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Schon als kleines Kind hat Hildegard Visionen: Sie sieht ein gleißendes Licht am Himmel, ihr offenbaren sich Dinge, von denen niemand sonst weiß. Früh versteht sie, daß sie ihre besondere Begabung für sich behalten muß – zu groß ist die Gefahr, in der streng gottesfürchtigen Umgebung auf Ablehnung zu stoßen. Als sie ins Kloster eintritt, eröffnet sich ihr eine neue Welt: Sie beschäftigt sich mit Philosophie und Musik, erlangt umfassende Kenntnisse in der Heilpflanzenkunde. In ihrem Tun erhält sie Beistand von ihrem engen Vertrauten Bruder Volmar. Mit seiner Unterstützung wagt sie es schließlich, für die Anerkennung ihrer Visionen zu kämpfen und selbst gegen die mächtigsten Männer der Kirche anzugehen … »Tochter des Lichts« ist ein ebenso einfühlsames wie mitreißendes Portrait einer der bedeutendsten Frauen des Mittelalters. Ihr Leben wird in diesem Roman, der psychologisches Drama und historischer Spannungsroman zugleich ist, eindrucksvoll erzählt.
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Seitenzahl: 644
Schon als kleines Kind hat Hildegard Visionen: Sie sieht ein gleißendes Licht am Himmel, ihr offenbaren sich Dinge, von denen niemand sonst weiß. Früh versteht sie, dass sie ihre besondere Begabung für sich behalten muss – zu groß ist die Gefahr, in der streng gottesfürchtigen Umgebung auf Ablehnung zu stoßen.
Ihre Eltern schicken sie ins Kloster, den einzigen Ort, wo sie das Kind sicher glauben. Dort eröffnet sich ihr eine neue Welt: Sie beschäftigt sich mit Philosophie und Musik, erlangt umfassende Kenntnisse in der Heil- und Pflanzenkunde. In Bruder Volmar findet sie zudem einen Vertrauten, ihm kann sie sich offenbaren. Mit seiner Unterstützung wagt sie es, für die Anerkennung ihrer Visionen zu kämpfen und selbst gegen die mächtigsten Männer der Kirche anzugehen …
Tochter des Lichts ist ein ebenso einfühlsames wie mitreißendes Portrait der Hildegard von Bingen (1098-1179), einer der bedeutendsten Frauen des Mittelalters. Ihr Leben wird in diesem Roman, der psychologisches Drama und historischer Spannungsroman zugleich ist, eindrucksvoll erzählt.
Anne Lise Marstrand-Jørgensen wurde 1971 in Frederiksberg/Dänemark geboren. Nach dem Studium der Literaturwissenschaft veröffentlichte sie bislang mehrere Gedichtsammlungen und Romane. Außerdem rezensiert sie Literatur für die Zeitung Berlingske Tidende. 2009 erschien ihr Roman Hildegard, der sich in kurzer Zeit zu einem Bestseller in Dänemark entwickelte und für den sie den Literaturpreis der Zeitung Weekendavisen
ANNE LISE MARSTRAND-JØRGENSEN
Tochter des Lichts
Ein Hildegard von Bingen-Roman
eBook Insel Verlag Berlin 2012
Deutsche Erstausgabe
© Insel Verlag Berlin 2012
Die Originalausgabe erschien 2009 unter dem Titel Hildegard bei Gyldendal, Kopenhagen. © Anne Lise Marstrand-Jørgensen & Gyldendal, Copenhagen 2009. Published by agreement with the Gyldendal Group Agency. Umschlagabbildungen: Städel Museum/Artothek; Jochen Remmer/Artothek; Electa/akg-images
Der Verlag dankt dem Literaturausschuss des Dänischen Kunstrats für die freundliche Förderung der Übersetzung.
Die Autorin dankt dem staatlichen Fonds für Bibliothekstantiemen sowie dem Literaturausschuss des Dänischen Kunstrats für die Unterstützung und ganz besonders für das Reisestipendium: »Dadurch war es mir möglich, den Weg nachzuvollziehen, auf dem Hildegard von Bingen ihre historischen Spuren hinterlassen hat. Danken möchte ich auch all denen, die auf diesem Weg ihr großes Wissen mit mir geteilt haben. Und denen, die immer da sind.«
Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das des öffentlichen Vortrags sowie der Übertragung durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile. Kein Teil des Werks darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder andere Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
If it be your will, that I speak no moreAnd my voice be still, as it was before.I will speak no more, I shall abide until
Ich kann nicht.
Doch, du kannst.
Es tut so weh.
Es ist beinahe überstanden.
Es fühlt sich falsch an.
Du schaffst es, denk daran, du hast es schon viele Male zuvor geschafft.
Es ist ein Mädchen, aber sie ist sehr klein. Ihre Augen sind geschlossen. Leblos, bleich, atmet ganz schwach. Halt sie mit dem Po nach oben, ein paar Klapse, damit sie zu schreien anfängt. Na also.
Licht. Schmerz.
Der Schmerz kommt mit dem Licht.
Die Zimmerdecke. Es gibt noch keine Zimmerdecke. Worte. Es gibt keine Worte. Körper: gibt es nicht. Der Raum, das Licht, die Wärme der Feuerstelle, all das gibt es noch nicht. Ein jammernder, vibrierender Ton, der hochrot in alle Richtungen strahlt, ein Laut, der durch die Luft schneidet, gebremst von fremden Körpern, vom Bett, dem Tisch, dem Fenster. Weiß. Weiß gibt es schon.
Das Licht zwängt sich durch den Spalt zwischen Stoff und Fensterbrett, ein Rasiermesser, das die Welt zuschneidet, sodass nur der Ton weiterhin ansteigt und abfällt, bis das Licht von glühenden Streifen abgelöst wird. So wie zu der Zeit, als der Säugling noch ein Fötus war und nicht wusste, dass es etwas anderes gibt, auch keine Gegensätze und Übergänge. Wie Salzwasser oder noch nicht entwickelte Lungen, wie Rot, Schwarz, Rot, Schwarz. Es ist das gleiche sanfte Licht, aber es strahlt keine Sicherheit mehr aus, denn die Haut ist jetzt dünner, dünn und durchlässig. Scht, scht! Es sind nur deine Augenlider, du machst sie auf und wieder zu, das ist nichts, wovor du Angst haben musst.
Sie spürt einen warmen Griff um den Nacken, die Luft, die nass auf das Gesicht trifft, die Angst vor Steinböden und Leere. Ein Kreis aus Licht wächst vor dem Kleinen, schwingt sich näher heran. Eine Stille ist in dem Licht. Sie versucht, genau hinzusehen, aber gerade, als ihr Blick das Licht auffängt, zerfließt es, wird zu einem feuchten, glühenden Kranz. Baumelnde Arme, der Kopf, der nach vorne fällt, sie dürfen nicht loslassen, so viel weiß sie, obwohl sie sich bislang keine Sorgen machen musste, zu fallen. Zuvor war sie schwebend, fließend, glatt, niemand hat sie zuvor berührt.
»Ruft den Herrn des Hauses, damit sie getauft werden kann, sie lebt nicht lange.«
Mechthild hört es und hört es doch nicht. Ihre Schwägerin Ursula von Sponheim schreitet ungeduldig zur Tür, wartet nicht darauf, dass das schwerfällige Dienstmädchen reagiert. Sie lässt die Tür offen stehen, hebt das Kleid an und stampft den Gang hinunter. Ursulas Tochter Kristin, die zusammen mit ihrer Mutter und deren Gefolge am Abend zuvor angekommen ist, tätschelt Mechthild die Wange. Ihr rundes Gesicht gleicht einem undeutlichen, schlammigen Wasserloch.
»Ist sie …«, flüstert Mechthild und will sich aufsetzen, als ein scharfer Schmerz wie glühendes Eisen durch ihren Unterleib und den Rücken hinaufschießt und sie zurück aufs Bett wirft.
Kristin schüttelt den Kopf. Dunkle Augenflecken schwimmen in dem Wasserloch herum, ein kirschroter Mund, der sich bewegt, aber stumm bleibt. Es ist die erste Geburt, bei der Kristin zugegen ist, es soll eine Vorbereitung sein auf das, was sie erwartet. In diesem Frühjahr erst hat sie geheiratet, und gesegnet mit der Fruchtbarkeit der Familie ist sie bereits schwanger.
Mechthild ist es gleichgültig, was Kristin zu sagen versucht, das Kind lebt, so viel versteht sie. Aber Kristin flüstert weiter, obwohl sie spürt, dass es nicht zu Mechthild durchdringt, die aufgequollen und heiß im Bett liegt. Wie sie von dem Geburtsstuhl ins Bett gekommen ist, davon hat Mechthild selbst keine Ahnung, aber nun liegt sie auf mehreren Lagen feinem Leinen, die sorgfältig geglättet und unter die Matratzen gestopft sind. Die Stube mit dem Wochenbett riecht nach frischem Streu, das auf dem Boden verteilt wurde, nach dem Rauch der Fichtenscheite, nach Schweiß und dem süßen, sauren Geburtsgeruch aus Blut und Körper.
Es ist Hochsommer, der wärmste seit Menschengedenken, und niemand kann sagen, wo es am wärmsten ist – auf dem Hofplatz oder zwischen den dicken Steinmauern des Hauses. Auf der Feuerstelle schwelt die Glut und hält den Kessel am Kochen, entlang der Wände sitzen die Frauen mit den Händen im Schoß und mit glänzenden Gesichtern. Sie haben dort seit dem frühen Morgen gesessen, waren nicht einmal zur Messe gegangen, obwohl es Sonntag ist, und jetzt ist es nicht mehr lange bis Sonnenuntergang. Stumm betet Kristin für Mechthild, für das Neugeborene, für sich selbst und für das Ungeborene, das sich den ganzen Tag noch nicht gerührt hat, als ob es ahnt, dass es in Gefahr ist. Wenn Mechthild oder das Kleine nicht überleben, dann ist es schwer, das nicht als böses Vorzeichen aufzufassen. Bei dem Gedanken daran schnappt Kristin vor Angst nach Luft.
Hildeberts Schritte sind wie ein tiefer und langsamer Gesang, der Ursulas hastigem Trippeln trotzt. Mechthild kann die Augen nicht offen halten, die Schwangerschaft war anstren
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