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Sengende Sonne am See. Schüsse. Ein Körper klatscht ins Wasser. Mit der Ruhe ist es vorbei. Matthias Holzinger, Bürgermeister einer Chiemsee-Gemeinde, wird am Ufer des Gardasees jäh aus dem Leben gerissen. Die Kommissare aus Verona und Traunstein stoßen auf ein Netz aus Korruption, Immobilienschwindel und Rivalität bei den Opernfestspielen der Arena di Verona. Als die Ermittlungen diesseits und jenseits der Alpen vorankommen, fallen wieder Schüsse ... Künstler, Politiker und eine der Musik verfallene Brauerei-Besitzerin – die Gier nach Erfolg, Einfluss und Liebe macht aus ihnen Täter und Opfer zugleich. Ein Krimi, der Blicke hinter die Kulissen der „besseren Gesellschaft" wirft. Ein listiges Verwirrspiel in zwei herrlichen Urlaubsregionen - für alle, die schon immer geahnt haben, dass hinter der Idylle Abgründe lauern.
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Tod am Gardasee/Impressum
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Marta Donato
edition tingeltangel
Tod am Gardasee
Fontanaros & Breitwiesers
zweiter Fall
Ein Italien- & Bayern-Krimi
Impressum
Die Handlung und alle handelnden Personen in diesem Kriminalroman sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit Geschnissen in Bezug auf reale Personen, Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens oder Institutionen wären rein zufällig.
Covergestaltung in Zusammenarbeit mit Alberto Sejas unter Verwendung eines Bildes von milanmarkovic78 / Fotolia.com
Italienisches Lektorat: Maria Volo
Foto Marta Donato: Thomas Endl
In den Verweisen auf weitere Bücher wurden genutzt:
Kind im Lichtstrahl: Stillkost / Fotolia.com, Blütenblätter auf Bank: skynet / Fotolia.com
München 2016
ISBN 978-3-944936-23-9
© edition tingeltangel
Thomas Endl, Kohlstr. 7, 80469 München
Alle Rechte vorbehalten
Sengende Sonne am See.
Schüsse.
Ein Körper klatscht ins Wasser.
Mit der Ruhe ist es vorbei.
Matthias Holzinger, Bürgermeister einer Chiemsee-Gemeinde, wird am Ufer des Gardasees jäh aus dem Leben gerissen. Die Kommissare aus Verona und Traunstein stoßen auf ein Netz aus Korruption, Immobilienschwindel und Rivalität bei den Opernfestspielen der Arena di Verona. Als die Ermittlungen diesseits und jenseits der Alpen vorankommen, fallen wieder Schüsse ...
Künstler, Politiker und eine der Musik verfallene Brauerei-Besitzerin – die Gier nach Erfolg, Einfluss und Liebe macht aus ihnen Täter und Opfer zugleich.
Ein Krimi, der Blicke hinter die Kulissen der „besseren Gesellschaft" wirft. Ein listiges Verwirrspiel in zwei herrlichen Urlaubsregionen - für alle, die schon immer geahnt haben, dass hinter der Idylle Abgründe lauern.
Sonntag, 16.06.2013
Garda, 14.30 Uhr
Mücken umschwirrten in wildem Tanz seinen Kopf. Die schwache Brise, die über die Wasseroberfläche des Sees strich und aus dem noch heißeren Süden kam, glitt brennend über die Haut wie die Luft aus einem Haarfön. Matthias Holzinger stand auf der Terrasse und reckte seinen hochroten Schädel in die Sonne. Schweißperlen rannen ihm die Schläfen hinab und flossen als Rinnsale unter den offenstehenden Kragen seines weißen Hemds. Mit einem Seufzer holte er die Sonnenbrille von seiner schütteren, blassblonden Haarpracht und setzte sie auf seine fleischige Nase. Er hatte wieder einmal zu viel gegessen und ganz sicher zu viel getrunken. Rotwein am Mittag bei dieser Hitze war eine verdammte Dummheit. Doch er konnte es nicht lassen.
Er schob beide Hände in die Hosentaschen und wölbte dabei seinen Bauch nach vorne, während er hinüber zum anderen Ufer blickte. Oder zumindest dorthin, wo er das Westufer vermutete. Der Sommerdunst lag grau und schwer über dem Gardasee und verwandelte nach einigen hundert Metern jegliche Kontur in einen diffusen Schatten. Moosgrün und glatt lag der See da, den er liebte und den er immer auch ein wenig als sein Eigentum betrachtete. Nur ein kaum hörbarer Wellenschlag drang über die kurze, abschüssige Wiese zu ihm herauf. Sonst Stille! Mittagsruhe! Siesta, wie die Italiener es nannten. Kein normaler Mensch stand um diese Zeit in der prallen Sonne, um eine nicht vorhandene Aussicht zu genießen.
Eine Aussicht, die nach Meinung seines Bruders Robert gut und gerne fünf Millionen Euro wert war. Er hatte angeblich einen Käufer an der Hand, der bereitwillig diese Summe auf den Tisch des Hauses blättern würde, nur um sagen zu können: Meine Villa am Gardasee hat einen unverbaubaren Blick, Privatstrand, Steg und Bootshaus.
Matthias schnalzte mit der Zunge. Er schätzte vor allem die klare Luft nach einem Gewitter, wenn er hinüber nach Manerba schauen oder weiter nördlich den breiten Rücken der Adamello-Gruppe mit ihren Schneefeldern sehen konnte. Beides blieb ihm an diesem heißen Junitag verwehrt. Was wollte Robert mit einem Käufer? Sein jüngerer Bruder war ein Spinner. Hin und wieder musste er ihn auf den Boden der Tatsachen holen, ihm klar machen, wo der Hammer hing, so wie heute beim Mittagessen. Matthias Holzinger lachte in sich hinein. Warum sollten sie ihr Erbe verkaufen? Dieses Kleinod am Gardasee, eine Villa aus dem 19. Jahrhundert, mühevoll über Jahrzehnte renoviert? Noch immer gab es Zimmer, die mehr schlecht als recht bewohnbar waren. Sie hatten noch nie eine Immobilie verkauft, wenn sie ihnen einmal gehörte. Andere Leute sammelten Bierkrüge oder Oldtimer, die Holzingers Grund und Boden. Sie hatten alles dafür getan, um den Immobilienbesitz der Familie zu mehren. Nichts anderes hatte ihnen der Vater beigebracht. Und er und sein Bruder waren in dieser Hinsicht willige und gelehrige Schüler gewesen. Sie hatten es weit gebracht. So viel stand fest!
Selbstgefällig nickte er bei diesen Gedanken und trat auf den sorgfältig getrimmten Rasen. Gemessenen Schrittes ging er auf das kiesige Ufer und den Steg zu. Vor wenigen Stunden erst hatte er an einem der bemoosten Pfähle die nagelneue Yacht vertäut: ein schnittiges, schneeweißes Motorboot für acht Personen. Seine neueste Errungenschaft, ein Prachtexemplar italienischer Bootsbaukunst. Wenn später der Bürgermeister von Verona vorbeikam, wollten sie gemeinsam nach Saló hinüberfahren und diese Erwerbung begießen. Renzo Di Santo, inzwischen ein Freund der Familie, imponierte ihm. Das schafften die wenigsten. Ein noch junger, aufstrebender Politiker, der den Italienern zeigen wollte, wie man Politik machte, wie man Macht nutzte, damit für die Kommune die Gelder sprudelten. Selbstverständlich ging auch Renzo dabei nicht leer aus. In dieser Republik, die von Chaoten bevölkert wurde, so dachte Holzinger, war es höchste Zeit für Veränderungen. Ein Macher wie Di Santo, der nicht lang fragte, sondern handelte, war genau der richtige Mann dafür. Es konnte für Verona nur noch aufwärtsgehen. Natürlich, an die Holzinger-Traumquoten bei der letzten Bürgermeisterwahl in Wolfing kam Renzo nicht heran. Das konnte er sich abschminken. Siebzig Prozent Stimmenanteil bei einer Wahlbeteiligung von fünfundsiebzig Prozent, davon konnte der Italiener nur träumen. Di Santo wollte Tipps von ihm. Die konnte er haben! Außerdem wollte er das Parteiprogramm einsehen, angeblich, damit er davon lerne. Ach was, abkupfern wollte er es. Aber der Eifer des Italieners amüsierte Matthias Holzinger durchaus.
Holzinger betrat seinen Privatsteg und sog den Geruch nach feuchtem, warmem Holz, nach Teer, Moder und Fisch tief ein und fühlte sich dabei nach Wolfing versetzt, an sein Seegrundstück am Chiemsee. Auch dort gehörte sein Besitz zu den teuersten Lagen am See. Mächtig schwoll sein Stolz in der Brust an und ließ ihn leicht schwindlig werden. Vielleicht sollte er doch zurück ins Haus gehen, bevor er sich einen Sonnenstich holte? Doch seine Yacht faszinierte ihn. Und das vertraute Schaben von nassen Tauen, die um die alten Holzpfähle geschlungen waren und das nagelneue Boot am Steg hielten, verstärkte sein Wohlgefühl noch. Es gab ihm die Gewissheit, alles im Leben richtig gemacht zu haben.
Das Wasser des Gardasees war an diesem Sonntagnachmittag so unbewegt träge, dass auch die Kanuten zu ihrem Recht kamen. Matthias schüttelte den Kopf, als er in einiger Entfernung zwei Paddler wahrnahm, die den Schilfgürtel passierten, der in den See hineinwuchs. Der Hitzschlag sollte diese Wahnsinnigen treffen! Wer bei dreißig Grad im Schatten unbedingt auf dem See herumschippern musste, dem hatte es doch das Hirn ausgetrocknet! Segeln war gut, Motorbootfahren natürlich besser, aber Kanu oder Kajak! Das war in seinen Augen das Allerletzte. Ein Armeleute-Vergnügen ohne Anspruch! Sie kamen vom Campingplatz von Bardolino. Dort gab es seit vielen Jahren eine Kanuschule, die mehr schlecht als recht betrieben wurde. Höchst überflüssig in seinen Augen.
Sein Blick ging hinüber zu seinem Nachbarn Ernesto Rubini. Bei dem alten Herrn schien alles ruhig. Die dunkelgrünen Fensterläden waren geschlossen. Die alte Palme und ihre großen Fächerblätter bewegten sich nur wenig in der lauen Luft. Das Verhältnis zu Rubini war nicht ungetrübt. Der Italiener war kein Freund der Deutschen, die ein Grundstück nach dem anderen am Seeufer aufkauften und Phantasiepreise zahlten, die sich die wenigsten Einheimischen leisten konnten. Matthias hatte ihn einmal gefragt, ob ihm ein reicher Mailänder oder Römer als Nachbar lieber wäre, aber darauf hatte er nur ein unwilliges Gebrumme zur Antwort bekommen. Der gute Rubini war eben nicht allein auf der Welt.
Bevor er wieder über den Steg zurück zum Haus ging, beugte er sich zu seinem Motorboot hinab und kontrollierte, ob die Taue auch fest genug um den Pfahl gezogen waren. Erst jetzt entdeckte er eines dieser schmalen, schlanken Kanuboote, das im Schatten seiner Yacht an einem anderen Stegpfahl mit einer windigen Leine befestigt war. Verdammte Kerle! Was hatten diese Paddelfuzzis hier zu suchen? Er griff in seine Hosentasche nach dem Schweizermesser, das er immer bei sich hatte. Die scharfe Klinge würde die Leine wie Butter durchschneiden. Doch er hatte nicht wie üblich die bequemen Jeans an, sondern seine dunkelblaue Sonntagshose. Er musste zurück ins Haus, um das Messer zu holen. Dem Kerl sollte das Lachen vergehen! Er drehte sich energisch zum Ufer um. Nur noch wenige Meter vom Kiesstrand entfernt, legte er die flache Hand an die Stirn, um sich Schatten zu machen und besser sehen zu können. Wo war der Besitzer dieser Nussschale abgeblieben? Mit dem geübten Blick des Jägers suchte er den Strand des Nachbargrundstücks nach Fremden ab. Doch das Gestrüpp zwischen beiden Anwesen war dicht. Holzinger kniff die Augen zusammen und fixierte einen großen Jasminbusch. Wenn er sich nicht sehr täuschte, dann hatte er dort etwas aufblitzen sehen. Doch bevor er sich noch klar darüber wurde, was genau er gesehen hatte, hörte er einen Knall, und fast gleichzeitig traf ihn ein harter Schlag auf die Brust. Verwundert griff er sich an die Stelle und sah, wie das Blut zwischen seinen dicken Fingern hervorquoll. Entsetzt sah er an sich hinunter. Weiter kam er in seinen Überlegungen nicht. Ein weiterer Schlag traf ihn am Kopf und alles um ihn herum wurde schwarz. Matthias Holzinger hörte, spürte und sah nichts mehr, bevor er mit einem lauten Platsch wie ein gefällter Baum vom Steg ins Wasser und auf grobe Steine fiel.
Verona, 17.00 Uhr
Antonio und Marissa Fontanaro standen nebeneinander in ihrer Küche und bereiteten antipasti für den Abend mit Freunden zu. Der Commissario briet Auberginenscheiben in einer Pfanne in reichlich Olivenöl und seine Frau zerkleinerte Knoblauchzehen in feine Stückchen. Dann belegten sie den flachen Boden einer Schüssel mit den Gemüsescheiben und übergossen diese mit einer Mischung aus Balsamico, Olivenöl, Salz, Pfeffer und Knoblauch. Darüber folgte eine weitere Auberginenschicht, getränkt mit der Salatsauce, bis alle Zutaten verbraucht waren. Schließlich stellte Marissa die Schüssel zugedeckt in den Kühlschrank.
»Meinst du, wir werden fertig, bis Teo und Gabriella kommen?«, fragte Antonio und erntete dafür einen belustigten Blick seiner Frau.
»Wenn du weiterhin so langsam arbeitest, ...«
Antonio lachte. »Sieh dich vor, cara!« Und gab ihr einen Kuss auf die Wange.
»Sie kommen um acht Uhr! Su, avanti!«, trieb Marissa ihren Mann an. »Als Nächstes machen wir den weißen Bohnensalat mit Thunfisch. Du kannst die Zwiebeln schneiden. Aber in ganz dünne Ringe bitte!«
»Sissignora! Was darf es noch sein? Ein Glas Prosecco zur Beruhigung der Nerven vielleicht?«
Marissa versuchte weiter, tadelnd dreinzuschauen, musste dann aber die Waffen strecken und lachte mit.
»Darfst du das? Hast du nicht Bereitschaft?«
»Ich trinke einen analcolico. Wir haben doch sicher einen Crodino oder Gingerino im Haus?«
Antonio holte die Getränke aus dem Kühlschrank und war gerade dabei, die Flasche Prosecco zu öffnen, als er das Vibrieren seines Diensthandys in der Hosentasche spürte. Das durfte doch nicht wahr sein! So ein wunderbarer, warmer Juniabend, wie geschaffen, um mit Freunden auf dem Balkon zu sitzen und gemeinsam zu essen und zu plaudern. Kurz war er versucht, den Anruf einfach zu ignorieren. Aber er wusste, er würde keine Ruhe bekommen. Enrico Brandino, sein Ispettore und seine rechte Hand, hielt in der Questura die Stellung. Er war sicher, dass er es war, der ihn anrief.
Als Antonio sein Telefon aus der Hosentasche zog, stöhnte Marissa: »Bitte, nicht schon wieder!«
»Bin gleich wieder da!« Antonio verließ die Küche und ging in seine kleine Bibliothek hinüber, um ungestört zu telefonieren.
»Pronto!«
»Ciao, Tonio. Es tut mir leid, aber ich muss leider deinen Sonntagabend stören. In Garda gibt es einen Toten. Ich habe vor wenigen Minuten mit einer reichlich aufgeregten Frau gesprochen. Sie arbeitet als Haushälterin in einer der Villen am See und hat ihren Arbeitgeber tot im Wasser aufgefunden. Silvano Petrelli und seine Leute von der Kriminaltechnik sind zusammen mit der Pathologin, Dottoressa di Silva, schon unterwegs. Holst du mich in der Questura ab?«
»Mach ich! Wo ist der Staatsanwalt?«
»Keine Ahnung!«
Enrico legte auf.
Typisch, dachte Antonio verärgert. Seine Leute setzten sich nur ungern mit dem Staatsanwalt in Verbindung. Dottor Vincenzo Mauro konnte ziemlich ungehalten reagieren, wenn man ihn in einem unpassenden Moment erwischte. Ein Sonntagabend gehörte gewiss nicht zu den passenden.
Mauro ließ es mehrfach läuten, bis er sich endlich meldete.
»Pronto!«
»Dottore! Commissario Fontanaro am Apparat.«
Schweigen antwortete ihm. Im Hintergrund hörte er Geplauder und ein motorino hupen. Gar nicht gut! Mauro saß beim Aperitif in einem der zahlreichen Straßencafés der Stadt. Antonio hatte in der Tat einen ganz besonders schlechten Augenblick für sein Telefonat erwischt.
»Sie sagen mir jetzt nicht das, was ich vermute! Ich bin beschäftigt, Commissario. Außerdem habe ich Opernkarten für heute Abend und diese werde ich gewiss nicht verfallen lassen, egal, um welche Leiche es sich handelt. Die Tickets haben mich eine Stange Geld gekostet. Dieses hundertjährige Jubiläum der Oper von Verona ist die reinste Gelddruckmaschine für die Agenzia Musica Classica. Haben Sie auch schon Karten? Sie müssen sich beeilen, Commissario. Angeblich gehen sie weg wie warme Semmeln. Allerdings, für die Neuinszenierung der Aida bekommen Sie sicher demnächst die Karten geschenkt.«
Er lachte und verschluckte sich dabei. Antonio hörte, wie er gegen den Husten ankämpfte, und hielt das Telefon vom Ohr weg. Warum konnte dieser unsägliche Mensch nicht aufhören zu essen oder zu trinken, wenn er mit jemandem telefonierte? Aber Anstand und Benehmen hatte Mauro offenbar mit Erreichen seiner juristischen Examina ohne Skrupel an der Garderobe abgegeben.
»Haben Sie die Kritiken von der gestrigen Premiere gelesen, Commissario? Mit einem Wort: vernichtend. Dieser japanische Regisseur kann sich in die Wüstenlandschaft, die er da auf die Bühne geschaufelt hat, verabschieden. Niemand wird ihn suchen. Jämmerlich ist das Einzige, das einem zu dieser Inszenierung einfällt.«
»Ich weiß. Ich war dabei!«
Einen Moment herrschte Stille, dann brach Vincenzo Mauro in unbändiges Gelächter aus.
»Und was hat Sie der Spaß gekostet, Commissario?« Er kämpfte mühsam gegen seinen Lachkrampf an. »Sagen Sie schon!«
Antonio zwang sich, ruhig zu bleiben.
»Das erzähle ich Ihnen gern auf unserer Fahrt nach Garda. Wir haben einen Mord, Dottore, und ich hole Sie innerhalb der nächsten Viertelstunde ab, egal, wo Sie sich gerade aufhalten.«
Nachdem ihm Mauro die Bar genannt hatte, verließ Antonio Fontanaro seine Bibliothek. An der Garderobe hing sein blaues Jackett. Daneben stand Marissa mit enttäuschter Miene. Er nahm sie in die Arme und küsste sie auf den Mund.
»Es tut mir unendlich leid, amore mio, aber es ist nicht zu ändern. Ich beeile mich. Versprochen!«
Sie schüttelte nur den Kopf. Diese Versprechen kannte sie schon. Meistens musste ihr Mann sie schuldig bleiben.
Wenig später fuhr Antonio auf kürzestem Weg zur Questura. Das hieß, er versuchte die Abkürzung über die Piazza Brà. Doch die Altstadt war voll von Menschen. Auf dem Listone schoben sie sich gegenseitig entlang, als gäbe es etwas umsonst. Die Opernfestspiele, immer ein Tourismusmagnet, lockten in diesem Jahr zur Hundertjahrfeier noch mehr Menschen in die Stadt. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als die Fußgängerzone mit Blaulicht zu durchqueren, sonst kam er gar nicht vorwärts. Gerne tat er das nicht. Er kam sich dabei immer wie ein Wichtigtuer vor. Manche schimpften ihm nach oder lachten frech ins Auto. Nur unwillig machten sie ihm den Weg frei. Das genau hatte er sich ersparen wollen.
Die Stadt platzte aus allen Nähten. Hotelbesitzer und Gastronomen rieben sich die Hände. Das Geschäft mit der Arena florierte. Auch sein Freund Bruno schwärmte von märchenhaften Umsätzen in seinem Restaurant. Vor allem die Amerikaner waren spendabel und ließen sich die teuren Weine bei ihm schmecken.
Später als gedacht erreichte er den Parkplatz der Questura, wo ihn Enrico ungeduldig erwartete.
»Wo bleibst du denn?«
»Nur keine Hektik. Der Tote läuft uns nicht weg. Was weißt du denn schon über den neuen Mordfall?«
»Nicht viel!« Enrico Brandino nahm auf dem Beifahrersitz des Dienst-Alfas Platz und kramte in der Seitentasche seiner Uniformjacke. »Ich würde gern mit meinen wenigen Fakten warten, bis wir auch den Staatsanwalt dabei haben.« Endlich förderte er einen verknitterten Zettel zutage.
»Das mag schon sein, dass du das gerne so hättest. Aber ich will jetzt hören, was du bisher herausgefunden hast! Chiaro?«
»Ist ja gut! Angerufen hat eine Frau. Adriana Bonomi. Sie arbeitet für einen gewissen Matteo Holzinger als Haushälterin. Holzinger ist Besitzer der Villa Sole in Garda. Ich hab das mal gegoogelt. Teurer Schuppen!«
»Südtiroler?«
»Keine Ahnung. Möglich.«
»Weiter! Was hast du noch?«
»Was ist denn los mit dir?«
»Jetzt lass dir nicht jedes Wort aus der Nase ziehen!«
»Ihr Arbeitgeber lag mit dem Gesicht nach unten im Wasser. Die Villa befindet sich direkt am See und das Opfer hielt sich vermutlich am Ufer seines Privatstrandes oder auf dem Steg auf.«
»Und wie kam er um?«
»Das wusste die Signora nicht. Sie hat den Toten nicht angefasst, wie sie mehrfach versichert hat.«
»Brava! Es kann sich also auch um einen Unfall handeln. Es muss nicht unbedingt ein Mord gewesen sein.«
»Hm ...«, brummte Enrico.
Antonio hatte wieder den Weg über die Fußgängerzone genommen und hielt schließlich in der Via Roma unweit der Bar al Teatro auf dem schmalen Bürgersteig. Der Menschenstrom umfloss den Wagen wie zäher Brei.
»Lauter Wahnsinnige sind das!«, murrte Enrico. »Fünf Stunden Gesang und Musik, dass man schwermütig wird. Und dafür zahlen die Leute auch noch!«
»Vincenzo Mauro sitzt auf der Terrasse«, entgegnete Antonio ungerührt. »Würdest Du ihn bitte holen?«
»Habe ich eine Wahl?«
Antonio schüttelte den Kopf. Enrico stieg brummend aus und warf unwirsch die Autotür hinter sich zu. Der Commissario sah ihm nach. Er musste sich am Riemen reißen, durfte seine schlechte Laune nicht an Enrico auslassen. Er konnte auch nichts dafür, dass sie bei bestem Wetter am Sonntagabend eine Leiche zu untersuchen hatten. Neugierig beobachtete er die Szene, die sich nun auf der Terrasse der Bar abspielte. Mauro ließ sich Zeit und trank in Ruhe seinen Aperitif zu Ende. Enrico stand wie ein Schuljunge daneben, der was ausgefressen hatte, und wippte ungeduldig auf den Zehen auf und ab. Antonio Fontanaro hoffte, dass der Staatsanwalt seine Pflicht kannte und nicht schon ein wenig zu tief ins Glas geschaut hatte. Nach einem analcolico sah das Cocktailglas nicht gerade aus.
Müde lehnte er den Kopf an die Kopfstütze und versuchte, die Leute um sich herum auszublenden, sich auf seinen neuen Fall einzustellen. Vielleicht hatten sie Glück und der Mann hatte einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall gehabt oder war auf dem Steg gestolpert, ungünstig gefallen und anschließend im Gardasee ertrunken. Auch ein Sonnenstich, verbunden mit Übelkeit und Schwindel, war denkbar bei der Hitze. Sicher hatte die Pathologin, Dottoressa di Silva, sich schon ein Bild vom Tod des Matteo Holzinger gemacht, wenn sie dort eintrafen. Antonio war zuversichtlich, dass er bald wieder nach Hause zu seiner Frau und ihren Gästen fahren konnte. Der See forderte jedes Jahr seine Opfer und nur wenige von ihnen kamen auf unnatürliche Art und Weise ums Leben. Er würde Marissa nicht im Stich lassen müssen. Dieses Mal nicht!
Den Abend und die Nacht zuvor hatten sie in der Arena verbracht. Feierlich gestimmte Opernbesucher um sie herum sorgten unter sternenklarem Himmel für einen glanzvollen Auftakt des Centenario mit der Oper Aida wie vor hundert Jahren, als die erste Aufführung in der Arena stattfand. Gott sei Dank hatte er gestern nicht auch schon Bereitschaft gehabt. Marissa hatte ihm die Premierenkarten zum neununddreißigsten Geburtstag geschenkt. Das war Monate her, ganz im Vertrauen auf einen passenden Einsatzplan und auf die willigen Großeltern, die die gemeinsame Tochter Giulia übers Wochenende mit nach Bozen genommen hatten. Seine Frau hatte in der Tat eine Menge Geld für die Tickets ausgegeben, obwohl die Angestellten der Reiseagentur, für die sie arbeitete, einen kleinen Rabatt bekamen. Außerdem hatte sie sich ein neues Abendkleid gekauft. Eine Premiere war schließlich nicht irgendeine Aufführung, hatte sie sich augenzwinkernd verteidigt. Sie hatte wunderschön in dem nachtblauen, bodenlangen Kleid ausgesehen. Er selbst hatte seinen Hochzeitssmoking hervorgeholt und war ein wenig stolz auf sich gewesen, weil er nach wie vor tadellos passte. Immerhin waren sie bald zehn Jahre verheiratet. Er freute sich auf den Abend, auf eine laue Sommernacht unter Sternen zusammen mit seiner Frau. Opernaufführungen in der Arena hatten etwas Magisches, die Vorfreude und Erwartung der Zuschauer übertrug sich auf jeden einzelnen von ihnen. Bühnen- und Kostümbildner wetteiferten jeweils um den spektakulärsten Auftritt, zauberten auf die große Bühne ein wahres Feuerwerk an Glanz und Pracht. Spätestens wenn das Orchester die Ouvertüre anstimmte, wurden viele hundert kleine Kerzen angezündet oder beleuchtete Handys im Takt der Musik geschwungen. Niemand konnte sich dem Zauber des Augenblicks entziehen. Aufwendig gearbeitete Kostüme aus schweren Brokatstoffen, aus Samt und Seide glitzerten in der dunklen Nacht. Die Sänger gaben ihr Bestes. Unzählige Statisten bevölkerten die Bühne und suggerierten ein Volk oder ein Heer. Der vielstimmige Chor, der zu Verdis Opern gehörte wie das Salz in der Suppe, erreichte auch den letzten Zuhörer auf den obersten Rängen. All das sah Antonio vor sich, als er seinen Smoking zuknöpfte.
Und dann hatte dieser Japaner, Moto Yakanabe, den Abend der Abende ruiniert, hatte das illustre Opernpublikum förmlich in die Flucht geschlagen. Nach dem dritten Akt saß im Parkett nur noch ein Häuflein Aufrechter. Er und Marissa hatten nummerierte Plätze auf der Prima Gradinata mit prächtigem Blick über Parkett und Bühne. Marissa, die sich auf den stimmungsvollen Abend mit ihm gefreut hatte, war den Tränen nahe gewesen. Er hatte ihre Hand gehalten und besänftigend auf sie eingeredet. Tenor Raimondo Varese war jeden Euro wert, so versicherte er ihr. Auch die amerikanische Sopranistin Angelina Connors, die die Rolle der Aida übernommen hatte, sang mit Hingabe und großer Leidenschaft. Aber man musste die Augen schließen und sich ausschließlich auf die Musik und den Gesang konzentrieren, denn das Bühnenbild machte es einem schwer, sich an der Oper zu erfreuen. Kostüme wie aus einem Science-Fiction-Film und Kulissen, die an Erdölbohrungen in der Wüste erinnerten, machten der Musik ungebeten Konkurrenz. Antonio wollte von sich nicht behaupten, dass er Opernkenner war. Und er konnte durchaus nachvollziehen, dass die Verantwortlichen dieses Festivals Verona eine moderne Aufführung verordnet hatten. War doch die Welt zu Gast, mehr noch als sonst, wollte man sich als moderner Opernveranstalter präsentieren, der nicht vor Experimenten zurückschreckte. Aber er hatte das Gefühl, dass man über das Ziel hinausgeschossen war.
»Ah, Commissario, so in Gedanken!« Vincenzo Mauro hatte die Tür aufgerissen und nahm geräuschvoll neben ihm auf dem Beifahrersitz Platz. Enrico musste sich mit der Rückbank begnügen. Ein Blick in den Rückspiegel genügte Antonio, um zu sehen, dass sein Ispettore innerlich kochte.
Er startete den Wagen, fuhr Richtung Porta Nuova, um dann die Ausfallstraße zur autostrada zu nehmen. Die Fahrt nach Garda würde eine gute halbe Stunde dauern, wenn nicht allzu viel Verkehr war.
»Na, Commissario, nun erzählen Sie mal! Wie war Ihr Abend?« Um Vincenzo Mauros Mund spielte unverhohlen ein amüsiertes Lächeln. »Ich bin sicher, Sie hatten ein unvergessliches Erlebnis.«
»So ist es in der Tat, Dottore.« Er machte eine Pause. »Ispettore Brandino wird Sie über den Toten in Garda informieren.« Antonio nahm die Autobahnauffahrt bei Verona Sud und gab Gas.
Im Fond begann Enrico lustlos die wenigen Fakten herunterzubeten, die er seinem Chef bereits geschildert hatte.
»Das hört sich doch alles sehr nach Unfall an, oder, Commissario?«
»Ich halte nichts von Spekulationen, Dottore, das wissen Sie doch!« Vincenzo Mauro lachte, sagte aber nichts mehr.
Garda, 18.30 Uhr
Der Himmel hatte sich verdunkelt. Ein Gewitter braute sich über dem Gardasee zusammen und die schwarzblauen Wolken entzogen der mediterranen Uferlandschaft mit ihren Zypressen, Olivenbäumen, Rosenbüschen und Bougainvillea ihre leuchtende Farbigkeit, verwandelten die unterschiedlich satten Grüntöne in ein bleiernes Grafitgrau. Besorgt beobachtete Antonio Fontanaro die Wolkenfront, die sich bedrohlich vom Westen heranschob. Er hatte die autostrada bei Affiverlassen und war inzwischen in den Hügeln von Costermano angekommen. Weiter in Richtung Garda führte die Straße schurgerade bergab, an Hotels und ihren Gärten vorbei, und eröffnete Durchblicke auf den See. Die Bäume entlang der Straße bogen sich im Wind. Plastiktüten, Papierfetzen und von der Sommersonne zu früh verdorrtes Laub wirbelten am Straßenrand auf. Die Bergkette, die sich hinter dem Westufer des Sees erhob, schaute konturenlos grauschwarz herüber und ihre Gipfel waren in der Wolkenwand, die schon beunruhigend nahegekommen war, verschwunden. Das Wasser des Sees war gewaltig aufgepeitscht. Wellenberge schoben sich mit weißen Schaumkronen in kurzen Abständen Richtung Ostufer. Nur noch wenige Segler mühten sich ab, den schützenden Hafen zu erreichen. Die meisten hatten die Sturmfock gehisst. Mit Großsegel die Marina von Garda anzusteuern, war zu gefährlich geworden.
Antonio beschleunigte den Wagen. Sie mussten sich beeilen. Selbst wenn Silvano Petrelli, Chef der Kriminaltechnik, und seine Leute schon mit den Untersuchungen fertig sein sollten, was er sich kaum vorstellen konnte, so würde die Leiche immer noch am Ufer liegen und bald dem Unwetter ausgesetzt sein. Die Pathologin musste ebenfalls noch vor Ort ihre diffizile Arbeit machen. Er konnte nur hoffen, dass das Wetter lange genug mitspielte, bevor sich Blitz und Donner entluden und sturzbachartig das Regenwasser herunterprasselte und die wenigen Beweisstücke wegschwemmte, die es vielleicht gab. Er kannte die Gewitter am See. Sie waren in der Regel heftig und konnten stundenlang andauern.
Auch Vincenzo Mauro sah sorgenvoll durch die Windschutzscheibe.
»Haben Sie einen Schirm dabei, Commissario?«
Antonio erlaubte sich ein kurzes Lachen. »Den werden Sie kaum brauchen, Dottore. Der Wind schlägt jeden Schirm in die Luft. So fest können Sie ihn gar nicht halten.«
»Maledizione! Ich habe einen Anzug aus Seide an.« Er machte eine Kunstpause. Wollte er jetzt Komplimente oder Ausrufe des Entsetzens hören, fragte sich Antonio.
»Für den Galaabend in der Arena«, fügte Mauro beleidigt hinzu, so als müsste er diesen Umstand erklären. »Der Stoff ist ruiniert, wenn er nass wird.«
»Sie können ja im Auto sitzen bleiben und sich schon mal mit dem Gedanken vertraut machen, dass die Vorstellung ins sprichwörtliche Wasser fällt. Den feinen Anzug werden Sie heute Abend nicht mehr brauchen.«
Eigensinnig fuhr der Staatsanwalt mit seinem Lamento fort. »Egal, was wir dort unten ...«, und er deutete mit dem Zeigefinger aufgeregt in Richtung See, »finden, ich muss um neun Uhr in der Arena sein, Commissario. Um jeden Preis!« Wie ein kleines Kind beharrte er auf seinen Plänen.
Welche Schöne wartet denn dieses Mal auf dich, fragte sich Antonio. Auch er hatte Besseres für den Sonntagabend vor, als eine Leiche zu inspizieren. Für sein Abendessen mit den Freunden würde es denkbar knapp werden. An Marissa wollte er erst gar nicht denken.
Bizarre Blitze erhellten für Bruchteile von Sekunden das Dunkel über dem Westufer. Ein erster Donner rollte grollend über den See. Es konnte nicht mehr lange dauern und die Sintflut brach los. Sie hatten die Hauptkreuzung im Zentrum von Garda erreicht. Das Navi leitete sie rechts an das Nordende des Orts, ein gutes Stück die Uferstraße entlang. Als sie die Einfahrt zum Anwesen der Villa Sole erreichten, war ein Einbiegen unmöglich. Auf der Gegenfahrbahn reihte sich ein Auto an das andere. Der permanente Kolonnenverkehr zwischen Garda und Lazisewar inzwischen ein tägliches Übel, nicht nur während der Hochsaison. Das drohende Gewitter hatte die Badegäste überhastet die Strände verlassen und den Heimweg antreten lassen. Halb Bayern kam ihnen nun entgegen.
»Die Deutschen sind schon ein fleißiges Reisevölkchen!«, ließ sich auch prompt Vincenzo Mauro vernehmen. Antonio ignorierte den Einwurf und verfluchte im Stillen die schmale, viel zu enge Einfahrt, wie sie typisch war für das Hochufer. Sie machte das Einbiegen bei dem stetigen Kolonnenverkehr unmöglich. Er fuhr ein gutes Stück in nördliche Richtung weiter, bis er an der Punta San Vigilio endlich wenden und wieder in die entgegengesetzte Richtung fahren konnte. Allerdings war er nun auch Teil des Staus geworden, der sich im Schritttempo Richtung GardaCentro schob. Mauro grinste über das Wendemanöver, wie Antonio mit einem raschen Seitenblick genervt feststellte, besaß aber so viel Anstand, keinen weiteren Kommentar von sich zu geben. Wenig später hatte Antonio erneut die Einfahrt zur Villa Sole erreicht. Sie führte steil bergab, an Palmen und riesigen, dunkelrot blühenden Oleanderbüschen entlang, die jetzt vom Wind hin und her gepeitscht wurden. Doch vor dem Anwesen verbreiterte sich der schmale, asphaltierte Weg zu einem geräumigen Parkplatz. Von der Straße aus waren weder der riesige Park noch die große Villa zu sehen gewesen.
Matteo Holzinger hatte zweifellos eines der ganz exklusiven Häuser besessen, wie sie nur spärlich am Ostufer zu finden waren. Die wenigsten verfügten über einen eigenen Strandabschnitt. Der überwiegende Teil der Villen befand sich jenseits der Uferstraße, in den steilen Hang hineingebaut und mit einem geradezu gigantischen Blick über den See und zu Adamello und Brenta gesegnet. Holzingers Villa war zweigeschossig und wurde links von einem Turm flankiert, der mit einem Kranz aus Schwalbenschwanzzinnen bekrönt war. Das Gebäude stand umgeben vom satten Grün des Parks wie ein Riegel vor ihnen und versperrte den Blick auf den See. Der Fassadenanstrich, ein freundliches, helles Orange, wurde durch dunkelgrüne Fensterläden vor gotischen Spitzfenstern, wie sie für Venezien typisch sind, effektvoll ergänzt. Der Bau war aufwendig renoviert worden, das erkannte Antonio mit einem Blick. Die Holzingers gehörten nicht zu den Armen im Lande! Vor der breiten Treppenanlage, die zu einer offenstehenden Eingangstür führte, standen die Kastenwagen der Kriminaltechnik, sowie zwei große, dunkelblaue Limousinen mit italienischen Kennzeichen, ein schwarzer Panamera mit Traunsteiner Nummernschild, wie Antonio überrascht feststellte, und ein silbergrauer Leichenwagen. Antonio parkte seinen Dienst-Alfa daneben. Vereinzelt klatschten erste Tropfen auf die Windschutzscheibe.
»Perbacco!« Vincenzo Mauro gab sich keine Mühe, sein Erstaunen zu verheimlichen. »Mein lieber Scholli! So ein Haus am Lago müsste man haben. Was meinen Sie, Commissario?
Anstelle einer Antwort stieg Antonio aus dem Wagen. Enrico folgte ihm eilig. Sie überließen Vincenzo Mauro seinen Träumen und seinem Schicksal. Er zog es offenbar wirklich vor, das schützende Auto nicht zu verlassen. Mit wenigen Schritten waren beide Polizisten über die Treppen nach oben gelangt und betraten das Haus.
»Ehi ..., Polizia!«, rief Antonio. Sie standen in einer geräumigen Halle, die mit antikem Cottoboden ausgelegt war. Eine kunstvoll geschnitzte Wendeltreppe aus goldfarbenem Holz führte nach oben und endete in einer umlaufenden Galerie, von der Zimmertüren abgingen. Graue Kreuzrippen formten ein hohes Gewölbe, von dem eine riesige, vom Alter schwarz gewordene Eisenlaterne an einer langen Kette herabhing. Die mit Blei verglasten Scheiben der Lampe gaben den Blick frei auf einen Kranz von Glühlampen, die keiner Energiesparnorm entsprachen und die Halle verschwenderisch erleuchteten. Der Ruf von Antonio hallte dumpf wider, aber niemand reagierte darauf. Sie durchquerten den großen Vorraum in Richtung See und gelangten in ein großzügiges, modern eingerichtetes Wohnzimmer mit weit geöffneten Glastüren, die einen grandiosen Blick auf ein kurzes, aber gepflegtes Rasenstück und den See gewährten. Vorgelagert war eine breite Terrasse, die von drei breiten Rundbogen begrenzt und einem flachen Kreuzrippengewölbe überspannt war. Immer noch im Inneren des Hauses hatten Antonio und Enrico einen guten Blick auf die Szenerie, ohne selbst bemerkt zu werden. Moderne Loungemöbel aus dunkelbraunem Plastikgeflecht mit niedrigen Tischen waren auf der Veranda aufgestellt und standen in seltsamem Kontrast zur neogotischen Architektur. Ein Mann saß mit vornüber gebeugtem Oberkörper auf dem Sofa und drehte ein leeres Schnapsglas in der Hand. Auf dem Tisch standen eine fast leere Grappa- und eine Mineralwasserflasche. Der Mann, der seine beträchtliche Leibesfülle in einen hellgrauen Sommeranzug gezwängt hatte, sah zu Boden und schien völlig in sich versunken. Sein schütteres, blondes Haar stand zerzaust ab und wurde immer wieder von Gewitterböen erfasst. Er wirkte auf Antonio hilflos und verloren. Abseits von ihm auf der Bank saß eine ältere Frau, die ein dunkelblaues Kostüm trug. Sie wandte ihnen den gekrümmten Rücken zu. Antonio vermutete, dass es sich um die Haushälterin handelte, die in der Questura angerufen und mit Enrico gesprochen hatte.
In einem Sessel, der sich in deutlichem Abstand zu den Personen auf dem Sofa befand, saß ein seltsam relaxt wirkender, offenkundig von den Ereignissen, die die Familie Holzinger ereilt hatten, wenig beeindruckter Mann mit Vollglatze. Er streckte seine kurz geratenen Beine, die in dunkelblauen Chinos steckten, weit von sich. In den Ausschnitt seines bordeauxroten Poloshirts hatte er nachlässig eine goldgerahmte Pilotenbrille mit dunkelgrünen Gläsern gesteckt und sah mehr interessiert als betroffen von einem zum anderen. Hinter ihm hatten sich zwei kräftige Männer in schwarzen Anzügen und weißen Hemden postiert. Bodyguards, wie Antonio vermutete, die aber die Neuankömmlinge in der Villa nicht bemerkten. Sie waren ihr Geld nicht wert.
Antonio sah sich den Mann im Sessel genauer an und dann fiel bei ihm der Groschen. Er hatte niemand Geringeren vor sich als den Bürgermeister von Verona, Renzo Di Santo. Antonio gab Enrico ein Zeichen und flüsterte ihm zu, er solle sehen, dass Vincenzo Mauro aus dem Auto herauskam. Es machte schon einen denkbar schlechten Eindruck, wenn der diensthabende Staatsanwalt nicht am Ort des Verbrechens auftauchte, sondern einfach gemütlich im Auto sitzen blieb. Zumindest sollte er wissen, dass der Bürgermeister anwesend war. Vielleicht machte diese Tatsache dem wasserscheuen Juristen Beine.
Antonio trat durch die Terrassentür ins Freie.
»Buona sera!«
Erschrocken wandten sich die Köpfe der Stimme zu. Die beiden Bodyguards stürzten sich förmlich auf die beiden Polizisten. Antonio hob abwehrend die Hände und wich nach rückwärts aus.
»Commissario Fontanaro”, stellte er sich vor. »Sie erlauben?« Er hielt einem der Bewacher seinen Dienstausweis hin und wies dann auf Enrico mit den Worten: »Und das ist mein Kollege, Ispettore Brandino.« Dieser nickte nur kurz, drehte sich um und begann leise in sein telefonino zu sprechen.
»Der Staatsanwalt wird auch jeden Moment eintreffen«, gab Antonio noch Auskunft und wandte sich dann dem Mann auf dem Sofa zu, der sich schwerfällig erhob und ihm eine schweißnasse Hand reichte.
»Robert Holzinger. Ich bin der Bruder des ...« Die Stimme versagte ihm.
»Es tut mir sehr leid, SignorHolzinger. Umso mehr, als ich Sie in dieser Situation leider befragen und stören muss. Aber zunächst würde ich gerne mit meinen Kollegen von der Kriminaltechnik sprechen, um mir einen ersten Überblick zu verschaffen! Können Sie mir sagen, wo ich die Kollegen finde?«
Robert Holzinger sah ihn verständnislos an. Dann antwortete er schleppend und mit schwerer Zunge. Offenbar hatte die Grappa ihre Wirkung getan. »Sie sind alle ... unten am Ufer.« Mit dem Arm deutete er in die Richtung. »Wir sollen ... warten! Der Regen ... macht alles ...« Er hatte hörbar Mühe, einen sinnvollen Satz hervorzubringen. »Frau Bonomi«, dabei deutete er auf die Dame, die immer noch auf der Sitzbank saß und stumm von einem zum anderen blickte, »und ich bleiben hier. Was sollen wir auch ... anderes machen im Moment?«
Antonio wandte sich an den Bürgermeister. »SignorDi Santo! Ich bin überrascht, Sie hier anzutreffen.« Er lächelte den Mann an, den er noch nie gewählt hatte und von dem er auch nicht sonderlich viel hielt. Di Santo war ein Charmeur, ein Party-Typ und ein Mann mit vielfältigsten Beziehungen. Ihn sich zum Feind zu machen, wäre keine gute Entscheidung gewesen. »Falls Sie wichtige Termine haben, steht es Ihnen selbstverständlich frei zu gehen. Wir wissen ja, wo wir Sie gegebenenfalls finden.« Er nickte ihm freundlich zu, obwohl es ihm sehr widerstrebte, bei dem selbstgefälligen Mann eine Ausnahme von der Regel machen zu müssen. Jeder andere Mitbürger hätte sich bereitzuhalten, bis man ihn befragt hatte.
Sofort sprang Di Santo schwungvoll von seinem Sessel auf. Mit dem breitesten Lächeln sagte er: »Grazie, Commissario, grazie. In der Tat, ich habe noch wichtige Termine. Besuchen Sie mich im Palazzo Barbieri. Jederzeit!«
Nichts anderes hatte Antonio hören wollen.
»Wir kommen auf Ihr Angebot zurück, SignorSindaco. Buona sera!«
Und an Robert Holzinger gewandt, sagte der Bürgermeister: »Ich kann mich trotz allem«, und dabei deutete er ansatzweise mit dem Kinn Richtung See, »auf dich verlassen, Roberto?« Der scharfe Ton in seiner Stimme ließ jedes Mitgefühl vermissen.
Robert Holzinger nickte, sah aber zu Boden. Was er von der Frage hielt, war ihm nicht anzusehen.
Di Santo, gefolgt von seinen Wächtern, drehte sich auf dem Absatz um und verschwand im Wohnzimmer, wo er offenbar auf Vincenzo Mauro traf. Ein Wortschwall und befreites Gelächter drangen nach draußen. Pietät hörte sich anders an.
»Avanti!« Antonio gab Enrico einen Wink, ihm zu folgen. Umso besser, dachte er, dann konnte er mit Petrelli und der Dottoressa wenigstens ungestört die ersten Informationen austauschen. Ohne Not würde ihnen der Staatsanwalt kaum folgen, wenn Di Santo nicht mehr anwesend war. Mauro brauchte sich dann nicht mehr als eifriger Ermittler zu präsentieren. Antonio eilte über die Rasenfläche dem Seeufer zu. Der Regen fiel inzwischen in dicken Tropfen und die Donner folgten immer rascher aufeinander. Schon nach wenigen Augenblicken fühlte sich sein Hemd auf der Brust klatschnass an. Es war allerhöchste Zeit, dass er den Toten endlich zu Gesicht bekam.
»Auch schon da?« Silvano Petrelli hatte ihn als Erster entdeckt. Kommentarlos hielt er ihm und Enrico je ein Paar Latexhandschuhe hin. Er wusste aus leidvoller Erfahrung, dass der Commissario und sein Gehilfe nie das wichtigste Werkzeug zur Hand hatten.
»Dottoressa, buona sera.« Antonio begrüßte die Pathologin, nahm kommentarlos die Handschuhe und stopfte sie in die Taschen seines Jacketts.
Dottoressa di Silva kniete neben der Leiche und sah kurz auf.
»Ah, Commissario.« Sie wog bedächtig den Kopf hin und her, während ihr der Wind in die Haare fuhr. »Es sieht nicht gut aus.«
Antonio hatte das schon befürchtet. Der Tote lag auf dem Rücken. Man hatte ihn inzwischen aus dem Wasser und auf das Rasenstück gezogen. Ein Teil der Schädeldecke fehlte. Sonst wirkte sein Gesicht unverletzt, aber blutleer und unnatürlich fahl. Sein vormals vermutlich weißes Hemd war stark beschmutzt und rund um die Herzgegend von Blut durchtränkt. Ein Loch im Stoff zeigte deutlich, dass Matthias Holzinger erschossen worden war. Es hatte ihn mitten ins Herz getroffen. Einen Unfall mussten sie definitiv ausschließen.
»Welcher Schuss letztlich tödlich war, kann ich erst nach der Obduktion sagen«, riss die Dottoressa Antonio aus seinen Gedanken. »Aber das ist nicht wirklich interessant. Wichtig wäre es zu wissen, woher die Schüsse kamen! Vom Wasser oder vom Ufer aus? Und von welcher Entfernung aus geschossen wurde! Der Täter muss weiter weg gestanden haben.« Sie schob das Hemd auseinander und zeigte auf das Einschussloch. »So wie die Wunde aussieht, war das ein gezielter Schuss aus mindestens zwanzig Metern Entfernung. Ich muss erst noch den Verlauf der Kugel im Körper sehen. Dann kann ich vielleicht zur Entfernung des Täters Genaueres sagen. Um an Land nach Spuren suchen zu können, sind wir vermutlich zu spät gerufen worden.«
Die Tat musste sich in Ufernähe oder auf dem vorderen Teil des Stegs abgespielt haben. Hier war das Wasser so seicht, dass der Körper gar nicht untergehen konnte und mit dem heftigen Wellengang an die Uferkante gespült worden war.
»Ich habe zwei meiner Leute zum Nachbargrundstück hinübergeschickt. Vielleicht finden wir im Gebüsch irgendetwas. Aber viel Hoffnung habe ich nicht. Der Wind ist schon seit geraumer Zeit sehr stark und böig«, wandte Petrelli ein. »Und der Regen tut nun sein Übriges. Schlechte Bedingungen für uns!«
»Wann hat man ihn denn gefunden?«, fragte ihn Antonio.
»Signora Bonomi sagt, sie hat um kurz nach zwei Uhr mittags das Anwesen verlassen. Da hat unser Opfer noch gelebt. Gegen vier Uhr ist sie wieder gekommen, um alles für das Abendessen vorzubereiten. Kurz vor fünf Uhr traf dann Roberto Holzinger ein und hat nach seinem Bruder gefragt. Er sollte sich eigentlich in der Villa aufhalten. Daraufhin haben sie beide nach ihm gesucht: Roberto im Haus, die Haushälterin im Garten. Sie hat Matteo Holzinger schließlich im Wasser liegend, mit dem Gesicht nach unten, gefunden.«
»Als wir hier eintrafen, vor ungefähr einer knappen halben Stunde, trieb der Tote in der Nähe des Ufers«, ergänzte die Dottoressa die Ausführungen Petrellis. »Dort hatte ihn die Signora auch entdeckt.«
»Ist die Kugel hinten am Rücken wieder ausgetreten?«
»No!«, antwortete die Dottoressa. »Ich bin sicher, dass ich die Kugel bei der Obduktion im Körper des Toten finde. Dann wissen wir vielleicht auch, mit welcher Art von Waffe wir es zu tun haben.«
»Die Wahrscheinlichkeit, dass unser Opfer auf dem Steg stand und von dort ins Landesinnere schaute, als er getroffen wurde, ist doch ziemlich groß, oder, Silvano?«
Murrend schüttelte Petrelli den Kopf. Er wollte sich nicht festlegen.
»Und hier ist alles so wie immer? Es fehlen keine Boote, die sonst hier am Steg vertäut sind? Es war auch keines da, das hier nicht hingehört?«, bohrte Antonio weiter. Die große Motoryacht, die keine zehn Meter vom Ufer entfernt am Steg befestigt war, wurde durch die kurz aufeinanderfolgenden Wellen heftig hin- und hergeworfen. Sie sah sehr neu aus. Das Gewitter würde dem Boot zusetzen, dachte er bedauernd. Da konnten auch die Stegfender, die einen direkten Kontakt zwischen Boot und Holzbohlen verhindern sollten, nur wenig ausrichten. Zwei von Petrellis Leuten standen an der Reling und inspizierten den glatten Boden der Yacht. Vielleicht gab es dort Hinweise auf die Verwendung einer Schusswaffe. Eigentlich wäre es besser gewesen, das Boot ins Bootshaus, das in etwa dreißig bis vierzig Metern Entfernung dicht am Wasser stand, zu bringen und vor dem kommenden Sturm zu schützen. Aber Roberto Holzinger hatte vermutlich jetzt andere Dinge im Kopf.
Petrelli, der dicht neben Antonio stand und seinem Blick folgte, nickte bestätigend. »Schade um die Yacht. Zumindest einige Kratzer wird sie abbekommen.« Die Haare hingen ihm inzwischen klatschnass ins Gesicht und an seiner Schutzkleidung rann das Wasser in kleinen Bächen zwischen den Falten herunter.
Auch Antonio fühlte sich unwohl in seinen durchnässten Klamotten. Sie alle gaben mehr oder weniger ein Bild des Jammers ab. Als ein weiterer heftiger Donner jede Unterhaltung unmöglich machte, schüttelte er resigniert den Kopf. In einem kurzen Moment der Stille, die nur durch das Rauschen des Regens unterbrochen wurde, sagte er zu Petrelli: »Packt eure Sachen zusammen. Das macht hier alles keinen rechten Sinn mehr. Wir reden morgen in der Questura weiter.«
Er schickte einen letzten Blick über den See. Schwere Wellen von fast schwarzer Farbe mit breiten, weißen Schaumbändern oben drauf brachen sich mit Getöse kurz vor dem Kiesstrand, der kaum noch zu sehen war. Der See kochte. Wer ihn nur an heißen, windstillen Sommertagen kannte, konnte sich nicht vorstellen, welche Gewalt er entwickeln konnte. Der Wind, der böig über die Wasserfläche strich, brachte reichlich Gischt mit, die Antonio ins Gesicht schlug, als wäre der Regen noch nicht genug. Es reichte ihm. Er drehte sich um und lief zum Haus zurück. Enrico heftete sich dankbar an seine Fersen.
Auf der Veranda hatte sich die Lage wenig verändert. Robert Holzinger und die Haushälterin saßen mehr oder weniger einträchtig nebeneinander auf dem Sofa und stierten vor sich hin. Die beiden standen sichtlich unter Schock. Die Grappaflasche war inzwischen geleert, und Antonio bezweifelte, aus den beiden an diesem Abend noch Sinnvolles herauszubekommen.
»Haben Sie den Staatsanwalt gesehen?«, fragte Antonio Robert Holzinger, der verwirrt aufsah.
»Der Dottore … hat sich ein Taxi gerufen. Sie sollen … ihn morgen in seinem Büroaufsuchen, … lässt er Ihnen ausrichten.«
Na, bravo, dachte Antonio. Der feine Herr machte es sich wirklich leicht. Er würde einen Teufel tun und ihm aus freien Stücken Bericht erstatten. Was sollte er ihm auch groß mitteilen? Dass Mauros Galaabend in der Arena durch das Gewitter nicht zum erhofften Vergnügen wurde, bereitete ihm eine stille Freude. Und wie er die Leute von der Agenzia kannte, würden sie zwischen zwei Regengüssen nochmals einen Auftritt der Sänger versuchen, um dann endgültig abzubrechen. So konnten sie die Einnahmen des Abends behalten. Viel Pech für Mauro und seinen teuren Anzug!
»Wir haben natürlich einige Fragen an Sie«, wandte er sich an den Bruder des Opfers. »Ich möchte Sie bitten, sich morgen Früh für uns bereitzuhalten. Bis auf Weiteres sollten Sie das Ufer, Ihr Bootshaus und die Böschung zu ihrem Nachbarn nicht betreten. Unsere Kriminaltechniker haben dort alles mit Bändern abgesperrt und gesichert. Bitte halten Sie sich daran!«
Beide nickten gehorsam wie kleine Kinder, die froh waren, dass die Strafpredigt des Vaters glimpflich verlief. Antonio wusste nicht recht, was er von ihnen halten sollte. Letztlich eröffnete er ihnen die Möglichkeit, Beweise zu beseitigen. Er verdrängte den Gedanken. Das Risiko musste er eingehen. Es blieb ihm keine andere Wahl. Das Unwetter machte eine ordnungsgemäße Beweisaufnahme unmöglich.
»Nur ein paar wenige Informationen hätte ich jetzt schon gerne. Herr Holzinger, sind Sie Italiener? Südtiroler?«
»Nein, ... mein Bruder und ich … sind aus Bayern.« Undeutlich brachte Robert Holzinger seine Worte hervor, als müsste er lange nachdenken. Die Grappa beeinträchtigte sein Denkvermögen und die Beweglichkeit seiner Zunge. »Wir haben dieses Haus, ... Anwesen von unseren Eltern geerbt. Es ist seit fast sechzig Jahren in Familienbesitz.«
»Und wo wohnen Sie in Bayern?«
»In Wolfing. Sagt Ihnen das was?« Er lachte unglücklich. Und als Antonio den Kopf schüttelte, lachte er lauter.
»Das ist ein Dorf! Mein Bruder würde jetzt sagen«, wieder lachte er und es klang abfällig, »Gemeinde, im Landkreis Traunstein. Als Bürgermeister … muss man schon zu seiner Gemeinde halten, egal wie groß oder klein sie ist. Oder?«
Antonio nickte und beobachtete interessiert das Mienenspiel von Robert Holzinger. Er hat seinen Bruder nicht gemocht, dachte er. Das kam in den besten Familien vor. Ob die Abneigung jedoch auch etwas mit dem Mord zu tun hatte, würde sich weisen. Ein kleines Lächeln stahl sich auf seine Lippen. Die Holzingers bescherten ihm mit nahezu hundertprozentiger Sicherheit erneut einen gemeinsamen Fall mit seinem Freund und Kollegen Georg Breitwieser, Hauptkommissar der Mordkommission Traunstein. Das war in der Tat ein Lichtblick an diesem dunklen Gewitterabend.
»Wer außer Ihnen beiden und dem Verstorbenen wohnt derzeit in der Villa Sole?«
Robert Holzinger räusperte sich und sagte dann mit gepresster Stimme. »Das ist ja das Schlimme. Wir … haben wirklich sehr wichtige Gäste: Geschäftspartner, Berühmtheiten, ... Stars. Ich weiß überhaupt nicht, wie das weitergehen soll. Ich … bin völlig verzweifelt, Herr Kommissar, völlig am Ende!«
Verona, 23.00 Uhr
Antonio saß in seinem bequemen Lesesessel in der Bibliothek am Ende des langen Korridors, der die Wohnung der Fontanaros in eine Straßen- und eine Gartenseite teilte, und hielt ein Glas Rotwein in der Hand. Das Gewitter hatte den Abend mit den Freunden zumindest teilweise gerettet. Aus dem gemütlichen Essen auf dem großen Balkon war natürlich nichts geworden. Aber im Esszimmer hatten die antipasti genauso gut geschmeckt und das glückliche Gesicht von Marissa, die geradezu strahlte, weil er es fast pünktlich geschafft hatte, hatte ihn dazu bewogen, komplettes Stillschweigen über den neuen Fall zu wahren. Alle Ermittlungen hatte er auf den kommenden Tag verschoben. Freund Teodoro wollte zwar immer wieder ein wenig bohren und ihn aus der Reserve locken, doch er hatte geschwiegen. Aber nach der Nachspeise und dem espresso hatte Marissa seine Angespanntheit erkannt und ein Einsehen mit ihm gehabt.
»Ich merke schon, du bist nur halb bei der Sache, Tonio. Geh hinüber in deine Höhle und mach, was du machen musst. Aber mach nicht zu lange, hörst du! In der Zwischenzeit räumen Gabriela und ich den Tisch ab und Teo kann die Zeitung lesen. Nachher spielen wir Briscola.«
Marissa liebte das Kartenspiel, das ursprünglich aus Sizilien stammte und in Süditalien eine lange Tradition hat. Inzwischen wurde es in ganz Italien gespielt. Antonio hatte es von seinem Schwiegervater Danilo, einem in zweiter Generation in Bozen lebenden Neapolitaner, beigebracht bekommen. Danilo hatte ihn schon vieles gelehrt. Nicht nur Kartenspiele, sondern vor allem auch, wie man zu einem guten Kriminalpolizisten wird. Er hatte ihn als jungen Juristen an der Bozener Polizeiakademie ausgebildet. Später hatten sie in Bozen zusammengearbeitet, bis man ihn, den Südtiroler, nach Verona versetzt hatte. Aber das war nun auch schon einige Jahre her.
Er nahm einen letzten Schluck vom Rotwein und gab sich einen Ruck. Es war spät, aber noch nicht zu spät. Er hoffte, nein, er war sich sicher, dass sein alter Spezl Georg Breitwieser auch noch nicht in den Federn lag und sicher genauso aufgeregt, wie er darüber sein würde, dass sie vermutlich wieder einen gemeinsamen Fall zu lösen hatten. Er nahm sein telefonino zur Hand und wählte Breitwiesers Privatnummer.
»Bist du das, alter Schwede?«
Antonio lachte erleichtert auf. »Salve Giorgio. Wie geht’s, wie steht’s?«
»Halt! Das ist mein Spruch.« Georg lachte laut ins Telefon. »Sicher nicht so gut wie dir. Wir ertrinken bald in unserem Dauerregen. So einen Juni hab ich noch nicht erlebt. Halb Bayern säuft ab.«
»Euer Wetter möchte ich wirklich nicht geschenkt haben!«
»Wir werden es auch nicht los, das kannst du mir glauben. Wie stehen die Aktien? Was gibt es Neues im schönen Verona? Du rufst doch sicher nicht an, weil du gerade nichts Besseres vorhast?«
»Da hast du leider recht. Sagt dir der Name Holzinger etwas?«
»Ja mei, Toni, jeder hier in der Gegend kennt mindestens einen Holzinger. Das ist genauso, als ob du nach Huber oder Meier fragst.«
»Matteo oder vielmehr Matthias Holzinger, Bürgermeister der Gemeinde Wolfing?«
»Da schau her! Was hat er denn ausgefressen, der Holzinger? Das ist ein unangenehmer Zeitgenosse, Toni. Ein Geldfuchs, ein Machtmensch und ein Streithammel.«
»Den guten Herrn Holzinger hat es erwischt. Er wurde heute Nachmittag, wohl so zwischen vierzehn und sechzehn Uhr in seiner Villa am Gardasee erschossen.«
Stille am anderen Ende der Leitung.
»Du hast schon richtig gehört. Matthias Holzinger wurde in Garda am Strand oder auf dem Steg seiner Villa erschossen.«
»Aha? In seiner Villa? Seit wann hat der Holzinger eine Villa am Gardasee?«
»Sein Bruder, Robert Holzinger, behauptet, dass die Villa Sole seit fast sechzig Jahren im Besitz der Familie ist.«
»Es reicht also nicht, dass ihnen halb Wolfing gehört, sie haben auch noch Liegenschaften im Ausland. Respekt!«
»Ich habe nur wenige Informationen aus dem Bruder herausbekommen. Der hat sich erst einmal betrunken. Eines ist jedoch sicher: dass wir es wieder mit einer Art Promileiche zu tun haben.«
»Geh, geh, ... Promileiche! Dass ich nicht lach! Das ist schon ein bisserl hoch gegriffen. Die Gemeinde Wolfing ist ein 3.000-Seelen-Dorf. Die Holzingers sind ziemlich reiche Leute. Das schon! Sie haben vor allem Haus- und Grundbesitz. Aber mehr weiß ich auch nicht. Allerdings bin ich mir sicher, dass meine Mutter da weiterhelfen kann. Ich glaube, sie ist mit der Mutter von Matthias in die Schule gegangen. Das kläre ich, kein Problem. Aber sonst kann ich mir nicht vorstellen, dass es da Prominentes um diese Familie gibt. Gerüchte ja, viel Neid auch, aber sonst?«
»Da fürchte ich, täuschst du dich gewaltig. Roberto zumindest hat einen direkten Draht zu unserem Bürgermeister von Verona. Und der steht gern im Mittelpunkt und sucht sich genau aus, mit welchen Leuten er aufs Foto kommt. Roberto besitzt eine Künstleragentur, wie er mir erzählt hat, die Sänger, Regisseure, Dirigenten, Orchester und was weiß ich noch alles für Opernaufführungen vermittelt. Seine Haupteinsatzgebiete sind Deutschland, Österreich, die Schweiz und Italien. In der Villa Sole sind zurzeit der Operntenor Raimondo Varese und der japanische Regisseur Moto Yakanabe zu Gast. Sie gehören zum Ensemble der Verdi-Oper Aida, die gestern in der Arena Premiere hatte. Außerdem haben beide Brüder noch eine Immobilienfirma mit Sitz in Garda. Das zumindest sind die wenigen Fakten, die ich zusammen mit Enrico heute Abend noch in Erfahrung bringen konnte.«
»Das hört sich alles ausgesprochen spannend an, Toni. Ich fürchte, wir haben einen neuen gemeinsamen Fall, oder?«
»Ja, schlimm! «
Antonio und Georg lachten.
»Ich denke, du musst mal wieder bei Kriminaloberrat Pfaffenrieder vorstellig werden.«
»Ist die Frau vom Opfer auch in Garda?«
»Nein. Von der Familie sind nur Matteo und Roberto hier. Wer sonst noch zur Familie gehört und eventuell zu den Vorkommnissen bei uns Wissenswertes beisteuern könnte, weiß ich nicht. Da bin ich auf deine Hilfe angewiesen.«
»Wird mir ein Vergnügen sein. Soll ich denn morgen schon bei der Witwe vorbeischauen?«
»Ja, mach das. Roberto wird seine Schwägerin sicher schon informiert haben. Je eher du sie sprechen kannst, umso besser. Vermutlich wird sie sich ziemlich rasch nach Garda aufmachen, um die Beisetzung ihres Mannes zu organisieren.«
»Dann brauche ich in der Tat erst einmal die Genehmigung von Pfaffenrieder. Und mit der neuen Richterin muss ich auch sprechen.«
»Soso. Richterin! Interessante!«
»Spar dir deine Anzüglichkeiten, Collega! Ich habe noch nicht viel mit ihr zu tun gehabt. Sie ist erst seit zwei Wochen bei uns. Mal sehen, wie sie sich anstellt.«
»Bei deinem umwerfenden Charme ist das doch alles überhaupt kein Problem!«
»Hammas jetzt?«
»Ciao, Giorgio!«
Arena di Verona, 23.30 Uhr
Im Garderobenraum, nur wenige Quadratmeter groß, stand die Wärme und es roch nach fetthaltiger Schminke, durchnässten Kostümen und Moder eines Gemäuers, das fast zweitausend Jahre auf dem Buckel hatte. Der Lärm von Bühnenarbeitern, Technikern und Sängerkollegen des Chors, die im Gang laut über den Abbruch der Aufführung diskutierten, strapazierten die sowieso schon angespannten Nerven von Tenor Raimondo Varese. Er saß auf einem kleinen Holzhocker vor dem Schminkspiegel, darüber brannte eine Neonröhre, die ihm schonungslos zeigte, wie ein verbrauchter, müder Tenor mit knapp fünfundvierzig Jahren aussah, der weder auf seine Gesundheit noch auf seinen Körper besonders achtgab. Sie offenbarte eine Haut, von tiefen Falten zerfurcht, mit offenen Poren, die ein ideales Grab für Make-up und Puder bildeten. Rotgeränderte Augen blickten ihn aus einem von unmäßigem Alkoholkonsum aufgedunsenen Gesicht an. Varese ertrug seinen Anblick nicht länger und schaute stattdessen auf seine nackten Beine. Keine gute Idee! Dickgeschwollene Fußgelenke und Krampfadern entlang der Waden zeugten von langen Proben und Auftritten im Stehen in viel zu warmer Luft. Er wusste nur zu gut, dass er eine höchst mittelmäßige Leistung an diesem Abend gezeigt hatte und froh sein konnte, dass das Gewitter seinem schwachen Gesang ein Ende setzte, bevor die Zuschauer ihn auspfiffen.
Dazu hätte es des hässlichen Streits mit Regisseur Moto Yakanabe am Tag zuvor nicht bedurft. Die Premiere der Aida war ein Desaster gewesen und es half ihm auch nichts, dass der Regisseur und seine Inszenierung in der Tagespresse genussvoll zerpflückt worden waren. Der Japaner hatte ihm in seinem schwerverständlichen Englisch Unvermögen vorgeworfen und ihm ins Gesicht gesagt, dass das, was er auf der Bühne abgeliefert hatte, Gejaule gewesen war, den Begriff Gesang nicht verdiente. Als er ihm jedoch drohte, ihn durch die zweite Besetzung, den jungen Russen Nikita Projevkow, zu ersetzen, hatte Raimondo Varese rot gesehen. Und dies nicht zum ersten Mal. Er hätte sich die Einmischungen von Moto, der weder über gesangliche Kenntnisse verfügte noch eine nennenswerte musikalische Ausbildung besaß, sich aber als künstlerischer Leiter erster Klasse aufspielte, gern verbeten. Aber sowohl Dirigent als auch Intendant ließen den Japaner gewähren, als wäre er Alleinherrscher über die Arena. Raimondo hatte vielleicht nicht seinen besten Tag gehabt, zugegeben, aber für seine Auswechslung gab es keinen Grund. Die künstlerischen Vorstellungen von ihm und Yakanabe drifteten manches Mal erheblich auseinander. Es hatte ein heftiges Wortgefecht zwischen ihnen gegeben, bis der Japaner die kleine Garderobe verlassen hatte, nicht ohne dabei zu vergessen, die Sperrholztüre hinter sich zuzuknallen. Doch auch den Galaabend mit Arien aus allen möglichen Opern Verdis, Puccinis und Bellinis, der vor einer knappen halben Stunde abgebrochen worden war, hatte Raimondo vergeigt. Ohne den Gewitterregen sähe es für sein weiteres Engagement düster aus. Soviel war selbst ihm klar.
Wütend auf sich selbst blickte er erneut in den Spiegel und in sein abgekämpftes Gesicht. Diesen vom Ehrgeiz zerfressenen Regisseur bekam er noch zu fassen, schwor er sich. Irgendeine Schweinerei würde er ihm schon nachweisen können. Die Vergabe der einzelnen Opern war jedes Jahr ein Politikum. Den begehrten Zuschlag zu bekommen, hing von verschiedensten Faktoren ab. Künstlerische Qualität war dabei nicht unbedingt das Kriterium der ersten Wahl. Er würde sich umhören. Schon allein sprachlich war er klar im Vorteil. Und dann war Schluss mit dem Herumkommandieren und dem Gemecker vor der ganzen Mannschaft. Und der Russe konnte nach Hause in die Taiga fahren und dort singen, bis ihm die Lunge herausfiel.
Varese tröstete sich mit der nächsten Aufführung der Aida in vier Tagen. Dann stand die Inszenierung von 1913 auf dem Programm, erneut mit ihm in der Rolle des Radames. Im Jubiläumsjahr hatte die Agenzia Musica Classica die erste Aida, die jemals in Verona aufgeführt worden war, zusätzlich auf den Spielplan gesetzt. Die Uraufführung vor hundert Jahren hatte die Arena diVerona zum Operntempel gemacht. Seither hatten Millionen und Abermillionen die Aufführungen gesehen. Sogar während der Weltkriege hatte man gespielt. Er wusste, in vier Tagen hatte er die Zuschauer hinter sich. Die Inszenierung war sehr viel prächtiger ausgestattet und für den Durchschnittsbesucher eingängiger als das völlig abwegige Experiment von Yakanabe. Bis dahin hatte sich seine Stimme wieder erholt. Er hatte es doch noch immer hinbekommen!
Die schwülfeuchte Luft, die der Gewitterregen hinterlassen hatte und die anschließend wie eine Nebelbank über der Bühne der Arena hing, hatte seinen angegriffenen Stimmbändern zugesetzt. Freiluftoper war der Tod jeder Stimme. Ansingen gegen Wind und Nieselregen, gegen eine nicht vorhandene Akustik ohne Mikrofon und Verstärker. Man sang sich die Seele aus dem Leib und die Zuhörer in den letzten Reihen des Parketts und oben auf den Rängen konnten nur erahnen, was auf der Bühne gesungen wurde. Von Textverständnis ganz zu schweigen. Dennoch rissen sich viele Künstler um ein Engagement. Er machte da keine Ausnahme.
Es war das Event, das zählte: Oper im Freien, bei angenehmen Temperaturen unter sternenklarem Himmel. Davon träumten Sänger wie Besucher gleichermaßen, das erwarteten sie alle ganz einfach nicht anders von Italien. Manches Mal wurde dieser Traum, dieses Versprechen der Werbeplakate, nicht erfüllt, so wie heute Abend. Und dann lagen die Nerven blank und dann waren immer die anderen schuld, wenn es Kritik hagelte. Yakanabe musste sich warm anziehen. Seine Inszenierung drohte sich zum Debakel auszuwachsen und die Sänger würden es ausbaden müssen. Und dann traute sich dieser Wicht von Regisseur ihm zu drohen mit diesem Schrank von Russen, der nicht wusste, wie man ein sauberes hohes ›C‹ singt.
Varese schüttelte resigniert den Kopf. Es wurde Zeit, dass er ins Hotel kam und unter die Dusche. Ein Lächeln stahl sich auf seine Lippen. In dieser Nacht würde er nicht alleine schlafen. Er verstaute sein feuchtes Kostüm in der Plastikhülle. Es ekelte ihn fast davor, so muffig und abgestanden stank der feuchte Samt. Eine Bühnenarbeiterin würde es abholen und bis zur nächsten Aufführung lüften und trocknen. Raimondo schlüpfte in Jeans, Hemd und Lederjacke und löschte das grelle Neonlicht. Er trat auf den engen Flur hinaus und sah, dass es in den meisten Garderoben schon dunkel war. Die Türen zum Flur standen offen. Auch Angelina Connors, die Sopranistin aus Chicago, eine Rothaarige mit langen Beinen und einem wunderbaren Busen, der sich während der Arien aufregend hob und senkte, war schon in Richtung Hotel aufgebrochen. Er musste sich beeilen, damit er sich nicht verspätete.