deine Reise ins Ich!« Du wirst älter, fühlst dich häufiger krank, leidest unter Rückenbeschwerden, Gelenkverschleiß oder Kopfschmerzen?! Du befürchtest, dass dich das bis an Dein Lebensende begleiten wird? Dieser Glaube ist falsch! Die meisten Volkskrankheiten sind »chronisch« heilbar. Torsten Münchow (Schauspieler, Regisseur, Synchronsprecher & Hörspieler) schreibt: »Mit diesem Buch, fand ich meinen Fahrplan! Ich fing an, die Weichen zu stellen und auf eine Reise zu gehen, die den Namen ›Torsten‹ trägt! So habe ich gelernt, die Regie für meine eigene Gesundheit zu übernehmen. Es liegt nur an DIR, jetzt die Regie zu übernehmen und dir deinen persönlichen Plan zur chronischen Gesundheit zu erarbeiten!« Peter Escher (Fernsehjournalist, Moderator, Verbraucherexperte) schreibt: »Ich bin mir ziemlich sicher, dass du das Buch zweimal lesen wirst. Zum einen, weil dich die Reise von Gesundheitsplaner Thom zu den Ursachen von Rückenschmerzen, Übergewicht und hohem Blutdruck fesselt. Zum anderen hilft dir das Buch, in 66 Tagen deinen ganz persönlichen Weg zur chronischen Gesundheit zu finden. Komm mit auf die ›Route 66!‹«

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Seitenzahl: 164

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Zeit:4 Std. 29 min

Sprecher:Torsten Münchow
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Thoms Reise ins Ich

In 66 Tagen zur chronischen Gesundheit

Thomas Erny

Das Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt.

Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

© 2021 DieGesundheitsplaner.de

Idee & Inhalt: Thomas Erny, Christian Bethmann

Text: Bastian Steinbacher · BastianSteinbacher.de

Lektorat: Elisa Garrett

Satz: chaela · chaela.de

Umschlag: Grit Mischek · ART GM

1. Auflage (Juni 2021)

978-3-347-34177-7 (Paperback)

978-3-347-34178-4 (Hardcover)

978-3-347-34179-1 (e-Book)

Inhalt

Überraschung

Einführung

Thoms Schwächen werden zu seinen Stärken

Ariane, Thoms erste Patientin, wird zur Freundin

Gleiche Geschichte – gleiche Therapie?

Auszeit

Thom kehrt von seiner Reise ins eigene Ich zurück

Thom verliert sein Lächeln

Geschichten und Wissenschaft

Freunde öffnen Thom die Augen

Thom gewinnt sein Lächeln zurück

Thom lernt einiges dazu

Thom entdeckt das Geheimnis zur chronischen Gesundheit

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist notwendig!

Die »Hab-mich-bis-zum-Tod-lieb«-Patienten

Chris und seine verrückte Idee

Thoms Nachwort

Dieses Buch ist all denen gewidmet,

die unter sogenannten Volkskrankheiten leiden,

wie Rücken- oder Gelenkschmerzen

sowie Herz-Kreislaufproblemen.

Überraschung

Macht dein Körper regelmäßig Probleme?

»Thoms Reise ins Ich« schenkt dir ein sysTE(A)M, mit dem du in nur 66 Tagen deine chronischen Beschwerden erarbeiten kannst.

Dazu möchte ich dir eine App ans Herz legen, die buchstäblich dein Leben verändern wird! Lade sie dir jetzt gleich auf dein Smartphone herunter: DieGesundheitsplaner.de

Der Gesundheitsplaner ist dein interaktiver Behandlungskoffer im Taschenformat! Mit der App analysierst du deinen aktuellen körperlichen Zustand. Sie hilft dir dabei, die Ursachen für deine Beschwerden zu finden, woraufhin ein gezieltes Gesundheitseinsteigerprogramm für dich entwickelt wird.

Du bekommst ein Bewegungsprogramm für 66 Tage und ein immunstarkes Wissens-Workout, das dir viele Optionen für eine gesunde Lebensweise vermittelt.

Es ermöglicht dir, deine Gesundheit zu erhalten und nachhaltig zu verbessern. Mit dem gebündelten Know-How wird der Gesundheitsplaner dein treuer Begleiter auf dem Weg zur chronischen Gesundheit!

Die nachfolgende Geschichte und alle Ausführungen in diesem Buch ergeben unter dem Gesichtspunkt der App-Benutzung noch mehr Sinn.

Für deine Gesundheit!

Dein Thom

Co-Gründer Gesundheitsplaner

Einführung

Das ist die Geschichte von Thom und seinem Weg, möglichst viele Menschen gesund machen zu wollen.

Sie beginnt für ihn als junger Mann mit der Frage, welchen beruflichen Weg er einschlagen möchte. Sein Leben war schon immer der Sport gewesen, seine Berufung aber sah er darin, Menschen zu helfen. Stets wollte er anderen Leuten zur Hand gehen, auch wenn er sich dadurch fremde Probleme zu eigen machte. Aufgrund seiner schulischen Leistungen überlegte er, ob er Medizin studieren oder Sportlehrer werden sollte. Nächtelang lag er auf seinem Bett und starrte an die Zimmerdecke, grübelte und wägte ab. Im Kopf spielte er beide Varianten durch und stellte sich vor, wie er sein Leben dem Sport verschreiben würde. Er war schon immer sportlich gewesen und den ganzen Tag in Bewegung – Sportlehrer zu sein wäre die logische Konsequenz. Oder aber er könnte den »sicheren Weg« gehen und Arzt werden. Für beide Optionen fielen ihm Gründe ein. Er war stets beliebt und setzte sich für seine Mitschüler ein, es erfüllte ihn, Menschen zu helfen. Aber auf Kosten des Sports, der bisher Grundpfeiler seines Lebens war?

Thom spazierte abends durchs Viertel, beriet sich mit Freunden und zerbrach sich dabei den Kopf. Die einen rieten ihm dieses, die anderen jenes, ein Bekannter brachte eine dritte Option auf den Tisch. Thom erkannte, dass er durch pures Nachdenken erst einmal nicht weiterkam und entschied sich dafür, Sport zu studieren. Mit dieser Grundlage würde er sich viele Möglichkeiten offenhalten und er folgte damit vor allem seinem Herzen.

Ein paar Jahre später war aus Thom ein Sportlehrer an einer weiterführenden Schule geworden. Ballsport, Leichtathletik, Körperkontrolle – Thom liebte sein Fach, spürte aber, dass er sein Potenzial noch nicht voll ausschöpfte. Kurzerhand entschied er sich für eine Weiterbildung zum Sporttherapeuten. Sein Durst danach, Menschen zu helfen und diese bei ihrer Heilung zu unterstützen, war durch das Lehrerdasein nicht ganz gestillt.

Nach seiner Fortbildung zum Therapeuten ging sein Herz vollkommen auf; und seine Leistungen als jemand, der die Menschen gesund machen wollte, sprachen sich herum. Fast alle, die in die kleine Praxis kamen, in der er arbeitete, fragten nach ihm und wollten von ihm behandelt werden.

So dauerte es nicht lange, bis er von einem größeren Institut angeworben wurde. Thom erkannte die Möglichkeit, noch mehr Menschen helfen zu können, sodass er den Vertrag unterzeichnete und fortan Angestellter des Instituts war. Auch hier lief alles fabelhaft und er festigte seinen Ruf als »Patientenflüsterer«. Durch seine pädagogische Ausbildung fühlten sich die Menschen gesehen und kamen gerne zu Thom. Sein Vorgesetzter Winfried schmunzelte regelmäßig, wenn er bei Wochenabschluss in der Terminvergabe den stets gut gefüllten Kalender von Thom erblickte.

Mit der Zeit fiel Thom auf, dass es unter seinen Patienten jene gab, die von sogenannten Zivilisationskrankheiten geplagt wurden, also Leiden, die sich in Symptomen äußerten, die auf kein eindeutiges Krankheitsbild hinwiesen. Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, das Gefühl, ausgelaugt zu sein, Bauchweh oder Fettleibigkeit – alles besorgniserregende Ergebnisse unserer heutigen Lebensweise.

Thom hing fest. Seine Patienten freuten sich zwar von ihm umsorgt zu werden, aber sie wurden nicht wirklich geheilt und kamen nach ein paar Monaten wieder.

Er sprach das Thema bei Winfried an und erwartete, dieser würde seine Stirn in Falten legen und besorgt seufzen, aber das Gegenteil war der Fall: Sein Chef grinste und sagte, dass es ihn freuen würde, dass Thom den Patienten zwar half, sie aber nicht vollständig heilte. Die Tatsache, dass die Leidenden nach ein paar Monaten wieder auf der Matte stünden, sei ein Segen für den wirtschaftlichen Erfolg des Instituts.

Thom konnte kaum glauben, was er da hörte. Sein Ziel war nicht, Menschen »halbwegs« zu helfen – sondern sie gesund zu machen! Winfried schien offenbar andere Interessen zu verfolgen.

Wie schon als Jugendlicher legte Thom sich abends ins Bett und starrte an die Decke. Er ließ seine Patienten wissentlich in eine Sackgasse laufen, was ihm starke Bauchschmerzen bereitete. Er war doch nicht Sporttherapeut geworden, um Menschen eine Behandlung zu geben, die eigentlich gar nicht wirkte und nur für ein paar Wochen die Symptome linderte. Je länger er darüber nachdachte, umso mehr bedrückte ihn das Gefühl. Er nahm sich vor, bei Winfried einen Vorschlag einzureichen. Thom arbeitete gern im Institut, wollte aber die Behandlungsmethodik optimieren, weg von »Symptom bekämpfen«, hin zu »Ursache untersuchen«. Bereits am nächsten Tag unterbreitete er seinem Vorgesetzten den Vorschlag, das Institut in eine neue Richtung zu entwickeln; eine Richtung, für die er gerne die Verantwortung übernehmen würde. Er stieß jedoch auf taube Ohren und bekam die Erwiderung, dass das Institut gut laufe und er nichts riskieren wolle. Die Patienten wären zahlende Kunden und solange keine ernsthaften gesundheitlichen Komplikationen entstehen, sei das ganze Konstrukt ein prima Geschäftsmodell.

Hier war für Thom endgültig Schluss: Seine Motivation galt nicht dem Profit, sondern dem Wohl seiner Patienten – und zwar ausschließlich! Im Institut sah er für sich keine Zukunft mehr. Er kündigte und entschloss sich, seinen eigenen Weg zu finden.

So begann sie, die Reise von Thom, auf der er mit einigen Hürden und unerwarteten Wendungen zu kämpfen haben sollte …

 

Wenn du nicht weißt, wohin du willst, führt dich jeder Weg dorthin.

Lewis Carroll

Thoms Schwächen werden zu seinen Stärken

Thom musste während seiner Ausbildung zum Sporttherapeuten verschiedene Praktika durchlaufen. Sein Studium untergliederte sich in einen theoretischen und einen praktischen Teil. Eines der Praktika vollzog sich in einer Stätte, in der behinderte Menschen arbeiten durften. Thom half ihnen, mit den für sie angefertigten Prothesen umgehen zu können.

Besonders gut in Erinnerung behielt er dabei den ersten Freitagnachmittag seines zweiwöchigen Praktikums. Er war eigentlich schon müde, weil er von 7 Uhr an den ganzen Tag mit Patienten gearbeitet hatte. Es gab keine Mittagspause, weil er zwischendurch zur Post laufen und Rezeptscheine abholen sollte. Erst gegen 17 Uhr wollte er die erste Pause des Tages einlegen und dann auch direkt in den Feierabend gehen, als ihn sein Chef noch um einen Gefallen bat.

Matteo war der Inhaber der Stätte und zu jeder Zeit »Herr der Lage«. Es gab keine Situation, die ihn je aus der Ruhe gebracht hätte. Thom war beeindruckt von seinem Umgang mit den Patienten und den Herausforderungen des Alltags.

»Hör mal, Thom, würdest du mir noch kurz zur Hand gehen?«

Thom seufzte leise, der Feierabend schien in weite Ferne zu rücken. Eigentlich hatte er einen gemütlichen Fernsehabend geplant und wollte nicht noch länger eingespannt werden. »Es sind nur sechs oder sieben Paletten, die in den Keller getragen werden müssten; wir machen das natürlich gemeinsam. Wäre das okay?«

»Sieben Kisten?«, hakte Thom misstrauisch nach. »Ich war den ganzen Tag auf den Beinen und bin total kaputt.« – »Na los, wenn wir die gemeinsam anpacken, haben wir es schnell hinter uns!« – »Also gut!« Er packte mit an und 100 Kilogramm später waren die Kisten im Keller verstaut und die beiden wieder im Erdgeschoss.

»Geschafft! Danke dir, Thom!«

»Ich muss sagen …«, schnaufte Thom, »… dass der Tag zwar sehr anstrengend war, es aber viel Spaß gemacht hat, den Patienten zu helfen. 100 Kilo nach unten zu schleppen … war allerdings das Letzte, worauf ich eben noch Lust hatte!«

Matteo grinste und sagte: »Ja, das habe ich dir angesehen. Aber die Kisten mussten nach unten, das hätte ich nicht alleine geschafft. Danke dafür. Wie sieht es aus, wollen wir uns noch mit einer Limonade auf die Bank draußen setzen, um das Wochenende gebührend einzuläuten?«

Thom zögerte. »Na komm, die Viertelstunde hast du bestimmt noch übrig!«, motivierte Matteo ihn. Und dann willigte er ein: »Also gut, machen wir es!«

***

Draußen auf der Bank redeten Matteo und Thom über Gott und die Welt. Das Gespräch war nett, blieb jedoch oberflächlich. Bis Matteo irgendwann fragte, welche Wünsche, Ziele und Träume Thom habe. »Ehrlich gesagt …«, setzte er an, »… bin ich mir noch nicht ganz sicher.« –»Wie meinst du das?« – »Ich fühle mich manchmal wie zerrissen zwischen verschiedenen Möglichkeiten. Ich weiß nicht, welchen konkreten Weg ich einschlagen könnte. Dazu kommt, dass ich mir selbst ganz schön Druck mache.«

Schweigend hörte Matteo zu, nickte und brachte Thom damit immer mehr zum Reden. Irgendwann hakte er ein: »Okay, ich glaube, ich habe dich verstanden. Du weißt nicht, wohin dein Schiff segelt, richtig?« – »So könnte man es sagen, ja.« – »Okay. Dann würde ich dir gerne die Geschichte einer jungen Frau erzählen.«

Thom guckte etwas irritiert, aber nickte. »Ok. Als junges Mädchen träumte diese Frau davon, einmal das Meer zu sehen. Sie wuchs in den Bergen auf und große Gewässer kannte sie nur aus Kinderbüchern und Filmen. Der Wunsch in ihr wurde so stark, dass sie eines Tages ihren Rucksack packte und sich von ihren Eltern verabschiedete, um loszugehen.«

»Ganz alleine?«, wandte Thom ein.

»Ganz alleine«, bestätigte Matteo. »Sie stieg den vertrauten Weg hinab ins Tal. Ihr Wunsch war unbändig; sie wollte im schäumenden Meer baden und den salzig frischen Atem dieser endlosen Weite auf ihren Lippen spüren. Also marschierte sie weit über die Grenzen der ihr bekannten Region hinaus.«

»Wenn das Ziel nur groß genug ist …«, murmelte Thom in seinen Bart und hörte weiterhin aufmerksam zu.

»Sie traf viele Menschen auf ihrem Weg. Oft wurde sie zum Verweilen eingeladen und sie durfte in Gästehäusern übernachten. Manche Frauen rieten ihr besorgt von der Weiterreise ab, doch sie ließ sich nicht von ihrem Ziel abbringen.

Über die Monate hinweg wurde aus dem Mädchen dann eine junge Frau, und als junge Frau kam sie an eine große Wegkreuzung. Der Weg, dem sie bisher gefolgt war, gabelte sich vor dem Gebirge in vier Pfade, von denen zwei links und zwei rechts um die Berge herumführten. Sie wusste nicht weiter und setzte sich mitten auf die Kreuzung, um eine Pause zu machen.

Lange Zeit verweilte sie dort auf dem Boden und konnte sich für keinen der Wege entscheiden. Sie blieb an der Gabelung sitzen, bis sie von einer Gruppe fremder Wanderer angesprochen wurde.«

»Was haben diese Fremden gesagt?«, wollte Thom wissen.

»Nun, sie boten ihre Hilfe an und luden sie ein, mit ihnen zu kommen. Aber die junge Frau wollte das Meer erreichen und sich von der Kraft der Wellen tragen lassen. Sie bedankte sich bei den Fremden und blieb weiter an der Wegkreuzung sitzen, für viele weitere Tage, bis erneut ein Wanderer zu ihr kam und sich prompt neben sie setzte.

Er erzählte von seinem bewegten Leben und teilte mit ihr Brot und Wein; und auch er wollte nach ein paar Stunden weiterziehen und lud sie ein, mit ihm zu gehen. Aber auch hier verneinte die junge Frau und erklärte ihm, sie wolle das Meer sehen.

Weitere Wochen vergingen und aus ihnen wurden Monate bis viele Jahre. Die Frau saß auf dem Platz zwischen den Wegen, sah den Wolken nach, die über das Gebirge jagten, und träumte vom Meer.«

»Hmm …«, wandte Thom ein, »… und sie ist von dort nicht weitergegangen?«

»Dazu komme ich jetzt …«, antwortete Matteo. »Eines Morgens wurde sie abermals von einem Fremden geweckt. Dieser war unterwegs zu befreundeten Bauern, um ihnen bei der Ernte zu helfen. Dieses Mal entschied sich die Frau, mit ihm zu gehen, und so kamen sie in ein kleines Dorf und blieben dort über den gesamten Herbst. Sie half dabei, die Ernte einzufahren. Sie war froh, diese Entscheidung getroffen zu haben, es gefiel ihr gut bei der Familie und den Bauern – aber ihre Sehnsucht wurde bloß stärker.«

»Die Sehnsucht, das Meer zu sehen, nicht wahr?«

Matteo nickte und fuhr schließlich fort: »Genau. Eines Frühlingsmorgens packte sie ihren Rucksack und ging zurück zu der großen Wegkreuzung. Ratlos setzte sie sich an den Platz, den sie einige Monate zuvor verließ. ›Wenn ich nur wüsste, welcher Weg der richtige ist …‹, sagte sie leise vor sich hin. Wieder saß sie sehr lange dort, bis erneut jemand kam, dieses Mal eine Frau, die unterwegs in ein anderes Dorf war, um ihre Waren zu verkaufen.

Da unsere junge Frau alleine zu keinem Entschluss gekommen war, ging sie mit ihr in das Dorf und half dabei, Hemden, Hosen und andere Kleidungsstücke zu nähen und auf dem Markt zu verkaufen. Doch auch diese Beschäftigung war nur von kurzer Dauer, sie packte erneut ihren Rucksack und lief zurück zu der Wegkreuzung.«

»Das klingt verrückt, offenbar war sie der Erfüllung ihres Traums immer noch kein Stück nähergekommen.«

Matteo erzählte: »Der Frau war an der Kreuzung alles vertraut und sie machte es sich dort erneut über Monate hinweg gemütlich, ohne eine Entscheidung zu treffen. Es vergingen weitere Wochen, Monate und Jahre. Sie alterte und wusste noch immer nicht weiter. Manchmal, in schlaflosen und hellen Nächten, glaubte sie aus der Ferne das Rauschen des Meeres zu hören und den Geschmack des Salzwassers auf den Lippen zu spüren. In einer solchen Nacht entschloss sie sich, in die Berge hinaufzusteigen und Klarheit zu erlangen.«

»Jetzt wird es spannend!«

Matteo grinste. »Und ob! Die Wanderung war nämlich sehr beschwerlich und die verwirrenden Felsengärten erschienen beängstigend. Für die Frau wurde es immer schwieriger, die steilen Hänge emporzuklettern; nach jedem erreichten Gipfel wartete bereits der nächste. Ihre Kräfte ließen zusehends nach.

Fast schon hatte sie selbst nicht mehr daran geglaubt, aber irgendwann stand sie oben – und der Ausblick war überwältigend. Tief unten entdeckte sie, ganz klein, die Wegkreuzung, an der sie so viele Jahre gesessen hatte. Sie erkannte das Tal mit dem Bauernhof, auf dem sie bei der Ernte geholfen hatte und daneben das kleine Dorf, in dem sie mit dem Schneidern von Hosen und Hemden beschäftigt war. Die alte Frau stand auf dem Gipfel des Berges und zitterte. Die vier Wege trennten sich vor dem Gebirge, umringten es, vereinten sich wieder und setzten ihre Reise fort bis zum Meer, in dem sich – weit entfernt – der Horizont zu spiegeln schien. Je länger sie schaute, umso deutlicher erkannte sie, dass jeder Weg sie zum Ziel ihrer Träume geführt hätte.«

Thom starrte ins Leere. Es war dunkel geworden und in den Büschen fingen die Grillen zu zirpen an. Matteo nahm den Faden wieder auf:

»Die alte Frau spürte ihre Kräfte schwinden, aber zugleich durchfuhr sie eine Welle der Kraft. ›Das kann es noch nicht gewesen sein; soll ich am Ende meines Lebens meinen Lebenstraum nur aus der Ferne sehen?‹, rief sie tief in die Nacht hinein. Und dann raffte sie all ihre Kräfte zusammen und trat am nächsten Morgen den Rückweg an. Dabei wusste sie oft nicht, welchen der Wege sie nun verfolgte. Mit aller Kraft ging sie weiter, bis sie eines Tages völlig erschöpft das Meer erreichte. Überglücklich nahm sie das Rauschen des Meeres wahr und spürte den Geschmack des Salzwassers auf der Zunge. Sie wusste, dass die Erfüllung eines Lebenstraums mit der Entscheidung für einen Weg verbunden war.«

»Ja, es bedarf einer klaren Entscheidung«, sagte Thom gedankenversunken in das Dunkel des Abends hinein.

***

Sie tranken noch ihr Getränk zu Ende und verabschiedeten sich voneinander. Ganze zwei Stunden haben sie auf der Bank gesessen und Thom war sehr müde geworden. Er lief nach Hause und ging sofort ins Bett. Der Tag, der für ihn eigentlich so anstrengend gewesen war, entpuppte sich als gewinnbringend; das Gespräch mit Matteo war für ihn sehr erkenntnisreich.

Am nächsten Morgen griff er nach dem Frühstück zu einem weißen Blatt Papier, auf das er mit einem schwarzen Kohlestift groß »Meine Reise« malte. Darunter schrieb er in dicken Lettern:

»Wer bin ich?«

»Was will ich?«

»Wer will ich sein?«

»Was brauche ich für meine Reise?«

»Welches Handwerkzeug ist nötig,

um erfolgreich zu werden?«

Darunter zog er einen Strich. Die Antworten fielen ihm nicht sofort ein, aber durch die Fragen sah er jetzt klarer – und das erleichterte ihn. Er atmete tief ein und noch tiefer aus. Er spürte seinem Ziel allein durch das Aufschreiben einen Schritt nähergekommen zu sein.

***

Thom packte seine Koffer; er sah sich ebenso an einer Weggabelung stehen, ganz wie die Frau aus der Geschichte, die ihm Matteo erzählt hatte. Einer der Gründe, warum er das Institut verlassen hatte, war, dass er immer öfter das Gefühl hatte, das Glas sei nur halb voll.

Die Worte seines ehemaligen Professors kamen ihm in den Sinn. Der putzte ihn runter, als er im Hörsaal eine Frage stellte. »Aus dir wird niemals ein guter Wissenschaftler, du erzählst immer nur Geschichten!« Er erinnerte sich an diese Worte genau, weil sie ihm den Boden unter den Füßen genommen hatten, andererseits aber an genau dieser Stelle einen unglaublichen Schub gaben. Einige Patienten, die er im Institut behandelt hatte, bedankten sich explizit bei ihm für seine zuvorkommende Art und dafür, dass er in einfacher Sprache die Zusammenhänge erklärte. Er war der Meinung, dass man die Sprache seines Gegenübers sprechen müsse und nicht so sehr in seiner eigenen, fachlichen Welt verhaftet sein dürfe.

Ihn ergriff Heiterkeit. Er lief mit dem Zettel in der Hand durch seine Stube und rief: »Das ist es!« Er würde selbst entscheiden, wie er die Menschen gesund machen konnte.

Innerhalb weniger Tage unternahm er einige Besichtigungstermine und suchte sich schließlich ein schönes Haus in der Stadt aus, in dem er die Menschen »chronisch gesund« machen wollte. »Carpe Diem« würde er das Haus nennen, denn er war überzeugt davon, dass er seine Ziele nur mit seinen Klienten gemeinsam erreichen konnte.

 

Carpe Diem: Nutze den Tag!

Dieser Leitsatz bildete den Startschuss in Thoms neues Leben.

Lewis Carroll

Ariane, Thoms erste Patientin, wird zur Freundin

»Carpe Diem« prangte in großen Buchstaben über der Eingangstür. Das Orange hatte er selbst lackiert und mithilfe eines Freundes übernahm er die letzten Arbeiten an dem alten Rohbau. Die Wände wurden neu tapeziert und gestrichen und im Obergeschoss verlegte ein Elektriker die Leitungen neu. Der Boden war aus Parkett, in den Praxisräumen lag elastischer Sportboden. Seine Patienten sollten sich rundum wohlfühlen und zielführend arbeiten können.